Konferenz Call for Papers

CfP: 7. Hermann-Weber-Konferenz zur Historischen Kommunismusforschung 2025

Bruderkriege: Einheit, Spaltung und Zerfall in der kommunistischen Weltbewegung seit 1945

| bis zum 30.01.2024 | Prof. Dr. Felix Wemheuer

Prof. Dr. Felix Wemheuer & Prof. Dr. Lorenz Lüthi

Auf der Abbildung sind ein kyrillische und ein chinesischer Schriftzug. Übersetzt heißen diese "Blut für Blut"

Veranstalter: Prof. Dr. Felix Wemheuer (Lehrstuhl für Moderne China-Studien an der Universität zu Köln) und Prof. Dr. Lorenz Lüthi (McGill University, Montreal) in Kooperation mit dem „Jahrbuch für Historische Kommunismus-Forschung“, gefördert durch die Gerda-und-Hermann-Weber-Stiftung in der Bundesstiftung Aufarbeitung

Ort: Universität zu Köln (in Präsenz und digital)

Datum: 27.–29. März 2025

Abgabefrist für Abstracts: 30. Januar 2024

For the English CfP, please go to: https://www.bundesstiftung-aufarbeitung.de/sites/default/files/uploads/files/2023-10/call_for_papers_7._hwk_english.pdf

Mit Beginn des Kalten Krieges verkündete die sowjetische Führung die Theorie von der Teilung der Welt in zwei gegnerische Lager: ein sozialistisches und ein kapitalistisches. Schon 1948 kam es zum Bruch zwischen der UdSSR und dem Jugoslawien Titos. Der griechische Bürgerkrieg (1946–1949) wurde von einem „Bruderkrieg“ zwischen der Inlands- und Auslandsorganisation der Kommunistischen Partei begleitet sowie vom sowjetisch-jugoslawischen Konflikt beeinflusst. Mitte der 1960er-Jahre war der Traum von der Einheit des sozialistischen Lagers und der Schaffung eines geschlossenen sozialistischen Wirtschaftsraums mit solidarischer Arbeitsteilung ausgeträumt. 1963 hatte der offene Schlagabtausch zwischen der Führung der KP China und der KPdSU um die „Generallinie der kommunistischen Weltbewegung“ begonnen. Im westlichen Lager führte der sino-sowjetische Konflikt schließlich zur Annäherung der USA und ihrer Bündnispartner an die Volksrepublik China und mündete in einer multipolaren Neuordnung der Welt, besonders im Globalen Süden.

Der Bruch zwischen der Sowjetunion und China hatte Auswirkungen auf alle Kontinente und führte zur Spaltung vieler Parteien. Besonders in Kriegen im Globalen Süden, wie zum Beispiel den Bürgerkriegen in Angola, Mosambik, Äthiopien oder Afghanistan, intervenierten Moskau und Peking auf unterschiedlichen Seiten. Der sino-sowjetische Konflikt sprengte auch die afro-asiatische Solidaritätsbewegung von Bandung und die blockfreie Staatengemeinschaft. Einigen sozialistischen Ländern wie Vietnam und Nordkorea gelang es, Widersprüche zwischen den „großen Brüdern“ zu nutzen, um in ihren bewaffneten Konflikten Hilfe von beiden Seiten zu bekommen. In entwickelten Ländern Westeuropas, den USA oder Japan entstanden im Zuge der „Neuen Linken“ um 1968 eine große Zahl von radikalen Parteien, die sich positiv auf das maoistische China bezogen.

Neben dem sino-sowjetischen Konflikt verschärften sich durch die Niederschlagung des Prager Frühlings 1968 weitere Spaltungen. Die nationalkommunistischen Regime in Jugoslawien und Rumänien gingen in der Folge auf noch größere Distanz zur Sowjetunion. In Westeuropa integrierten sich eurokommunistische Parteien in die demokratischen Systeme. Ein besonders interessanter Sonderfall ist Albanien unter der Führung Enver Hoxhas, das eine Autarkiepolitik mit einem ideologischen Kampf gegen Jugoslawien, die UdSSR und schließlich China verband. Nach der Annährung Chinas an die USA 1971-72 vertraten Kuba, Vietnam und Nordkorea einen militanten Antiimperialismus und sahen sich als Erben der „Weltrevolution“. Der Konflikt zwischen den kommunistischen Staaten Kambodscha, Vietnam, und China sollte 1979 in einen opferreichen „Bruderkrieg“ münden. Damit hatte sich auch der Traum von der Einheit der 3. Welt gegen den „US-Imperialismus“ erledigt.

Neben Konflikten sozialistischer Nationalstaaten entwickelten sich auch zahlreiche Spaltungen und „Bruderkriege“ innerhalb der kommunistischen Parteien zwischen konkurrierenden politischen Fraktionen, Exil- und Inlandsorganisationen oder Guerillaeinheiten.

Die Konferenz soll Forschung zu ideologischen Auseinandersetzungen, geostrategischen Neuordnungen, nationalstaatlichen Konflikten, transnationalen Vernetzungen, Organisationsgeschichte und ökonomischen Folgen der Spaltungen der kommunistischen Weltbewegung zusammenführen.

 

Diese und ähnliche Fragen sollen im Zentrum der Konferenz stehen:

  • Warum kam es zu Spaltungen und „Bruderkriegen“ in vielen nationalen kommunistischen Bewegungen und zu ideologischen Konflikten zwischen Parteien, die mit der internationalistischen Agenda „Proletarier aller Länder, vereinigt euch“ angetreten waren? Welche Rolle spielten dabei Nationalismus und alte territoriale Konflikte? Wie wurden kulturelle Begründungen ins Feld geführt, um sich als „europäischer“ oder „afrikanischer“ Kommunismus abzugrenzen?
  • Warum wurden in einigen Fällen parteiinterne Fraktionskämpfe, wie z. B. in China oder Kambodscha, sogar mit militärischer Gewalt ausgetragen? Wie konnten diese Konflikte wieder befriedet werden? Endeten Fraktionskämpfe stets mit dem Parteiausschluss der unterlegenen Seite oder gab es auch Versuche, durch Kompromisse und Koalitionen wieder Stabilität zu gewährleisten?
  • Welche Auswirkungen hatten die Spaltungen auf eine multi-polare Neuordnung der Welt jenseits der beiden Lager des Kalten Krieges, die sich mit der sino-amerikanischen Annäherung nach 1972 abzeichnete? Inwiefern trugen die Spaltungen zum Niedergang des Kommunismus und den „antiimperialistischen Befreiungsbewegungen“ der arabischen, süd-amerikanischen, asiatischen und afrikanischen Länder bei?
  • Sozialistische Länder überzogen sich teilweise gegenseitig mit Wirtschaftssanktionen. Welche Auswirkungen hatten diese auf die Volkswirtschaften und den internationalen Handel?
  • Wie analysierten und reagierten Akteure im westlichen Lager aus Regierungen, Geheimdiensten, Medien und Wissenschaft auf die Spaltungen in den gegnerischen Bewegungen? Inwiefern versuchte westliche Diplomatie, Zerwürfnisse im sozialistischen Lager zu vertiefen, wie z. B. durch die Aufwertung der nationalkommunistischen Regierungen Rumäniens, Jugoslawiens oder Chinas?

 

Wir begrüßen sowohl Fallstudien auf der Mikroebene zum Thema der „Bruderkriege“ als auch Artikel, die versuchen, größere Zusammenhänge mit Blick auf kommunistische Weltbewegung, Geopolitik, Weltwirtschaft und transnationalen Ideentransfer aufzuzeigen. Bitte senden Sie Ihre Themenvorschläge (max. 300 Wörter) auf Deutsch oder Englisch sowie einen kurzen CV bis zum 30. Januar 2024 an folgende Adresse: felix.wemheuer@uni-koeln.de.

Die ausgewählten Beitragenden werden bis Mitte März 2024 benachrichtigt.

 

Die 7. „Hermann-Weber-Konferenz zur Historischen Kommunismusforschung“ wird vom 27.–29. März 2025 an der Universität zu Köln stattfinden. Am Abend des 27. März ist eine Abendveranstaltung geplant. Reise- und Übernachtungskosten werden nach Rücksprache von den Veranstaltern übernommen. Die Konferenzsprache ist Englisch. Es besteht auch die Möglichkeit, digital an der Konferenz teilzunehmen. Erwartet wird, dass die Entwürfe der Beiträge bis zum 30. Januar 2025 eingereicht werden. Sie sollen im Rahmen der Konferenz vorgestellt und diskutiert werden. Die Tagung wird von der „Gerda-und-Hermann-Weber-Stiftung in der Bundesstiftung zur Aufarbeitung der SED-Diktatur“ gefördert. Ausgewählte Konferenzbeiträge werden in überarbeiteter Fassung auf Deutsch im „Jahrbuch für Historische Kommunismusforschung“ 2027 veröffentlicht (Übersetzungsmittel stehen zur Verfügung; die Beiträge werden lektoriert). Mit der Bewerbung wird die Bereitschaft vorausgesetzt, einen Beitrag zur Begutachtung für diese Publikation einzureichen.

 

 

Einreichungsfrist

30. Januar 2024

Veranstalter: