DDR A-Z 1956

Kulturpolitik (1956)

Siehe auch die Jahre 1953 1954 1958 1959 1960 1962 1963 1965 1966 1969 1975 1979 1985 [S. 150]Hauptaufgabe der K. ist lt. Entschließung des III. Parteitages der SED (1950) „… der Kampf um den Frieden, um die demokratische Einheit Deutschlands und um die Festigung unserer antifaschistisch-demokratischen Ordnung“ … (Die kulturelle) „Erziehung kann nur in unerbittlichem Kampf gegen die kannibalischen Lehren der imperialistischen Kriegshetzer erfolgen. Jeder Versuch, diese feindlichen Ideologien objektivistisch (Objektivismus) darzustellen, bedeutet eine … Hilfe für diese Ideologien. Darum ist es die entscheidende kulturpolitische Aufgabe, einen radikalen Umschwung auf allen Gebieten des kulturellen Lebens zu erzielen und mit der Lauheit und dem Versöhnlertum unerbittlich Schluß zu machen“ (Protokoll des III. Parteitags der SED, Dietz-Verlag, Berlin 1951, Bd. II S. 265). In den folgenden Jahren, insbesondere im Zuge des Neuen Kurses, mußte man sich dann wegen der Schockwirkung derartig radikaler Äußerungen vornehmlich auf unpolitisch empfindende Kreise in Westdeutschland zu einer gewissen Zurückhaltung entschließen. Von einer grundsätzlichen Richtungsänderung kann jedoch keine Rede sein, wie u. a. aus der Formulierung des kulturellen Fünfjahrplanes Bechers, der „Programmerklärung über den Aufbau einer Volkskultur in der DDR“ vom 13. 10. 1954, hervorgeht. Unter Einbeziehung des Nationalen ➝Kulturerbes werden hier im wesentlichen die bisherigen Ziele neu formuliert und dabei zugleich der Anspruch auf alleinige Repräsentation der deutschen Kultur durch die „DDR“ proklamiert. Damit wird Kultur in ihrem ganzen Bereich zum Instrument der Politik. Bis etwa Mitte 1947 hatte in der K. der SBZ eine „antifaschistisch-demokratische“ Linie vorgeherrscht; die Kommunisten hatten sich zwar, wie auf allen anderen Gebieten, die Schlüsselstellungen (vor allem die Volksbildungsministerien und die Kulturdezernate der Kreise und Städte) gesichert; es wurden aber zunächst auch „bürgerliche“ Ideologien, „Kulturschaffende“ und Werke, soweit sie nur entschieden „antifaschistisch“ waren, geduldet, die Benutzung westlicher Nachrichtenquellen und die Diskussion westlicher Ideologien gestattet usw. Seit 1947 wurde die K. mehr und mehr zu einem von Staat und SED gehandhabten Machtinstrument, und seit Mitte 1950 kann man von einer nahezu totalen Anleitung und Kontrolle durch die SED sprechen. Diese Entwicklung stand im Zeichen der Durchsetzung des Marxismus-Leninismus als der „fortgeschrittensten Wissenschaft“, des sozialistischen Realismus als der Grundlage der „fortgeschrittensten Kunst“, dementsprechend des Kampfes gegen den „Objektivismus“ (d. h. die objektive, unvoreingenommene Wahrheitserforschung) in der Wissenschaft und den Formalismus in der Kunst. Bestimmt wird diese K. vom ZK der SED, die als „Partei neuen Typs“ die zuständigen Behörden (s. unten) über die in ihnen führenden SED-Genossen durch Parteiaufträge „anleitet“; somit liegt die gesamte K. in der Hand von wenigen SED-Spitzenfunktionären im Politbüro und im Sekretariat des ZK. Die totalitär-kommunistische K. konnte sich nur in einer mehrjährigen Auseinandersetzung mit den Vertretern nichtkommunistischer Kulturanschauungen durchsetzen: vor allem durch die Gleichschaltung der nichtkommunistischen Parteien, durch die allmähliche Beseitigung der Hochschulautonomie, durch die bis zum Beginn des Neuen Kurses und auch nach dessen Beendigung wiederum schrittweise verschärfte Kirchenpolitik, durch die seit 1948 erfolgte Absperrung von der westlichen Literatur und [S. 151]den westlichen Nachrichtenquellen, durch die Zerschlagung der größeren privaten Buchverlage (Verlagswesen) u. a. m. Gleichzeitig wurde ein Stamm von Kulturfunktionären bzw. „Kulturarbeitern“ gebildet, die als Organe des ZK-Willens an allen führenden Stellen des kulturellen Lebens tätig sind und es nach genauen Anweisungen im Sinne der Parteigrundsätze steuern; sie haben größtenteils keinerlei oder nur unzureichende fachliche Vorbildung und werden auf den Parteischulen der SED für ihre Tätigkeit geschult. Dieser Apparat beherrscht die K. durch folgende Funktionen: 1. Bildung einer neuen Schicht von „Kulturschaffenden“; 2. deren ideologische Gleichschaltung, 3. organisatorische Beherrschung des Kulturapparates; 4. materielle Bindung der Kulturschaffenden; 5. durchgreifende Einflußnahme auf die Schicht der „Kulturkonsumenten“. Der Schaffung einer neuen kulturtragenden Schicht dienen u. a. folgende Maßnahmen: Lösung des Zugangs zur Oberschule von der Wirtschaftslage der Eltern durch ein die sog. Proletarierkinder begünstigendes Stipendiensystem (Erziehungswesen) bei gleichzeitiger Kontrolle der „gesellschaftlichen Aktivität“ der Bewerber, die vor allem im Rahmen der FDJ zu beweisen ist. Ebenso wird verfahren bei der Zulassung und Förderung der Hochschüler unter quotenmäßig festgelegtem Vorrang von Arbeiterkindern. Weitere Maßnahmen für die Bildung einer neuen kulturellen Elite: Zugang zu den Hochschulen ohne Abitur (Arbeiter- und Bauernfakultät); Sonderausbildung von „Werktätigen“ zu Neulehrern, Volksrichtern, Volksstaatsanwälten, Arzthelfern u. a.; Förderung von „Talenten aus dem Volk“ durch Kulturfonds, FDGB-Mittel und Direktorfonds (Kulturdirektor) in den Betrieben, ferner mittels der Volkskunstbewegung (Volkskunst) als eines gedachten Reservoirs für den Nachwuchs an Musikern und Bühnenkünstlern; Förderung der größtenteils kommun. Volkskorrespondenten. Das Kulturschaffen wird weiterhin durch Methoden und Maßnahmen ideologischer wie organisatorischer Art gelenkt. An ideologischen Maßnahmen sind folgende besonders wichtig: schon im Schulunterricht bilden den Schwerpunkt die „gesellschaftswissenschaftlichen“ Fächer (Deutsch, Geschichte, Gegenwartskunde, Geographie) mit ausnahmslos kommun. Lehrplan; gesellschaftswissenschaftliches Studium ist grundlegendes Pflichtfach (zumeist auch Prüfungsfach) an allen Hochschulen und Fachschulen (einschließlich der Kunstschulen). Seit etwa 1948 ist die Diskussion wissenschaftlicher Fragen in Presse (Pressewesen), Rundfunk und Zeitschriften nur noch auf kommun. oder mindestens kommunismusfreundlicher Grundlage möglich. Der Kulturbund zur demokratischen Erneuerung Deutschlands wurde aus einem Diskussionsforum der „Intelligenz“ zur Tribüne der SED. Von westlicher Literatur und Publizistik ist planwichtige Fachliteratur zugelassen; geisteswissenschaftliche Literatur in den wissenschaftlichen Bibliotheken wird, soweit sie „bürgerliches“ Ideengut enthält, vielfach nur mit Sondererlaubnis ausgeliehen. Das „nationale Erbe“ wird zwar, vor allem auf den Bühnen, gepflegt, aber im kommunistischen Sinne interpretiert und mehr oder weniger verfälscht. Die straff zentralisierte Lenkung der K. liegt bei 3 Ministerien und einem selbständigen Staatssekretariat. Das Ministerium für Volksbildung (Minister: Fritz ➝Lange) ist zuständig für alle Schulgattungen, für die vorschulische Erziehung und die Erwachsenenbildung. In Fragen der Berufsausbildung wirkt das Ministerium für Arbeit und Berufsausbildung (Minister: Fritz Macher) mit. Universitäten, Hochschulen und Fachschulen unterstehen dem selbständigen Staats[S. 152]sekretariat für Hochschulwesen (Staatssekretär: Prof. Dr. Gerhard ➝Harig). Für alle übrigen Bereiche der K. wurde im Januar 1954 das Ministerium für Kultur errichtet und mit Joh. R. ➝Becher als Minister, Fritz Apelt als Staatssekretär besetzt. Bei den Räten der Bezirke und der Kreise gibt es als Unterbau der Verwaltung auf dem Gebiete der Kultur und Volksbildung Abt. für Volksbildung, für Arbeit und Berufsausbildung, für Jugenderziehung bzw. Jugendfragen und (mit wechselnden Bezeichnungen) für Kultur, Kultur und Kunst, Kunst und kulturelle Massenarbeit. Für alle Schulen, Fachschulen und die meisten Hochschulstudienfächer (auch Kunstschulen) wurden verbindliche, häufig Stunde für Stunde festlegende zoneneinheitliche Lehrpläne geschaffen. Die Grundlagenforschung, vor allem soweit sie von Bedeutung für den wirtschaftlichen Aufbau, aber im übrigen politisch weniger relevant ist, wurde noch bis in die jüngste Zeit möglichst ungestört gelassen, aber in einer Reihe von Instituten zentralisiert. Seit einigen Jahren wird jedoch selbst in der Deutschen ➝Akademie der Wissenschaften „gesellschaftswissenschaftlichen“ und planwirtschaftlich bedeutsamen Aufgaben immer mehr Raum zugewiesen; es erstanden ferner zahlreiche neue Institute (wie die Hochschule für ➝Planökonomie, die Akademie der Landwirtschaftswissenschaften, das Deutsche Institut für Rechtswissenschaft, das Deutsche Institut für Zeitgeschichte, das Museum für Deutsche Geschichte, das Deutsche ➝Pädagogische Zentralinstitut, die Deutsche Akademie der Künste und die SED-Zentralschulen; Schulung), durchweg von der SED kontrolliert und dazu bestimmt, den von der SED geforderten „radikalen Umschwung“ auf allen Gebieten der Kultur durchzusetzen. Oberste Anleitungs- und Kontrollinstanz ist die 1952/53 aus der Abt. Propaganda des ZK herausgelöste selbständige ZK-Abt. Wissenschaft und Hochschulen, die besonders durch ihre 4 Fachsektoren Philosophie, Geschichte, Politökonomie und Geschichte der ➝KPdSU Wissenschaft und Forschung auf bolschewistische Grundlage zu stellen sucht. Im gleichen Sinne wurde (seit 1950) pseudoproletarisch-kommunistischer Dozenten- und Forschernachwuchs gefördert, der Nachwuchs der Intelligenzberufe seit 1951 durch besondere Stellen bei den wissenschaftlichen Hochschulen gelenkt. Der politischen Schulung der Literaturberufe (Dichter, Schriftsteller, Kritiker, Dramaturgen) dient das Literatur-Institut in Leipzig. Für die nachschaffenden Künste wurde 1951 ein zentraler SED kontrollierter Bühnennachweis errichtet; die privaten künstlerischen Institute und Agenturen sind fast oder völlig ausgeschaltet. Die Liquidation der privaten Buchverlage (Verlagswesen) wurde beschleunigt. Der in der herkömmlichen Kunstpolitik wichtige „private Auftraggeber“ ist durch Enteignung nahezu völlig ausgefallen, so daß auch die Freischaffenden (freie Schriftsteller, freie Wissenschaftler, bildende Künstler, Musiker, Architekten) auf den sog. „neuen Auftraggeber“ „werktätiges Volk“ angewiesen sind. Damit ist die materielle Existenz der Freischaffenden an ihre Bereitwilligkeit gebunden, öffentliche Aufträge im gewünschten Sinn zu erfüllen. Die angestellten „Kulturschaffenden“ werden noch dadurch kontrolliert, daß bei Stellenbesetzungen die Kaderabteilung der SED den Ausschlag gibt. Tatsächlich hat der „Auftraggeber Volk“ gar nichts zu entscheiden, es sei denn, indem er kulturelle Darbietungen, Theaterstücke, Filme usw. durch Fernbleiben von den Veranstaltungen ablehnt. Diesem System der Reglementierung stehen erhebliche Anreize für solche „Kulturschaffenden“ gegenüber, die im Sinne der Partei arbeiten: neben den <152:153>Leistungsstipendien gibt es zahlreiche Sondervergünstigungen, die diese Schicht materiell weit über den Bevölkerungsdurchschnitt hinausheben. Zu erwähnen sind Steuerermäßigungen, bevorzugte Wohnraumbeschaffung, Kredite für Eigenheime, Vergünstigungen beim Bezug bewirtschafteter Artikel, Vorteile bei der Ausbildung der Kinder, vorzugsweise Altersversorgung; für Spitzenkräfte ferner Ehrentitel (Verdienter Lehrer des Volkes, verdienter Arzt des Volkes), zum Teil verbunden mit erheblichen einmaligen Geldzuwendungen (Nationalpreis) und Renten (Intelligenz). Außerdem wird die „progressive kulturelle Elite“ durch häufige Erwähnung in Presse und Rundfunk „popularisiert“; zudem werden ihr — ebenso wie das für die „technische Intelligenz“ gilt — hinsichtlich ihres persönlichen Lebenszuschnitts und etwaiger individualistischer Neigungen gewisse Zugeständnisse gemacht: der Druck zur Teilnahme an Schulung und anderer „gesellschaftlicher“ Tätigkeit ist geringer; persönlichen „bürgerlichen“ Restbeständen wird, soweit sie nicht in den Werken zum Ausdruck kommen, eine gewisse Nachsicht entgegengebracht. Das gilt ganz besonders für die aus „plantechnischen“ Gründen benötigten wissenschaftlichen Spezialisten — etwa Naturwissenschaftler, Volkswirte — (Einzelvertrag). Wie überall in der Politik der SBZ, so ist auch im Bereich der völlig „verplanten“ Kultur ein gewisser Zwiespalt insofern festzustellen, als dem Planziel totaler Durchdringung mit der Ideologie das Bestreben entgegensteht, ein Höchstmaß an materiell-wertmäßig ausweisbarer Produktivität zu erzielen — und dazu ist auf manchen Gebieten eben zunächst fachliches Können und erst in zweiter Linie „gesellschaftliches Bewußtsein“ erforderlich. Neben den geschilderten Maßnahmen steht dann die Lenkung des „Kulturkonsums“ durch die „Letztverbraucher“. Der Kulturkonsum geht in den Formen eines in die Betriebe verlagerten und eines „freien“, außerhalb der Betriebe sich abspielenden Angebots an Kulturgütern (also Presse, Rundfunk, Vorträge, Theater-, Musik- und Filmveranstaltungen, Literatur) vor sich. Das besondere Interesse des Regimes gilt dem Kulturkonsum am Arbeitsplatz. Die kulturelle Massenarbeit wird vor allem vom FDGB und von der FDJ getragen und wendet sich an die Betriebsbelegschaften, besonders der „volkseigenen“ Schwerpunktbetriebe, der MTS und an die werktätige Jugend. Die kulturelle Massenarbeit wird besonders stark gefördert. Sie ist weitgehend Agitation; ihre Hauptformen sind: 1. direkte Aufklärung (Schulung, laufende Agitationseinsätze zu aktuellen staats- und wirtschaftspolitischen Fragen, kollektive organisierte Presselektüre, Wandzeitung, Betriebsfunk); 2. ein ausgebreitetes Vortrags- und Unterrichtswesen zur „fachlichen Weiterqualifikation“, das vom FDGB und den SED-Betriebsgruppen getragen und neuerdings vor allem durch die Gesellschaft zur ➝Verbreitung wissenschaftlicher Kenntnisse gestellt wird; 3. künstlerische Programme mit gemischt agitatorisch-unterhaltendem Charakter; 4. künstlerische Betätigung von Laien in den Belegschaften (Chorgruppen, Theaterspielgruppen, Musikgruppen, Literaturgruppen usw.), die auch stark von agitatorischen Tendenzen beherrscht ist. Dabei werden Programm, Texte und Regiepersonal sowohl innerbetrieblich durch Kulturdirektor, SED-Betriebsgruppe und Gewerkschaftsleitung wie auch durch außerbetriebliche Stellen von Partei und Staat scharf überwacht, so daß der echte Spielwille der Laien immer weniger zu seinem Recht kommt; „reine Kunst“ wird selten, allenfalls noch in Form klassischer Musik, geboten. Zur Durchdringung der Werktätigen mit politischer Gebrauchskunst wurde die Deutsche ➝Konzert- und Gastspieldirektion als zentrale Programmorganisation geschaffen, die mit fertigen Programmen [S. 154](zu zwei Dritteln ausgesprochen politischen Charakters) Betriebe, MTS, Erholungsorte, Kleinstädte bespielt. Weiterhin gehört hierher der organisierte Besuch „fortschrittlicher“, vor allem sowjetischer Theater- und Filmstücke. In den Rahmen der kulturellen Massenarbeit fallen aber auch anziehendere Einrichtungen, so in den Schwerpunktbetrieben Kulturhäuser und Klubräume mit Spielecken (Schach, Ping-Pong usw.), Betriebsbüchereien (Bibliothekswesen) sowie der in der SBZ auf Betriebsbasis durchgeführte Sport. „Freie“ kulturelle Veranstaltungen haben größeren Zuspruch nur, wenn sie unpolitisch sind, obwohl die „Verplanung“ des Kulturkonsums, einen ausgesprochenen Hunger nach kulturellen Gütern zur Folge hat. So haben die Konsumenten erreicht, daß Theater und Film aus Rentabilitätsgründen in beträchtlichem Umfange unpolitische Stoffe bieten, selbst die Filmproduktion (Filmwesen) darf sich neuerdings der Nachfrage stärker anpassen. Ebenso werden an den Volkshochschulen unpolitische Bildungsvorträge, die aber nur rund 20 v. H. des gebotenen Stoffes einnehmen dürfen, eindeutig bevorzugt. Versuche zur Lenkung des freien Kulturmarktes haben im allgemeinen wenig Erfolg gehabt. Als Mittel solcher Lenkung sind zu nennen die Volksbühne (seit 1950 reine Besucherorganisation, März 1953 aufgelöst), die Subventionierung volkstümlicher Buchreihen von gemäßigt „antifaschistisch-demokratischem“ Charakter wie der Bibliothek fortschrittlicher Schriftsteller, ferner ein bis in die Dörfer verzweigtes Netz von Volksbibliotheken und Bücherstuben mit meist gut eingerichteten Leseräumen. Allgemein werden Veranstaltungen und dargebotene Werke jedoch nur dann von weiteren Kreisen aufgenommen, wenn sie unpolitisch sind. Im Zeichen der Totalplanung und völliger Unterordnung unter das politische Ziel der Sowjetisierung führt die K. der SBZ offenbar zur Sterilisierung des Geistesschaffens; Ansätze eines irgendwie neuen, schöpferischen Hervorbringens (selbst im Sinne des kommunistischen Zeitbildes) sind nirgends erkennbar und unter unveränderten Bedingungen auch nicht zu erwarten. Literaturangaben Balluseck, Lothar von: Kultura, Kunst und Literatur in der sowjetischen Besatzungszone (Rote Weißbücher 7). Köln 1952, Kiepenheuer und Witsch. 133 S. Balluseck, Lothar von: Dichter im Dienst — der sozialistische Realismus in der deutschen Literatur. Wiesbaden 1956, Limes-Verlag. 161 S. m. 8 Tafeln. Lange, Max Gustav: Totalitäre Erziehung — Das Erziehungssystem der Sowjetzone Deutschlands. Mit einer Einl. v. A. R. L. Gurland (Schr. d. Inst. f. pol. Wissenschaft, Berlin, Bd. 3). Frankfurt a. M. 1954, Verlag Frankfurter Hefte. 432 S. Lange, Max Gustav: Wissenschaft im totalitären Staat. Die Wissenschaft der sowjetischen Besatzungszone auf dem Weg zum „Stalinismus“, m. Vorw. v. Otto Stammer (Schr. d. Inst. f. pol. Wissenschaft, Berlin, Bd. 5). Stuttgart 1955, Ring-Verlag. 295 S. Müller, Marianne, und Egon Erwin Müller: „… stürmt die Festung Wissenschaft!“ Die Sowjetisierung der mitteldeutschen Universitäten seit 1945. Berlin 1953, Colloquium-Verlag. 415 S. Chronologische Materialien zur Geschichte der SED 1945 bis 1956. Berlin 1956, Informationsbüro West. DIN A4, 640 S. Balluseck, Lothar von: Zur Lage der bildenden Kunst in der sowjetischen Besatzungszone. 3., erw. Aufl. (BB) 1953. 130 S., 15 Abb. u. 18 Anlagen. Balluseck, Lothar von: Volks- und Laienkunst in der sowjetischen Besatzungszone. (Einführung von Hans Köhler) (BB) 1953. 92 S. m. 17 Anlagen. *: Bibliotheken als Opfer und Werkzeug der Sowjetisierung. Zur Lage des Büchereiwesens in der sowjetischen Besatzungszone. (BB) 1952. 71 S. Dübel, Siegfried: Deutsche Jugend im Wirkungsfeld sowjetischer Pädagogik. (BB) 1953. 88 S. Kersten, Heinz: Das Filmwesen in der sowjetischen Besatzungszone. (BB) 1954. 139 S. m. 2 Anlagen und Nachtrag. Köhler, Hans: Zur geistigen und seelischen Situation der Menschen in der Sowjetzone. 2., erg. Aufl. (BB) 1954. 46 S. Möbus, Gerhard: Bolschewistische Parteilichkeit als Leitmotiv der sowjetischen Kulturpolitik. Dokumente der Diktatur. (BB) 1951. 32 S. Weber, Jochen: Das Theater in der sowjetischen Besatzungszone. (BB) 1955. 144 S. m. 20 Anlagen. Weiss, Wilhelm: Das Gesundheitswesen in der sowjetischen Besatzungszone. (BB) 1952. 130 S. m. 15 Anlagen. (Neuauflage in Vorb.) Fundstelle: SBZ von A bis Z. Dritte, überarbeitete und erweiterte Auflage, Bonn 1956: S. 150–154 Kulturplan A, B, C, D, E, F, G, H, I, J, K, L, M, N, O, P, Q, R, S, T, U, V, W, Z Kulturverordnung

Siehe auch die Jahre 1953 1954 1958 1959 1960 1962 1963 1965 1966 1969 1975 1979 1985 [S. 150]Hauptaufgabe der K. ist lt. Entschließung des III. Parteitages der SED (1950) „… der Kampf um den Frieden, um die demokratische Einheit Deutschlands und um die Festigung unserer antifaschistisch-demokratischen Ordnung“ … (Die kulturelle) „Erziehung kann nur in unerbittlichem Kampf gegen die kannibalischen Lehren der imperialistischen Kriegshetzer erfolgen. Jeder Versuch, diese feindlichen…

DDR A-Z 1956

Juni-Aufstand (1956)

Siehe auch die Jahre 1954 1958 1959 1960 1962 1963 1965 1966 1969 1975 1979 1985 Im engeren Sinne die Streiks und Demonstrationen am 16. 6. und der Massenaufstand am 17. 6. 1953 in Ostberlin und in der SBZ; Reaktion der Bevölkerung der Zone auf die jahrelange Unterdrückung durch das SED-Regime, die katastrophale Lebensmittelversorgung und insbesondere auf die jüngste Phase der Sowjetisierung im Zeichen des Aufbaus des Sozialismus. Der am 9. 6. 1953 vom Politbüro des ZK der SED beschlossene Neue Kurs wurde mit Recht als Zeichen der Schwäche der SED-Regierung verstanden. Anlaß zum Juni-Aufstand gab die „administrative“ Erhöhung der Normen. Am 28. 5. 1953 wurde durch Ministerratsbeschluß die allgemeine Erhöhung der Normen um durchschnittlich 10 v. H. vorgenommen, die einer Lohnsenkung um 30 bis 42 v. H. gleichkam. Der Widerstand gegen diese Maßnahme kam schon vor dem 9. 6. in Protesten und Einzelstreiks zum Ausdruck. Nachdem das Kommuniqué des Ministerrats vom 11. 6. bei der Verkündung des „Neuen Kurses“ gar nicht auf die Normenfrage eingegangen war, löste ein Artikel in der „Tribüne“ (Organ des FDGB) vom 16. 6. die Ostberliner Demonstrationen aus. Der Artikel hatte festgestellt: „… die Beschlüsse über die Erhöhung der Normen sind in vollem Umfange richtig.“ Unter dem Eindruck der Demonstrationen wurde die Normenerhöhung am Nachmittag des 16. 6. rückgängig gemacht. Am gleichen Tage um 7 Uhr beschlossen die Arbeiter vom VEB Bau:Union in der Stalin-Allee den Streik und marschierten, bald durch andere Arbeiter verstärkt, zu dem in der Leipziger Straße gelegenen „Haus der Ministerien“ (ehem. Reichsluftfahrtministerium). Hier entwickelte sich der Streik zur Volkserhebung mit der Forderung nach freien Wahlen, besseren materiellen Lebensbedingungen und Rücktritt der SED-Regierung. Die Streikbewegung dehnte sich inzwischen auch auf die Randgebiete Berlins aus. Volkspolizei stand bereit, griff aber nicht ein. Die SED-Gegenpropaganda versagte völlig, sie verstärkte im Gegenteil den Ausbruch der jahrelang unterdrückten Volkswut. Am 17. 6. wurde das Ziel der Demonstranten klar: der Volksaufstand wollte das SED-Regime hinwegfegen. Mit dem Marsch von 12.000 Arbeitern des Stahl- und Walzwerks Hennigsdorf griff die Zone in den Aufstand ein. Brennpunkte der nun erfolgenden Zusammenstöße mit der Volkspolizei waren die Leipziger Straße, der Potsdamer Platz, der Lustgarten, das Brandenburger Tor. Inzwischen waren sowjetische Truppen in Stärke von mindestens 2 Divisionen mit zahlreichen Panzern und Panzerspähwagen nach Berlin geworfen worden. Vom Brandenburger Tor wurde um 11 Uhr 10 die rote Fahne heruntergeholt. Gegen 12 Uhr fielen die ersten Schüsse. Ab 13 Uhr wurde vom sowjetischen Stadtkommandanten, Generalmajor Dibrowa, für den Sowjet-Sektor der Ausnahmezustand verhängt. Während die sowjetischen Truppen den Sturm auf das „Haus der Ministerien“ verhindern konnten, wurden u. a. das Columbus-Haus, das Haus „Vaterland“, Aufklärungslokale, Zeitungskioske und Parteibüros in Brand gesteckt oder demoliert. Die Haltung der Volkspolizei war vielfach zweideutig. Zahlreiche Volkspolizisten gingen zu den Streikenden über. Infolgedessen [S. 128]wurden bald Volkspolizisten nur zusammen mit Rotarmisten eingesetzt. Aber auch Teile der Besatzungsarmee sympathisierten vereinzelt offensichtlich mit den Demonstranten. Um 18 Uhr teilte das Presseamt beim Ministerpräsidenten mit, daß der Regierungsbeschluß über die Normenerhöhung aufgehoben sei. Ab 21 Uhr herrschte in Ostberlin die durch den Ausnahmezustand erzwungene Ruhe. Die Sektorengrenzen waren völlig abgeschlossen. Die Nachricht von den Berliner Ereignissen verbreitete sich wie ein Lauffeuer in der Zone, und in fast allen größeren Städten machte sich der Volkszorn in ähnlicher Weise Luft. Wo sowjetische Truppen nicht sofort zur Verfügung standen, erzielten die Demonstranten teilweise beträchtliche Erfolge. Industriewerke, Verwaltungszentren und Gerichtsgebäude befanden sich vielfach völlig in ihrer Hand, Gefängnisse und Zuchthäuser wurden gestürmt, politische Gefangene befreit. Nach Verhängung des Ausnahmezustandes wurde der Aufstand meist durch sowjetische Truppen niedergeschlagen. Der J. nat der SU und dem westlichen Ausland den moralischen Zusammenbruch des SED-Regimes und die Unmöglichkeit, die SBZ zu bolschewisieren, unwiderleglich bewiesen. Er hat ferner die weit verbreitete Auffassung widerlegt, daß Volkserhebungen in totalitären Systemen unmöglich seien. Ohne das Eingreifen der Besatzungsmacht hätte der Aufstand, obschon er in keiner Weise vorbereitet war und ihm jede zentrale Führung fehlte, wahrscheinlich zum Sturz des SED-Regimes geführt. Während des Aufstandes zeigte das Regime sich entschlußlos, erschrocken und konzessionsbereit. Viele Funktionäre gingen zu den Aufständischen über. Nach Festigung der Lage jedoch versuchte man die katastrophale moralische Schlappe des Regimes durch die Sprachregelung zu vertuschen, der Aufstand sei von „westlichen Provokateuren und Agenten“ inszeniert worden. Die Verluste des J. sind noch nicht genau bekannt. Der damalige Staatssicherheitsminister Zaisser gab am 25. 6. folgende Zahlen bekannt: 4 Volkspolizisten und 21 Zivilisten getötet, 191 Volkspolizisten und 187 Zivilisten verletzt. Die tatsächlichen Verluste liegen jedoch erheblich höher. Zu ihnen sind noch die standrechtlich Erschossenen, darunter auch völlig Unbeteiligte, und die wegen Gehorsamsverweigerung hingerichteten Volkspolizisten und Rotarmisten zu zählen. Literaturangaben Brant, Stefan: Der Aufstand — Vorgeschichte, Geschichte und Deutung des 17. Juni 1953. Stuttgart 1954, Steingrüben Verlag. 325 S. m. 1 Karte u. zahlr. Tafeln. Riess, Curt: Der 17. Juni. Berlin 1954, Ullstein. 260 S. Fundstelle: SBZ von A bis Z. Dritte, überarbeitete und erweiterte Auflage, Bonn 1956: S. 127–128 Junge Pioniere A, B, C, D, E, F, G, H, I, J, K, L, M, N, O, P, Q, R, S, T, U, V, W, Z Justizreform

Siehe auch die Jahre 1954 1958 1959 1960 1962 1963 1965 1966 1969 1975 1979 1985 Im engeren Sinne die Streiks und Demonstrationen am 16. 6. und der Massenaufstand am 17. 6. 1953 in Ostberlin und in der SBZ; Reaktion der Bevölkerung der Zone auf die jahrelange Unterdrückung durch das SED-Regime, die katastrophale Lebensmittelversorgung und insbesondere auf die jüngste Phase der Sowjetisierung im Zeichen des Aufbaus des Sozialismus. Der am 9. 6. 1953 vom Politbüro des ZK der SED…

DDR A-Z 1956

Ulbricht, Walter (1956)

Siehe auch die Jahre 1953 1954 1958 1959 1960 1962 1963 1965 1966 1969 * 30. 6. 1893 in Leipzig als Sohn eines Schneiders, Volksschule, Tischler. 1908 Mitgl. der Arbeiterjugend, 1912 SPD, 1919 KPD und bald darauf Bezirkssekretär der KPD in Sachsen. 1920 Mitgl. der KP-Bezirksleitung Halle/Merseburg und KP-Redakteur in Halle, später Leipzig. 1921 Sekretär der KP-Bezirksleitung Groß-Thüringen und ab 1923 Mitgl. des ZK der KPD und Mitgl. des Militärrates der KPD. 1924 Agitationsarbeit im Auftrag der Kommunist. Internationale in Österreich. Bis 1926 Vertreter des ZK der KPD beim Exekutivkomitee der Komintern in Moskau. Nach dem Besuch der Leninschule in Moskau ab 1926 Mitgl. des sächs. Landtages, 1928 M. d. R. und ab Mai 1929 Leiter der KP-Bezirksleitung Berlin-Brandenburg. 1930 wegen Hochverrats zu 2 Jahren Festung verurteilt. Im Okt. 1933 über Prag und Paris nach Moskau emigriert. Trat während der Dauer des deutsch-sowjetischen Freundschaftspaktes 1939/40 in Zeitungsartikeln mit besonderem Nachdruck für das Bündnis der SU mit Hitler ein. Nach Ausbruch des Krieges organisierte U. die Schulungsarbeit unter den deutschen Kriegsgefangenen und war Mitbegründer des Nationalkomitees Freies Deutschland. Am 29. 4. 1945 kehrte U. nach Berlin zurück. Maßgeblich beteiligt am Aufbau der KPD und des FDGB, organisierte die erste Stadtverwaltung in Berlin. Im April 1946 zum stellv. Vorsitzenden und zum Mitgl. des Zentralsekretariats der SED gewählt. Seit dieser Zeit ununterbrochen Mitgl. des Zentralsekretariats bzw. des Politbüros der SED. Seit Juli 1950 Generalsekretär“der SED, ab Juli 1953 1. Sekretär des ZK der SED. Seit Okt. 1949 außerdem stellv. Ministerpräsident bzw. 1. Stellv. des Vorsitzenden des Ministerrates der „DDR“. Seit 7. 10. 1949 Abgeordneter der Volkskammer. Seit 8. 5. 1953 Träger des „Karl-Marx-Ordens“, seit 30. 6. 1953 „Held der Arbeit“, seit 6. 10. 1954 Träger des „Vaterländischen Verdienstordens“ in Gold. U. führte die Umwandlung der SED in eine bolschewistische „Partei neuen Typus“ durch und hat entscheidenden Anteil an der Umgestaltung der SBZ in eine „Volksdemokratie“ nach sowjetischem Muster. (Aufbau des Sozialismus, Juni-Aufstand, Neuer Kurs) Literaturangaben Chronologische Materialien zur Geschichte der SED 1945 bis 1956. Berlin 1956, Informationsbüro West. DIN A4, 640 S. Fundstelle: SBZ von A bis Z. Dritte, überarbeitete und erweiterte Auflage, Bonn 1956: S. 267 Die biographischen Angaben spiegeln den Kenntnisstand der Handbuchredaktion im Jahre 1956 wider. Sie sind daher für allgemeine Informationszwecke als veraltet anzusehen und zudem häufig nicht fehlerfrei. Für diesen Eintrag wird auf den Personeneintrag in der Rubrik BioLeX www.kommunismusgeschichte.de/article/detail/ulbricht-walter-ernst-paul verwiesen. Überstunden A, B, C, D, E, F, G, H, I, J, K, L, M, N, O, P, Q, R, S, T, U, V, W, Z Unfallversicherung

Siehe auch die Jahre 1953 1954 1958 1959 1960 1962 1963 1965 1966 1969 * 30. 6. 1893 in Leipzig als Sohn eines Schneiders, Volksschule, Tischler. 1908 Mitgl. der Arbeiterjugend, 1912 SPD, 1919 KPD und bald darauf Bezirkssekretär der KPD in Sachsen. 1920 Mitgl. der KP-Bezirksleitung Halle/Merseburg und KP-Redakteur in Halle, später Leipzig. 1921 Sekretär der KP-Bezirksleitung Groß-Thüringen und ab 1923 Mitgl. des ZK der KPD und Mitgl. des Militärrates der KPD. 1924 Agitationsarbeit im…

DDR A-Z 1956

Volkseigentums, Gesetz zum Schutze des (1956)

Siehe auch die Jahre 1954 1958 1959 1960 1962 1963 1965 1966 Mit dem „Gesetz zum Schutze des Volkseigentums und anderen gesellschaftlichen Eigentums“ vom 2. 10. 1952 (GBl. S. 982) folgt die Gesetzgebung der SBZ dem sowjetischen Vorbild, wonach „Volkseigentum, genossenschaftliches Eigentum oder Eigentum gesellschaftlicher Organisationen“ — unter letzteres fällt auch das Eigentum politischer Parteien — einen größeren Schutz genießt als das sonstige Privateigentum (Eigentum). Diebstahl, Unterschlagung und Betrug an „Volkseigentum“ usw. wird mit Zuchthaus bis zu 5 Jahren, Urkundenfälschung oder Untreue mit Zuchthaus von 3 bis 15 Jahren bestraft. In besonders schweren Fällen Zuchthaus von 10 bis 25 Jahren und Vermögenseinziehung. Jeder hat die Pflicht, ein ihm „glaubwürdig bekanntgewordenes, in Vorbereitung befindliches oder begangenes Verbrechen“ anzuzeigen, selbst wenn sich die Anzeige gegen einen nächsten Angehörigen richtet. Bei Unterlassung der Anzeige wird er mit Gefängnis von 6 Monaten bis zu 3 Jahren bestraft (§ 4). In der nach Verkündung des Neuen Kurses erlassenen Richtlinie Nr. 3 (ZBl. S. 543) kritisiert das Oberste Gericht die bisherige Anwendung des Gesetzes als „zu formal. Ob die Anwendung des Gesetzes zum Schutze des Volkseigentums geboten ist, beurteilt sich nach den gesamten objektiven und subjektiven Umständen der Tat und ihrem gesellschaftlichen Zusammenhang.“ Wenn kein „schwerer Angriff gegen gesellschaftliches Eigentum“ vorliegt, sollen die Bestimmungen des Strafgesetzbuches Anwendung finden. Auch in dieser Richtlinie fehlt — genau wie in der Richtlinie zur Anwendung des Gesetzes zum Schutze des ➝innerdeutschen Handels — eine klare Abgrenzung des „schweren Angriffs“, diese bleibt der Staatsanwaltschaft und den Gerichten überlassen. In einem Urteil v. 30. 9. 1954 sagt das Oberste Gericht, daß nicht nur deutsches, sondern auch sowjetisches oder volksdemokratisches Eigentum unter dem Schutz des VESchG steht („Neue Justiz“ 1955, S. 733). Fundstelle: SBZ von A bis Z. Dritte, überarbeitete und erweiterte Auflage, Bonn 1956: S. 283 Volkseigentums, Amt zum Schutze des A, B, C, D, E, F, G, H, I, J, K, L, M, N, O, P, Q, R, S, T, U, V, W, Z Volkshochschulen

Siehe auch die Jahre 1954 1958 1959 1960 1962 1963 1965 1966 Mit dem „Gesetz zum Schutze des Volkseigentums und anderen gesellschaftlichen Eigentums“ vom 2. 10. 1952 (GBl. S. 982) folgt die Gesetzgebung der SBZ dem sowjetischen Vorbild, wonach „Volkseigentum, genossenschaftliches Eigentum oder Eigentum gesellschaftlicher Organisationen“ — unter letzteres fällt auch das Eigentum politischer Parteien — einen größeren Schutz genießt als das sonstige Privateigentum (Eigentum). Diebstahl,…

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CDU (1956)

Siehe auch: CDU: 1953 1954 1958 1959 1960 1962 1963 1965 1966 1969 1975 1979 Christlich-Demokratische Union: 1965 1966 1969 Christlich-Demokratische Union (CDU): 1975 1979 Christlich-Demokratische Union Deutschlands (CDU): 1985 [S. 55]Abk. für Christlich-Demokratische Union. Auf den Gründungsaufruf vom 26. 6. 1945 erfolgte am 9. 7. 1945 die Genehmigung der SMAD. Zunächst war die Partei, unter Leitung von Dr. Hermes und Dr. Schreiber und nach deren erzwungenem Rücktritt infolge eines Konfliktes mit der SMAD in der Bodenreform, und Schulfrage unter Leitung von Jakob Kaiser, mit Erfolg darauf bedacht, ein Gegengewicht gegen die SED darzustellen. Nachdem Kaiser auf Grund seines Protestes gegen die Volkskongreß-Politik durch Eingriff der SMAD sein Amt als Vorsitzender nicht mehr ausüben durfte, geriet die CDU unter Nuschke entgegen dem Willen der Mitglieder in völlige Abhängigkeit der SED. Dementsprechend wandelte sich das ideologische Konzept zum „christlichen Realismus“. Danach sind — nach der Definition des Generalsekretärs Götting auf der Meißener Arbeitstagung im Okt. 1948 — „echte Christen Friedensfreunde“, woraus sich ergebe, daß sie im „Friedenslager“ der SU stehen müßten, wie auch Christus im Lager des Fortschritts gestanden habe („Neue Zeit“, Nr. 244/1951). Der 6. Parteitag im Okt. 1952 nahm die vollständige Unterwerfung unter die SED an. Nach der neuen Satzung werden ein „Politischer Ausschuß“ und ein „Hauptvorstand“ entsprechend dem Politbüro und dem ZK der SED als oberste Organe gebildet. „Wir sind eine einschränkungslos sozialistische Partei“ (Nuschke auf dem 6. Parteitag). Stimmen bei den Landtagswahlen 1946 = 2.378.346 (von 9.490.907), Mitgliederstand Dez. 1947 = 218.000, Dez. 1950 = 150.000, Anfang 1953 = 155.000, Mitte 1955 etwas über 100.000. (Blockpolitik) Ihre legale Vertretung haben die CDU-Mitglieder der SBZ in der Exil-CDU gefunden. Zentralorgan ist die in Berlin erscheinende „Neue Zeit“, Auflage etwa 50.000. Außerdem 5 Provinzzeitungen. Fundstelle: SBZ von A bis Z. Dritte, überarbeitete und erweiterte Auflage, Bonn 1956: S. 55 Bykow, Pawel A, B, C, D, E, F, G, H, I, J, K, L, M, N, O, P, Q, R, S, T, U, V, W, Z Chemische Industrie

Siehe auch: CDU: 1953 1954 1958 1959 1960 1962 1963 1965 1966 1969 1975 1979 Christlich-Demokratische Union: 1965 1966 1969 Christlich-Demokratische Union (CDU): 1975 1979 Christlich-Demokratische Union Deutschlands (CDU): 1985 [S. 55]Abk. für Christlich-Demokratische Union. Auf den Gründungsaufruf vom 26. 6. 1945 erfolgte am 9. 7. 1945 die Genehmigung der SMAD. Zunächst war die Partei, unter Leitung von Dr. Hermes und Dr. Schreiber und nach deren erzwungenem Rücktritt…

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Währungspolitik (1956)

Siehe auch: Währung: 1962 1963 1965 1966 1969 Währungspolitik: 1953 1954 1958 1959 1960 1962 1963 1965 1966 1969 Währungsreform: 1954 1958 1959 1960 1962 1963 1965 1966 1969 Währung/Währungspolitik: 1975 1979 1985 Reparationsentnahmen der SU, Zwangsexporte, Materialmangel und das dadurch verursachte Minderangebot an Gebrauchsgütern sind die Ursachen eines hohen Kaufkraftüberhanges, der die Währung ständig gefährdet. Eine Reihe von Maßnahmen der Sowjetzonenregierung soll den Geldumlauf so niedrig wie möglich halten. Hierher gehören die verschiedenen Verordnungen zur Regelung des Zahlungsmittelumlaufes, die Anordnungen zur bargeldlosen Zahlung und Erhöhung der Umlaufsgeschwindigkeit des Geldes, die intensive Werbung der Sparkassen zur Spartätigkeit, die Einrichtung neuer Sparmöglichkeiten und Gewährung von Vergünstigungen für Sparer, die Zentralisierung der Kassenbestände öffentlicher Kassen bei der Deutschen ➝Notenbank, die allgemeine Kreditpolitik mit dem Ziel möglichst geringer Kreditvolumen und — nicht zuletzt — die hohe Besteuerung des Verbrauchs durch Verbrauchsteuern und Haushaltsaufschläge, insbesondere aber durch die Akzise der HO. Laut Beschluß der SBZ-Regierung vom 29. 10. 1953 wurde die Ostmark auf „Goldbasis“ gestellt und der Goldgehalt auf 0,399902 g je DM Ost festgesetzt. Das Verhältnis der Ostmark zum US-Dollar wurde auf 2,22 DM Ost, zum Rubel auf 1,80 Rubel für eine DM Ost festgelegt. Die Deutsche Notenbank wurde ermächtigt, auf Grund dieser „Goldbasis“ die Wechselkurse für andere ausländische Währungen festzulegen. Die Umstellung verändert den bis dahin gültigen Rubelkurs von 0,833 DM Ost auf 0,555 DM Ost. Die offiziell angeordneten Devisen-Umrechnungssätze stehen in krassem Gegensatz zur tatsächlichen Bewertung der Ostmark außerhalb der Ostblock-Staaten. Fundstelle: SBZ von A bis Z. Dritte, überarbeitete und erweiterte Auflage, Bonn 1956: S. 288 Wachsamkeit, Revolutionäre A, B, C, D, E, F, G, H, I, J, K, L, M, N, O, P, Q, R, S, T, U, V, W, Z Währungsreform

Siehe auch: Währung: 1962 1963 1965 1966 1969 Währungspolitik: 1953 1954 1958 1959 1960 1962 1963 1965 1966 1969 Währungsreform: 1954 1958 1959 1960 1962 1963 1965 1966 1969 Währung/Währungspolitik: 1975 1979 1985 Reparationsentnahmen der SU, Zwangsexporte, Materialmangel und das dadurch verursachte Minderangebot an Gebrauchsgütern sind die Ursachen eines hohen Kaufkraftüberhanges, der die Währung ständig gefährdet. Eine Reihe von Maßnahmen der Sowjetzonenregierung soll den…

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Verkehrswesen (1956)

Siehe auch: Verkehr: 1960 1962 1963 1965 1966 1969 Verkehrswesen: 1953 1954 1958 1959 1975 1979 1985 Das V. stellt einen der größten Engpässe in der sowjetzonalen Volkswirtschaft dar. Die gerade auf diesem Gebiet wegen der bedeutenden Kriegs- und Demontageschäden notwendigen Investitionen sind nur sehr ungenügend erfolgt. Es besteht daher ein erheblicher Mangel an Verkehrsmitteln. Qualität und Quantität der neu gebauten Kraftfahrzeuge lassen sich kaum mit der BRD vergleichen (Kraftverkehr). Einen Straßenfernverkehr gibt es kaum. Der Behälterverkehr, diese für die Zusammenarbeit von Kraftverkehr und Eisenbahn wichtige und in der BRD weit verbreitete Verkehrsform, steckt erst in den Anfängen. Der gesamte Eisenbahnverkehr ist im Vergleich zur BRD als äußerst primitiv und rückständig zu bezeichnen, sei es in bezug auf Zugfolge, Reisegeschwindigkeit, Fahrzeugausstattung, Pünktlichkeit, Güterwagengestellung usw. (Eisenbahn). In der Binnenschiffahrt ist die für Westeuropa so charakteristische Motorisierung der Frachtkähne nicht erfolgt. Eine nennenswerte eigene Handelsflotte ist bisher noch nicht wieder erstanden (Schiffahrt). Auch der Luftverkehr mit eigenen Flugzeugen ist trotz vielfacher Ankündigung erst in recht beschränktem Maße aufgenommen (Luftverkehr). Im Gegensatz zu der in der westlichen Welt weitverbreiteten, privaten Unternehmensform der Verkehrsmittel ist das Verkehrswesen in der SBZ überwiegend verstaatlicht, also im Pj. Volkseigentum. Fast 90 v. H. des sowjetzonalen Güterverkehrs werden von den „volkseigenen“ Verkehrsbetrieben bedient. Wie alle Wirtschaftszweige, untersteht auch der gesamte Gütertransport der staatlichen Planung, und es wird allergrößter Wert auf die Erfüllung der aufgestellten Pläne gelegt. So wurden beispielsweise die Pläne der Gütertransportleistungen im Jahre 1954 bei der Eisenbahn mit 97 v. H. und bei der Binnenschiffahrt mit 91 v. H. nicht erfüllt, wogegen der Kraftverkehr mit 106 v. H. seinen Transportplan erfüllen konnte. Literaturangaben Olbrich, Paul: Die Fahrzeugwirtschaft bei der „Deutschen Reichsbahn“ der sowjetischen Besatzungszone. (Mat.) 1955. 88 S. m. 14 Tab. u. 10 Anlagen. Seidel, Wolfgang: Verkehrswirtschaft und Verkehrspolitik in der sowjetischen Besatzungszone. (Mat.) 1953. 235 S. m. 72 Tab. u. 9 Schaubildern. Fundstelle: SBZ von A bis Z. Dritte, überarbeitete und erweiterte Auflage, Bonn 1956: S. 273 Verkehrsgerichte A, B, C, D, E, F, G, H, I, J, K, L, M, N, O, P, Q, R, S, T, U, V, W, Z Verlagswesen

Siehe auch: Verkehr: 1960 1962 1963 1965 1966 1969 Verkehrswesen: 1953 1954 1958 1959 1975 1979 1985 Das V. stellt einen der größten Engpässe in der sowjetzonalen Volkswirtschaft dar. Die gerade auf diesem Gebiet wegen der bedeutenden Kriegs- und Demontageschäden notwendigen Investitionen sind nur sehr ungenügend erfolgt. Es besteht daher ein erheblicher Mangel an Verkehrsmitteln. Qualität und Quantität der neu gebauten Kraftfahrzeuge lassen sich kaum mit der BRD vergleichen…

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Theorie des Marxismus-Leninismus-Stalinismus (1956)

Siehe auch: Marxismus-Leninismus: 1959 1960 1962 1963 1965 1966 1969 1975 Marxismus-Leninismus (ML): 1979 1985 Theorie des Marxismus-Leninismus-Stalinismus: 1953 1954 1958 [S. 259] 1. Theorie und Praxis. Parteimäßigkeit der Theorie. Die europäischen Philosophen suchen seit den Griechen die Wahrheit zu erkennen. Dagegen sagt Marx: „Die Philosophen haben die Welt nur verschieden interpretiert; es kommt aber darauf an, sie zu verändern.“ Marx und Engels haben ihre Analyse des Kapitalismus zugleich mit der Zielsetzung unternommen, die Aufstellung sozialer Gesetzmäßigkeiten dem revolutionären Handeln dienstbar zu machen. Auf dieser Linie hat sich der Marxismus zum Leninismus und Stalinismus weiterentwickelt. Alle theoretischen Streitigkeiten der Bolschewisten werden stets in dem Sinne entschieden, daß die Theorie mit der jeweils gebotenen revolutionären Praxis in Übereinstimmung sein muß. Ebenso gilt aber auch das Gegenteil: Weil die Theorie revolutionär ist, kann die revolutionäre Praxis auf die Theorie begründet werden. „Ohne revolutionäre Theorie kann es keine revolutionäre Bewegung geben“ (Lenin). Die Theorie des Marxismus stützt sich auf die Hegelsche Dialektik. Hegel erklärte das Weltgeschehen als eine Entwicklung, die durch Widersprüche in den Dingen selbst vorwärtsgetrieben wird; der Gegensatz, das plötzliche Umschlagen, der „Sprung“ sei die Form der Weltentwicklung. In dieser Entwicklung und durch diese gelange der Geist zum Bewußtsein seiner selbst. Marx übernimmt von Hegel die dialektische Methode der Widersprüche und des revolutionären Sprunges, setzt aber an die Stelle des Geistes die Materie. Er betrachtet die Bewegung der Dinge nicht „von oben“, vom Bewußtsein, sondern „von unten“, vom Materiellen her. Seine Theorie ist also zugleich dialektisch und materialistisch. Stalin sagt von der Weltanschauung der marxistisch-leninistischen Partei, sie sei dialektisch der Methode nach und marxistisch der Deutung nach. — Sehr oft wird das Wort „dialektisch“ freilich nur in dem Sinne gebraucht, daß man die Theorie und die Praxis, die eine Seite und die entgegengesetzte, berücksichtigen müsse. Auf diese Weise wird die Dialektik zu einer bloß formalen Technik des Denkens. Was wahr und falsch, richtig und unrichtig ist, wird nicht durch das Denken (das Bewußtsein), sondern durch die Partei entschieden. Die Partei steuert den theoretischen wie den praktischen Kurs zwischen den möglichen Abweichungen hindurch. Wer sich z. B. der Kolchospolitik widersetzt, weil er den Bauern erhalten will, macht sich einer „Rechtsabweichung“ schuldig. Wer sich zuviel mit Begriffen wie Dialektik, Revolution, Entwicklung usw. beschäftigt, kann der „Linksabweichung“, d. h. eines „phrasenhaften Revolutionarismus“, beschuldigt werden. Was jeweils richtig ist, kann nur von der obersten Stelle bestimmt werden. Wer bestrebt ist, die „Wahrheit zu erkennen“, stellt sich damit außerhalb des Kampfes, der von der kommunistischen Partei geführt wird. Die „Wahrheit“ ist für den Kommunisten nicht zeitlos, sondern zeitgebunden, sie fällt mit seinem zukünftigen Siege zusammen. In der klassenlosen Gesellschaft sollen Theorie und Praxis eins sein. Bis dahin, wird erklärt, ist der Objektivismus (Abweichungen) bürgerlich und reaktionär; bis dahin würden wir um so objektiver erkennen, je entschiedener wir uns auf den Standpunkt des kämpfenden Proletariats stellen. 2. Bourgeoisie und Proletariat. Klassenkampf. Unter dem Kapitalismus versteht Marx die auf dem Privateigentum an Produktionsmitteln beruhende Wirtschaftsweise. Erst im Zeitalter der „großen Industrie“ (d. h. der Maschinenindustrie) habe der Kapitalismus [S. 260]seine moderne Form erreicht. Diese höchste Erscheinungsform des Kapitalismus sei zugleich seine letzte. Denn der Zustand der Gesellschaft sei unter dem Kapitalismus derartig unversöhnlich gegensätzlich (antagonistisch), daß er sich notwendig auflösen und in einen anderen Zustand übergehen müsse. Die Klasse derer, die keinen Anteil an den Produktionsmitteln besitzen und nur ihre Arbeitskraft zu Markte tragen, und die Klasse derer, die über alle Produktionsmittel einschließlich dieser Arbeitskraft verfügen, also einerseits Proletariat und andererseits Bourgeoisie, stehen sich, sagte Marx, in unversöhnlichem Kampf gegenüber. In der industriellen Gesellschaft gelange dieser Klassenkampf (Materialistische Geschichtsauffassung) auf seinen Höhepunkt. An sich sei die Bourgeoisie positiv und notwendig, denn sie sei fortschrittlich (progressiv), ja revolutionär in der Geschichte der Menschheit gewesen: „Die Bourgeoisie hat in ihrer kaum hundertjährigen Klassenherrschaft massenhaftere und kolossalere Produktionskräfte geschaffen als alle vergangenen Generationen zusammen. Unterjochung der Naturkräfte, Maschinerie, Anwendung der Chemie auf Industrie und Ackerbau, Dampfschiffahrt, Eisenbahnen, elektrische Telegraphen, Urbarmachung ganzer Weltteile, Schiffbarmachung der Flüsse, ganze aus dem Boden hervorgestampfte Bevölkerungen — welches frühere Jahrhundert ahnte, daß solche Produktionskräfte im Schoße der gesellschaftlichen Arbeit schlummerten“ (Kommunistisches Manifest). Der Kapitalismus sei ein durchdachtes System der Ausbeutung des Menschen durch den Menschen. Indem sich aber der Kapitalismus entwickele, bringe er nicht nur Maschinen und Waren in immer größeren Mengen hervor, sondern er erzeuge auch das Heer der Proletarier, die er um ihren Lohn betrüge, indem er ihnen zugleich die letzte Reserve an Arbeitskraft auspresse. „Mit der Entwicklung der großen Industrie wird also unter den Füßen der Bourgeoisie die Grundlage selbst hinweggezogen, worauf sie produziert und die Produkte sich aneignet. Sie produziert vor allem ihren eigenen Totengräber. Ihr Untergang und der Sieg des Proletariats sind gleich unvermeidlich“ (Kommunistisches Manifest). Zunächst sahen Marx und Engels nur den von Krisen geschüttelten Konkurrenz-Kapitalismus des 19. Jahrhunderts vor sich und warteten von Jahr zu Jahr auf die endgültige letzte „Handelskrise“, die das Proletariat in den Besitz der Produktionsmittel bringen sollte. Aus dem Schicksal der Kommune von Paris (d. h. der Herrschaft des sozialistischen Gemeinderats in Paris von März bis Mai 1871) und deren blutigem Ende zogen sie die Lehre, daß die Bourgeoisie nur durch Gewalt enteignet werden könne. „Die Arbeiterklasse kann nicht die fertige Staatsmaschinerie einfach in Besitz nehmen und diese für ihre eigenen Zwecke in Bewegung setzen“ (Adresse des Generalrats). Da der Staat nur eine Maschine zur Unterdrückung einer Klasse durch die andere sei, müsse zuvor die alte Staatsmaschine zerschlagen werden, wenn eine neue Gesellschaft entstehen soll. Im „Kapital“ hatte Marx geschrieben: „Die Gewalt ist der Geburtshelfer jeder alten Gesellschaft, die mit einer neuen schwanger geht. Sie selbst ist eine ökonomische Potenz“ (I. Bd., Volksausg., S. 680). 3. Materialistische Geschichtsauffassung. Die auf den Begriffen Kapitalismus, Bourgeoisie, Proletariat und Klassenkampf aufgebaute Theorie wurde von Marx und Engels den vorhandenen sozialistischen Theorien als „kommunistisch“ (Bolsche[S. 261]wismus) entgegengesetzt. Sie nannten die älteren, aus einer unklaren Sehnsucht nach einer allgemeinen Umgestaltung der Gesellschaft hervorgegangenen Theorien, die nur unzulängliche ökonomische Vorschläge und moralische Forderungen brachten, utopistisch (Utopie). Die eigene Theorie dagegen, die auf eine ökonomische Analyse der kapitalistischen Gesellschaft gegründet war, nannten sie wissenschaftlich. Die Formel für ihre Zielsetzung haben Marx und Engels jedoch dem älteren Sozialismus entnommen: Jeder solle nach seinen Fähigkeiten produzieren und nach seinen Bedürfnissen genießen. Die Wirkung der marxistischen Theorie beruht darauf, daß sie aus einer einheitlichen „materialistischen“ Geschichtsauffassung hervorgeht, die den Anschein erweckt, daß jedem politischen und geistigen Ereignis sein Platz in einem allumfassenden notwendigen Geschehen angewiesen werden könne. Rechtsverhältnisse und Staatsformen, Wissenschaft, Philosophie und Kunst, so wird von Marx gelehrt, seien nicht aus der „sogenannten allgemeinen Entwicklung des menschlichen Geistes“ zu begreifen, sondern wurzelten in den „materiellen Lebensverhältnissen“. Der Mensch müsse wohnen, sich ernähren und kleiden, bevor er denken könne. Die tägliche Produktion und Reproduktion seines materiellen Daseins, seiner Basis, sei nicht ein nebensächliches Geschäft, sondern in der Tat die Grundlage seiner ganzen Existenz. Um diese Existenz materiell produzieren zu können, müsse sich der Mensch in Verhältnisse der Abhängigkeit begeben. „Die Gesamtheit dieser Produktionsverhältnisse bildet die ökonomische Struktur der Gesellschaft, die reale Basis, worauf sich ein juristischer und politischer Überbau erhebt und welcher bestimmte gesellschaftliche Bewußtseinsformen entsprechen. Die Produktionsweise des materiellen Lebens bedingt den sozialen, politischen und geistigen Lebensprozeß überhaupt. Es ist nicht das Bewußtsein der Menschen, das ihr Sein, sondern umgekehrt ihr gesellschaftliches Sein, das ihr Bewußtsein bestimmt“ (Einl. z. Kritik d. pol. Ökonomie). Die Revolution, die zur klassenlosen Gesellschaft führen soll, könne weder durch den bloßen guten Willen der Proletarier herbeigeführt noch durch den bösen Willen der Bourgeoisie verhindert werden. In den Verhältnissen selber stecke die Dialektik, die den Untergang der alten Klasse und den Aufstieg des Proletariats herbeiführe. Nicht um die Verwirklichung von „Idealen“ oder von wirtschaftlichen „Programmen“ handele es sich, sondern um die Vollstreckung dessen, was in der antagonistischen Struktur der kapitalistischen Gesellschaft angelegt sei. 4. Staat und Revolution. Im Jahre 1864 haben Marx und Engels in London die „Internationale Arbeiterassoziation“ gegründet, die später den Namen der I. Internationale erhielt. Die nach deren Auflösung gegründete II. Internationale suchte das revolutionäre Element aus dem Marxismus zu entfernen und aus der Lehre von Marx und Engels ein evolutionäres, rein „ökonomisches“ System zu machen. Ihre Politik bestand darin, die Lage der Arbeiter zu verbessern und sich für demokratische Regierungsformen einzusetzen. Die Formel für diesen Revisionismus (Abweichungen) gab der deutsche Sozialdemokrat Eduard Bernstein mit den Worten: „Der Weg ist alles, das Ziel ist nichts.“ In die Theorie strömten idealistische, vor allem Kantische Elemente ein. Man zog es mehr und mehr vor, nicht mehr von der materialistischen, sondern von der ökonomischen Geschichtsauffassung zu reden. [S. 262]Gegen diese staatspolitisch verantwortungsbewußten Bemühungen der II. Internationale kämpfte mit Erfolg Lenin, der spätere Begründer der III. Internationale (Kommunistische Internationale = Komintern). Seine für die Entwicklung des Marxismus entscheidende Abrechnung mit dem Revisionismus gab Lenin in seiner Abhandlung „Staat und Revolution“, die er unmittelbar vor der Oktoberrevolution im Jahre 1917 verfaßte. Darin wird unter einseitiger Auslegung von Marx und Engels gezeigt, daß der Prozeß, der zur klassenlosen Gesellschaft (Materialistische Geschichtsauffassung) führt, den revolutionären Terror als notwendiges Moment in sich einschließt. Die Lehre von der Dialektik, von dem in „Sprüngen“ sich vorwärts bewegenden geschichtlichen Prozeß, wird von Lenin wieder in den Mittelpunkt der revolutionären Theorie gerückt, nachdem sie vom Revisionismus als eine hegelianisierende Schwäche Marx' abgetan worden war. Alle opportunistischen oder demokratischen Auffassungen wurden von Lenin rücksichtslos ausgemerzt. Die Philosophie fand dabei besondere Berücksichtigung. Im Jahre 1908 befaßte sich Lenin in seinem Buch „Materialismus und Empiriokritizismus“ in aggressiver Weise mit den philosophischen Theorien russischer Marxisten, die sich dem westlichen Positivismus zuneigten. Nach Lenins Tode wurden Auszüge und Randglossen zu Hegels „Logik“ aus seinem Nachlaß veröffentlicht (Lenin, „Aus dem philosophischen Nachlaß“, 2. Aufl. Berlin 1949). In der materialistisch aufgefaßten Dialektik Hegels sah Lenin den Schlüssel zur Lösung aller wissenschaftlichen Probleme. Die marxistische Lehre vom Staat, so behauptet Lenin, sei durch den Revisionismus entstellt worden. Erst nach der sozialistischen Revolution „stirbt der Staat ab“. Der bürgerliche Staat schläft nicht von selber ein, wie der Opportunismus der Sozialdemokraten gelehrt habe, er müsse von den Proletariern beseitigt werden. „Die Ablösung des bürgerlichen Staates durch den proletarischen ist ohne gewaltsame Revolution unmöglich“ (Lenin, Ausg. Werke, Moskau 1947, Bd. II, S. 173). Da jeder Staat nach der sozialistischen Auffassung, die von Marx und Engels geteilt wird, eine Diktatur ist, so bedeutet Diktatur des Proletariats nichts anderes als den Staat des Proletariats, der dazu bestimmt ist, den Staat der Bourgeoisie abzulösen. Der Ausdruck „Diktatur des Proletariats“ ist zuerst von Marx in seiner „Kritik des Gothaer Programms“ (1875) gebraucht worden. Aber schon im „18. Brumaire“ hat Marx den Gedanken von der notwendigen Zerstörung der alten Staatsmaschinerie angedeutet, was von Lenin als ein gewaltiger Schritt über das Kommunistische Manifest hinaus ausgelegt wird („Staat und Revolution“, Ausg. W. II, S. 177). Der entscheidende Motor der revolutionären Umgestaltung ist für Lenin die straff organisierte, aus einer aktiven Minderheit (zunächst den sog. „Berufsrevolutionären“) bestehende proletarische Partei, die als „Avantgarde der Arbeiterklasse“ in diese erst das revolutionäre Bewußtsein hineinträgt, sie organisiert und über sie hinaus (Bündnispolitik) eine Fülle weiterer Gruppen dem revolutionären Anliegen dienstbar macht. Die Diktatur des Proletariats wird von Lenin lediglich als erste Phase der kommunistischen Gesellschaft aufgefaßt. In dieser Phase, „die gewöhnlich Sozialismus genannt wird“, bestehe zwar schon das Gemeineigentum in bezug auf die Produktionsmittel, das bürgerliche Recht sei aber noch nicht ganz abgeschafft. Kommunismus sei das nicht. „Solange es einen Staat gibt, gibt es keine Freiheit. Wenn es [S. 263]Freiheit geben wird, wird es keinen Staat geben“ („Staat und Revolution“, Ausg. W. II, S. 230 u. 231). Die klassenlose Gesellschaft ist die Gesellschaft der Freiheit. Wenn die Arbeiter selber die Großproduktion organisieren, dann entsteht — mit dem Absterben jedes Vorgesetztenwesens und Beamtentums — eine neue Ordnung, eine „Ordnung ohne Gänsefüßchen“, als deren Vorbild von Lenin nach dem Vorgang eines deutschen Sozialdemokraten die Postverwaltung angeführt wird („Staat u. Revolution“, Ausg. W. II, S. 195). Die Funktionen der Aufsichts- und Rechenschaftsablegung, meint Lenin, würden mit der Zeit von selbst fortfallen. „In unserem Streben zum Sozialismus sind wir überzeugt, daß er in den Kommunismus hinüberwachsen wird, und im Zusammenhang damit jede Notwendigkeit der Gewaltanwendung gegen Menschen überhaupt … verschwinden wird, denn die Menschen werden sich gewöhnen, die elementaren Regeln des gesellschaftlichen Zusammenlebens ohne Gewalt und ohne Unterordnung einzuhalten“ („Staat und Revolution“, Ausg. W. II, S. 220). Ist die erste Phase vorüber, dann soll die sozialistische Gesellschaft klassenlos und damit staatenlos werden. Es wird hier deutlich, daß die Utopie von einer staatsfreien Gesellschaft von Lenin ebenso festgehalten wird wie von Marx und Engels. Auch nach der Oktoberrevolution hat sich bei Lenin in dieser Hinsicht nichts geändert. Auch nachdem zwei Jahre des Aufbaus „auf sozialistischer Grundlage“ vorüber waren, sprach Lenin immer noch von der neuen Ordnung, in der alles auf Freiwilligkeit aufgebaut sein würde. Kommunistische Arbeit wurde von ihm als freiwillige Arbeit ohne Norm und ohne Entlohnung bezeichnet, als Arbeit, die aus Gewohnheit und aus der zur Gewohnheit gewordenen Erkenntnis ihrer Notwendigkeit für das Gesamtwohl geleistet würde (Ausg. W. II, S. 667). Zu gleicher Zeit begründete Lenin aber in seiner Schrift über den Linksradikalismus die Notwendigkeit einer „eisernen und kampfgestählten Partei“, weil er voraussah, daß die Klassen noch „jahrelang“ bestehenbleiben würden (Ausg. W. II, S. 691). Als Stalin die Herrschaft antrat, war das Problem, das Lenin ungelöst liegenlassen mußte, in der Praxis dasselbe wie in der Theorie. Es war das Problem des Staates. Ein anderer Gedankengang konnte durch Stalin unverändert von Lenin übernommen werden. Marx und Engels hatten der unter ihren Augen sich vollziehenden Umbildung des Kapitalismus aus dem Konkurrenz-Kapitalismus in den Monopol-Kapitalismus (Imperialismus) nicht genügend Beachtung geschenkt. Lenin nahm die durch Kartelle, Syndikate und Trusts geschaffene neue Gestalt des Kapitalismus in die Theorie auf und bestimmte sie als „höchste Form des Kapitalismus“. „Der Imperialismus ist das monopolistische Stadium des Kapitalismus“ (Ausg. W. II, S. 839). 5. Die Umgestaltung der Theorie durch Stalin. Die Probleme, denen Stalin sich gegenübersah, ergaben sich aus der Situation: Sozialismus in einem Lande, und zwar in einem überwiegenden Agrarlande, dessen erste Anfänge einer Industrieproduktion über das Stadium dies Frühkapitalismus kaum hinausgewachsen waren. In diesem Lande fehlten also die wichtigsten, von Marx und Engels geforderten Voraussetzungen für die Einführung des Sozialismus: der Hochstand der Industrialisierung und die Masse des Proletariats. Praxis und Theorie mußten daher einer neuen Lage angepaßt werden. Die marxistisch-leninistische Theorie bedurfte also einer radikalen Umgestaltung, wenn sie einigermaßen mit der von Stalin befolgten [S. 264]Machtpolitik, einer in kürzester Zeit mit Gewalt und Terror zu erzwingenden Umgestaltung der Wirtschaft, Gesellschaft und der Einzelmenschen, übereinstimmen sollte. Diese Umgestaltung der Theorie ist in zwei Schüben (1934 und 1950) durchgeführt worden. Indem Stalin, an zaristische Traditionen anknüpfend, den großen russischen Staat schuf, mußte er den letzten Rest von allgemeiner sog. „humanistischer“ Zielsetzung aus dem Kommunismus entfernen. Sein gigantischer, sich sozialistisch nennender neuer Staat gab restlos den Gedanken preis, daß das Ziel eine auf Freiwilligkeit beruhende neue Gesellschaftsordnung sei. Damit kam der auf dem Grunde der marxistisch-leninistischen Theorie lauernde Widerspruch zu offenem Ausbruch: um die Staatenlosigkeit zu erreichen, muß der ungeheuerste Staatsapparat konstruiert werden, den die Welt je gesehen hat. Daß die gigantische Sowjetmacht sich jemals wieder von selber auflösen würde, glaubt natürlich niemand, obwohl es von der offiziellen Theorie auch weiterhin unterstellt wird. Damit ist die Theorie zynisch geworden. Die philosophische Wendung im Jahre 1950 bedeutet die theoretische Rechtfertigung des Sowjetstaates und damit des Staates überhaupt, der „Repressivgewalt“, wie ihn Engels unter dem Beifall von Lenin definiert hatte. Im Jahre 1934 wurde die Geschichtsschreibung (Materialistische Geschichtsauffassung) und der Geschichtsunterricht in der Sowjetunion von einem Tag zum andern unter Verfemung der internationalen, marxistischen Auffassung auf die nationale, russische Auffassung umgestellt. Der dem Marxismus unbekannte Begriff Rodina (Heimat) wurde Ausgangspunkt einer „neuen“ Ideologie, die uralte Vorstellungen von dem führenden Volk der Russen wiederbelebte. Von Klassen war hier nicht mehr die Rede. Im Jahre 1950 entzog Stalin durch einige Briefe, die er an die „Prawda“ über das Problem der Sprache schrieb (Linguistik-Briefe), der marxistisch-leninistischen Auffassung von der „Basis“ und vom „Überbau“ den Boden. Er widerlegte damit zugleich den wesentlichen Inhalt seiner früheren Schrift „über dialektischen und historischen Materialismus“. In einigen entscheidenden Sätzen des ersten Linguistik-Briefes hat Stalin den Begriff des Staates als einer „aktiven Macht“ wiederhergestellt und damit die sozialistische Lehre von der Überführung der Zwangsordnung in eine neue Ordnung der Freiheit zu den Akten geschrieben. Der Revisionismus, den Lenin erledigt zu haben meinte, kehrt bei seinem Nachfolger als ein Über-Revisionismus wieder zurück. „Der Überbau wird von der Basis hervorgebracht, aber das bedeutet keineswegs, daß er die Basis lediglich widerspiegelt, daß er passiv, neutral ist, daß ihm das Schicksal seiner Basis, das Schicksal der Klassen, der Charakter der Gesellschaftsordnung gleichgültig sind. Im Gegenteil, einmal entstanden, wird er zu einer ganz gewaltigen aktiven Macht, hilft er aktiv seiner Basis, feste Formen anzunehmen und sich zu konsolidieren, trifft er alle Maßnahmen, um der neuen Gesellschaftsordnung zu helfen, der alten Basis und den alten Klassen den Rest zu geben und sie zu beseitigen“ (Stalin, „Zum Marxismus in der Sprachwissenschaft“). Mit der Wiederherstellung des Staates ist die Aufhebung der revolutionären, dialektisch-materialistischen Geschichtsauffassung notwendig verbunden. Ironisch macht Stalin jenen Genossen, „die für Explosionen begeistert sind“, klar, daß das Gesetz des Umschlagens aus einer Qualität in eine neue vermittels einer Explosion nicht immer gültig [S. 265]ist. „Es ist unbedingt gültig für eine in feindliche Klassen geteilte Gesellschaft. Aber es ist durchaus nicht unbedingt gültig für eine Gesellschaft, die keine feindlichen Klassen kennt“ („Zum Marxismus in der Sprachwissenschaft“). 6. Umbau der Theorie seit Stalins Tod. Die Veränderungen, denen die Theorie und Praxis des Bolschewismus seit dem Frühjahr 1953 ausgesetzt war und die zunächst im 20. Parteitag der KPdSU (Anfang 1956) mit der Ausstoßung des toten Stalin aus der Reihe der „Klassiker des Marxismus-Leninismus“ ihren Höhepunkt erreichten, haben bisher zu keiner Revision der entscheidenden Punkte der Theorie geführt. Die Betonung der Rolle der Staatsmacht ist erhalten geblieben (dementsprechend auch keine Abwertung der Lehre von der „Aktivität des Überbaues“). Die Repressionsgewalt wurde lediglich dadurch abgeschwächt, daß — unter Verdammung der These Stalins von der fortschreitenden Verschärfung des Klassenkampfes auch innerhalb der sozialistischen Weltzone — für die bolschewistischen Länder ein Abbau des innerstaatlichen Terrors (Wiederherstellung der „demokratischen Gesetzlichkeit“) postuliert wurde. Offenbar geht die Tendenz — in Fortsetzung des im Frühjahr 1953 von Malenkow proklamierten „Neuen Kurses“ — dahin, die Volksmassen bei unverminderter Aufrechterhaltung von Partei-, Staats- und Militärgewalt stärker für das Regime zu gewinnen. Die Umakzentuierung betrifft dementsprechend in erster Linie die Außenpolitik (Koexistenz, Sonderwege, Lager) und das innere Gefüge der politischen Willensbildung (Kollektive Führung, Personenkult), die gemäß den von Lenin gegebenen Normen des Parteilebens durchgeführt werden soll. Dabei bleibt das Prinzip des demokratischen Zentralismus als Norm der Willensbildung ebenso erhalten wie die weltrevolutionäre Zielsetzung. Lediglich mit veränderter Einschätzung der Weltlage hat sich die Taktik gewandelt. Doch gibt es Hinweise auf eine Abkehr vom großrussischen Imperialismus Stalins, auf Liberalisierungstendenzen in der Wissenschaft und auf einen Stil größerer Toleranz und verstärkter Sozialstaatlichkeit in der UdSSR selbst und einigen Satelliten, ohne daß indes das Gefüge des Ostblocks gelockert worden wäre. Literaturangaben Andreas, Theodor: Zur Widerlegung des dialektischen und historischen Materialismus. Pfaffenhofen/Ilm 1954, Ilmgau-Verlag. 114 S. Berdiajew, Nikolai: Wahrheit und Lüge des Kommunismus. Darmstadt 1953, Holle-Verlag. 128 S. Bochenski, Joseph M.: Der sowjetrussische dialektische Materialismus (Diamat). Bern 1950, Francke. 213 S. Bochenski, Joseph M.: Die kommunistische Ideologie … Bonn 1956, Bundeszentrale für Heimatdienst. 75 S. Buchholz, Arnold: Ideologie und Forschung in der sowjetischen Naturwissenschaft (Schriftenreihe Osteuropa Nr. 1). Stuttgart 1953, Deutsche Verlagsanstalt. Fetscher, Iring: Von Marx zur Sowjetideologie (Sozialkundebriefe … hrsg. v. d. Hessischen Landeszentrale für Heimatdienst, April–Juni 1956) 20 S. Gollwitzer, Helmut, und Gerhard Lehmbruch: Kleiner Wegweiser zum Studium des Marxismus-Leninismus. 2., erw. Aufl., Bonn 1957. 24 S.; 3. Aufl. 1958. Karisch, Rudolf: Der Christ und Stalins Dialektischer Materialismus. Berlin 1954, Morus-Verlag. 157 S. Lange, Max Gustav: Marxismus — Leninismus — Stalinismus. Stuttgart 1955, Ernst Klett. 210 S. Lieber, Hans-Joachim: Die Philosophie des Bolschewismus in den Grundzügen ihrer Entwicklung (Staat u. Gesellschaft, Bd. 3) Frankfurt a. M. 1956, Moritz Diesterweg. Etwa 107 S. Marxismusstudien, Sammelband, hrsg. v. E. Metzke. Tübingen 1954, Mohr. 243 S. Mehnert, Klaus: Weltrevolution durch Weltgeschichte. Die Geschichtslehre des Stalinismus. 2. Aufl. (Schriftenreihe Osteuropa Nr. 1) Stuttgart 1953, Deutsche Verlagsanstalt. 92 S. Milosz, Czeslaw: Verführtes Denken (mit Vorw. von Karl Jaspers). Köln 1955, Kiepenheuer und Witsch. 239 S. Stalin: Über dialektischen und historischen Materialismus (vollst. Text, m. krit. Kommentar von Iring Fetscher). Frankfurt a. M. 1956, Moritz Diesterweg. 126 S. Wetter, Gustav A.: Der dialektische Materialismus. Seine Geschichte und sein System in der Sowjetunion. Freiburg 1952, Herder. 647 S. Fundstelle: SBZ von A bis Z. Dritte, überarbeitete und erweiterte Auflage, Bonn 1956: S. 259–265 Theaterwesen A, B, C, D, E, F, G, H, I, J, K, L, M, N, O, P, Q, R, S, T, U, V, W, Z Thiele, Ilse, geb. Neukrantz

Siehe auch: Marxismus-Leninismus: 1959 1960 1962 1963 1965 1966 1969 1975 Marxismus-Leninismus (ML): 1979 1985 Theorie des Marxismus-Leninismus-Stalinismus: 1953 1954 1958 [S. 259] 1. Theorie und Praxis. Parteimäßigkeit der Theorie. Die europäischen Philosophen suchen seit den Griechen die Wahrheit zu erkennen. Dagegen sagt Marx: „Die Philosophen haben die Welt nur verschieden interpretiert; es kommt aber darauf an, sie zu verändern.“ Marx und Engels haben ihre Analyse…

DDR A-Z 1956

Zoll und Kontrolle des Warenverkehrs, Amt für (AZKW) (1956)

Siehe auch: Zölle: 1958 1959 1960 1962 1963 1965 1966 1969 1975 1979 Zollgesetz: 1963 1965 1966 1969 1975 1979 Zoll und Kontrolle des Warenverkehrs, Amt für: 1954 Zoll und Kontrolle des Warenverkehrs, Amt für (AZKW): 1958 1959 1960 1962 Zollverwaltung der DDR: 1969 1975 1979 Zollwesen: 1953 1954 1975 1979 1985 Mit VO vom 28. 8. 1952 (GBl. 1952 Nr. 121) errichtete einheitliche Institution beim Ministerium für ➝Außenhandel und Innerdeutschen Handel sowohl für die Durchführung der Aufgaben der Zollämter — soweit solche noch zu erfüllen sind — wie der Kontrolle des Waren- und Zahlungsverkehrs im Zusammenhang mit dem Außen- und Innerdeutschen (Interzonen-) Handel. Dieses Amt umfaßt 1. den ehem. Dienstzweig „Zoll“ des Ministeriums der Finanzen — Abgabenverwaltung — als Hauptverwaltung Zoll (Überwachung und Sicherung des planmäßigen Zollverkehrs zwischen der SBZ und dem Ausland); 2. das ehem. „Amt für Kontrolle des Warenverkehrs“ als Hauptverwaltung Warenkontrolle (Durchführung ähnlicher Aufgaben wie die Hauptverwaltung Zoll an der Zonengrenze und den Sektorengrenzen in Berlin). Dem AZKW wurden eine Reihe Hauptzollämter und Zollämter angegliedert. Den Hauptzollämtern wiederum unterstanden die Binnen- und Grenzzollämter (bei den Grenzzollämtern unterscheidet man Eisenbahn-, Wasser- und Luftzollämter). Die Hauptzollämter wurden im Sommer 1953 neben mehreren unbedeutenden Zollämtern aufgelöst und ihre Funktionen den neuerrichteten Bezirkszollämtern übertragen. Die Zollämter sind organisatorisch den Bezirkszollämtern unterstellt. Sowohl Zollämter als auch Bezirkszollämter erhalten ihre dienstlichen Weisungen unmittelbar vom AZKW in Berlin. Durch diese Zentralisierung soll eine bessere Kontrollmöglichkeit erreicht werden. Weiterhin gehören zu den Aufgaben des AZKW die Kontrolle der Ein- und Ausfuhr von Devisen. (Zollwesen) Fundstelle: SBZ von A bis Z. Dritte, überarbeitete und erweiterte Auflage, Bonn 1956: S. 305 ZKK A, B, C, D, E, F, G, H, I, J, K, L, M, N, O, P, Q, R, S, T, U, V, W, Z Zollwesen

Siehe auch: Zölle: 1958 1959 1960 1962 1963 1965 1966 1969 1975 1979 Zollgesetz: 1963 1965 1966 1969 1975 1979 Zoll und Kontrolle des Warenverkehrs, Amt für: 1954 Zoll und Kontrolle des Warenverkehrs, Amt für (AZKW): 1958 1959 1960 1962 Zollverwaltung der DDR: 1969 1975 1979 Zollwesen: 1953 1954 1975 1979 1985 Mit VO vom 28. 8. 1952 (GBl. 1952 Nr. 121) errichtete einheitliche Institution beim Ministerium für ➝Außenhandel und Innerdeutschen Handel sowohl für die…

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DWK (1956)

Siehe auch die Jahre 1953 1954 1958 1959 1960 1962 1963 1965 1966 1969 1975 Abk. für Deutsche Wirtschaftskommission, durch Befehl der SMAD Nr. 138 am 27. 6. 1947 konstituierte zentrale dt. Verwaltungsinstanz mit Zentralverwaltungen für Industrie, Finanzen, Justiz, Inneres, Verkehr, Handel und Versorgung, Arbeit und Sozialfürsorge, Land- und Forstwirtschaft, Brennstoffindustrie und Energie, Gesundheitswesen, Interzonen- und Außenhandel und Statistik. Die Vollmachten der Zentralverwaltungen waren zunächst beschränkt. Ihre Präsidenten bildeten ein Sekretariat; einen Vorsitzenden hatte die DWK nicht. Erst durch SMAD-Befehl Nr. 32 vom 12. 2. 1948 wurden die Zuständigkeiten erweitert, „um die deutschen demokratischen Organe zu einer aktiven Teilnahme am Wiederaufbau und an der Entwicklung der Friedenswirtschaft in der sowjetischen Besatzungszone heranzuziehen.“ Die DWK erhielt einen ständigen Vorsitzenden (Rau) und zwei stellvertretende Vorsitzende (Leuschner und Selbmann). Als Kommissionsmitglieder wurden Vertreter des FDGB, der VdgB und die Präsidenten der Zentralverwaltungen des DWK bestimmt. Das Sekretariat der DWK wurde zum Vollzugsorgan erklärt. Die SMAD verfügte, daß Entscheidungen der Plenarsitzungen und des Sekretariats der DWK als für die SBZ verpflichtende Verordnungen, Anweisungen des Vorsitzenden der DWK und seiner Stellvertreter als für den Apparat der DWK verpflichtende Anordnungen zu gelten hatten. Die Hauptaufgabe der DWK war zunächst die Sicherstellung der Reparationen aus der laufenden Produktion. Im Befehl 32 (Abs. 3) hieß es: „Die Wirtschaftskommission wird verpflichtet, die termingemäße Durchführung der als Reparationen bestimmten Warenlieferungen sowie die Befriedigung der Bedürfnisse der sowjetischen Besatzungsstreitkräfte in Deutschland entsprechend dem festgesetzten Plan zu überwachen.“ Ausdrücklich wird betont: „Die Wirtschaftskommission wird ihre Tätigkeit unter der Kontrolle der SMAD ausüben.“ Am 9. 3. 1948 wurden die Zentralverwaltungen in „Hauptverwaltungen“ (HV) umbenannt. Ihre Zahl erhöhte sich von 12 auf 17. Nach wie vor blieben die Zentralverwaltungen für Gesundheitswesen, Justiz, Volksbildung und Inneres formell außerhalb der DWK. Durch SMAD-Befehl 183 vom 27. 11. 1947 wurde die Mitgliederzahl der DWK von 36 auf 101 Mitgl. erweitert, und zwar durch 48 „Vertreter der Bevölkerung“, wobei auf je 360.000 Einwohner ein Vertreter kam, ferner 15 Vertreter der Parteien und 10 Vertreter der Massenorganisationen. Das Sekretariat der DWK war praktisch die erste deutsche Zentralregierung der SBZ. Mit der Proklamation der SBZ zur sog. „Deutschen Demokratischen Republik“ (DDR) vom 7. 10. 1949 wurde die DWK umbenannt in „Provisorische Regierung der DDR“; die leitenden Persönlichkeiten der DWK wurden ihre Minister und Staatssekretäre (Verfassung und Verwaltung, Besatzungspolitik). Literaturangaben Duhnke, Horst: Stalinismus in Deutschland — Die Geschichte der sowjetischen Besatzungszone (Rote Weißbücher 15). Köln 1955, Kiepenheuer und Witsch. 378 S. Lukas, Richard: 10 Jahre sowjetische Besatzungszone … Mainz 1955, Deutscher Fachschriften-Verlag. 215 S. Fundstelle: SBZ von A bis Z. Dritte, überarbeitete und erweiterte Auflage, Bonn 1956: S. 66 DVD A, B, C, D, E, F, G, H, I, J, K, L, M, N, O, P, Q, R, S, T, U, V, W, Z Eberswalde

Siehe auch die Jahre 1953 1954 1958 1959 1960 1962 1963 1965 1966 1969 1975 Abk. für Deutsche Wirtschaftskommission, durch Befehl der SMAD Nr. 138 am 27. 6. 1947 konstituierte zentrale dt. Verwaltungsinstanz mit Zentralverwaltungen für Industrie, Finanzen, Justiz, Inneres, Verkehr, Handel und Versorgung, Arbeit und Sozialfürsorge, Land- und Forstwirtschaft, Brennstoffindustrie und Energie, Gesundheitswesen, Interzonen- und Außenhandel und Statistik. Die Vollmachten der…

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Versicherungsanstalt, Deutsche (1956)

Siehe auch: Deutsche Versicherungsanstalt: 1975 1979 Deutsche Versicherungs-Anstalt: 1969 Staatliche Versicherung der DDR: 1969 1975 1979 1985 Versicherungsanstalt, Deutsche: 1954 1958 1959 1960 1962 1963 Versicherungs-Anstalt, Deutsche: 1965 1966 1969 Versicherungsanstalten: 1953 Träger der Sach-, Lebens-, Kranken- und Unfallversicherung waren bis zum 31. 10. 1952 die staatlichen („volkseigenen“) V., die 1945 in jedem Lande der SBZ gegründet wurden, nachdem durch den Befehl Nr. 01 der SMAD vom 23./25. 7. 1945 sämtlichen in der SBZ bestehenden privaten und öffentlich-rechtlichen Versicherungsunternehmen die Weiterarbeit verboten worden war. Die fünf V. wurden Monopolunternehmen unter Staatsgarantie. Ihre Gewinne flossen dem Staatshaushalt zu. Die Aktivvermögen der nicht zugelassenen Versicherungsunternehmen im Werte von etwa 450 Mill. RM wurden durch den Befehl 247 der SMAD vom 14. 8. 1946 den V. ohne Entschädigung übertragen. Deren Verpflichtungen wurden nicht übernommen. Die Versicherungsverträge galten durch Beitragszahlung an die neuen Anstalten als mit die[S. 280]sen fortgesetzt. Für die Lebensversicherung galt eine Sonderregelung (Lebensversicherung). Durch die „VO. über die Errichtung der Deutschen Versicherungsanstalt“ vom 6. 11. 1952 (GBl. S. 1185) wurden die Landesversicherungsanstalten zur DV. mit Sitz in Berlin vereinigt. Gleichzeitig wurde das Deutsche Aufsichtsamt für das Versicherungswesen zur Hauptverwaltung der DV. umgebildet. Als Untergliederungen bestehen Bezirks- und Kreisdirektionen. Die Verwaltung ist weitgehend dezentralisiert. Die Kreisdirektionen haben bis zu gewissen Grenzen Vollmacht, Versicherungsfälle selbständig zu regulieren. Die DV. ist ein Instrument der Finanzpolitik der SBZ, da die Versicherungsbeiträge der Finanzierung des Fünfjahrplanes dienen: „Die von den volkseigenen V. für die Durchführung und die Erfüllung ihrer Arbeiten nicht jeweils sofort restlos benötigten Geldmittel werden unserer Wirtschaft für die Akkumulation zur Verfügung gestellt“ („Deutsche Finanzwirtschaft“, S. 44/52). 1951 wurden bei einem Beitragsaufkommen von 393,8 Mill. DM Ost 100,1 Mill. DM Ost als Gewinn an den Staatshaushalt abgeführt und außerdem noch 44,4 Mill. DM Ost an Steuern gezahlt. Literaturangaben Leutwein, Alfred: Die Sach- und Personenversicherung in der SBZ. (BB) 1956. 316 S. m. 53 Anlagen. Fundstelle: SBZ von A bis Z. Dritte, überarbeitete und erweiterte Auflage, Bonn 1956: S. 279–280 Versandhandel A, B, C, D, E, F, G, H, I, J, K, L, M, N, O, P, Q, R, S, T, U, V, W, Z Versöhnlertum

Siehe auch: Deutsche Versicherungsanstalt: 1975 1979 Deutsche Versicherungs-Anstalt: 1969 Staatliche Versicherung der DDR: 1969 1975 1979 1985 Versicherungsanstalt, Deutsche: 1954 1958 1959 1960 1962 1963 Versicherungs-Anstalt, Deutsche: 1965 1966 1969 Versicherungsanstalten: 1953 Träger der Sach-, Lebens-, Kranken- und Unfallversicherung waren bis zum 31. 10. 1952 die staatlichen („volkseigenen“) V., die 1945 in jedem Lande der SBZ gegründet wurden, nachdem durch den…

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Renten (1956)

Siehe auch die Jahre 1953 1954 1958 1959 1960 1962 1963 1965 1966 1969 1975 1979 1985 Jeder Sozialversicherte hat Anspruch auf R. bei Invalidität, im Alter, für die Folgen von Arbeitsunfällen oder von anerkannten Berufskrankheiten. Anspruch auf R. haben außerdem die Hinterbliebenen eines Sozialversicherten. Invaliden-R. wird gezahlt, wenn der Versicherte zu 66⅔ v. H. erwerbsgemindert ist (im Bundesgebiet schon bei 50 v. H.), nach einer Versicherungszeit von mindestens 60 Monaten. Alters-R. wird gezahlt für Männer nach Vollendung des 65. Lebensjahres, für Frauen nach Vollendung des 60. Lebensjahres nach einer Versicherungszeit von mindestens 180 Monaten. Invaliden- und Alters-R. setzen sich aus einer Grundrente von jährlich 360 DM Ost, aus dem Steigerungsbetrag und aus einem besonderen Zuschlag von 10 DM Ost zusammen. Der Steigerungsbetrag beträgt 1 v. H. des gesamten Lebensverdienstes des Versicherten, für den Beiträge an einen früheren Träger der Sozialversicherung oder an die jetzige Sozialversicherung gezahlt wurden. Der Monatsverdienst wird jedoch nur bis zu 600 DM Ost berücksichtigt. Für die Ehefrau gibt es einen monatlichen Zuschlag von 10 DM Ost, für jedes waisenberechtigte Kind von 32,50 D-Mark Ost. Unfall-R. wird gezahlt, wenn ein Arbeitsunfall oder eine anerkannte Berufskrankheit eine Erwerbsminderung von wenigstens 20 v. H. zur Folge hatte, wobei der Nach[S. 215]weis einer Mindestversicherungszeit nicht erforderlich ist. Unfall-R. werden nach dem letzten beitragspflichtigen Jahresarbeits-Verdienst vor dem Unfall berechnet. Sie betragen bei völliger Erwerbsminderung ⅔ dieses Verdienstes (Unfallvoll-R.), Unfallteil-R. werden in Höhe des Teiles der Unfallvoll-R. gezahlt, der dem Grad des Körperschadens entspricht. Bei Unfall-R. mit einer Erwerbsminderung über 50 v. H. werden Kinderzuschläge in Höhe von 10 v. H. der R. gezahlt. Hinterbliebenen-R. erhalten arbeitsunfähige Familienangehörige eines verstorbenen Versicherten, wenn dieser Anspruch auf R. hatte. Dabei gelten als arbeitunfähige Familienangehörige nur Witwen, die selbst Invaliden sind oder das 60. Lebensjahr vollendet haben oder ein Kind bis zu 3 Jahren oder 2 Kinder bis zu 8 Jahren erziehen. Waisen gelten als arbeitsunfähige Familienangehörige grundsätzlich nur bis zur Vollendung des 15. Lebensjahres, bis zum 18. Lebensjahr, solange sie infolge Schulbesuchs kein eigenes Einkommen haben. Die Voraussetzungen für die Rentenzahlung sind somit viel enger als in der Bundesrepublik. Man will so in der SBZ einen möglichst großen Teil der Versicherten zur Arbeit zwingen, um die Produktion auch auf diese Weise zu steigern. Die Höhe der Hinterbliebenen-R. beträgt für eine Witwe 50 v. H., für eine Vollwaise 35 v. H., für eine Halbweise 25 v. H. Die Mindestalters- und Mindestinvalidenrente betragen 75 DM Ost, die Mindestrente für Witwen 65 DM Ost, für Vollwaisen 55 DM Ost und für Halbwaisen 35 DM Ost. Bei einem Vergleich der nominellen Höhen der R. in der SBZ mit denen der Bundesrepublik ist zu berücksichtigen, daß die Kaufkraft der Ostmark unter der der Westmark liegt. Im Nov. 1956 wurden die Renten erhöht. Eine Sonderregelung gilt für die R. der Bergleute. (Bergmannsrenten, Sozialversicherungs- und Versorgungswesen) Literaturangaben Leutwein, Alfred: Die sozialen Leistungen in der sowjetischen Besatzungszone. 3., erw. Aufl. (BB) 1956. 296 S. m. 65 Anlagen. Fundstelle: SBZ von A bis Z. Dritte, überarbeitete und erweiterte Auflage, Bonn 1956: S. 214–215 Rekonstruktionsplan A, B, C, D, E, F, G, H, I, J, K, L, M, N, O, P, Q, R, S, T, U, V, W, Z Reparationen

Siehe auch die Jahre 1953 1954 1958 1959 1960 1962 1963 1965 1966 1969 1975 1979 1985 Jeder Sozialversicherte hat Anspruch auf R. bei Invalidität, im Alter, für die Folgen von Arbeitsunfällen oder von anerkannten Berufskrankheiten. Anspruch auf R. haben außerdem die Hinterbliebenen eines Sozialversicherten. Invaliden-R. wird gezahlt, wenn der Versicherte zu 66⅔ v. H. erwerbsgemindert ist (im Bundesgebiet schon bei 50 v. H.), nach einer Versicherungszeit von mindestens 60 Monaten. …

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Besatzungspolitik (1956)

Siehe auch die Jahre 1953 1954 1958 1959 1960 1962 1963 1965 1966 1969 1975 1979 1985 Die B. begann nach der militärischen Besetzung Deutschlands und der deutschen Kapitulation vom 8. 5. 1945 formell am 5. 6. 1945 mit der Erklärung über die Übernahme der Regierungsgewalt durch die vier Alliierten. Die Regierungsgewalt sollte vom Kontrollrat ausgeübt werden, innerhalb dessen jeder der Oberbefehlshaber der 4 Besatzungsarmeen die Verantwortung für seine Zone übernahm. Die Behandlung der deutschen Bevölkerung sollte nach dem Potsdamer Abkommen vom 2. 8. 1945, „soweit dieses praktisch durchführbar ist“, in ganz Deutschland gleich sein. Die sowjetische Verwaltungsspitze wurde die Sowjetische Militär-Administration in Deutschland (SMAD) mit Sitz in Berlin-Karlshorst. Unmittelbar nach Arbeitsbeginn des Kontrollrats begann die SMAD mit der willkürlichen Auslegung der Kontrollratsdirektiven und dem Erlaß von selbständigen Verordnungen („Befehle“), die Gesetzeskraft erhielten. Die schädlichsten Folgen hatte die einseitige Auslegung der Direktiven auf dem Gebiete der Bodenreform, der Enteignung von „Kriegsverbrechern und Naziaktivisten“, der Entnazifizierung, der Reparationen und Demontagen sowie der zum Schutze der Besatzungsarmeen erlassenen Rahmenbestimmungen. Der SMAD nicht genehme Kontrollratsbeschlüsse wurden durch Veto des sowjetischen Vertreters verhindert, so daß der Kontrollrat schon sehr bald seine Funktionen praktisch nicht ausüben und von einer gemeinsamen B. nicht mehr die Rede sein konnte. Mit dem Aufbau eines neuen, bald rein kommun. deutschen Verwaltungsapparates (DWK, Verfassung und Verwaltung) entstand neben der SMAD ein Parallelapparat, der jedoch schon in den untersten Instanzen den sowjetischen Weisungen unterworfen war. Die B. konzentrierte sich auf zwei verschiedene Ziele: 1. die wirtschaftliche Ausbeutung der Zone (Wirtschaftssystem, Gosplan) und 2. die politische Bolschewisierung. Das rücksichtslose Vorgehen der SMAD in wirtschaftlicher, politischer und rechtlicher Hinsicht wandelte die anfangs auf deutscher Seite vielfach vorhandene Bereitschaft zur Zusammenarbeit in nahezu absolute Ablehnung (Juni-Aufstand). Nachdem die Versuche, eine Vereinigung der Westzonen und der SBZ auf kommun. Grundlage herbeizuführen, an der Haltung der westdeutschen und Westberliner Bevölkerung sowie der Festigkeit der westlichen Besatzungsmächte gescheitert waren, ist seit etwa Anfang 1948 die Einbeziehung der SBZ in den Ostblock das wichtigste Ziel der sowjetischen B. (Außenpolitik). Neben den Enteignungen war die gesonderte Währungsreform das wichtigste Hilfsmittel der B. zur Umgestaltung der sozialen und wirtschaftlichen Struktur in der SBZ. Einseitige Begünstigungen der sowjetischen und deutschen kommun. Finanzinteressen kamen in dem gestaffelten Abwertungsverhältnis der Reichsmark im Vergleich zu den Einzelpersonen der SBZ zum Ausdruck. Nach Bildung der „DDR“ wurde die SMAD am 11. 11. 1949 aufgelöst, ihre Funktionen wurden formell den deutschen Verwaltungsorganen übertragen. An Stelle der SMAD wurde die Sowjetische Kontrollkommission (SKK) mit Sitz wiederum in Berlin-Karlshorst gebildet. Die Aufgabe der SKK bestand nach der Erklärung Tschuikows vom gleichen Tage in der „Kontrolle der Durchführung der Potsdamer Beschlüsse und der anderen von den 4 Mächten gemeinsam getroffenen Entscheidungen über Deutschland“. Die SKK behielt sich ferner den diplomatischen Verkehr mit den anderen Besatzungsmächten vor. Im weiteren Verlauf der Erklärung werden alle anderen wesentlichen Kontrollen als zu den Aufgaben der SKK gehörend bezeichnet. Es bestand also praktisch ein Unterschied zu den früheren Zuständen nur insoweit, als der straffer durchorganisierte Apparat der SED mit größeren Aufgaben in das sowjetische Kontrollsystem eingebaut werden konnte. In den Jahren nach 1949 ist die SED den sowjetischen Organen in der SBZ, mehr noch dem ZK der KPdSU immer höriger geworden — ihre Verehrung für das sowjetische Vorbild hat immer noch zugenommen. So muß bis heute im weiteren Sinne jede Regierungs- und Parteimaßnahme als B. bezeichnet werden. An dieser Abhängigkeit der „DDR“ von der SU änderte nichts die Umwandlung der SKK in eine Hohe Kommission, [S. 43]unter Ernennung Semjonows zum Hohen Kommissar (28. 5. 1953), und deren Verkleinerung auf ⅓ ihres vorhergehenden Umfanges (19. 6. 1954). Das gleiche gilt von den Zugeständnissen, welche die SU der „DDR“ im Moskauer Abkommen vom August 1953 gewährte (Verzicht auf offene Reparationen, Rückgabe der SAG-Betriebe, Senkung der Besatzungskosten). Abhängig von der SU blieb und bleibt die „DDR“ auch, seitdem die SU sie dem Namen nach als „souveränen Staat“ (25. 3. 1954) behandelt. — Als Nachfolger Semjonows wurde G. M. ➝Puschkin zum Hohen Kommissar der SU in der SBZ ernannt. Literaturangaben Duhnke, Horst: Stalinismus in Deutschland — Die Geschichte der sowjetischen Besatzungszone (Rote Weißbücher 15). Köln 1955, Kiepenheuer und Witsch. 378 S. Lukas, Richard: 10 Jahre sowjetische Besatzungszone … Mainz 1955, Deutscher Fachschriften-Verlag. 215 S. Fundstelle: SBZ von A bis Z. Dritte, überarbeitete und erweiterte Auflage, Bonn 1956: S. 42–43 Berufsschulwesen A, B, C, D, E, F, G, H, I, J, K, L, M, N, O, P, Q, R, S, T, U, V, W, Z Beschlagnahme

Siehe auch die Jahre 1953 1954 1958 1959 1960 1962 1963 1965 1966 1969 1975 1979 1985 Die B. begann nach der militärischen Besetzung Deutschlands und der deutschen Kapitulation vom 8. 5. 1945 formell am 5. 6. 1945 mit der Erklärung über die Übernahme der Regierungsgewalt durch die vier Alliierten. Die Regierungsgewalt sollte vom Kontrollrat ausgeübt werden, innerhalb dessen jeder der Oberbefehlshaber der 4 Besatzungsarmeen die Verantwortung für seine Zone übernahm. Die Behandlung der…

DDR A-Z 1956

Bibliothekswesen (1956)

Siehe auch: Bibliotheken: 1959 1960 1962 1963 1965 1966 1969 1975 1979 1985 Bibliothekswesen: 1953 1954 1958 Im B. der Zone haben die allgemeinen öffentlichen Büchereien den Vorrang, da sie unmittelbarer als die wissenschaftlichen der Sowjetisierung dienstbar gemacht werden können. Die bisher als „wissenschaftliche bezeichneten Bibliotheken dienten der Wissenschaft und Forschung, die in Dienst und Sold der bürgerlichen Klassengesellschaft standen“ (Erkl. des Volksbildungsministeriums von Juni 1950); sie waren des Objektivismus verdächtig und wurden daher bewußt vernachlässigt. Mangel an qualifizierten Fachkräften und wachsende Anforderungen der „gesellschaftlichen Arbeit“ beeinträchtigten die Erfüllung der eigentlichen Aufgaben; die Buchbestände waren durch Kriegsverluste, Säuberungen und Sekretierungen gelichtet; Anschaffungen westdeutscher und ausländischer Literatur werden (gemäß Verordnung vom 16. 3. 1950) durch die „Zentralstelle für die Beschaffung wissenschaftlicher Literatur“ kontrolliert, die die vom Staat für vordringlich erachteten Bedürfnisse vor anderen zu berücksichtigen hat; die Bibliotheken können also nicht jedem Benutzer jedes für Forschungszwecke benötigte Buch besorgen. Das allgemeine öffentliche B. wird stärker gefördert, aber durch staatliche Reglementierung, Säuberung der Bestände, „Auswahllisten“, Kontrolle der Nachwuchsausbildung, Schulung der alten Bibliothekare und privaten Leihbüchereibesitzer scharf auf die „gesellschaftlichen Aufgaben“ des Parteistaates ausgerichtet. Die Unterhaltungs- und echten Bildungsbedürfnisse der Leserschaft gelten als weniger beachtlich. Büchereien der Betriebe und „demokratischen Massenorganisationen“ genießen besondere Förderung, während die privaten Leihbüchereien zu langsamem Absterben verurteilt sind, da sie die von den Lesern gewünschte Literatur nicht führen, dürfen oder nicht erhalten können. Die Kontrolle der allgemeinen öffentlichen Büchereien und die Umschulung der Bibliothekare erfolgt durch die „Staatlichen Landesstellen für Buch- und Bibliothekswesen“; die Ausbildung des Nachwuchses (auch der wissenschaftlichen Bibliotheken) ist lt. Verordnung vom 16. 3. 1950 beim „Zentralinstitut für Bibliothekswesen“ in Ostberlin zentralisiert. Die Deutsche Bücherei in Leipzig bemüht sich, ihrer alten Aufgabe als allgemeines deutsches Verlagsarchiv weiterhin nachzukommen, [S. 48]wird aber aus der Bundesrepublik nicht mehr mit Pflichtexemplaren beliefert. Literaturangaben *: Bibliotheken als Opfer und Werkzeug der Sowjetisierung. Zur Lage des Büchereiwesens in der sowjetischen Besatzungszone. (BB) 1952. 71 S. Fundstelle: SBZ von A bis Z. Dritte, überarbeitete und erweiterte Auflage, Bonn 1956: S. 47–48 Bibliothek fortschrittlicher Schriftsteller A, B, C, D, E, F, G, H, I, J, K, L, M, N, O, P, Q, R, S, T, U, V, W, Z Bildender Künstler, Verband

Siehe auch: Bibliotheken: 1959 1960 1962 1963 1965 1966 1969 1975 1979 1985 Bibliothekswesen: 1953 1954 1958 Im B. der Zone haben die allgemeinen öffentlichen Büchereien den Vorrang, da sie unmittelbarer als die wissenschaftlichen der Sowjetisierung dienstbar gemacht werden können. Die bisher als „wissenschaftliche bezeichneten Bibliotheken dienten der Wissenschaft und Forschung, die in Dienst und Sold der bürgerlichen Klassengesellschaft standen“ (Erkl. des…

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Arzneimittelversorgung (1956)

Siehe auch: Arzneimittelversorgung: 1954 1958 1959 1960 1962 1963 1965 1966 1969 1975 1979 1985 Arzneiversorgung: 1953 Da die pharmazeutisch-chemische Grundstoffproduktion ihren Sitz von jeher ganz überwiegend in Westdeutschland hatte, hätte nur eine rasche Umstellung der chemischen Industrie Mitteldeutschlands nach dem Kriege die A. der SBZ sichern können. Verhindert wurde das durch die Überführung der großen chemischen Werke in SAG und durch die Demontage der vorhandenen Arzneimittelfabriken. Zunächst konnte die A. aus älteren (Wehrmachts-) Beständen und (bis 1948) durch Interzonenkompensationen aufrechterhalten werden. Dann trat ein katastrophenhafter Notstand ein. Erst um 1950 begann der Versuch eines planmäßigen Aufbaus eigener Produktion. Er wurde durch Mangel an qualifizierten Wissenschaftlern und Fehlen ausreichender Erfahrungen mit schwersten Fehlern belastet. Das (aus einem Entwurf der Reichsregierung entwickelte) 1948 länderweise erlassene Arzneimittelgesetz wurde benutzt, um VEB gegenüber privaten Betrieben zu begünstigen, ohne Rücksicht auf folgenschwere Beeinträchtigungen der Leistungsfähigkeit. Starre und aus langfristiger Planung bedingte Schwerfälligkeit der zentralen Kommandowirtschaft haben kaum irgendwo so verhängnisvoll sich ausgewirkt wie auf dem subtilen Gebiet der A. Hinzu kamen die anhaltenden Versuche einer Verstaatlichung und Zentralisierung des Arneimittelgroßhandels (zunächst DHZ Chemie, ab 1952 DHZ Pharmazie und Krankenhausbedarf, dem Gesundheitsministerium unterstellt), die die ständigen Reibungen mit dem um seine Existenz kämpfenden privaten Großhandel nicht zu überwinden vermochten. Die Mängel in der A. sind auch heute noch sehr schwer bei neuen Spezialpräparaten, aber auch bei wichtigen Reinmaterialien, Drogen usw. Die Lücken werden durch Interzonenhandel und Import nur zum kleinen Teil gedeckt. Für medizinische Geräte gilt in allen wesentlichen Punkten das gleiche. (Gesundheitswesen) Literaturangaben Weiss, Wilhelm: Das Gesundheitswesen in der sowjetischen Besatzungszone. (BB) 1952. 130 S. m. 15 Anlagen. (Neuauflage in Vorb.) Fundstelle: SBZ von A bis Z. Dritte, überarbeitete und erweiterte Auflage, Bonn 1956: S. 28 Arnstadt A, B, C, D, E, F, G, H, I, J, K, L, M, N, O, P, Q, R, S, T, U, V, W, Z Arzthelfer

Siehe auch: Arzneimittelversorgung: 1954 1958 1959 1960 1962 1963 1965 1966 1969 1975 1979 1985 Arzneiversorgung: 1953 Da die pharmazeutisch-chemische Grundstoffproduktion ihren Sitz von jeher ganz überwiegend in Westdeutschland hatte, hätte nur eine rasche Umstellung der chemischen Industrie Mitteldeutschlands nach dem Kriege die A. der SBZ sichern können. Verhindert wurde das durch die Überführung der großen chemischen Werke in SAG und durch die Demontage der vorhandenen…

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Regierung (1956)

Siehe auch: Regierung: 1953 1954 1969 1975 1979 Regierung und Verwaltung: 1958 1959 1960 1962 1963 1965 1966 Verwaltung: 1962 1963 1965 1966 1969 1975 1979 Die R. der „DDR“ setzte sich Mitte 1956 zusammen aus dem Ministerpräsidenten, 10 Stellvertretern des Ministerpräsidenten, 23 Fachministern und 4 Staatssekretären mit eigenem Geschäftsbereich, die dem Ministerrat unmittelbar verantwortlich sind. Der R. gehören ferner an: 1 Kommissionsvorsitzender mit Ministerrang 6 Amts-, Kommissions- oder Komiteevorsitzende im Range eines Staatssekretärs, 24 Staatssekretäre in den Ministerien, die nicht mit jenen Stellvertretern der Minister verwechselt werden dürfen, die nicht Staatssekretäre sind. Die Spitze der R. ist das 14köpfige Präsidium des Ministerrates. Ihnen untersteht direkt das Büro des Präsidiums des Ministerrates, das vordem „Büro des Ministerpräsidenten“ hieß. Dem Präsidium sind die „Staatliche Plankommission“ und der „Generalstaatsanwalt der DDR“ (über seine Sonderstellung Rechtswesen) unmittelbar verantwortlich. Dem Präsidium zugeordnet sind die „Kommission für Fragen der Landwirtschaft“, die „Kommission für Industrie und Verkehr“ und die „Kommission für Fragen der Konsumgüterindustrie“. Der umfangreiche und verwickelte Aufbau des R.-Apparates erklärt sich aus dem allumfassenden zentralistischen Planungssystem, das keine entscheidungsfähigen Zwischeninstanzen zuläßt. Innerhalb der R. sind Entscheidungen von größerer Bedeutung dem Präsidium des Minister[S. 213]rates in Übereinstimmung mit dem Politbüro der SED und der Regierung der SU vorbehalten, während die eigentlichen Produktionsministerien nur ausführende Organe sind. Eine parlamentarische Kontrolle der R. besteht praktisch nicht (Verfassung). Die R., in der Partei- und Staatsgewalt institutionell kombiniert sind, führt ausschließlich die Weisungen des Politbüros der SED aus. (Verfassung und Verwaltung, Verwaltungsreform.) Fundstelle: SBZ von A bis Z. Dritte, überarbeitete und erweiterte Auflage, Bonn 1956: S. 209, 213 Rechtswissenschaft, Studium der A, B, C, D, E, F, G, H, I, J, K, L, M, N, O, P, Q, R, S, T, U, V, W, Z Regierungsaufträge

Siehe auch: Regierung: 1953 1954 1969 1975 1979 Regierung und Verwaltung: 1958 1959 1960 1962 1963 1965 1966 Verwaltung: 1962 1963 1965 1966 1969 1975 1979 Die R. der „DDR“ setzte sich Mitte 1956 zusammen aus dem Ministerpräsidenten, 10 Stellvertretern des Ministerpräsidenten, 23 Fachministern und 4 Staatssekretären mit eigenem Geschäftsbereich, die dem Ministerrat unmittelbar verantwortlich sind. Der R. gehören ferner an: 1 Kommissionsvorsitzender mit Ministerrang 6 Amts-,…

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1956: T, U, Ü, V

Taeschner, Herbert Tag der Aktivisten Tag der Bereitschaft Talmudismus TAN Tarnfirmen, Staatliche Tarnorganisationen Tausenderbewegung Technik, Kammer der (KdT) Technische Intelligenz Technische Normen Technischer Rat Technisches Kabinett Territoriale Verwaltung (TVW) TGL Thälmann, Ernst Theaterwesen Theorie des Marxismus-Leninismus-Stalinismus Thiele, Ilse, geb. Neukrantz Thüringen Titoismus Transportpolizei Trapo Trawopolnajasystem Treue Dienste, Medaille für Tschuikow, Wassilij Iwanowitsch Überbau Überplanbestände Überstunden Ulbricht, Walter Unfallversicherung Universitäten Untersuchungshaft Uranbergbau Urlaub Utopie, Sozialistische Vaterländischer Verdienstorden VdgB (BHG) VDP VEAB VEB VEB-Plan VEG Veranstaltungsdienst, Deutscher (DVD) Verbandsauftrag Verbesserungsvorschlag Verbreitung wissenschaftlicher Kenntnisse, Gesellschaft zur Verdienter Arzt des Volkes Verdienter Eisenbahner der „DDR“ Verdienter Erfinder Verdienter Lehrer des Volkes Verdienter Techniker des Volkes Verdienter Tierarzt Verdienter Züchter Verfassung Verfassung und Verwaltung Verkaufsnormen Verkehrsgerichte Verkehrswesen Verlagswesen Vermittlungskontore Verner, Paul Verner, Waldemar Versandhandel Versicherungsanstalt, Deutsche Versöhnlertum Vertragsgericht, Staatliches Verwaltungsreform Viehhalteplan VOB Volk Volksarmee, Nationale Volksdemokratie Volkseigene Betriebe Volkseigene Industrie Volkseigenen Betriebe, Versicherung der Volkseigentum Volkseigentums, Amt zum Schutze des Volkseigentums, Gesetz zum Schutze des Volkshochschulen Volkskammer Volkskongreß Volkskorrespondent Volkskunst Volkspolizei Volkspolizeihelfer Volksrat Volksrichter Volkssolidarität Volkswirtschaftsplan Volljährigkeit Vopo Vorratsnormen VP VPH VPKA Vpp VP-See VVB VVEAB VVG VVN VVV

Taeschner, Herbert Tag der Aktivisten Tag der Bereitschaft Talmudismus TAN Tarnfirmen, Staatliche Tarnorganisationen Tausenderbewegung Technik, Kammer der (KdT) Technische Intelligenz Technische Normen Technischer Rat Technisches Kabinett Territoriale Verwaltung (TVW) TGL Thälmann, Ernst Theaterwesen Theorie des Marxismus-Leninismus-Stalinismus Thiele, Ilse, geb. Neukrantz Thüringen Titoismus Transportpolizei Trapo Trawopolnajasystem Treue…

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Lebensstandard (1956)

Siehe auch die Jahre 1953 1954 1958 1959 1960 1962 1963 1965 1966 1969 1975 1979 1985 Das allgemeine Niveau der Lebenshaltung in der SBZ hat sich in den letzten Jahren, insbesondere für die Schichten mit höherem oder mittlerem Familieneinkommen, gehoben; nach Untersuchungen des Deutschen Institutes für Wirtschaftsforschung lag der Preisindex der Zone 1955 um 12,5 v. H. über dem der Bundesrepublik, das Nominaleinkommen der unselbständig Beschäftigten um mindestens 10 v. H. unter dem entsprechenden westdeutschen Wert, das allgemeine West-Ostgefälle ist also, wie auch der Augenschein bestätigt, immer noch beträchtlich, und es tritt noch deutlicher hervor, wenn man die Reallöhne vergleicht und die z. T. erheblichen Qualitätsunterschiede bei Lebensmitteln und Konsumgütern berücksichtigt; gleichwohl verliert diese Divergenz allmählich an Bedeutung, auch für die Fluchtgründe. Die von der SU neuerdings unterstützten Bemühungen des Zonenregimes, den Konkurrenzkampf mit der westlichen Welt auch in dieser Hinsicht aufzunehmen, werden vielleicht eine weitere Annäherung des L. in quantitativer Hinsicht herbeiführen, und das ist der Bevölkerung der SBZ, deren Arbeitsleistung dafür ausschlaggebend ist, gewiß zu wünschen. Die Eingliederung der Zone in das Wirtschaftssystem des Sowjetblocks und die Tendenz zur Zentralverwaltungswirtschaft (Wirtschaftssystem) hatten jedoch zur Folge, daß sich der L. in der SBZ strukturell oder qualitativ mehr und mehr dem der SU und ihrer Satelliten annähert, also die für diese Wirtschaftsordnung typischen Disproportionen und zeitlichen oder örtlichen Zerrungen aufweist. Diese Merkmale des L. in der SBZ werden also nicht verschwinden, sondern sich möglicherweise auf manchen Gebieten noch stärker ausprägen. Sie sind etwa folgendermaßen zu kennzeichnen: 1. Das ideologisch bestimmte System der Planökonomie bedingt seinem Wesen nach, aber auch infolge von Fehlleistungen des überforderten Planungsapparates immer wiederkehrende Versorgungslücken, die den L. der Zonenbevölkerung wesentlich beeinflussen. So führt die kommunistische Agrarpolitik (Landwirtschaft) dazu, daß gewisse Grundnahrungsmittel, und zwar auch solche, die das Gebiet der heutigen SBZ früher im Überfluß erzeugte, häufig entweder gar nicht oder nur in unzureichenden Mengen bzw. zu überhöhten Preisen (HO) erhältlich sind (z. B. Butter, Zucker, Fleisch). Die Konsumgüterversorgung wird aus allgemeinen wirtschaftspolitischen Gesichtspunkten immer noch quantitativ und qualitativ zugunsten industrieller Investitionen und der Produktionsgütererzeugung vernachlässigt. 2. Eine dünne Schicht von Parteifunktionären, Angehörigen der technischen ➝Intelligenz und anderer Mangelberufe, Spezialisten und Aktivisten bezieht Löhne und Gehälter, die ein Vielfaches der Durchschnittseinkommen ausmachen, und Vergünstigungen verschiedenster Art, die sie weit über den L. der „Normalverbraucher“ hinausheben; die Masse der letzteren kann einen höheren L. auch nicht durch größere Leistungen erreichen, da die höheren Stufen des Leistungslohnes auf einen bestimmten Prozentsatz der Arbeiterschaft begrenzt sind und bei allgemeiner Verbesserung der Leistungen die Normen heraufgesetzt werden. 3. Planmäßige Bevorzugung gewisser Versorgungsgebiete (Ostberlin, Leipzig während der Messe, Schwerpunkte des industri[S. 161]ellen Aufbaues, Kurorte, Ferienlager usw.) bedingt ständige und oft beträchtliche regionale Differenzen in der Versorgung mit Lebensmitteln und Gebrauchsgütern und im allgemeinen L. 4. Das „Bildungsprivileg der Besitzenden“ ist mit Hilfe des Zulassungsverfahrens, eines reich dotierten Stipendien-Wesens und der allgemeinen Gesinnungskontrolle an die Abkömmlinge der Arbeiter, „werktätigen Bauern“ und „schaffenden Intelligenz“ übergegangen, die dafür Beschränkungen in der Berufswahl und im Berufsweg in Kauf nehmen müssen. Kulturgüter sind erschwinglich, werden den breiten Massen auch durch Besucherorganisationen und Verlagerung des „Kulturkonsums“ in die Betriebe (Erwachsenenbildung, Kulturpolitik, kulturelle Massenarbeit, Volkskunst) nahegebracht, stehen aber weithin im Dienst der politischen Agitation und der Produktionssteigerung und werden daher von der Masse der „Verbraucher“ abgelehnt. 5. Das System der sozialen Leistungen (Sozialversicherungs- und Versorgungswesen) wird ebenfalls vorwiegend unter dem Gesichtsunkt der Steigerung der Arbeitsproduktivität und der Ausschöpfung aller Arbeitskräftereserven gehandhabt. Aus all diesen Gründen erfordert ein Vergleich des L. der SBZ mit demjenigen der Bundesrepublik oder der westlichen Welt eine gründliche Vertiefung in die Motive und Methoden der sowjetzonalen Arbeits-, Wirtschafts- und Sozialpolitik. Fundstelle: SBZ von A bis Z. Dritte, überarbeitete und erweiterte Auflage, Bonn 1956: S. 160–161 LDPD A, B, C, D, E, F, G, H, I, J, K, L, M, N, O, P, Q, R, S, T, U, V, W, Z Lebensversicherung

Siehe auch die Jahre 1953 1954 1958 1959 1960 1962 1963 1965 1966 1969 1975 1979 1985 Das allgemeine Niveau der Lebenshaltung in der SBZ hat sich in den letzten Jahren, insbesondere für die Schichten mit höherem oder mittlerem Familieneinkommen, gehoben; nach Untersuchungen des Deutschen Institutes für Wirtschaftsforschung lag der Preisindex der Zone 1955 um 12,5 v. H. über dem der Bundesrepublik, das Nominaleinkommen der unselbständig Beschäftigten um mindestens 10 v. H. unter dem…

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VVB (1956)

Siehe auch die Jahre 1953 1954 1958 1959 1960 1962 1963 1965 1966 1969 1975 Abk. für Verwaltung „Volkseigener“ Betriebe. Ursprünglich verstand man darunter Vereinigung Volkseigener Betriebe, eine durch SMAD-Befehl Nr. 76 vom 23. 4. 1948 verfügte Organisationsform für „volkseigene“ Betriebe. Vom Zeitpunkt ihrer Sequestrierung (Sequesterbefehl) bis zur endgültigen Enteignung zufolge SMAD-Befehl 64 vom 17. 8. 1949 waren die Betriebe der „Kriegs- und Naziverbrecher und Monopolisten“ durch die Länderregierungen verwaltet worden. Mit der Erweiterung der Vollmachten der DWK wurden sie zunächst dem Sekretariat der DWK direkt unterstellt. Die DWK faßte die für die Wirtschaftsplanung wesentlichen Betriebe in 75 zentral von ihr verwalteten VVB (Z) zusammen. Die weniger bedeutsamen der enteigneten Betriebe wurden in der Verwaltung der Länder belassen, die jedoch ebenfalls den Weisungen der DWK folgen mußten. Ende 1949 gab es, 92 durch die Länder verwaltete VVB (L) mit etwa 1.800 angeschlossenen Betrieben. Die VVB (Z) und die VVB (L) nahmen ihre Arbeit am 1. 7. 1948 auf. Die angeschlossenen Betriebe, also die VEB (ZJ und die VEB (L), hatten Ende 1950 einen Beschäftigtenstand von annähernd einer Million, d. h. fast der Hälfte aller in der Industrie Beschäftigten. Die VVB (Z) erzeugten 1950 51 v. H. des industriellen Produktionswertes der Zone. Die VVB, Anstalten des öffentlichen Rechts, waren Rechtsträger des Volkseigentums in Form der ihnen in Verwaltung gegebenen Betriebe. Sie bilanzierten für alle angeschlossenen Betriebe zusammengefaßt, wobei bis 1951 Gewinne und Verluste der einzelnen Betriebe gegeneinander aufgerechnet wurden. 1952 wurde die Eigenwirtschaftlichkeit der Betriebe hergestellt (Allgemeines Vertragssystem, Wirtschaftliche Rechnungsführung). Seit Anfang 1952 heißen die VVB nicht mehr „Vereinigungen“, sondern „Verwaltungen volkseigener Betriebe“, abgekürzt wie bisher; sie üben gegenüber den VEB nur noch anleitende und beaufsichtigende Funktionen aus. [S. 287]Zahlreiche VVB wurden inzwischen aufgelöst oder neu gegliedert. Die größten Betriebe (Direktbetriebe) unterstehen jetzt den Hauptverwaltungen der Produktionsministerien unmittelbar. (Industriezweigleitungen) Literaturangaben Walther, Otto: Verwaltung, Lenkung und Planung der Wirtschaft in der sowjetischen Besatzungszone. (BB) 1953. 59 S. m. 6 Anlagen. (Wesentlich geänd. und erw. Neuaufl. des Berichtes von 1952: „Grundlagen und Technik der Plan-Erstellung in der SBZ“.) Fundstelle: SBZ von A bis Z. Dritte, überarbeitete und erweiterte Auflage, Bonn 1956: S. 286–287 VP-See A, B, C, D, E, F, G, H, I, J, K, L, M, N, O, P, Q, R, S, T, U, V, W, Z VVEAB

Siehe auch die Jahre 1953 1954 1958 1959 1960 1962 1963 1965 1966 1969 1975 Abk. für Verwaltung „Volkseigener“ Betriebe. Ursprünglich verstand man darunter Vereinigung Volkseigener Betriebe, eine durch SMAD-Befehl Nr. 76 vom 23. 4. 1948 verfügte Organisationsform für „volkseigene“ Betriebe. Vom Zeitpunkt ihrer Sequestrierung (Sequesterbefehl) bis zur endgültigen Enteignung zufolge SMAD-Befehl 64 vom 17. 8. 1949 waren die Betriebe der „Kriegs- und Naziverbrecher und Monopolisten“ durch…

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HO (1956)

Siehe auch die Jahre 1953 1954 1958 1959 1960 1962 1963 1965 1966 1969 1975 Abk. für Handelsorganisation; staatliches Einzelhandelsunternehmen, das zu überhöhten Preisen Mangelwaren verkauft. Die HO wurde durch Verordnung der DWK im Nov. 1948 gegründet. Als Begründung für die Errichtung der HO gab die DWK „Bekämpfung des Schwarzmarktes“ an. In Wirklichkeit nutzte sie nach dem Vorbild der SU die Mangellage in der Versorgung und die Existenz eines schwarzen Marktes zur Besteuerung des Verbrauchs in bis dahin in Deutschland nicht gekanntem Umfange aus. Hauptzweck der HO-Gründung war, währungsgefährdende „überschüssige Kaufkraft“ abzuschöpfen (Akzise) und zur Finanzierung der Staatsausgaben heranzuziehen. Trotz Verbesserung der Versorgungslage und des Verschwindens des Schwarzmarkts in den letzten Jahren wurde die HO nicht aufgelöst, sondern sie wird sogar noch wesentlich ausgebaut. Der vom Staat als Anreiz für die verlangten Leistungssteigerungen in der „volkseigenen“ Wirtschaft gezahlte Leistungslohn und die Prämien für Normerfüllung fließen auf diese Weise in den Staatshaushalt zurück. Preissenkungen, veranlaßt durch Produktionssteigerung bei Lebensmitteln und Verbrauchsgütern, führten bislang nicht zu einer Verminderung der Staatseinnahmen aus der HO, da zum Ausgleich dafür immer mehr HO-Verkaufsstellen, -Kaufhäuser, -Gaststätten errichtet und immer mehr Warengattungen bevorzugt der HO für den Verkauf zur Verfügung gestellt werden. Am 30. 6. 1952 betrieb die HO 10.952 Lebensmittelgeschäfte, 3.803 Industriewarenläden, 1.230 Gaststätten und 13 Warenhäuser. Die Umsätze der HO entwickelten sich wie folgt (in Mill. DM Ost): Der mengenmäßige Umsatz steigerte sich noch weitaus mehr, als in diesen Zahlen zum Ausdruck kommt, da die HO-Preise seit 1948 wesentlich gesenkt worden sind. Die Akzise der HO zugunsten des Staatshaushalts betrug 1952 rund 4 Mrd. Mark, d. h. das Dreifache des Lohnsteueraufkommens. Ursprünglich hauptsächlich auf den Verkauf von Lebensmitteln und Industriemangelwaren eingestellt, erweitert die HO ihr Verkaufsnetz ständig durch Übernahme privater Ladengeschäfte. Ladeninhaber, die durch absichtlich ungenügende Warenzuteilungen in wirtschaftliche Schwierigkeiten geraten, werden veranlaßt, ihre Geschäfte zu Spottpreisen an die HO zu verkaufen. Man gibt ihnen die Möglichkeit, als HO-Angestellte in [S. 112]ihren eigenen Läden tätig zu werden. Auf diese Weise übernimmt die HO seit 1951 u. a. Drogerien, Fleischerläden, Friseurgeschäfte, Blumenläden, Modesalons, Juwelierläden usw. Die HO ist somit nicht nur Instrument der staatlichen Währungspolitik, sondern gleichzeitig Werkzeug des Staates zur systematischen weiteren Vernichtung des privaten Einzelhandels. Die Umsatz- u. Finanzpläne der HO mußten der Sowjetischen Kontrollkommission zur Bestätigung vorgelegt werden, woraus hervorgeht, daß die Preispolitik der HO ein Teilstück sowjetischer Besatzungspolitik in Deutschland war. Literaturangaben Leutwein, Alfred: Die sozialen Leistungen in der sowjetischen Besatzungszone. 3., erw. Aufl. (BB) 1956. 296 S. m. 65 Anlagen. Leutwein, Alfred: Die Sach- und Personenversicherung in der SBZ. (BB) 1956. 316 S. m. 53 Anlagen. Seit 1952 konnten keine absoluten Zahlen über die Umsatz- und Akziseentwicklung ermittelt werden. Die wenigen bekanntgegebenen Zahlen sind in v. H.-Sätzen ausgedrückt. Sie gestatten keine Fortschreibung, da die Bezugsgrößen entweder unbekannt oder unsicher sind. Als zutreffend darf angenommen werden, daß der Umsatzanteil der HO am Gesamteinzelhandel seit 1952 weiter erheblich angewachsen ist. Die Staatseinnahmen aus dem Sonderaufschlag (Akzise) sind mit Sicherheit trotz Senkung der HO-Preise nicht zurückgegangen. Die Einführung der Produktions- und Dienstleistungsabgabe d. h. die Erhebung aller Haushaltsaufschläge u. sonstigen Verbrauchsteuern direkt bei den Produktionsbetrieben macht es immer schwieriger, die Höhe der Aufschläge im einzelnen und als Gesamtheit zu erkennen. Literaturangaben Pöhler, Felix: Der Untergang des privaten Einzelhandels in der sowjetischen Besatzungszone. (BB) 1952. 64 S. m. 11 Anlagen. *: Der Einzelhandel in der Versorgung der Bevölkerung der sowjetischen Besatzungszone. (Mat.) 1953. 64 S. m. 15 Tab. u. 22 Anlagen. Fundstelle: SBZ von A bis Z. Dritte, überarbeitete und erweiterte Auflage, Bonn 1956: S. 111–112 Hervorragender Wissenschaftler des Volkes A, B, C, D, E, F, G, H, I, J, K, L, M, N, O, P, Q, R, S, T, U, V, W, Z Hochschulen

Siehe auch die Jahre 1953 1954 1958 1959 1960 1962 1963 1965 1966 1969 1975 Abk. für Handelsorganisation; staatliches Einzelhandelsunternehmen, das zu überhöhten Preisen Mangelwaren verkauft. Die HO wurde durch Verordnung der DWK im Nov. 1948 gegründet. Als Begründung für die Errichtung der HO gab die DWK „Bekämpfung des Schwarzmarktes“ an. In Wirklichkeit nutzte sie nach dem Vorbild der SU die Mangellage in der Versorgung und die Existenz eines schwarzen Marktes zur Besteuerung des…

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Mecklenburg (1956)

Siehe auch die Jahre 1958 1959 1960 1962 1963 1965 1966 1969 Land der SBZ, umfaßt seit 1945 auch den Westteil der preußischen Provinz Pommern; 22.954 qkm, 2,0 Mill. Einwohner (1950); Verfassung vom 16. 1. 1947, Hauptstadt: Schwerin, Landesfarben: Blau-Gelb-Rot. — Landtag und Landesregierung im Sommer 1952 im Zuge der sog. Verwaltungsreform unter gleichzeitiger Bildung der Bezirke Neubrandenburg, Rostock und Schwerin aufgehoben; staatsrechtliche Stellung des Landes seither unklar. 1348 erhielten die mecklenburgischen Fürsten die Herzogswürde. 1549 wurde die Reformation eingeführt. Als M. 1621 in die Herzogtümer M.-Schwerin und M.-Güstrow zerfiel, wahrte die Union der Landstände von 1523 die Einheit des Landes. 1627 vertrieb Wallenstein (1628/29 Herzog von M.) die Herzoge, die jedoch 1631 von Gustav Adolf wieder eingesetzt wurden. 1648 mußte M. Wismar an Schweden abtreten, erhielt dafür aber die säkularisierten Bistümer Schwerin und Ratzeburg. Nach dem Aussterben der Güstrower Herzöge (1695) entstand 1701 unter Erhaltung der Union die Linie M.-Strelitz. 1808–1813 gehörten beide M. dem Rheinbund an; 1815 erhielten die mecklenburgischen Herzöge die Großherzogswürde. 1866 traten beide M. dem Norddeutschen Bund bei; seit 1871 gehörten sie zum Deutschen Reich. M.-Schwerin und M.-Strelitz wurden 1918 unter Auflösung der Union Freistaaten, die das Reich 1934 zum Land M. vereinigte. Nach 1933 verlor M. im Zuge der sog. Reichsreform weitgehend seine Eigenstaatlichkeit. In den letzten Wochen des 2. Weltkrieges wurde M. von britischen und sowjetischen Truppen besetzt; am 1. 7. 1945 fiel auf Grund der alliierten Abkommen über die Zoneneinteilung auch der westlich der vorläufigen Demarkationslinie gelegene Landesteil an die Sowjets. Wenige Tage später befahl die SMAD die Einbeziehung der westlich der Oder-Neiße-Linie liegenden Kreise der preußischen Provinz Pommern (Vorpommern mit Rügen) in das Land und die Errichtung der „Landesverwaltung M.-Vorpommern“ unter Präsident Wilhelm Höcker (SPD), der sie im Oktober 1945 ein beschränktes Gesetzgebungsrecht einräumte. Am 20. 10. 1946 fanden die ersten Landtagswahlen statt, bei denen trotz massivster sowjetischer Wahlbeeinflussung die SED nur 49,5 v. H. der abgegebenen Stimmen erhielt. Der Landtag bestätigte im Dezember 1946 die auf der Grundlage der Blockpolitik gebildete Landesregierung unter Ministerpräsident Wilhelm Höcker (SED) und beschloß im Januar 1947 die „Verfassung des Landes M. vom 16. 1. 1947“, die am 12. 3. 1947 in Kraft trat. Seit Bildung der Sowjetzonen-Republik im Oktober 1949 ist M. Land der „DDR“. An Stelle des zurückgetretenen Wilhelm Höcker wurde im Juli 1951 Kurt Bürger (SED) und nach dessen Tode im August 1951 Bernhardt Quandt (SED) Ministerpräsident. Das dem Landtag am 25. 7. 1952 aufgezwungene „Gesetz über die weitere Demokratisierung des Aufbaus und der Arbeitsweise der staatlichen Organe im Lande M.“ beraubte das Land seiner staatsrechtlichen Handlungsfähigkeit (Verwaltungsreform). Fundstelle: SBZ von A bis Z. Dritte, überarbeitete und erweiterte Auflage, Bonn 1956: S. 171 Matern, Hermann A, B, C, D, E, F, G, H, I, J, K, L, M, N, O, P, Q, R, S, T, U, V, W, Z Medizinisches Personal

Siehe auch die Jahre 1958 1959 1960 1962 1963 1965 1966 1969 Land der SBZ, umfaßt seit 1945 auch den Westteil der preußischen Provinz Pommern; 22.954 qkm, 2,0 Mill. Einwohner (1950); Verfassung vom 16. 1. 1947, Hauptstadt: Schwerin, Landesfarben: Blau-Gelb-Rot. — Landtag und Landesregierung im Sommer 1952 im Zuge der sog. Verwaltungsreform unter gleichzeitiger Bildung der Bezirke Neubrandenburg, Rostock und Schwerin aufgehoben; staatsrechtliche Stellung des Landes seither unklar. 1348…

DDR A-Z 1956

Steuerwesen (1956)

Siehe auch: Steuern: 1960 1962 1963 1965 1966 1969 1975 1979 1985 Steuerwesen: 1953 1954 1958 1959 Steuerpolitik, Steuerrecht und Steuerverwaltung haben in der SBZ neben der Beschaffung von Haushaltsmitteln für den Staat noch eine zweite Aufgabe zu erfüllen; sie sollen das volumenmäßige Verhältnis zwischen dem „privatkapitalistischen“ und dem „sozialistischen“ Sektor der Volkswirtschaft „neu abstimmen“; mit anderen Worten: zum Zwecke der allmählichen, aber systematischen Beseitigung des Privatunternehmertums und seiner Ersetzung durch die kommunistische Plan- und Zwangswirtschaft wird das St. unter Mißachtung des traditionellen Grundsatzes der steuerlichen Gerechtigkeit zu einem Instrument des Klassenkampfes gemacht. Der Aufbau des Sozialismus hätte, zumal auch die Finanzpläne der „volkseigenen“ Wirtschaft in den Staatshaushalt der SBZ einbezogen sind, eigentlich längst die Einführung eines vorzugsweise auf Erwerbseinnahmen beruhenden Finanzsystems verlangt. Der Staatshaushalt stützt sich jedoch nach wie vor hauptsächlich auf Steuereinnahmen. über die Steuereinnahmen lassen sich im einzelnen keine zuverlässigen Angaben machen, da in der SBZ die Einzelheiten des Staatshaushalts nicht bekanntgegeben werden. Sicher ist jedoch, daß die Verbrauchsabgaben ständig gestiegen sind. Seit 1950 machen allein die Haushaltsaufschläge jeweils etwa 20 bis 25 v. H. der gesamten Haushaltseinnahmen der SBZ aus. Der Klassenkampfcharakter des sowjetzonalen Steuerrechts tritt am deutlichsten bei der Einkommenbesteuerung in Erscheinung. Die früher im wesentlichen gleichmäßige Belastung von Lohneinkünften und anderen Einkünften ist einer „Differenzierung nach sozialökonomischen Formationen“ gewichen. Lohnempfänger und Angehörige der freischaffenden Intelligenz (mit Ausnahme der Rechtsanwälte, Steuerberater und dergleichen) werden steuerlich begünstigt. Für die übrigen einkommensteuerpflichtigen Personen (also insbesondere für die Inhaber landwirtschaftlicher und gewerblicher Betriebe) gilt ein „Kapitalisten“-Tarif, dessen Progression in hohen Tarifstufen über 90 v. H. des Einkommens verschlingt. Ähnlich werden im Körperschaftsteuerrecht staatliche und „volkseigene“ Betriebe, gewerbliche Betriebe von Körperschaften des öffentlichen Rechts und Genossenschaften steuerlich privilegiert; bei ihnen beträgt die Körperschaftsteuer äußerstenfalls 65 v. H. des Einkommens. Die übrigen Körperschaften haben ihr Einkommen nach dem „Kapitalisten“-Tarif, also unter Umständen mit über 90 v. H. zu versteuern. Viele Betriebsausgaben sind steuer[S. 251]lich entweder überhaupt nicht mehr oder nur noch teilweise abzugsfähig. Zur Begünstigung der Umwandlung von Kapitalgesellschaften hat der Neue Kurs Sonderbestimmungen geschaffen, die dazu beitragen werden, daß es in absehbarer Zeit in der SBZ keine Aktiengesellschaften usw. mehr gibt. Für Handwerker gilt seit 1950 eine die tatsächliche Ertragslage nicht berücksichtigende, sondern an objektive Merkmale anknüpfende „normative Einheitssteuer“ (Handwerksteuer). Die rückwirkend ab 1. 1. 1953 geplante Normativ-Besteuerung der Landwirtschaft ist dagegen anscheinend aufgegeben worden. Mit Wirkung vom 1. Januar 1954 wurde in der gesamten „volkseigenen“ Wirtschaft die Produktions- und Dienstleistungsabgabe nach dem Vorbild der sowjetischen „differenzierten Umsatzsteuer“ eingeführt. Sie tritt an Stelle der Körperschaftsteuer, Gewerbesteuer, Umsatzsteuer, Beförderungsteuer und der Verbrauchsabgaben. Die durch das Abgabengesetz vom 9. 2. 1950 errichtete Steuerverwaltung der „DDR“ hatte keine lange Lebensdauer. Die Deutsche Zentralfinanzdirektion wurde bereits 1951 als „Abgabenverwaltung“ in das Finanzministerium der „DDR“ eingegliedert; die Landesfinanzdirektionen und die Finanzämter sind seit der 1952 vorgenommenen sogenannten Demokratisierung der Verwaltung (Verwaltungsreform) nur noch unselbständige Abteilungen im Rahmen der allgemeinen Verwaltung („Unterabteilungen Abgaben“ bei den Räten der Kreise und der 14 Bezirke). Durch die systematische Ausmerzung der Fachkräfte hat die Verwaltungsarbeit auf dem Gebiet des 5t. einen nie dagewesenen Tiefstand erreicht. Die Verwaltungsangestellten rekrutieren sich jetzt hauptsächlich aus Industrie-Aktivisten, Funktionären der kommunistischen Massenorganisationen usw. Als besonderes Lockmittel für die Tätigkeit in der Abgabenverwaltung dient ein demoralisierend wirkendes System von „Leistungsprämien“ und Wettbewerben, das die Verwaltungsangestellten an bestimmten Arbeitserfolgen, insbesondere an Mehrsteuerergebnissen und Beitreibungsmaßnahmen finanziell beteiligt. Den Übergriffen der „Prämienjäger“ sind die Steuerpflichtigen um so wehrloser ausgesetzt, als es in der SBZ — im Widerspruch zu der Garantie des Artikels 138 der Verfassung — keinen verwaltungsgerichtlichen Rechtsschutz gibt. (Wirtschaftssystem) Literaturangaben Frenkel, Erdmann: Steuerpolitik und Steuerrecht in der sowjetischen Besatzungszone. 3., erw. Aufl. (BB) 1953. 124 S. m. 11 Anlagen. Fundstelle: SBZ von A bis Z. Dritte, überarbeitete und erweiterte Auflage, Bonn 1956: S. 250–251 Sterbegeld A, B, C, D, E, F, G, H, I, J, K, L, M, N, O, P, Q, R, S, T, U, V, W, Z Stibi, Georg

Siehe auch: Steuern: 1960 1962 1963 1965 1966 1969 1975 1979 1985 Steuerwesen: 1953 1954 1958 1959 Steuerpolitik, Steuerrecht und Steuerverwaltung haben in der SBZ neben der Beschaffung von Haushaltsmitteln für den Staat noch eine zweite Aufgabe zu erfüllen; sie sollen das volumenmäßige Verhältnis zwischen dem „privatkapitalistischen“ und dem „sozialistischen“ Sektor der Volkswirtschaft „neu abstimmen“; mit anderen Worten: zum Zwecke der allmählichen, aber systematischen…

DDR A-Z 1956

Ackermann, Anton (1956)

Siehe auch die Jahre 1953 1954 1958 1959 1960 1962 1963 1965 1966 * 25. 12. 1905 in Thalheim (Erzgeb.), richtiger Name: Eugen Hanisch, Beruf: Strumpfwirker. Trat 1919 der Freien Sozialistischen Jugend bei, seit 1926 Mitgl. der KPD und ihr Bezirksleiter für Erzgebirge-Vogtland. 1928–1932 Lenin-Schule in Moskau, 1932/33 Mitarbeiter der Deutschland-Abteilung der Komintern. 1933 Leiter der illegalen KP-Organisation für Groß-Berlin; seit Okt. 1935 Mitgl. des ZK und des Politbüros der KPD. 1936/37 nahm A. am spanischen Bürgerkrieg teil und kehrte anschließend in die SU zurück. Leitete im Kriege als Mitgl. des Nationalkomitees Freies Deutschland den Moskauer Sender „Freies Deutschland“. 1945 kam A. wieder nach Deutschland, forcierte die Fusion der SPD mit der KPD zur SED, wurde im April 1946 Mitgl. des Zentralsekretariats der SED, am 24. 7. 1950 Mitgl. des ZK der SED sowie Kandidat des Politbüros. Seit 15. 10. 1950 Abgeordneter der Volkskammer. A. war außerdem Mitbegründer des Kulturbundes und Mitgl. seines Präsidialrates. Von 1946 bis zu seiner „Selbstkritik“ 1948 vertrat A. die Theorie vom „besonderen deutschen Weg zum Sozialismus“. Im Okt. 1949 wurde er Staatssekretär im sowjetzonalen Außenministerium, im April 1953 außerdem Direktor des Marx-Engels-Lenin-Stalin-Instituts. A. war verheiratet mit Elli ➝Schmidt. Wegen Unterstützung der „parteifeindlichen Fraktion“ Zaisser-Herrnstadt wurde A. im Sommer 1953 nach und nach seiner Parteiämter enthoben und im Okt. 1953 als Staatssekretär durch Georg ➝Handke ersetzt. Am 23. 1. 1954 erhielt A. vom ZK der SED eine „strenge Rüge“ und wurde aus diesem Gremium ausgeschlossen. Seit 1954 Leiter der Hauptverwaltung Film im Ministerium für Kultur. Durch Beschluß des ZK der SED vom 29. 7. 1956 im Zuge der Entstalinisierung rehabilitiert. Fundstelle: SBZ von A bis Z. Dritte, überarbeitete und erweiterte Auflage, Bonn 1956: S. 11 Die biographischen Angaben spiegeln den Kenntnisstand der Handbuchredaktion im Jahre 1956 wider. Sie sind daher für allgemeine Informationszwecke als veraltet anzusehen und zudem häufig nicht fehlerfrei. Für diesen Eintrag wird auf den Personeneintrag in der Rubrik BioLeX www.kommunismusgeschichte.de/article/detail/ackermann-anton verwiesen. Abwerbung A, B, C, D, E, F, G, H, I, J, K, L, M, N, O, P, Q, R, S, T, U, V, W, Z ADN

Siehe auch die Jahre 1953 1954 1958 1959 1960 1962 1963 1965 1966 * 25. 12. 1905 in Thalheim (Erzgeb.), richtiger Name: Eugen Hanisch, Beruf: Strumpfwirker. Trat 1919 der Freien Sozialistischen Jugend bei, seit 1926 Mitgl. der KPD und ihr Bezirksleiter für Erzgebirge-Vogtland. 1928–1932 Lenin-Schule in Moskau, 1932/33 Mitarbeiter der Deutschland-Abteilung der Komintern. 1933 Leiter der illegalen KP-Organisation für Groß-Berlin; seit Okt. 1935 Mitgl. des ZK und des Politbüros der KPD.…

DDR A-Z 1956

Verfassung und Verwaltung (1956)

Siehe auch: Verfassung: 1953 1954 1958 1959 1960 1962 1963 1965 1966 1969 1975 1979 1985 Verfassung und Verwaltung: 1953 1954 [S. 274]Wie das deutsche Volk aus seinen Erfahrungen unter dem Hitler-Regime weiß, bietet das geschriebene Wort einer Verfassung allein noch nicht die Gewähr dafür, daß nicht ihr Geist verfälscht und ihr Inhalt ausgehöhlt wird. So blieb die Weimarer Verfassung während der 12 Jahre der Hitler-Regierung theoretisch in Geltung, ohne die Diktatur bei ihren innerpolitischen Gewaltmaßnahmen oder bei ihrer abenteuerlichen Außenpolitik zu behindern. Die staatsrechtliche Entwicklung in der SBZ von 1945 bis heute ist nicht zu verstehen, wenn man sich nicht die Möglichkeit eines solchen Widerspruchs zwischen äußerem Wortlaut und tatsächlichem Geschehen vor Augen hält. Durch die militärische Eroberung des östlichen Teiles Deutschlands und durch die Bestimmungen der dem Potsdamer Abkommen vorangegangenen Feststellungen der vier Mächte über das Kontrollverfahren in Deutschland vom 5. Juni 1945, die die höchste Regierungsgewalt für das betreffende Besatzungsgebiet dem Oberbefehlshaber der Besatzungsstreitkräfte übertrug, ist die SU in die tatsächliche unbeschränkte Verfügungsgewalt über ein Gebiet gelangt, dessen Bewohner, durch Hunger, Not und Entbehrungen und die seelische Erschütterung des politischen und militärischen Zusammenbruchs gelähmt, zu einer selbständigen Neuorganisation nur schwer in der Lage gewesen wären und jedenfalls bereit waren, sich an den von der Besatzungsmacht dargebotenen Richtlinien und Hilfen zu orientieren. Daß die SU von vornherein die Absicht hatte, das von ihr besetzte Gebiet politisch, wirtschaftlich und kulturell im Sinne des Bolschewismus umzuformen, läßt sich aus dem heute — nach elfjähriger Besetzungsdauer — erreichten hohen Grad der Anpassung an sowjetrussische Verhältnisse feststellen. Diese Absicht ist aber in der ersten Zeit der Besetzung von der Besatzungsmacht offenbar planmäßig verborgen worden. (Besatzungspolitik) Als Richtschnur für die staatsrechtliche Entwicklung in der SBZ wie in Deutschland überhaupt sind von der Potsdamer Konferenz die Begriffe Demokratisierung und „Entmilitarisierung“ verkündet worden (Potsdamer Abkommen, Abschn. III, Einleitung). Das Wort Demokratie hat in der sowjetrussischen amtlichen Vorstellungswelt jedoch einen ganz anderen Inhalt als im Westen. Nach Stalin ist „die Demokratie in der SU … eine Demokratie für die Werktätigen“, und er glaubt daher, „daß die Verfassung der UdSSR die einzige bis zum letzten demokratische Verfassung der Welt ist“ (Rede Stalins über die Verfassung der UdSSR am 25. 11. 1936, abgedr. in „Die Stalinsche Verfassung“, Ostberlin, 1950, S. 34 f.). In derselben Rede hatte Stalin wörtlich gesagt: „Ich muß zugeben, daß der Entwurf der neuen Verfassung tatsächlich das Regime der Diktatur der Arbeiterklasse aufrechterhält, ebenso wie er die jetzige führende Stellung der Kommunistischen Partei der UdSSR unverändert beibehält“ (a. a. O., S. 33 f.). Nach sowjetrussischer Auffassung sind also vollendete „Demokratie“ und bolschewistische Diktatur gleichbedeutende Begriffe. Für die deutsche Bevölkerung, die nach den schmerzlichen Erfahrungen unter der Hitler-Diktatur eine echte Demokratie, nämlich freiheitliche und rechtsstaatliche Verhältnisse, ersehnte, hielt die sowjetische Besatzungsmacht 1945 jedoch politische Formen bereit, die eine solche echte Demokratie nur zu bedeuten schienen. Im Sommer 1945 sind von der SMAD nicht nur die KPD, sondern auch drei im westlichen Sinne demokratische Parteien gestattet worden: die SPD, die CDU [S. 275]und die LDPD. Das schien auf eine annähernde Wiederherstellung des Weimarer Parteiensystems hinauszulaufen. Diese Wiedererweckung der deutschen Demokratie der Vor-Hitler-Zeit war aber in der SBZ nur eine scheinbare. In der SBZ haben die vier Parteien niemals die Gelegenheit erhalten, sich in der ursprünglichen Aufstellung miteinander zu messen. Bevor nämlich — im Oktober 1945 — die ersten Wahlen (und zwar Gemeinde- und Landtagswahlen) erfolgten, war der erste entscheidende Schritt zur Durchlöcherung dieses Parteiensystems getan worden. Das war der im Frühjahr 1946 unter sowjetischem Druck vorgenommene Zusammenschluß der KPD und SPD zur sog. „Sozialistischen Einheitspartei Deutschlands“, der SED. Nach den Wahlen im Okt. 1946, bei denen die SED nicht ganz die Hälfte aller Stimmen erzielte, hat sich die SED nie wieder zu einer echten Wahl gestellt, d. h. einer solchen, wo der Wähler zwischen mehreren Listen auswählen kann, und zwar weder in der Sowjetzone noch in Ostberlin. Vielmehr wurde jetzt der Weg der sog. Blockpolitik beschriften. In diese wurden nicht nur die drei übrigbleibenden politischen Parteien SED, CDU und LDP sowie zwei im Sommer 1948 neugegründeten Parteien, die sogenannte „National-Demokratische Partei Deutschlands“ (NDPD) und die „Demokratische Bauernpartei Deutschlands“ (DBD), einbezogen, sondern auch die sog. demokratischen Massenorganisationen. Ohne ordnungsgemäße Wahlhandlung, lediglich auf dem Wege der Delegierung, wurden von den Blockparteien und Massenorganisationen Vertreter nominiert, die am 6. und 7. 12. 1947 als erster sog. Volkskongreß zusammentraten. In derselben Weise wurde der am 17. und 18. 3. 1948 (gleichzeitig mit der Hundertjahrfeier der deutschen Revolution von 1848) tagende „Zweite Volkskongreß“ berufen, der sich selbst zu einem „Deutschen Volksrat“ erklärte. Dieser nicht aus Wahlen, sondern durch willkürliche Berufungen entstandene „Deutsche Volksrat“ ließ durch einen Verfassungsausschuß den „Entwurf einer Verfassung für die Deutsche Demokratische Republik“ ausarbeiten, der am 22. 10. 1948 veröffentlicht wurde. Am 19. 3. 1949 wurde diese Verfassung vom „Volksrat“ nach geringen Änderungen angenommen. Am 15. und 16. 5. 1949 wurde in der SBZ eine Abstimmung über eine willkürlich zusammengesetzte Einheitsliste der Blockparteien und „Massenorganisationen“ in der Weise durchgeführt, daß der Wähler entweder mit Ja oder mit Nein stimmen oder einen ungültigen Stimmzettel abgeben konnte. Trotz der sehr intensiven und mit national gefärbten Losungen unterbauten Propaganda wurden im ganzen nur 61,8 v. H. Ja-Stimmen, in Ostberlin sogar nur 51,7 v. H. Ja-Stimmen erzielt (Wahlen). Dies reichte aber aus, um die „Einheitsliste“ als gewählt zu erklären. So kam der „Dritte Deutsche Volkskongreß“ in Stärke von 1 523 Delegierten zustande, die am 30. 5. 1949 die Verfassung bestätigten und die Ernennung der 330 Abgeordneten des neuen „Deutschen Volksrats“ vornahmen. Wieder ohne parlamentarische Wahlen entstand dann am 7. 10. 1949 die „Provisorische Volkskammer der Deutschen Demokratischen Republik“, indem der „Deutsche Volksrat“ sich diese Bezeichnung beilegte („Gesetz über die Konstituierung der Provisorischen Volkskammer der Deutschen Demokratischen Republik“ [„DDR“] vom 7. 10. 1949, GBl. S. 1/49). Gleichzeitig wurden eine „Provisorische Regierung der Deutschen Demokrati[S. 276]schen Republik“ eingesetzt, eine „Provisorische Länderkammer der Deutschen Demokratischen Republik“ gebildet und die „Verfassung der Deutschen Demokratischen Republik“ in Kraft gesetzt (GBl. S. 2 ff./49). Diese Verfassung der „DDR“ orientiert sich in ihrem Wortlaut weitgehend an dem Vorbild der Weimarer Verfassung. So erscheint Art. 1 Abs. 2 der Weimarer Verfassung: „Die Staatsgewalt geht vom Volke aus“ ebenso wie im „Grundgesetz für die Bundesrepublik Deutschland“ (Art. 20 Abs. 2 Satz 1) auch in der „Verfassung der DDR“ in der Fassung: „Alle Staatsgewalt geht vom Volke aus“ (Art. 3 Abs. 1). Das Bekenntnis zu dem Grundsatz demokratischer Wahlen ist in der Verfassung (Art. 51 Abs. 2) in fast die gleichen Worte gekleidet wie in der Weimarer Verfassung (Art. 22): „Die Abgeordneten werden in allgemeiner, gleicher, unmittelbarer und geheimer Wahl … gewählt“, während das Bonner Grundgesetz auf Grund der unter der Hitler-Diktatur gemachten Erfahrungen darüber hinaus noch freie Wahlen fordert: „Die Abgeordneten des Deutschen Bundestages werden in allgemeiner, unmittelbarer, freier, gleicher und geheimer Wahl gewählt“ (Art. 38 Abs. 1 Satz 1). Im einzelnen bestehen naturgemäß zahlreiche Abweichungen von der Weimarer und der Bonner Verfassung. Von diesen sei das in der Verfassung der „DDR“ auffallend niedrig angesetzte Alter der Wahlmündigkeit (aktiv mit 18 Jahren, passiv mit 21 Jahren, Art. 52) erwähnt. Entscheidend ist aber überhaupt nicht der Wortlaut einer Verfassung, sondern der tatsächliche Machtgehalt, der sich hinter ihr verbirgt. Am 15. 10. 1950 wurde in der SBZ unter Aufhebung der an sich fälligen Gemeinde-, Kreis- und Landtagswahlen eine neue Abstimmung durchgeführt, aus der eine neue (nun nicht mehr provisorische) Volkskammer hervorging. Hierbei wurde das System der Einheitsliste in nunmehr „vollendeter“ Form angewendet; auf dem Einheitsstimmzettel war die Möglichkeit, mit „Nein“ zu stimmen, nicht mehr vorgesehen. Nichterscheinen zur „Wahl“ wurde als staatsfeindliches Verhalten angesehen, und in zahlreichen Fällen erfolgte überhaupt offene Stimmabgabe. Das ist dasselbe Wahlsystem, das in Deutschland während des Hitler-Regimes bestanden hat und heute in der SU besteht. Soweit eine solche „Wahl“ bei der betroffenen Bevölkerung überhaupt ein echtes Interesse erwecken kann, verlagert es sich daher von der „Wahlhandlung“, die keine mehr ist, auf die vorangehende Aufstellung der Kandidaten. In dieser Hinsicht kommt dem Beispiel der SU eine große Bedeutung zu. Dort spielt die Aufstellung der Kandidaten — und zwar solcher, die den Machthabern genehm sind — eine große Rolle. Die Stalinsche Verfassung besagt hierüber: „Das Recht, Kandidaten aufzustellen, wird den gesellschaftlichen Organisationen und den Vereinigungen der Werktätigen gewährleistet: den kommunistischen Parteiorganisationen, den Gewerkschaften, Genossenschaften, Jugendorganisationen, Kulturvereinigungen“ (Art. 141 Abs. 2). Eine praktische Anschauung von dem bolschewistischen System der Kandidatenaufstellung vermittelt das in der SBZ in der „Wahlordnung für die Handwerkskammern“ (vom 20. 2. 1951, GBl. S. 180/51) festgelegte Verfahren: „Die Kandidaten haben sich ihren Wählern vorzustellen. Die Wähler haben das Recht, den Kandidaten Fragen zu stellen und ihnen Aufträge zu geben“ (§ 7, Abs. 3). Durch verfängliche Fragen, persönliche Stimmungsmache und Einschüchterung ist es natürlich stets möglich, nicht genehme Kandidaten auszuschalten. [S. 277]Wie kurz in der sowjetischen „Rechtsauffassung der Weg von geheimer zu öffentlicher Stimmabgabe ist, zeigt der folgende Absatz aus derselben „Wahlordnung für die Landeshandwerkskammern“: „Die Wahl ist geheim und muß durch Stimmzettel erfolgen. Auf Beschluß der Mehrheit der Versammelten ist die Wahl öffentlich durchzuführen“ (a. a. O. § 7, Abs. 4). Seit 1945 gibt es im sowjetischen Besatzungsgebiet einen zweifachen Verwaltungsapparat, einen sowjetischen und einen deutschen. Der sowjetische trug von 1945 bis zur Konstituierung der „DDR“ die Bezeichnung „Sowjetische Militär-Administration in Deutschland“ (SMAD). Der deutsche Verwaltungsapparat bestand zunächst aus zwölf „Deutschen Zentralverwaltungen für die SBZ“, die schon am 1. 8. 1945 durch Dekret des sowjetischen Militärbefehlshabers ins Leben gerufen und am 12. 2. 1948 in einer als „Deutsche Wirtschaftskommission“ (DWK) bezeichneten Spitze organisatorisch zusammengefaßt wurden. Durch das „Gesetz zur Überleitung der Verwaltung“ vom 12. 10. 1949 (GBl. S. 17/49) gingen deren Verwaltungsaufgaben auf die „Provisorische Regierung der DDR“ über. Gleichzeitig trat die „Sowjetische Kontrollkommission“ (SKK) an die Stelle der SMAD (Erklärung des Obersten Chefs der SMAD, „Tägliche Rundschau“, vom 11. 10. 1949). Ein wesentliches Kennzeichen der sowjetzonalen Verwaltungspraxis ist — trotz der in Art. 1 Abs. 2 der Verfassung garantierten Selbständigkeit der Länder — ein Zentralismus, der noch über das während des Hitler-Regimes erreichte Maß hinausgeht, (über den Abschluß des Zentralisierungsprozesses Verwaltungsreform.) So ist mit dem „Gesetz über die Reform des öffentlichen Haushaltswesens“ vom 15. 12. 1950 (GBl. S. 1201/50) das gesamte Finanzwesen dadurch zentralisiert worden, daß die Haushalte der Zone, der Länder, der Kreise, der Gemeinden und der Sozialversicherungsanstalten in einen einzigen Staatshaushalt einbezogen werden. Entsprechend sind durch die Verordnung über die Sozialversicherung vom 26. 4. 1951 (GBl. S. 325/51) die Sozialversicherungsanstalten der Länder „zu einer einheitlichen zentralgelenkten Sozialversicherung, Anstalt des öffentlichen Rechts“, vereinigt worden. Ein weiteres Beispiel für die fortschreitende Zentralisierung ist die trotz ihres verfassungändernden Charakters lediglich durch Regierungsverordnung (Verordnung über Maßnahmen zur Vereinfachung der Justiz vom 27. 9. 1951, GBl. S. 877/51) verfügte Verselbständigung der Staatsanwaltschaft unter Leitung des „Generalstaatsanwaltes der Republik“ (in Anlehnung an die in Art. 113–117 der Stalinschen Verfassung verankerte Vorzugsstellung des „Generalstaatsanwaltes der UdSSR“) (Rechtswesen). Es gibt zahlreiche weitere Fälle, in denen schon der Wortlaut der Gesetzgebung mit der Verfassung in Widerspruch steht. So heißt es in Art. 34 Abs. 1 der Verfassung der „DDR“ in wörtlicher Anlehnung an Art. 142 der Weimarer Verfassung: „Die Kunst, die Wissenschaft und ihre Lehre sind frei.“ Dagegen heißt es in der VO. über die Errichtung der Staatl. Kommission für Kunstangelegenheiten (Kunstkommission) vom 12. 7. 1951: „Die Staatliche Kommission für Kunstangelegenheiten … arbeitet konkrete Pläne für die Entwicklung des künstlerischen Schaffens auf der Grundlage der Aufgaben des Fünfjahrplans aus …“ (§ 2, Abs. 1, Satz 1), und in der ebenfalls vom 12. 7. 1951 datierten „Verordnung über die Aufgaben der Staatl. Kommission für Kunstangelegenheiten“ (GBl. S. 684/51) wird gefordert: „Die Staatliche Kommission für Kunst[S. 278]angelegenheiten hat dafür zu sorgen, daß … die bedeutendsten Werke aus der SU … zur Aufführung gebracht werden“ (§ 1, Abs. 1). Ferner wird bestimmt: „Die Staatl. Kommission für Kunstangelegenheiten ist verantworlich für die Erfüllung des Volkswirtschaftsplanes auf dem Gebiete der Kunst“ (§ 9). Mit der in der Verfassung in Art. 20, Abs. 1 („Bauern, Handel- und Gewerbetreibende sind in der Entfaltung ihrer privaten Initiative zu unterstützen“) und Art. 24, Abs. 6 („Nach Durchführung dieser Bodenreform wird den Bauern das Privateigentum an ihrem Boden gewährleistet“) ausgesprochenen Gewährleistung des bäuerlichen Privateigentums steht dessen tatsächliche Aushöhlung durch das mit der Betriebsgröße steil ansteigende Ablieferungssoll (Ablieferungspflicht) und durch die das Mittel- und Großbauerntum benachteiligenden unterschiedlichen Tarifsätze für Leistungen der MTS in Widerspruch (Landwirtschaft). Eine noch größere Bedeutung als diese bereits am Wortlaut der Gesetzgebung erkennbaren Widersprüche zur Verfassung sind die Verletzungen von Verfassungsbestimmungen durch die laufende Verwaltungspraxis. Hierzu gehören beispielsweise die willkürlichen, oft nicht einmal mit irgendwelchen Vorwänden begründeten Beschlagnahmungen von privaten Firmen. Obwohl die Verwaltung unter Ausschaltung der nach der Verfassung gesetzgebenden Körperschaft (Volkskammer) durch Verwaltungsanordnungen entscheidend in das öffentliche Leben eingreift, ist auch sie total abhängig von der SED, deren oberste Parteiinstanz die gleiche fachliche Gliederung aufweist wie die Regierung der SBZ. Der Staatspräsident, der Ministerpräsident und seine drei ersten Stellvertreter gehören in Personalunion auch zur obersten Parteiführung der SED, die ihre Weisungen aus Moskau erhält. Nach russischem Vorbild wurde durch die sog. Verwaltungsreform im Juli 1952 in der SBZ ein zentralistischer Einheitsstaat geschaffen. Die bis dahin nur scheinbar noch bestehende demokratische Selbstverwaltung der verschiedenen Gebietskörperschaften wurde nun auch offiziell beseitigt. Ost-Berlin erhielt die gleiche Verwaltungsstruktur wie die 14 Bezirke der Zone und wurde haushaltmäßig mit der Zone vereinigt. Am 27. 5. 1953 wurde die Sowjetische Kontrollkommission aufgelöst und Semjonow zum Hohen Kommissar und am 27. 9. 1953 außerdem noch zum Botschafter der UdSSR bei der Zonenregierung ernannt. Seit dem 17. 7. 1954 bekleidet Puschkin diesen Posten. Am 7. 10. 1953 wählten Volks- und Länderkammer Wilhelm Pieck auf weitere vier Jahre erneut zum Staatspräsidenten. Die im Oktober 1954 fällige Volkskammer-Wahl, die weder frei noch geheim war, hatte das übliche Ergebnis. Angeblich als Antwort auf die Unterzeichnung der Pariser Verträge faßte die Volkskammer am 26. 9. 1953 den Beschluß, Artikel 5 der Verfassung um folgenden Satz: „Der Dienst zum Schutze des Vaterlandes und der Errungenschaften der Werktätigen ist eine ehrenvolle nationale Pflicht der Bürger der Deutschen Demokratischen Republik“ und den Artikel 112 der Verfassung wie folgt zu ergänzen: „Der Republik obliegt die Gesetzgebung über den militärischen Schutz der Heimat und über den Schutz der Zivilbevölkerung. Die Organisierung des Dienstes zum militärischen Schutze der Heimat und zum Schutze der Zivilbevölkerung wird durch Beschluß des Ministerrates geregelt.“ Literaturangaben Drath, Martin: Verfassungsrecht und Verfassungswirklichkeit in der sowjetischen Besatzungszone Deutschlands. 4., erw. Aufl. (BMG) 1956. 91 S. Duhnke, Horst: Stalinismus in Deutschland — Die Geschichte der sowjetischen Besatzungszone (Rote Weißbücher 15). Köln 1955, Kiepenheuer und Witsch. 378 S. Kitsche, Adalbert: Die öffentlichen Finanzen im Wirtschaftssystem der sowjetischen Besatzungszone Deutschlands. (BMG) 1954. 68 S. m. 1 Anlage. Lukas, Richard: 10 Jahre sowjetische Besatzungszone … Mainz 1955, Deutscher Fachschriften-Verlag. 215 S. Scheuner, Ulrich: Voraussetzungen und Verfahren der Wiedervereinigung Deutschlands (aus: Europa-Archiv 1955, H. 16). Frankfurt a. M. 10 S. Chronologische Materialien zur Geschichte der SED 1945 bis 1956. Berlin 1956, Informationsbüro West. DIN A4, 640 S. Die Wahlen in der Sowjetzone, Dokumente und Materialien. Bonn 1956. 102 S. Wahlen zwischen Ost und West. Beiträge zur Problematik gesamtdeutscher Wahlen (Sonderdruck aus „Der Wähler“, Okt. 1954). Frankfurt a. M. 1954, Bollwerk-Verlagsgesellschaft. 70 S. Weber, Werner: Die Frage der gesamtdeutschen Verfassung. München 1950, C. H. Beck. 28 S. Meimberg, Rudolf, und Franz Rupp: Die öffentlichen Finanzen in der sowjetischen Zone und im Ostsektor von Berlin. (BB) 1951. 84 S., 38 Tab. Pöhler, Felix: Der Untergang des privaten Einzelhandels in der sowjetischen Besatzungszone. (BB) 1952. 64 S. m. 11 Anlagen. Fundstelle: SBZ von A bis Z. Dritte, überarbeitete und erweiterte Auflage, Bonn 1956: S. 274–278 Verfassung A, B, C, D, E, F, G, H, I, J, K, L, M, N, O, P, Q, R, S, T, U, V, W, Z Verkaufsnormen

Siehe auch: Verfassung: 1953 1954 1958 1959 1960 1962 1963 1965 1966 1969 1975 1979 1985 Verfassung und Verwaltung: 1953 1954 [S. 274]Wie das deutsche Volk aus seinen Erfahrungen unter dem Hitler-Regime weiß, bietet das geschriebene Wort einer Verfassung allein noch nicht die Gewähr dafür, daß nicht ihr Geist verfälscht und ihr Inhalt ausgehöhlt wird. So blieb die Weimarer Verfassung während der 12 Jahre der Hitler-Regierung theoretisch in Geltung, ohne die Diktatur bei ihren…

DDR A-Z 1956

Lukács, Georg (György) (1956)

Siehe auch die Jahre 1958 1959 1960 1962 1963 1965 1966 Ungar, * 13. 4. 1885 in Budapest, Studium der Philosophie, Soziologie und Literaturgeschichte in Budapest und Berlin, Literaturgeschichtler und Kulturphilosoph. Gründete verschiedene Zeitschriften, trat mit Vorträgen und Veröffentlichungen in Ungarn hervor. 1912 in Heidelberg, Freundschaft mit Max Weber. Ende des ersten Weltkriegs Hinwendung zum Sozialismus, später Kommunismus. 1918 Mitgl. der KP Ungarns, in der Rätezeit Volkskommissar für Volksbildung und polit. Kommissar der 5. Roten Division. Nach dem Zusammenbruch der Revolution nach Wien emigriert, leitender Funktionär der KPÖ, 1930 bis 1931 Mitarbeiter im Marx-Engels-Lenin-Institut in Moskau, anschließend bis 1933 in Berlin als Vizepräs. der Berliner Gruppe des Schriftstellerverbandes, nach 1933 als philos. Mitarbeiter an der Akademie der Wissenschaften der SU. 1945 nach Ungarn zurückgekehrt, Abgeordneter des ungar. Parlaments, Professor für Ästhetik und Kulturphilosophie an der Univers. Budapest, korrespond. Mitglied der Deutschen ➝Akademie der Wissenschaften, Mitarbeiter verschiedener literarischer und philosophischer Zeitschriften der SBZ. Bedeutendster Kulturphilosoph und Literaturgeschichtler des Ostens, der sich nach von Simmel und Max Weber beeinflußten Anfängen und längerem Schwanken seit 1923 unter dem Einfluß der Leninschen Schriften dem dialektischen Materialismus verschrieb. Veröffentlichungen: „Geschichte und Klassenbewußtsein“, „Fortschritt und Reaktion in der deutschen Literatur“, „Der junge Hegel und die Probleme der kapitalistischen Gesellschaft“, „Die Zerstörung der Vernunft“ u. a. L. war während des Volksaufstandes in Ungarn (Okt./Nov. 1956) Erziehungsminister im Kabinett Imre Nagy, nahm mit Nagy und anderen Kabinettsmitgliedern beim gewaltsamen Sturz der Regierung durch die sowjetischen Truppen Asyl in der jugoslaw. Botschaft in Budapest und wurde mit Nagy und anderen beim Verlassen der jugoslaw. Botschaft am 22. 11. 1956, unter Bruch der Zusicherung freien Geleits, durch sowjet. Truppen verschleppt; April 1957 freigelassen und nach Budapest zurückgekehrt. Fundstelle: SBZ von A bis Z. Dritte, überarbeitete und erweiterte Auflage, Bonn 1956: S. 166 Die biographischen Angaben spiegeln den Kenntnisstand der Handbuchredaktion im Jahre 1956 wider. Sie sind daher für allgemeine Informationszwecke als veraltet anzusehen und zudem häufig nicht fehlerfrei. Für allgemeine Personenrecherchen wird neben der Rubrik BioLeX auch auf andere biographische Nachschlagewerke verwiesen. Luftverkehr A, B, C, D, E, F, G, H, I, J, K, L, M, N, O, P, Q, R, S, T, U, V, W, Z Lyssenko, Trofim D.

Siehe auch die Jahre 1958 1959 1960 1962 1963 1965 1966 Ungar, * 13. 4. 1885 in Budapest, Studium der Philosophie, Soziologie und Literaturgeschichte in Budapest und Berlin, Literaturgeschichtler und Kulturphilosoph. Gründete verschiedene Zeitschriften, trat mit Vorträgen und Veröffentlichungen in Ungarn hervor. 1912 in Heidelberg, Freundschaft mit Max Weber. Ende des ersten Weltkriegs Hinwendung zum Sozialismus, später Kommunismus. 1918 Mitgl. der KP Ungarns, in der Rätezeit…

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Kontrollkommission (1956)

Siehe auch die Jahre 1953 1954 1958 1959 1960 1962 1963 1965 1966 1969 1975 1979 „Zentrale Kommission für Staatliche Kontrolle“ (ZKK), hervorgegangen aus der „Zentralen Kontrollkommission der DWK“, die insbesondere zur Aufdeckung von Wirtschaftsverbrechen gebildet worden war und laut Richtlinien der DWK vom 8. 9. 1948 zur Aufgabe hatte: „Sicherung der Durchführung der Wirtschaftspläne, Beseitigung des Bürokratismus in Wirtschaft und Verwaltung und Aufdeckung wirtschaftsschädigender ungesetzlicher Handlungen, insbesondere wirtschaftlicher Sabotage, Spekulation, Schiebertum und unzulässiger Kompensationsgeschäfte“. Die Organe der Justiz waren „verpflichtet, jedem Ersuchen der K. mit besonderer Beschleunigung nachzukommen … Die K. haben das Recht, falls begründeter Verdacht strafbarer Handlungen vorliegt, die Polizei bzw. die Justiz verpflichtend zu beauftragen, Personen festzunehmen und Sachen sicherstellen zu lassen“ (Rundverfügung des Chefs der Deutschen Justizverwaltung der sowjetischen Besatzungszone in Deutschland vom 22. 9. 1948). Haftentlassungen von Beschuldigten, die auf Weisung der K. in Haft genommen worden sind, sind ohne vorherige Anhörung der K. unzulässig (Rundverfügung Nr. 11/51 der Hauptabteilung Justiz in der Landesregierung Brandenburg). Im Jahre 1953 wurden die weitreichenden Vollmachten der K. eingeschränkt. Gleichzeitig erfolgten eine Organisations- und Strukturänderung und die Umbenennung in „Zentrale Kommission für Staatliche Kontrolle“. Ihr Vorsitzender ist Mitglied des Ministerrates (bis zur Regierungsneubildung am 19. 11. 1954: Fritz ➝Lange; seitdem ist der Posten noch nicht wieder besetzt, komm. Vorsitzender ist Ernst Wabra). In den Bezirken üben Bevollmächtigte der K. deren Funktionen aus. „In volkswirtschaftlichen Schwerpunkten und staatspolitisch wichtigen Einrichtungen setzt die Zentrale Kommission für Staatliche Kontrolle Beauftragte ein“ (§ 5 des „Statuts der Zentralen Kommission für Staatliche Kontrolle und ihrer Organe“ vom 30. 4. 1953, GBl. S. 685). Die K. und ihre Beauftragten haben jetzt die Aufgabe, die Durchführung der Gesetze hinsichtlich der Einhaltung der festgelegten Wirtschaftspläne zu kontrollieren. Bei festgestellten Verstößen haben die Angehörigen der K. nicht mehr das Recht, selbst Ermittlungen durchzuführen oder Festnahmen vorzunehmen, sondern die Staatsanwaltschaft muß eingeschaltet werden. Diese verfährt allerdings grundsätzlich nach den Wünschen der K. (Rechtswesen) Fundstelle: SBZ von A bis Z. Dritte, überarbeitete und erweiterte Auflage, Bonn 1956: S. 140 Kontrolle A, B, C, D, E, F, G, H, I, J, K, L, M, N, O, P, Q, R, S, T, U, V, W, Z Kontrollpunkte

Siehe auch die Jahre 1953 1954 1958 1959 1960 1962 1963 1965 1966 1969 1975 1979 „Zentrale Kommission für Staatliche Kontrolle“ (ZKK), hervorgegangen aus der „Zentralen Kontrollkommission der DWK“, die insbesondere zur Aufdeckung von Wirtschaftsverbrechen gebildet worden war und laut Richtlinien der DWK vom 8. 9. 1948 zur Aufgabe hatte: „Sicherung der Durchführung der Wirtschaftspläne, Beseitigung des Bürokratismus in Wirtschaft und Verwaltung und Aufdeckung wirtschaftsschädigender…

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Rechtswesen (1956)

Siehe auch die Jahre 1953 1954 1958 1959 1960 1962 1963 1965 1966 1969 1975 1979 1985 [S. 210]Die Hauptaufgabe der Justiz besteht nach den Ausführungen ihrer maßgebenden Funktionäre (Fechner, Benjamin, Melsheimer) darin, „die antifaschistisch-demokratische Ordnung zu sichern, die Wirtschaftspläne vor Angriffen feindlicher Agenten und Saboteure zu schützen und damit das Vertrauen der fortschrittlichen und friedliebenden Kräfte der Welt zum deutschen Volke zu stärken“. „Die Rechtsprechung der Gerichte der Deutschen Demokratischen Republik dient dem Aufbau des Sozialismus, der Einheit Deutschlands und dem Frieden. … Die Gerichte der Deutschen Demokratischen Republik erziehen durch ihre Rechtsprechung alle Bürger in ihrem beruflichen und persönlichen Leben zu einem verantwortungsbewußten Verhalten und zur gewissenhaften Befolgung der Gesetze“ (§ 2 Abs. 1 Satz 1, Absatz 2 des Gerichtsverfassungsgesetzes, Gerichtsverfassung). Besonders herausgestellt wird weiter bei allen Gelegenheiten die Forderung nach einer wahrhaft demokratischen Gesetzlichkeit, d. h. nach strenger Einhaltung der in der SBZ geltenden Verfassung und der Gesetze mit dem Ziel, die errungene Machtstellung mit Hilfe der Justiz unter allen Umständen zu festigen und weiter auszubauen. Als höchste Gerichtsinstanz besteht seit Dezember 1949 das Oberste Gericht der „DDR“. Es entscheidet über die vom Generalstaatsanwalt eingelegten Kassationsanträge (Kassation) oder als Rechtsmittelgericht bei erstinstanzlichen Entscheidungen der Bezirksgerichte sowie in solchen Strafsachen, in denen der Generalstaatsanwalt wegen der besonderen Bedeutung des Falles die Anklage unmittelbar vor dem Obersten Gericht erhebt. Oft werden die erstinstanzlichen Verhandlungen dann als Schauprozesse durchgeführt. Ein Rechtsmittel steht dem Angeklagten in diesen Fällen nicht zu. Der Angeklagte ist also der Willkür des Generalstaatsanwalts unterworfen, wenn dieser das Verfahren vor das Oberste Gericht in erster und gleichzeitig letzter Instanz bringen will. Im übrigen entsprach die Gerichtsorganisation bis August 1952 noch dem alten deutschen Gerichtsverfassungsgesetz. Sie ist dann zunächst durch die „VO. über die Neugliederung der Gerichte“ vom 28. 8. 1952 der neuen Verwaltungsstruktur der Sowjetzone angepaßt und durch das Gerichtsverfassungsgesetz vom 20. 10. 1952 endgültig geregelt worden. Mit großem Nachdruck wird von den maßgebenden Justizfunktionären auf den „demokratischen“ Charakter der neuen Gerichtsverfassung hingewiesen, der insbesondere dadurch zum Ausdruck komme, daß an der Rechtsprechung in Zivil- und Strafsachen in größtem Umfange die Bevölkerung beteiligt sei (Schöffen). Das zweite Gesetz im Rahmen der Justizreform ist die neue Strafprozeßordnung (Strafverfahren), die zusammen mit dem GVG am 15. 10. 1952 in Kraft getreten ist. Die Staatsanwaltschaft ist aus dem Justizapparat herausgelöst und in eine selbständige und unmittelbar dem Ministerrat unterstehende Behörde umgewandelt worden. Mit dem 1. 6. 1952, dem Tage des Inkrafttretens des „Gesetzes über die Staatsanwaltschaft der DDR“ war die Sowjetisierung des Strafrechts auf dem Gebiet der Strafverfolgung, der Strafvollstreckung und des Strafvollzuges vollendet. Die Justizverwaltung hat ihre Aufsichtsbefugnisse über die Staatsanwaltschaft eingebüßt und beschränkt sich auf die Kontrolle der Rechtsprechung und die Personalpolitik. Letztere vollzieht sich seit 1945 unter dem Gesichtspunkt der Demokratisierung der Justiz und hatte zur Folge, daß die akademischen Juristen mehr und mehr aus den Richter- und [S. 211]Staatsanwaltsstellen, verdrängt und durch Volksrichter ersetzt wurden. 96 v. H. aller Richter sind Volksrichter, während in der Staatsanwaltschaft nur noch 0,8 v. H. Volljuristen beschäftigt sind. Sämtliche wichtigen Positionen sind mit Angehörigen der SED besetzt. Es gibt keinen Leiter einer Bezirksstaatsanwaltschaft, der nicht der SED angehört; bei dem Generalstaatsanwalt der Zone sind ausschließlich SED-Mitglieder als Staatsanwälte tätig. Da den Volksrichtern und Volksstaatsanwälten, die der SED angehören, von Beginn ihrer Ausbildung an eingehämmert wird, daß sie auch als Richter und Staatsanwälte Funktionäre ihrer Partei bleiben und die Richtlinien der Partei zu befolgen haben, ist es der SED und der von ihr gesteuerten Justizverwaltung möglich, unmittelbar in die Rechtsprechung einzugreifen. Der „Richter neuen Typus“ darf nicht dem Objektivismus erliegen, sondern muß in seiner Rechtsprechung Parteilichkeit wahren und beweisen, daß er die alte Klassenjustiz überwunden hat. Der Richter muß stets von dem Gedanken ausgehen, daß seine Urteile in erster Linie der „Gesellschaft“, also dem Staat, nützen müssen. Es kommt dabei nicht auf eine nur „formelle“ Anwendung des Gesetzes an, sondern auf deren Auslegung im Sinne der SED. Der Verfassungsgrundsatz von der Unabhängigkeit der ➝Richter ist in besonderem Maße seit Einführung des Instrukteurwesens faktisch beseitigt. Mit der Justizreform des Jahres 1952 wurden große Gebiete der Freiwilligen Gerichtsbarkeit auf Verwaltungsstellen übertragen und das Staatliche Notariat eingerichtet. Auch in der Rechtsanwaltschaft wurde durch die Bildung der Anwaltskollegien eine grundsätzliche Neuordnung in Angriff genommen. Damit soll dem Entstehen eines Vertrauensverhältnisses zwischen Anwalt und Mandant vorgebeugt werden. Der Schwerpunkt der gesamten Rechtsprechung liegt auf dem Gebiet des Strafrechts. Hier können drei Gruppen unterschieden werden: die politischen Strafsachen, die Wirtschaftsstrafsachen und alle übrigen Delikte. Dem entspricht auch die Dezernatseinteilung bei den Staatsanwaltschaften und Gerichten. Die Abteilungen I bearbeiten die rein politischen Sachen, die Abteilungen II die Wirtschaftsdelikte und die Abteilungen III alle anderen Strafsachen. Auf dem Gebiet des politischen Strafrechts wird, nachdem durch Beschluß der Sowjetregierung vom 20. 9. 1955 alle „Gesetze, Direktiven und Befehle des Alliierten Kontrollrats als überflüssig erachtet werden und auf dem Gebiet der DDR ihre Gültigkeit verlieren“, jetzt fast ausschließlich Art. 6 der Verfassung angewandt, der die sog. Boykott-, Kriegs- und Mordhetze für strafbar erklärt. Der Artikel III A III der Kontrollratsdirektive 38, der bis zum 20. 9. 1955 zur Verurteilung wegen „Erfindung oder Verbreitung tendenziöser, friedensgefährdender Gerüchte“ (Friedensgefährdung) herangezogen wurde, kann nicht mehr zur Grundlage politischer Strafverfahren gemacht werden. Das Friedensschutzgesetz vom 16. 12. 1950 wurde vom Obersten Gericht erst einmal angewandt. Hohe Zuchthausstrafen werden in politischen Prozessen auch gegen Jugendliche verhängt (Jugendstrafrecht). Auf wirtschaftsstrafrechtlichem Gebiet gelangten bis 1955 vor allem vier Gesetze zur Anwendung, und zwar der Befehl Nr. 160 der SMAD vom 3. 12. 1945 (Sabotage), die Wirtschaftsstrafverordnung vom 23. 9. 1948, das Gesetz zum Schutze des ➝innerdeutschen Handels vom 21. 4. 1950 und das Gesetz zum Schutze des ➝Volkseigentums [S. 212]vom 2. 10. 1952. Mit der Außerkraftsetzung des Besatzungsrechts ist auch der Befehl Nr. 160 aufgehoben worden. Nunmehr soll Sabotage gemäß Art. 6 der Verfassung bestraft werden, wenn nicht eine der anderen wirtschaftsstrafrechtlichen Normen zum Zuge kommt. Die Anwendung dieser Gesetze hat im Regelfall neben einer hohen Zuchthausstrafe die Einziehung des gesamten Vermögens des Angeklagten zur Folge. Sie erfolgt auch in den Strafverfahren gegen Landwirte wegen Nichterfüllung des Ablieferungssolls. Wirtschaftsstrafprozesse werden oft als Schauprozesse und auch gegen solche Angeklagten durchgeführt, die entweder gerade noch rechtzeitig aus der SBZ flüchten konnten oder die ihren Wohnsitz niemals in der SBZ hatten, wohl aber irgendwelche Vermögenswerte oder Betriebe. Diese sog. Abwesenheitsverfahren waren nach der bis zum 15. 10. 1952 geltenden Strafprozeßordnung nur zulässig, wenn sich der Angeschuldigte im Ausland aufhielt oder im Inland verbarg. Da in vielen Fällen die Angeschuldigten den sowjetzonalen Behörden eine ladungsfähige Anschrift in der Bundesrepublik mitteilten, entfielen beide Voraussetzungen. Dennoch wandten die sowjetzonalen Gerichte die §§ 276 ff StPO analog an, um das Vermögen oder den Betrieb des Angeklagten enteignen zu können. Nach der neuen Strafprozeßordnung sind Verfahren in Abwesenheit des Angeklagten zulässig, wenn sich dieser „außerhalb des Gebietes der DDR aufhält oder sich verbirgt“ (§ 236 StPO der SBZ). Für die übrigen Strafverfahren dient als materielle Grundlage noch das deutsche Strafgesetzbuch von 1871, das aber entsprechend den „Erfordernissen der gesellschaftlichen Interessen“ und unter „Überwindung der überholten Klassenjustiz“ anzuwenden ist. Entscheidendes Element für die Strafwürdigkeit einer Handlung oder Unterlassung ist die Gesellschaftsgefährlichkeit. Damit ist eine unmittelbare Anlehnung an das sowjetische Strafrecht gegeben. Der Entwurf für ein neues Strafgesetzbuch der SBZ ist schon lange fertiggestellt, aus politischen Zweckmäßigkeitserwägungen bisher aber nicht als neues Gesetz erlassen worden. Es bleibt daher weiter bei der Anwendung der „sanktionierten“ Bestimmungen des StGB. „Aufgabe der demokratischen Rechtsprechung ist es, die gesellschaftlichen Verhältnisse der DDR mit den uns zur Verfügung gestellten Gesetzen, seien sie sanktioniert oder neu geschaffen, zu schützen. Dabei ist der Hinweis notwendig, daß mit der Sanktionierung gewisser alter Gesetze keineswegs die Übernahme der von den bürgerlichen Gerichten angewandten Auslegungsregeln verbunden ist.“ („Neue Justiz“ 1956, Beilage S. 10). Ein neues materielles Strafgesetz ist aber für das Gebiet des politischen Strafrechts angekündigt. Ferner sollen in das Strafen-System neue Strafen — öffentlicher Tadel und bedingte Verurteilung — eingeführt und das Strafregisterwesen (Strafregister) neu ausgestaltet werden. Strafvollstreckung und Strafvollzug sind der Volkspolizei übertragen worden; die Staatsanwaltschaft hat lediglich theoretische Aufsichtsbefugnisse. Das Gnadenrecht liegt in der Hand des Präsidenten der Republik. Trotz verschiedener Entwürfe steht eine Gnadenordnung bisher noch aus. Auf zivilrechtlichem Gebiet gelten noch das Bürgerliche Gesetzbuch und die Zivilprozeßordnung (Zivilprozeß), beide allerdings mit Ausnahmen und Einschränkungen. Die Vorschriften der Zivilprozeßordnung wurden der neuen Gerichtsverfassung durch die „VO. zur [S. 213]Angleichung von Verfahrensvorschriften auf dem Gebiet des Zivilrechts an das Gerichtsverfassungsgesetz (Angleichungsverordnung)“ vom 4. 10. 1952 angepaßt. In familienrechtlichen Streitigkeiten (Eherecht) sind seit 1948 die untersten Gerichtsinstanzen, die Kreisgerichte, zuständig. Das gesamte Familienrecht soll durch das im Entwurf seit 1954 fertiggestellte Familiengesetzbuch neu gestaltet werden. Vorerst ist jedoch lediglich das Kontrollratsgesetz Nr. 16 (Ehegesetz v. 20. 2. 1946) durch die „VO. über Eheschließung und Eheauflösung“ vom 24. 11. 1955 ersetzt worden. Eine Neuregelung hat schließlich das Patentrecht erfahren. Auch hier ist in erster Linie das „Interesse der Gesellschaft“ maßgebend. Zur Entscheidung schwieriger zivilrechtlicher Fragen sind die Volksrichter nicht in der Lage. Auch in Zivilsachen werden die gerichtlichen Erkenntnisse von politischen Erwägungen bestimmt. Dies gilt besonders für das Gebiet des Familienrechts und vor allem bei Klagen, an denen VEB, Verwaltungen, Parteien oder gesellschaftliche Organisationen beteiligt sind. Die Zwangsvollstreckung aus einem obsiegenden Urteil gegen einen VEB bedarf einer besonderen Genehmigung. Alle Anträge auf Einleitung von Vollstreckungsmaßnahmen müssen zunächst dem übergeordneten Organ des VEB vorgelegt werden. Die gleiche Regelung gilt bei arbeitsrechtlichen Streitigkeiten (Arbeitsrecht). Die Gerichte der SBZ haben neben der Rechtsprechung noch eine andere besonders wichtige Aufgabe: „Besonderer Ausdruck der Erziehungsfunktion des Gerichts ist auch die massenpolitische Arbeit der Gerichte, vor allem der Kreisgerichte. Jede Justizverwaltung muß unter dem klaren Ziel der Erziehungswirkung, insbesondere in der Richtung auf Festigung des Vertrauens zur Gesetzlichkeit und zur Ordnung unseres Staates stehen“ (Arbeitsprogramm des Kollegiums des Ministeriums der Justiz in „Neue Justiz“ 1954, S. 322). Vorbild in allem ist die SU, über deren „sozialistische Gesetzlichkeit“ der Leiter des Rechtsinstituts der Akademie der Wissenschaften der UdSSR, Prof. P. E. Orlowski, sagt: „Die sozialistische Gesetzlichkeit ist ein Mittel zur Festigung des sozialistischen Staates, zur Verwirklichung seiner Funktionen und Aufgaben, und sie gewährleistet zur gleichen Zeit die Verwirklichung der Rechte der Sowjetbürger … Dank der weisen Führung durch die kommunistische Partei dient die sowjetische sozialistische Gesetzlichkeit der großen Sache des Aufbaus des Kommunismus in unserem Lande“ („Neue Justiz“ 1954, S. 613 ff). Literaturangaben Dirnecker, Bert: Recht in West und Ost. Pfaffenhofen/Ilm 1956, Ilmgau-Verlag. 176 S. Drath, Martin: Verfassungsrecht und Verfassungswirklichkeit in der sowjetischen Besatzungszone Deutschlands. 4., erw. Aufl. (BMG) 1956. 91 S. Hagemeyer, Maria: Zum Familienrecht der Sowjetzone — Der „Entwurf des Familiengesetzbuches“ und die „Verordnung über die Eheschließung und Eheauflösung“. 2., überarb. Aufl., Bonn 1956. 71 S. Hellbeck, Hanspeter: Die Staatsanwaltschaft in der sowjetischen Besatzungszone. 2., erw. Aufl. (BMG) 1955. 104 S. m. 7 Anlagen. Unrecht als System — Dokumente über planmäßige Rechtsverletzungen im sowjetischen Besatzungsgebiet. (BMG) 1952. 239 S. Eine englische, eine französische und eine spanische Ausgabe bringen die in Bd.~I zusammengestellten Dokumente. Unrecht als System, Bd. II — Dokumente über planmäßige Rechtsverletzungen im sowjetischen Besatzungsgebiet 1952 bis 1954. (BMG) 1955. 293 S. Eine englische, eine französische und eine spanische Ausgabe bringen die in Bd. I zusammengestellten Dokumente. Maurach, Reinhart: Das Rechtssystem der UdSSR. Allg. Rechtslehre, Zivil-, Straf- und Verfahrensrecht. (Forschungsb. und Unters. zur Zeitgesch. Nr. 18) Göttingen 1953, Arbeitsgemeinschaft für Osteuropaforschung. 54 S., 4 Skizzen. Rosenthal, Walther, Richard Lange, und Arwed Blomeyer: Die Justiz in der sowjetischen Besatzungszone. 3., erw. Aufl. (BB) 1955. 160 S. Fundstelle: SBZ von A bis Z. Dritte, überarbeitete und erweiterte Auflage, Bonn 1956: S. 210–213 Rechtsgutachten A, B, C, D, E, F, G, H, I, J, K, L, M, N, O, P, Q, R, S, T, U, V, W, Z Rechtswissenschaft, Studium der

Siehe auch die Jahre 1953 1954 1958 1959 1960 1962 1963 1965 1966 1969 1975 1979 1985 [S. 210]Die Hauptaufgabe der Justiz besteht nach den Ausführungen ihrer maßgebenden Funktionäre (Fechner, Benjamin, Melsheimer) darin, „die antifaschistisch-demokratische Ordnung zu sichern, die Wirtschaftspläne vor Angriffen feindlicher Agenten und Saboteure zu schützen und damit das Vertrauen der fortschrittlichen und friedliebenden Kräfte der Welt zum deutschen Volke zu stärken“. „Die Rechtsprechung…

DDR A-Z 1956

Kassation (1956)

Siehe auch die Jahre 1953 1954 1958 1959 1960 1962 1963 1965 1966 1969 1975 1979 1985 Außerordentliches Rechtsmittel, mit dem jedes rechtskräftige Straf- und Zivilurteil und jede andere richterliche Entscheidung, die der Rechtskraft fähig ist, binnen Jahresfrist nach Eintritt der Rechtskraft durch den Generalstaatsanwalt oder den Präsidenten des Obersten Gerichts angefochten werden kann, wenn die Entscheidung „auf einer Verletzung des Gesetzes“ beruht oder „der Gerechtigkeit gröblich widerspricht“ (§§ 12 ff. des „Gesetzes über die Errichtung des Obersten Gerichtshofs und der Obersten Staatsanwaltschaft der DDR“ vom 8. 12. 1949 und §§ 301 ff. der sowjetzonalen StPO.), über die K.-Anträge entscheiden K.-Senate des Obersten Gerichts. Die K. ist keine dritte Instanz und „nicht im Interesse der Partei geschaffen worden, sondern ausschließlich im Interesse der Allgemeinheit“ (Nathan in „Neue Justiz“, 1949, S. 304) zum Zwecke der Wahrung der Rechtseinheit und der Beseitigung falscher Urteile. Mittelbar soll damit die Rechtsprechung der unteren Gerichte gelenkt werden. „Es gilt, durch richtige Auswahl der zur K. zu bringenden Entscheidungen dem Obersten Gericht Gelegenheit zu geben, in den alten Schlauch überkommener Strafgesetze den neuen Wein fortschrittlichen Wissens zu gießen, Rechtsgrundsätze zu entwickeln, die den Erkenntnissen unserer neuen in der Entwicklung begriffenen Rechtstheorie entsprechen“ (Melsheimer in „Neue Justiz“, 1952, S. 206). In Strafsachen kann das Oberste Gericht nach Eingang des K.-Antrags Haftbefehl erlassen (§ 306 der sowjetzonalen StPO). Nach Verkündung des Neuen Kurses sollte das K.-Verfahren, dazu dienen, „durch richtige Anleitung der Gerichte neue Fehler oder die Fortsetzung alter Fehler zu vermeiden.“ (Schumann in „Fragen des Strafprozeßrechts der Deutschen Demokratischen Republik“, Berlin 1954.) Dem widerspricht die Feststellung, daß „auch jetzt noch die Zahl der zum Nachteil der Angeklagten gestellten K.-Anträge überwiegt“ (a. a. O.). (Rechtswesen) Literaturangaben Rosenthal, Walther, Richard Lange, und Arwed Blomeyer: Die Justiz in der sowjetischen Besatzungszone. 3., erw. Aufl. (BB) 1955. 160 S. Fundstelle: SBZ von A bis Z. Dritte, überarbeitete und erweiterte Auflage, Bonn 1956: S. 132 Kasernierte Volkspolizei A, B, C, D, E, F, G, H, I, J, K, L, M, N, O, P, Q, R, S, T, U, V, W, Z Kastner, Hermann

Siehe auch die Jahre 1953 1954 1958 1959 1960 1962 1963 1965 1966 1969 1975 1979 1985 Außerordentliches Rechtsmittel, mit dem jedes rechtskräftige Straf- und Zivilurteil und jede andere richterliche Entscheidung, die der Rechtskraft fähig ist, binnen Jahresfrist nach Eintritt der Rechtskraft durch den Generalstaatsanwalt oder den Präsidenten des Obersten Gerichts angefochten werden kann, wenn die Entscheidung „auf einer Verletzung des Gesetzes“ beruht oder „der Gerechtigkeit gröblich…

DDR A-Z 1956

Sozialversicherungs- und Versorgungswesen (1956)

Siehe auch die Jahre 1953 1954 1958 1959 1960 1962 1963 1965 1966 1969 1975 1979 1985 [S. 238]Der Vorsorge gegen die wirtschaftlichen Folgen von Alter, Invalidität, Arbeitslosigkeit und sonstigen Wechselfällen des Lebens sowie der Erhaltung der Gesundheit und Arbeitsfähigkeit der arbeitenden Bevölkerung und dem Schutze der Mutterschaft soll nach Art 16,3 der Verfassung ein einheitliches, umfassendes Sozialversicherungswesen auf der Grundlage der Selbstverwaltung der Versicherten dienen. Obwohl stets die Sorge um den Menschen betont wird, bestimmen nicht sie die Gestaltung und die Grenzen dieser Vorsorge, vielmehr tun dies die Aufgaben, die die Sozialversicherung innerhalb der Planwirtschaft hat. Denn: „Die Sozialversicherung muß in den Fünfjahrplan eingeordnet werden und seiner Verwirklichung dienen. Zu seiner Durchführung ist die Pflege der Arbeitskraft und die Gesunderhaltung unserer Werktätigen notwendig.“ (Grete Groh-Kummerlöw, „Die Übernahme der vollen Verantwortung für den weiteren Ausbau der Sozialversicherung durch die Gewerkschaften“, Berlin 1951, Seite 19) Organisation und Leistungen der Sozialversicherung sind darauf gerichtet, die Bevölkerung möglichst ausnahmslos zur Arbeit zu zwingen, damit die Produktion ein Höchstmaß erreicht. Mittel dazu sind: Möglichst kleine Alters- und Invalidenrenten, strengster Maßstab bei ärztlichen Untersuchungen auf Erwerbsminderung oder wegen zeitweiliger Arbeitsbefreiung infolge Krankheit, keine Versorgung für arbeitsfähige Witwen bis zu 60 Jahren. Außerdem soll durch eine geplante Staffelung der Leistungen nach der volkswirtschaftlichen Bedeutung des Betriebes, in dem der Versicherte arbeitet, die Fluktuation der Arbeitskräfte eingeschränkt werden. „Die Erfüllung des Fünfjahrplans muß seitens der Sozialversicherung unterstützt werden durch Zahlung höherer Renten in diesen Industriezweigen, um den Zustrom von Arbeitern dahin zu verstärken.“ (Paul Peschke, „Sozialversicherung — Sache des FDGB und seiner Industriegewerkschaften“, in „Die Arbeit“, S. 218/51) Die Sozialversicherung ist eine zentralgelenkte Einheitsversicherung, in der alle früheren Versicherungsträger aufgegangen sind (Unfall-, Invaliden-, Alters-, Angestelltenversicherung, Knappschaftsversicherung sowie die Orts-, Innungs-, Betriebs- und Ersatzkrankenkassen). Durch die Verordnung über die Sozialpflichtversicherung vom 28. 1. 1947, erlassen (auf Grund des Befehls Nr. 28 der SMAD („Arbeit und Sozialfürsorge“, S. 92/47), wurde das Sozialversicherungswesen auf eine einheitliche Grundlage gestellt, nachdem bereits ab Herbst 1945 in jedem Lande der SBZ durch Gründung einer Sozialversicherungsanstalt die Voraussetzung hierfür geschaffen worden war. Durch die Verordnung über die Sozialversicherung vom 26. 4. 1951 (GBl. S. 325) wurde die Verantwortung für die Leitung und die Kontrolle der Sozialversicherung dem FDGB übergeben. Die 5 Sozialversicherungsanstalten der Länder wurden zu einer einheitlichen „Sozialversicherung, Anstalt des öffentlichen Rechtes“ mit dem Sitz in Berlin vereinigt, die vom Zentralrat der Sozialversicherung geleitet und verwaltet wird. Dem Ministerium für Arbeit und Berufsausbildung obliegt seitdem nur noch die Aufsicht über die Sozialversicherung. Der Zentralrat der Sozialversicherung ist gesetzlicher Vertreter der Sozialversicherung und ihr oberstes Organ. Er hat u. a. die Aufgabe, die nachgeordneten Organe und die Verwaltung zu leiten und zu kontrollieren, die leitenden Angestellten zu bestellen, den Haushaltsplan aufzustellen und dem Bundesvorstand des FDGB vorzulegen und über den Geschäftsbericht unter Bestätigung der Rechnungsergebnisse Beschluß zu fassen. (§ 9 des Statuts der Sozialversicherung, GBl. S. 1154/51) [S. 239]In den Bezirken, Kreisen, „volkseigenen“ Betrieben (VEB) und Verwaltungen bestehen Räte, in den Privatbetrieben Kommissionen der Sozialversicherung. Die Räte und Kommissionen haben die Beschlüsse und Weisungen der übergeordneten Räte auszuführen und die Bezirks- und Kreisverwaltungen der Sozialversicherung zu kontrollieren. Die Räte in den VEB und in den Verwaltungen haben die Bevollmächtigten für Sozialversicherung anzuleiten und zu kontrollieren. Die Bevollmächtigten für Sozialversicherung in den VEB und Verwaltungen sowie auch in den Privatbetrieben müssen nach ihren Richtlinien („Handbuch für den Gewerkschaftsfunktionär im Betrieb“, 2. verbesserte Auflage 1955, hrsg. vom Bundesvorstand des FDGB, S. 528 ff) u.a. Kranke innerhalb von drei Tagen in der Wohnung besuchen. „Wird die unberechtigte Inanspruchnahme von Mitteln der Sozialversicherung festgestellt, so soll der Bevollmächtigte veranlassen, daß sich die Kollegen auf der gewerkschaftlichen Mitgliederversammlung auseinandersetzen und auf die Verwerflichkeit einer solchen Handlungsweise hinweisen. Die Gewerkschaftsgruppe beschließt erzieherische Maßnahmen, die dem Rat für Sozialversicherung zur Bestätigung vorgelegt werden. Solche Maßnahmen sind: Mißbilligung der Gewerkschaftsgruppen, öffentliche Kritik an der Wandzeitung, Entzug des Krankengeldes und des Lohnausgleichs für die Dauer des unberechtigten Bezuges, Ausschluß aus der Brigade, Entlassung aus dem Betrieb.“ Dem Zentralrat sowie den Räten in den Bezirken und Kreisen gehören außer einem Beauftragten der VdgB (BHG) nur FDGB-Funktionäre an, die vom zuständigen FDGB-Vorstand bestellt werden. In den VEB und den Verwaltungen wählen die Bevollmächtigten für Sozialversicherung die Räte, in den Privatbetrieben bestehen die Kommissionen aus den Bevollmächtigten. Die Bevollmächtigten werden auf Vorschlag der jeweiligen BGL von den Betriebsangehörigen gewählt. Das System der Räte und der Bevollmächtigten soll angeblich die Selbstverwaltung der Sozialversicherung durch die Versicherten verwirklichen, in Wahrheit bedeutet es jedoch, daß die Versicherten keinerlei Einfluß haben. Die FDGB-Vorstände, die die Mitgl. des Zentralrates und der Räte in den Betrieben und Kreisen bestellen, sind nicht die Vertreter aller Versicherten, sondern bestenfalls der FDGB-Mitgl., wobei schon dies bei der Fragwürdigkeit der Wahlen zu den Vorständen bezweifelt werden muß (Arbeitspolitik). In den übergeordneten Räten können deshalb alle Versicherten, die nicht Mitgl. des FDGB sind oder sein dürfen, wie z. B. der selbständigen Erwerbstätigen, von vornherein nicht vertreten sein. Da die Räte in den VEB und Verwaltungen sowie die Kommissionen in den Privatbetrieben von den BGL angeleitet werden oder ihnen sogar, wie in den Privatbetrieben, unterstehen, ist auch hier der Einfluß der Versicherten praktisch ausgeschaltet. Die Verwaltung besteht aus der Zentralverwaltung in Berlin, Bezirksgeschäftsstellen in den Bezirksstädten und Kreisgeschäftsstellen in den Kreisstädten (SVK). Die Barleistungen werden meist in den Betrieben ausgezahlt (Anordnungen vom 2. 8. 1951, GBl. S. 113). Die Räte in den VEB und Verwaltungen sind befugt, über Leistungen zu entscheiden. Das gleiche gilt für die Kommissionen, wenn der Privatbetrieb die Leistungen auszahlen darf. Der Haushaltsplan der Sozialversicherung ist Bestandteil des Haushaltsplans der „DDR“ (§ 8 der Verordnung vom 26. 4. 1951). Die Pflichtbeiträge werden von den Unterabt. Abgaben [S. 240]bei den Kreisverwaltungen (Finanzämtern) eingezogen (VO. vom 14. 11. 1950, GBl. S. 1195). Gesetzliche Grundlage der Sozialpflichtversicherung und ihrer Leistungen sind noch die Verordnung über Sozialpflichtversicherung vom 28. 1. 1947 und zahlreiche Einzelverordnungen, obwohl schon bis zum 1. 10. 1951 eine neue Sozialversicherungsordnung erlassen werden sollte. Geplant ist, im Laufe des zweiten Fünfjahrplanes die Sozialversicherung in eine für Arbeiter und Angestellte sowie in besondere Versicherungsträger für Bauern, Handwerker usw. aufzuspalten. Die Rentenzahlungen sollen vom Staate übernommen werden. Die Auszahlung des Krankengeldes soll völlig den Betrieben überlassen werden. Die örtlichen Geschäftsstellen (SVK) hätten zu verschwinden. Der Sozialversicherungspflicht unterliegen ohne Rücksicht auf die Höhe des Einkommens alle Arbeiter und Angestellten (auch die Angestellten der Verwaltung, die in der SBZ an die Stelle der Beamten getreten sind); Bauern, die bis zu 5 Arbeiter beschäftigen; Handwerker, die zur Handwerkskammer gehören; die Angehörigen der freischaffenden Intelligenz, also z. B. Ärzte, Anwälte und Künstler; alle anderen selbständigen Erwerbstätigen, die bis zu 5 Arbeiter und Angestellte beschäftigen; die ständig mitarbeitenden Ehefrauen und Kinder sowie Studenten, Hoch- und Fachschüler. Die Leistungen der Sozialversicherung bestehen a) im Krankheitsfalle aus freier ➝Heilbehandlung, Krankengeld und Hausgeld für die Zeit der Behandlung in einem Krankenhaus oder Sanatorium; b) aus Schwangerschafts- und Wochenhilfe; c) aus Sterbegeld; d) aus Renten bei Invalidität, im Alter, für die Folgen von Arbeitsunfällen und anerkannten Berufskrankheiten und für Hinterbliebene; e) aus Kuren für Rekonvaleszenten und angeblich erholungsbedürftige Aktivisten. Die ehemaligen Beamten und Berufssoldaten sowie deren Witwen und Hinterbliebene werden von der Sozialversicherung und nach deren Grundsätzen versorgt (Beamtenversorgung). Das gleiche gilt für Kriegsinvalide und Kriegshinterbliebene (Kriegsopferversorgung). Bergleute erhalten auf Grund verschiedener Verordnungen erhöhte Leistungen (Bergmannsrenten). Für die technische ➝Intelligenz in den „volkseigenen“ und ihnen gleichgestellten Betrieben ist eine zusätzliche Altersversorgung geschaffen worden. Eine entsprechende Regelung gilt durch Verordnung vom 12. 7. 1951 (GBl. S. 675) für die Intelligenz an wissenschaftlichen, künstlerischen, pädagogischen und medizinischen Einrichtungen. Die anerkannten, d. h. die heute im Sinne des Sowjetzonensystems tätigen Verfolgten des Naziregimes erhalten nach einer Anordnung vom 5. 10. 1949 (ZVOBl. S. 765) erheblich höhere Leistungen, auch wenn sie keine Versicherungszeiten nachweisen können. Die Pflichtversicherungsbeiträge betragen nach der ersten Durchführungsbestimmung zur VO. über die Zahlung von Pflichtbeiträgen zur Sozialversicherung an die Finanzämter vom 25. 1. 1951 (GBl. S. 81) für Arbeiter und Angestellte 20 v. H. — im Bergbau 30 v. H. — des lohnsteuerpflichtigen Arbeitsverdienstes bis zu 600 DM Ost monatlich. Die Beiträge sind je zur Hälfte von den Versicherten und den Betrieben zu tragen, im Bergbau tragen die Betriebe zwei Drittel. Selbständig Erwerbstätige zahlen 14 v. H. des steuerpflichtigen Einkommens bis zu 600 DM Ost monatlich. Der Mindestbeitrag beträgt für diese 8 DM Ost. Handwerker zahlen ein Zwölftel des Grundbetrages der Handwerkssteuer. Außerdem wird für Arbeiter und Angestellte von den Betrieben [S. 241]eine besondere Unfallumlage eingezogen, deren Höhe sich nach den Unfallgefahren des jeweiligen Betriebes richtet und zwischen 0, 3 und 3 v. H. des monatlichen Verdienstes des Beschäftigten bis zu 600 DM Ost liegt. Gegen Entscheidungen über Leistungen ist das Rechtsmittel der Beschwerde gegeben. Über sie entscheidet die Beschwerdekommission beim Rat für Sozialversicherung des Kreises. Gegen dessen Entscheidung kann entweder das Bezirksarbeitsgericht durch Anfechtungsklage oder die Beschwerdekommission des Bezirkes angerufen werden. Der Beschluß der Bezirksbeschwerdekommission oder das Urteil des Bezirksarbeitsgerichts über die Anfechtungsklage sind endgültig. Von den Leistungen der Sozialversicherung sind Kriegsverbrecher und sogenannte Nazi-Aktivisten ausgeschlossen. Die Sozialversicherung ist Träger der Arbeitslosenversicherung. Eine freiwillige oder eine zusätzliche Versicherung kann bei der Sozialversicherung seit Erlaß der VO über die Herausnahme der freiwilligen Versicherungen aus der Sozialversicherung vom 19. 3. 1953 (GBl. S. 463) nicht mehr abgeschlossen werden. Neue derartige Versicherungen können nur bei der Deutschen ➝Versicherungsanstalt abgeschlossen werden. Nach der VO. über die Neuregelung der freiwilligen Versicherungen in der Sozialversicherung vom 25. 6. 1953 (GBl. S. 823) blieben ehemalige Pflichtversicherte, die sich bei der Sozialversicherung freiwillig rentenversichert hatten, dort auch in Zukunft versichert. Trotz der großen Zahl der Anspruchsberechtigten kann die Sozialfürsorge aus öffentlichen Mitteln nicht entbehrt werden. Literaturangaben Haas, Gerhard, und Alfred Leutwein: Die rechtliche und soziale Lage der Arbeitnehmer in der Sowjetzone und in Ost-Berlin. 4., erw. Aufl. (BB) 1957. 312 S. m. 24 Anlagen. Leutwein, Alfred: Die technische Intelligenz in der sowjetischen Besatzungszone. (BB) 1953. 56 S. m. 6 Anlagen. Leutwein, Alfred: Die sozialen Leistungen in der sowjetischen Besatzungszone. 3., erw. Aufl. (BB) 1956. 296 S. m. 65 Anlagen. Leutwein, Alfred: Die Sach- und Personenversicherung in der SBZ. (BB) 1956. 316 S. m. 53 Anlagen. Fundstelle: SBZ von A bis Z. Dritte, überarbeitete und erweiterte Auflage, Bonn 1956: S. 238–241 Sozialismus A, B, C, D, E, F, G, H, I, J, K, L, M, N, O, P, Q, R, S, T, U, V, W, Z Sozialversicherungsausweis

Siehe auch die Jahre 1953 1954 1958 1959 1960 1962 1963 1965 1966 1969 1975 1979 1985 [S. 238]Der Vorsorge gegen die wirtschaftlichen Folgen von Alter, Invalidität, Arbeitslosigkeit und sonstigen Wechselfällen des Lebens sowie der Erhaltung der Gesundheit und Arbeitsfähigkeit der arbeitenden Bevölkerung und dem Schutze der Mutterschaft soll nach Art 16,3 der Verfassung ein einheitliches, umfassendes Sozialversicherungswesen auf der Grundlage der Selbstverwaltung der Versicherten dienen.…

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Patriotismus (1956)

Siehe auch die Jahre 1958 1959 1960 1962 1963 1965 1966 1969 1975 1979 1985 Die SED betrieb die Vorbereitung, Gründung und Abstützung des kommun. Staatsgebildes in der SBZ mit einer zweckhaften Zurechtbiegung des deutschen Nationalbewußtseins, obwohl der eigentliche Marxismus das Nationale als klassenbedingten Atavismus verwirft. Diese zweckhafte Zurechtbiegung führte zu dem schillernden Begriff des sowjetzonalen P. Die SED, die sich dabei der Nationalen Front bediente und bedient, pflegt diesen P. seit der Ausrufung der Nationalen ➝Volksarmee (Januar 1956) immer nachhaltiger. Grotewohl umriß 1953, zum „Tage des Lehrers“, die Gedankenlinie dieses Zweck-P. (s. Grotewohl: An die Jugend, 1955, S. 299 f.): „Im Kapitalismus wurde das echte und gute Nationalgefühl zum Nationalismus und Chauvinismus.“ Demgegenüber, so forderte er, „gilt es einen echten Patriotismus zu entwickeln, einen Patriotismus, der die natürliche und enge Verbundenheit eines jeden Menschen mit dem Land und dem Volk einschließt, in dem er geboren ist, in dem er aufwächst und in dem er arbeitet. Das Wachstum eines Menschen ist mit seinem Volk, mit seiner Geschichte, seiner Sprache und seinen Kulturgütern eng verbunden“. Solcher P., so erklärte Grotewohl, „der in der Liebe zum eigenen Volk wurzelt, ist unvereinbar mit dem Haß gegen andere Völker“. Wie bloß taktisch und zweckhaft die SED die Gefühle des P. für den internationalen Klassenkampf einsetzt, zeigt sich, wenn er im Zeichen „solchen patriotischen Denkens“ fortfährt: „Darum fühlen wir uns in tiefer Freundschaft verbunden mit den Völkern des Weltfriedenslagers, an deren Spitze die große Sowjetunion steht.“ Ein Hauptideologe der SED, Fred ➝Oelßner, betonte 1951 in seinem 1949 wieder aufgelegten Vortrag „Die heutige Bedeutung der nationalen Frage“ (S. 31 f.), die SED könne „deutschen Patriotismus nur auf der Grundlage des proletarischen Internationalismus entwickeln“. Man müsse an die geschichtlichen Leistungen und „an das ganze fortschrittliche kulturelle Erbe unseres deutschen Volkes anknüpfen“, so schrieb Oelßner, zugleich aber müßten wir „besonders die Kulturgüter des fortschrittlichsten Volkes der Welt, [S. 194]des Sowjetvolkes, in uns aufnehmen, um ein neues deutsches Nationalgefühl auf wahrhaft ethischer Grundlage zu entwickeln“. — Auf dieser Linie bewegt sich die Schulung zum P. in allen Organisationen und auf sämtlichen Bereichen der SBZ. Der P. der SBZ wirkt sich seit Mitte 1952 auch in der Nationalen Geschichtsbetrachtung aus. Literaturangaben Bohn, Helmut: Die patriotische Karte in der sowjetischen Deutschland-Politik. (Aus: „Ostprobleme“ 1955, H. 38, 40, 42) Bad Godesberg. 32 S. Hehn, Jürgen von: Die Sowjetisierung des Geschichtsbildes in Mitteldeutschland (aus: Europa-Archiv 1954, H. 19 u. 20). Frankfurt a. M. 16 S. Kopp, Fritz: Die Wendung zur „nationalen“ Geschichtsbetrachtung in der Sowjetzone. München 1955, Isar Verlag. 111 S. Rauch, Georg von: Das Geschichtsbild der Sowjetzone (aus: Jahrb. d. Ranke-Gesellschaft 1954). Frankfurt a. M., Moritz Diesterweg. 19 S. Fundstelle: SBZ von A bis Z. Dritte, überarbeitete und erweiterte Auflage, Bonn 1956: S. 193–194 Patriotische Erziehung A, B, C, D, E, F, G, H, I, J, K, L, M, N, O, P, Q, R, S, T, U, V, W, Z Pazifismus

Siehe auch die Jahre 1958 1959 1960 1962 1963 1965 1966 1969 1975 1979 1985 Die SED betrieb die Vorbereitung, Gründung und Abstützung des kommun. Staatsgebildes in der SBZ mit einer zweckhaften Zurechtbiegung des deutschen Nationalbewußtseins, obwohl der eigentliche Marxismus das Nationale als klassenbedingten Atavismus verwirft. Diese zweckhafte Zurechtbiegung führte zu dem schillernden Begriff des sowjetzonalen P. Die SED, die sich dabei der Nationalen Front bediente und bedient,…

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Staatsbeteiligung (1956)

Siehe auch die Jahre 1958 1959 1960 1962 1963 1965 1966 1969 Ähnlich wie in China im Jahre 1954 ist man in der SBZ Anfang 1956 dazu übergegangen, gemischte staatlich-private Betriebe (Betriebe halbsozialistischen Charakters) zu schaffen, die „auf einem friedlichen Wege in sozialistische Betriebe umzugestalten“ sind (DFW 13/56, S. 584). Auf Grund des Beschlusses des 25. Plenums des ZK der SED, in dem es heißt: „Um die Produktionserfahrungen solcher privater Unternehmer auszuwerten, die über ein zu geringes Kapital verfügen, um volkswirtschaftlich notwendige Produktionen für die Verbesserung der Versorgung der Bevölkerung und die Steigerung des Exports durchzuführen und erweitern zu können, kann solchen Betrieben das fehlende Kapital durch staatliche Beteiligungen zugeführt werden“, wurde im Januar 1947 die Deutsche ➝Investitionsbank (DIB) vom Präsidium des Ministerrates bevollmächtigt, sich mit staatlichen Mitteln an Privatbetrieben zu beteiligen. Die staatl. Beteiligungen sollen in der Regel mindestens 50 v. H. betragen. Nachdem die funktionale Selbständigkeit der Privatbetriebe schon seit Beginn der langfristigen Planwirtschaft nicht mehr besteht, wird nunmehr auch die noch vorhandene Kapitalbasis überfremdet. Bisher wurde bei dieser Staatsbeteiligung die alte Rechtsform der Kommanditgesellschaft (KG) gewählt wobei der Staat mit seiner Kapitaleinlage als Kommanditist in die neue Gesellschaft eintritt und der ehemalige private [S. 246]Unternehmer Komplementär und Geschäftsführer wird. Für seine Geschäftsführung erhält er ein lohnsteuerpflichtiges Gehalt, das auch bei Verlusten zu zahlen ist. Die Gewinnbeteiligung erfolgt nach seinem Kapitalanteil. Das Verhältnis zwischen Komplementär und Kommanditist wird vertraglich geregelt. Der Kommanditist (DIB) hat bestimmte Kontrollrechte und haftet nur bis zum Betrage seiner Vermögenseinlage. Durch die Aufdeckung der stillen Reserven des ehemaligen Betriebes bei der Umwandlung entstehen keine steuerlichen Lasten. Über den anteiligen Betriebsgewinn kann sowohl der bisherige Betriebsinhaber als auch die DIB frei verfügen. Nach dem Mustervertrag führt das Stehenlassen der Gewinne nicht zu einer Veränderung der Gewinnverteilungsquoten. Wenn auch diese neuen Gesellschaften neben steuerlichen Vergünstigungen, besserer Materialversorgung und bevorzugter Auftragserteilung gegenüber den anderen Privatunternehmen besondere Vorteile genießen, so begeben sie sich doch stark in die Hand des Staates und der staatsgewerkschaftlichen Kontrolle. Die Betriebe mit St. werden grundsätzlich den örtlichen Staatsorganen, volkswirtschaftlich bedeutende Betriebe den zuständigen Fachministerien unterstellt. Sie erhalten bestimmte Produktionsaufgaben, Materialkontingente und Lizenzen für Kapazitätserweiterung direkt von den betr. Verwaltungsorganen. Der FDGB ist für die Produktion dieser Betriebe mitverantwortlich. Er hat den Wettbewerb, Neuerermethoden und das Rationalisierungs- und Erfindungswesen unter den Arbeitern zu organisieren. Über den bisher in Privatbetrieben zugelassenen Sozialfonds von 2½ v. H. der Lohn- und Gehaltssumme hinaus wird für die Prämiierung der Arbeiter ein Fonds gebildet, der dem Direktorfonds der VEB ähnelt und steuerlich als Betriebsausgabe zu behandeln ist. Weiterhin sind Betriebsverträge nach dem Muster des Kollektivvertrages der VEB mit der Belegschaft abzuschließen. Die in dieser Vereinbarung festgelegten tariflichen Entgelte gelten steuerlich als Betriebsausgaben. Diese neuen Betriebe mit St. unterliegen der Kontrolle der Deutschen Notenbank und sind verpflichtet, ihre Bankkonten ausschließlich bei der Deutschen Notenbank zu unterhalten. Alle Betriebe mit St. werden in das Rechnungseinzugsverfahren einbezogen. Bis Anfang September 1956 sollen rund 500 Privatunternehmer einen Antrag auf staatliche Kapitalbeteiligung gestellt haben. Es sind Diskussionen darüber im Gange, bei St. sich künftig der typischen juristischen Formen des Handelsrechts, der AG (größere Betriebe) und der GmbH (kleinere Betriebe) zu bedienen) da hier bessere Differenzierungsmöglichkeiten gegeben sind. (Wirtschaftssystem) Fundstelle: SBZ von A bis Z. Dritte, überarbeitete und erweiterte Auflage, Bonn 1956: S. 245–246 Staatsanwaltschaft A, B, C, D, E, F, G, H, I, J, K, L, M, N, O, P, Q, R, S, T, U, V, W, Z Staatsgrenze West

Siehe auch die Jahre 1958 1959 1960 1962 1963 1965 1966 1969 Ähnlich wie in China im Jahre 1954 ist man in der SBZ Anfang 1956 dazu übergegangen, gemischte staatlich-private Betriebe (Betriebe halbsozialistischen Charakters) zu schaffen, die „auf einem friedlichen Wege in sozialistische Betriebe umzugestalten“ sind (DFW 13/56, S. 584). Auf Grund des Beschlusses des 25. Plenums des ZK der SED, in dem es heißt: „Um die Produktionserfahrungen solcher privater Unternehmer auszuwerten, die…

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Staatsanwaltschaft (1956)

Siehe auch die Jahre 1958 1959 1960 1962 1963 1965 1966 1969 1975 1979 1985 Nach sowjetischem Vorbild selbständiges und seit 1952 unmittelbar dem Ministerrat unterstelltes Staatsorgan mit besonderen, über den engeren Justizbereich hinausgreifenden Aufgaben und Vollmachten. Nach dem „Gesetz über [S. 245]die St. der DDR“ (StAG) vom 23. 5. 1952 (GBl. S. 408) ist es Aufgabe der St., „die Aufsicht über die strikte Einhaltung der Gesetze und Verordnungen der DDR zu führen“ (§ 1, Abs. 2, StAG). „Diese Aufsicht erstreckt sich auf alle Ministerien, Ämter und ihnen unterstellte Dienststellen und Einrichtungen, auf Betriebe und ebenso auf alle Funktionäre des Staatsapparates und Bürger“ (§ 10, Ab. 2, StAG); diese Bestimmung deckt sich bezeichnenderweise fast wörtlich mit dem Art. 113 der Sowjetverfassung. Die St. führt das Ermittlungsverfahren in Strafsachen; ihr „obliegt die Aufsicht über alle Untersuchungen, die von den einzelnen Untersuchungsorganen durchgeführt werden“ (§ 17 StAG). Die St. erhebt die Anklage und vertritt sie vor Gericht. Sie ist zur „Wahrung der demokratischen Gesetzlichkeit berechtigt, in jedem Zivilrechtsstreit und in jedem Verfahren der Freiwilligen Gerichtsbarkeit durch Einreichung von Schriftsätzen und durch Teilnahme an Gerichtsverhandlungen mitzuwirken“ (§ 20). Sie hat auch in Zivilsachen das Recht, die Kassation zu beantragen. Die St. überwacht die Strafvollstreckung und übt die Aufsicht über alle Haft- und Strafvollzugsanstalten (Strafvollzug) aus. Sie wirkt im Begnadigungsverfahren (Gnadenrecht) mit und führt das Strafregister. — Die St. wird von dem Generalstaatsanwalt der „DDR“ geleitet, dem in den Bezirken der Staatsanwalt des Bezirkes (Bezirksstaatsanwalt) und in den Kreisen der Staatsanwalt des Kreises (Kreisstaatsanwalt) unterstehen. Jede dieser St. gliedert sich in fünf Abteilungen: I — politische Sachen, II — Wirtschaftsstrafsachen, MI — sonstige Kriminalität, IV — Zivilsachen, V — Allgemeine Aufsicht (über die Einhaltung der Gesetzlichkeit und Bearbeitung von Beschwerden). Sämtliche Staatsanwälte sind den Weisungen des Generalstaatsanwaltes unterworfen; er ernennt und entläßt alle Staatsanwälte. Bereits Ende 1953 waren mehr als 98 v. H. aller Staatsanwaltsstellen mit der SED angehörenden Absolventen von Volksrichter-Lehrgängen besetzt. Generalstaatsanwalt der „DDR“ ist seit Schaffung dieses Amtes Melsheimer (SED). Die St. war in den Ländern der SBZ nach dem Zusammenbruch 1945 hinsichtlich Organisation und Zuständigkeit zunächst im wesentlichen in der herkömmlichen Weise wiederaufgebaut worden; der Generalstaatsanwalt bei dem Oberlandesgericht (1951–1952 Landesstaatsanwalt) als höchstes Strafverfolgungsorgan des Landes unterstand dem jeweiligen Justizminister. Nach Errichtung der „DDR“ wurde durch Gesetz vom 8. 12. 1949 (GBl. S. 111) außer dem Obersten Gericht auch eine Oberste Staatsanwaltschaft geschaffen, deren durch die Volkskammer zu wählender Leiter als „Generalstaatsanwalt der DDR“ Weisungsbefugnis gegenüber den Staatsanwälten der Länder erhielt. Durch die in Widerspruch zu Art. 131 Abs. 1 der Verfassung stehende „VO. über Maßnahmen zur Vereinfachung der Justiz“ vom 27. 9. 1951 (GBl. S. 877) wurde die St. unter der Leitung des Generalstaatsanwaltes der „DDR“ ein in seiner „Organisation und Tätigkeit selbständiges Organ der Justiz“ (§ 1). Mit dem StAG fand die Herauslösung der St. aus der Justiz 1952 ihren Abschluß; seither entsprechen Organisation und Aufgaben der St. im wesentlichen dem sowjetischen Vorbild. (Rechtswesen, Gerichtsverfassung, Strafverfahren) Literaturangaben Hellbeck, Hanspeter: Die Staatsanwaltschaft in der sowjetischen Besatzungszone. 2., erw. Aufl. (BMG) 1955. 104 S. m. 7 Anlagen. Rosenthal, Walther, Richard Lange, und Arwed Blomeyer: Die Justiz in der sowjetischen Besatzungszone. 3., erw. Aufl. (BB) 1955. 160 S. Fundstelle: SBZ von A bis Z. Dritte, überarbeitete und erweiterte Auflage, Bonn 1956: S. 244–245 SSD A, B, C, D, E, F, G, H, I, J, K, L, M, N, O, P, Q, R, S, T, U, V, W, Z Staatsbeteiligung

Siehe auch die Jahre 1958 1959 1960 1962 1963 1965 1966 1969 1975 1979 1985 Nach sowjetischem Vorbild selbständiges und seit 1952 unmittelbar dem Ministerrat unterstelltes Staatsorgan mit besonderen, über den engeren Justizbereich hinausgreifenden Aufgaben und Vollmachten. Nach dem „Gesetz über [S. 245]die St. der DDR“ (StAG) vom 23. 5. 1952 (GBl. S. 408) ist es Aufgabe der St., „die Aufsicht über die strikte Einhaltung der Gesetze und Verordnungen der DDR zu führen“ (§ 1, Abs. 2, StAG).…

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Arbeitskräftelenkung (1956)

Siehe auch: Arbeitskräftelenkung: 1953 1954 1958 1959 1960 1975 1979 Arbeitspolitik: 1953 1954 1958 1959 1960 1962 1963 1965 1966 1969 Die A. ist ein wesentlicher Teil des Wirtschaftssystems. Das System der Arbeitsverpflichtungen wurde bald nach dem Zusammenbruch auf Grundlage des Kontrollratsbefehls Nr. 3 fortgesetzt. Am 2. 6. 1948 wurde die Verordnung über die Sicherung und den Schutz der Werktätigen bei Einweisungen von Arbeitskräften (ZVOBl. S. 258) erlassen, auf Grund derer in Verkehrung ihres Titels ins Gegenteil zahlreiche Arbeitsverpflichtungen besonders für den Uranbergbau ausgesprochen wurden. Mit Beginn des Fünfjahrplanes wurde die A. umfassend. Gesetzliche Grundlage sind das Gesetz der ➝Arbeit und die Verordnung über die Aufgaben der Arbeitsverwaltung und die Lenkung der Arbeitskräfte vom 12. 7. 1951 (GBl. S. 687). Die Abteilungen für ➝Arbeit und Berufsausbildung haben danach die Arbeitskräftereserven zu erfassen und gemäß dem Arbeitskräfteplan zu verteilen. Die Mittel hierzu sind: a) bei Arbeitslosen die Zuweisung von bestimmten Arbeitsplätzen unter Androhung des Entzugs der Unterstützung, b) bei Beschäftigten die Auflage an Betriebe (§ 6 der VO. vom 12. 7. 1951), Arbeitskräfte an andere Betriebe abzustellen, der mittels wirtschaftlichem und politischem Druck auf die Abzustellenden nachgekommen wird. Arbeitsverpflichtungen sind nicht mehr möglich, nachdem die Verordnung vom 2. 6. 1948 durch eine Verordnung vom 30. 9. 1954 (GBl. S. 825) aufgehoben wurde. Individuelle Arbeitseinweisungen erschienen nicht mehr notwendig, nachdem sich das System der Auflagen an die Betriebe eingespielt hatte. Durch die Aufhebung der genannten Verordnung wollte die Zonenregierung sich mit Rücksicht auf die Untersuchungen der UN über Zwangsarbeit vom Vorwurf entlasten, in der SBZ bestünde ein solches System. Infolge der A. ist die freie Wahl des Arbeitsplatzes und des Berufes (Berufslenkung) stark eingeschränkt. (Arbeitspolitik) Literaturangaben Haas, Gerhard, und Alfred Leutwein: Die rechtliche und soziale Lage der Arbeitnehmer in der Sowjetzone und in Ost-Berlin. 4., erw. Aufl. (BB) 1957. 312 S. m. 24 Anlagen. Fundstelle: SBZ von A bis Z. Dritte, überarbeitete und erweiterte Auflage, Bonn 1956: S. 21 Arbeitskräftebilanz A, B, C, D, E, F, G, H, I, J, K, L, M, N, O, P, Q, R, S, T, U, V, W, Z Arbeitskräfteplan

Siehe auch: Arbeitskräftelenkung: 1953 1954 1958 1959 1960 1975 1979 Arbeitspolitik: 1953 1954 1958 1959 1960 1962 1963 1965 1966 1969 Die A. ist ein wesentlicher Teil des Wirtschaftssystems. Das System der Arbeitsverpflichtungen wurde bald nach dem Zusammenbruch auf Grundlage des Kontrollratsbefehls Nr. 3 fortgesetzt. Am 2. 6. 1948 wurde die Verordnung über die Sicherung und den Schutz der Werktätigen bei Einweisungen von Arbeitskräften (ZVOBl. S. 258) erlassen, auf Grund derer…

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Beschlagnahme (1956)

Siehe auch die Jahre 1953 1954 1958 1959 1960 1962 1963 1965 1966 1969 1975 1979 B. werden durch viele Dienststellen vorgenommen. Volkspolizei, SSD, Amt für ➝Zoll und Kontrolle des Warenverkehrs (AZKW) und andere Staatsorgane beschlagnahmen im Zuge von Strafverfahren und durch einfache Verwaltungsmaßmahmen oft, ohne daß gesetzliche Voraussetzungen vorliegen. Obwohl § 140 der sowjetzonalen StPO vorschreibt, daß jede B. der richterlichen Bestätigung bedarf, erfolgt diese in der Mehrzahl der Fälle nicht, vor allem dann nicht, wenn die B. vom AZKW vorgenommen worden ist. Das AZKW darf vielmehr Gegenstände beschlagnahmen und sogar durch einfachen Bescheid einziehen. Gegen diesen Bescheid steht der Rechtsweg nicht offen, es gibt lediglich die Beschwerdemöglichkeit an das Ministerium für ➝Außenhandel und Innerdeutschen Handel (§§ 21, 23 der 4. DB. vom 25. 8. 1954 zum Gesetz zum Schutze des ➝innerdeutschen Handels; GBl. S. 757). Schon seit längerer Zeit wurde das zurückgelassene Eigentum von Personen, die nach West-Berlin oder in die Bundesrepublik geflüchtet waren, erfaßt und sichergestellt. Die „VO. zur Sicherung von Vermögenswerten“ vom 17. 7. 1952 (GBl. S. 615) ordnete im § 1 an: „Das Vermögen von Personen, die das Gebiet der Deutschen Demokratischen Republik verlassen, ohne die polizeilichen Meldevorschriften zu beachten, oder hierzu Vorbereitungen treffen, ist zu beschlagnahmen.“ In hierzu ergangenen Geheimanweisungen des Innenministeriums wurde bestimmt, daß diese Verordnung rückwirkend bis 1945 anzuwenden und daß unter B. die „Überführung in Volkseigentum“ zu verstehen war. Praktisch handelte es sich also um eine Enteignung (Eigentum). Jede Verfügung, die vor der sog. Republikflucht seitens des Berechtigten getroffen worden war, galt als nichtig. Die im Zuge des Neuen Kurses erfolgte Aufhebung der „VO. zur Sicherung von Vermögenswerten“ bedeutet praktisch nur gewisse Einschränkungen ihrer Bestimmungen. Das Vermögen von Flüchtlingen, die vor dem 10. 6. 1953 die SBZ verließen, wird — sofern der Tatbestand der Flucht oder das Vorhandensein derartiger Vermögenswerte erst jetzt bekannt wird — weiterhin nach der genannten VO. vom 17. 7. 1952 beschlagnahmt. Literaturangaben Die Enteignungen in der sowjetischen Besatzungszone und die Verwaltung des Vermögens von nicht in der Sowjetzone ansässigen Personen. Bonn 1955. 240 S. m. 57 Anlagen. Fundstelle: SBZ von A bis Z. Dritte, überarbeitete und erweiterte Auflage, Bonn 1956: S. 43 Besatzungspolitik A, B, C, D, E, F, G, H, I, J, K, L, M, N, O, P, Q, R, S, T, U, V, W, Z Bestarbeiter

Siehe auch die Jahre 1953 1954 1958 1959 1960 1962 1963 1965 1966 1969 1975 1979 B. werden durch viele Dienststellen vorgenommen. Volkspolizei, SSD, Amt für ➝Zoll und Kontrolle des Warenverkehrs (AZKW) und andere Staatsorgane beschlagnahmen im Zuge von Strafverfahren und durch einfache Verwaltungsmaßmahmen oft, ohne daß gesetzliche Voraussetzungen vorliegen. Obwohl § 140 der sowjetzonalen StPO vorschreibt, daß jede B. der richterlichen Bestätigung bedarf, erfolgt diese in der Mehrzahl…

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Sabotage (1956)

Siehe auch die Jahre 1953 1954 1958 1959 1960 1962 1963 1965 1966 1969 1975 1979 Durch Befehl Nr. 160 der SMAD vom 3. 12. 1945 sind sog. Diversions- und Sabotage-Akte unter Strafe gestellt worden. Dieser Befehl hatte in jedem Land der SBZ eine eigene Übersetzung erfahren, wodurch fünf sprachlich verschiedene Fassungen dieses Strafgesetzes bestanden. Die Anwendung in der Praxis war aber überall gleich. Im entscheidenden Teil lautete der Befehl: „Zwecks Unterbindung der gegen den von den deutschen Selbstverwaltungsorganen durchgeführten wirtschaftlichen Aufbau gerichteten verbrecherischen Tätigkeit einzelner Personen befehle ich: 1. Personen, die der Ausübung von Diversionsakten, welche den Zweck haben, die Durchführung wirtschaftlicher Maßnahmen der deutschen Selbstverwaltungsorgane oder deutschen Verwaltungen zu unterbinden, überführt sind, sind mit Gefängnis bis zu 15 Jahren, in besonders schweren Fällen mit dem Tode zu bestrafen. 2. Denselben Strafen unterliegen auch Personen, welche der S. mit dem Zwecke der Einstellung der Arbeit von Betrieben, ihrer Beschädigung oder Vernichtung schuldig sind.“ Die unklare Fassung der Ziffer 1 dieses Befehls machte es den linientreuen und parteigebundenen Volksrichtern leicht, im Bedarfsfall jeden Tatbestand unter dieses Strafgesetz fallen zu lassen. Es wurden nicht nur Gefängnisstrafen verhängt, vielmehr überwogen die auf Zuchthaus lautenden Urteile; verschiedentlich ergingen sogar Todesurteile. Bloßer Ungehorsam aegen eine Verwaltungsanordnung konnte als „Diversion“ oder „S. schwer bestraft werden. Bis zur Aufhebung des Besatzungsrechts im Herbst 1955 wurde in der Rechtsprechung zwischen der Anwendungsmöglichkeit des Befehls Nr. 160 und des Art. 6 der Verfassung scharf unterschieden. Entgegen dieser Übung wird seitdem Art. 6 der Verfassung auf die bisher von dem Befehl Nr. 160 erfaßten Tatbestände angewendet: „Mit seiner (Befehl Nr. 160) Aufhebung im Zuge der Beseitigung des Besatzungsrechts entstand keine Lücke im Gesetz. Die Funktion des Befehls 160 erfüllt nunmehr der Art. 6 in vollem Umfange.“ (Ziegler, Vizepräsident des Obersten Gerichts, in „Neue Justiz“ 1955 S. 585). Der Entwurf des neuen Strafgesetzbuches, durch das der Art. 6 der Verfassung in einzelne Tatbestände aufgelöst werden soll, sieht auch einen „Sabotage“-Tatbestand vor. (Boykotthetze, Diversant) Fundstelle: SBZ von A bis Z. Dritte, überarbeitete und erweiterte Auflage, Bonn 1956: S. 222 Saatgut-Handelszentrale, Deutsche, DSG (HZ) A, B, C, D, E, F, G, H, I, J, K, L, M, N, O, P, Q, R, S, T, U, V, W, Z Sachsen

Siehe auch die Jahre 1953 1954 1958 1959 1960 1962 1963 1965 1966 1969 1975 1979 Durch Befehl Nr. 160 der SMAD vom 3. 12. 1945 sind sog. Diversions- und Sabotage-Akte unter Strafe gestellt worden. Dieser Befehl hatte in jedem Land der SBZ eine eigene Übersetzung erfahren, wodurch fünf sprachlich verschiedene Fassungen dieses Strafgesetzes bestanden. Die Anwendung in der Praxis war aber überall gleich. Im entscheidenden Teil lautete der Befehl: „Zwecks Unterbindung der gegen den von…

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Staatssicherheitsdienst (SSD) (1956)

Siehe auch: Staatssicherheitsdienst: 1969 Staatssicherheitsdienst (SSD): 1965 1966 Staatssicherheitsdienst (SSD, Stasi): 1958 1959 1960 1962 1963 Politische Geheimpolizei der Sowjetzone. Bereits Ende 1946 wurde mit dem Aufbau eines geheim arbeitenden Polizeiapparates zur Verfolgung politischer Gegner des SED-Regimes begonnen. Organisatorisch wurde dieser Apparat in die Kommissariate „K 5“ der Kriminalpolizei eingebaut, die für die Verfolgung von Verbrechen gegen die Menschlichkeit und andere Naziverbrechen zuständig waren. Nach Gründung der „DDR“ durch Gesetz vom 8. 2. 1950 (GBl. 1950, S. 95) offiziell als Ministerium für Staatssicherheit bezeichnet. Erster SSD-Minister: Wilhelm ➝Zaisser. Nach dem Juni-Aufstand in das „Staatssekretariat für Staatsicherheit“ umgewandelt und dem Ministerium des Innern (MdI) unterstellt. Seit Nov. 1955 wieder MfS. Minister: Wollweber, Stellvertreter und Generalleutnant: Mielke; militärischer Berater: Generalmajor Hermann Gartmann. Dem MfS unterstehen neben. Wacheinheiten des SSD noch Grenzpolizei, Transportpolizei und die Inneren Truppen. Hauptquartier: Berlin-Lichtenberg, Bezirksbehörden in allen Hauptstädten der Bezirke, Kreisbehörden in den Kreisen. Außerdem Sonderabt. für Großbetriebe und für die Volkspolizei. Bis Ende 1954 waren allen Einheiten des SSD „Instrukteure“ des sowjetischen MGB zugeteilt. Arbeitsweise: Ermittlungs-, Untersuchungs- und Vernehmungsmethoden nach dem Vorbild des MGB. Der SSD stützt sich in erster Linie auf die Berichte seiner Geheimen Mitarbeiter und Geheimen Informanten (GM und GI, Spitzelwesen). Der SSD unterliegt keiner Kontrolle durch die „Volkskammer“ oder die Regie[S. 248]rung der „DDR“. Er unterhält enge Beziehungen zu den Richtern, die für die vom SSD bearbeiteten Fälle zuständig sind und oft unter Ausschluß der Öffentlichkeit verhandeln. Der SSD ist offiziell an die demokratische Gesetzlichkeit gebunden, jedoch gehören Stehenlassen, Kaltwasserzellen, Lichtzellen, und Verpflegungsentzug zu den erlaubten „Hilfsmitteln“ bei Vernehmungen. Geständniserpressungen, Menschenraub, Giftbeibringung, medikamentöse „Vorbehandlung“ von Untersuchungshäftlingen gehören zur Arbeitspraxis des SSD. Der SSD verfügt über fast unbeschränkte Machtbefugnisse: Eingriff in die Strafvollstreckung und Verwendung Krimineller für besondere Aufgaben (Menschenraub, usw.) ist möglich. SSD-Angehörige führen militärische Dienstgrade und sind neben SSD-Ausweis mit Kripo-Ausweis und getarnten Papieren ausgestattet. Stärke: Etwa 6.000 ziviltragende Funktionäre und etwa 14.500 uniformierte Soldaten zur Bewachung von SSD-Haftanstalten, Dienststellen, Parteigebäuden und als „Personenschutzkommandos.“ Fundstelle: SBZ von A bis Z. Dritte, überarbeitete und erweiterte Auflage, Bonn 1956: S. 247–248 Staatssekretariate mit eigenem Geschäftsbereich A, B, C, D, E, F, G, H, I, J, K, L, M, N, O, P, Q, R, S, T, U, V, W, Z Stachanow, Alexeij

Siehe auch: Staatssicherheitsdienst: 1969 Staatssicherheitsdienst (SSD): 1965 1966 Staatssicherheitsdienst (SSD, Stasi): 1958 1959 1960 1962 1963 Politische Geheimpolizei der Sowjetzone. Bereits Ende 1946 wurde mit dem Aufbau eines geheim arbeitenden Polizeiapparates zur Verfolgung politischer Gegner des SED-Regimes begonnen. Organisatorisch wurde dieser Apparat in die Kommissariate „K 5“ der Kriminalpolizei eingebaut, die für die Verfolgung von Verbrechen gegen die…

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Rechtswissenschaft, Studium der (1956)

Siehe auch: Rechtsstudium: 1958 1959 1960 1962 1963 1965 1966 1969 Rechtswissenschaft, Studium der: 1953 1954 [S. 209]Das Studium an den noch vorhandenen juristischen Fakultäten der Universitäten Berlin, Leipzig, Halle und Jena wurde durch die Anweisung Nr. 11 des Staatssekretariats für Hochschulwesen mit Wirkung vom 1. 9. 1951 völlig umgestaltet. Nach dem vom Staatssekretariat für Hochschulwesen herausgegebenen Studienplan Nr. 63 dauert das Studium 4 Studienjahre mit 8 Semestern und enthält 3 Zwischenprüfungen, 2 sechswöchige Berufspraktika und 1 Berufspraktikum von 6 Monaten. Die Abschlußprüfung verleiht die volle Qualifikation zum Richteramt. Vorbereitungsdienst und Großes Staatsexamen sind weggefallen. Im ersten Semester dürfen ausschließlich gesellschaftswissenschaftliche Vorlesungen gehört werden; der Besuch juristischer Fachvorlesungen ist verboten. Das eigentliche Fachstudium beginnt im 3. Semester, jedoch bilden die gesellschaftswissenschaftlichen Vorlesungen auch dann noch einen großen Bestandteil des Studiums. Bis zum Ende des 7. Semesters muß jeder Student eine Abschlußprüfung in Russisch ablegen. Russisch ist während der ersten 5 Semester Pflichtfach. „Dem Studenten ist nicht nur theoretisches Wissen beizubringen, er ist zu befähigen, die ihm vermittelten Erkenntnisse auf unsere Verhältnisse anzuwenden und sie im Kampf gegen die Feinde, gegen zurückgebliebene Elemente, gegen solche Menschen, die noch mit einem kleinbürgerlichen Bewußtsein behaftet sind, durchzusetzen. Der Student muß wissen, wie sich in der Praxis unseres Staates der Kampf des Neuen gegen das Alte vollzieht, wie die Feinde unseres Staates die Sabotage des Neuen organisieren, wie die kleinbürgerlichen Vorstellungen und Gewohnheiten diesem Neuen entgegenwirken und welche Erziehungsarbeit er als Staatsfunktionär, als Richter oder Staatsanwalt zu bewältigen hat, um das Neue den Bürgern verständlich zu machen und um sie zu einer politisch-qualifizierten Tätigkeit zu führen. Das Ziel muß sein, die Studenten zu befähigen, die Massen von der Richtigkeit der Politik der Partei und Regierung zu überzeugen“ (Polak in „Staat und Recht“ 1955, S. 541 ff.). (Hochschulwesen) Literaturangaben Rosenthal, Walther, Richard Lange, und Arwed Blomeyer: Die Justiz in der sowjetischen Besatzungszone. 3., erw. Aufl. (BB) 1955. 160 S. Fundstelle: SBZ von A bis Z. Dritte, überarbeitete und erweiterte Auflage, Bonn 1956: S. 209 Rechtswesen A, B, C, D, E, F, G, H, I, J, K, L, M, N, O, P, Q, R, S, T, U, V, W, Z Regierung

Siehe auch: Rechtsstudium: 1958 1959 1960 1962 1963 1965 1966 1969 Rechtswissenschaft, Studium der: 1953 1954 [S. 209]Das Studium an den noch vorhandenen juristischen Fakultäten der Universitäten Berlin, Leipzig, Halle und Jena wurde durch die Anweisung Nr. 11 des Staatssekretariats für Hochschulwesen mit Wirkung vom 1. 9. 1951 völlig umgestaltet. Nach dem vom Staatssekretariat für Hochschulwesen herausgegebenen Studienplan Nr. 63 dauert das Studium 4 Studienjahre mit 8 Semestern…

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Kohlenindustrie (1956)

Siehe auch: Kohleindustrie: 1979 Kohlenbergbau: 1953 1954 Kohlenindustrie: 1958 1959 1960 1962 1963 1965 1966 1969 1975 a) Steinkohle. Die SBZ verfügt im Verhältnis zur Bundesrepublik nur über geringe Steinkohlenvorkommen. 1954 betrug die Förderung in der SBZ 2,9 Mill. t, in der Bundesrepublik 128 Mill. t. Die Förderung in der SBZ lag um 0,60 Mill. t unter der Förderleistung von 1936. Der Fünfjahrplan sah eine Steigerung auf 3,8 Mill. t Jahresförderung vor, was wegen des Auslaufens der Vorkommen nicht realisierbar war. Das ursprüngliche Planziel wurde auf 3,1 Mill t herabgesetzt. Bei jetzigem Förderumfang dürften die Vorräte nur noch für 6–8 Jahre ausreichen. Die Steinkohlenförderung der SBZ deckt bei weitem nicht den Bedarf der Zone. Zur Verminderung der Einfuhrabhängigkeit bei Steinkohlenkoks für metallurgische Zwecke wurde in Lauchhammer bei Riesa eine Großkokerei errichtet, in der nach neuartigem Verfahren Braunkohlenhartkoks erzeugt wird. Dieser Hartkoks ist jedoch bisher nur als Beimischung zu Steinkohlenkoks verwendbar. Die Versuche zur Verbesserung dieses Hartkokses sind noch nicht abgeschlossen, a) Braunkohle. An Braunkohlenvorkommen ist das Gebiet der SBZ reich. Die Vorräte werden auf 23 Mrd. Tonnen geschätzt, wovon 16 Mrd. Tonnen im Tagebau abgebaut werden können. 1938 wurden hier 122,7 Millionen Tonnen, das sind 63,6 v. H. der deutschen Produktion, gefördert. Nach dem Einmarsch der Sowjetarmee begannen umfangreiche Demontagen in den Braunkohlenbergwerken, die bis Ende 1947 andauerten. Neben Kriegsschäden (etwa 3 v. H.) büßte der Braunkohlenbergbau der SBZ durch sowjetische Demontagen rund 36–40 v. H. der Erzeugungskapazitäten ein. Die Demontagen bei den Brikettfabriken wirkten sich als eine Minderung um rund 37 v. H. aus. Zahlreiche große [S. 136]Werke der Braunkohlenindustrie entgingen dem Schicksal der Demontage durch Überführung in sowjetischen Besitz (SAG-Betriebe). Der Wiederaufbau ging trotz größter Materialschwierigkeiten durch die Einsatzbereitschaft der Betriebsbelegschaften verhältnismäßig rasch vonstatten: Die Höchstförderung im Jahre 1943 (164,3) wurde bereits 1953 überschritten. — Der Fünfjahrplan sah in seinem letzten Jahr (1955) eine Förderleistung von 225 Mill. t Braunkohle vor, die nur knapp erreicht wurde. Die Briketterzeugung hatte 1953 den Höchststand im Jahre 1938 (30 Mill. t) um rd. 64 v. H. überholt. Das Fünfjahrplanziel, 1955 60,8 Mill. t Briketts zu erzeugen, wurde nicht erfüllt. Wahrscheinlich wurden 1955 wenig mehr als 50 Mill. t Briketts produziert. Das Ansteigen der Förderleistung ist wesentlich auf die Einführung der Sonntagsarbeit im Bergbau zurückzuführen. Nach der Wiedervereinigung, d. h. nach der Normalisierung der Verhältnisse, ist daher mit einem Förderrückgang um etwa ein Fünftel zu rechnen. Das gilt auch für die Briketterzeugung. Trotz der beträchtlichen Braunkohlenförderung war das Gebiet der SBZ stets Kohlenzuschußgebiet: In den Jahren nach 1945 wurde der Zufuhrbedarf besonders deutlich. Die Industrie und die Reichsbahn mußten sich auf die Verwendung von Braunkohlenbriketts umstellen, was zur unwirtschaftlichen Heizausnutzung führte. Zur Beschaffung von Mangelrohstoffen für die Industrie muß die SBZ Braunkohlenbriketts exportieren. Dazu kommen Lieferungen im Interzonenhandel nach Westberlin und an die Bundesrepublik. Letztere betrugen 1953 rd. 2,1 Mill. Tonnen, d. h. rd. 5 v. H. der Briketterzeugung der Zone. Nach dem Ausbau und der Neuerrichtung von Industriewerken im Rahmen der Wirtschaftspläne ist Kohle in der SBZ noch für längere Jahre Engpaß erster Ordnung. Die Kohlenzuteilung ist streng kontingentiert. Schwerpunktvorhaben, andere VE- und Verkehrsbetriebe werden bevorzugt beliefert. An letzter Stelle steht der zivile Bedarf, der größtenteils mit Braunkohlenabfällen, Torf und Naßpreßsteinen abgedeckt wird. Von den insgesamt 99 Braunkohlenbergwerken waren Ende April 1952 noch 12 der größten in sowjetischem Besitz. Von den 88 Brikettfabriken hatte sich die SU 17 der größten Betriebe übereignet. Die restlichen SAG-Betriebe im Kohlenbergbau wurden am 13. 12. 1953 in deutsche Verwaltung übergeben. — Im zweiten Fünfjahrplan (1956 bis 1960) soll die Braunkohlenförderung weiter forciert werden. Bis 1960 ist gegenüber 1955 eine Steigerung um 50 v. H. geplant. Neue Lagerstätten mit günstigen Abbaubedingungen werden erschlossen. Das Schwergewicht der Förderung liegt im Gebiet Senftenberg/Lausitz, wo neue Kombinate erstehen. Aus den Neuaufschlüssen sollen 1970 77 v. H. der Gesamtbraunkohlenförderung der SBZ gewonnen werden. Literaturangaben *: Die Kohlenindustrie in der sowjetischen Zone. (BB) 1951. 39 S. m. 11 Tab. u. 1 Beilage. Karden, Erich: Der Bergbau in der sowjetischen Besatzungszone. (Mat.) 1954. 44 S. m. 13 Anlagen. Fundstelle: SBZ von A bis Z. Dritte, überarbeitete und erweiterte Auflage, Bonn 1956: S. 135–136 Koexistenz A, B, C, D, E, F, G, H, I, J, K, L, M, N, O, P, Q, R, S, T, U, V, W, Z Kolchose

Siehe auch: Kohleindustrie: 1979 Kohlenbergbau: 1953 1954 Kohlenindustrie: 1958 1959 1960 1962 1963 1965 1966 1969 1975 a) Steinkohle. Die SBZ verfügt im Verhältnis zur Bundesrepublik nur über geringe Steinkohlenvorkommen. 1954 betrug die Förderung in der SBZ 2,9 Mill. t, in der Bundesrepublik 128 Mill. t. Die Förderung in der SBZ lag um 0,60 Mill. t unter der Förderleistung von 1936. Der Fünfjahrplan sah eine Steigerung auf 3,8 Mill. t Jahresförderung vor, was wegen des…

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Staatshaushalt (1956)

Siehe auch die Jahre 1953 1954 1958 1959 1960 1962 1963 1965 1966 1969 1975 1979 1985 Durch das Gesetz über die Reform des öffentlichen Haushaltswesens vom 15. 12. 1949 und das Gesetz über die Staatshaushaltsordnung vom 17. 2. 1954 wurde das Haushaltswesen grundlegend umgestaltet. Der neue einheitliche Staatshaushaltsplan umfaßt die Haushalte sämtlicher Finanzträger von der Zone über die Bezirke und Kreise bis herab zu den kleinsten Gemeinden; ferner die Haushalte von Anstalten und Körperschaften des öffentlichen Rechts, den Haushalt der Sozialversicherung und seit 1949 auch den Haushalt des sowjetischen Sektors von Berlin. Nach mehrfachen Änderungen von Beginn und Dauer des Haushaltsjahres sind seit 1950 Haushaltsjahr und Kalenderjahr wieder identisch. Der Plan wird auf der Grundlage des Volkswirtschaftsplanes aufgestellt. Der St. hat die im Volkswirtschaftsplan vorgesehenen Aufgaben zu finanzieren; er hat alle in der SBZ vorhandenen Reserven auszuschöpfen und das „Prinzip der strengen Sparsamkeit“ anzuwenden. Die jährlichen St.-Pläne sollen mit höheren Einnahmen als Ausgaben abschließen. In seiner Gliederung ist der Haushaltsplan — entsprechend seinem Charakter — auf den Volkswirtschaftsplan abgestimmt; die Volkskammer hat ihn nicht zu kontrollieren, sondern durch Akklamation anzunehmen. Die Gesetze über den St. enthalten nur noch nichtssagende Angaben, aus denen kein genaues Bild über Art und Verwendung der Einnahmen gewonnen werden kann. Weder der Volkskammer noch der Öffentlichkeit gegenüber gibt die Regierung der SBZ Rechenschaft über ihr Finanzgebaren. Im Kassenwesen sind dahingehend Änderungen eingetreten, daß die bisher dezentralisierten Haushalts- und Steuerkassen aufgelöst und ihre Aufgaben den öffentlichen [S. 247]Banken unter Führung der Deutschen ➝Notenbank übertragen wurden. Sie hat die Aufgabe, die Haushaltseinnahmen anzunehmen und die Haushaltsausgaben auf Grund von Anweisungen der Konteninhaber im Rahmen des Kassenplanes und der Erfüllung der Einnahmen zu leisten. An Orten ohne Niederlassungen der Deutschen Notenbank werden die Konten bei den Sparkassen geführt, die für die Führung der Haushaltskonten den Anordnungen der Notenbank unterworfen sind. Der Finanzausgleich hat in der SBZ eine große praktische Bedeutung erlangt. Die Bezirke. Kreise und Gemeinden wären ohne Zuweisungen aus allgemeinen Haushaltsmitteln nicht lebensfähig. Die Verteilung wird jährlich im Gesetz über den St.-Plan neu geregelt; einen feststehenden Verteilungsschlüssel gibt es nicht. Die Zuweisungen in absoluten Beträgen sind relativ unbedeutend. Eine wichtigere Rolle spielen die prozentmäßigen Beteiligungen der Bezirke, Kreise und Gemeinden an bestimmten in ihren Bereichen anfallenden „republikeigenen“ Steuern und sonstigen Abgaben. Hierin kommt das „Prinzip der materiellen Interessiertheit“ zum Ausdruck, denn eine Nichterfüllung des Plansolls würde sich auch negativ auf den eigenen Haushalt auswirken. — Alle den Bezirken, Kreisen und Gemeinden zugewiesenen Mittel sind grundsätzlich plangebunden. Literaturangaben Herz, Hanns-Peter: Freie Deutsche Jugend. München 1956, Juventa-Verlag. 128 S. Fundstelle: SBZ von A bis Z. Dritte, überarbeitete und erweiterte Auflage, Bonn 1956: S. 246–247 Staatsgrenze West A, B, C, D, E, F, G, H, I, J, K, L, M, N, O, P, Q, R, S, T, U, V, W, Z Staatspräsident

Siehe auch die Jahre 1953 1954 1958 1959 1960 1962 1963 1965 1966 1969 1975 1979 1985 Durch das Gesetz über die Reform des öffentlichen Haushaltswesens vom 15. 12. 1949 und das Gesetz über die Staatshaushaltsordnung vom 17. 2. 1954 wurde das Haushaltswesen grundlegend umgestaltet. Der neue einheitliche Staatshaushaltsplan umfaßt die Haushalte sämtlicher Finanzträger von der Zone über die Bezirke und Kreise bis herab zu den kleinsten Gemeinden; ferner die Haushalte von Anstalten und…

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Sozialfürsorge (1956)

Siehe auch die Jahre 1953 1954 1958 1959 1960 1962 1963 1965 1966 1969 1975 1979 1985 [S. 237]Nach der VO. über S. für die Bevölkerung der SBZ vom 22. 4. 1947 („Arbeit und Sozialfürsorge“, S. 220), erlassen auf Grund des Befehls Nr. 92 der SMAD, wird S. für alle hilfsbedürftigen Personen, einschließlich der Personen, die keine Zahlungen aus der Sozialversicherung erhalten, gewährt. Als hilfsbedürftig im Sinne der S. wird angesehen, wer den notwendigen Lebensbedarf für sich und seine arbeitsunfähigen Familienangehörigen nicht verdienen kann und wer keine ausreichenden Mittel von anderer Seite erhält oder erhalten kann. Hilfeleistung aus den Mitteln der S. wird nicht gewährt in den Fällen, in denen der Hilfsbedürftige Einnahmen aus seinem Vermögen oder ihm eine Hilfeleistung in Höhe des für den betreffenden Ort festgesetzten Existenzminimums durch Dritte gewährt wird, die zum Unterhalt des Hilfsbedürftigen gesetzlich verpflichtet sind. Die S. wird durch die Referate Sozialfürsorge in den Abteilungen für ➝Arbeit und Berufsausbildung der Kreis- und Stadtverwaltungen gewährt. Die Aufsicht führt das Ministerium für Arbeit und Berufsausbildung, Hauptabt. Sozialwesen. Die Referate S. entscheiden über die Hilfsbedürftigkeit. Sie werden dabei von ständigen Kommissionen für Gesundheitswesen und S. unterstützt. Gegen die Ablehnung eines Antrages auf S. ist das Rechtsmittel der Beschwerde gegeben, das innerhalb von 2 Wochen beim Hauptreferat S. in der Abt. Arbeit und Berufsausbildung des Bezirkes eingelegt werden muß. Dieses hat über die Beschwerde innerhalb zweier Wochen zu entscheiden. Die S. gliedert sich in den allgemeinen Rahmen der Arbeits- und Sozialpolitik ein, das heißt: auch sie wird dem Fünfjahrplan dienstbar gemacht: „Fünfjahrplan und S. stehen in engster Wechselbeziehung. Die erforderlichen Maßnahmen der S. werden bestimmt und weitestgehend beeinflußt vom Stand unserer demokratischen Wirtschaft. Wir können nicht einen Plan aufstellen, der die Zahl der Hilfsbedürftigen in der S. für die Plandauer um einen bestimmten Prozentsatz reduziert, aber wir müssen den Personenkreis der Hilfsbedürftigen in seiner Zusammensetzung dauernd nach Arbeitsfähigen und Arbeitsunfähigen überprüfen und kontrollieren, um sie den Organen für Arbeitskraftreserven in der Staatlichen Planung zur Kenntnis zu bringen“ („Arbeit und Sozialfürsorge“, S. 328/1951). Die S. ist daher nicht karitativ, sondern „produktiv“: „Sie unterscheidet sich grundsätzlich von dem Begriff der bisherigen Wohlfahrtspflege, indem sie sich zu einer produktiven Fürsorge entwickelt hat, deren erste Maßnahmen im Arbeitsamt beginnen. So stehen Berufsausbildung, Umschulung und der Arbeitsplatznachweis an vorderster Stelle fürsorgerischer Maßnahmen, die durch die Organe der Kreisverwaltungen angestrebt und durchgefünrt wurden“ („Arbeit und Sozialfürsorge“, Berlin Ost, S. 327) Die Barunterstützungen sind deshalb sehr gering und betragen für Hauptunterstützungsempfänger 55 DM Ost, für ihre erwachsenen Angehörigen 30 DM Ost, für ein Kind 32,50 DM Ost monatlich. Eine Mietbeihilfe kann je nach Ortsklasse und Zahl der Familienangehörigen im Betrag von 12 bis 30 DM Ost gewährt werden. In einer Geheimanweisung vom 20. 12. 1952 wurde verboten, daß S.-Unterstützung an Personen gezahlt wird, die nicht invalide im Sinne der Sozialversicherung, also nicht, mindestens zu 66⅔ v. H. erwerbsbeschränkt sind. Selbst Frauen und Kindern sollte die Unterstützung entzogen werden. Auch nach Verkündung des Neuen Kurses wurde die Anweisung nicht aufgehoben. In der Praxis wurde sie indessen nicht so rigoros durchgeführt. Das Referat S. betreut außer den Unterstützungsempfängern die Insassen von Alters-, Pflege- und Siechen- sowie Blindenheimen, für die ganz oder teilweise die Kosten der Heimaufnahme von den Angehörigen nicht getragen werden können. Die Bewohner der Heime erhalten neben Unterkunft, Bekleidung und Verpflegung ein geringes monatliches Taschengeld. Auch die Betreuung der Haftentlassenen gehört zum Aufgabengebiet des Referats. Praktisch geschieht in dieser Beziehung sehr wenig. Die S. zahlt ferner an Arbeitslose Differenzbeträge bis zur Höhe der Fürsorgerichtsätze. (Arbeitslosenversicherung) Literaturangaben Haas, Gerhard, und Alfred Leutwein: Die rechtliche und soziale Lage der Arbeitnehmer in der Sowjetzone und in Ost-Berlin. 4., erw. Aufl. (BB) 1957. 312 S. m. 24 Anlagen. Leutwein, Alfred: Die sozialen Leistungen in der sowjetischen Besatzungszone. 3., erw. Aufl. (BB) 1956. 296 S. m. 65 Anlagen. Fundstelle: SBZ von A bis Z. Dritte, überarbeitete und erweiterte Auflage, Bonn 1956: S. 237 Sozialdemokratismus A, B, C, D, E, F, G, H, I, J, K, L, M, N, O, P, Q, R, S, T, U, V, W, Z Sozialismus

Siehe auch die Jahre 1953 1954 1958 1959 1960 1962 1963 1965 1966 1969 1975 1979 1985 [S. 237]Nach der VO. über S. für die Bevölkerung der SBZ vom 22. 4. 1947 („Arbeit und Sozialfürsorge“, S. 220), erlassen auf Grund des Befehls Nr. 92 der SMAD, wird S. für alle hilfsbedürftigen Personen, einschließlich der Personen, die keine Zahlungen aus der Sozialversicherung erhalten, gewährt. Als hilfsbedürftig im Sinne der S. wird angesehen, wer den notwendigen Lebensbedarf für sich und seine…

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Familienpolitik (1956)

Siehe auch: Familie: 1969 1975 1979 1985 Familienpolitik: 1958 1959 1960 1962 1963 1965 1966 Die F. in der SBZ orientiert sich seit 1949/50 ganz am sowjetischen Modell. Der Wert der F. soll durch ihren Wert für die „Arbeiter-und-Bauern-Macht“ bestimmt werden. Von diesem Standpunkt aus weist die staatliche F. der Familie eine dreifache Funktion zu: 1. Die Familie hat Sorge zu tragen für die Sicherung eines ausreichenden Kadernachwuchses für alle Gebiete des staatlichen Lebens. Kinderreiche erhalten finanzielle Zuwendungen durch den Staat. Schwangerschaftsunterbrechungen sind nur aus gesundheitlichen Gründen statthaft. 2. Die Familie soll ihre Interessen mit den Interessen der staatlichen Planwirtschaft identifizieren. In diesem Zusammenhang erstrebt die F. vor allem die Einbeziehung der Ehefrau und Mutter in den Produktionsprozeß. Der Bau von Heimen und Horten für Kinder berufstätiger Mütter wird forciert vorangetrieben. Eine berufliche und politische Tätigkeit kann die Ehefrau gegebenenfalls auch ohne das Einverständnis des Mannes ausüben. Auch eine damit verbundene längere Abwesenheit vom gemeinsamen Wohnsitz soll kein Scheidungsgrund sein. Grundsätzlich soll alle Arbeit zur Erfüllung der Wirtschaftspläne als Arbeit für das Wohlergehen der Familie verstanden werden. — 3. Die Familie soll in engster Zusammenarbeit vor allem mit Schule und FDJ Erziehungsstätte des „sozialistischen Menschen“ sein. Der 1954 veröffentlichte Entwurf eines Familiengesetzbuches betont den Anspruch des Staates auf maßgeblichen Einfluß in der Kindererziehung und macht den Eltern u.a. zur Pflicht, ihre Kinder im Sinne der „Arbeiter-und-Bauern-Macht“ zu erziehen. Anderenfalls ist die zuständige staatliche Dienststelle berechtigt, „die erforderlichen Anordnungen zu treffen“, d. h. die Kindererziehung völlig in staatliche Regie zu nehmen. — Durch diese dreifache Zielsetzung wird der Eigenwert der Familie völlig aufgehoben. Die Familie wird zum Werkzeug politischer Zielsetzung. Innerhalb dieser Absichten erstrebt die staatliche F. allerdings eine Festigung der Familie und keineswegs ihre Auflösung. (Familienrecht) Literaturangaben Hagemeyer, Maria: Zum Familienrecht der Sowjetzone — Der „Entwurf des Familiengesetzbuches“ und die „Verordnung über die Eheschließung und Eheauflösung“. 2., überarb. Aufl., Bonn 1956. 71 S. Fundstelle: SBZ von A bis Z. Dritte, überarbeitete und erweiterte Auflage, Bonn 1956: S. 81 Falkensee A, B, C, D, E, F, G, H, I, J, K, L, M, N, O, P, Q, R, S, T, U, V, W, Z Familienrecht

Siehe auch: Familie: 1969 1975 1979 1985 Familienpolitik: 1958 1959 1960 1962 1963 1965 1966 Die F. in der SBZ orientiert sich seit 1949/50 ganz am sowjetischen Modell. Der Wert der F. soll durch ihren Wert für die „Arbeiter-und-Bauern-Macht“ bestimmt werden. Von diesem Standpunkt aus weist die staatliche F. der Familie eine dreifache Funktion zu: 1. Die Familie hat Sorge zu tragen für die Sicherung eines ausreichenden Kadernachwuchses für alle Gebiete des staatlichen Lebens.…

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Gerichtsverfassung (1956)

Siehe auch die Jahre 1953 1954 1958 1959 1960 1962 1963 1965 1966 1969 1975 1979 1985 In der SBZ geregelt durch das am 15. 10. 1950 in Kraft getretene „Gesetz über die Verfassung der Gerichte der DDR (Gerichtsverfassungsgesetz)“ (GVG) vom 2. 10. 1952 (GBl. S. 983), das für den Bereich der SBZ das seit 1879 in Deutschland geltende Gerichtsverfassungsgesetz außer Kraft setzte. Die Rechtsprechung wird ausgeübt durch Kreisgerichte, Bezirksgerichte und das Oberste Gericht und soll „dem Aufbau des Sozialismus, der Einheit Deutschlands und dem Frieden“ dienen 2, Abs. 1, Satz 1, GVG). Die Urteile ergehen „im Namen des Volkes“. Die Richter sollen angeblich „in ihrer Rechtsprechung unabhängig und nur der Verfassung und dem Gesetz unterworfen“ sein (§ 5 GVG und Art. 127 der Verfassung); tatsächlich sind jedoch weder die persönliche noch die sachliche Unabhängigkeit der Richter gewährleistet (Unabhängigkeit der ➝Richter, Schöffen, Volksrichter). Die Verhandlungen sind grundsätzlich öffentlich; die Öffentlichkeit kann jedoch in bestimmten Fällen ausgeschlossen werden. Ausnahmegerichte sind unzulässig; dagegen können Gerichte für bestimmte Sachgebiete (Sondergerichte) errichtet werden. Die Gerichtssprache ist deutsch (in der Lausitz kann in sorbischer Sprache verhandelt werden). Kreisgericht (KrG): In jedem Kreis besteht ein KrG, das von einem Direktor geleitet wird und in Straf- und Zivilkammern gegliedert ist; sie sind mit einem Richter als Vorsitzendem und zwei Schöffen besetzt. Das KrG ist zuständig: a) für alle Strafsachen, in denen nicht die Zuständigkeit eines höheren Gerichtes begründet ist bzw. in denen der Staatsanwalt Anklage vor dem KrG erhebt, und b) für alle Zivilsachen, soweit nicht „eine Partei Träger gesellschaftlichen Eigentums ist und der Streitwert 3.000 DM Ost übersteigt“. — Bei jedem KrG besteht eine Rechtsauskunftsstelle zur Beratung der Bevölkerung und ist mindestens ein Gerichtsvollzieher angestellt. Bezirksgericht (BG): In jedem Bezirk besteht ein BG, das von einem Direktor geleitet wird und [S. 94]in Straf- und Zivilsenate gegliedert ist; sie sind in der ersten Instanz mit einem Oberrichter oder Richter als Vorsitzendem und 2 Schöffen, in der zweiten Instanz mit einem Oberrichter als Vorsitzendem und 2 weiteren Richtern besetzt. Das BG ist zuständig: 1. in erster Instanz a) für Strafsachen, die Verbrechen gegen die „DDR“, Mord oder besonders schwere Wirtschaftsverbrechen - zum Gegenstand haben oder in denen der Staatsanwalt wegen ihrer Bedeutung Anklage vor dem BG erhebt, und b) in allen Zivilsachen, die nicht vor das Kreisgericht gehören; 2. in zweiter Instanz für die mit einem Rechtsmittel angefochtenen Entscheidungen der Kreisgerichte in Straf- und Zivilsachen. Oberstes Gericht (OG): Als oberstes Gericht für die SBZ besteht das durch Gesetz vom 8. 12. 1949 (GBl. S. 111) errichtete OG mit dem Sitz in Ostberlin, das von einem Präsidenten und einem Vizepräsidenten geleitet wird und in Straf- und Zivilsenate gegliedert ist; sie sind mit einem Oberrichter als Vorsitzendem und zwei weiteren Richtern besetzt. Das OG ist zuständig: 1. in erster und letzter Instanz für Strafsachen, in denen der Generalstaatsanwalt wegen ihrer Bedeutung Anklage vor dem OG erhebt; 2. in zweiter Instanz für die mit einem Rechtsmittel angefochtenen erstinstanzlichen Entscheidungen der Bezirksgerichte in Straf- und Zivilsachen und für die Entscheidung über die Berufung in bestimmten Patentsachen; 3. als Kassationsgericht in Straf- und Zivilsachen einschließlich der Arbeitsgerichtssachen. — Das Plenum des OG setzt sich aus sämtlichen Richtern des OG zusammen; für eine Entscheidung ist die Teilnahme von mindestens Zweidrittel aller Mitglieder des OG erforderlich. Das Plenum ist zuständig, wenn ein Senat des OG bei der Entscheidung einer grundsätzlichen Rechtsfrage von der Entscheidung eines anderen Senats oder des Plenums abweichen will und für die Kassation einer Entscheidung des OG. Das Plenum kann in Zusammenhang mit einer Entscheidung Richtlinien mit bindender Wirkung für alle Gerichte erlassen. Auf Antrag des Ministerrates erstattet das Plenum ferner Rechtsgutachten. — Präsident des OG ist seit dessen Errichtung: Dr. h. c. Kurt Schumann (NDPD). Die Gerichtsverfassung blieb in den Ländern der SBZ nach dem Zusammenbruch 1945 hinsichtlich der Gerichtsorganisation zunächst in der herkömmlichen Weise geregelt: ein Oberstes Gericht für die SBZ fehlte (das Reichsgericht war 1945 von den Besatzungsmächten geschlossen worden). Durch VO vom 28. 8. 1952 (GBl. S. 791) wurde die Gerichtsorganisation der durch die sog. Verwaltungsreform geschaffenen Bezirks- und Kreiseinteilung angeglichen und zugleich das Rechtsmittel der Revision beseitigt. Mit dem am 14. 10. 1952 in Kraft getretenen „Gesetz über die Verfassung der Gerichte der DDR (Gerichtsverfassungsgesetz)“ (GVG) vom 2. 10. 1946 (GBl. S. 985) wurde das seit 1879 in Deutschland geltende Gerichtsverfassungsgesetz außer Kraft gesetzt (Rechtswesen). Literaturangaben Rosenthal, Walther, Richard Lange, und Arwed Blomeyer: Die Justiz in der sowjetischen Besatzungszone. 3., erw. Aufl. (BB) 1955. 160 S. Fundstelle: SBZ von A bis Z. Dritte, überarbeitete und erweiterte Auflage, Bonn 1956: S. 93–94 Gerichtskritik A, B, C, D, E, F, G, H, I, J, K, L, M, N, O, P, Q, R, S, T, U, V, W, Z Gerichtsvollzieher

Siehe auch die Jahre 1953 1954 1958 1959 1960 1962 1963 1965 1966 1969 1975 1979 1985 In der SBZ geregelt durch das am 15. 10. 1950 in Kraft getretene „Gesetz über die Verfassung der Gerichte der DDR (Gerichtsverfassungsgesetz)“ (GVG) vom 2. 10. 1952 (GBl. S. 983), das für den Bereich der SBZ das seit 1879 in Deutschland geltende Gerichtsverfassungsgesetz außer Kraft setzte. Die Rechtsprechung wird ausgeübt durch Kreisgerichte, Bezirksgerichte und das Oberste Gericht und soll „dem…

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Kulturbund zur Demokratischen Erneuerung Deutschlands (KB) (1956)

Siehe auch: Deutscher Kulturbund: 1969 1975 1979 Kulturbund der DDR: 1975 1979 Kulturbund der DDR (KB): 1985 Kulturbund, Deutscher: 1958 1959 1960 1962 1963 1965 1966 Kulturbund zur Demokratischen Erneuerung Deutschlands: 1953 1954 1969 „Der KB ist die Organisation der Intelligenz. Er hat die Aufgabe, alle Angehörigen der Intelligenzberufe zu vereinigen“ (3. Bundeskongreß 1951). Der KB wurde im Juli 1945 auf Initiative der SMAD als besonders geschickt überparteilich getarnte, interzonale Organisation der „Kulturschaffenden“ gegründet. Die kommunistische Tendenz der Tätigkeit des KB wurde aber bald so eindeutig, daß die Nichtkommunisten ihn nach und nach verließen und sein Wirken (November 1947) im amerikanischen und britischen Sektor Berlins von den Kommandanten untersagt wurde. In den Folgejahren, vor allem aber unmittelbar nach Proklamation des „Neuen Kurses“ im Sommer 1953, trat der KB immer dann in Erscheinung, wenn es sich darum handelte, die westdeutsche oder ausländische Geisteswelt im Sinne der Propaganda des Realen ➝Humanismus anzusprechen. Die dem KB angegliederten Fachverbände der Schriftsteller, bildenden Künstler und Musiker wurden am 1. 4. 1952 selbständig gemacht, damit sie „auf der Grundlage der Selbständigkeit besser ihre fachlich schöpferischen Aufgaben im Kampf um die Erfüllung des Fünfjahrplanes, für die Einheit Deutschlands und für den Frieden erfüllen“ können („Neues Deutschland“ vom 28. 2. 1952). Der Integration der sowjetzonalen Intelligenz dienen neuerdings die vom KB geförderten Klubs der ➝Intelligenz, und im Anschluß an den 4. Bundeskongreß (1954) wurde unter Mitwirkung des KB die Gesellschaft zur ➝Verbreitung wissenschaftlicher Kenntnisse ins Leben gerufen. (Kulturpolitik) Präsident: Becher. Der KB ist Eigentümer des Aufbau-Verlages. Literaturangaben Friedrich, Gerd: Der Kulturbund zur demokratischen Erneuerung Deutschlands (Rote Weißbücher 8). Köln 1952, Kiepenheuer und Witsch. 143 S. Fundstelle: SBZ von A bis Z. Dritte, überarbeitete und erweiterte Auflage, Bonn 1956: S. 147 Kulturbolschewismus A, B, C, D, E, F, G, H, I, J, K, L, M, N, O, P, Q, R, S, T, U, V, W, Z Kulturdirektor

Siehe auch: Deutscher Kulturbund: 1969 1975 1979 Kulturbund der DDR: 1975 1979 Kulturbund der DDR (KB): 1985 Kulturbund, Deutscher: 1958 1959 1960 1962 1963 1965 1966 Kulturbund zur Demokratischen Erneuerung Deutschlands: 1953 1954 1969 „Der KB ist die Organisation der Intelligenz. Er hat die Aufgabe, alle Angehörigen der Intelligenzberufe zu vereinigen“ (3. Bundeskongreß 1951). Der KB wurde im Juli 1945 auf Initiative der SMAD als besonders geschickt überparteilich…

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Gegenseitige Wirtschaftshilfe, Rat für (1956)

Siehe auch: Gegenseitige Wirtschaftshilfe, Rat für: 1953 1954 1958 1959 1960 1962 1963 1965 1966 Rat für Gegenseitige Wirtschaftshilfe: 1959 1960 Rat für Gegenseitige Wirtschaftshilfe (RGW): 1962 1963 1965 1966 1969 1975 1979 1985 COMECON = Counsil for Mutual Economic Aid, gegründet am 25. 1. 1949 auf einer Konferenz von Vertretern Bulgariens, Ungarns, Polens, Rumäniens, der SU und der Tschechoslowakei. Er soll wirtschaftliche Erfahrungen austauschen, gegenseitige technische Hilfe sowie Lieferungen von Rohmaterial, Nahrungsmitteln, Maschinen und industriellen Ausrüstungen organisieren. Als 7. Land trat 1949 Albanien und als 8. Land im Sommer 1950 China dem Rat bei. Im September 1950 wurde die „DDR“ in den Rat aufgenommen. In den ersten 3 Jahren seines Bestehens waren dem Rat folgende Aufgaben gestellt: 1. Vorbereitungen zum Abschluß von Handelsverträgen zwischen den dem Rat angeschlossenen Ländern, 2. Vorbereitung und Organisierung der technischen Hilfe zwischen den dem Rat angeschlossenen Ländern, 3. Organisierung der Kreditgewährung, 4. Organisierung des Aufbaus gemischter Gesellschaften zwischen den Partnern des Rates. Durch die Proklamierung des „Neuen Kurses“ wurde die Organisierung der internationalen Arbeitsteilung auf den „sozialistischen Weltmarkt“ als Hauptaufgabe dem Rat übertragen. Dazu gehören: 1. Der Abschluß von Industrieabsprachen zwischen einzelnen Partnern des Rates über die Entwicklung gewisser Industriezweige; 2. Standardisierung der Industrieproduktion des „sozialistischen Weltmarktes“; 3. Abstimmung der Volkswirtschaftspläne. Die künftige Hauptaufgabe liegt in der Koordinierung der Fünfjahrpläne. Fundstelle: SBZ von A bis Z. Dritte, überarbeitete und erweiterte Auflage, Bonn 1956: S. 92 GARKREBA A, B, C, D, E, F, G, H, I, J, K, L, M, N, O, P, Q, R, S, T, U, V, W, Z Gegenwartskunde

Siehe auch: Gegenseitige Wirtschaftshilfe, Rat für: 1953 1954 1958 1959 1960 1962 1963 1965 1966 Rat für Gegenseitige Wirtschaftshilfe: 1959 1960 Rat für Gegenseitige Wirtschaftshilfe (RGW): 1962 1963 1965 1966 1969 1975 1979 1985 COMECON = Counsil for Mutual Economic Aid, gegründet am 25. 1. 1949 auf einer Konferenz von Vertretern Bulgariens, Ungarns, Polens, Rumäniens, der SU und der Tschechoslowakei. Er soll wirtschaftliche Erfahrungen austauschen, gegenseitige technische…

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Berufsschulwesen (1956)

Siehe auch: Berufsschulen: 1959 1960 1962 1963 1965 1966 1969 1975 1979 Berufsschulwesen: 1958 Die Berufsschulen (Erziehungswesen) unterstanden zunächst der Deutschen Verwaltung für Volksbildung, wurden 1950 einem Staatssekretariat für Berufsausbildung (Staatssekretär Rudolf Wiessner) unterstellt, das im November 1954 dem Ministerium für Arbeit und Berufsausbildung eingegliedert wurde. Die drei Jahrgänge umfassende Berufsschule soll die Jugend unter dem Vorzeichen des Patriotismus zu politisch bewußten Facharbeitern erziehen, die ihre „staatsbewußte Gesinnung“ primär durch die ständige Steigerung ihrer Arbeitsleistung zu beweisen haben. Es gibt gewerbliche, landwirtschaftliche, kaufmännische und allgemeine Berufsschulen sowie Berufsschulen für „Splitterberufe“. Dazu kommen an VEB besondere Betriebsberufsschulen, oft verbunden mit Lehrlingswohnheimen und Lehrwerkstätten. Der Unterricht wird durch Lehrpläne, die die Erfordernisse der Berufsgruppen berücksichtigen, geregelt. Für Schüler aus VEB und aus der privaten Wirtschaft gibt es je besondere Klassen. Der Unterricht erstreckt sich auf fachtheoretische, natur- und gesellschaftswissenschaftliche Fächer (Geschichte, Deutsch). Seit 1952 ist auch das Fach „Körpererziehung“ vorgesehen (2 Stunden). Die Anzahl der Wochenstunden, deren Erhöhung angestrebt wird, beträgt 12 bis 14. Durch die Prüfungsordnung vom 1. 11. 1954 wurden auch für die Berufsschulen Zwischen- und Abschlußprüfungen als Bestandteile der gesamten Berufsausbildung eingeführt. Das Bestehen dieser Prüfung ist Voraussetzung für die Zulassung zur Facharbeiterprüfung. Die schriftliche und mündliche Berufsschul-Abschlußprüfung gilt als theoretischer Teil der Facharbeiterprüfung. Die amtierenden Berufsschullehrer haben, was die Lehrplanerfüllung stark beeinträchtigt hat, eine recht mannigfaltige Ausbildung absolviert. Die laufende Ausbildung der [S. 42]Berufsschullehrer an Hochschulen hat bisher nicht den großen Bedarf an Berufsschullehrern decken können. (Lehrerbildung). Unzufrieden mit dem Ausbildungsstand der Berufsschullehrer, hat das Staatssekretariat für Berufsausbildung Ende 1954 die bestehenden Einrichtungen für die Weiterbildung der Lehrer zu verbessern versucht. Das seit dem 26. 1. 1950 bestehende Zentralinstitut für Berufsausbildung hat vornehmlich die Aufgabe, eine marxistisch-leninistische Berufsschulpädagogik zu entwickeln (Fachschulen). Fundstelle: SBZ von A bis Z. Dritte, überarbeitete und erweiterte Auflage, Bonn 1956: S. 41–42 Berufslenkung A, B, C, D, E, F, G, H, I, J, K, L, M, N, O, P, Q, R, S, T, U, V, W, Z Besatzungspolitik

Siehe auch: Berufsschulen: 1959 1960 1962 1963 1965 1966 1969 1975 1979 Berufsschulwesen: 1958 Die Berufsschulen (Erziehungswesen) unterstanden zunächst der Deutschen Verwaltung für Volksbildung, wurden 1950 einem Staatssekretariat für Berufsausbildung (Staatssekretär Rudolf Wiessner) unterstellt, das im November 1954 dem Ministerium für Arbeit und Berufsausbildung eingegliedert wurde. Die drei Jahrgänge umfassende Berufsschule soll die Jugend unter dem Vorzeichen des…

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Oder-Neiße-Linie (1956)

Siehe auch: Oder-Neiße-Grenze: 1975 1979 1985 Oder-Neiße-Linie: 1953 1954 1958 1959 1960 1962 1963 1965 1966 1969 Demarkationslinie zwischen der SBZ und den unter polnischer Verwaltung stehenden deutschen Ostgebieten. Verläuft von der Ostsee unmittelbar westlich Swinemünde an der Oder entlang bis zur Mündung der Lausitzer Neiße und folgt dem Lauf der Neiße bis zur tschechoslowakischen Grenze. Im Februar 1942 wurde auf der Krim-Konferenz von Roosevelt, Churchill und Stalin eine Entschädigung Polens für die von der SU annektierten polnischen Ostgebiete auf Kosten Deutschlands anerkannt, ohne daß Vereinbarungen über den Umfang des Gebietes getroffen worden wären. Nach Abschnitt IX des Potsdamer Abkommens wurde in Potsdam die diesbezügliche Meinung der Provisorischen Polnischen Regierung lediglich „geprüft“, doch bekräftigten „die Häupter der drei Regierungen die Auffassung, daß die endgültige Festlegung der Westgrenze Polens bis zur Friedenskonferenz zurückgestellt werden solle“. Ferner ergab die Potsdamer Konferenz darin Übereinstimmung, daß die in Frage stehenden deutschen Gebiete „unter die Verwaltung des polnischen Staates kommen und in dieser Hinsicht nicht als Teil der sowjetischen Besatzungszone in Deutschland betrachtet werden sollen“. In der Folgezeit wurde von seiten der Westmächte bei jedem diplomatischen Anlaß der vorläufige Charakter der O.-N.-Linie betont, während Polen und die SU die Vereinbarungen des Potsdamer Abkommens als endgültige Regelung betrachteten. Polen paßte den Verwaltungs- und Wirtschaftsaufbau den polnischen Verhältnissen an und begann mit einer (bis heute allerdings erst teilweise durchgeführten) polnischen Besiedlung der deutschen Gebiete. Die Haltung der SED wandelte sich gegenüber der O.-N.-Linie im Laufe der Zeit nach den sowjetischen Wünschen bis zu ihrer Anerkennung als endgültige Staatsgrenze. Am 16. 10. 1946 erklärte z. B. Pieck: „Wir werden alles tun, damit bei den Alliierten die Grenzfragen nachgeprüft und eine ernste Korrektur an der jetzt bestehenden Ostgrenze vorgenommen wird“ („Berliner Zeitung“ Nr. 243 vom 17. 10. 1946). Dagegen heißt es in der Regierungserklärung Grotewohls vom 12. 10. 1949 „Die O.-N.-Linie ist für uns eine Friedensgrenze …“ Im „Abkommen der DDR mit der Republik Polen“ vom 6. 7. 1950 wird die O.-N.-Linie als unantastbare „Friedens- und Freundschaftsgrenze“ bezeichnet und damit der Versuch unternommen, die O.-N.-Linie völkerrechtlich festzulegen. Durch Erklärung des Bundeskabinetts vom 9. 6. 1950 wird der SBZ-Regierung jedes Recht bestritten, für das deutsche Volk zu sprechen, und alle ihre Vereinbarungen werden für null und nichtig erklärt. Literaturangaben Quellen zur Entstehung der Oder-Neiße-Linie — ges. und hrsg. von Gotthold Rhode und Wolfgang Wagner (Die Deutschen Ostgebiete, ein Handbuch Bd. III). Stuttgart 1956, Brentano-Verlag. 292 S. m. 1 Karte. Ostdeutschland. Ein Hand- und Nachschlagebuch über alle Gebiete ostwärts von Oder und Neiße. 3. Aufl., Kitzingen 1953, Holzner. 198 S. Die Ostgebiete des Deutschen Reiches. (Ein Taschenbuch, hrsg. von Gotthold Rhode.) 2. Aufl., Würzburg 1955, Holzner. 288 S. m. 19 Karten. Wagner, Wolfgang: Die Entstehung der Oder-Neiße-Linie in den diplomatischen Verhandlungen während des Zweiten Weltkrieges (Die Deutschen Ostgebiete, ein Handbuch … Bd. 2). Stuttgart 1953, Brentano-Verlag. 168 S. Fundstelle: SBZ von A bis Z. Dritte, überarbeitete und erweiterte Auflage, Bonn 1956: S. 186 Objektivismus A, B, C, D, E, F, G, H, I, J, K, L, M, N, O, P, Q, R, S, T, U, V, W, Z Öffentlichkeit der Gerichtsverhandlungen

Siehe auch: Oder-Neiße-Grenze: 1975 1979 1985 Oder-Neiße-Linie: 1953 1954 1958 1959 1960 1962 1963 1965 1966 1969 Demarkationslinie zwischen der SBZ und den unter polnischer Verwaltung stehenden deutschen Ostgebieten. Verläuft von der Ostsee unmittelbar westlich Swinemünde an der Oder entlang bis zur Mündung der Lausitzer Neiße und folgt dem Lauf der Neiße bis zur tschechoslowakischen Grenze. Im Februar 1942 wurde auf der Krim-Konferenz von Roosevelt, Churchill und Stalin eine…

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FDGB (1956)

Siehe auch: FDGB: 1953 1954 1958 1959 1960 1962 1963 1965 1966 FDGB (Freier Deutscher Gewerkschaftsbund): 1975 1979 FDGB (FREIER DEUTSCHER GEWERKSCHAFTSBUND): 1969 Freier Deutscher Gewerkschaftsbund: 1965 1966 1969 1975 1979 Freier Deutscher Gewerkschaftsbund (FDGB): 1985 Abk. für Freier Deutscher Gewerkschaftsbund, eine pseudogewerkschaftliche Einheits-Organisation, die sich in voller Abhängigkeit von der SED als Staatspartei und damit auch vom Staate als dem weitaus wichtigsten Arbeitgeber befindet. Schon in der Satzung vom 3. 9. 1950 kam diese Abhängigkeit klar zum Ausdruck. In der auf dem 4. Bundeskongreß am 18. 6. 1955 beschlossenen neuen Satzung heißt es in der Präambel: „Der Freie Deutsche Gewerkschaftsbund ist die Klassenorganisation der in der Deutschen Demokratischen Republik herrschenden Arbeiterklasse, die in festem Bündnis mit den werktätigen Bauern steht“, und „der Freie Deutsche Gewerkschaftsbund bekennt sich zur Politik der Sozialistischen Einheitspartei Deutschlands, der Partei der deutschen Arbeiterklasse“. Als eine der wichtigsten Aufgaben des FDGB wird die Organisation von sozialistischen ➝Wettbewerben genannt: „Die Gewerkschaften organisieren im Interesse der Verbesserung der Lebenslage der Werktätigen den sozialistischen Wettbewerb der Arbeiter, Angestellten und Angehörigen der technischen Intelligenz in den volkseigenen Betrieben für die Erfüllung und Übererfüllung der Volkswirtschaftspläne, die Steigerung der Arbeitsproduktivität, die strengste Anwendung des Sparsamkeitsregimes, die Verbesserung der Qualität der Erzeugnisse und die Senkung der Selbstkosten.“ Beim Juni-Aufstand 1953 stellte sich die FDGB-Führung gegen die freiheitlichen Arbeiter. (Streik) Höchstes Organ des FDGB ist der Kongreß, der mindestens einmal in 4 Jahren einberufen werden soll und der den Bundesvorstand wählt. Der Bundesvorstand wählt den Vorsitzenden (zur Zeit Warnke) und die Sekretäre, die zusammen, das Präsidium bilden und den FDGB leiten. In den Bezirken bestehen Bezirksvorstände. Der FDGB umfaßt folgende Gewerkschaften: Die Industriegewerkschaften (IG) Bau u. Holz, Bergbau, Chemie, Eisenbahn, Energie, Druck und Papier, Metall, Metallurgie, Post- und Fernmeldewesen, Transport, Textil-Bekleidung-Leder, Wismut, örtliche Wirtschaft sowie die Gewerkschaften Gesundheitswesen, Handel und Versorgung, Land- und Forstwirtschaft, Nahrung und Genuß, Unterricht und Erziehung, Verwaltung, Banken Versicherungen (VBV), Wissenschaft. Jede Gewerkschaft hat eine Zentraldelegiertenkonferenz, einen Zentralvorstand und ein Sekretariat, bestehend aus dem Vorsitzenden, seinem Stellvertreter und den Sekretären. Territorial sind die Organe der Gewerkschaften in Bezirks-, Gebiets- bzw. Kreis- und Ortsvorstände gegliedert. Als „Fundamente“ der Gewerkschaften werden in der Satzung die gewerkschaftlichen Organisationen bezeichnet. Diese sind a) die Betriebsorganisationen (BGL), b) die Ortsgewerkschaftsorganisationen und c) die Dorfgewerkschaftsorganisationen. Es gilt der Grundsatz: ein Betrieb — eine Gewerkschaft. Die kleinste Einheit einer Gewerkschaft ist die Gewerkschaftsgruppe. Der FDGB ist Mitglied des WGB. Tageszeitung ist die „Tribüne“, Zeitschriften sind „Die Arbeit“ und „Das Gewerkschaftsaktiv“. (Arbeitspolitik) Literaturangaben Haas, Gerhard: Der FDGB 1954. (BMG) 1954. 48 S. m. 1 Plan. Haas, Gerhard, und Alfred Leutwein: Die rechtliche und soziale Lage der Arbeitnehmer in der Sowjetzone und in Ost-Berlin. 4., erw. Aufl. (BB) 1957. 312 S. m. 24 Anlagen. Fundstelle: SBZ von A bis Z. Dritte, überarbeitete und erweiterte Auflage, Bonn 1956: S. 82 Familienrecht A, B, C, D, E, F, G, H, I, J, K, L, M, N, O, P, Q, R, S, T, U, V, W, Z FDJ

Siehe auch: FDGB: 1953 1954 1958 1959 1960 1962 1963 1965 1966 FDGB (Freier Deutscher Gewerkschaftsbund): 1975 1979 FDGB (FREIER DEUTSCHER GEWERKSCHAFTSBUND): 1969 Freier Deutscher Gewerkschaftsbund: 1965 1966 1969 1975 1979 Freier Deutscher Gewerkschaftsbund (FDGB): 1985 Abk. für Freier Deutscher Gewerkschaftsbund, eine pseudogewerkschaftliche Einheits-Organisation, die sich in voller Abhängigkeit von der SED als Staatspartei und damit auch vom Staate als dem weitaus…

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Deutsches Rotes Kreuz (DRK) (1956)

Siehe auch: Deutsches Rotes Kreuz (DRK): 1958 1959 1960 1962 1963 1965 1966 1969 1975 1979 Deutsches Rotes Kreuz (DRK) der DDR: 1985 Am 22. Okt. 1952 in der SBZ wiedergegründet. Am 1. Jan. 1953 wurde der gesamte Krankentransport dem DRK unterstellt. Bis dahin unterstand dem DRK lediglich die Ausbildung von Gesundheitshelfern und der Bahnhofsbetreuungsdienst. Im Dez. 1953 kam der Kindertransport über die Zonengrenzen und in das östliche Ausland sowie die Hygienekontrolle mit der Bildung von Ortshygieneaktivs hinzu. Im Frühjahr 1956 wurden schließlich die Bahnhofsdienste der Volkssolidarität vom DRK übernommen. Den Kreisausschüssen des DRK obliegt die Kontrolle der Krankenhäuser, die dem zuständigen Kreisausschuß Bettenmeldungen einzureichen haben. Der Beitrag beträgt für ein aktives Mitglied pro Vierteljahr 0,50 DM, für passive Mitglieder („Freunde des DRK“) monatlich mindestens 0, 50 DM, für Rentner 0,25 DM. Zum größten Teil wird die Organisation aus dem Staatshaushalt finanziert. Aktive Mitglieder müssen eine Gesundheitshelferprüfung oder Rettungsschwimmerprüfung abgelegt haben. Oberstes Organ des DRK ist der Zentralausschuß mit dem Sitz in Dresden, Kaitzerstraße 2. Dem Zentralausschuß unterstehen 14 Bezirksausschüsse entsprechend den Bezirken der SBZ. Jeder Bezirksausschuß gliedert sich in Kreisausschüsse, die wiederum aus verschiedenen Sanitätsbereitschaften bestehen. (Die Bereitschaft umfaßt 10–15 Mitglieder, 1 Leiter und 2 Stellvertreter; die Gruppe umfaßt 3 Bereitschaften, 30–45 Mitglieder, 1 Leiter und 2 Stellvertreter; die Abteilung umfaßt 3 Gruppen, 90–135 Mitglieder, 5 Leitungsmitglieder, davon möglichst 1 Arzt. Als kleinste Betriebseinheit können neuerdings 3 Mitglieder eine Betriebsbereitschaft bilden.) Die Mitglieder vom Zentralausschuß bis zu den Kreisausschüssen sind fest besoldet. Dagegen sind die Sanitätsbereitschaften lediglich mit ehrenamtlichen Helfern besetzt. Der Zentralausschuß sowie analog die Bezirksausschüsse und Kreisausschüsse sind von der SED „genehmigte“ Organe, die beschlußfassend sind. Den Ausschüssen unterstehen das Zentralbüro, analog die Bezirks- und Kreisbüros als nichtgewählte, ausführende Organe. Zentralausschuß und die Bezirks- und Kreisausschüsse gliedern sich in folgende Abteilungen bzw. Referate: Organisation, Instruktion, Sanitätsausrüstung, Krankentransport, Wasserrettungsdienst, Schulung, Statistik, Kader, Finanzen. Ehrenpräsident: Otto Buchwitz (SED), früher Sächsischer Landtagspräsident. Vorsitzender d. Zentralausschusses: Dr. med. Werner Ludwig (SED). Fundstelle: SBZ von A bis Z. Dritte, überarbeitete und erweiterte Auflage, Bonn 1956: S. 61 Deutsche Schiffahrts- und Umschlagsbetriebe (DSU) A, B, C, D, E, F, G, H, I, J, K, L, M, N, O, P, Q, R, S, T, U, V, W, Z Deutsch-Polnische Gesellschaft für Frieden und gute Nachbarschaft (auch Ges. für Dt.-Poln. Freundschaft)

Siehe auch: Deutsches Rotes Kreuz (DRK): 1958 1959 1960 1962 1963 1965 1966 1969 1975 1979 Deutsches Rotes Kreuz (DRK) der DDR: 1985 Am 22. Okt. 1952 in der SBZ wiedergegründet. Am 1. Jan. 1953 wurde der gesamte Krankentransport dem DRK unterstellt. Bis dahin unterstand dem DRK lediglich die Ausbildung von Gesundheitshelfern und der Bahnhofsbetreuungsdienst. Im Dez. 1953 kam der Kindertransport über die Zonengrenzen und in das östliche Ausland sowie die Hygienekontrolle mit der…