

DDR A-Z 1959
Kulturpolitik (1959)
Siehe auch die Jahre 1953 1954 1956 1958 1960 1962 1963 1965 1966 1969 1975 1979 1985 [S. 199]Auf der ideologischen Grundlage der These Stalins von der „aktiven Rolle“ des Überbaues (Marxismus-Leninismus, Stalinismus) wird die Kultur als in ihren Bereichen manipulierbar verstanden. Manipuliert wird sie in der SBZ im Sinne der bolschewistischen ➝Parteilichkeit („Es gibt bei uns … nur eine Kulturpolitik: die unserer geliebten, mächtigen Partei der Arbeiterklasse, der SED“; Johannes R. ➝Becher zur Vorbereitung der Kulturkonferenz der SED von 1957) und der Liquidation aller geistigen Traditionen der „westlichen“, bürgerlichen Welt. Der Bruch der Ideologie, der durch die oben erwähnte These Stalins manifest gemacht wurde, begründet jedoch eine eigentümliche Doppelfunktion der Kultur: zum einen als Gut, das man erwerben oder „erstürmen“ kann. („Ohne die Erstürmung der Höhen der Kultur kann die Arbeiterklasse ihre großen Aufgaben, den Sozialismus zum Sieg zu führen, nur schwer erfüllen“ — Walter Ulbricht im Mai 1959), zum anderen als Instrument des Kampfes „gegen die kannibalischen Lehren der imperialistischen Kriegshetzer“ oder als Antriebskraft für die Steigerung der Arbeitsproduktivität, die Erfüllung der Pläne und den wirtschaftlichen Wettstreit mit der westlichen Welt. Auf dem III. Parteitag der SED, 1951, wurde proklamiert, jeder Versuch, feindliche Ideologien objektivistisch (Objektivismus) darzustellen, bedeute eine Hilfe für diese Ideologien. „Darum ist es die entscheidende kulturpolitische Aufgabe, einen radikalen Umschwung auf allen Gebieten des kulturellen Lebens zu erzielen und mit der Lauheit und dem Versöhnlertum unerbittlich Schluß zu machen.“ In den folgenden Jahren, insbesondere nach der Proklamation des Neuen Kurses, schien zeitweilig eine liberalere K. Platz zu greifen, aber schon mit der „Programmerklärung über den Aufbau einer Volkskultur in der DDR“ Bechers vom 13. 10. 1954 wurden unter Einbeziehung des Nationalen ➝Kulturerbes im wesentlichen die bisherigen Ziele neu formuliert und dabei zugleich der Anspruch auf alleinige Repräsentation der deutschen Kultur durch die „DDR“ proklamiert. Ebenso erklärte Alexander ➝Abusch auf der Kulturkonferenz der SED im Oktober 1957, „daß unsere Kultur in der DDR die höchste Form der Kultur für das Volk ist, die es in Deutschland gegeben hat“. („Neues Deutschland“, 24. 10. 1957) Bestimmt wird diese K. von der 1957 gegründeten Kulturkommission (Vors.: Alfred ➝Kurella) und den einschlägigen Abt. des ZK der SED, also von wenigen Spitzenfunktionären dieser Partei, die als „Partei neuen Typs“ die zuständigen Behörden (s. u.) über die in ihnen führenden SED-Genossen durch Parteiaufträge „anleitet“. Die kulturpolitischen Konzeptionen der KP/SED wurden in einem langjährigen und noch andauernden Prozeß durchgesetzt, dessen Etappen etwa folgendermaßen bezeichnet werden können: 1. Besetzung der Schlüsselpositionen der Kultur-Institutionen mit Kommunisten. 2. Gleichschaltung der „bürgerlichen“ Parteien und Liquidierung aller nichtkommun. Tendenzen auf kulturpolitischem Gebiet. 3. Fesselung der bürgerlichen „Intelligenz“ und der Kulturschaffenden an den Staat durch Druck und Privilegien. 4. Systematische Maßnahmen zum Aufbau einer neuen „Intelligenz-Schicht“. 5. Verlagerung des „Kulturkonsums“ in die Betriebe und Massenorganisationen. 6. Isolierung der „Kulturschaffenden“ gegen den geistigen Austausch mit der freien Welt, soweit <199:200>er nicht den Zwecken des Staates und seiner Planökonomik dient. 6. Massiver Einsatz der Staatsmacht zur Durchsetzung des Diamat und des Prinzips der bolschewistischen Parteilichkeit an den Schulen und Hochschulen und in der Erwachsenenbildung, des sozialistischen Realismus in Kunst und Literatur, des Atheismus und der sozialistischen ➝Moral gegen Christentum und „bürgerlich“-westlichen Humanismus. Diese letzte Phase hat im Jahre 1957 eingesetzt und ist „dialektisch“ als die Antwort des Ulbricht-Regimes auf Tendenzen zur Entwicklung eines „humanen“ Sozialismus zu verstehen, die im Gefolge der „Entstalinisierung“ und der Ereignisse des Jahres 1956 in Polen und Ungarn auch in der SBZ aufgetreten waren. Der Schaffung einer neuen kulturtragenden Schicht dienen u. a. folgende Maßnahmen: Beseitigung des alten „Bildungsmonopols“ durch ein sog. Proletarierkinder begünstigendes Zulassungs- und Stipendiensystem (Erziehungswesen) und durch die Überwachung der „gesellschaftlichen Aktivität“ der Bewerber, die der FDJ in der Gesellschaft für ➝Sport und Technik, neuerdings aber vor allem in den Betrieben (Produktionstag, Praktisches Jahr, Betriebspraktikum) zu beweisen ist. Weitere Maßnahmen zu der Bildung einer neuen kulturellen Elite: Zugang zu den Hochschulen ohne Abitur (Arbeiter- und Bauernfakultät), scharfe ideologische Kontrolle bei der Zulassung und Förderung der Hochschüler, Sonderausbildung von „Werktätigen“ zu Neulehrern, Volksrichtern, Volksstaatsanwälten, Arzthelfern u. a.; Eröffnung von Möglichkeiten zur Qualifizierung durch die Einrichtungen der Erwachsenenbildung, Technische ➝Betriebsschulen, Betriebsakademien, Dorfakademien und durch das Fernstudium; Förderung von „Talenten aus dem Volke“, der kulturellen Massenarbeit und der Volkskunstbewegung (Volkskunst) als eines gedachten Reservoirs für den Nachwuchs an Musikern (Volksmusikschulen) und Bühnenkünstlern; Förderung der größtenteils kommun. Volkskorrespondenten; „Bewegung des schreibenden Arbeiters“ (Literatur). Das Kulturschaffen wird weiterhin durch Methoden und Maßnahmen ideologischer wie organisatorischer Art gelenkt. An ideologischen Maßnahmen sind folgende besonders wichtig: Schon im Schulunterricht bilden den Schwerpunkt die „gesellschaftswissenschaftlichen“ Fächer (Deutsch, Geschichte, Staatsbürgerkunde, Geographie) mit ausnahmslos kommun. Lehrplan; gesellschaftswissenschaftliches Studium ist grundlegendes Pflichtfach (zumeist auch Prüfungsfach) an allen Hochschulen und Fachschulen (einschl. der Kunstschulen). Seit etwa 1948 ist die Diskussion wissenschaftlicher, literarischer oder künstlerischer Fragen in Presse (Pressewesen), Rundfunk und Zeitschriften nur noch auf der ideologischen Basis des Marxismus-Leninismus möglich. Der Deutsche ➝Kulturbund wurde aus einem Diskussionsforum der „Intelligenz“ zur Tribüne der SED. Von westlicher Literatur und Publizistik ist planwichtige Fachliteratur zugelassen; geisteswissenschaftliche Literatur in den wissenschaftlichen Bibliotheken wird, soweit sie „bürgerliches Ideengut“ enthält, vielfach nur mit Sondererlaubnis ausgeliehen. Das „nationale Erbe“ wird zwar, vor allem auf den Bühnen, gepflegt, aber im kommun. Sinne interpretiert und mehr oder weniger verfälscht. Die straff zentralisierte Lenkung der K. liegt bei zwei Ministerien und einem selbständigen Staatssekretariat. Das Ministerium für Volks[S. 201]bildung (Minister: Prof. Dr. Alfred ➝Lemmnitz) ist zuständig für alle Schulgattungen, für die vorschulische Erziehung, die Berufsausbildung und die Erwachsenenbildung. Universitäten, Hochschulen und Fachschulen (mit Ausnahme einiger, die dem Ministerium für Verkehr zugeordnet sind) unterstehen dem selbständigen Staatssekretariat für Hoch- und Fachschulwesen (Staatssekretär: Dr. Wilhelm ➝Girnus). Für alle übrigen Bereiche der K. wurde im Januar 1954 das Ministerium für Kultur errichtet. Bei den Räten der Bezirke und der Kreise gibt es als Unterbau der Verwaltung auf dem Gebiete der Kultur und Volksbildung Abt. für Volksbildung, für Arbeit und Berufsausbildung, für Jugenderziehung bzw. Jugendfragen und (mit wechselnden Bezeichnungen) für Kultur, Kultur und Kunst, Kunst und kulturelle Massenarbeit. Für alle Schulen, Fachschulen und die meisten Hochschulstudienfächer wurden verbindliche, häufig Stunde für Stunde festlegende zoneneinheitliche Lehrpläne geschaffen; durch „Polytechnisierung“ des gesamten Bildungswesens, praktische Arbeit in den Betrieben und auf dem Lande soll der ökonomische Nutzwert der Bildung verstärkt werden. Die Grundlagenforschung, vor allem soweit sie von Bedeutung für den wirtschaftlichen Aufbau, aber im übrigen politisch weniger relevant ist, wurde noch bis in die jüngste Zeit möglichst ungestört gelassen, aber in einer Reihe von Instituten zentralisiert; die Forschungsaufgaben werden neuerdings durch einen Forschungsrat zentral zugewiesen. Auch in der Deutschen Akademie der Wissenschaften wird „gesellschaftswissenschaftlichen“ und planwirtschaftlich bedeutsamen Aufgaben immer mehr Raum gegeben; es entstanden ferner zahlreiche neue Institute, wie die Hochschule für ➝Planökonomie, die Akademie der Landwirtschaftswissenschaften, das Deutsche Institut für Rechtswissenschaft, das Deutsche ➝Institut für Zeitgeschichte, das Museum für Deutsche Geschichte, das Deutsche ➝Pädagogische Zentralinstitut, die Deutsche ➝Akademie der Künste, durchweg von der SED kontrolliert und dazu bestimmt, den von der SED geforderten „radikalen Umschwung“ auf allen Gebieten der Kultur durchzusetzen. Mit großem Nachdruck, aber immer noch unbefriedigendem Erfolg wird seit 1950 ein pseudoproletarisch-kommun. Dozenten- und Forschernachwuchs gefördert. Der politischen Schulung der Literaturberufe (Dichter, Schriftsteller, Kritiker, Dramaturgen) dient das Institut für Literatur in Leipzig. Für die darstellenden Künste wurde 1951 ein zentraler SED-kontrollierter Bühnennachweis errichtet; das Vermittlungswesen auf dem Gebiete der Musik, des Kabaretts usw. wurde in der Deutschen ➝Konzert- und Gastspieldirektion monopolisiert. Die Buchverlage (Verlagswesen) sind größtenteils verstaatlicht. Der in der herkömmlichen Kunstpolitik wichtige private Auftraggeber ist durch Enteignung nahezu völlig ausgefallen, so daß auch die Freischaffenden (freie Schriftsteller, freie Wissenschaftler, bildende Künstler, Musiker, Architekten) auf den sog. neuen Auftraggeber „werktätiges Volk“, d. h. den Staat, angewiesen sind. Damit ist die materielle Existenz der Freischaffenden an ihre Bereitwilligkeit gebunden, öffentliche Aufträge im gewünschten Sinne zu erfüllen. Tatsächlich hat der „Auftraggeber Volk“ gar nichts zu entscheiden, es sei denn, indem er kulturelle Darbietungen, Theaterstücke, Filme usw. durch Fernbleiben von den Veranstaltungen ablehnt. Diesem System der Reglementierung stehen erhebliche Anreize für solche „Kulturschaffenden“ gegenüber, die im Sinne der Partei arbeiten: neben den Leistungsstipendien gibt [S. 202]es zahlreiche Sondervergünstigungen, die diese Schicht weit über den Bevölkerungsdurchschnitt hinausheben. Zu erwähnen sind Steuerermäßigungen, bevorzugte Wohnraumbeschaffung, Kredite für Eigenheime, Vorteile bei der Ausbildung der Kinder, vorzugsweise Altersversorgung; für Spitzenkräfte ferner Ehrentitel (z. B. Verdienter ➝Lehrer des Volkes, Verdienter ➝Arzt des Volkes), zum Teil verbunden mit erheblichen einmaligen Geldzuwendungen (Nationalpreis) und Renten (Intelligenz). Neben den geschilderten Maßnahmen steht dann die Lenkung des „Kulturkonsums“ durch die „Letztverbraucher“. Der Kulturkonsum geht in den Formen eines in die Betriebe verlagerten und eines „freien“, außerhalb der Betriebe sich abspielenden Angebots an Kulturgütern (also Presse, Rundfunk, Vorträge, Theater-, Musik- und Filmveranstaltungen, Literatur) vor sich. Das besondere Interesse des Regimes gilt der Betriebskultur. Die kulturelle Massenarbeit wendet sich an die Betriebsbelegschaften, besonders der „volkseigenen Betriebe“, der MTS und an die werktätige Jugend. Die kulturelle Massenarbeit wird besonders stark gefördert. Sie ist weitgehend Agitation; ihre Hauptformen sind: 1. direkte Aufklärung (Schulung, laufende Agitationseinsätze zu aktuellen staats- und wirtschaftspolitischen Fragen, kollektive organisierte Presselektüre, Wandzeitung, Betriebsfunk); 2. ein ausgebreitetes Vortrags- und Unterrichtswesen zur „fachlichen Weiterqualifikation“, das vom FDGB und den SED-Betriebsgruppen getragen und durch die Gesellschaft zur Verbreitung wissenschaftlicher Kenntnisse gestellt wird; 3. künstlerische Programme mit gemischt agitatorisch-unterhaltendem Charakter; 4. künstlerische Betätigung von Laien in den Belegschaften (Chorgruppen, Theaterspielgruppen, Musikgruppen, Literaturgruppen usw.), die auch stark von agitatorischen Tendenzen beherrscht ist (Agitprop-Gruppen). Dabei werden Programm, Texte und Regie-Personal sowohl innerbetrieblich wie auch durch außerbetriebliche Stellen von Partei und Staat angeleitet und überwacht, so daß der echte Spielwille der Laien immer weniger zu seinem Recht kommt; „reine Kunst“ wird selten, allenfalls noch in Form klassischer Musik geboten. Zur „Betriebskultur“ gehört ferner der organisierte Besuch „fortschrittlicher“, vor allem sowjetischer Theater- und Filmstücke und dessen Vorbereitung und Auswertung (Theater, Filmwesen). In den Rahmen der kulturellen Massenarbeit fallen aber auch anziehendere Einrichtungen, so in den Schwerpunktbetrieben betriebliche ➝Kulturstätten mit Spielecken (Schach, Ping-Pong usw.), Betriebsakademien, Betriebsbüchereien (Bibliotheken) sowie der in der SBZ „auf Betriebsbasis“ gepflegte Sport. „Freie“ kulturelle Veranstaltungen haben größeren Zuspruch nur, wenn sie unpolitisch sind, obwohl die „Verplanung“ des Kulturkonsums einen ausgesprochenen Hunger nach kulturellen Gütern zur Folge hat. Zeitweilig hatte das Publikum erreicht, daß Theater und Film aus Rentabilitätsgründen in beträchtlichem Umfange unpolitische Stoffe boten, selbst die Filmproduktion durfte sich der Nachfrage stärker anpassen, doch wird seit einigen Jahren den ideologischen Auflagen wieder der Vorrang gegeben. Im Zeichen der Totalplanung und völliger Unterordnung unter politische Zwecke führt die K. der SBZ offenbar zur Sterilisierung des Geistesschaffens; Ansätze eines neuen, schöpferischen Hervorbringens sind nicht erkennbar und unter unveränderten Bedingungen auch nicht zu erwarten. Literaturangaben Balluseck, Lothar von: Kultura, Kunst und Literatur in der sowjetischen Besatzungszone (Rote Weißbücher 7). Köln 1952, Kiepenheuer und Witsch. 133 S. Balluseck, Lothar von: Dichter im Dienst — der sozialistische Realismus in der deutschen Literatur. Wiesbaden 1956, Limes-Verlag. 161 S. m. 8 Tafeln. Lange, Max Gustav: Totalitäre Erziehung — Das Erziehungssystem der Sowjetzone Deutschlands. Mit einer Einl. v. A. R. L. Gurland (Schr. d. Inst. f. pol. Wissenschaft, Berlin, Bd. 3). Frankfurt a. M. 1954, Verlag Frankfurter Hefte. 432 S. Lange, Max Gustav: Wissenschaft im totalitären Staat. Die Wissenschaft der sowjetischen Besatzungszone auf dem Weg zum „Stalinismus“, m. Vorw. v. Otto Stammer (Schr. d. Inst. f. pol. Wissenschaft, Berlin, Bd. 5). Stuttgart 1955, Ring-Verlag. 295 S. Chronologische Materialien zur Geschichte der SED 1945 bis 1956. Berlin 1956, Informationsbüro West. 637 S. Balluseck, Lothar von: Zur Lage der bildenden Kunst in der sowjetischen Besatzungszone. 3., erw. Aufl. (BB) 1953. 130 S., 15 Abb. u. 18 Anlagen. Balluseck, Lothar von: Volks- und Laienkunst in der sowjetischen Besatzungszone. (Einführung von Hans Köhler) (BB) 1953. 92 S. m. 17 Anlagen. *: Bibliotheken als Opfer und Werkzeug der Sowjetisierung. Zur Lage des Büchereiwesens in der sowjetischen Besatzungszone. (BB) 1952. 71 S. Dübel, Siegfried: Die Situation der Jugend im kommunistischen Herrschaftssystem der sowjetischen Besatzungszone Deutschlands. 2., erw. Aufl. (BB) 1960. 115 S. Kersten, Heinz: Das Filmwesen in der sowjetischen Besatzungszone. (BB) 1954. 139 S. m. 2 Anlagen und Nachtrag. Köhler, Hans: Zur geistigen und seelischen Situation der Menschen in der Sowjetzone. 2., erg. Aufl. (BB) 1954. 46 S. Möbus, Gerhard: Bolschewistische Parteilichkeit als Leitmotiv der sowjetischen Kulturpolitik. Dokumente der Diktatur. (BB) 1951. 32 S. Weber, Jochen: Das Theater in der sowjetischen Besatzungszone. (BB) 1955. 144 S. m. 20 Anlagen. Wendt, Emil: Die Entwicklung der Lehrerbildung in der sowjetischen Besatzungszone seit 1945. 2., erg. Aufl. (BB) 1959. 131 S. Fundstelle: SBZ von A bis Z. Fünfte, überarbeitete und erweiterte Auflage, Bonn 1959: S. 199–202 Kulturorganisator A, B, C, D, E, F, G, H, I, J, K, L, M, N, O, P, Q, R, S, T, U, V, W, Z KulturräumeSiehe auch die Jahre 1953 1954 1956 1958 1960 1962 1963 1965 1966 1969 1975 1979 1985 [S. 199]Auf der ideologischen Grundlage der These Stalins von der „aktiven Rolle“ des Überbaues (Marxismus-Leninismus, Stalinismus) wird die Kultur als in ihren Bereichen manipulierbar verstanden. Manipuliert wird sie in der SBZ im Sinne der bolschewistischen ➝Parteilichkeit („Es gibt bei uns … nur eine Kulturpolitik: die unserer geliebten, mächtigen Partei der Arbeiterklasse, der SED“; Johannes R.…

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Bildende Kunst (1959)
Siehe auch die Jahre 1960 1962 1963 1965 1966 1969 1975 1979 1985 Die Kunstpolitik des Sowjetzonen-Regimes steht im Zeichen des sozialistischen Realismus, der nach einem Worte Shdanows von 1934 und dem Beschluß des ZK der SED „gegen den Formalismus“ (März 1951) „die wahrheitsgetreue, historisch konkrete künstlerische Darstellung“ mit der Aufgabe verbindet, „die Menschen im Geiste des Kampfes für ein einheitliches, demokratisches, friedliebendes und unabhängiges Deutschland, für die Erfüllung des Fünfjahrplanes, zum Kampf für den Frieden zu erziehen“. Dieses Programm stellt alle Kunstgattungen mittelbar oder unmittelbar in den Dienst der Agitation und Propaganda für die Ausweitung der sowjetischen Einflußsphäre und den Aufbau des Sozialismus. Kunstrichtungen, die für diesen „gesellschaftlichen“ Zweck nicht brauchbar erscheinen (wie der Formalismus in der Dichtung und B. K., der Funktionalismus in der Architektur), wurden von Partei und Staat mit zunehmender Schärfe bekämpft. Die „Großen Deutschen Kunstausstellungen“ in Dresden 1946, 1949, 1953 und 1958/59, an denen bis 1953, zuletzt allerdings sorgfältig gesiebt, auch westdeutsche Künstler beteiligt waren, enthüllten die fortschreitende Ausschaltung aller schöpferischen Kräfte und die öde Monotonie der herrschenden Kunstrichtung, die sich von der nationalsozialistischen Ära nur durch den beträchtlichen Anteil von Dilettanten und Künstlerkollektiven an der Produktion unterscheidet. Als Instrument der Kunstpolitik diente von 1951 bis 1954 die Kunstkommission; dann ging diese Aufgabe an das Ministerium für Kultur über. In der kurzen Periode des Neuen Kurses schien die Kunstpolitik etwas elastischer geworden zu sein; vor allem bei der Gewinnung westdeutscher Künstler für Ausstellungen und dergleichen ließ man gewisse Abweichungen von der Norm des sozialistischen Realismus zu, ohne daß diese jedoch prinzipiell preisgegeben worden wäre. Seit 1957 aber werden Abweichungen weniger denn je zugelassen; auch westdeutsche Künstler sollen in der SBZ nur noch ausstellen dürfen, wenn nicht nur die gezeigten Werke, sondern auch sie selbst dem sozialistischen Realismus verpflichtet sind. Das Regime fördert im übrigen die linientreuen Künstler, vor allem auch unter dem Nachwuchs, mit beträchtlichen Mitteln, läßt die „Werktätigen“ im Rahmen der kulturellen Massenarbeit am Kunstbetrieb teilnehmen und hält unter ihnen Diskussion und Kritik der Kunstproduktion in Gang. Im April 1959 wurde der „Kunstpreis der DDR“ zum erstenmal an 15 Künstler verliehen. Trotzdem wird in den Verlautbarungen des ZK immer wieder geklagt, daß die B. K. in allen ihren Gattungen hinter den Anforderungen, die der Aufbau der neuen Gesellschaftsordnung ihr stelle, weit zurückgeblieben sei. „Ideologische Unklarheiten“ und „dekadente Auffassungen“ wurden während der Vorbereitungen zur III. Dresdener Kunstausstellung Öffentlich diskutiert, und diese selbst unterlag scharfer Kritik, an der auch Ulbricht sich beteiligte. Es ist begreiflich, daß unter den geschilderten Umständen nur wenige Künstler von Rang in der SBZ ausgehalten haben. (Architektur, Kulturpolitik, Volkskunst) Literaturangaben Balluseck, Lothar von: Kultura, Kunst und Literatur in der sowjetischen Besatzungszone (Rote Weißbücher 7). Köln 1952, Kiepenheuer und Witsch. 133 S. Balluseck, Lothar von: Dichter im Dienst — der sozialistische Realismus in der deutschen Literatur. Wiesbaden 1956, Limes-Verlag. 161 S. m. 8 Tafeln. Balluseck, Lothar von: Zur Lage der bildenden Kunst in der sowjetischen Besatzungszone. 3., erw. Aufl. (BB) 1953. 130 S., 15 Abb. u. 18 Anlagen. Balluseck, Lothar von: Volks- und Laienkunst in der sowjetischen Besatzungszone. (Einführung von Hans Köhler) (BB) 1953. 92 S. m. 17 Anlagen. Fundstelle: SBZ von A bis Z. Fünfte, überarbeitete und erweiterte Auflage, Bonn 1959: S. 64 Bibliotheken A, B, C, D, E, F, G, H, I, J, K, L, M, N, O, P, Q, R, S, T, U, V, W, Z Bildender Künstler, VerbandSiehe auch die Jahre 1960 1962 1963 1965 1966 1969 1975 1979 1985 Die Kunstpolitik des Sowjetzonen-Regimes steht im Zeichen des sozialistischen Realismus, der nach einem Worte Shdanows von 1934 und dem Beschluß des ZK der SED „gegen den Formalismus“ (März 1951) „die wahrheitsgetreue, historisch konkrete künstlerische Darstellung“ mit der Aufgabe verbindet, „die Menschen im Geiste des Kampfes für ein einheitliches, demokratisches, friedliebendes und unabhängiges Deutschland, für die…

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Marxismus-Leninismus (1959)
Siehe auch: Marxismus-Leninismus: 1960 1962 1963 1965 1966 1969 1975 Marxismus-Leninismus (ML): 1979 1985 Theorie des Marxismus-Leninismus-Stalinismus: 1953 1954 1956 1958 [S. 222] 1. Theorie und Praxis. Parteimäßigkeit der Theorie Die europäischen Philosophen suchen seit den Griechen die Wahrheit zu erkennen. Dagegen sagt Marx: „Die Philosophen haben die Welt nur verschieden interpretiert: es kommt aber darauf an. sie zu verändern.“ Marx und Engels haben ihre Analyse des Kapitalismus zugleich mit der Zielsetzung unternommen, die Aufstellung sozialer Gesetzmäßigkeiten dem revolutionären Handeln dienstbar zu machen. Auf dieser Linie hat sich der Marxismus zum Leninismus und Stalinismus weiterentwickelt. Alle theoretischen Streitigkeiten der Bolschewisten werden stets in dem Sinne entschieden, daß die Theorie mit der jeweils gebotenen revolutionären Praxis in Übereinstimmung sein muß. Ebenso gilt aber auch das Gegenteil: Weil die Theorie revolutionär ist, kann die revolutionäre Praxis auf die Theorie begründet werden. „Ohne revolutionäre Theorie kann es keine revolutionäre Bewegung geben.“ (Lenin) Die Theorie des Marxismus stützt sich auf die Hegelsche Dialektik. Hegel erklärte das Weltgeschehen als eine Entwicklung, die durch Widersprüche in den Dingen selbst vorwärtsgetrieben wird; der Gegensatz, das plötzliche Umschlagen, der „Sprung“ sei die Form der Weltentwicklung. In dieser Entwicklung und durch diese gelange der Geist zum Bewußtsein seiner selbst. Marx übernimmt von Hegel die dialektische Methode der Widersprüche und des revolutionären Sprunges, setzt aber an die Stelle des Geistes die Materie. Er erklärt die Bewegung der Dinge nicht „von oben“, vom Bewußtsein, sondern „von unten“, vom Materiellen her. Seine Theorie ist also zugleich dialektisch und materialistisch. Die „Erklärung von oben“, die rein geistige, an „objektiven“ Werten und Wahrheiten orientierte, auf Erkenntnis abgestellte traditionelle Philosophie und Wissenschaft wird dabei als den „parteilichen“ Standpunkt der Bourgeosie vertretende und angeblich rechtfertigen wollende Pseudo-Wissenschaft (Objektivismus) abgelehnt. Nur die Marxisten hätten in ihrer Theorie die wahre „höchste“ Wissenschaft, zu der alle frühere Wissenschaft bestenfalls — nunmehr überholte — Vorstufe sei. Zugrunde liegt dabei die These, daß die materialistische Lehre zugleich die den Interessen des Proletariats korrespondierende Philosophie sei, da diesem auf Grund der Gesetze der materiellen Entwicklung die Zukunft gehören müsse. So soll es sich aus den Interessen des Proletariats zwangsläufig ergeben, daß es, um möglichst schnell und effektiv an die Macht zu kommen, ausführlich den Materialismus studieren und sich nach den von ihm gewiesenen Regeln verhalten müsse. Daß sie sich nach diesen Lehren richtet, gibt der für ihre Auslegung allein zuständigen bolschewistischen Partei ihre in Anspruch genommene rationale Würde. Sie bestimmt mittels der Theorie die Linie und damit die Richtschnur für parteiliches Verhalten, womit zugleich alle abweichenden Meinungen (Abweichungen) politisch wie wissenschaftlich gebrandmarkt sind. 2. Bourgeoisie und Proletariat. Klassenkampf Unter dem Kapitalismus versteht Marx die auf dem Privateigentum an Produktionsmitteln beruhende Wirtschaftsweise. Erst im Zeitalter der „großen Industrie“ (d. h. der Maschinenindustrie) habe der Kapitalismus seine moderne Form erreicht. Diese höchste Erscheinungsform des Kapitalismus sei zugleich seine letzte. Denn der Zustand der Gesell[S. 223]schaft sei unter dem Kapitalismus derartig unversöhnlich gegensätzlich (antagonistisch), daß er sich notwendig auflösen und in einen anderen Zustand übergehen müsse. Die Klasse derer, die keinen Anteil an den Produktionsmitteln besitzen und nur ihre Arbeitskraft zu Markte tragen, und die Klasse derer, die über alle Produktionsmittel einschließlich dieser Arbeitskraft verfügen, also einerseits Proletariat und andererseits Bourgeoisie, stehen sich, sagte Marx, in unversöhnlichem Kampf gegenüber. In der industriellen Gesellschaft gelange dieser Klassenkampf (Historischer Materialismus) auf seinen Höhepunkt. An sich sei die Bourgeoisie positiv und notwendig, denn sie sei fortschrittlich (progressiv), ja revolutionär in der Geschichte der Menschheit gewesen: „Die Bourgeoisie hat in ihrer kaum hundertjährigen Klassenherrschaft massenhaftere und kolossalere Produktionskräfte geschaffen als alle vergangenen Generationen zusammen. Unterjochung der Naturkräfte, Maschinerie, Anwendung der Chemie auf Industrie und Ackerbau, Dampfschiffahrt, Eisenbahnen, elektrische Telegraphen, Urbarmachung ganzer Weltteile, Schiffbarmachung der Flüsse, ganze aus dem Boden hervorgestampfte Bevölkerungen — welches frühere Jahrhundert ahnte, daß solche Produktionskräfte im Schoße der gesellschaftlichen Arbeit schlummerten.“ (Kommunistisches Manifest) Der Kapitalismus sei ein durchdachtes System der Ausbeutung des Menschen durch den Menschen. Indem sich aber der Kapitalismus entwickele, bringe er nicht nur Maschinen und Waren in immer größeren Mengen hervor, sondern er erzeuge auch das Heer der Proletarier, die er um ihren Lohn betrüge, indem er ihnen zugleich die letzte Reserve an Arbeitskraft auspresse. „Mit der Entwicklung der großen Industrie wird also unter den Füßen der Bourgeoisie die Grundlage selbst hinweggezogen, worauf sie produziert und die Produkte sich aneignet. Sie produziert vor allem ihren eigenen Totengräber. Ihr Untergang und der Sieg des Proletariats sind gleich unvermeidlich.“ (Kommunistisches Manifest) Zunächst sahen Marx und Engels nur den von Krisen geschüttelten Konkurrenz-Kapitalismus des 19. Jahrhunderts vor sich und warteten von Jahr zu Jahr auf die endgültige letzte „Handelskrise“, die das Proletariat in den Besitz der Produktionsmittel bringen sollte. Aus dem Schicksal der Kommune von Paris (d. h. der Herrschaft des sozialistischen Gemeinderats in Paris von März bis Mai 1871) und deren blutigem Ende zogen sie die Lehre, daß die Bourgeoisie nur durch Gewalt enteignet werden könne. „Die Arbeiterklasse kann nicht die fertige Staatsmaschinerie einfach in Besitz nehmen und diese für ihre eigenen Zwecke in Bewegung setzen.“ (Adresse des Generalrats) Da der Staat nur eine Maschine zur Unterdrückung einer Klasse durch die andere sei, müsse zuvor die alte Staatsmaschine zerschlagen werden, wenn eine neue Gesellschaft entstehen soll. Im „Kapital“ hatte Marx geschrieben: „Die Gewalt ist der Geburtshelfer jeder alten Gesellschaft, die mit einer neuen schwanger geht. Sie selbst ist eine ökonomische Potenz.“ (I. Bd., Volksausg., S. 680) 3. Materialistische Geschichtsauffassung Die auf den Begriffen Kapitalismus, Bourgeoisie, Proletariat und Klassenkampf aufgebaute Theorie wurde von Marx und Engels den vorhandenen sozialistischen Theorien als „kommunistisch“ (Bolschewismus) entgegengesetzt. Sie nannten die älteren, aus einer unklaren Sehnsucht nach einer allgemeinen Umgestaltung der Gesellschaft her[S. 224]vorgegangenen Theorien, die nur unzulängliche ökonomische Vorschläge und moralische Forderungen brachten, utopistisch (Utopie). Die eigene Theorie dagegen, die auf eine ökonomische Analyse der kapitalistischen Gesellschaft gegründet war, nannten sie wissenschaftlich. Die Formel für ihre Zielsetzung haben Marx und Engels jedoch dem älteren Sozialismus entnommen: Jeder solle nach seinen Fähigkeiten produzieren und nach seinen Bedürfnissen genießen. Die Wirkung der marxistischen Theorie beruht darauf, daß sie aus einer einheitlichen „materialistischen“ Geschichtsauffassung hervorgeht, die den Anschein erweckt, daß jedem politischen und geistigen Ereignis sein Platz in einem allumfassenden notwendigen Geschehen angewiesen werden könne. Rechtsverhältnisse und Staatsformen, Wissenschaft, Philosophie und Kunst, so wird von Marx gelehrt, seien nicht aus der „sogenannten allgemeinen Entwicklung des menschlichen Geistes“ zu begreifen, sondern wurzelten in den „materiellen Lebensverhältnissen“. Der Mensch müsse wohnen, sich ernähren und kleiden, bevor er denken könne. Die tägliche Produktion und Reproduktion seines materiellen Daseins, seiner Basis, sei nicht ein nebensächliches Geschäft, sondern in der Tat die Grundlage seiner ganzen Existenz. Um diese Existenz materiell produzieren zu können, müsse sich der Mensch in Verhältnisse der Abhängigkeit begeben. „Die Gesamtheit dieser Produktionsverhältnisse bildet die ökonomische Struktur der Gesellschaft, die reale Basis, worauf sich ein juristischer und politischer Oberbau erhebt und welcher bestimmte gesellschaftliche Bewußtseinsformen entsprechen. Die Produktionsweise des materiellen Lebens bedingt den sozialen, politischen und geistigen Lebensprozeß überhaupt. Es ist nicht das Bewußtsein der Menschen, das ihr Sein, sondern umgekehrt ihr gesellschaftliches Sein, das ihr Bewußtsein bestimmt.“ (Einl. z. Kritik d. pol. Ökonomie) Die Revolution, die zur klassenlosen Gesellschaft führen soll, könne weder durch den bloßen guten Willen der Proletarier herbeigeführt noch durch den bösen Willen der Bourgeoisie verhindert werden. In den Verhältnissen selber stecke die Dialektik, die den Untergang der alten Klasse und den Aufstieg des Proletariats herbeiführe. Nicht um die Verwirklichung von „Idealen“ oder von wirtschaftlichen „Programmen“ handele es sich, sondern um die Vollstreckung dessen, was in der antagonistischen Struktur der kapitalistischen Gesellschaft angelegt sei. 4. Staat und Revolution Im Jahre 1864 haben Marx und Engels in London die „Internationale Arbeiterassoziation“ gegründet, die später den Namen der I. Internationale erhielt. Die nach deren Auflösung gegründete II. Internationale suchte das revolutionäre Element aus dem Marxismus zu entfernen und aus der Lehre von Marx und Engels ein evolutionäres, rein „ökonomisches“ System zu machen. Ihre Politik bestand darin, die Lage der Arbeiter zu verbessern und sich für demokratische Regierungsformen einzusetzen. Die Formel für diesen Revisionismus (Abweichungen) gab der deutsche Sozialdemokrat Eduard Bernstein mit den Worten: „Der Weg ist alles, das Ziel ist nichts.“ In die Theorie strömten idealistische, vor allem Kantische, Elemente ein. Man zog es mehr und mehr vor, nicht mehr von der materialistischen, sondern von der ökonomischen Geschichtsauffassung zu reden. Gegen diese staatspolitisch verantwortungsbewußten Bemühungen der II. Internationale kämpfte mit Erfolg Lenin, der spätere Begründer [S. 225]der III. Internationale (Kommunistische Internationale = Komintern). Seine für die Entwicklung des Marxismus entscheidende Abrechnung mit dem Revisionismus gab Lenin in seiner Abhandlung „Staat und Revolution“, die er unmittelbar vor der Oktoberrevolution im Jahre 1917 verfaßte. Darin wird unter einseitiger Auslegung von Marx und Engels gezeigt, daß der Prozeß, der zur klassenlosen Gesellschaft (Historischer Materialismus) führt, den revolutionären Terror als notwendiges Moment in sich einschließt. Die Lehre von der Dialektik, von dem in „Sprüngen“ sich vorwärts bewegenden geschichtlichen Prozeß, wird von Lenin wieder in den Mittelpunkt der revolutionären Theorie gerückt, nachdem sie vom Revisionismus als eine hegelianisierende Schwäche Marx' abgetan worden war. Alle opportunistischen oder demokratischen Auffassungen wurden von Lenin rücksichtslos ausgemerzt. Die Philosophie fand dabei besondere Berücksichtigung. Im Jahre 1908 befaßte sich Lenin in seinem Buch „Materialismus und Empiriokritizismus“ in aggressiver Weise mit den philosophischen Theorien russischer Marxisten, die sich dem westlichen Positivismus zuneigten. Nach Lenins Tode wurden Auszüge und Randglossen zu Hegels „Logik“ aus seinem Nachlaß veröffentlicht (Lenin, „Aus dem philosophischen Nachlaß“, 2. Aufl. Berlin 1949). In der materialistisch aufgefaßten Dialektik Hegels sah Lenin den Schlüssel zur Lösung aller wissenschaftlichen Probleme. Die marxistische Lehre vom Staat, so behauptet Lenin, sei durch den Revisionismus entstellt worden. Erst nach der sozialistischen Revolution „stirbt der Staat ab“. Der bürgerliche Staat schläft nicht von selber ein, wie der Opportunismus der Sozialdemokraten gelehrt habe, er müsse von den Proletariern beseitigt werden. „Die Ablösung des bürgerlichen Staates durch den proletarischen ist ohne gewaltsame Revolution unmöglich.“ (Lenin, Ausg. Werke, Moskau 1947, Bd. II, S. 173) Da jeder Staat nach der sozialistischen Auffassung, die von Marx und Engels geteilt wird, eine Diktatur ist, so bedeutet Diktatur des Proletariats nichts anderes als den Staat des Proletariats, der dazu bestimmt ist, den Staat der Bourgeoisie abzulösen. Der Ausdruck „Diktatur des Proletariats“ ist zuerst von Marx in seiner „Kritik des Gothaer Programms“ (1875) gebraucht worden. Aber schon im „18. Brumaire“ hat Marx den Gedanken von der notwendigen Zerstörung der alten Staatsmaschinerie angedeutet, was von Lenin als ein gewaltiger Schritt über das Kommunistische Manifest hinaus ausgelegt wird („Staat und Revolution“, Ausg. W. II, S. 177). Der entscheidende Motor der revolutionären Umgestaltung ist für Lenin die straff organisierte, aus einer aktiven Minderheit (zunächst den sog. „Berufsrevolutionären“) bestehende proletarische Partei, die als „Avantgarde der Arbeiterklasse“ in diese erst das revolutionäre Bewußtsein hineinträgt, sie organisiert und über sie hinaus (Bündnispolitik) eine Fülle weiterer Gruppen dem revolutionären Anliegen dienstbar macht. Die Diktatur des Proletariats wird von Lenin lediglich als erste Phase der kommunistischen Gesellschaft aufgefaßt. In dieser Phase, „die gewöhnlich Sozialismus genannt wird“, bestehe zwar schon das Gemeineigentum in bezug auf die Produktionsmittel, das bürgerliche Recht sei aber noch nicht ganz abgeschafft. Kommunismus sei das nicht. „Solange es einen Staat gibt, gibt es keine Freiheit. Wenn es Freiheit geben wird, wird es keinen Staat geben.“ („Staat und Revolution“, Ausg. W. II, S. 230 u. 231) Die klassenlose Gesellschaft ist [S. 226]die Gesellschaft der Freiheit. Wenn die Arbeiter selber die Großproduktion organisieren, dann entsteht — mit dem Absterben jedes Vorgesetztenwesens und Beamtentums — eine neue Ordnung, eine „Ordnung ohne Gänsefüßchen“, als deren Vorbild von Lenin nach dem Vorgang eines deutschen Sozialdemokraten die Postverwaltung angeführt wird („Staat u. Revolution“, Ausg. W. II, S. 195). Die Funktionen der Aufsichts- und Rechenschaftsablegung, meint Lenin, würden mit der Zeit von selbst fortfallen. „In unserem Streben zum Sozialismus sind wir überzeugt, daß er in den Kommunismus hinüberwachsen wird, und im Zusammenhang damit jede Notwendigkeit der Gewaltanwendung gegen Menschen überhaupt … verschwinden wird, denn die Menschen werden sich gewöhnen, die elementaren Regeln des gesellschaftlichen Zusammenlebens ohne Gewalt und ohne Unterordnung einzuhalten.“ („Staat und Revolution“, Ausg. W. II, S. 220) Ist die erste Phase vorüber, dann soll die sozialistische Gesellschaft klassenlos und damit staatenlos werden. Es wird hier deutlich, daß die Utopie von einer staatsfreien Gesellschaft von Lenin ebenso festgehalten wird wie von Marx und Engels. Auch nach der Oktoberrevolution hat sich bei Lenin in dieser Hinsicht nichts geändert. Auch nachdem zwei Jahre des Aufbaus „auf sozialistischer Grundlage“ vorüber waren, sprach Lenin immer noch von der neuen Ordnung, in der alles auf Freiwilligkeit aufgebaut sein würde. Kommunistische Arbeit wurde von ihm als freiwillige Arbeit ohne Norm und ohne Entlohnung bezeichnet, als Arbeit, die aus Gewohnheit und aus der zur Gewohnheit gewordenen Erkenntnis ihrer Notwendigkeit für das Gesamtwohl geleistet würde (Ausg. W. II, S. 667). Zu gleicher Zeit begründete Lenin aber in seiner Schrift über den Linksradikalismus die Notwendigkeit einer „eisernen und kampfgestählten Partei“, weil er voraussah, daß die Klassen noch „jahrelang“ bestehenbleiben würden (Ausg. W. II, S. 691). Als Stalin die Herrschaft antrat, war das Problem, das Lenin ungelöst liegenlassen mußte, in der Praxis dasselbe wie in der Theorie. Es war das Problem des Staates. Ein anderer Gedankengang konnte durch Stalin unverändert von Lenin übernommen werden. Marx und Engels hatten der unter ihren Augen sich vollziehenden Umbildung des Kapitalismus aus dem Konkurrenz-Kapitalismus in den Monopol-Kapitalismus (Imperialismus) nicht genügend Beachtung geschenkt. Lenin nahm die durch Kartelle, Syndikate und Trusts geschaffene neue Gestalt des Kapitalismus in die Theorie auf und bestimmte sie als „höchste Form des Kapitalismus“. „Der Imperialismus ist das monopolistische Stadium des Kapitalismus.“ (Ausg. W. II, S. 839) 5. Die Umgestaltung der Theorie seit Lenins Tod a) Die Ära Stalin Die Probleme, denen Stalin sich gegenübersah, ergaben, sich aus der Situation: Sozialismus in einem Lande, und zwar in einem überwiegenden Agrarlande, dessen erste Anfänge einer Industrieproduktion über das Stadium des Frühkapitalismus kaum hinausgewachsen waren. In diesem Lande fehlten also die wichtigsten, von Marx und Engels geforderten Voraussetzungen für die Einführung des Sozialismus; der Hochstand der Industrialisierung und die Masse des Proletariats. Praxis und Theorie mußten daher einer neuen Lage angepaßt werden. Die marxistisch-leninistische Theorie bedurfte also einer radikalen Umgestaltung, wenn sie einigermaßen mit der von Stalin befolgten Machtpolitik, einer in kürzester Zeit mit Gewalt und Terror zu [S. 227]erzwingenden Umgestaltung der Wirtschaft, Gesellschaft und der Einzelmenschen, übereinstimmen sollte. Diese Umgestaltung der Theorie wurde auf Stalins Geheiß in zwei Schüben durchgeführt — 1934 und 1947–1950, wobei, entsprechend der damaligen Lage der UdSSR, 1934 das Prinzip des proletarischen ➝Internationalismus der revolutionären Bewegung (Komintern) den nationalen und patriotischen Belangen der Sowjetunion und der KPdSU nachgeordnet wurde. Nach der Errichtung der bolschewistischen Herrschaft in den osteuropäischen Volksdemokratien wurde sodann nach dem 2. Weltkrieg das parteiliche Lehrgebäude durch die Lehre Stalins von der „kalten Revolution von oben“ ergänzt. (Stalinismus, Linguistikbriefe). b) Umbau der Theorie nach Stalins Tod Nach Stalins Tod, vor allem seit dem XX. Parteitag der KPdSU (Anfang 1956), ist nach parteioffizieller Version eine Rückkehr zur „reinen Lehre Lenins“ erfolgt. Der tote Stalin wurde aus der Reihe der „Klassiker des Marxismus-Leninismus“ ausgestoßen. Doch kann von einem wirklichen Bruch mit der Ideologie der Ära Stalin nicht die Rede sein. Die Betonung der Rolle der Staatsmacht ist erhalten geblieben (dementsprechend auch keine Abwertung der Lehre von der „Aktivität des Überbaues“). Die Repressionsgewalt wurde lediglich dadurch abgeschwächt, daß — unter Verdammung der These Stalins von der fortschreitenden Verschärfung des Klassenkampfes auch innerhalb der sozialistischen Weltzone — für die bolschewistischen Länder ein Abbau des innerstaatlichen Terrors (Wiederherstellung der „demokratischen Gesetzlichkeit“) postuliert wurde. Offenbar geht die Tendenz — in Fortsetzung des im Frühjahr 1953 von Malenkow proklamierten „Neuen Kurses“ — dahin, die Volksmassen bei unverminderter Aufrechterhaltung von Partei-, Staats- und Militärgewalt stärker für das Regime zu gewinnen. Die Umakzentuierung betrifft dementsprechend in erster Linie die Außenpolitik (Koexistenz) und das innere Gefüge der politischen Willensbildung (Kollektive Führung, Personenkult), die gemäß den von Lenin gegebenen Normen des Parteilebens durchgeführt werden soll. Dabei bleibt das Prinzip des Demokratischen Zentralismus als Norm der Willensbildung ebenso erhalten wie die weltrevolutionäre Zielsetzung. Lediglich mit veränderter Einschätzung der Weltlage hat sich die Taktik gewandelt. Doch gibt es Hinweise auf eine Abkehr vom großrussischen Imperialismus Stalins, auf positivistischere Tendenzen in der Wissenschaft, die sich z. T. von den Spekulationen des Dialektischen Materialismus weg und stärker technologischen und wirtschaftsorganisatorischen Fragen zugewendet hat, und oft auf einen Stil größerer Toleranz und verstärkter Sozialstaatlichkeit in der UdSSR selbst und einigen Satelliten, ohne daß indes das Gefüge des Ostblocks gelockert worden wäre. Literaturangaben Andreas, Theodor: Zur Widerlegung des dialektischen und historischen Materialismus. Pfaffenhofen/Ilm 1954, Ilmgau-Verlag. 114 S. Banning, Wilhelm: Der Kommunismus als politisch-soziale Weltreligion (a. d. Niederl. übers. v. P. Bamm). Berlin 1953, Lettner-Verlag. 298 S. Berdiajew, Nikolai: Wahrheit und Lüge des Kommunismus. Darmstadt 1953, Holle-Verlag. 128 S. Bochenski, Joseph M.: Der sowjetrussische dialektische Materialismus (Diamat). Bern 1950, Francke. 213 S. Bochenski, Joseph M.: Die kommunistische Ideologie … Bonn 1956, Bundeszentrale für Heimatdienst. 75 S. Bochenski, Joseph M., und Gerhart Niemeyer: Handbuch des Weltkommunismus. Freiburg i. Br. 1957, Karl Alber. 754 S. Buchholz, Arnold: Ideologie und Forschung in der sowjetischen Naturwissenschaft (Schriftenreihe Osteuropa Nr. 1). Stuttgart 1953, Deutsche Verlagsanstalt. Djilas, Milovan: Die neue Klasse — eine Analyse des kommunistischen Systems. München 1958, Kindler. 284 S. Fetscher, Iring: Von Marx zur Sowjetideologie. 3., erw. Aufl., Frankfurt a. M. 1959, Moritz Diesterweg. 202 S. Karisch, Rudolf: Christ und Diamat — Der Christ und der Dialektische Materialismus. 3., erw. Aufl., Berlin 1958, Morus-Verlag. 206 S. Lange, Max Gustav: Marxismus — Leninismus — Stalinismus. Stuttgart 1955, Ernst Klett. 210 S. Lehmbruch, Gerhard: Kleiner Wegweiser zum Studium der Sowjetideologie. Bonn 1958. 90 S. Lieber, Hans-Joachim: Die Philosophie des Bolschewismus in den Grundzügen ihrer Entwicklung (Staat u. Gesellschaft, Bd. 3) Frankfurt a. M. 1957, Moritz Diesterweg. 107 S. Löwenthal, Fritz: Das kommunistische Experiment — Theorie und Praxis des Marxismus-Leninismus. Köln 1957, Markus-Verlag. 280 S. Marxismusstudien, Sammelband, hrsg. v. E. Metzke (Schr. d. ev. Studiengemeinsch. Nr. 3). Tübingen 1954, Mohr. 243 S. Marxismusstudien, 2. F., Sammelband, hrsg. von I. Fetscher (Schr. d. ev. Studiengemeinsch. Nr. 5). Tübingen 1957, Mohr. 265 S. Milosz, Czeslaw: Verführtes Denken (mit Vorw. von Karl Jaspers). Köln 1955, Kiepenheuer und Witsch. 239 S. Stalin: Über dialektischen und historischen Materialismus (vollst. Text, m. krit. Kommentar von Iring Fetscher). Frankfurt a. M. 1956, Moritz Diesterweg. 126 S. Wetter, Gustav A.: Der dialektische Materialismus. Seine Geschichte und sein System in der Sowjetunion. 2. Aufl., Freiburg 1953, Herder. 659 S. Fundstelle: SBZ von A bis Z. Fünfte, überarbeitete und erweiterte Auflage, Bonn 1959: S. 222–227 Marxismus A, B, C, D, E, F, G, H, I, J, K, L, M, N, O, P, Q, R, S, T, U, V, W, Z MASSiehe auch: Marxismus-Leninismus: 1960 1962 1963 1965 1966 1969 1975 Marxismus-Leninismus (ML): 1979 1985 Theorie des Marxismus-Leninismus-Stalinismus: 1953 1954 1956 1958 [S. 222] 1. Theorie und Praxis. Parteimäßigkeit der Theorie Die europäischen Philosophen suchen seit den Griechen die Wahrheit zu erkennen. Dagegen sagt Marx: „Die Philosophen haben die Welt nur verschieden interpretiert: es kommt aber darauf an. sie zu verändern.“ Marx und Engels haben ihre Analyse…

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Kohlenindustrie (1959)
Siehe auch: Kohleindustrie: 1979 Kohlenbergbau: 1953 1954 Kohlenindustrie: 1956 1958 1960 1962 1963 1965 1966 1969 1975 a) Steinkohle. Die SBZ verfügt gegenüber der Bundesrepublik nur über geringe Steinkohlenvorkommen. Die erschlossenen und gewinnbaren Vorräte betragen nur noch etwa 37 Mill. t. Bei dem bisherigen Abbauumfang reichen die Vorräte noch für etwa 10 Jahre aus. Der erste Fünfjahrplan sah eine Fördersteigerung bei St. auf jährlich 3,8 Mill. t vor. Dieses Ziel war wegen der Abbauverhältnisse nicht erreichbar. Tatsächlich sind 1955 nur 2,6 Mill. t, 1956 und 1957 je 2,7 Mill. t und 1958 2,9 Mill. t gefördert worden. Diese Eigenförderung der SBZ deckt nicht einmal ein Drittel des Bedarfs. Zur Versorgung der Industriebetriebe, die nicht auf Braunkohle ausweichen können (z. B. Eisen- und Stahlwerke, Werke der Baustoff- und der chemischen Industrie, ferner die Gaswerke), sind deshalb Einfuhren an Steinkohle oder Steinkohlenkoks erforderlich. In den letzten Jahren wurden jährlich etwa 8 bis 9 Mill. t importiert. Zur Verminderung der Einfuhrabhängigkeit bei Steinkohlenkoks für metallurgische Zwecke wurde in Lauchhammer bei Riesa eine Großkokerei errichtet, in der nach neuartigem Verfahren Braunkohlenhartkoks erzeugt wird. Dieser Hartkoks ist jedoch bisher nur als Beimischung zu Steinkohlenkoks verwendbar. Die Versuche zur Verbesserung dieses Hartkokses sind noch nicht abgeschlossen. b) Braunkohle. Das Gebiet der SBZ ist verhältnismäßig reich an Braunkohlenvorkommen. Die erschließbaren Vorräte werden auf 24 Milliarden t geschätzt, davon im Tagebau abbaubare Vorräte 22 Milliarden t. 1938 entfielen zwei Drittel der deutschen Braunkohlenförderung auf das Gebiet der SBZ, 1957 etwas mehr als die Hälfte. — Nach dem Einmarsch der Sowjetarmee begannen umfangreiche Demontagen (Reparationen). Sie betrugen im Braunkohlenbergbau [S. 178]annähernd 40 v. H., in den Brikettfabriken etwa 37 v. H. der Erzeugungskapazitäten. Der Wiederaufbau ging trotz größter Materialschwierigkeiten verhältnismäßig rasch vonstatten: Das Ansteigen der Förderung ist wesentlich auch auf die Einführung der Sonntagsarbeit im Bergbau zurückzuführen. Trotz beträchtlicher Braunkohlenförderung war das Gebiet der SBZ bereits vor 1945 Kohlenzuschußgebiet. Nach dem Zusammenbruch und der Spaltung Deutschlands erhöhte sich der Zuschußbedarf. In der SBZ müssen 90 v. H. der Elektroenergie mangels anderer Primärenergieträger aus Braunkohle erzeugt werden. Für viele Industriezweige ist Braunkohle unentbehrlicher Rohstoff. Da Steinkohlenzufuhren wegfielen, mußten Industrie und Reichsbahn sich weitgehend auf Braunkohle umstellen. Braunkohle gehört aber auch zu den attraktivsten Ausfuhrgütern der SBZ. Die Bundesrepublik und West-Berlin beziehen im Interzonenhandel beträchtliche Mengen. Braunkohle ist in der SBZ noch immer streng bewirtschaftet. An letzter Stelle in der Rangfolge der Belieferung steht der Bevölkerungsbedarf, der zu einem erheblichen Teil mit Braunkohlenabfällen und Torf nur unzulänglich abgedeckt wird. — Von sowjetzonalen Fachleuten wurde erklärt, daß die Entwicklung in der Kohlenindustrie der allgemeinen Bedarfssteigerung in der Industrie nicht zu folgen vermag. Die Energielücke vergrößert sich ständig (Energiewirtschaft). Es sei deshalb erforderlich, die Ausnutzung der Atomenergie in die Wege zu leiten. Bis Ende 1970 sollen neue Atomkraftwerke einen Teil der herkömmlichen Kraftwerke ersetzt haben. — Die Braunkohlenförderung wird indessen auch im zweiten Fünfjahrplan forciert. Bis 1960 ist gegenüber 1955 eine Fördersteigerung um 22 v. H. geplant. Literaturangaben *: Die Kohlenindustrie in der sowjetischen Zone. (BB) 1951. 39 S. m. 11 Tab. u. 1 Beilage. Karden, Erich: Der Bergbau in der sowjetischen Besatzungszone. (Mat.) 1954. 44 S. m. 13 Anlagen. *: Der Kohlenbergbau und die Energiewirtschaft in der sowjetischen Besatzungszone Deutschlands im Jahre 1955 und nach der Planung 1956/60. (FB) 1957. 91 S. m. 5 Anlagen. Fundstelle: SBZ von A bis Z. Fünfte, überarbeitete und erweiterte Auflage, Bonn 1959: S. 177–178 Koexistenz A, B, C, D, E, F, G, H, I, J, K, L, M, N, O, P, Q, R, S, T, U, V, W, Z KolchosSiehe auch: Kohleindustrie: 1979 Kohlenbergbau: 1953 1954 Kohlenindustrie: 1956 1958 1960 1962 1963 1965 1966 1969 1975 a) Steinkohle. Die SBZ verfügt gegenüber der Bundesrepublik nur über geringe Steinkohlenvorkommen. Die erschlossenen und gewinnbaren Vorräte betragen nur noch etwa 37 Mill. t. Bei dem bisherigen Abbauumfang reichen die Vorräte noch für etwa 10 Jahre aus. Der erste Fünfjahrplan sah eine Fördersteigerung bei St. auf jährlich 3,8 Mill. t vor. Dieses Ziel war…

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Gerichtsverfassung (1959)
Siehe auch die Jahre 1953 1954 1956 1958 1960 1962 1963 1965 1966 1969 1975 1979 1985 Die G. blieb in den Ländern der SBZ nach dem Zusammenbruch 1945 hinsichtlich der Gerichtsorganisation zunächst in der herkömmlichen Weise geregelt: ein Oberstes Gericht für die SBZ fehlte bis zum Jahre 1949 (das Reichsgericht war 1945 von den Besatzungsmächten geschlossen worden). Durch VO vom 28. 8. 1952 (GBl. S. 791) wurde die Gerichtsorganisation der durch die sog. Verwaltungsreform geschaffenen Bezirks- und Kreiseinteilung angeglichen und zugleich das Rechtsmittel der Revision beseitigt. Mit dem am 15. 10. 1952 in Kraft ge[S. 123]tretenen „Gesetz über die Verfassung der Gerichte der DDR (Gerichtsverfassungsgesetz)“ (GVG) vom 1. 10. 1952 (GBl. S. 985) wurde das seit 1879 in Deutschland geltende Gerichtsverfassungsgesetz außer Kraft gesetzt. Durch das Gesetz zur Änderung und Ergänzung des Gerichtsverfassungsgesetzes vom 1. 10. 1959 und durch das Gesetz über die Wahl der Richter vom gleichen Tage wurde das GVG in einigen Bestimmungen entscheidend verändert. „Die Gerichte sind Organe der einheitlichen volksdemokratischen Staatsmacht“ (§ 1 GVG). „Die Gerichte tragen durch ihre Tätigkeit dazu bei, daß in ihrem Bereich die staatlichen Aufgaben erfolgreich gelöst, insbesondere die Volkswirtschaftspläne erfüllt werden“ (§ 2, Abs. 2 GVG). Die Rechtsprechung wird ausgeübt durch Kreisgerichte, Bezirksgerichte und das Oberste Gericht und soll „dem Sieg des Sozialismus, der Einheit Deutschlands und dem Frieden“ dienen (§ 2, Abs. 1 Satz 1, GVG). Die Urteile ergehen „im Namen des Volkes“. Die Richter sollen angeblich „in ihrer Rechtsprechung unabhängig und nur der Verfassung und dem Gesetz unterworfen“ sein (§ 7 GVG und Art. 127 der Verfassung); tatsächlich sind jedoch weder die persönliche noch die sachliche Unabhängigkeit der Richter gewährleistet (Unabhängigkeit der ➝Richter, Schöffen, Instrukteurwesen). Die Verhandlungen sind grundsätzlich öffentlich; die Öffentlichkeit kann jedoch in bestimmten Fällen ausgeschlossen werden. Ausnahmegerichte sind unzulässig; dagegen können Gerichte für bestimmte Sachgebiete (Sondergerichte) errichtet werden. Die Gerichtssprache ist deutsch (in der Lausitz kann in sorbischer Sprache verhandelt werden) (Wenden). Kreisgericht (KrG): In jedem Kreis besteht ein KrG, das von einem Direktor geleitet wird und in Straf- und Zivilkammern gegliedert ist; sie sind mit einem Richter als Vorsitzendem und zwei Schöffen besetzt. Das KrG ist zuständig: a) für alle Strafsachen, in denen nicht die Zuständigkeit eines höheren Gerichtes begründet ist bzw. in denen der Staatsanwalt Anklage vor dem KrG erhebt, und b) für alle Zivilsachen, soweit nicht „eine Partei Träger gesellschaftlichen Eigentums ist und der Streitwert 3.000 DM Ost übersteigt“. — Bei jedem KrG besteht eine Rechtsauskunftsstelle zur Beratung der Bevölkerung und ist mindestens ein Gerichtsvollzieher angestellt. Bezirksgericht (BG): In jedem Bezirk besteht ein BG, das von einem Direktor geleitet wird und in Straf- und Zivilsenate gegliedert ist; sie sind in der ersten Instanz mit einem Oberrichter oder Richter als Vorsitzendem und 2 Schöffen, in der zweiten Instanz mit einem Oberrichter als Vorsitzendem und 2 weiteren Richtern besetzt. Das BG ist zuständig: 1. in erster Instanz a) für Strafsachen, die „Verbrechen gegen die DDR“, Mord oder besonders schwere Wirtschaftsverbrechen zum Gegenstand haben oder in denen der Staatsanwalt wegen ihrer Bedeutung Anklage vor dem BG erhebt, und b) in allen Zivilsachen, die nicht vor das Kreisgericht gehören; 2. in zweiter Instanz für die mit einem Rechtsmittel angefochtenen Entscheidungen der Kreisgerichte in Straf- und Zivilsachen. Oberstes Gericht (OG): Als oberstes Gericht für die SBZ besteht das durch Gesetz vom 8. 12. 1949 (GBl. S. 111) errichtete OG mit dem Sitz in Ost-Berlin, das von einem Präsidenten und einem Vizepräsidenten geleitet wird und in Straf- und Zivilsenate gegliedert ist; sie sind mit einem Oberrichter als Vorsitzendem und zwei weiteren Richtern besetzt. Das OG ist zuständig: 1. in erster und letzter Instanz für Strafsachen, in denen der Generalstaatsanwalt wegen ihrer Bedeutung Anklage vor dem OG erhebt; 2. in zweiter Instanz für die mit einem Rechtsmittel angefochtenen erstinstanzlichen Entscheidungen der Bezirksgerichte in Straf- und Zivilsachen und für die Entscheidung über die Berufung in bestimmten Patentsachen; 3. als Kassationsgericht in Straf- und Zivilsachen einschließlich der Arbeitsgerichtssachen. — Das Plenum des OG setzt sich aus sämtlichen Richtern des OG zusammen; für eine Entscheidung ist die Teilnahme von mindestens zwei Dritteln aller Mitglieder des OG erforderlich. Das Plenum ist zuständig, wenn ein Senat des OG bei der Entscheidung einer grundsätzlichen Rechtsfrage von der Entscheidung eines anderen Senats oder des Plenums abweichen will, und für die Kassation einer Entscheidung des OG. Das Plenum kann in Zusammenhang mit einer Entscheidung Richtlinien mit bindender Wirkung für alle Gerichte erlassen. Auf Antrag des Ministerrates erstattet das Plenum ferner Rechtsgutachten. — Präsident des OG ist seit dessen Errichtung: Dr. h. c. Kurt Schumann (NDPD). Da der Sowjetsektor Berlins nicht zur „DDR“ gehört, besteht dort eine eigene Gerichtsorganisation: Ein Stadtbezirksgericht in jedem der acht Stadtbezirke (Zu[S. 124]ständigkeit wie Kreisgericht), das Stadtgericht (Zuständigkeit wie Bezirksgericht) und als Rechtsmittel und Kassationsinstanz das Kammergericht. Die vom OG erlassenen Richtlinien werden in gleichem Wortlaut wenige Tage später vom Kammergericht für den Bereich der Ost-Berliner Justiz erlassen. Als Gericht erster Instanz in Strafsachen wird das Kammergericht in der Praxis im Gegensatz zum OG nicht tätig. (Rechtswesen) Literaturangaben Rosenthal, Walther, Richard Lange, und Arwed Blomeyer: Die Justiz in der sowjetischen Besatzungszone Deutschlands. 4., überarb. Aufl. (BB) 1959. 206 S. Fundstelle: SBZ von A bis Z. Fünfte, überarbeitete und erweiterte Auflage, Bonn 1959: S. 122–124 Gerichtskritik A, B, C, D, E, F, G, H, I, J, K, L, M, N, O, P, Q, R, S, T, U, V, W, Z GerichtsvollzieherSiehe auch die Jahre 1953 1954 1956 1958 1960 1962 1963 1965 1966 1969 1975 1979 1985 Die G. blieb in den Ländern der SBZ nach dem Zusammenbruch 1945 hinsichtlich der Gerichtsorganisation zunächst in der herkömmlichen Weise geregelt: ein Oberstes Gericht für die SBZ fehlte bis zum Jahre 1949 (das Reichsgericht war 1945 von den Besatzungsmächten geschlossen worden). Durch VO vom 28. 8. 1952 (GBl. S. 791) wurde die Gerichtsorganisation der durch die sog. Verwaltungsreform geschaffenen…

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Sowjetische Handelsgesellschaften (1959)
Siehe auch die Jahre 1953 1954 1956 1958 1960 1962 1963 1965 1966 1969 1975 Seit 1946 in der SBZ bestehende sowjetische Gesellschaften, die mehrere Jahre lang in den sowjetzonalen Außen- und Binnenhandel eingeschaltet waren. Ihre Hauptaufgabe war der Ankauf von Erzeugnissen sowjetzonaler und SAG-Betriebe und der Export dieser Güter in Länder des Sowjetblocks oder des westlichen Auslandes. Bei den SH. handelte es sich teils um Filialen Moskauer Handelsgesellschaften in der Zone, wie z. B. Rasnoexport, Technoexport, Maschinoimport, Sojuspuschtschina Sovexportfilm u. a., teils um sog. deutschrussische Gesellschaften, wie Derutra und Derunapht, teils [S. 326]um direkte Organe der sowjetischen Besatzungsmacht, wie die Wirtschaftsverwaltung der sowjetischen Besatzungstruppen (GSOW). Inzwischen wurden einige SH. aufgelöst. Ihre Aufgaben übertrug man sowjetzonalen Stellen. Bis Ende 1953 spielten die SH. infolge ihrer privilegierten Stellung eine bedeutende Rolle im Wirtschaftsleben der Zone. Die sowjetzonalen Produktionsbetriebe mußten Aufträge der SH. mit Vorrang vor deutschem Bedarf ausführen. Die SH. waren bis Ende 1953 auch im Veredelungsverkehr eingeschaltet; sie führten aus dem Ausland oder aus der Bundesrepublik Rohstoffe ein, welche nach der Verarbeitung die SBZ wieder verließen. Als Veredelungsentgelt verblieben den Betrieben in der Zone gewisse Prozentsätze des eingeführten Rohstoffes, die jedoch meistens ebenfalls nach Anweisungen der SH. zur Fertigung von Waren für sowjetische Rechnung verwendet werden mußten. Die Lieferwerke in der sowjetisch besetzten Zone erfuhren in keinem Falle, welche Erlöse mit ihren Gütern erzielt wurden. Sie erhielten lediglich Gutschriften nach den 1944er Stopppreisen in DM Ost. Der Export von Erzeugnissen der SBZ stellte für die Sowjets eine der ergiebigsten Quellen der Bereicherung dar. (Außenhandel). Seit Anfang 1954 wickeln die SH. ihre Geschäfte nicht mehr direkt mit den Herstellbetrieben, sondern über die sowjetzonalen Außenhandelsorgane ab. (DIA) Literaturangaben *: Die sowjetische Hand in der deutschen Wirtschaft. Organisation und Geschäftsgebaren der sowjetischen Unternehmen. (BB) 1953. 100 S. m. 2 Anlagen. Fundstelle: SBZ von A bis Z. Fünfte, überarbeitete und erweiterte Auflage, Bonn 1959: S. 325–326 Sowjetische Aktiengesellschaften (SAG) A, B, C, D, E, F, G, H, I, J, K, L, M, N, O, P, Q, R, S, T, U, V, W, Z Sowjetische KontrollkommissionSiehe auch die Jahre 1953 1954 1956 1958 1960 1962 1963 1965 1966 1969 1975 Seit 1946 in der SBZ bestehende sowjetische Gesellschaften, die mehrere Jahre lang in den sowjetzonalen Außen- und Binnenhandel eingeschaltet waren. Ihre Hauptaufgabe war der Ankauf von Erzeugnissen sowjetzonaler und SAG-Betriebe und der Export dieser Güter in Länder des Sowjetblocks oder des westlichen Auslandes. Bei den SH. handelte es sich teils um Filialen Moskauer Handelsgesellschaften in der Zone, wie z. B.…

DDR A-Z 1959
Handelszentralen, Deutsche (DHZ) (1959)
Siehe auch: Deutsche Handelszentralen: 1975 1979 Deutsche Handelszentralen (DHZ): 1969 Handelszentralen: 1969 1975 Handelszentralen, Deutsche (DHZ): 1953 1954 1956 1958 1960 1962 1963 1965 1966 1949–1950 gegründete staatliche Großhandelsorgane mit der Aufgabe, die „volkseigene“ Wirtschaft mit Roh- und Hilfsstoffen sowie Fertigfabrikaten zu versorgen und deren Erzeugnisse zu verteilen. Die DHZ übernahmen 1950 z. T. auch den Aufkauf und den Absatz von Erzeugnissen der SAG-Betriebe und der privaten Industrie, soweit sie für die Durchführung des 1. Fünfjahrplanes von Bedeutung waren. Nach vielfacher Kritik an ihrer Tätigkeit wurden die DHZ ab 1. 1. 1952 den zuständigen Produktionsministerien und Staatssekretariaten mit eig. Geschäftsbereich unterstellt, wodurch insbesondere die Sortimentsproduktion dem tatsächlichen [S. 140]Bedarf angepaßt werden sollte. Mit der Einführung des Allgemeinen Vertragssystems verminderte sich die Zuständigkeit der DHZ für einen Großteil der Warenbewegungen. Ihre Tätigkeit beschränkte sich mehr und mehr auf die Versorgung des staatlichen, genossenschaftlichen und privaten Einzelhandels. Anfang 1953 schwenkte die Handelspolitik erneut um. Durch VO vom 22. 1. 1953 wurden die Absatzabteilungen bei den Produktionsministerien und die Großhandelskontore für Konsumgüter errichtet. Den bisherigen DHZ wurde die Durchführung des Warenumsatzes im Direktverkehr abgenommen (dies übernahmen die Absatzabteilungen). Die Aufgaben der DHZ beschränkten sich seitdem auf Warenbewegungen zwischen solchen industriellen Verbrauchern, die nicht im Direktverkehr abgewickelt werden können. Im Zuge der Reorganisation der Wirtschaft im Jahre 1958 wurden die fachlich gegliederten zentralen Leitungen der DHZ aufgelöst; die örtlichen Niederlassungen der DHZ, die die Warenbewegung praktisch durchführen, wurden den neuen Staatlichen Kontoren unterstellt. Die von diesen übernommenen Niederlassungen firmieren zum Teil weiter als „Deutsche Handelszentralen“, zum Teil weist ihre Firmierung nicht auf das Unterstellungsverhältnis hin, sondern ist neutral, z. B. „Leipziger Eisen- und Stahlhandel“. Fundstelle: SBZ von A bis Z. Fünfte, überarbeitete und erweiterte Auflage, Bonn 1959: S. 139–140 Handelswirtschaftler A, B, C, D, E, F, G, H, I, J, K, L, M, N, O, P, Q, R, S, T, U, V, W, Z Handke, GeorgSiehe auch: Deutsche Handelszentralen: 1975 1979 Deutsche Handelszentralen (DHZ): 1969 Handelszentralen: 1969 1975 Handelszentralen, Deutsche (DHZ): 1953 1954 1956 1958 1960 1962 1963 1965 1966 1949–1950 gegründete staatliche Großhandelsorgane mit der Aufgabe, die „volkseigene“ Wirtschaft mit Roh- und Hilfsstoffen sowie Fertigfabrikaten zu versorgen und deren Erzeugnisse zu verteilen. Die DHZ übernahmen 1950 z. T. auch den Aufkauf und den Absatz von Erzeugnissen der…

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Widerstand (1959)
Siehe auch die Jahre 1960 1962 1963 1965 1966 1969 1975 1979 Da der Bolschewismus grundsätzlich die parteiliche Einseitigkeit seines Regimes fordert, nicht bereit ist, die Macht mit anderen Anschauungen und ihren Trägergruppen zu teilen und keinen Platz für eine konstruktive Opposition beläßt, besteht für Andersdenkende nur die Alternative, zu emigrieren, sich in die innere Emigration zurückzuziehen, zu kapitulieren oder aber Meinungen, Gesinnungen und möglicherweise Verhaltensweisen zu vertreten, die vom Regime als „feindlich“ verfolgt werden (Strafrechtsergänzungsgesetz). In Mitteldeutschland, einem bis in die Arbeiterschaft hinein durch und durch von bürgerlich-abendländischer Gesittung geprägten Gebiet, mußte das Mißverhältnis zwischen der von der Führung geforderten Weltanschauung und den wirklichen Anschauungen der Massen besonders kraß hervortreten. Vor allem vier Gruppen von Opponenten sind in Erscheinung getreten: Exponenten des bürgerlichen und bäuerlichen Konservatismus, vor allem aus der älteren Generation, die, vom Regime ohnehin als potentielle Klassenfeinde beargwöhnt, von vornherein einen schweren Stand hatten; überzeugte Christen, und zwar sowohl Protestanten wie auch Katholiken aus den kleinen katholischen Enklaven — Eichsfeld! —, und hier auch vielfach Angehörige der jungen Generation (Junge Gemeinde); Exponenten der sozialdemokratischen Arbeiterschaft, vor allem in den Räumen Leipzig, Halle, Magdeburg und Ost-Berlin; schließlich auch zahlreiche Vertreter der akademischen Intelligenz einschließlich des „parteilich“ erzogenen Hochschulnachwuchses. Der W. dieser Gruppen hat aber in der Regel nur die Form passiver Resistenz und der ängstlich im Privatbereich gehüteten Solidarisierung der Andersmeinenden angenommen, was zur Folge gehabt hat, daß das Regime trotz häufiger terroristischer Maßnahmen diesen W. bis heute nicht hat brechen können. Lediglich der Juni-Aufstand 1953 stellte eine gegnerische Großaktion von politischer Dimension dar, die ohne das Eingreifen der Sowjettruppen zweifellos zum Zusammenbruch des SED-Regimes geführt hätte. Anderseits ist zu berücksichtigen, daß die in der SBZ im Unterschied zu den übrigen Volksdemokratien günstige Chance zur Flucht, die im Jahresdurchschnitt von 150.000 bis 200.000 Personen wahrgenommen worden ist, im Lauf der Jahre zu einer Aushöhlung der Bereitschaft zum aktiven W. geführt hat. (Flüchtlinge) Fundstelle: SBZ von A bis Z. Fünfte, überarbeitete und erweiterte Auflage, Bonn 1959: S. 394 Widerspruch A, B, C, D, E, F, G, H, I, J, K, L, M, N, O, P, Q, R, S, T, U, V, W, Z WiedervereinigungSiehe auch die Jahre 1960 1962 1963 1965 1966 1969 1975 1979 Da der Bolschewismus grundsätzlich die parteiliche Einseitigkeit seines Regimes fordert, nicht bereit ist, die Macht mit anderen Anschauungen und ihren Trägergruppen zu teilen und keinen Platz für eine konstruktive Opposition beläßt, besteht für Andersdenkende nur die Alternative, zu emigrieren, sich in die innere Emigration zurückzuziehen, zu kapitulieren oder aber Meinungen, Gesinnungen und möglicherweise Verhaltensweisen zu…

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Verlagswesen (1959)
Siehe auch die Jahre 1953 1954 1956 1958 1960 1962 1963 1965 1966 1969 1975 1979 1985 Wie jeder andere Wirtschaftszweig unterliegt auch das V. der zentralen Wirtschaftsplanung (Wirtschaftssystem). Die „zentrale Literaturplanung“ hat „dafür zu sorgen, daß die veröffentlichte Literatur in hohem Maße beiträgt zur Lösung unserer politischen, wirtschaftlichen und kulturellen Aufgaben“ (der damalige Leiter des Amtes für Literatur und Verlagswesen, Fritz Apelt, auf einer Verlegerkonferenz am 20./22. 11. 1953), und der Themenplan des einzelnen Verlages „muß auf der Perspektive der Volkswirtschaftspläne und den Beschlüssen von Partei und Regierung basieren“ („Neues Deutschland“, 3. 5. 1957). Diese „Perspektivplanung“ soll den „planmäßigen Absatz der gesamten Literatur auf der Grundlage einer wissenschaftlich-kulturpolitisch orientierten Bedarfsermittlung“ sichern. Das V. untersteht der Abt. „Literatur und Buchwesen“ im Ministerium für Kultur, die für die allgemeine Steuerung der Buchproduktion und die „sozialistische Gestaltung“ der Verlagsprogramme verantwortlich ist. Die graphische Industrie untersteht seit 1958 dagegen der Staatlichen ➝Plankommission; Zensur und Papierzuteilung sind also der Kompetenz nach getrennt. 1957 waren an der Buchproduktion in der SBZ 117 Verlage beteiligt, davon 48 (= 41 v. H.) mit höchstens 10 Titeln. In Leipzig ging die Zahl der Verlage von 401 im Jahre 1926 auf 35 (1955) zurück. Von den 5.359 Titeln des Jahres erschienen 3.209 in Ost-Berlin, 1.305 in Leipzig und 62,7 v. H. in Großverlagen, die dem Staat, der SED oder einer Massenorganisation gehören. Alle staatseigenen Verlage wurden 1959 in einer VVB Verlage zusammengeschlossen. In der SBZ werden auch heute noch keine nachprüfbaren Angaben über die Besitzverhältnisse der Verlage und über deren Produktion veröffentlicht. 1957 waren nur 11 Verlage noch mit Sicherheit in Privatbesitz, doch betrug ihr Anteil an der Produktion wahrscheinlich kaum noch 5 v. H. Zu den „volkseigenen“ Verlagen (Volkseigentum) gehören u. a. das Bibliographische Institut, die Verlage Brockhaus, Reclam, Teubner, Breitkopf & Härtel, die widerrechtlich enteignet wurden und trotzdem meist noch unter dem gleichen Namen produzieren wie in der Bundesrepublik. Die „organisationseigenen Verlage“ unterstehen dem Druckerei- und Verlagskontor in Ost-Berlin, einer Außenstelle des ZK der SED. Der sowjetzonale Dietz-Verlag gehört der SED, der Aufbau-Verlag dem Deutschen ➝Kulturbund, der Verlag Neues Leben der FDJ, der Verlag Kultur und Fortschritt der Gesellschaft für ➝deutsch-sowjetische Freundschaft, der Urania-Verlag der Gesellschaft zur Verbreitung wissenschaftlicher Kenntnisse und der Verlag Tribüne dem FDGB. Von den 8.321 im Jahre 1956 erschienenen Titeln waren 985 Übersetzungen, meist aus dem Russischen und anderen slawischen Sprachen; die Hälfte der Übersetzungen entfiel auf schöne Literatur und Jugendschriften. Die durchschnittlichen Bücherpreise liegen bei der schönen Literatur geringfügig, bei der Fachliteratur teilweise beträchtlich unter den westdeutschen. Der Buchexport ist monopolisiert (Deutscher ➝Buch-Export und -Import); im Verkehr mit der Bundesrepublik vollzieht er sich im Rahmen des Interzonenhandels. (Kulturpolitik, Buchhandel, Bibliotheken, Zeitschriften) Literaturangaben Taubert, Sigfred: Buchproduktion und Verlagswesen der sowjetisch besetzten Zone Deutschlands im Jahre 1955. (BMG) 1956. 34 S. m. 17 Tab. Fundstelle: SBZ von A bis Z. Fünfte, überarbeitete und erweiterte Auflage, Bonn 1959: S. 372 Verkehrswesen A, B, C, D, E, F, G, H, I, J, K, L, M, N, O, P, Q, R, S, T, U, V, W, Z Vermittlungskontor für Maschinen- und Materialreserven, StaatlichesSiehe auch die Jahre 1953 1954 1956 1958 1960 1962 1963 1965 1966 1969 1975 1979 1985 Wie jeder andere Wirtschaftszweig unterliegt auch das V. der zentralen Wirtschaftsplanung (Wirtschaftssystem). Die „zentrale Literaturplanung“ hat „dafür zu sorgen, daß die veröffentlichte Literatur in hohem Maße beiträgt zur Lösung unserer politischen, wirtschaftlichen und kulturellen Aufgaben“ (der damalige Leiter des Amtes für Literatur und Verlagswesen, Fritz Apelt, auf einer Verlegerkonferenz am…

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Sport und Technik, Gesellschaft für (GST) (1959)
Siehe auch: Gesellschaft für Sport und Technik: 1958 1960 1962 1963 1965 1966 Gesellschaft für Sport und Technik (GST): 1969 1975 1979 1985 Sport und Technik, Gesellschaft für: 1953 1954 Sport und Technik, Gesellschaft für (GST): 1956 1958 1960 1962 1963 1965 1966 Organisation zur vormilitärischen Ausbildung von Jugendlichen und Erwachsenen beiderlei Geschlechts. Gegründet durch Regierungsverordnung vom 7. 8. 1952 als „Körperschaft des öffentlichen Rechts“. Beitritt vom 14. Lebensjahr an wird angestrebt. Die GST unterstand bis 1. 3. 1956 dem Innen-, nun dem Verteidigungsministerium, das auch die hauptamtlichen Funktionäre besoldet. 1. Sekretär: Richard ➝Staimer. Die GST soll ihren Mitgl. „militärische Grundkenntnisse auf den Gebieten des Segel- und Motorflugsportes, des Flugmodell- und Fallschirmsportes sowie des Motor - und Seesportes, des Schieß- und Geländesportes und des Amateurfunkens als Massensport vermitteln“. Sie soll „die Regierung der DDR bei der Organisierung der bewaffneten Verteidigung der Heimat und des sozialistischen Aufbaus unterstützen“. So hieß es im I. Statut der GST vom August 1952. Da die motorsportlichen und technischen Möglichkeiten lockten und auf eine offene Bindung an die SED verzichtet wurde, hatte die GST bis Ende 1952 einen sehr starken Zulauf. Die Einführung einer Pflichtausbildung in Schießen und Geländedienst und einer Art Politschulung drosselte den Zulauf und brachte Austritte. Dennoch veranlaßte die SED das 2. Statut vom November 1954, das den militärähnlichen Charakter der GST verstärkte und sie „der Führung der Arbeiterklasse und ihres Vortrupps, der SED“ unterstellte. Das 3. Statut vom Sept. 1956, das seit 21. 2. 1957 in Kraft ist, brachte nichts grundlegend Neues. Doch wird die GST nicht mehr ausdrücklich der SED, sondern dem „Arbeiter-und-Bauernstaat - der DDR“ unterstellt. Zugleich werden die „Erziehung … zum guten Patrioten“ und „enge Zusammenarbeit mit der Nationalen Volksarmee“ statt mit der KVP verlangt. Seit Sommer 1955 wird die GST auch an Normalkaliberwaffen ausgebildet, im Interesse der Luftwaffe werden Segelfliegen und Fallschirmspringen stark betrieben, die Nachrichtentechnik soll allen Waffengattungen zugute kommen. Die Geländekunde und der Felddienst werden oft als Touristik umschrieben. Die Erziehung zum Patriotismus und zum Kommunismus wird in der GST je offener gefordert, je mehr sie ein Werbeplatz der KVP, seit 1956 der Nationalen Volksarmee geworden ist. Die vormilitärische Ausbildung erfolgt oft durch Angehörige der allgemeinen Volkspolizei und zunehmend durch Funktionäre der GST, die schon gediente Reservisten der Volksarmee, der Grenzpolizei oder der Bereitschaftspolizei sind. Seit 1955 darf die GST, obwohl ihre Funktionäre meist älter sind, nur 14- bis 24jährige ausbilden. Die Waffenausbildung der über 24 Jahre alten Männer ist den Kampfgruppen vorbehalten. Einheiten der GST wirken meist an den großen Kampfübungen der Kampfgruppen mit. An der vormilitärischen Ausbildung der Hoch- und Fachschüler liegt der GST besonders. Jede Hoch- und Fachschule hat eine Grundeinheit, wenn auch die Nationale Volksarmee (bis 1955: KVP) die anschließende fortgeschrittene Ausbildung vornimmt. — Nach Vorbereitung durch die 3. Hochschulkonferenz der SED (2. 3. 1958) erließ am 4. 7. 1958 das Staatssekretariat für das Hoch- und Fachschulwesen eine Anweisung (Nr. 113) über die militärische Ausbildung, in der es heißt, sie bilde mit dem Studium eine Einheit. An je einem vorlesungsfreien Nachmittag jeder Woche ist die militärische (d. h. vormilitärische) Ausbildung verbindlich. Ferner sind im Pflichtsport die erforderlichen „militärsportlichen Übungen“ durchzuführen. Nach §§ 3 und 4 der Anordnung müssen die waffenuntauglichen und weiblichen Hochschüler sich bei Luftschutz, Deutschem Rotem Kreuz und Feuerwehr ausbilden lassen; dieser Dienst wird als „Heimatschutz“ bezeichnet. Laut § 7 wirken bei der ges. Ausbildung SED, FDGB, FDJ, GST und Luftschutz mit der Hochschule zusammen. Die Hochschulen weisen (obwohl die betr. §§ der Anw. 113 nicht veröffentlicht sind) die älteren Studentenjahrgänge, die die GST hinter sich haben, geschlossen monatsweise benachbarten Einheiten der Nationalen Volksarmee zur eigentlichen Ausbildung zum Reserveoffizier zu. — Ab 1. 9. 1959 ist die gleiche vormilitärische Ausbildung - mit „Heimatschutz“ und anschließenden geschlossenen Monatslehrgängen bei der Armee- für alle Fachschüler verbindlich. Die GST zählte im Frühjahr 1958 etwa 625.000 nominelle Mitglieder, davon dürften etwa 160.000 aktiv sein. — Sie ist nicht nur eine vormilitärische Erziehungsorganisation, sondern hat mit ihrem aktiven Kern den Charakter einer militärähnlichen Miliz. (Militärpolitik) Literaturangaben Kopp, Fritz: Chronik der Wiederbewaffnung in Deutschland, Rüstung der Sowjetzone — Abwehr des Westens (Daten über Polizei und Bewaffnung 1945 bis 1958). Köln 1958, Markus-Verlag. 160 S. Fundstelle: SBZ von A bis Z. Fünfte, überarbeitete und erweiterte Auflage, Bonn 1959: S. 338 Sporttoto A, B, C, D, E, F, G, H, I, J, K, L, M, N, O, P, Q, R, S, T, U, V, W, Z SSDSiehe auch: Gesellschaft für Sport und Technik: 1958 1960 1962 1963 1965 1966 Gesellschaft für Sport und Technik (GST): 1969 1975 1979 1985 Sport und Technik, Gesellschaft für: 1953 1954 Sport und Technik, Gesellschaft für (GST): 1956 1958 1960 1962 1963 1965 1966 Organisation zur vormilitärischen Ausbildung von Jugendlichen und Erwachsenen beiderlei Geschlechts. Gegründet durch Regierungsverordnung vom 7. 8. 1952 als „Körperschaft des öffentlichen Rechts“. Beitritt vom 14.…

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Kriegsverbrecherprozesse (1959)
Siehe auch die Jahre 1953 1954 1956 1958 1960 1962 1963 1965 1966 1969 1975 1979 1985 Mit der Auflösung der sowjetischen Konzentrationslager in der SBZ wurden ein Teil der bisher Internierten auf freien Fuß gesetzt, ein großer Teil in die SU deportiert und etwa 3.500 Personen der Zonen-Justiz zur Aburteilung übergeben. Die Aburteilungen angeblicher Kriegs- und Nazi-Verbrecher fanden in den Monaten April bis Juli 1950 in Waldheim/Sachsen durch 12 Große und 8 Kleine Strafkammern statt. Als Richter amtierten besonders ausgewählte und linientreue SED-Volksrichter aus der ganzen Zone. Das gleiche war bei den Staatsanwälten und dem sonstigen Personal der Fall. Grundlage zur Verurteilung bildete in der Regel die Übersetzung eines in russischer Sprache abgefaßten Protokolls, welches meist nicht ganz eine Seite füllte und die angeblich von dem Beschuldigten begangenen Straftaten erwähnte. Im Ermittlungsverfahren in Waldheim wurden die Beschuldigten durch besonders geschulte Polizeikräfte noch einmal vernommen und mußten einen Lebenslauf und eine Vermögenserklärung abgeben. Auf diese Unterlagen stützte sich die Anklage der Staatsanwaltschaft. Die Anklageschrift durfte von den Angeklagten durchgelesen, mußte dann wieder abgegeben werden. Verteidiger wurden nicht zugelassen, desgleichen keine Zeugen. Am Schluß der gesamten Aktion, die unter Leitung von Dr. Hildegard Heinze und vier anderen SED-Funktionären stand, wurden etwa 10 öffentliche Prozesse gegen Angeklagte durchgeführt, denen wirklich Straftaten vorgeworfen werden konnten. In allen anderen Verfahren in Waldheim war die Öffentlichkeit ausgeschlossen (Öffentlichkeit der Gerichtsverhandlungen). Von 38 Todesurteilen wurden in der Nacht zum 4. 11. 1950 32 vollstreckt (Todesstrafe). Im übrigen wurden Strafen zwischen 6 Jahren Gefängnis und lebenslänglichem Zuchthaus verhängt. Nach der Verurteilung erhielten die Angehörigen der Verurteilten nach teilweise über 5 Jahren das erste Lebenszeichen von den Inhaftierten. Seitdem wurde es den Verurteilten gestattet, monatlich einen Brief von 15 Zeilen zu schreiben und zu empfangen sowie [S. 194]in längeren unregelmäßigen Abständen ein Lebensmittelpaket mit genau vorgeschriebenem Inhalt zu erhalten. Im Herbst 1952 wurde, unter dem Druck der öffentlichen Meinung der freien Welt, ein Teil der Verurteilten vor Ablauf der Strafzeit entlassen. Weitere vorzeitige Haftentlassungen erfolgten im Juli 1954 und im Jahre 1956, so daß jetzt fast alle Waldheim-Verurteilten die Freiheit zurückerlangt haben. Das West-Berliner Kammergericht hat in einem nach § 15 des „Gesetzes über die innerdeutsche Rechts- und Amtshilfe in Strafsachen“ durch geführten überprüfungsverfahren erkannt, daß die Waldheim-Urteile wegen der im Verfahren und bei der Urteilsfindung festzustellenden Rechtsverletzungen schlechthin als nichtig, also als Nicht-Urteile angesehen werden müssen. Fundstelle: SBZ von A bis Z. Fünfte, überarbeitete und erweiterte Auflage, Bonn 1959: S. 193–194 Kriegsopferversorgung A, B, C, D, E, F, G, H, I, J, K, L, M, N, O, P, Q, R, S, T, U, V, W, Z KriminalitätSiehe auch die Jahre 1953 1954 1956 1958 1960 1962 1963 1965 1966 1969 1975 1979 1985 Mit der Auflösung der sowjetischen Konzentrationslager in der SBZ wurden ein Teil der bisher Internierten auf freien Fuß gesetzt, ein großer Teil in die SU deportiert und etwa 3.500 Personen der Zonen-Justiz zur Aburteilung übergeben. Die Aburteilungen angeblicher Kriegs- und Nazi-Verbrecher fanden in den Monaten April bis Juli 1950 in Waldheim/Sachsen durch 12 Große und 8 Kleine Strafkammern statt. Als…

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Akademie für Staats- und Rechtswissenschaft „Walter Ulbricht“, Deutsche (1959)
Siehe auch: Akademie für Staats- und Rechtswissenschaft der DDR: 1975 1979 1985 Akademie für Staats- und Rechtswissenschaft „Walter Ulbricht“, Deutsche: 1954 1956 1958 1960 1962 1963 1965 1966 Deutsche Akademie für Staats- und Rechtswissenschaft „Walter Ulbricht“: 1969 1975 1979 Gebildet durch Ministerratsbeschluß vom 11. 12. 1952 (Min.Bl. S. 223) durch Zusammenlegung der 1948 gegründeten „Deutschen Verwaltungsakademie ‚Walter Ulbricht‘“ und der „Deutschen Hochschule der Justiz“ (die ihrerseits aus den Volksrichterlehrgängen der einzelnen Länder und der Zentralen Richterschule entstanden war). In ihrer heutigen Struktur kann die A. als 5. juristische Fakultät neben denen der Universitäten Halle, Jena, Leipzig und Berlin bezeichnet werden. Das Reifezeugnis einer Oberschule oder die Abschlußprüfung an einer Arbeiter- und Bauernfakultät sind allerdings nicht Voraussetzung zur Zulassung, sondern können durch das Bestehen einer Aufnahmeprüfung ersetzt werden. Die A. ist in Institute aufgeteilt, in deren Rahmen die Fachvorlesungen, Übungen und Seminare abgehalten werden. Wichtigste Institute; I. für Staats- und Verwaltungsrecht, I. für Strafrecht. I. für Zivilrecht, I. zum Studium der Theorie des Staates und des Rechts, I. zum Studium der Grundlagen des Marxismus-Leninismus. Eine Sonderstellung nimmt das „Institut für Außenpolitik und Internationale Beziehungen“ ein. Es umfaßt nur 90–100 Studenten, die dazu ausersehen sind, einmal im auswärtigen Dienst der SBZ tätig zu werden. Studienplan und Prüfungsordnung entsprechen denen der juristischen Fakultäten (Rechtsstudium), so daß es heute also keinen Unterschied mehr zwischen akademischer Ausbildung und Volksrichter-Lehrgängen gibt. Die A. hat Promotionsrecht. Zulassung zur wissenschaftlichen ➝Aspirantur erfolgt durch das Staatssekretariat für Hochschulwesen. Die wissenschaftliche Aspirantur schließt nach dreijähriger Dauer mit der Promotion ab, wonach die Möglichkeit zur Habilitation besteht. An der A. wird ein Fernstudium durchgeführt, an dem ein großer Teil der Volksrichter teilnimmt, die bis zum Jahre 1960 ihr Staatsexamen nachgeholt haben müssen. Schließlich finden Qualifikationslehrgänge von einjähriger Dauer für höhere Verwaltungsfunktionäre statt, die der politischen Festigung und fachlichen Weiterbildung der Kader dienen sollen. Am Schluß eines solchen Lehrgangs steht nicht das juristische Staatsexamen, es wird lediglich eine Art Diplom ausgehändigt, wenn der Lehrgang mit dem gewünschten Erfolg absolviert worden ist. Präsident der A. ist Professor Dr. Baumgarten (SED), der praktisch allerdings keine Funktionen ausübt. Der eigentliche Leiter ist der Rektor, Professor Kröger (SED), dem der Prorektor für Studentenangelegenheiten, der Prorektor für Lehre, Forschung und wissenschaftliche Aspirantur und der Prorektor für das Fernstudium zur Seite stehen. Fundstelle: SBZ von A bis Z. Fünfte, überarbeitete und erweiterte Auflage, Bonn 1959: S. 15 Akademie für Sozialhygiene, Arbeitshygiene und Ärztliche Fortbildung A, B, C, D, E, F, G, H, I, J, K, L, M, N, O, P, Q, R, S, T, U, V, W, Z Akademien, WissenschaftlicheSiehe auch: Akademie für Staats- und Rechtswissenschaft der DDR: 1975 1979 1985 Akademie für Staats- und Rechtswissenschaft „Walter Ulbricht“, Deutsche: 1954 1956 1958 1960 1962 1963 1965 1966 Deutsche Akademie für Staats- und Rechtswissenschaft „Walter Ulbricht“: 1969 1975 1979 Gebildet durch Ministerratsbeschluß vom 11. 12. 1952 (Min.Bl. S. 223) durch Zusammenlegung der 1948 gegründeten „Deutschen Verwaltungsakademie ‚Walter Ulbricht‘“ und der „Deutschen Hochschule der…

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1959: C, D, E
Calbe CDU Chemische Industrie Chemnitz Chemnitz, Walter Christoph-Methode Chruschtschow, Nikita Sergejewitsch Cisinski-Preis Clara-Zetkin-Medaille Comecon Correns, Erich Cottbus DAHA Dahlem, Franz DAL DAMW Danelius, Gerhart DARAG DBB DBD DDR DEFA Defaitismus Dekadenz Demarkationslinie Demokratie Demokratische Gesetzlichkeit Demokratischer Zentralismus Demokratisierung Demontagen Dertinger, Georg DERUNAPHT DERUTRA Deter, Adolf Deutrans Deutsche Auslands- und Rückversicherungs-AG (DARAG) Deutsche Bücherei Deutsche Lufthansa Deutsches Amt für Maße und Gewichte (DAMG) Deutsches Amt für Material- und Warenprüfung (DAMW) Deutsche Schiffahrts- und Umschlagsbetriebe (DSU) Deutsche Seereederei Deutsches Rotes Kreuz (DRK) Deutsch-Polnische Gesellschaft für Frieden und gute Nachbarschaft (auch Ges. für Dt.-Poln. Freundschaft) Deutsch-Sowjetische Freundschaft, Gesellschaft für (DSF) Devastierter Betrieb Devisen Devisenbonus DEWAG DFD DHfK DHZ DIA Dialektischer Materialismus Diamat DIB Dieckmann, Johannes Dienstleistungsabgabe Differenzierung Diktatur des Proletariats DIM DIN-Normen Direktbetriebe Direktorfonds Direktstudium Direktverkehr Dispatchersystem Dispensaire Disproportionen Disziplinarmaßnahmen Diversant Diversion DJR Dogmatismus Dölling, Rudolf Dollwetzel, Heinrich Domowina Dorfakademien Dorfklubs Dorfplan DPA DPZI Dresden DRK Druckerei- und Verlagskontor DSA DSF DSU DTSB Düngemittel, Mineralische DVD DWA DWK Ebert, Friedrich Eggerath, Werner Ehegattenzuschlag, Staatlicher Eherecht Eheschließung, Sozialistische Ehrenzeichen der Deutschen Volkspolizei Eigentum Eingreifdivision Einheitsschule Einkaufsquellen Einzelbauer Einzelhandel Einzelvertrag Eisenbahn Eisenbahner der DDR, Verdienter Eisen- und Stahlerzeugung Eisler, Gerhart Eisler, Hanns Elternbeiräte Elternseminare Endverbraucherpreis Energieerzeugung Energiemaschinenbau Engels, Friedrich Enteignung Entnazifizierung Erbrecht Erfassungspreis Erfinder, Verdienter Erfindungs- und Vorschlagswesen Erfurt Ermächtigungsverordnung Ermisch, Luise Erntestatistik Errungenschaften Erschwerniszuschläge Erwachsenenbildung Erziehungswesen Erziehungswissenschaft Exportausschüsse Exportkontrolle, Amt fürCalbe CDU Chemische Industrie Chemnitz Chemnitz, Walter Christoph-Methode Chruschtschow, Nikita Sergejewitsch Cisinski-Preis Clara-Zetkin-Medaille Comecon Correns, Erich Cottbus DAHA Dahlem, Franz DAL DAMW Danelius, Gerhart DARAG DBB DBD DDR DEFA Defaitismus Dekadenz Demarkationslinie Demokratie Demokratische Gesetzlichkeit Demokratischer Zentralismus Demokratisierung Demontagen Dertinger, Georg DERUNAPHT DERUTRA Deter,…

DDR A-Z 1959
1959: M
Maetzig, Kurt Magdeburg MAI Maisprogramm Makarenko, Anton Semjonowitsch Mamai-Methode Marktforschung, Deutsches Institut für (DIM) Maron, Karl Marx-Engels-Lenin-Stalin-Institut Marxismus Marxismus-Leninismus Marx, Karl MAS Maschinenbau Maschinen-Traktoren-Station (MTS) Maschinoexport Masseninitiative Massenkontrolle Massenorganisationen Massenspielleiter Materialistische Geschichtsauffassung Materialverbrauchsnormen Materialversorgung Materielle Interessiertheit Matern, Hermann Mecklenburg Medaille Medizinische Akademien Medizinisches Personal Meister Meisterbauer Meister der Industriegruppe, Bester Meister des Betriebes, Bester Meister des Sports Meister des Sports, Verdienter Meisterhauer Meister, Verdienter Meldewesen, polizeiliches Melsheimer, Ernst MELS-Institut Menschenraub Merker, Paul Messe, Leipziger Messwerte Meusel, Alfred Mewis, Karl MfS MGB Mielke, Erich Militärbezirk Militärgerichtsbarkeit Militarismus Militärpolitik Militärstaatsanwaltschaft Militärstrafrecht Ministerium des Innern (MdI) Ministerium für Außenhandel und Innerdeutschen Handel (MAI) Ministerium für Kultur Ministerium für Nationale Verteidigung Ministerium für Staatssicherheit (MfS) Ministerrat Mitbestimmungsrecht Mitschurin, Iwan W. Mittelbauer Mittelschule Monopolkapitalismus Moral, Sozialistische MTS Mückenberger, Erich Müller, Heinz Müller, Vincenz Multifunktionär Museen Museum für Deutsche Geschichte Musik Mutterschutz MWDMaetzig, Kurt Magdeburg MAI Maisprogramm Makarenko, Anton Semjonowitsch Mamai-Methode Marktforschung, Deutsches Institut für (DIM) Maron, Karl Marx-Engels-Lenin-Stalin-Institut Marxismus Marxismus-Leninismus Marx, Karl MAS Maschinenbau Maschinen-Traktoren-Station (MTS) Maschinoexport Masseninitiative Massenkontrolle Massenorganisationen Massenspielleiter Materialistische Geschichtsauffassung Materialverbrauchsnormen Materialversorgung …

DDR A-Z 1959
Währungspolitik (1959)
Siehe auch: Währung: 1962 1963 1965 1966 1969 Währungspolitik: 1953 1954 1956 1958 1960 1962 1963 1965 1966 1969 Währungsreform: 1954 1956 1958 1960 1962 1963 1965 1966 1969 Währung/Währungspolitik: 1975 1979 1985 Reparationsentnahmen der SU, Zwangsexporte, Materialmangel und das dadurch verursachte Minderangebot an Gebrauchsgütern sind die Ursachen eines hohen Kaufkraftüberhanges, der die Währung ständig gefährdet. Eine Reihe von Maßnahmen der Sowjetzonenregierung soll den Geldumlauf so niedrig wie möglich halten. Hierher gehören die verschiedenen Verordnungen zur Regelung des Zahlungsmittelumlaufes, die Anordnungen zur bargeldlosen Zahlung und Erhöhung der Umlaufsgeschwindigkeit des Geldes, die intensive Werbung der Sparkassen zur Spartätigkeit, die Einrichtung neuer Sparmöglichkeiten und Gewährung von Vergünstigungen für Sparer, die Zentralisierung der Kassenbestände öffentlicher Kassen bei der Deutschen ➝Notenbank, die allgemeine Kreditpolitik mit dem Ziel möglichst geringer Kreditvolumen und — nicht zuletzt — die hohe Besteuerung des Verbrauchs. Laut Beschluß der SBZ-Regierung vom 29. 10. 1953 wurde die Ostmark auf „Goldbasis“ gestellt und der Goldgehalt auf 0,399902 a je DM Ost festgesetzt. Das Verhältnis der Ostmark zum US-Dollar wurde auf 2,22 DM Ost, zum Rubel auf 1,80 Rubel für eine DM Ost festgelegt. Die Deutsche Notenbank wurde ermächtigt, auf Grund dieser „Goldbasis“ die Wechselkurse für andere ausländische Währungen festzulegen. Die Umstellung verändert den bis dahin gültigen Rubelkurs von 0,833 DM Ost auf 0,555 DM Ost. Die offiziell angeordneten Devisen-[S. 386]Umrechnungssätze stehen in krassem Gegensatz zur tatsächlichen Bewertung der Ostmark außerhalb des Sowjetblocks. (Steuerwesen, Geldumtausch 1957, Devisen) Fundstelle: SBZ von A bis Z. Fünfte, überarbeitete und erweiterte Auflage, Bonn 1959: S. 385–386 Wählerversammlung A, B, C, D, E, F, G, H, I, J, K, L, M, N, O, P, Q, R, S, T, U, V, W, Z WährungsreformSiehe auch: Währung: 1962 1963 1965 1966 1969 Währungspolitik: 1953 1954 1956 1958 1960 1962 1963 1965 1966 1969 Währungsreform: 1954 1956 1958 1960 1962 1963 1965 1966 1969 Währung/Währungspolitik: 1975 1979 1985 Reparationsentnahmen der SU, Zwangsexporte, Materialmangel und das dadurch verursachte Minderangebot an Gebrauchsgütern sind die Ursachen eines hohen Kaufkraftüberhanges, der die Währung ständig gefährdet. Eine Reihe von Maßnahmen der Sowjetzonenregierung soll den…

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Mecklenburg (1959)
Siehe auch die Jahre 1956 1958 1960 1962 1963 1965 1966 1969 Land in der SBZ; umfaßt seit 1945 auch den Westteil der preußischen Provinz Pommern; 22.954 qkm, 2,0 Mill. Einwohner (1950); Verfassung vom 16. 1. 1947, Hauptstadt Schwerin; Landesfarben: Blau-Gelb-Rot; Wirtschaft: vorwiegend Landwirtschaft, Hafenplätze mit Werften und Fischerei. — Landtag und Landesregierung im Sommer 1952 im Zuge der verfassungswidrigen Verwaltungsneugliederung unter gleichzeitiger Billigung der Bezirke Neubrandenburg, Rostock und Schwerin aufgehoben; staatsrechtliche Stellung des Landes seither um[S. 231]stritten. 1348 erhielten die Fürsten von M. die Herzogswürde. Im Laufe seiner Geschichte wurde das Land mehrfach nach dynastischen Gesichtspunkten geteilt, konnte aber auch sein Gebiet arrondieren. 1808 bis 1813 gehörten die beiden Herzogtümer M.-Schwerin und M.-Strelitz dem Rheinbund an; 1815 erhielten die mecklenburgischen Herzöge die Großherzogswürde. 1866 traten beide M. dem Norddeutschen Bund bei; seit 1871 gehörten sie zum Deutschen Reich. M.-Schwerin und M.-Strelitz wurden 1918 unter Auflösung der Union Freistaaten, die das Reich 1934 zum Land M. vereinigte. Nach 1933 verlor M. im Zuge der sogenannten Reichsreform weitgehend seine Eigenstaatlichkeit. In den letzten Wochen des 2. Weltkrieges wurde M. von britischen und sowjetischen Truppen besetzt; am 1. 7. 1945 fiel auf Grund der alliierten Abkommen über die Zoneneinteilung auch der westlich der vorläufigen Demarkationslinie gelegene Landesteil an die Sowjets. Wenige Tage später befahl die SMAD die Einbeziehung der westlich der Oder-Neiße-Linie liegenden Kreise der preußischen Provinz Pommern (Vorpommern mit Rügen) in das Land und die Errichtung der „Landesverwaltung M.-Vorpommern“ unter Präsident Wilhelm Höcker (SPD), der sie im Oktober 1945 ein beschränktes Gesetzgebungsrecht einräumte. Am 20. 10. 1946 fanden die ersten Landtagswahlen statt, bei denen trotz massivster sowjetischer Wahlbeeinflussung die SED nur 49,5 v. H. der abgegebenen Stimmen erhielt. Der Landtag bestätigte im Dezember 1946 die auf der Grundlage der Blockpolitik gebildete Landesregierung unter Ministerpräsident Wilhelm Höcker (SED) und beschloß im Januar 1947 die „Verfassung des Landes M. vom 16. 1. 1947“, die am 12. 3. 1947 in Kraft trat. Seit Bildung der Sowjetzonen-Republik im Oktober 1949 ist M. Land der „DDR“. An Stelle des zurückgetretenen Wilhelm Höcker wurde im Juli 1951 Kurt Bürger (SED) und nach dessen Tode im August 1951 Bernhard ➝Quandt (SED) Ministerpräsident. Das dem Landtag am 25. 7. 1952 aufgezwungene „Gesetz über die weitere Demokratisierung des Aufbaus und der Arbeitsweise der staatlichen Organe im Lande M.“ beraubte das Land seiner staatsrechtlichen Handlungsfähigkeit. Fundstelle: SBZ von A bis Z. Fünfte, überarbeitete und erweiterte Auflage, Bonn 1959: S. 230–231 Maetzig, Kurt A, B, C, D, E, F, G, H, I, J, K, L, M, N, O, P, Q, R, S, T, U, V, W, Z MedailleSiehe auch die Jahre 1956 1958 1960 1962 1963 1965 1966 1969 Land in der SBZ; umfaßt seit 1945 auch den Westteil der preußischen Provinz Pommern; 22.954 qkm, 2,0 Mill. Einwohner (1950); Verfassung vom 16. 1. 1947, Hauptstadt Schwerin; Landesfarben: Blau-Gelb-Rot; Wirtschaft: vorwiegend Landwirtschaft, Hafenplätze mit Werften und Fischerei. — Landtag und Landesregierung im Sommer 1952 im Zuge der verfassungswidrigen Verwaltungsneugliederung unter gleichzeitiger Billigung der Bezirke…

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Häfen (1959)
Siehe auch die Jahre 1958 1960 1962 1963 1965 1966 1969 a) Seehäfen. Die SBZ verfügt nur über drei für Seeschiffe benutzbare H.: Stralsund, Wismar und Rostock. Stralsund kann nur von Schiffen bis 2.500 t angelaufen werden. Wismar kann Schiffe bis 12.000 t aufnehmen und hat sich durch Ausbau seit 1946 zu einem wichtigen Umschlagsplatz insbesondere für Kali und Holz entwickelt. Der Bau eines Öl-H. ist noch nicht abgeschlossen. Auch Rostock konnte wegen ständiger Versandung der Einfahrten bisher nur Schiffe bis zu 7.000 t aufnehmen. Die steigende Ausfuhr der Sowjetzone, aber auch der zunehmende Bedarf an Industrierohstoffen lösten seit Jahren Pläne aus, entweder Wismar oder Rostock zu einem großen See-H. auszubauen. Die Entscheidung ist Ende 1957 zugunsten von Rostock gefallen. Ausschlaggebend dabei war die Nähe der großen Warnow-Werft in Warnemünde, wo Schiffe bis zu 10.000 t Nutzladung gebaut und überholt werden können. Schließlich war mit ausschlaggebend, daß hier günstige Voraussetzungen für den Bau eines Binnenwasserweges vorliegen, der den Anschluß des H. an Wasserwege bildet, die alle Teile der SBZ, aber auch die CSR miteinander verbinden (Wasserstraßen). Die Ausbaupläne für Rostock sehen u. a. vor: Bau einer 35 km langen, 80 m breiten Fahrrinne für Schiffe bis zu 10 m Tiefgang und 10.000 t Nutzladung, Durchbruch der Landzunge „Helle Düne“, Bau von drei H.-Becken zur Abfertigung von 300 Schiffen jährlich mit einem Umschlag von 25 Mill. t (1958: 900.000 t). Für den Ausbau allein der Fahrrinne sind 200 Mill. DM Ost veranschlagt. — Die Inbetriebnahme des H. Rostock in diesem Umfange wird die Bedeutung des Umschlag-H. Hamburg für die SBZ mindern. 1957 betrug der Anteil des SBZ-Außenhandels, der über Hamburg lief, 1,6 Mill. t, davon waren 1,1 Mill t auf dem zentralen Wasserwege der Zone, der Elbe, befördert worden. Die SBZ strebt Unabhängigkeit von der BRD auch in diesem Bereich an, obwohl die Kosten des Rostocker H.-Ausbaus die Wirtschaftlichkeit der Schiffahrt auf Jahrzehnte hinaus in Frage stellt. b) Binnenhäfen. Die wichtigsten Binnenschiffahrts-H. sind Magdeburg, Berlin-Osthafen, Wittenberge, Halle, Dresden, Fürstenberg/O., Anklam und Königs Wusterhausen. Der Umschlag aller Binnen-H. beträgt etwa 12 Mill. t und ist weit höher als der Güterumschlag aller See-H. An der Spitze steht Magdeburg, dicht gefolgt vom Osthafen Berlin. Entsprechend den Bemühungen, zur Entlastung der Eisenbahn die Wasserstraßen stärker für den Gütertransport auszunutzen, wird der Umschlagbetrieb weitgehend mechanisiert. Fundstelle: SBZ von A bis Z. Fünfte, überarbeitete und erweiterte Auflage, Bonn 1959: S. 136 HA A, B, C, D, E, F, G, H, I, J, K, L, M, N, O, P, Q, R, S, T, U, V, W, Z HaftarbeitslagerSiehe auch die Jahre 1958 1960 1962 1963 1965 1966 1969 a) Seehäfen. Die SBZ verfügt nur über drei für Seeschiffe benutzbare H.: Stralsund, Wismar und Rostock. Stralsund kann nur von Schiffen bis 2.500 t angelaufen werden. Wismar kann Schiffe bis 12.000 t aufnehmen und hat sich durch Ausbau seit 1946 zu einem wichtigen Umschlagsplatz insbesondere für Kali und Holz entwickelt. Der Bau eines Öl-H. ist noch nicht abgeschlossen. Auch Rostock konnte wegen ständiger Versandung der Einfahrten…

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Jagd (1959)
Siehe auch die Jahre 1960 1962 1963 1965 1966 1969 1975 1979 1985 [S. 161]Am 21. 11. 1953 ist das „Gesetz zur Regelung des Jagdwesens“ erlassen worden. Als politische Zielsetzung stellte der Staatssekretär im Ministerium für Land- und Forstwirtschaft seine Ausdehnung auf ganz Deutschland in den Vordergrund. Er erklärt alle jagdbaren Tiere zum „Eigentum des Volkes“ und stellt die Ausübung der J. im wesentlichen unter den Leitgedanken der Bekämpfung von Raubwild und des Schutzes der Landwirtschaft gegen Wildschäden. Mit dem J.-Recht ist die Pflicht der Wildhege verbunden. Die J.-Behörden gliedern sich in: Oberste J.-Behörde (Ministerium für Land- und Forstwirtschaft), J.-Behörde des Bezirkes (Rat des Bezirkes), J.-Behörde des Kreises (Rat des Kreises). Aufgabe der J.-Behörde ist die Durchführung und Kontrolle der Bestimmungen des genannten Gesetzes, Kontrolle der Abschußpläne, Aufteilung und Verwertung des erlegten Wildes. Ihrer Beschlußfassung unterliegen die personellen, rechtlichen und organisatorischen Fragen. Sie hat einen J.-Beirat gebildet aus Vertretern der Forstwirtschaft, der Volkspolizei und der politischen Parteien und Organisationen. Das Kreisgebiet ist in J.-Gebiete so aufgeteilt, daß möglichst ausschließliche Feld- oder Waldjagdgebiete vermieden werden. Ihre Größe beläuft sich auf 1.000 bis 4.000 ha. Auf Anordnung der Obersten J.-Behörde werden Sonderjagdgebiete in den Mittelgebirgen (Harz und Thüringen) und vereinzelt in Norddeutschland eingerichtet. Ihre Bewirtschaftung unterliegt der Obersten J.-Behörde. Die J. erfolgt in diesen Sondergebieten im Gegensatz zur kollektiven J.-Ausübung als Einzel-J. Sie ist Spitzenfunktionären, Intelligenzlern und Diplomaten vorbehalten. Die planmäßige J. erfolgt durch staatlich beauftragte Berufsjäger. Für Angehörige der Roten Armee (Offiziere) sind in jedem Kreisgebiet Sonderjagdgebiete eingerichtet. Die ehrenamtlichen Jagdgebietsleiter werden von der J.-Behörde des Bezirkes auf Vorschlag der Kreisjagdbehörde bestätigt, wobei neben der körperlichen und fachlichen Eignung auf die politische Zuverlässigkeit besonderer Wert wird. Neben jagdlichen Aufgaben obliegt ihnen die Führung des Abschußbuches über Strecken- und Fallwild, der Nachweis über Munitionsempfang und -verschuß, Wildablieferung und -Verteilung. In seinem J.-Gebiet hat er die J.-Teilnehmer aufzustellen und auszubilden. Da die J. nicht das Vorrecht einzelner oder privilegierter Kreise sein soll, geschieht sie im J.-Kollektiv, das aus etwa 10 bis 15 Schützen besteht. Grundsätzlich soll sie allen Bürgern zugänglich sein, soweit die gesetzlichen und gesellschaftlichen (politischen) Voraussetzungen gegeben sind. Der J.-Berechtigte ist verpflichtet, an Kollektivjagden teilzunehmen. Zur Ausübung der J. bedürfen die J.-Berechtigten eines J.-Erlaubnisscheines, der für die einzelnen Kategorien besondere Kennzeichen aufweist. Alle J.-Berechtigten erhalten zu ihrem J.-Erlaubnisschein einen persönlichen J.-Waffenschein, der nur für das zugewiesene J.-Gebiet Gültigkeit hat. J.-Teilnehmer an Kollektivjagden erhalten lediglich einen J.-Teilnahmeschein, der nur für das zugewiesene J.-Gebiet gilt. Nach der J. müssen Waffen und Munition der Volkspolizei abgegeben werden. Die Ausstellung eines J.-Berechtigungs- oder -Teilnahmescheins wird davon abhängig gemacht, daß eine J.-Haftpflichtversicherung abgeschlossen ist. Als J.-Waffen werden Feuerwaffen mit glatten Läufen (Flinten) verwandt. Hochwild wird mit Flintenlaufgeschossen erlegt. Das erlegte Wild, auch Decken und Bälge, werden den Wilderfassungsstellen oder den zentralen Schlachthöfen der Vereinigung volkseigener Erfassungs- und Aufkaufbetriebe zugeleitet. Beim Transport muß das erlegte Schalenwild mit einem Wildursprungsschein versehen sein. Die J.-Schulung wird von der Gesellschaft für ➝Sport und Technik durchgeführt und endet mit einer theoretischen und praktischen Prüfung. Fundstelle: SBZ von A bis Z. Fünfte, überarbeitete und erweiterte Auflage, Bonn 1959: S. 161 Investitionsbank, Deutsche (DIB) A, B, C, D, E, F, G, H, I, J, K, L, M, N, O, P, Q, R, S, T, U, V, W, Z Jakuschin, AndrejSiehe auch die Jahre 1960 1962 1963 1965 1966 1969 1975 1979 1985 [S. 161]Am 21. 11. 1953 ist das „Gesetz zur Regelung des Jagdwesens“ erlassen worden. Als politische Zielsetzung stellte der Staatssekretär im Ministerium für Land- und Forstwirtschaft seine Ausdehnung auf ganz Deutschland in den Vordergrund. Er erklärt alle jagdbaren Tiere zum „Eigentum des Volkes“ und stellt die Ausübung der J. im wesentlichen unter den Leitgedanken der Bekämpfung von Raubwild und des Schutzes der…

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Wirtschaftswissenschaften (1959)
Siehe auch: Wirtschaftswissenschaft: 1960 1962 1963 1965 1966 Wirtschaftswissenschaften: 1969 1975 1979 1985 [S. 397]Ein besonderes Augenmerk richtet der Parteiapparat der SED auf die Arbeit der Wirtschaftswissenschaftler. Konzentrationspunkt der wirtschaftswissenschaftlichen Forschungsarbeit ist das im Jahre 1949 gegründete Institut für W. bei der Deutschen ➝Akademie der Wissenschaften zu Berlin. Die ebenfalls im Jahre 1953 gebildete Sektion für W. an der Akademie unter Leitung von Professor Oelßner, der die führenden sowjetzonalen Wirtschaftswissenschaftler und Praktiker „volkseigener Betriebe“ sowie der Staatlichen Verwaltung angehören, stellte im Jahre 1954 gemeinsam mit dem Ministerrat dem Institut die Hauptaufgabe, die „grundlegenden ökonomischen Fragen der Übergangsperiode vom Kapitalismus zum Sozialismus unter den spezifischen Bedingungen der DDR“ zu erforschen. Zu den Grundfragen gehören: Entwicklung der Eigentumsverhältnisse, Produktion und Verteilung des Nationaleinkommens, Steigerung der Arbeitsproduktivität, Perspektivplanung, Untersuchung der „Besonderheiten“ der Entwicklung des deutschen „Imperialismus“ und die „Theorie vom Volkskapitalismus“. Das Institut trat insbesondere durch folgende Publikationen hervor: Schriftenreihe des Instituts mit den Referaten und Protokollen der Konferenzen; Arbeiten der Professoren Kohlmey, Behrens, Lemmnitz und Lorenz Schmidt; Jahrbuch des Instituts; Bulletin „Geld und Kredit“ sowie „Konjunktur und Krise“; Sammelband eines Autorenkollektivs über „Bankpolitik, Staatshaushalt und Währung in Westdeutschland“; Zeitschrift „Wirtschaftswissenschaft“. Im westlichen Ausland fanden insbesondere die von der SED auf der 30. ZK-Tagung stark kritisierten sogenannten revisionistischen Auffassungen von Professor Behrens und Benary, die, wie es heißt, eine „wissenschaftliche und ideologische Verwirrung“ hervorriefen und „eine energische Auseinandersetzung innerhalb der Parteiorganisation des Instituts erforderten“, Beachtung. Der von [S. 402]Behrens in der „Wirtschaft“ veröffentlichte Artikel über die Entwicklung des Reallohnes in der Bundesrepublik eröffnete eine Diskussion, die von der Partei als „ideologisch falsch“ verurteilt wurde. Mit dem Artikel des polnischen Wirtschaftswissenschaftlers Brus in der Zeitschrift „Wirtschaftswissenschaft“ wurde eine beachtliche Diskussion über die Warenproduktion und das Marktgesetz im Sozialismus eröffnet, indem die Grundfragen der marxistischen politischen Ökonomie und der sozialistischen Wirtschaftspolitik angegriffen wurden. Der Beitrag von Benary würde, wie es heißt, den Standpunkt der Arbeiterklasse verlassen und der „kapitalistischen Ideologie weit die Tore öffnen“. Ebenso verhalte es sich mit der von Behrens und Benary „provozierten“ Diskussion über die Administration oder Ökonomie in der Leitung der Volkswirtschaft der „DDR“. Die Vorstellung von Behrens von der Leitung der sozialistischen Wirtschaft, wenn er sagt, daß es zweckmäßiger sei, „die Verwaltung der Wirtschaft von der Wirtschaft selbst, d. h. unmittelbar unter dem Gesichtspunkt der Rentabilität, durchführen zu lassen, statt vom Staatsapparat und über den Haushalt“, sei unmarxistisch und stelle revisionistische Abweichungen dar, wie auch die These, daß „Fehler und Mängel nicht nur im subjektiven Versagen einzelner, sondern auch in objektiven Ursachen des gegenwärtigen Planungs- und Leitungssystems der sozialistischen Wirtschaft gesucht werden müssen“. Die Partei wirft Prof. Kohlmey vor, daß er sich nicht gegen derartige „unmarxistische“ Konzeptionen gewandt habe. Solche Konzeptionen bedeuten „Unterstützung der Konterrevolution und die Wiedererrichtung des Kapitalismus statt … Aufbau des Sozialismus“. Als einer der Hauptkritiker im Sinne der SED tat sich Prof. Lemmnitz hervor. (Politökonomie, Wirtschaftssystem, Deutsches Institut für ➝Marktforschung) Fundstelle: SBZ von A bis Z. Fünfte, überarbeitete und erweiterte Auflage, Bonn 1959: S. 397–402 Wirtschaftssystem A, B, C, D, E, F, G, H, I, J, K, L, M, N, O, P, Q, R, S, T, U, V, W, Z Wirtschaftszweig-LohngruppenkatalogSiehe auch: Wirtschaftswissenschaft: 1960 1962 1963 1965 1966 Wirtschaftswissenschaften: 1969 1975 1979 1985 [S. 397]Ein besonderes Augenmerk richtet der Parteiapparat der SED auf die Arbeit der Wirtschaftswissenschaftler. Konzentrationspunkt der wirtschaftswissenschaftlichen Forschungsarbeit ist das im Jahre 1949 gegründete Institut für W. bei der Deutschen ➝Akademie der Wissenschaften zu Berlin. Die ebenfalls im Jahre 1953 gebildete Sektion für W. an der Akademie unter…

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Landwirtschaft (1959)
Siehe auch die Jahre 1953 1954 1956 1958 1960 1962 1963 1965 1966 1969 1975 1979 1985 [S. 207]Die L. in der SBZ ist seit 1945 einer grundlegenden Agrarreform unterworfen. 1. Phase: Die 1945/46 durchgeführte Bodenreform hatte einschneidende Veränderungen der landwirtschaftlichen Besitz- und Betriebsstruktur zur Folge. Die nachstehende Übersicht zeigt die Verteilung im Anteil (in v. H.) der einzelnen Betriebsgrößen an der Gesamtzahl der Betriebe und an der landwirtschaftlichen Nutzfläche (LN). Der Vergleich der Jahre 1939 und 1951 (letztes Jahr vor der Gründung von LPG) zeigt die Verschiebung zur klein- und mittelbäuerlichen Betriebsstruktur auf. Sie ist die Folge der Enteignung aller Privatbetriebe über 100 ha Betriebsfläche und der Schaffung von Neubauern-Stellen mit einer durchschnittlichen Größe von 8 ha. 2. Phase: Die von der Bodenreform nicht direkt betroffenen Betriebsgrößen (20 bis 50 und 50 bis 100 ha) haben anteil- und auch zahlenmäßig ganz erheblich abgenommen. Dies ist zurückzuführen auf die Maßnahmen gegen die nicht werktätigen Bauern, wie z. B. Überforderungen in der Ablieferungspflicht und Benachteiligungen im Agrarpreissystem. Ferner haben Verhaftungen, Verurteilungen zu Zuchthaus und damit verbundene Vermögensentziehungen einen beträchtlichen Teil dieser Bauern bereits damals bedroht und zur Republikflucht veranlaßt. 3. Phase: Diese setzte im Juli 1952 mit der Verkündung vom Aufbau des Sozialismus durch Ulbricht während der II. Parteikonferenz der SED ein. Ihr wesentliches Merkmal wurde die als freiwillig betonte, in Wirklichkeit jedoch vom Politbüro gesteuerte Gründung von landwirtschaftlichen ➝Produktionsgenossenschaften (LPG). Dies sind „sozialistische landwirtschaftliche Großbetriebe“ in drei, nach dem Sozialisierungsgrad unterschiedenen Typen. Die Vergesellschaftung bezieht sich dabei entweder nur auf die Bewirtschaftung des Ackerlandes (I) oder zuzüglich auf die zur Feldwirtschaft erforderlichen Zugkräfte, Maschinen und Geräte (II) oder darüber hinaus auch auf die des Grünlandes und Waldes sowie des Nutzviehs (III), wobei den Mitgliedern in allen Typen 0,5 ha Ackerland sowie entsprechendes Vieh zur privaten Nutzung (individuelle Hauswirtschaft) belassen wird. Die organisatorischen und rechtlichen Verhältnisse in den LPG sind durch Ende 1952 und in neuer Fassung am 1 9. 4. 1959 vom „Ministerrat der DDR“ bestätigte Musterstatuten geregelt, die durch ein „Gesetz über die LPG“ vom 3. 6. 1959 wesentlich ergänzt und verbindlich gemacht worden sind. [S. 208]Der rigorose Kampf gegen die Mittel- und Großbauern und die den Genossenschaftsbauern eingeräumten wirtschaftlichen Vorteile führten vor dem Juni-Aufstand 1953 zu einem raschen Ansteigen der LPG von 1906 (Dez. 1952) auf 5.389 (Juni 1953). Dies bestätigen der vorübergehende Stillstand der Kollektivierung sowie eine große Zahl von LPG-Auflösungen im Zeichen des Neuen Kurses nach dem Juni-Aufstand. Um diese Periode zu überwinden, wurden die örtlichen Landwirtschaftsbetriebe (ÖLB) größtenteils in LPG umgewandelt, deren Zahl damit erneut anstieg von 4.985 (Juni 1954) auf 6.270 (Juni 1956). Die ohnehin schon im Vergleich zu den privaten sehr rückständigen Kollektivwirtschaften wurden dadurch in ihrem Leistungsniveau noch weiter gesenkt. Diese Entwicklung hatte eine weitgehende Zurückhaltung der noch existenzfähigen Einzelbauern gegenüber den LPG zur Folge, die aus Gründen der chronischen Engpässe in der Versorgung staatlicherseits gebilligt wurde. Von Juni 1956 bis 1957 hatte sich die Zahl der LPG nur um 15 Einheiten erhöht. Auf dem 33. ZK-Plenum der SED im Okt. 1957 wurde darauf das Ziel gesetzt, den „sozialistischen Sektor“ bis 1960 auf 50 v. H. auszuweiten, und damit eine neue Kollektivierungskampagne ausgelöst, die mit heftigen Agitationen, Drohungen und Verlockungen auf den Dörfern und Feldern von Parteifunktionären geführt wurde. Der Erfolg war ein sprunghafter Anstieg von 6.285 (Juni 1957) auf 9.523 LPG im Februar 1959, womit sich der „sozialistische Sektor“ (einschließlich der VEG-Flächen) auf 46 v. H. der LN erweitert hatte. Die dabei entstandene Unruhe auf dem Lande wurde durch eine als „neue Taktik“ popularisierte Äußerung Ulbrichts vor dem 3. Kongreß der Nationalen Front am 22. 9. 1958 besänftigt, wonach niemals ein festes Datum für die Vollendung der Kollektivierung festgelegt worden sei und ihr Tempo davon abhänge, in welchem Maße die Bauern von den Vorteilen der „sozialistischen genossenschaftlichen Großproduktion“ überzeugt werden könnten. Das jüngste Entwicklungsstadium ist von organisatorischen Bemühungen um die „wirtschaftliche Festigung der LPG“ gekennzeichnet: Vergrößerung der LPG durch Zusammenlegung mehrerer kleiner Einheiten; Verbesserung der Zusammenarbeit zwischen LPG und MTS durch das System der komplexen Mechanisierung und die Schönebecker Methode, wobei die MTS immer mehr unter die Herrschaft der LPG gestellt werden und ihren Maschinenpark also zum Zwecke schlagkräftigeren Einsatzes dezentralisieren soll (Leihvertragssystem); Übernahme von Patenschaften über neu errichtete oder wirtschaftlich schwache durch gut fundierte LPG. Schließlich werden Bemühungen erkenntlich, den Typ I auf die „höchste Stufe“ (Typ III) zu verlagern, wozu noch weitere maschinen- und bautechnische Ausrüstungen geschaffen werden sollen, worauf jedoch die Statutenabänderungen für den Typ I (z. B. Erweiterung der Inventarbeiträge) schon deutlich hinweisen. Nach wie vor befindet sich das SED-Politbüro in der Zwickmühle zwischen den Zielen, möglichst bald mit der mitteldeutschen Produktionskapazität diejenige der Bundesrepublik erreichen und überholen zu können und dabei die „Kraft der LPG“ sich immer mehr entfalten zu lassen. In diesem Zeichen steht die Forderung nach einer „engen kameradschaftlichen Zusammenarbeit zwischen den Genossenschafts- und Einzelbauern“, wie sie Ulbricht auf der VI. LPG-Konferenz im Februar 1959 mit Nachdruck gefordert hat. [S. 209]Die einzelnen Besitzformen an der landwirtschaftlichen Nutzfläche hatten Mitte 1959 folgende Anteile erreicht: Wie die Übersicht zeigt, befinden sich als zwangsläufige Folge der seit 1952 eindeutig auf die Kollektivierung der Landwirtschaft gerichteten wirtschaftspolitischen Maßnahmen nur noch rd. 52 v. H. der LN in der Hand von Einzelbauern. Die oben dargestellte Änderung der Agrarstruktur wurde durch die Zentralverwaltungswirtschaft gesteuert. Wesentlich hierbei war und ist das Zusammenwirken von Ablieferungspflicht und Agrarpreissystem. Alle dem Markt zugeführten landwirtschaftlichen Erzeugnisse werden von der VEAB erfaßt bzw. aufgekauft. Die Umsätze auf dem Bauernmarkt fallen kaum ins Gewicht. Die Belieferung der Landwirtschaft mit Betriebsmitteln (z. B. Mineralische ➝Düngemittel, Futtermittel, Betriebsstoffe) wird ebenfalls staatlich gelenkt und durch die VdgB (BHG) bzw. Staatlichen ➝Kreiskontore für den landwirtschaftlichen Bedarf zugeteilt. Bevorzugt werden dabei die Betriebe des „sozialistischen Sektors“. Eine besondere Behandlung erfahren größere Maschinen und Geräte, die für die MTS und Volkseigenen Güter vorbehalten werden. Die Folgen dieses Zwangssystems konnten nicht ausbleiben. Der einstmals hohe Stand der L. im Gebiet der SBZ ist seit 1945 abgesunken. In der Feldwirtschaft bleiben die Ernten trotz allen „Kampfes um die Produktionsverbesserung“ hinter dem Vorkriegsstand zurück (Erntestatistik). [S. 210]In der Viehwirtschaft sind die durch Kriegs- und vor allem Nachkriegseinwirkungen besonders dezimierten Vorkriegs-Bestandszahlen zwar überschritten worden, jedoch mußten die forcierte Steigerung der Nutzviehbestände ohne entsprechende Futterflächen in der Anbauplanung und die hohen Ablieferungsquoten pflanzlicher Erzeugnisse dazu führen, daß die tierischen Leistungen weit unter dem Normalmaß zurückbleiben. Dies geht vor allem aus dem Zurückbleiben der durchschnittlichen Schlachtgewichte bei Rindern und Kälbern, der Schlachtumtriebe bei Rindern und Schweinen und der Milchleistung je Kuh um 25 bis 30 v. H. gegenüber dem Leistungsstand der BRD hervor. Um die Diskrepanz zwischen Viehbestand und Futterversorgung zu mildern, werden verschiedene Neuerermethoden in der Landwirtschaft (Maisprogramm, Grünes Fließband, Naturgemäße Viehhaltung) propagiert. Die geschilderten Verhältnisse müssen sich auch auf die Ernährungswirtschaft der Gesamtbevölkerung auswirken. Alljährlich wiederkehrende Engpässe in der Versorgung und die nach vielen Versprechungen erst 10 Jahre nach dem Kriege aufgehobene Lebensmittelrationierung (Lebensmittelkarten) beweisen das zur Genüge. Hinzu kommt die Abhängigkeit der Versorgung von Einfuhren, vorwiegend aus den Ostblockstaaten, die ihrerseits häufig mit der Erfüllung der Lieferverträge Schwierigkeiten haben. Ausfuhrverpflichtungen und die Versorgung der Besatzungsmacht erschweren die Ernährungslage zusätzlich. Wenn auch die Nahrungsmittelversorgung durch gewisse Steigerungen in der Eigenerzeugung und durch Einfuhrerhöhungen verbessert werden konnte, so darf nicht verkannt werden, daß diese Entwicklung durch die Republikflucht begünstigt worden ist. In dem von Ulbricht auf dem III. Parteitag der SED gesteckten Planziel, 1961 den Pro-Kopf-Verbrauch der westdeutschen Bevölkerung zu erreichen und zu übertreffen, verbirgt sich das Eingeständnis der eigenen Mangellage. Diese sachlichen Erörterungen agrarwirtschaftlicher und politischer Fakten reichen zur Beurteilung der Situation nicht aus, in die sich das noch relativ selbständige Bauerntum in der SBZ hineingestellt sieht. Die wirtschaftliche Not ist nicht zu trennen von der Depression des Zukunftserlebens und den vielfältigen seelischen Konflikten, die auf den Menschen in der L. der SBZ lasten. Literaturangaben Gade, H.: Die landwirtschaftlichen Produktionsgenossenschaften in der SBZ. (Vierteljahreshefte zur Wirtschaftsforschung, Jg. 1957, H. 3) Krömer, Eckart: Die Sozialisierung in der sowjetischen Besatzungszone Deutschlands als Rechtsproblem. Göttingen 1952, Otto Schwartz. 184 S. Kramer, Matthias: Die Bolschewisierung der Landwirtschaft in Sowjetrußland, in den Satellitenstaaten und in der Sowjetzone (Rote Weißbücher 3). Köln 1951, Kiepenheuer und Witsch. 144 S. Kramer, Matthias: Die Landwirtschaft in der sowjetischen Besatzungszone. 4. Aufl. (unter Mitarb. v. Gerhard Heyn und Konrad Merkel). (BB) 1957. Teil I (Text) 159 S., Teil II (Anlagen) 224 S. Fundstelle: SBZ von A bis Z. Fünfte, überarbeitete und erweiterte Auflage, Bonn 1959: S. 207–210 Landtage A, B, C, D, E, F, G, H, I, J, K, L, M, N, O, P, Q, R, S, T, U, V, W, Z LandwirtschaftsteuerSiehe auch die Jahre 1953 1954 1956 1958 1960 1962 1963 1965 1966 1969 1975 1979 1985 [S. 207]Die L. in der SBZ ist seit 1945 einer grundlegenden Agrarreform unterworfen. 1. Phase: Die 1945/46 durchgeführte Bodenreform hatte einschneidende Veränderungen der landwirtschaftlichen Besitz- und Betriebsstruktur zur Folge. Die nachstehende Übersicht zeigt die Verteilung im Anteil (in v. H.) der einzelnen Betriebsgrößen an der Gesamtzahl der Betriebe und an der landwirtschaftlichen…

DDR A-Z 1959
Wohnungswirtschaft (1959)
Siehe auch: Wohnungsbau: 1958 1960 1962 1963 1965 1966 1969 1975 1979 Wohnungswesen: 1953 1954 1956 1958 1965 1966 1969 1975 1979 Wohnungswirtschaft: 1960 1962 1963 Für das Jahr 1958 wurde der Wohnungsfehlbestand in der SBZ durch die SBZ-Behörden mit 570.000 angegeben. Im Hinblick auf die bisher völlig unzureichende Gestellung neuer Wohnungen muß deshalb auch in der SBZ die Wohnraumbewirtschaftung aufrechterhalten bleiben. Bei den staatlichen Organen (Räte der Kreise, der Bezirke und Gemeinden) bestehen Wohnungskommissionen, die über die Wohnraumverwendung entscheiden und auch auf den angelaufenen Wohnungsbau Einfluß nehmen. Ausschlaggebend für die „gerechte“ Verteilung von Wohnraum ist die „Leistung“ des Wohnungsuchenden oder Wohnungsinhabers „für den Aufbau der DDR“. Aktivisten, Angehörige der Intelligenz, Helden der Arbeit und andere Ausgezeichnete erhalten höchste Dringlichkeitsstufen. Andererseits werden Nichtarbeitende aus den neuen Industriegebieten zwangsweise ausgesiedelt („operative Wohnraumlenkung“), um Wohnraum für die Arbeitskräfte zu gewinnen. Seit Anfang 1951 gilt als Regel, daß bei neu zu beginnenden Wohnungsbauvorhaben die Volkseigenen Betriebe als Rechtsträger eingesetzt werden. Die Betriebsgewerkschaftsleitungen (BGL) in den Betrieben nehmen entscheidenden Einfluß auf die Verteilung fertiggestellter neuer Wohnungen, aber auch auf die Verteilung des Altwohnraums (Arbeiterwohnungsbau, Nationales Aufbauwerk). Seit März 1958 bestehen in den meisten Städten der Zone „Volkseigene Kommunale Wohnungsverwaltungen“, deren Aufgabe es ist, die in den Nachkriegsjahren auf Grund der Sowjet. Befehle enteigneten Grundstücke (Eigentum, Enteignung) zu verwalten, ebenso Grundstücke mit ausländischen oder westdeutschen Eigentümern, ferner Grundbesitz von Personen, die nach dem 16. Juni 1953 die SBZ „illegal“ verlassen haben. Die „VEB Kommunale Wohnungsverwaltung“ haben auch die Herausgabe und Unterbringung von Obligationen für den Wohnungsbau zu besorgen und gelten als „Träger des Volkseigentums“ der dadurch neu gebauten Wohnungen. Erträge aus Grundstücken bzw. Wohnungen, deren Eigentümer bereits vor 1945 im Ausland oder in der Bundesrepublik lebten, werden nach Abzug der Instandhaltungs- und Verwaltungskosten einem Sperrkonto bei der Deutschen Notenbank überwiesen. Grundstücke bzw. Wohnungen von nach dem 17. 6. 1953 nach der Bundesrepublik abgewanderten Eigentümern werden von den „Kommunalen Wohnungsverwaltungen“ in Treuhänderschaft übernommen. Die Eigentümer haben kein Recht auf die Erteilung von Auskünften oder auf Zahlung von Erträgen aus der Vermietung. Insoweit findet auch keine Überweisung auf ein Sperrkonto statt. — Alle Arbeiten zur Werterhaltung der Wohnungen sind in der SBZ bisher sehr vernachlässigt worden. Das Material dafür ist knapp, und die Bauunternehmen — auch die in den PGH zusammengeschlossenen handwerklichen Baubetriebe — sind vorwiegend für staatliche Investbauten und sonstige öffentliche Bauarbeiten eingesetzt. Literaturangaben Dies.: Die Wohnungswirtschaft in der sowjetischen Besatzungszone. (BB) 1953. 56 S. m. 12 Anlagen. Plönies, Bartho: Planen und Bauen in der sowjetischen Besatzungszone und im Sowjetsektor von Berlin. 2., erw. Aufl. (BB) 1953. 134 S. m. 16 Anlagen. Fundstelle: SBZ von A bis Z. Fünfte, überarbeitete und erweiterte Auflage, Bonn 1959: S. 404 Wohnungsbau A, B, C, D, E, F, G, H, I, J, K, L, M, N, O, P, Q, R, S, T, U, V, W, Z Wolf, HannaSiehe auch: Wohnungsbau: 1958 1960 1962 1963 1965 1966 1969 1975 1979 Wohnungswesen: 1953 1954 1956 1958 1965 1966 1969 1975 1979 Wohnungswirtschaft: 1960 1962 1963 Für das Jahr 1958 wurde der Wohnungsfehlbestand in der SBZ durch die SBZ-Behörden mit 570.000 angegeben. Im Hinblick auf die bisher völlig unzureichende Gestellung neuer Wohnungen muß deshalb auch in der SBZ die Wohnraumbewirtschaftung aufrechterhalten bleiben. Bei den staatlichen Organen (Räte der Kreise, der…

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Strafregister (1959)
Siehe auch die Jahre 1956 1958 1960 1962 1963 1965 1966 1969 1975 1979 1985 Bis Ende Mai 1953 wurde in der SBZ das St. gemäß der St.-VO vom 8. 3. 1926 bei der für den Geburtsort eines Bestraften zuständigen Staatsanwaltschaft geführt. Auf Grund des § 26 des Gesetzes über die Staatsanwaltschaft vom 23. 5. 1952 erließ der Generalstaatsanwalt der SBZ am 3. 6. 1953 eine „Anordnung über die Einrichtung eines zentralen St.“ (ZBl. S. 270): „Ab 1. Juni 1953 werden alle in der Deutschen Demokratischen Republik bestehenden St. zu einem einzigen St. vereinigt, das unmittelbar dem Generalstaatsanwalt der Deutschen Demokratischen Republik unterstellt wird. Das St. befindet sich in Berlin. Die Anschrift lautet: Der Generalstaatsanwalt der Deutschen Demokratischen Republik — Strafregister —, Berlin C 2, Littenstraße 16/17.“ Am 1. 2. 1958 ist das neue „Gesetz über Eintragung und Tilgung im St. — Strafregistergesetz (StRG)“ vom 11. 12. 1957 (GBl. S. 647) in Kraft getreten. Danach ist das zentrale St. zuständig für alle Personen, die in der SBZ geboren oder wohnhaft sind oder die in der SBZ verurteilt werden. Damit greift das Gesetz stark in die Zuständigkeit des westlichen St. ein. Die „beschränkte Auskunft“ aus dem St. ist weggefallen. Die Fristen, nach deren Ablauf ein Strafvermerk getilgt wird, sind ganz erheblich verkürzt worden. Die längste Straftilgungsfrist — bei Freiheitsstrafen von über fünf Jahren — beträgt zehn Jahre. Auskunft aus dem St. erhalten die Untersuchungsorgane, die Staatsanwaltschaft, die Gerichte, die Dienststellen der Deutschen ➝Volkspolizei, die Dienststellen des Ministeriums für Nationale Verteidigung sowie die Abt. Finanzen der örtlichen Räte und das Amt für ➝Zoll und Kontrolle des Warenverkehrs im Rahmen eines laufenden Strafverfahrens. Der Staatssicherheitsdienst hat inzwischen durchgesetzt, daß die nach den neuen Fristen zu tilgenden Strafvermerke nicht vernichtet, sondern ihm zur Kenntnis zugeleitet werden. Damit hat der SSD die Möglichkeit, im Bedarfsfalle immer wieder einmal auf alte und im St. bereits getilgte Strafvermerke zurückzukommen und ein lückenloses Bild über das Vorleben aller Bürger zu besitzen, wodurch die verkürzten Straftilgungsfristen ihre Bedeutung praktisch wieder verloren haben. (Rechtswesen) Fundstelle: SBZ von A bis Z. Fünfte, überarbeitete und erweiterte Auflage, Bonn 1959: S. 351 Strafrechtsergänzungsgesetz A, B, C, D, E, F, G, H, I, J, K, L, M, N, O, P, Q, R, S, T, U, V, W, Z StrafverfahrenSiehe auch die Jahre 1956 1958 1960 1962 1963 1965 1966 1969 1975 1979 1985 Bis Ende Mai 1953 wurde in der SBZ das St. gemäß der St.-VO vom 8. 3. 1926 bei der für den Geburtsort eines Bestraften zuständigen Staatsanwaltschaft geführt. Auf Grund des § 26 des Gesetzes über die Staatsanwaltschaft vom 23. 5. 1952 erließ der Generalstaatsanwalt der SBZ am 3. 6. 1953 eine „Anordnung über die Einrichtung eines zentralen St.“ (ZBl. S. 270): „Ab 1. Juni 1953 werden alle in der Deutschen…

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Chemische Industrie (1959)
Siehe auch die Jahre 1953 1954 1956 1958 1960 1962 1963 1965 1966 1969 1975 1979 1985 Bereits vor der Teilung Deutschlands hatte die Ch. I. in der heutigen SBZ bei einer großen Anzahl von Erzeugnissen überdurchschnittliche Produktionsanteile, während bei einigen wichtigen chemischen Grundstoffen eine weitgehende Abhängigkeit Westdeutschlands von der mitteldeutschen Industrie bestand. Das größte Chemiewerk Europas, das Leunawerk, die drei IG-Farbenwerke in Bitterfeld und andere waren Lieferanten Westdeutschlands und der ganzen Welt. 1936 hatte das Sowjetzonengebiet an der gesamtdeutschen Erzeugung z. B. folgende Anteile: Methanol 78,9 v. H., Stickstoffdüngemittel 61,1, Kali 58,7, Schwefelkohlenstoff 57,5, synthetischer Ammoniak 55,5, Benzin 55, Chlor 48,5, kalzinierte Soda 47,1 und Dieselkraftstoffe 29,6 v. H. Diese Anteile erhöhten sich während der Kriegsjahre zum Teil nicht unerheblich. Bei verhältnismäßig geringen Kriegsschäden mußte die Ch. I. der SBZ 1945/46 außerordentlich empfindliche Demontagen hinnehmen. Die wichtigsten Chemie-Großbetriebe wurden von den Sowjets beschlagnahmt (SAG). Nach dem Wiederaufbau verfügten die Sowjets (Stand von Anfang 1952) über mehr als 52 v. H. aller Kapazitäten in der Ch. I. Bei einer großen Anzahl chemischer Erzeugnisse besaßen die Sowjets sogar Monopolstellungen. Erst ab 1. Jan. 1954 wurden die SAG-Betriebe der Ch. I. an die deutsche Verwaltung zurückverkauft. — Auf den Produktionswert bezogen, waren im Jahre 1957 nur noch 6 v. H. der Erzeugung der Ch. I. in Privathand. Von den rd. 245.000 Beschäftigten arbeiteten (1957) 225.000 in Staatsbetrieben. Der erste Fünfjahrplan (1951 bis 1955) sah eine Verdoppelung der Produktion vor, was bei den Grunderzeugnissen der Ch. I. (kalzin. Soda, Phosphordünger, Ätznatron, Schwefelsäure, Kalziumkarbid) nicht ganz erreicht werden konnte. Auch der zweite Fünfjahrplan der Ch. I. [S. 73]steht unter der Absicht, die Bezugsabhängigkeit von westlichen Lieferanten zu überwinden. Zu diesem Zweck sind für die großen Werke der Ch. I. erhebliche Investitionen vorgesehen, insbesondere für den Ersatz unwirtschaftlich arbeitender Anlagen. Aber auch neue Anlagen entsprechend dem Fortschreiten der techn. Entwicklung in der westlichen Welt sind vorgesehen, z. B. auf dem Gebiete der Petrochemie und in der Kunststofferzeugung. Insbesondere soll die Erzeugung von vollsynthetischen Chemiefasern für die Textilindustrie sehr erheblich gesteigert werden. — Die Wettbewerbsfähigkeit der Ch. I. der Zone in einer Marktwirtschaft zu erreichen, bedarf es eines auf viele Jahre sich erstreckenden Modernisierungs- und Ausbauprogramms. Die Entstehung gesamtdeutscher Überkapazitäten ist durch diesen Ausbau nicht zu befürchten, da ein erhöhtes Verbrauchsniveau in der SBZ die höhere Produktion in der Ch. I. erfordert. Literaturangaben *: Die chemische Industrie in der sowjetischen Besatzungszone. (Mat.) 1955. 64 S. m. 14 Anlagen. Fundstelle: SBZ von A bis Z. Fünfte, überarbeitete und erweiterte Auflage, Bonn 1959: S. 72–73 CDU A, B, C, D, E, F, G, H, I, J, K, L, M, N, O, P, Q, R, S, T, U, V, W, Z ChemnitzSiehe auch die Jahre 1953 1954 1956 1958 1960 1962 1963 1965 1966 1969 1975 1979 1985 Bereits vor der Teilung Deutschlands hatte die Ch. I. in der heutigen SBZ bei einer großen Anzahl von Erzeugnissen überdurchschnittliche Produktionsanteile, während bei einigen wichtigen chemischen Grundstoffen eine weitgehende Abhängigkeit Westdeutschlands von der mitteldeutschen Industrie bestand. Das größte Chemiewerk Europas, das Leunawerk, die drei IG-Farbenwerke in Bitterfeld und andere waren…

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Produktions- und Dienstleistungsabgabe (PDA) (1959)
Siehe auch: Produktions- und Dienstleistungsabgaben: 1975 1979 Produktions- und Dienstleistungsabgabe (PDA): 1956 1958 1960 1962 1963 1965 1966 1969 Als Nachahmung der „differenzierten Umsatzsteuer“ der SU im Rahmen des „Zwei-Kanäle-Systems“ in der SBZ erstmalig in einigen Zweigen der „volkseigenen“ Genußmittelindustrie mit Wirkung vom 1. 1. 1954 zunächst versuchsweise und durch „VO über die Produktionsabgabe und Dienstleistungsabgabe der volkseigenen Industrie und der volkseigenen Dienstleistungsbetriebe (PDA VO)“ vom 6. 1. 1955 (GBl. 1955 S. 37 ff.) in der gesamten „volkseigenen“ Wirtschaft eingeführt. In der Präambel zu dieser Verordnung wird zum Ausdruck gebracht, daß das bisherige Abgabe[S. 280]system nicht die „einfache, schnelle und konstante Abführung der staatlichen Einnahmen an den Staatshaushalt“ gewährleistete und nicht zur Festigung des „Prinzips der wirtschaftlichen Rechnungsführung“ beigetragen hatte. Die Produktionsabgabe als Bestandteil des Industrieabgabepreises eines Produktes wird in der „volkseigenen“ Industrie grundsätzlich für ein Produkt nur einmal erhoben. Ist durch Bearbeitung oder Verarbeitung eines erworbenen Produktes ein neues Produkt mit anderen Eigenschaften entstanden, dann wird diese erneut berechnet. Zahlungspflichtige der Produktionsabgabe sind die Betriebe der „volkseigenen“ Industrie. Die Zahlungspflicht ist an den Umsatz von Produkten gebunden; die Zahlungspflicht entsteht im Zeitpunkt des Umsatzes des Produktes. Die Produktionsabgabe wird erhoben a) in einem Vomhundertsatz des Industrieabgabepreises oder des sonstigen gesetzlich festgelegten Abgabepreises oder b) in einem festen Betrag vom Industrieabgabepreis je Mengeneinheit des Produktes oder c) in Form des Unterschiedbetrages zwischen den Selbstkosten zuzüglich Gewinnanteil und dem Industrieabgabepreis. Die Form der Erhebung der Produktionsabgabe wird vom Ministerium der Finanzen bestimmt. Die Sätze der Produktionsabgabe können differenziert werden a) nach einzelnen Produkten oder Produktengruppen. b) nach der Zweckbestimmung der Produkte, c) nach betrieblichen Merkmalen. Wenn vom Ministerium der Finanzen die Zuständigkeit nicht anderweitig geregelt wurde, ist für die Ermittlung, Festsetzung, Erhebung, Kontrolle und Vollstreckung der Produktionsabgabe der Rat der Stadt oder des Kreises — Abt. Finanzen — zuständig, in dessen Bereich sich der Sitz der Leitung des zur Zahlung der Produktionsabgabe verpflichteten Betriebes befindet. Für die Kontrolle der Produktionsabgabe wird weiterhin der Rat des Bezirkes — Abt. Finanzen — eingeschaltet. Zur Zahlung der Dienstleistungsabgabe sind die „volkseigenen Dienstleistungsbetriebe“ und die Betriebe der „volkseigenen“ Industrie, soweit sie Dienstleistungen ausführen, verpflichtet. Mit der Einführung der PDA entfällt die Erhebung der Körperschaftsteuer, Gewerbesteuer, Umsatzsteuer, Beförderungsteuer und der Verbrauchsabgaben. Das „Zwei-Kanäle-System“ besagt, daß die sogenannte „Geldakkumulation“ der „volkseigenen“ Wirtschaft künftig durch die PDA und durch die Nettogewinnabführung dem Staatshaushalt zugeleitet wird. Durch diese „Zweigleisigkeit“ hat der Staat die Möglichkeit einer besseren Kontrolle erhalten. Er kann 1. durch die Erfüllung des Produktionsabgabeplanes gleichzeitig die Erfüllung der Produktions- und Absatzpläne (nach Umfang und Sortiment der Ware) und 2. durch die Gewinnabführung die Qualität der Arbeit der Betriebe und deren Auswirkung auf die Erfüllung der Selbstkostensenkungsauflage und des Gewinnplanes kontrollieren. (Kontrollfunktion und Erziehungsfunktion der PDA.) Neben der reinen Kontrollfunktion hat die Produktionsabgabe die Aufgaben, produktionslenkend und konsumtionsregulierend zu wirken. (Regulativfunktion der PDA.) Durch die Kurzfristigkeit und Stetigkeit der Abführungen soll die Haushaltsstabilität gesichert werden, d. h., der Staat soll eine gleichmäßig und schnell fließende Quelle an Geldmitteln laufend zur Verfügung haben. (Steuern) Die Entwicklung vom Mehrsteuersystem zum Zwei-Kanäle-System, die mit der Einführung der Handelsabgabe als abgeschlossen betrachtet werden kann, hat die rein „operative Abgabenkontrolle“ (Kontroll- und Prüfungsmethode zur Sicherung des Aufkommens der Abgaben) schlagkräftiger gestaltet, wobei eine Koordinierung der wert- mit der mengenmäßigen Kontrolle erreicht werden soll. Literaturangaben Kitsche, Adalbert: Die öffentlichen Finanzen im Wirtschaftssystem der sowjetischen Besatzungszone Deutschlands. (BMG) 1954. 68 S. m. 1 Anlage. Kitsche, Adalbert: Das Steuersystem in der sowjetischen Besatzungszone Deutschlands. Bonn (Diss.) 1958. 162 S. Frenkel, Erdmann: Steuerpolitik und Steuerrecht in der sowjetischen Besatzungszone. 3., erw. Aufl. (BB) 1953. 124 S. m. 11 Anlagen. Fundstelle: SBZ von A bis Z. Fünfte, überarbeitete und erweiterte Auflage, Bonn 1959: S. 279–280 Produktionspropaganda A, B, C, D, E, F, G, H, I, J, K, L, M, N, O, P, Q, R, S, T, U, V, W, Z ProduktionsverhältnisseSiehe auch: Produktions- und Dienstleistungsabgaben: 1975 1979 Produktions- und Dienstleistungsabgabe (PDA): 1956 1958 1960 1962 1963 1965 1966 1969 Als Nachahmung der „differenzierten Umsatzsteuer“ der SU im Rahmen des „Zwei-Kanäle-Systems“ in der SBZ erstmalig in einigen Zweigen der „volkseigenen“ Genußmittelindustrie mit Wirkung vom 1. 1. 1954 zunächst versuchsweise und durch „VO über die Produktionsabgabe und Dienstleistungsabgabe der volkseigenen Industrie und der…

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Patriotismus (1959)
Siehe auch die Jahre 1956 1958 1960 1962 1963 1965 1966 1969 1975 1979 1985 Die SED betrieb die Vorbereitung, Gründung und Abstützung des kommun. Staatsgebildes in der SBZ mit einer zweckhaften Zurechtbiegung des deutschen Nationalbewußtseins, obwohl der eigentliche Marxismus das Nationale als klassenbedingten Atavismus verwirft. Diese zweckhafte Zurechtbiegung führte zu dem schillernden Begriff des sowjetzonalen P. Die SED, die sich dabei der Nationalen Front bediente und bedient, pflegt diesen P. seit der Ausrufung der Nationalen Volksarmee (Januar 1956) immer nachhaltiger. Die Wesensbestimmung des P., die Fred ➝Oelßner 1951 in seiner (1955 wieder aufgelegten) Schrift „Die heutige Bedeutung der nationalen Frage“ (S. 31 f.) gab, bleibt in der SED gültig, obwohl er Anfang 1958 aus wirtschaftspolitischen Gründen aus dem Politbüro der SED entfernt wurde. Er betont, die SED könne „deutschen Patriotismus nur auf der Grundlage des proletarischen Internationalismus entwickeln“. Man müsse an die geschichtlichen Leistungen und „an das ganze fortschrittliche kultu[S. 268]relle Erbe unseres deutschen Volkes anknüpfen“, so schrieb Oelßner, zugleich aber müßten wir „besonders die Kulturgüter des fortschrittlichsten Volkes der Welt, des Sowjetvolkes, in uns aufnehmen, um ein neues deutsches Nationalgefühl auf wahrhaft ethischer Grundlage zu entwickeln“. Sinngemäß entfaltete Grotewohl 1953, zum „Tage des Lehrers“, diesen Zweck-P. (s. Grotewohl: An die Jugend, 1955, S. 299 f.): „Im Kapitalismus wurde das echte und gute Nationalgefühl zum Nationalismus und Chauvinismus.“ Demgegenüber, so forderte er, „gilt es, einen echten Patriotismus zu entwickeln, einen Patriotismus, der die natürliche und enge Verbundenheit eines jeden Menschen mit dem Land und dem Volk einschließt, in dem er geboren ist, in dem er aufwächst und in dem er arbeitet. Das Wachstum eines Menschen ist mit seinem Volk, mit seiner Geschichte, seiner Sprache und seinen Kulturgütern eng verbunden“. Solcher P., so erklärte Grotewohl, „der in der Liebe zum eigenen Volk wurzelt, ist unvereinbar mit dem Haß gegen andere Völker“. Wie bloß taktisch und zweckhaft die SED die Gefühle des P. für den internationalen Klassenkampf einsetzt, zeigt sich, wenn er im Zeichen „solchen patriotischen Denkens“ fortfährt: „Darum fühlen wir uns in tiefer Freundschaft verbunden mit den Völkern des Weltfriedenslagers, an deren Spitze die große Sowjetunion steht.“ P. wird in allen Bereichen gefordert. So sagte Ulbricht im Jan. 1956 auf dem „IV. Deutschen Schriftstellerkongreß“, für ganz Deutschland sei der Aufbau des Sozialismus notwendig, dieses Ziel „mit allen Mitteln, auch mit den Mitteln der Kunst, zu erringen, das ist die hohe patriotische Aufgabe auch unserer Dichter und Schriftsteller“. Auf dieser Zwecklinie bewegt sich die Schulung zum P. in allen Organisationen und in sämtlichen Bereichen der SBZ. Der P. der SBZ wirkt sich seit Mitte 1952 auch in der Nationalen Geschichtsbetrachtung aus. In „Junge Welt“, der Tageszeitung der FDJ, biegt Gerhard ➝Eisler am 4. 6. 1958 den Begriff P. entsprechend um: „Als Sozialisten sind wir natürlich deutsche Patrioten, und daher wollen wir ja auch, daß ganz Deutschland einmal das wahre Vaterland aller Deutschen und auch der ganzen deutschen Jugend sein kann … auch für die westdeutsche Jugend ist die DDR das wahre Vaterland. Die Loyalität der ganzen deutschen Jugend kann nur der DDR gehören. Denn die DDR steht auch nicht im Gegensatz zu den Interessen der westdeutschen Jugend, sondern ist im Gegenteil der stärkste Vorkämpfer zur Erfüllung aller ihrer berechtigten nationalen, politischen, sozialen und kulturellen Wünsche …“ Literaturangaben Bohn, Helmut: Die patriotische Karte in der sowjetischen Deutschland-Politik. (Aus: „Ostprobleme“ 1955, H. 38, 40, 42) Bad Godesberg. 32 S. Hehn, Jürgen von: Die Sowjetisierung des Geschichtsbildes in Mitteldeutschland (aus: Europa-Archiv 1954, H. 19 u. 20). Frankfurt a. M. 16 S. Kopp, Fritz: Die Wendung zur „nationalen“ Geschichtsbetrachtung in der Sowjetzone. München 1955, Isar Verlag. 111 S. Rauch, Georg von: Das Geschichtsbild der Sowjetzone (aus: Jahrb. d. Ranke-Gesellschaft 1954). Frankfurt a. M., Moritz Diesterweg. 19 S. Fundstelle: SBZ von A bis Z. Fünfte, überarbeitete und erweiterte Auflage, Bonn 1959: S. 267–268 Patriotische Erziehung A, B, C, D, E, F, G, H, I, J, K, L, M, N, O, P, Q, R, S, T, U, V, W, Z Pawlow, Iwan PetrowitschSiehe auch die Jahre 1956 1958 1960 1962 1963 1965 1966 1969 1975 1979 1985 Die SED betrieb die Vorbereitung, Gründung und Abstützung des kommun. Staatsgebildes in der SBZ mit einer zweckhaften Zurechtbiegung des deutschen Nationalbewußtseins, obwohl der eigentliche Marxismus das Nationale als klassenbedingten Atavismus verwirft. Diese zweckhafte Zurechtbiegung führte zu dem schillernden Begriff des sowjetzonalen P. Die SED, die sich dabei der Nationalen Front bediente und bedient,…

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FDJ (1959)
Siehe auch: FDJ: 1953 1954 1956 1958 1960 1962 1963 1965 1966 FDJ (Freie Deutsche Jugend): 1975 1979 FDJ (FREIE DEUTSCHE JUGEND): 1969 Freie Deutsche Jugend: 1958 1960 1962 1963 1965 1966 1969 1975 1979 Freie Deutsche Jugend (FDJ): 1985 Abk. für Freie Deutsche Jugend. Hervorgegangen aus den am 20. 6. 1945 durch SMAD-Befehl genehmigten antifaschistischen Jugendausschüssen. Gründungsversammlungen am 7. 3. 1946. Die FDJ war anfangs überparteilich, doch waren die Schlüsselstellungen von Anfang an mit KP/SED-Mitgliedern besetzt. Seit Beginn des 1. FDJ-Schuljahres 1951 war die FDJ auf den Stalinismus ausgerichtet; heute wird sie ausschließlich von der SED angeleitet und gelenkt. Die Mitgliederzahl betrug 1953 mit Jungen Pionieren über 3 Mill., Mitte 1958 erreichte sie nur 1,7 Mill., dazu kamen 1,2 Mill. Junge Pioniere. Vorsitzender: Horst ➝Schumann (SED), oberstes Führungsorgan ist der Zentralrat der FDJ. Die FDJ erfaßt die Jugendlichen über 14 Jahre und übernimmt sie von den Jungen Pionieren. Die Altersgrenze, nicht für Funktionäre, wohl aber für Mitglieder, ist im allgemeinen (seit dem Statut vom Mai 1959) das vollendete 26. Lebensjahr. Seit Beginn des Aufbaus der Kasernierten Volkspolizei ist die FDJ ihr wohl ergiebigstes Rekrutierungsfeld. Dies gilt noch stärker gegenüber der Nationalen Volksarmee. Auch die Gesellschaft für ➝Sport und Technik rekrutiert sich, mit mehr oder weniger verhülltem Zwang, aus der FDJ. über die Betriebs-, Verwaltungs-, Schul- und Hochschulgruppen usw. der FDJ kontrolliert die SED die Jugend in diesen Bereichen. Für größere Schulen sind, um die Leitung zu straffen, Zentrale Schulgruppenleitungen (ZSGL) eingesetzt. Noch das Statut vom Mai 1955 bezeichnete die FDJ als „eine einheitliche Massenorganisation, die auf freiwilliger Grundlage die breiten Schichten der Jugend aus Stadt und Land in ihren Reihen vereinigt“. Aber seit der 16. Tagung des Zentralrates (25. 4. 1957) gilt die Losung: „Die FDJ ist die sozialistische Jugendorganisation der DDR.“ Demgemäß heißt es im Statut vom 15. 5. 1959 (I, Abs. 1): „Die FDJ ist die sozialistische Massenorganisation der Jugend in der DDR. Sie vereint in ihren Reihen auf freiwilliger Grundlage die Arbeiter- und Landjugend, die junge Intelligenz, die Schüler und Studenten und die Jugend des Mittelstandes.“ Sie „läßt sich … von den richtungweisenden Beschlüssen und Ratschlägen der SED leiten, weil ihre Politik, auf den Lehren von Marx, Engels und Lenin beruhend, den Lebensinteressen der Nation und der Jugend entspricht“. Die FDJ, so heißt es (I, Abs. 7) klar, „läßt sich leiten vom wissenschaftlichen Sozialismus und erzieht die junge Generation auf dieser Grundlage. Der § 5, d sagt: „Jedes Mitglied der FDJ hat die Pflicht, … sich mit der wissenschaftlichen Lehre der Arbeiterklasse, dem Marxismus-Leninismus, vertraut zu machen.“ Damit vertritt die FDJ grundsätzlich den Atheismus, der alle kirchlichen und religiösen Anschauungen bekämpft. Damit wird § I, Abs. 27 des Statuts unglaubwürdig, in dem die FDJ behauptet: „Sie betrachtet alle Jugendlichen, auch die, die religiös gebunden sind, als ihre Freunde und Kameraden …“ Um den Patriotismus der ganzen deutschen Jugend auf das Sowjetzonen-Regime festzulegen, behauptet das Statut: „Die deutsche Jugend hat in der DDR ihr wahres Vaterland.“ Auch verlangt § l; Abs. 11 Einsatz für die bewaffneten Organe, für die Mili[S. 105]tärpolitik der SBZ: „Die Mitglieder der FDJ betrachten es als ihre Ehre und Pflicht …, sich vormilitärische Kenntnisse und Fähigkeiten anzueignen. Der Dienst in den bewaffneten Organen der DDR ist für jedes Mitglied der FDJ eine Ehrenpflicht.“ Um die FDJ für den Siebenjahrplan möglichst scharf anzuspannen, beschloß das VI. Parlament (Mai 1959) ein genau durchgegliedertes „Programm der jungen Generation für den Sieg des Sozialismus“. Darin wird u. a. Mitarbeit gefordert an der Bewegung des Kompaß, den Kontrollposten, den Brigaden der sozialistischen Arbeit, den Gemeinschaften der sozialistischen Arbeit. Die FDJ besitzt eine eigene Tageszeitung die „Junge Welt“, ferner die Halbmonatsschrift „Junge Generation“. Seit Beginn der offenen Remilitarisierung dienen beide Organe in starkem Maße der vormilitärischen Erziehung, ebenso der FDJ-Dienst selbst. — Seit der Ausschaltung der konfessionellen Jugendverbände ist die FDJ die alleinige Organisation der Jugend in der SBZ. In der Bundesrepublik ist die FDJ als verfassungsfeindlich verboten. Literaturangaben Friedrich, Gerd: Die Freie Deutsche Jugend, Stoßtrupp des Kommunismus in Deutschland (Rote Weißbücher 1). Köln 1951, Kiepenheuer und Witsch. 182 S. Friedrich, Gerd: Die Freie Deutsche Jugend — Auftrag und Entwicklung (Rote Weißbücher 11). 2., erw. u. veränd. Aufl., Köln 1953, Kiepenheuer und Witsch. 203 S. Herz, Hanns-Peter: Freie Deutsche Jugend. München 1956, Juventa-Verlag. 128 S. Fundstelle: SBZ von A bis Z. Fünfte, überarbeitete und erweiterte Auflage, Bonn 1959: S. 104–105 FDGB A, B, C, D, E, F, G, H, I, J, K, L, M, N, O, P, Q, R, S, T, U, V, W, Z FDJ-KontrollpostenSiehe auch: FDJ: 1953 1954 1956 1958 1960 1962 1963 1965 1966 FDJ (Freie Deutsche Jugend): 1975 1979 FDJ (FREIE DEUTSCHE JUGEND): 1969 Freie Deutsche Jugend: 1958 1960 1962 1963 1965 1966 1969 1975 1979 Freie Deutsche Jugend (FDJ): 1985 Abk. für Freie Deutsche Jugend. Hervorgegangen aus den am 20. 6. 1945 durch SMAD-Befehl genehmigten antifaschistischen Jugendausschüssen. Gründungsversammlungen am 7. 3. 1946. Die FDJ war anfangs überparteilich, doch waren die…

DDR A-Z 1959
Bauwirtschaft (1959)
Siehe auch die Jahre 1956 1958 1960 1962 1963 1965 1966 1969 Das Schwergewicht der Bautätigkeit in der BZ liegt bei den sog. Investitionsbauten, also Industriebauten, Verwaltungsgebäuden und militärischen Bauten. Der Wohnungsbau ist vernachlässigt worden. Zu den großen Industriebauten der letzten Jahre gehören u.a.: das Stahl- und Walzwerk Brandenburg, das Eisenhüttenkombinat in Fürstenberg/Oder, die Großkokerei in Lauchnammer, die Eisenwerke West in Calbe/Saale, der Ausbau der Ostseewerften, das noch im Aufbau befindliche Braunkohlenkombinat Schwarze Pumpe bei Hoyerswerda, verschiedene noch nicht abgeschlossene Kraftwerksbauten. Baustoffmangel und technische Rückständigkeit führten zu der amtlichen Feststellung: „Wir bauen nicht gut genug, wir bauen zu langsam und vor allem zu teuer.“ Seit Jahren wird, gehemmt durch Materialmangel, die Industrialisierung des Bauwesens angestrebt. Auf die unterschiedliche Bevölkerungszahl berechnet, ergibt sich gegenüber der BRD eine erhebliche Minderleistung in der B. Hauptaufgabe der B. der SBZ im zweiten Fünfjahrplan (1955 bis 1959) ist wieder die „Konzentrierung der Kräfte auf die vordringliche Entwicklung der Grundstoffindustrie (Kohle, Energie, Chemie)“. Der Baustoffindustrie werden zur Erweiterung ihrer Kapazitäten erhebliche Mittel zugeführt. [S. 50]Auf einer sogenannten Baukonferenz der SED wurde im Mai 1959 ein „großer Umschwung in der B.“ angekündigt. Danach sollen bis 1958 weitgehend die Industrialisierung des Bauens durchgeführt, die Typen- und Serienfertigung sowie die Montagebauweise eingeführt werden. Zu diesem Zwecke sollen endlich ausreichend Baumaschinen produziert werden. Auch der Wohnungsbau soll gefördert werden, so daß der Wohnungsbedarf bis 1965 „im wesentlichen behoben“ sein wird. Da ähnliche Proklamationen für die B. bereits seit 1955 bekanntgeworden sind, ohne daß Entscheidendes geschah, müssen auch die neuerlichen Verlautbarungen mit Vorbehalten zur Kenntnis genommen werden. Es wird schwerlich möglich sein, die Herstellung von neuen und modernen Baumaschinen so kurzfristig zu steigern. (Bauämter) Literaturangaben Plönies, Bartho: Planen und Bauen in der sowjetischen Besatzungszone und im Sowjetsektor von Berlin. 2., erw. Aufl. (BB) 1953. 134 S. m. 16 Anlagen. Fundstelle: SBZ von A bis Z. Fünfte, überarbeitete und erweiterte Auflage, Bonn 1959: S. 49–50 Bausparen A, B, C, D, E, F, G, H, I, J, K, L, M, N, O, P, Q, R, S, T, U, V, W, Z BDVPSiehe auch die Jahre 1956 1958 1960 1962 1963 1965 1966 1969 Das Schwergewicht der Bautätigkeit in der BZ liegt bei den sog. Investitionsbauten, also Industriebauten, Verwaltungsgebäuden und militärischen Bauten. Der Wohnungsbau ist vernachlässigt worden. Zu den großen Industriebauten der letzten Jahre gehören u.a.: das Stahl- und Walzwerk Brandenburg, das Eisenhüttenkombinat in Fürstenberg/Oder, die Großkokerei in Lauchnammer, die Eisenwerke West in Calbe/Saale, der Ausbau der…

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Sozialfürsorge (1959)
Siehe auch die Jahre 1953 1954 1956 1958 1960 1962 1963 1965 1966 1969 1975 1979 1985 Rechtsgrundlage der S. war bis 31. 3. 1956 die VO vom 22. 4. 1947, erlassen auf Grund des Befehls 92 der SMAD. Seit 1. 4. 1956 gilt die VO über die Allgemeine S. vom 23. 2. 1956 (GBl. I S. 233). Danach wird S. für alle hilfsbedürftigen Personen, einschließlich der Personen, die keine Zahlungen aus der Sozialversicherung erhalten, gewährt. Als hilfsbedürftig im Sinne der S. wird angesehen, wer den notwendigen Lebensbedarf für sich und seine arbeitsunfähigen Familienangehörigen nicht verdienen kann und wer keine ausreichenden Mittel von anderer Seite erhält oder erhalten kann. Als hilfsbedürftig gilt nicht, wer arbeitsfähig ist und eine zumutbare Arbeit ablehnt. Hilfeleistung aus den Mitteln der S. wird nicht gewährt in den Fällen, in denen der Hilfsbedürftige Einnahmen aus seinem Vermögen oder ihm eine Hilfeleistung in Höhe des für den betreffenden Ort festgesetzten Existenzminimums durch Dritte gewährt wird, die zum Unterhalt des Hilfsbedürftigen gesetzlich verpflichtet sind. Die S. wird durch die Räte der Gemeinden (Referate Sozialfürsorge in der Abt. für ➝Arbeit und Berufsausbildung) gewährt. Die Aufsicht führt das Ministerium für Arbeit und Berufsausbildung, Hauptabt. Sozialwesen. Die Referate S. entscheiden über die Hilfsbedürftigkeit. Sie werden dabei von ständigen Kommissionen für Gesundheitswesen und S. unterstützt. Gegen die Ablehnung eines Antrages auf S. ist das Rechtsmittel einer Beschwerde gegeben, das innerhalb von 2 Wochen beim Hauptreferat S. in der Abt. Arbeit und Berufsausbildung des Bezirkes eingelegt werden muß. Dieses hat über die Beschwerde innerhalb zweier Wochen zu entscheiden. Die S. gliedert sich in den allgemeinen Rahmen der Arbeits- und Sozialpolitik ein, das heißt: auch sie wird dem Fünfjahrplan dienstbar gemacht: „Fünfjahrplan und S. stehen in engster Wechselbeziehung. Die erforderlichen Maßnahmen der S. werden bestimmt und weitestgehend beeinflußt vom Stand unserer demokratischen Wirtschaft. Wir können nicht einen Plan aufstellen, der die Zahl der Hilfsbedürftigen in der S. für die Plandauer um einen bestimmten Prozentsatz reduziert, aber wir müssen den Personenkreis der Hilfsbedürftigen in seiner Zusammensetzung dauernd nach Arbeitsfähigen und Arbeitsunfähigen überprüfen und kontrollieren, um sie den Organen für Arbeitskraftreserven in der Staatlichen Planung zur Kenntnis zu bringen“ („Arbeit und Sozialfürsorge“, S. 328/1951). Die S. ist daher nicht karitativ, sondern „produktiv“: „Sie unterscheidet sich grundsätzlich von dem Begriff der bisherigen Wohlfahrtspflege, indem sie sich zu einer produktiven Fürsorge entwickelt hat, deren erste Maßnahmen im Arbeitsamt beginnen. So stehen Berufsausbildung, Umschulung und der Arbeitsplatznachweis an vorderster Stelle fürsorgerischer Maßnahmen, die durch die Organe der Kreisverwaltungen angestrebt und durchgeführt wurden“ („Arbeit und Sozialfürsorge“, Ost-Berlin, S. 327). Die Barunterstützungen sind des[S. 328]halb gering und betragen für Hauptunterstützungsempfänger 85,– DM Ost, für ihre erwachsenen Angehörigen 30,– DM Ost, für ein Kind 35,– oder 38,50 DM Ost monatlich. Eine Mietbeihilfe kann je nach Ortsklasse und Zahl der Familienangehörigen im Betrag von 12 bis 30 DM Ost gewährt werden. Ab 1. Juni 1958 wird ein Zuschlag von 9 DM Ost (in Ost-Berlin 12 DM Ost) gewährt. In einer Geheimanweisung vom 20. 12. 1952 wurde verboten, daß S.-Unterstützung an Personen gezahlt wird, die nicht invalide im Sinne der Sozialversicherung, also nicht mindestens zu 66⅔ v. H. erwerbsbeschränkt sind. Selbst Frauen und Kindern sollte die Unterstützung entzogen werden. Auch nach Verkündung des Neuen Kurses wurde die Anweisung nicht aufgehoben. In der Praxis wurde sie indessen nicht so rigoros durchgeführt. Nach der 1. Durchführungsbestimmung vom 24. 2. 1956 gilt als hilfsbedürftig, sofern er die sonstigen Voraussetzungen erfüllt: a) wer als Frau 60 Jahre, als Mann 65 Jahre alt ist, b) Invalide im Sinne der Sozialversicherung ist (Renten), c) wer arbeitsfähig oder teilarbeitsfähig ist, aber nachweisbar keine Arbeitsmöglichkeit hat, d) Frauen mit mindestens einem Kind bis zu drei Jahren oder mindestens zwei Kindern unter acht Jahren, wenn sie diese nicht durch Familienangehörige, in einem Kindergarten oder einer ähnlichen Einrichtung oder durch dritte Personen beaufsichtigen lassen können, e) Personen, die in ihrem Haushalt eine ständig pflegebedürftige Person versorgen müssen, sofern die Pflege nicht von einem Dritten übernommen werden kann. Auch hier wird, wie in der Sozialversicherung (Sozialversicherungs- und Versorgungswesen) die Tendenz deutlich, möglichst viele Menschen zur Arbeit zu zwingen. (Arbeitspolitik) Das Referat S. betreut außer den Unterstützungsempfängern die Insassen von Alters-, Pflege- und Siechen- sowie Blindenheimen, für die ganz oder teilweise die Kosten der Heimaufnahme von den Angehörigen nicht getragen werden können. Die Bewohner der Heime erhalten neben Unterkunft, Bekleidung und Verpflegung ein geringes monatliches Taschengeld. Auch die Betreuung der Haftentlassenen gehört zum Aufgabengebiet des Referats. Praktisch geschieht in dieser Beziehung sehr wenig. Die S. zahlt ferner an Arbeitslose Differenzbeträge bis zur Höhe der Fürsorgesätze. (Arbeitslosenversicherung) Literaturangaben Haas, Gerhard, und Alfred Leutwein: Die rechtliche und soziale Lage der Arbeitnehmer in der sowjetischen Besatzungszone. 5., erw. Aufl. (BB) 1959. Teil I (Text) 264 S., Teil II (Anlagen) 162 S. Leutwein, Alfred: Die sozialen Leistungen in der sowjetischen Besatzungszone und in Ost-Berlin. 5., erw. Aufl. (BB) 1959, Teil I (Text) 171 S., Teil II (Anlagen) 191 S. Fundstelle: SBZ von A bis Z. Fünfte, überarbeitete und erweiterte Auflage, Bonn 1959: S. 327–328 Sozialdemokratismus A, B, C, D, E, F, G, H, I, J, K, L, M, N, O, P, Q, R, S, T, U, V, W, Z SozialismusSiehe auch die Jahre 1953 1954 1956 1958 1960 1962 1963 1965 1966 1969 1975 1979 1985 Rechtsgrundlage der S. war bis 31. 3. 1956 die VO vom 22. 4. 1947, erlassen auf Grund des Befehls 92 der SMAD. Seit 1. 4. 1956 gilt die VO über die Allgemeine S. vom 23. 2. 1956 (GBl. I S. 233). Danach wird S. für alle hilfsbedürftigen Personen, einschließlich der Personen, die keine Zahlungen aus der Sozialversicherung erhalten, gewährt. Als hilfsbedürftig im Sinne der S. wird angesehen, wer den…

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Luftverkehr (1959)
Siehe auch die Jahre 1956 1958 1960 1962 1963 1965 1966 1969 1975 1979 Bis 1956 wurde der L. in der SBZ ausschließlich von den L.-Gesellschaften der SU und der Volksdemokratien betrieben. Mit der Gründung einer eigenen L.-Gesellschaft im Jahre 1954 mit dem traditionellen Namen Deutsche Lufthansa wurde der Aufbau einer eigenen sowjetzonalen L.-Gesellschaft vorbereitet. Die Deutsche Lufthansa ist ein „volkseigener“ Betrieb und wurde zunächst dem Ministerium des Innern, später dem Ministerium für Nationale Verteidigung und schließlich 1958 dem Ministerium für Verkehrswesen unterstellt. Der regelmäßige Flugdienst wurde 1956 mit der Eröffnung der Linie Berlin-Warschau aufgenommen. Gegenwärtig werden im Auslandsverkehr die Fluglinien nach Moskau, Budapest, Bukarest, Prag, Warschau und Sofia bedient. In absehbarer Zeit soll der L. nach China mit eigenen Düsenflugzeugen der Deutschen Lufthansa aufgenommen werden. Eine der wichtigsten Voraussetzungen hierfür ist der Ausbau des selbst für Propellerflugzeuge unzulänglichen Flugplatzes Berlin-Schönefeld. Neben den planmäßigen Flügen führt die Deutsche Lufthansa auch Bedarfsflüge, insbesondere zur Beförderung von politischen und diplomatischen Delegationen, durch. Die Verbindung mit den west- und nordeuropäischen Hauptstädten wird durch Einschaltung ausländischer Fluggesellschaften aufrechterhalten. Auf Grund von Gerichtsentscheidungen darf kein Sowjetzonales Flugzeug mit dem Zeichen der alten deutschen Lufthansa (stilisierter fliegender Kranich) und unter dem Namen „Deutsche Lufthansa“ einen Flughafen eines westlichen Landes anfliegen. In Ost-Berlin wurde deshalb im Frühjahr 1959 eine angeblich neue Fluggesellschaft mit dem Namen Interflug gegründet. Ein bisheriger stellv. Direktor der Deutschen Lufthansa ist Generaldirektor der „neuen“ Fluggesellschaft. Der Inlands-L. mit eigenen Maschinen wurde im Sommer 1957 aufgenommen. Von Berlin aus werden regelmäßig angeflogen: Leipzig, Barth (Ostsee), Dresden und Erfurt. Ferner bestehen von Leipzig, Dresden und Erfurt ebenfalls Luftverbindungen nach Barth, das hauptsächlich als Flugplatz für den Ostseebäder-Verkehr dient. Für Rostock wird ein neuer Flughafen angelegt, außerdem ist ein Flughafen in Chemnitz in Bau. Der Bestand an Flugzeugen der Lufthansa beläuft sich auf etwa 40 Maschinen, großenteils aus sowjetischer Produktion (Typ IL 14). Da Ersatzteile aus der SU bezogen werden müssen, fallen reparaturbedürftige Maschinen oft längere Zeit für den Verkehr aus. Der sowjetzonale L. ist völlig unwirtschaftlich, so daß erhebliche Subventionen erforderlich sind. Die kurzen Strecken im innerdeutschen L., die unzureichende Auslastung der Flugzeuge, die unverhältnismäßig hohen Verwaltungskosten und die Amortisation für die Flugplatzanlagen usw. lassen eine Rentabilität des sowjetzonalen L. auf lange Zeit nicht zu. Fundstelle: SBZ von A bis Z. Fünfte, überarbeitete und erweiterte Auflage, Bonn 1959: S. 218 Luftschutz A, B, C, D, E, F, G, H, I, J, K, L, M, N, O, P, Q, R, S, T, U, V, W, Z LuftwaffeSiehe auch die Jahre 1956 1958 1960 1962 1963 1965 1966 1969 1975 1979 Bis 1956 wurde der L. in der SBZ ausschließlich von den L.-Gesellschaften der SU und der Volksdemokratien betrieben. Mit der Gründung einer eigenen L.-Gesellschaft im Jahre 1954 mit dem traditionellen Namen Deutsche Lufthansa wurde der Aufbau einer eigenen sowjetzonalen L.-Gesellschaft vorbereitet. Die Deutsche Lufthansa ist ein „volkseigener“ Betrieb und wurde zunächst dem Ministerium des Innern, später dem…

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Kontrollkommission (1959)
Siehe auch die Jahre 1953 1954 1956 1958 1960 1962 1963 1965 1966 1969 1975 1979 „Zentrale Kommission für Staatliche Kontrolle“ (ZKK), nach dem Statut vom 16. 10. 1958 (GBl. I, S. 786) „Kontrollorgan des Ministerrates zur Kontrolle der Verwaltungsorgane sowie der wirtschaftlichen, kulturellen und sozialen Einrichtungen der DDR“. Die Zentrale Kommission für Staatliche Kontrolle ist im Jahre 1952 aus der „Zentralen Kontrollkommission“ hervorgegangen, hat jedoch nur einen Teil der Befugnisse der alten ZKK übernommen. Diese war von der DWK insbesondere zur Aufdeckung von Wirtschaftsverbrechen gebildet worden (AO d. DWK vom 1. 9. 1948 ZVOBl. S. 429). Sie hatte das Recht, bei begründetem Verdacht strafbarer Handlungen die Polizei bzw. die Justiz verpflichtend zu beauftragen, Personen festzunehmen und Sachen sicherzustellen (Rundverfügung des Chefs der Justizverwaltung der SBZ vom 21. 9. 1948). Die alte ZKK unterhielt Landeskontrollkommissionen (LKK) in jedem Lande. Diese und die Kreiskontrollbeauftragten in den Stadt- und Landkreisen hatten die gleichen Aufgaben und Befugnisse wie die Zentralstelle. In den Städten und Gemeinden waren Volkskontrollausschüsse befugt, alle Einrichtungen der Verwaltung und der Wirtschaft, auch die Privatbetriebe, zu kontrollieren. 1952 wurden die Landeskontrollkommissionen mit den Kreiskontrollbeauftragten und die Volkskontrollausschüsse aufgelöst. Die neue ZKK bestand nach dem Statut vom 30. 4. 1953 (GBl. S. 685) [S. 186]aus dem Vorsitzenden, 2 Stellvertretern und 9 Mitgliedern. In den Bezirken und in Ost-Berlin unterhielt die ZKK „Bevollmächtigte“. Ferner konnten in volkswirtschaftlichen Schwerpunkten und in wichtigen Einrichtungen „Beauftragte“ eingesetzt werden. Ihre Aufgaben waren auf die Kontrolle der Durchführung der Gesetze hinsichtlich der Einhaltung der Wirtschaftspläne beschränkt. Nach dem neuen Statut der ZKK vom 16. 10. 1958 besteht diese aus dem Vorsitzenden, einem Stellvertreter und den (in der Zahl nicht beschränkt) Mitgliedern. Der Vorsitzende (amtierender Vorsitzender ist zur Zeit Ernst ➝Wabra) gehört dem Ministerrat an. Organe der K. in den Bezirken und in der „Hauptstadt Berlin“ sind die „Bevollmächtigten“, die von der Zentrale angeleitet werden. In den Stadt- und Landkreisen sind wieder „Kreiskontrollbeauftragte“ eingesetzt, die den Bevollmächtigten unterstehen. In „volkswirtschaftlich und staatspolitisch wichtigen Einrichtungen können zeitweilig Beauftragte der Komm. für Staatliche Kontrolle eingesetzt werden“. Nach einer weiteren VO des Ministerrates vom 16. 10. 1958 (GBl. I, S. 789) sind „Werktätige der DDR“ als „Helfer der Staatlichen Kontrolle“ einzusetzen. Diese werden von den Kreiskontrollbeauftragten angeleitet und in Aktivs zusammengefaßt. Die K. hat die Aufgabe, die Durchführung der gesetzlichen Bestimmungen „mit dem Ziele der konsequenten Einhaltung und Durchführung der darin festgelegten Maßnahmen im Interesse des siegreichen Aufbaus des Sozialismus“ zu kontrollieren. Kontrollen hat die K. in den zentralen und örtlichen Organen der staatlichen Verwaltung, der Wirtschaft, der Kultur, des Gesundheitswesens und des Sozialwesens durchzuführen. Nicht kontrolliert werden die Ministerien für Nationale Verteidigung und Staatssicherheitsdienst und deren nachgeordnete Organe sowie die bewaffneten Kräfte des Ministeriums des Innern. Der Vorsitzende, die Stellvertreter, die Mitglieder und die Bevollmächtigten der K. haben das Recht, verbindliche Weisungen zu erteilen sowie von den Leitern der zuständigen Organe die Durchführung von Disziplinarverfahren oder die Einleitung eines Ordnungsstrafverfahrens verpflichtend zu verlangen. Die K. kann ferner die Leiter der kontrollierten Einrichtungen zur Beseitigung festgestellter Mängel unter Fristsetzung auffordern. (Kontrolle) Fundstelle: SBZ von A bis Z. Fünfte, überarbeitete und erweiterte Auflage, Bonn 1959: S. 185–186 Kontrolle A, B, C, D, E, F, G, H, I, J, K, L, M, N, O, P, Q, R, S, T, U, V, W, Z KontrollpostenSiehe auch die Jahre 1953 1954 1956 1958 1960 1962 1963 1965 1966 1969 1975 1979 „Zentrale Kommission für Staatliche Kontrolle“ (ZKK), nach dem Statut vom 16. 10. 1958 (GBl. I, S. 786) „Kontrollorgan des Ministerrates zur Kontrolle der Verwaltungsorgane sowie der wirtschaftlichen, kulturellen und sozialen Einrichtungen der DDR“. Die Zentrale Kommission für Staatliche Kontrolle ist im Jahre 1952 aus der „Zentralen Kontrollkommission“ hervorgegangen, hat jedoch nur einen Teil der…

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Kraftwagenerzeugung (1959)
Siehe auch: Kraftfahrzeugindustrie: 1960 1962 1963 1965 1966 1969 1975 1979 1985 Kraftwagenerzeugung: 1953 1954 1956 1958 Der Anteil der SBZ an der deutschen K. ist nach dem Kriege durch Demontagen (Reparationen) sehr abgesunken. Die Bevorzugung der Produktionsgütererzeugung verhinderte einen umfassenden Neuaufbau dieses Industriezweiges. Die Betriebe wurden völlig unzulänglich mit Investitionsmitteln ausgestattet, und die Materialzuteilungen sind bis heute unzureichend. Vor dem Kriege entfiel auf das Gebiet der SBZ ein Anteil von etwa 25 v. H. der deutschen K. Im Jahre 1957 betrug der Anteil der SBZ am gesamtdeutschen Gebiet (Bundesrepublik und SBZ) nur noch 4 v. H. Die Produktion hatte sich im Vergleich zur Bundesrepublik (BRD) wie folgt entwickelt: Das Fabrikationsprogramm in der SBZ ist dürftig. An Personenkraftwagen werden nur drei Typen hergestellt: der Repräsentationswagen „Sachsenring“ (2.400 ccm, 80 PS), der Kleinwagen „Wartburg“ (900 ccm, 37 PS, Fortentwicklung des alten DKW) und der Kleinstwagen „P 70“ (690 ccm, 22 PS). Alle früher hergestellten Typen wurden gestrichen. Ende 1958 ist ein weiterer Kleinstwagen, „Trabant P 50“, in Serie gegangen, dafür ist der „P 70“ weggefallen. — Im Lastkraftwagenbau werden ebenfalls nur noch drei Typen hergestellt, und zwar je ein Wagen mit 1 t, 2,5 t und 4 t Nutzlast. Die bisherigen Typen (0,75 t, 2 t und 3,5 t) sind gestoppt. Der Omnibusbau konzentriert sich unter Verwendung von Bauteilen der Lkw-Typen auf kleine Modelle. Schwere Lastkraftwagen und schwere Omnibusse werden nach einer Absprache zwischen den Ostblockländern in der SBZ nicht entwickelt und gefertigt. Eine amtliche Untersuchung in der SBZ ergab für Mitte 1957 einen nicht gedeckten Bedarf von mindestens 120.000 Pkw. Für den Güterverkehr fehlen etwa 80.000 Lkw. Das Gesetz über den zweiten Fünfjahrplan sieht für 1960 eine Fertigung von 70.600 Pkw vor, eine Zahl, deren Erreichung von den Fachleuten in der Zone als unmöglich bezeichnet wird, selbst wenn ab jetzt ausreichend Investitionen und Material für die K. bereitgestellt würden. Fundstelle: SBZ von A bis Z. Fünfte, überarbeitete und erweiterte Auflage, Bonn 1959: S. 190 Kraftverkehr A, B, C, D, E, F, G, H, I, J, K, L, M, N, O, P, Q, R, S, T, U, V, W, Z Kramer, ErwinSiehe auch: Kraftfahrzeugindustrie: 1960 1962 1963 1965 1966 1969 1975 1979 1985 Kraftwagenerzeugung: 1953 1954 1956 1958 Der Anteil der SBZ an der deutschen K. ist nach dem Kriege durch Demontagen (Reparationen) sehr abgesunken. Die Bevorzugung der Produktionsgütererzeugung verhinderte einen umfassenden Neuaufbau dieses Industriezweiges. Die Betriebe wurden völlig unzulänglich mit Investitionsmitteln ausgestattet, und die Materialzuteilungen sind bis heute unzureichend. Vor dem…

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Zivilprozeß (1959)
Siehe auch die Jahre 1956 1958 1960 1962 1963 1965 1966 1969 1975 1979 1985 Die im Perspektivplan des Justizministeriums (Justizreform) vorgesehene neue Z.-Ordnung soll am 1. 1. 1963 in Kraft treten. Bis dahin bleibt die deutsche ZPO vom 30. 7. 1877 noch formell geltendes Recht. Das bisherige Z.-Recht ist aber schon in den vergangenen Jahren durch neue gesetzliche Bestimmungen und durch die gerichtliche Praxis grundlegend verändert worden. Die wichtigsten Neuerungen brachten das Gerichtsverfassungsgesetz vom 2. 10. 1952 (Gerichtsverfassung) und die im Anschluß hieran ergangene Angleichungs-VO. Entsprechend dem dreistufigen Gerichtsaufbau gibt es nur noch zwei Instanzen. Die erste Instanz für fast alle Zivilsachen ist das Kreisgericht. Nur die Verfahren, in denen eine Partei Träger gesellschaftlichen Eigentums ist und der Streitwert 3.000 DM Ost übersteigt, gehören zur Zuständigkeit des Bezirksgerichts. Das Bezirksgericht ist außerdem Berufungsinstanz für die Entscheidungen des Kreisgerichts. Gegen die erstinstanzlichen Urteile des Bezirksgerichts ist die Berufung an das Oberste Gericht möglich. Wie in Strafsachen ist das Oberste Gericht außerdem Kassationsgericht (Kassation). Der Zuständigkeit der ordentlichen Gerichte entzogen sind die Streitigkeiten zwischen sozialistischen Betrieben aus Lieferungs- und Leistungsverträgen. Diese Verfahren gehören vor das Staatliche ➝Vertragsgericht. Die Zivilkammern des Kreisgerichts und die erstinstanzlichen Zivilsenate des Bezirksgerichts sind mit einem Berufsrichter als Vorsitzenden und zwei mit vollen richterlichen Befugnissen versehenen Schöffen besetzt. Die Aufgaben des früheren Rechtspflegers insbesondere im Mahnverfahren und in der Zwangsvollstreckung sind dem Sekretär (Sekretäre der Gerichte) übertragen worden (§§ 28 ff. der Angleichungs-VO). Für alle Verfahren in erster Instanz gelten gemäß § 38 der Angleichungs-VO die Bestimmungen der §§ 495 ff. der ZPO. Vor dem Bezirksgericht findet jedoch keine Güteverhandlung statt. Ein Verfahren vor dem Einzelrichter gibt es in erster Instanz nicht. Neu geregelt ist das Verfahren in Ehesachen durch die Eheverfahrensordnung vom 7. 2. 1956 (Eherecht). Anwaltsvertretung ist in ajlen Berufungsverfahren notwendig. Das Gericht kann jedoch von der Vorschrift des Anwaltszwanges befreien. VEB können sich im Anwaltsprozeß durch eigene Angestellte vertreten lassen. Neben dem Recht, die Kassation rechtskräftiger Entscheidungen zu beantragen, kann der Staatsanwalt gemäß § 20 des Gesetzes über die Staatsanwaltschaft vom 23. 5. 1952 (GBl. S. 408) „zum Zwecke der Wahrung der demokratischen Gesetzlichkeit“ in jedem Zivilrechtsstreit durch Einreichung von Schriftsätzen und Teilnahme an den Verhandlungen mitwirken. Diese Mitwirkung ist in allen Rechtsstreitigkeiten erforderlich, die „gesellschaftliches Eigentum und das Eigentum gesellschaftlicher Organisationen“ betreffen. (Staatsanwaltschaft) Über die gesetzgeberischen Maßnahmen hinaus sind die formell weiter geltenden Vorschriften der Z.-Ordnung mit einem „neuen Inhalt“ erfüllt worden. Ausgehend von den im § 2 des Gerichtsverfassungsgesetzes niedergelegten Aufgaben der Rechtsprechung (Rechtswesen), sind die grundlegenden Prinzipien des deutschen Z. beseitigt worden. An die Stelle des Verhandlungs- und des Verfügungsgrundsatzes ist weitgehend das Prinzip der Erforschung der materiellen Wahrheit getreten: „Ziel unseres Zivilprozesses ist die Ermittlung der objektiven Wahrheit. … Das wichtigste Mittel, um von der schädlichen, nur den Interessen der ökonomisch Stärkeren dienenden Verhandlungsmaxime loszukommen und die objektive Wahrheit zu finden, bildet eine konsequente, weitgehende Anwendung des § 139 ZPO“ (Niethammer in: „Neue Justiz“, 1954, S. 314). Dieses Ziel wird ohne gesetzliche Änderungen durch eine verallgemeinernde Anwendung aller Bestimmungen der ZPO, die eine gewisse Einschränkung des Verhandlungs- und des Verfügungsgrundsatzes enthalten, erreicht. Wie das Oberste Gericht im Urteil vom 11. 9. 1954 („Neue Justiz“, 1954, S. 489) feststellt, bindet das Anerkenntnis des Klageanspruches durch den Beklagten den Richter nicht, wenn es gegen Zweck und Inhalt der Gesetze, vor allem der Verfassung, verstößt. Literaturangaben Rosenthal, Walther, Richard Lange, und Arwed Blomeyer: Die Justiz in der sowjetischen Besatzungszone Deutschlands. 4., überarb. Aufl. (BB) 1959. 206 S. Fundstelle: SBZ von A bis Z. Fünfte, überarbeitete und erweiterte Auflage, Bonn 1959: S. 409 Zivilgesetzbuch A, B, C, D, E, F, G, H, I, J, K, L, M, N, O, P, Q, R, S, T, U, V, W, Z ZKSiehe auch die Jahre 1956 1958 1960 1962 1963 1965 1966 1969 1975 1979 1985 Die im Perspektivplan des Justizministeriums (Justizreform) vorgesehene neue Z.-Ordnung soll am 1. 1. 1963 in Kraft treten. Bis dahin bleibt die deutsche ZPO vom 30. 7. 1877 noch formell geltendes Recht. Das bisherige Z.-Recht ist aber schon in den vergangenen Jahren durch neue gesetzliche Bestimmungen und durch die gerichtliche Praxis grundlegend verändert worden. Die wichtigsten Neuerungen brachten das…

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Volksrichter (1959)
Siehe auch die Jahre 1953 1954 1956 1958 1960 1962 1963 1965 1966 1969 1975 1979 Begriff des Pj. Die Forderung nach einer umfassenden „Demokratisierung der Justiz“ führte 1945 zu den ersten V. Lehrgängen. Der Mangel der fehlenden akademisch-wissenschaftlichen Ausbildung sollte durch „große Lebenserfahrung“ dieser neuen Richter ausgeglichen werden. Das Mindestalter betrug 23 Jahre. Das notwendige juristische Grundwissen sollte den Schülern während des Lehrganges beigebracht werden. Der erste Lehrgang dauerte 6 Monate, der zweite Monate, die nächsten drei dann jeweils ein Jahr, Lehrgänge zunächst in allen Ländern der Zone; seit Juni 1950 Zentrale Richterschule in Potsdam-Babelsberg. [S. 382]Diese wurde durch VO vom 2. 5. 1952 (GBl. S. 361) in die „Deutsche Hochschule der Justiz“ umgewandelt. Durch Beschluß des Ministerrats wurden die „Deutsche Hochschule der Justiz“ und die „Verwaltungsakademie ‚Walter Ulbricht‘“ am 11. 12. 1952 als Deutsche ➝Akademie für Staats- und Rechtswissenschaft „Walter Ulbricht“ zusammengefaßt. Lehrdangsdauer zunächst 2, dann 3 ahre. Mit Beginn des Studienjahres 1955/56 ist das Studium auf 4 Jahre verlängert worden und unterscheidet sich seitdem nicht mehr vom akademisch-juristischen Studium an den Universitäten (Rechtsstudium). Internatsbetrieb. Vorschlagsrecht zur Teilnahme am Lehrgang haben die politischen Parteien und „Massenorganisationen“. Seit 1948 sind die Teilnehmer fast ausschließlich SED-Mitglieder. Entscheidend ist die soziale Herkunft. Werbeveranstaltungen für Ergreifung der Richter-Laufbahn werden durch die Justizverwaltung in den VEB durchgeführt. Das Schwergewicht der Ausbildung liegt besonders in den ersten drei Studienhalbjahren auf der Gesellschaftswissenschaft, d. h. der Lehre vom leninistischen Marxismus. „Die Formung nach den Bedürfnissen der Gesellschaft setzt voraus, daß sich die Schüler in den zwei Jahren nicht vom politischen, gesellschaftlichen und wirtschaftlichen Kampf der werktätigen Menschen isolieren, sondern daß sie politische Menschen bleiben oder werden, die mit dem Kampf ihres Volkes für ein demokratisches, friedliebendes und unabhängiges Deutschland zutiefst verbunden sind, die stets Partei ergreifen für den gerechten Kampf um die Sache des Friedens an der Seite der stärksten Friedensmacht der Welt, der großen Sowjetunion“ (Scheele in: „Neue Justiz“ 1950, S. 185). Seit dem Jahre 1956 wird auch auf eine gute fachliche Qualifizierung der Studenten an der Akademie und der früheren Absolventen der V.-Lehrgänge geachtet. Bis zum Jahre 1960 sollen alle V. das Staatsexamen nachholen. Der Vorbereitung auf dieses Examen dient das Fernstudium. (Rechtswesen) Literaturangaben Rosenthal, Walther, Richard Lange, und Arwed Blomeyer: Die Justiz in der sowjetischen Besatzungszone Deutschlands. 4., überarb. Aufl. (BB) 1959. 206 S. Fundstelle: SBZ von A bis Z. Fünfte, überarbeitete und erweiterte Auflage, Bonn 1959: S. 381–382 Volksrat A, B, C, D, E, F, G, H, I, J, K, L, M, N, O, P, Q, R, S, T, U, V, W, Z VolkssolidaritätSiehe auch die Jahre 1953 1954 1956 1958 1960 1962 1963 1965 1966 1969 1975 1979 Begriff des Pj. Die Forderung nach einer umfassenden „Demokratisierung der Justiz“ führte 1945 zu den ersten V. Lehrgängen. Der Mangel der fehlenden akademisch-wissenschaftlichen Ausbildung sollte durch „große Lebenserfahrung“ dieser neuen Richter ausgeglichen werden. Das Mindestalter betrug 23 Jahre. Das notwendige juristische Grundwissen sollte den Schülern während des Lehrganges beigebracht werden. Der…

DDR A-Z 1959
Moral, Sozialistische (1959)
Siehe auch: Moral, Kommunistische: 1953 1954 1956 Moral, Sozialistische: 1958 1960 1962 1963 1965 1966 1969 1975 1979 1985 Als Stück des ideologischen Überbaus (Marxismus-Leninismus) ist nach bolschewistischer Auffassung auch die Moral Ausdruck der Klassen[S. 245]interessen. Es gibt demnach kein absolut Gutes und kein absolut Böses. Die traditionellen sittlichen Auffassungen der abendländischen Welt werden als einseitiger Niederschlag der bürgerlich-kapitalistischen Gesellschaftsordnung interpretiert. Demgegenüber soll die S. M. die Interessen der „werktätigen Massen“ zum Ausdruck bringen, die — wieder nach der bolschewistischen Theorie — in der Durchführung der sozialistischen Revolution unter Führung der bolschewistischen Partei gipfeln. „Alles, was notwendig ist, um die alte Gesellschaftsordnung der Ausbeuter zu vernichten und die Vereinigung des Proletariats herbeizuführen, ist moralisch“ (Lenin). Damit wird der als solcher schon in der Schule gepflegte Haß gegen die als „kapitalistisches Lager“ interpretierte westliche Welt ebenso wie die straff disziplinierte Unterordnung unter den Willen der Partei zur Grundlage der S. M. Doch hat der Begriff der S. M. in den letzten Jahren, seitdem Chruschtschow die neue Generallinie der Bolschewisten im Sinn des erbitterten wirtschaftlichen Konkurrenzkampfes mit dem Westen festlegte (Koexistenz), einen bemerkenswerten Wandel durchgemacht. Als Hauptkriterium für S. M. gilt nunmehr die Einstellung zur Arbeit; und der Kampf der Partei um die Durchsetzung und Hebung der S. M. ist vor allem ein Kampf gegen die „kleinbürgerlichen“ Gewohnheiten, wie Eigenbrötelei, Individualismus, Ressortgeist, Gruppenegoismus. Demgegenüber soll die Bevölkerung zu einem Verhalten erzogen werden, das völlig am Kollektiv orientiert ist, auf maximale Produktionseffekte hinzielt und auf diese Weise das bolschewistische Lager weiter verstärken hilft. Die Frage der Gesinnung tritt mithin trotz des nach wie vor erbitterten Kampfes gegen die christliche Weltanschauung (Jugendweihe, Sozialistische ➝Namensgebung, Sozialistische ➝Eheschließung, Grabweihe) weitgehend hinter der des Nutzeffekts des Handelns und seiner Angepaßtheit an die praktischen Erfordernisse zurück. Dabei wird erstrebt, daß das Kollektiv — besonders am Arbeitsplatz — für die Wahrung der S. M. aller Mitglieder selbsterzieherisch sorgt. (Brigaden der sozialistischen Arbeit, Zehn Gebote der sozialistischen Moral) Fundstelle: SBZ von A bis Z. Fünfte, überarbeitete und erweiterte Auflage, Bonn 1959: S. 244–245 Monopolkapitalismus A, B, C, D, E, F, G, H, I, J, K, L, M, N, O, P, Q, R, S, T, U, V, W, Z MTSSiehe auch: Moral, Kommunistische: 1953 1954 1956 Moral, Sozialistische: 1958 1960 1962 1963 1965 1966 1969 1975 1979 1985 Als Stück des ideologischen Überbaus (Marxismus-Leninismus) ist nach bolschewistischer Auffassung auch die Moral Ausdruck der Klassen[S. 245]interessen. Es gibt demnach kein absolut Gutes und kein absolut Böses. Die traditionellen sittlichen Auffassungen der abendländischen Welt werden als einseitiger Niederschlag der bürgerlich-kapitalistischen…

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Erntestatistik (1959)
Siehe auch die Jahre 1960 1962 1963 1965 1966 1969 1975 1979 Seit 1950 hat die D. in der SBZ einen so grundlegenden Wandel erfahren, daß sie nicht ohne weiteres mit derjenigen der Vorkriegszeit und der BRD vergleichbar ist. Sie unterscheidet sich von letzteren in wichtigen Grundsätzen, in der Erhebungsmethode und Auslegung einiger Begriffe und steht außerdem im Dienste propagandistischer Zwecksetzungen. Bis 1950 erfolgte [S. 96]die Schätzung der Ernten, so wie früher und in der BRD neben der besonderen Ernteermittlung weiter üblich, durch die ehrenamtliche Berichterstattung einer sehr großen Zahl sorgfältig ausgewählter und repräsentativ verteilter Saatenstands- und Ernteberichterstatter, welche die Flächenerträge der einzelnen Kulturpflanzen für ihren Berichtbezirk zu schätzen hatten. Dieser gut eingespielte Apparat der Berichterstatter wurde im Frühjahr 1946 aufgelöst mit der Begründung, die Berichte seien unrealistisch und subjektiv, weil sie hinter den Ernteplanzahlen zurückblieben. Er wurde ersetzt durch besondere Fachkommissionen, die in jedem Kreis und Bezirk aus „fortschrittlichen“ und „ideologisch ausgerichteten“ Vertretern der MTS, VEG, VdgB, der regionalen VEAB, ab 1953 auch der LPG zu bilden waren. Die Erträge wurden auf Grund der kollektiven Schätzung der Kreisfachkommission und auf Grund der Feststellung der Bezirkskommission bis 1956 als „Natural-Roherträge“, das ist der gewachsene Ertrag, ohne Abzug nachfolgender Ernteverluste, ausgewiesen. Ab 1957 erfolgt die Feststellung von Ernte-„Reinerträgen“. Das endgültige Ergebnis wird durch die Zentrale Fachkommission, die sich aus Mitarbeitern der entsprechenden Organe von Bezirk und Kreis unter dem Vorsitz eines Vertreters der Staatlichen Zentralverwaltung für ➝Statistik zusammensetzt, festgelegt. Damit sind der Annäherung an Planziele als oberstem Gesetz durch weniger fachlich als vielmehr parteipolitisch geschulte Schätzungsfunktionäre alle Türen und Tore geöffnet. Wenn man für die Jahre nach 1956 die amtlichen Ernte-Reinerträge der SBZ mit denen der BRD vergleichen will, so muß man sie vorerst kürzen. Dabei sind folgende Mindestabschläge notwendig: Getreide, Ölfrüchte, Zuckerrüben 5 v. H., Hülsenfrüchte 7 v. H., Kartoffeln, Feldfutterpflanzen, Grünland 8 v. H., Futterhackfrüchte 10 v. H. (Landwirtschaft) Literaturangaben Kramer, Matthias: Die Landwirtschaft in der sowjetischen Besatzungszone. 4. Aufl. (unter Mitarb. v. Gerhard Heyn und Konrad Merkel). (BB) 1957. Teil I (Text) 159 S., Teil II (Anlagen) 224 S. Fundstelle: SBZ von A bis Z. Fünfte, überarbeitete und erweiterte Auflage, Bonn 1959: S. 95–96 Ermisch, Luise A, B, C, D, E, F, G, H, I, J, K, L, M, N, O, P, Q, R, S, T, U, V, W, Z ErrungenschaftenSiehe auch die Jahre 1960 1962 1963 1965 1966 1969 1975 1979 Seit 1950 hat die D. in der SBZ einen so grundlegenden Wandel erfahren, daß sie nicht ohne weiteres mit derjenigen der Vorkriegszeit und der BRD vergleichbar ist. Sie unterscheidet sich von letzteren in wichtigen Grundsätzen, in der Erhebungsmethode und Auslegung einiger Begriffe und steht außerdem im Dienste propagandistischer Zwecksetzungen. Bis 1950 erfolgte [S. 96]die Schätzung der Ernten, so wie früher und in der BRD neben…

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Bereitschaftspolizei, Deutsche (1959)
Siehe auch: Bereitschaftspolizei: 1960 1962 1963 1965 1966 1969 1975 1979 Bereitschaftspolizei, Deutsche: 1958 Kasernierte militärähnliche Polizeitruppe, seit Ende 1954 aus den Wachverbänden des SfS entwickelt. Bis 1. 10. 1956 als Innere Truppen bezeichnet. Untersteht seit 15. 2. 1957 nicht mehr dem MfS, sondern dem Ministerium des Innern, doch wurde ihre Eigenschaft als militärähnliche Verfügungstruppe noch verstärkt. Die B. übernahm im Spätsommer 1954 die bis dahin von ihr getrennten kasernierten Bereitschaften der Volkspolizei, ausgenommen jene in Berlin. Die B. ist jn mot. Bereitschaften gegliedert, die etwa modernen mot. Infanterieregimentern entsprechen. Sie haben je 1 Batterie Feldgeschütze und je 1 Komp. Spähpanzer, Kradschützen, Granatwerfer und Nachrichten. Jede ihrer 3 Abteilungen (gleich Bataillone) hat 3 Schützenkomp, und eine Panzerwagen-Komp. Der Ausbau der B. bis zu etwa 16 bis 18 Bereitschaften ist geplant, doch der Mangel an geeigneten Offizieren und Unteroffizieren wie an Rekruten ließ es bisher dazu nicht kommen, während die Grenzpolizei an Zahl zunahm. Die 10 Bereitschaften (= Rgt.) bzw. deren Abt. (= Btl.) stehen in den Bezirkshauptstädten, vor allem aber in den Industriegebieten der SBZ. Daneben gibt es einige Abt., aus denen weitere Bereitsch. entstehen sollen, und 1 Lehrbereitsch. (Potsdam). Die Offiziere der B. werden großenteils auf Offizierschulen der Deutschen ➝Grenzpolizei und der Nationalen Volksarmee ausgebildet. Die B. wird sehr streng „kaderpolitisch“ im Sinne der SED ausgelesen und parteipolitisch im Polit-Unterricht sorgfältig geschult. Sie ist nach dem Vorbild der sowjetischen Staatssicherheitstruppen zur Niederhaltung der Bevölkerung und zur Unterdrückung von Volkserhebungen bestimmt. Uniform: graugrün wie die Volkspolizei. Stärke: rund 21.000 Mann. Chef des Kommandos der Deutschen B. (in Pätz bei Königswusterhausen) ist seit 15. 8. 1959 Oberst Claus Mansfeld. (Militärpolitik) Literaturangaben Bohn, Helmut (und andere): Die Aufrüstung in der sowjetischen Besatzungszone Deutschlands. (BB) 1958. 174 S. Fundstelle: SBZ von A bis Z. Fünfte, überarbeitete und erweiterte Auflage, Bonn 1959: S. 52 Berater A, B, C, D, E, F, G, H, I, J, K, L, M, N, O, P, Q, R, S, T, U, V, W, Z Berg, LeneSiehe auch: Bereitschaftspolizei: 1960 1962 1963 1965 1966 1969 1975 1979 Bereitschaftspolizei, Deutsche: 1958 Kasernierte militärähnliche Polizeitruppe, seit Ende 1954 aus den Wachverbänden des SfS entwickelt. Bis 1. 10. 1956 als Innere Truppen bezeichnet. Untersteht seit 15. 2. 1957 nicht mehr dem MfS, sondern dem Ministerium des Innern, doch wurde ihre Eigenschaft als militärähnliche Verfügungstruppe noch verstärkt. Die B. übernahm im Spätsommer 1954 die bis dahin von ihr…

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Nationalkomitee Freies Deutschland (1959)
Siehe auch: Nationalkomitee Freies Deutschland: 1953 1954 1956 1958 1960 1962 1963 1965 1966 1969 Nationalkomitee Freies Deutschland (NKFD): 1975 1979 1985 Gegründet 12. 7. 1942 mit sowjetrussischer Unterstützung in Moskau, als sich führende kommunistische Emigranten aus Deutschland (Ackermann, Becher, Herrnstadt, Hoernle, Matern, Pieck, Ulbricht u. a.) mit kriegsgefangenen deutschen Offizieren und Soldaten über ein „Manifest“ an die Wehrmacht und an das deutsche Volk einigten, in dem zum Widerstand gegen Hitler, zur sofortigen Beendigung des Krieges und für ein freies und unabhängiges Deutschland aufgerufen wurde. Das NK., das erst unter [S. 253]dem Eindruck der Katastrophe von Stalingrad gebildet werden konnte, wurde von der Regierung der SU praktisch nur als ein Instrument sowjetrussischer Kriegführung gegen das Deutsche Reich mißbraucht und nach der deutschen Niederlage, 2. 11. 1945, aufgelöst. Zahlreiche kriegsgefangene Mitglieder des NK. wurden aber auf der „Antifaschule“ von Krasny Gorsk zu bolschewistischen Funktionären ausgebildet und später in Schlüsselstellungen der SBZ verwendet. In dieser Richtung wirkten auch Mitglieder des Bundes deutscher Offiziere, einer am 13. 9. 1943 gegründeten Hilfsorganisation des NK: Im Sinne der SED wurden sie seit 1948 eingesetzt bei der Organisierung der NDPD und beim Aufbau der Kasernierten Volkspolizei (z. B. Vincenz ➝Müller, Generalmajor a. D. Dr. Otto ➝Korfes, Generalmajor Walter Freytag, Generalmajor Hans Wulz). Nach längerem Schweigen über das NK. wurde der 14. Jahrestag seiner Gründung im Jahr 1957 betont gefeiert. Die Festrede hielt Heinrich Homann, stellv. Vorsitzender der NDPD und stellv. Präsident der Volkskammer, der seit Gründung des NK. eifrig dazu beitrug, das NK. zu einem Werkzeug des Sowjetimperialismus zu machen. Eine Neubelebung des NK. und des Bundes deutscher Offiziere für Zwecke der „national“ und „friedlich“ getarnten Sowjet-Propaganda bei den deutschen Mittelschichten ist die Arbeitsgemeinschaft ehemaliger Offiziere. Fundstelle: SBZ von A bis Z. Fünfte, überarbeitete und erweiterte Auflage, Bonn 1959: S. 252–253 Nationalitätenpolitik A, B, C, D, E, F, G, H, I, J, K, L, M, N, O, P, Q, R, S, T, U, V, W, Z NationalpreisSiehe auch: Nationalkomitee Freies Deutschland: 1953 1954 1956 1958 1960 1962 1963 1965 1966 1969 Nationalkomitee Freies Deutschland (NKFD): 1975 1979 1985 Gegründet 12. 7. 1942 mit sowjetrussischer Unterstützung in Moskau, als sich führende kommunistische Emigranten aus Deutschland (Ackermann, Becher, Herrnstadt, Hoernle, Matern, Pieck, Ulbricht u. a.) mit kriegsgefangenen deutschen Offizieren und Soldaten über ein „Manifest“ an die Wehrmacht und an das deutsche Volk einigten,…

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Oder-Neiße-Linie (1959)
Siehe auch: Oder-Neiße-Grenze: 1975 1979 1985 Oder-Neiße-Linie: 1953 1954 1956 1958 1960 1962 1963 1965 1966 1969 Demarkationslinie zwischen der SBZ und den unter polnischer Verwaltung stehenden deutschen Ostgebieten. Verläuft von der Ostsee unmittelbar westlich Swinemünde an der Oder entlang bis zur Mündung der Lausitzer Neiße und folgt dem Lauf der Neiße bis zur tschechoslowakischen Grenze. Im Februar 1945 wurde auf der Krim-Konferenz von Roosevelt, Churchill und Stalin eine Entschädigung Polens für die von der SU annektierten polnischen Ostgebiete auf Kosten Deutschlands anerkannt, ohne daß Vereinbarungen über den Umfang des Gebietes getroffen worden wären. Nach Abschnitt IX des Potsdamer Abkommens wurde in Potsdam die diesbezügliche Meinung der Provisorischen Polnischen Regierung lediglich „geprüft“, doch bekräftigten „die Häupter der drei Regierungen die Auffassung, daß die endgültige Festlegung der Westgrenze Polens bis zur Friedenskonferenz zurückgestellt werden solle“. Ferner ergab die Potsdamer Konferenz darin Übereinstimmung, daß die in Frage stehenden deutschen Gebiete „unter die Verwaltung des polnischen Staates kommen und in dieser Hinsicht nicht als Teil der sowjetischen Besatzungszone in Deutschland betrachtet werden sollen“. In der Folgezeit wurde von seiten der Westmächte bei jedem diplomatischen Anlaß der vorläufige Charakter der O.-N.-Linie betont, während Polen und die SU die Vereinbarungen des Potsdamer Abkommens als endgültige Regelung betrachteten. Polen paßte den Verwaltungs- und Wirtschaftsaufbau den polnischen Verhältnissen an und begann mit einer (bis heute allerdings erst teilweise durchgeführten) polnischen Besiedlung der deutschen Gebiete. Die Haltung der SED wandelte sich gegenüber der O.-N.-Linie im Laufe der Zeit nach den sowjetischen Wünschen bis zu ihrer Anerkennung als endgültige Staatsgrenze. Am 16. 10. 1946 erklärte z. B. Pieck: „Wir werden alles tun, damit bei den Alliierten die Grenzfragen nachgeprüft und eine ernste Korrektur an der jetzt bestehenden Ostgrenze vorgenommen wird“ („Berliner Zeitung“ Nr. 243 vom 17. 10. 1946). Dagegen heißt es in der Regierungserklärung Grotewohls vom 12. 10. 1949: [S. 259]„Die O.-N.-Linie ist für uns eine Friedensgrenze …“ Im „Abkommen der DDR mit der Republik Polen“ vom 6. 7. 1950 wird die O.-N.-Linie als „unantastbare Friedens- und Freundschaftsgrenze“ bezeichnet und damit der Versuch unternommen, die O.-N.-Linie völkerrechtlich festzulegen. Durch Erklärung des Bundeskabinetts vom 9. 6. 1950 wird der SBZ-Regierung jedes Recht bestritten, für das deutsche Volk zu sprechen, und alle von ihr getroffenen Vereinbarungen werden für null und nichtig erklärt. Die Bundesregierung und die Vertriebenenverbände haben aber ebenso eindeutig jede Revision der deutsch-polnischen Grenze durch Gewalt für indiskutabel erklärt. Die polnische Regierung reagiert auf jede Diskussion der Grenzfrage äußerst empfindlich. Literaturangaben Wagner, Wolfgang: Die Entstehung der Oder-Neiße-Linie in den diplomatischen Verhandlungen während des Zweiten Weltkrieges (Die Deutschen Ostgebiete, ein Handbuch … Bd. 2). Stuttgart 1953, Brentano-Verlag. 168 S. Fundstelle: SBZ von A bis Z. Fünfte, überarbeitete und erweiterte Auflage, Bonn 1959: S. 258–259 Objektlohn A, B, C, D, E, F, G, H, I, J, K, L, M, N, O, P, Q, R, S, T, U, V, W, Z OffenstallSiehe auch: Oder-Neiße-Grenze: 1975 1979 1985 Oder-Neiße-Linie: 1953 1954 1956 1958 1960 1962 1963 1965 1966 1969 Demarkationslinie zwischen der SBZ und den unter polnischer Verwaltung stehenden deutschen Ostgebieten. Verläuft von der Ostsee unmittelbar westlich Swinemünde an der Oder entlang bis zur Mündung der Lausitzer Neiße und folgt dem Lauf der Neiße bis zur tschechoslowakischen Grenze. Im Februar 1945 wurde auf der Krim-Konferenz von Roosevelt, Churchill und Stalin eine…

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Wasserwirtschaft (1959)
Siehe auch die Jahre 1956 1958 1960 1962 1963 1965 1966 1969 1975 1979 1985 Als Folge des überhöhten Holzeinschlages nach Kriegsende (Reparationen) und des dadurch verursachten Absinkens des Grundwasserspiegels, aber auch durch die erhebliche Zunahme des Wasserbedarfs der Industrie und des Bergbaus traten in den Nachkriegsjahren in der SBZ sehr fühlbare Wasserversorgungsschwierigkeiten auf. Etwa 80 v. H. des Wasseraufkommens in der SBZ werden als Brauchwasser von der Industrie benötigt. Man stellte 1951 fest, daß zur Erfüllung der hochgesteckten Planziele in Industrie und Landwirtschaft eine 75proz. Steigerung der Wasservorratshaltung erforderlich ist. Nach Auflösung der etwa 3.500 regionalen Wasser- und Bodenverbände wurde 1952 eine streng zentralistische Neugliederung der Organisation der Wasserwirtschaft verfügt. Man legte 15 Großeinzugsgebiete fest, in denen je ein „VEB Wasserwirtschaft“ für Wasserversorgung, Kanalisation, Vorflut- und Abwasserregelung sowie für Wasserhygiene zuständig ist. Die Verwaltungsspitze ist das Zentrale Amt für Wasserwirtschaft, Sitz Berlin. — Das erste größere wasserwirtschaftliche Bauvorhaben war die Errichtung der „Sosa-Talsperre“ im Erzgebirge, die im Jahre 1953 nach einer Bauzeit von rund zwei Jahren fertiggestellt wurde. Die Sosa-Talsperre dient mit ihrem Fassungsvermögen von maximal 6 Mill. cbm vor allem der Sicherstellung des Wasserbedarfs für den sowjetischen Uranbergbau im Erzgebirge. Das zweite und bisher größte Projekt ist der 1952 in Angriff genommene Bau der „Rapp-Bode-Talsperre“ bei Blankenburg im Harz. Hier hatte man bereits vor 25 Jahren mit Abraumarbeiten begonnen, die aber wieder eingestellt worden waren. Diese Talsperre soll in der Endausbaustufe, die bis 1960 erreicht sein soll, 110 Mill. cbm Wasser speichern können und damit der viertgrößte Wasserspeicher in Gesamtdeutschland sein. Durch sie soll die Wasserversorgung für die Industrie, die Landwirtschaft und für eine Bevölkerung von 2 Millionen Menschen im Raum Halle-Magdeburg sichergestellt werden. Das dritte große wasserbauliche Vorhaben ist noch Projekt: Der Bau eines großen mitteldeutschen Verbundnetzes für die Wasserversorgung mit dem Namen „Elbaue-Projekt“ ist geplant. Rohrleitungen mit einer Gesamtlänge von 480 km sollen das Industriegebiet im Raume Dessau-Halle-Leipzig-[S. 390]Torgau-Wittenberg-Bitterfeld umschließen und den Industriebetrieben täglich zusätzlich 200.000 cbm Wasser zuführen. Weitere wasserwirtschaftliche „Perspektivpläne“ sehen u. a. vor: Bau von drei Talsperren im Thüringer Wald, einer Talsperre im Südharz und 15 Rückhaltebecken im Unstrutgebiet. Nach Meinung von Fachleuten der SBZ sollen jedoch alle diese Pläne nicht ausreichen, um den zu erwartenden gesteigerten Bedarf der Industrie sicherzustellen. — Erhebliche Schwierigkeiten macht auch das Problem der Regenerierung und Wiederverwendung der in immer größeren Mengen anfallenden Abwässer der Chemischen Industrie, wofür nur unzureichend Investitionsmittel bereitgestellt werden. Als Energieträger, d. h. zu Erzeugung von Elektroenergie, dient die Wasserkraft in der SBZ nur in geringem Umfange: nur 1,5 v. H. der Elektroenergie (Energieerzeugung) wird in Wasserkraftwerken erzeugt. Zum Ausgleich der Belastungsspitzen an einigen Stunden des Tages sind die Wasserkraftwerke jedoch von Bedeutung. Fundstelle: SBZ von A bis Z. Fünfte, überarbeitete und erweiterte Auflage, Bonn 1959: S. 389–390 Wasserstraßen A, B, C, D, E, F, G, H, I, J, K, L, M, N, O, P, Q, R, S, T, U, V, W, Z WattfraßSiehe auch die Jahre 1956 1958 1960 1962 1963 1965 1966 1969 1975 1979 1985 Als Folge des überhöhten Holzeinschlages nach Kriegsende (Reparationen) und des dadurch verursachten Absinkens des Grundwasserspiegels, aber auch durch die erhebliche Zunahme des Wasserbedarfs der Industrie und des Bergbaus traten in den Nachkriegsjahren in der SBZ sehr fühlbare Wasserversorgungsschwierigkeiten auf. Etwa 80 v. H. des Wasseraufkommens in der SBZ werden als Brauchwasser von der Industrie benötigt.…

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Technik, Kammer der (KdT) (1959)
Siehe auch: Kammer der Technik: 1963 1965 1966 1969 Kammer der Technik (KdT): 1975 1979 1985 Technik, Kammer der: 1953 1954 1965 1966 1969 1975 1979 Technik, Kammer der (KdT): 1956 1958 1960 1962 1963 Im Mai 1946 durch den FDGB gegründete, Febr. 1951 mit Regierungsmitteln erheblich ausgebaute Institution zur fachlichen Förderung von Technikern. Die KdT baute zunächst auf den Einrichtungen und dem Vermögen der bis 1945 bestehenden technisch-wissenschaftlichen Vereinigungen auf, weitete jedoch später ihre Aufgaben erheblich, auch in politisch-propagandistischem Sinne, aus. Die Hauptaufgaben der KdT sind: Entwicklung der technischen Zusammenarbeit der Aktivisten, Neuerer, Meister, Techniker, Ingenieure und Wissenschaftler; Förderung des sozialistischen ➝Wettbewerbs in seinen verschiedenen Formen; Popularisierung, Verbreitung und Weiterentwicklung der Erfahrungen der Neuerer; „Unterstützung der Organisierung der nationalen Verteidigung“ insbesondere bei der „Ausrüstung der nationalen Streitkräfte mit der neuesten Technik“; „Heranbildung einer neuen technischen Intelligenz aus den Reihen der Jugend und der Aktivisten“; Durchführung der Nachwuchsplanung; Förderung der Qualifizierung; Weckung des Interesses bei Frauen für technische [S. 358]Berufe; Mitwirkung bei der Auswertung und Verbreitung technischer Literatur, insbesondere aus der SU; Aufklärung der technischen Intelligenz über die Anwendung der Methoden der Planwirtschaft; Mitarbeit an der Entwicklung der Normung, Typisierung und der Gütevorschriften für die Steigerung der Arbeitsproduktivität und der Qualität der Erzeugnisse; „Aufklärung der technischen Intelligenz Westdeutschlands“. Dieser angeblich die Entwicklung fördernde wissenschaftliche Gedankenaustausch zwischen Ost und West ist als Propaganda und Spionage zugleich gedacht. insgesamt bestehen — entsprechend der neuen Verwaltungsgliederung — einschließlich Ost-Berlins 15 Bezirke der KdT. Die organisatorische Grundeinheit, auf der sich die gesamte Organisation der KdT aufbaut, ist die Betriebssektion in den VEB, in staatlichen Verwaltungen, Hoch- und Fachschulen sowie der Institute. 1957 wurden 58 zentrale Fachtagungen abgehalten. Die KdT gibt 22 technischwissenschaftliche Fachzeitschriften heraus. Bis 1957 bestanden bei der KdT 1.878 Betriebssektionen sowie 1.247 Fachausschüsse, Fachunterausschüsse und Arbeitsausschüsse und 209 ökonomische Arbeitsgemeinschaften. Fundstelle: SBZ von A bis Z. Fünfte, überarbeitete und erweiterte Auflage, Bonn 1959: S. 357–358 Techniker des Volkes, Verdienter A, B, C, D, E, F, G, H, I, J, K, L, M, N, O, P, Q, R, S, T, U, V, W, Z Technische IntelligenzSiehe auch: Kammer der Technik: 1963 1965 1966 1969 Kammer der Technik (KdT): 1975 1979 1985 Technik, Kammer der: 1953 1954 1965 1966 1969 1975 1979 Technik, Kammer der (KdT): 1956 1958 1960 1962 1963 Im Mai 1946 durch den FDGB gegründete, Febr. 1951 mit Regierungsmitteln erheblich ausgebaute Institution zur fachlichen Förderung von Technikern. Die KdT baute zunächst auf den Einrichtungen und dem Vermögen der bis 1945 bestehenden technisch-wissenschaftlichen Vereinigungen…

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Gesellschaft zur Verbreitung wissenschaftlicher Kenntnisse (1959)
Siehe auch: Gesellschaft zur Verbreitung wissenschaftlicher Kenntnisse: 1956 1958 1960 1962 1963 1965 1966 1969 1975 1979 Urania: 1966 1969 Urania (Gesellschaft zur Verbreitung wissenschaftlicher Kenntnisse): 1975 1979 1985 Verbreitung wissenschaftlicher Kenntnisse, Gesellschaft zur: 1956 Auf Anregung des Kulturbundes (KB), des FDGB und der FDJ wurde am 17. 6. 1954 im Kabelwerke Oberspree (Ost-Berlin) die G. z. V. w. K. gegründet. Ihr Vorbild ist die sowjetische „Allunionsgesellschaft zur Verbreitung politischer und wissenschaftlicher Kenntnisse“, die u. a. die Tätigkeit des 1945 aufgelösten „Bundes kämpferischer Gottloser“ fortführte und deren Mitgl. nach dem Statut verpflichtet sind, jährlich mindestens zwei populärwissenschaftliche Vorträge zu halten. Zu den Aufgaben der sowjetzonalen Gesellschaft gehört es, „die Reste der … reaktionären Ideologie … in den Köpfen unserer Menschen zu überwinden“; insbesondere sollen „die Gesellschaftswissenschaften, gelehrt auf der Grundlage des Marxismus-Leninismus, die Menschen zum aktiven Handeln, zur Veränderung ihrer Umwelt anleiten“. (Einheit 7/1954). Die G. z. V. w. K. übernahm von den Volkshochschulen und dem KB nach und nach das gesamte populärwissenschaftliche Einzelvortragswesen. Sie hat 18.000 Mitglieder, 800 Angestellte und veranstaltete 1958 über 145.000 Vorträge. 1. Vorsitzender: Prof. Dr. Rothmaler (SED). Verlag: Urania-Verlag. Zeitschriften: „Deutsche Außenpolitik“ und „Wissen und Leben“. (Erwachsenenbildung, Betriebsakademien, Dorfakademien) Fundstelle: SBZ von A bis Z. Fünfte, überarbeitete und erweiterte Auflage, Bonn 1959: S. 125 Gesellschaft für Sport und Technik A, B, C, D, E, F, G, H, I, J, K, L, M, N, O, P, Q, R, S, T, U, V, W, Z GesellschaftlichSiehe auch: Gesellschaft zur Verbreitung wissenschaftlicher Kenntnisse: 1956 1958 1960 1962 1963 1965 1966 1969 1975 1979 Urania: 1966 1969 Urania (Gesellschaft zur Verbreitung wissenschaftlicher Kenntnisse): 1975 1979 1985 Verbreitung wissenschaftlicher Kenntnisse, Gesellschaft zur: 1956 Auf Anregung des Kulturbundes (KB), des FDGB und der FDJ wurde am 17. 6. 1954 im Kabelwerke Oberspree (Ost-Berlin) die G. z. V. w. K. gegründet. Ihr Vorbild ist die sowjetische…

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Handwerksteuer (1959)
Siehe auch: Handwerkssteuer: 1953 1954 1975 1979 1985 Handwerksteuer: 1956 1958 1960 1962 1963 1965 1966 1969 Die ab 1. 1. 1950 in der SBZ eingeführte H. wurde durch Gesetz vom 12. 3. 1958 (GBl. I, S. 262) neu geregelt. Handwerker mit höchstens drei Beschäftigten haben danach die H. A, Handwerker mit vier oder mehr Beschäftigten die H. B zu entrichten. Mit der Erhebung der H. entfallen: Einkommensteuer, Vermögensteuer und Gewerbesteuer. Die auf Grundstücke und Grundstücksteile des Handwerksbetriebes entfallende Vermögensteuer wird jedoch erhoben. Das mit der H. A belegte Handwerk zahlt auch keine Umsatzsteuer. Umsätze und Gewinne aus Einzelhandelstätigkeit sind bei den Handwerkern, die F. A entrichten, durch die Handelssteuer des Handwerks abgegolten, bei den der H. B unterliegenden Handwerkern gelten diese Umsätze bzw. Gewinne als andere Umsätze bzw. andere Einkünfte, wenn der Handelsumsatz 50 v. H. des Umsatzes der handwerklichen Tätigkeit übersteigt. Besteuerungsgrundlagen bei der F. A: Alle Handwerker zahlen einen H.-Grundbetrag, Handwerker mit Beschäftigten den H.-Zuschlag nach der Jahresbruttolohnsumme (Getreidemüller zahlen einen H.-Zuschlag nach der jährlichen Ge[S. 142]treidevermahlung). Bäcker, Konditoren, Lebküchler, Fleischer, Roßschlächter, Augenoptiker und Kürschner zahlen unabhängig von dem F.-Zuschlag nach der Jahresbruttolohnsumme einen Zuschlag nach dem Materialeinsatz. Handwerker mit Einzelhandelstätigkeit werden mit der Handelssteuer nach dem Rohgewinn belegt. Besteuerungsgrundlage für die H. B ist der Umsatz und der Gewinn. Diese Neuregelung war seit langem geplant, vor allem soll dadurch ein Anreiz zum Eintritt in die Produktionsgenossenschaften des Handwerks gegeben werden, wo starke steuerliche Vergünstigungen bzw. völlige Steuerbefreiungen bestehen. (Steuerwesen) Literaturangaben Kitsche, Adalbert: Das Steuersystem in der sowjetischen Besatzungszone Deutschlands. Bonn (Diss.) 1958. 162 S. Frenkel, Erdmann: Steuerpolitik und Steuerrecht in der sowjetischen Besatzungszone. 3., erw. Aufl. (BB) 1953. 124 S. m. 11 Anlagen. Plönies, Bartho: Die Sowjetisierung des mitteldeutschen Handwerks. Ein Bericht über die Lage des Handwerks in der sowjetischen Zone. 2., erg. Aufl. (BB) 1953. 136 S. m. 19 Anlagen. Fundstelle: SBZ von A bis Z. Fünfte, überarbeitete und erweiterte Auflage, Bonn 1959: S. 141–142 Handwerkskammern A, B, C, D, E, F, G, H, I, J, K, L, M, N, O, P, Q, R, S, T, U, V, W, Z Hans-Beimler-MedailleSiehe auch: Handwerkssteuer: 1953 1954 1975 1979 1985 Handwerksteuer: 1956 1958 1960 1962 1963 1965 1966 1969 Die ab 1. 1. 1950 in der SBZ eingeführte H. wurde durch Gesetz vom 12. 3. 1958 (GBl. I, S. 262) neu geregelt. Handwerker mit höchstens drei Beschäftigten haben danach die H. A, Handwerker mit vier oder mehr Beschäftigten die H. B zu entrichten. Mit der Erhebung der H. entfallen: Einkommensteuer, Vermögensteuer und Gewerbesteuer. Die auf Grundstücke und Grundstücksteile…

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Innen- und Außenhandel, Deutscher (DIA) (1959)
Siehe auch: Innen- und Außenhandel, Deutscher: 1969 Innen- und Außenhandel, Deutscher (DIA): 1953 1954 1956 1958 1960 1962 1963 1965 1966 Durch die organisatorische Zusammenfassung der „Gesellschaft für Innerdeutschen Handel“ und der DAHA Ende August 1951 errichtete umfassende staatliche Handelsorganisation der SBZ. Der Zusammenschluß bezweckte die „Ausschöpfung aller operativen Möglichkeiten des Innen- und Außenhandels“, d. h. die verstärkte Politisierung des innerdeutschen Handels und Außenhandels. Weisunggebend ist das Ministerium für ➝Außen- und Innerdeutschen Handel (MAI). Die DIA-Anstalten waren im Frühjahr 1958 in 12 Fachorgane gegliedert: Chemie, Chemieausrüstungen, Elektrotechnik, Glas-Keramik, Holz und Papier, Invest-Export (Projektierung und Lieferung schlüsselfertiger Industrieanlagen jeder Art und jeden Umfanges), Kulturwaren, Maschinenexport, Nahrung, Textil, Transportmaschinen und WMW-Export (Werkzeugmaschinen und Metallwaren). Seit dem 1. 1. 1956 begann eine Neuordnung der DIA-Anstalten durch die Auflösung der DIA Berg[S. 154]bau, Feinmechanik-Optik, Kompensation, Maschinenimport und Metall. Soweit deren Aufgaben nicht weiterbestehenden DIA-Anstalten übertragen wurden, erfolgten Neugründungen von Außenhandelsgesellschaften in GmbH.-Form. (Staatliche ➝Tarnfirmen) Gesellschafter sind meistens die wichtigsten „volkseigenen“ Exportbetriebe der jeweiligen Branche. Gegründet wurden die „Bergbau-Handel Gesellschaft für Ausfuhr und Einfuhr von Bergbauerzeugnissen mbH.“, die „Deutsche Export- und Importgesellschaft Feinmechanik-Optik mbH.“ und die „Deutsche Stahl- und Metall-Handelsgesellschaft mbH.“. Außerdem entstanden noch folgende Außenhandelsgesellschaften durch Ausgliederung bestimmter Warenbereiche aus bestehenden DIA: Mineralöle Import und Export GmbH., Deutsche Genußmittel-Gesellschaft mbH. Import-Export, Deutscher Buch-Export und -Import GmbH., Geschenkdienst und Kleinexport GmbH., Wiratex Exportgesellschaft für Wirkwaren und Raumtextilien mbH., Polygraph-Export Gesellschaft für den Export von Büro- und polygraphischen Maschinen mbH. und Deutsche Rauchwaren Export- und Import-Gesellschaft mbH. Literaturangaben Förster, Wolfgang: Das Außenhandelssystem der sowjetischen Besatzungszone Deutschlands. 3., verb. Aufl. (BMG) 1957. 137 S. m. 2 Anl. u. 1 Karte. Fundstelle: SBZ von A bis Z. Fünfte, überarbeitete und erweiterte Auflage, Bonn 1959: S. 153–154 Innenministerium A, B, C, D, E, F, G, H, I, J, K, L, M, N, O, P, Q, R, S, T, U, V, W, Z Innerdeutschen Handels, Gesetz zum Schutze desSiehe auch: Innen- und Außenhandel, Deutscher: 1969 Innen- und Außenhandel, Deutscher (DIA): 1953 1954 1956 1958 1960 1962 1963 1965 1966 Durch die organisatorische Zusammenfassung der „Gesellschaft für Innerdeutschen Handel“ und der DAHA Ende August 1951 errichtete umfassende staatliche Handelsorganisation der SBZ. Der Zusammenschluß bezweckte die „Ausschöpfung aller operativen Möglichkeiten des Innen- und Außenhandels“, d. h. die verstärkte Politisierung des innerdeutschen…

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Brandenburg (1959)
Siehe auch die Jahre 1956 1958 1960 1962 1963 1965 1966 1969 Land in der SBZ; gebildet 1945/47 aus dem westlich der Oder und der Görlitzer Neiße gelegenen Teil der preußischen Provinz B.; 27.061 gkm, 2,6 Mill. Einwohner (1950); Verfassung vom 6. 2. 1947, Hauptstadt: Potsdam, Landesfarben: Rot-Weiß-Rot; Wirtschaft: Land- und Forstwirtschaft, Textilindustrie, Braunkohlenbergbau und -industrie. Landtag und Landesregierung im Sommer 1952 im Zuge der verfassungswidrigen Verwaltungsneugliederung unter gleichzeitiger Bildung der Bezirke Cottbus, Frankfurt (Oder) und Potsdam aufgehoben; staatsrechtliche Stellung des Landes seither unklar. Von der Altmark aus ab 1134 erworben und ab 1157 als Markgrafschaft B. bezeichnet, vergrößerte sich B. im Laufe der Jahrhunderte unter verschiedenen Herrscherhäusern (ab 1411 unter den Hohenzollern), errang unter dem Großen Kurfürsten (1640 bis 1688) europäische Bedeutung und teilte ab 1701 mit der Krönung des Kurfürsten Friedrich III. zum König Friedrich I. in Preußen das Schicksal Preußens. Seit 1815 bildeten die brandenburgischen Landschaften (mit Ausnahme der Altmark, die in die Provinz Sachsen einbezogen wurde), um die 1814 von Sachsen abgetretenen Gebiete der Niederlausitz erweitert, die preu[S. 68]ßische Provinz B., aus deren Verband bald nach der Reichsgründung 1871 die Reichshauptstadt Berlin ausschied. In den letzten Monaten des 2. Weltkrieges wurde B. von sowjetischen Truppen besetzt; das Gebiet ostwärts der Oder und der Görlitzer Neiße überließen die Sowjets den Polen, es steht seither unter polnischer Verwaltung (Oder-Neiße-Linie). Im Juli 1945 befahl die SMAD die Errichtung der „Provinzialverwaltung Mark B.“ unter Präsident Dr. Karl Steinhoff (SPD), der sie im Oktober 1945 ein beschränktes Gesetzgebungsrecht einräumte. Am 20. 10. 1946 fanden die ersten Landtagswahlen statt, bei denen trotz massivster sowjetischer Wahlbeeinflussung die SED nur 43,9 v. H. der abgegebenen Stimmen erhielt. Der Landtag bestätigte im Dezember 1946 die auf der Grundlage der Blockpolitik gebildete Provinzialregierung unter Ministerpräsident Dr. Karl Steinhoff (SED) und beschloß im Februar 1947 die „Verfassung für die Mark B. vom 6. 2. 1947“, die am gleichen Tag in Kraft trat. Nach der Auflösung Preußens durch den Alliierten Kontrollrat wurde die Provinz im Juli 1947 als B. auch staatsrechtlich Land. Seit Bildung der Sowjetzonen-Republik im Oktober 1949 ist B. Land der „DDR“; an Stelle des zum sowjetzonalen Innenminister berufenen Dr Steinhoff wurde Rudi Jahn (SED) Ministerpräsident. Das dem Landtag am 25. 7. 1952 aufgezwungene „Gesetz über die weitere Demokratisierung des Aufbaus und der Arbeitsweise der staatlichen Organe im Lande B.“ beraubte das Land seiner staatsrechtlichen Handlungsfähigkeit. Fundstelle: SBZ von A bis Z. Fünfte, überarbeitete und erweiterte Auflage, Bonn 1959: S. 67–68 Bräutigam, Alois A, B, C, D, E, F, G, H, I, J, K, L, M, N, O, P, Q, R, S, T, U, V, W, Z Brasch, HorstSiehe auch die Jahre 1956 1958 1960 1962 1963 1965 1966 1969 Land in der SBZ; gebildet 1945/47 aus dem westlich der Oder und der Görlitzer Neiße gelegenen Teil der preußischen Provinz B.; 27.061 gkm, 2,6 Mill. Einwohner (1950); Verfassung vom 6. 2. 1947, Hauptstadt: Potsdam, Landesfarben: Rot-Weiß-Rot; Wirtschaft: Land- und Forstwirtschaft, Textilindustrie, Braunkohlenbergbau und -industrie. Landtag und Landesregierung im Sommer 1952 im Zuge der verfassungswidrigen…

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Volksdemokratie (1959)
Siehe auch die Jahre 1953 1954 1956 1958 1960 1962 1963 1965 1966 1969 1975 1979 Im Pj. das nach 1945 in den Ländern Polen, Tschechoslowakei, Ungarn, Rumänien, Bulgarien, Albanien und anfangs auch in Jugoslawien errichtete Regime, mit dessen Hilfe diese Länder allmählich dem Moskauer Herrschaftsbereich ganz unterworfen wurden. Voraussetzung für die Errichtung der V. war in allen Fällen die Anwesenheit sowjetrussischer Besatzungstruppen, die moralische, diplomatische und wirtschaftliche Unterstützung der kommun. Parteien durch Moskau und das Versagen der durch Hitler-Deutschland korrumpierten früher herrschenden Parteien und Klassen. Unter Bruch der Yaltaer „Deklaration über das befreite Europa“, nach der sich die SU 1945 zur Errichtung selbständiger, nationaler Staaten mit vom Volk demokratisch gewählten Regierungen verpflichtet hatte, erzwang Moskau durch die Methode des „trojanischen Pferdes“ über die Blockpolitik der „Nationalen“ oder „Vaterländischen Fronten“ die Vorherrschaft der kommun. Parteien, die meist durch in Moskau geschulte Emigranten geführt wurden. „Reinigungen“ vereitelten jede Opposition und auch den Versuch dieser Länder, sich durch regionale Freundschaftsabkommen unabhängig vom Kreml zu halten. Die Staaten der V., anfangs als „nicht mehr kapitalistisch und noch nicht sozialistisch“ gekennzeichnet, wurden nach der Bildung des Kominform im Sept. 1947 zu ihrer nächsten Entwicklungsphase, zum „Aufbau der Grundlagen des Sozialismus“ veranlaßt und in eine der marxistischen Staatslehre entsprechende Klassenherrschaft verwandelt, die die Funktionen einer Diktatur des Proletariats erfüllen sollte. Jeder Versuch, die Zusammenarbeit mit der SU abzuschwächen, gilt als „Attentat auf die Existenzgrundlage der V.“. Die V. sind untereinander unter Führung der SU sowohl allgemeinpolitisch wie auch wirtschaftspolitisch (durch den sog. Rat für gegenseitige Wirtschaftshilfe) und militärisch (Warschauer Beistandspakt) straff koordiniert. (Ostblock, Antifaschistisch-demokratische Ordnung, Demokratie, Periodisierung) Literaturangaben Duhnke, Horst: Stalinismus in Deutschland — Die Geschichte der sowjetischen Besatzungszone (Rote Weißbücher 15). Köln 1955, Kiepenheuer und Witsch. 378 S. Lukas, Richard: 10 Jahre sowjetische Besatzungszone … Mainz 1955, Deutscher Fachschriften-Verlag. 215 S. Fundstelle: SBZ von A bis Z. Fünfte, überarbeitete und erweiterte Auflage, Bonn 1959: S. 377 Volksbegehren A, B, C, D, E, F, G, H, I, J, K, L, M, N, O, P, Q, R, S, T, U, V, W, Z Volkseigene Betriebe (VEB)Siehe auch die Jahre 1953 1954 1956 1958 1960 1962 1963 1965 1966 1969 1975 1979 Im Pj. das nach 1945 in den Ländern Polen, Tschechoslowakei, Ungarn, Rumänien, Bulgarien, Albanien und anfangs auch in Jugoslawien errichtete Regime, mit dessen Hilfe diese Länder allmählich dem Moskauer Herrschaftsbereich ganz unterworfen wurden. Voraussetzung für die Errichtung der V. war in allen Fällen die Anwesenheit sowjetrussischer Besatzungstruppen, die moralische, diplomatische und wirtschaftliche…

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Wiedervereinigung (1959)
Siehe auch: Deutschlandplan des Volkes: 1962 1963 1965 1966 1969 1975 1979 Deutschlandpolitik: 1963 1965 1966 1969 Deutschlandpolitik der SED: 1975 1979 1985 Gesamtdeutsche Arbeit: 1958 1960 1962 1963 1965 1966 Nationales Dokument: 1963 1965 1966 1969 1975 1979 Nation und nationale Frage: 1975 1979 1985 Spaltung und Wiedervereinigung Deutschlands: 1962 1963 1965 1966 Wiedervereinigung: 1958 1960 1962 1963 1965 1966 Äußerer Anlaß zu den Vorgängen, die zur Spaltung Berlins führten und damit auch die Teilung Deutschlands einleiteten, waren Meinungsverschiedenheiten unter den Besatzungsmächten über Fragen ihrer Deutschlandpolitik; sie betrafen vor allem die sowjetischen Ansprüche auf Reparationen und den Status des Ruhrgebiets. Tiefere Ursache war jedoch die von Jahr zu Jahr klarer hervortretende Absicht der SU, Deutschland (unter dem Vorwande der Entmachtung der Kriegsverbrecher, Nazis, Junker, Monopole usw.) auf den Weg der Umwandlung seiner Gesellschafts- und Wirtschaftsordnung im bolschewistischen Sinne zu führen. In den Auseinandersetzungen mit den Westmächten spielte die unterschiedliche Interpretation des Potsdamer Abkommens (Besatzungspolitik) eine wesentliche Rolle. Diese Auseinandersetzungen waren von vornherein durch eine von östlicher Seite systematisch gepflegte abweichende Terminologie belastet und vernebelt; sie weiteten sich (insbesondere während der Blockade Berlins und später nach dem kommunistischen Einmarsch in Südkorea, Juli 1950) zur weltpolitischen Krise aus, in der schließlich die Frage der W. Deutschlands für die beiden Weltmächte zu einer Funktion der Behauptung ihrer Machtposition und Sicherheit zu werden drohte. Seit der Gründung der Bundesrepublik Deutschland am 23. 5. 1949 und der Konstituierung der sog. „Deutschen Demokratischen Republik“ am 7. 10. 1949 ist die Frage der W. Hauptgegenstand der innerdeutschen Auseinandersetzung. Die Bundesregierung als einzige aus freien Wahlen hervorgegangene und nach Freiheit und Recht konstituierte Regierung beansprucht die Legitimation, für ganz Deutschland zu sprechen, und sieht freie gesamtdeutsche Wahlen als unabdingbare Voraussetzung der W. an. Sie wünscht jedoch die ehemaligen Alliierten von der Verantwortung für die Beseitigung der von ihnen verursachten Spaltung Deutschlands nicht zu entlasten; der Deutsche Bundestag ermächtigte sie am 14. 9. 1950, Schritte zur Durchführung freier, allgemeiner, gleicher, geheimer und direkter Wahlen zu einem gesamtdeutschen Parlament bei den Besatzungsmächten zu tun. Die SBZ-Regierung dagegen wollte bereits in ihrer ersten programma[S. 395]tischen Äußerung vom 25. 10. 1950 an den Anfang aller Schritte zur W. ein paritätisches Gremium, einen „Gesamtdeutschen Konstituierenden Rat“, gesetzt sehen; sie übernahm außerdem von der SU den Begriff des „einheitlichen, friedliebenden, demokratischen Staates“, der in den ferneren Erörterungen nicht etwa nur als Propagandafloskel figurierte, sondern mit von Jahr zu Jahr zunehmender Deutlichkeit das politische Leitbild eines Gesamtdeutschlands im kommun. Sinn der Arbeiter-und-Bauern-Macht bezeichnete. Das paritätische Gremium (ob es nun „Gesamtdeutscher Konstituierender Rat“ oder — in späteren Programmen — „Gesamtdeutscher Rat“, „Gesamtdeutsche Beratungen“, „Gesamtdeutsche souveräne demokratische und friedliebende Regierung“, schließlich „Konföderation der beiden deutschen Staaten“ genannt wurde) sollte zunächst die Anerkennung des sowjetzonalen Staatswesens und seiner Regierung einbringen; falls es zu gesamtdeutschen Wahlen kommen sollte (die Volkskammer hatte sich am 30. 1. 1951 bereit erklärt, über die „Bedingungen“ solcher Wahlen zu verhandeln), sollte dies Gremium die „Bedingungen vorbereiten“ (Brief Grotewohls vom 30. 11. 1950). Als solche Bedingungen wurden u. a. der Abzug aller Besatzungstruppen, die Beteiligung der Massenorganisationen an den Wahlen, die Ausschaltung des Einflusses der „Monopole“ genannt; gelegentlich wurde sogar das Verfahren der sowjetzonalen Wahlen als vorbildlich bezeichnet. Wann immer in der Folgezeit die SU oder die SBZ-Regierung freie Wahlen als Schritt zur W. zu akzeptieren scheinen (z. B. Note der SU vom 9. 4. 1952, Genfer Direktiven vom 23. 7. 1955), müssen diese „Bedingungen“ in Betracht gezogen werden. Die W.-Politik der SU und der SBZ wurde seit 1952 aber auch dadurch immer unglaubwürdiger, daß jeder Schritt der Bundesrepublik auf dem Wege zur Integration Europas, späterhin zur Leistung ihres Verteidigungsbeitrages im Rahmen der NATO, als ein Hindernis für die W. hingestellt wurde, obschon z. B. der sogenannte „Generalvertrag“ vom 23. 10. 1954 festlegte, daß im Fall der W. das Verhältnis Gesamtdeutschlands zur NATO neu vereinbart werden sollte. Die sowjetische Seite sprach nun immer entschiedener aus, daß sie einer „mechanischen Verschmelzung der beiden Teile Deutschlands“ (d. h. der W. aus dem freien Entschluß der Deutschen selbst) nicht zustimmen werde (so Bulganin am 23. 7. 1955, Chruschtschew am 26. 7. 1955), und stellte der W. Deutschlands die Schaffung eines „Systems der kollektiven Sicherheit in Europa“ voran. Die Folgen der Spaltung Deutschlands wurden von der SU nun als innerdeutsche Fragen bezeichnet, die die „beiden deutschen Staaten“ unter sich zu regeln hätten; dementsprechend forderte auch das ZK der SED am 27. 10. 1955 „Verhandlungen auf der Grundlage der Gleichberechtigung“, und Ulbricht ergänzte diese Forderung am 30. 12. 1956 im „Neuen Deutschland“ durch den Vorschlag, „zunächst eine Annäherung der beiden deutschen Staaten herbeizuführen, später eine Zwischenlösung in Form der Konföderation oder Föderation zu finden, bis es möglich ist, die Wiedervereinigung und wirklich demokratische Wahlen zur Nationalversammlung zu erreichen“. Und im Beschluß des V. Parteitages der SED vom 16. 7. 1958 heißt es mit unverkennbarem Bezug auf die W.: „Die DDR und ihre sozialistischen Errungenschaften werden niemals ein Objekt des Schachers sein. Fest verbunden mit der SU und dem ganzen sozialistischen Lager sind die Arbeiter-und-Bauern-Macht des deutschen Volkes und ihre sozialistischen Errungenschaften für immer unantastbar.“ Die W.-Politik der SED folgt somit offensichtlich dem Konzept der Blockpolitik, nach dem die Kommunisten die Macht in der SBZ an sich gerissen hatten. Literaturangaben : Die Bemühungen der Bundesrepublik um Wiederherstellung der Einheit Deutschlands durch gesamtdeutsche Wahlen. Dokumente und Akten, I. Teil (4., erw. Aufl.) Bonn 1958. 153 S.; II. Teil (erw. Neuaufl.) 1958. 290 S.; III. Teil: Systemat. Regist. 1958. 58 S. Je eine englische und eine französische Ausgabe in einem Bande enthält die in den beiden deutschen Sammlungen zusammengestellten Dokumente und Akten bis Januar 1954. Die deutsche Frage 1952–1956 — Notenwechsel und Konferenzdokumente der vier Mächte, hrsg. v. Eberhard Jäckel (Bd. XXIII der Dokumente, hrsg. v. d. Forschungsstelle f. Völkerrecht … d. Univ. Hamburg) Frankfurt a. M. 1957, Alfred Metzner. 169 S. Lukas, Richard: 10 Jahre sowjetische Besatzungszone … Mainz 1955, Deutscher Fachschriften-Verlag. 215 S. SBZ von 1945 bis 1954 — Die Sowjetische Besatzungszone Deutschlands in den Jahren 1945 bis 1954 (gesichtet und zusammengestellt von Fritz Kopp). (BMG) 1956. 364 S. m. 9 Anlagen u. 1 Karte. SBZ von 1955 bis 1956 — Die Sowjetische Besatzungszone Deutschlands in den Jahren 1955 bis 1956. Ergänzungsband zu SBZ von 1945 bis 1954 (zusammengestellt und bearbeitet von Fritz Kopp und Günter Fischbach). Bonn 1958. 255 S. m. 3 Anlagen. Schütze, Hans: Mitteldeutschlands Weg zur Volksdemokratie (hrsg. v. d. Niedersächs. Landeszentrale f. Heimatdienst). Hannover 1957. 78 S., 2 Taf. Schütze, Hans: „Aufbau des Sozialismus“ in Mitteldeutschland (hrsg. von der Niedersächs. Landeszentrale für Heimatdienst). Hannover 1959. 108 S.. 3 Taf. Siegler, Heinrich von: Wiedervereinigung und Sicherheit Deutschlands. 3., erw. Aufl., Bonn 1958, Verlag für Zeitarchive. 305 S. m. 4 Karten. Fundstelle: SBZ von A bis Z. Fünfte, überarbeitete und erweiterte Auflage, Bonn 1959: S. 394–395 Widerstand A, B, C, D, E, F, G, H, I, J, K, L, M, N, O, P, Q, R, S, T, U, V, W, Z Wiessner, RudiSiehe auch: Deutschlandplan des Volkes: 1962 1963 1965 1966 1969 1975 1979 Deutschlandpolitik: 1963 1965 1966 1969 Deutschlandpolitik der SED: 1975 1979 1985 Gesamtdeutsche Arbeit: 1958 1960 1962 1963 1965 1966 Nationales Dokument: 1963 1965 1966 1969 1975 1979 Nation und nationale Frage: 1975 1979 1985 Spaltung und Wiedervereinigung Deutschlands: 1962 1963 1965 1966 Wiedervereinigung: 1958 1960 1962 1963 1965 1966 Äußerer Anlaß zu den Vorgängen, die zur…

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Lukács, Georg (György) (1959)
Siehe auch die Jahre 1956 1958 1960 1962 1963 1965 1966 [S. 219]Ungar, * 13. 4. 1885 in Budapest, Studium der Philosophie, Soziologie und Literaturgeschichte in Budapest und Berlin, Literaturgeschichtler und Kulturphilosoph. Gründete verschiedene Zeitschriften, trat mit Vorträgen und Veröffentlichungen in Ungarn hervor. 1912 in Heidelberg, Freundschaft mit Max Weber. Ende des ersten Weltkriegs Hinwendung zum Sozialismus, später Kommunismus. 1918 Mitgl. der KP Ungarns, in der Rätezeit Volkskommissar für Volksbildung und polit. Kommissar der 5. Roten Division. Nach dem Zusammenbruch der Revolution nach Wien emigriert, leitender Funktionär der KPÖ, 1930 bis 1931 Mitarbeiter im Marx-Engels-Lenin-Institut in Moskau, anschließend bis 1933 in Berlin als Vizepräs. der Berliner Gruppe des Schriftstellerverbandes, nach 1933 als philos. Mitarbeiter an der Akademie der Wissenschaften der SU. 1945 nach Ungarn zurückgekehrt, Abgeordneter des ungar. Parlaments, Professor für Ästhetik und Kulturphilosophie an der Univers. Budapest, korrespond. Mitglied der Deutschen ➝Akademie der Wissenschaften, Mitarbeiter verschiedener literarischer und philosophischer Zeitschriften der SBZ. Bedeutendster Kulturphilosoph und Literaturgeschichtler des Ostens, der sich nach von Simmel und Max Weber beeinflußten Anfängen und längerem Schwanken seit 1923 unter dem Einfluß der Leninschen Schriften dem Dialektischen Materialismus verschrieb. Veröffentlichungen: „Geschichte und Klassenbewußtsein“, „Fortschritt und Reaktion in der deutschen Literatur“, „Der junge Hegel und die Probleme der kapitalistischen Gesellschaft“, „Die Zerstörung der Vernunft“ u. a. L. war während des Volksaufstandes in Ungarn (Okt./Nov. 1956) Erziehungsminister im Kabinett Imre Nagy, nahm mit Nagy und anderen Kabinettsmitgliedern beim gewaltsamen Sturz der Regierung durch die sowjetischen Truppen Asyl in der jugoslaw. Botschaft in Budapest und wurde mit Nagy und anderen beim Verlassen der jugoslaw. Botschaft am 22. 11. 1956, unter Bruch der Zusicherung freien Geleits, durch Sowjet. Truppen verschleppt; April 1957 freigelassen und nach Budapest zurückgekehrt. Mitarbeiter der ungarischen Akademie der Wissenschaften und ihrer Zeitschrift „Philosophische Rundschau“. Besonders in der SBZ ist L. seit dem Ungarn-Aufstand wiederholt scharf angegriffen und als „Revisionist“ (Revisionismus) verketzert worden, vor allem im Zusammenhang mit dem Harich-Prozeß. Fundstelle: SBZ von A bis Z. Fünfte, überarbeitete und erweiterte Auflage, Bonn 1959: S. 219 Die biographischen Angaben spiegeln den Kenntnisstand der Handbuchredaktion im Jahre 1959 wider. Sie sind daher für allgemeine Informationszwecke als veraltet anzusehen und zudem häufig nicht fehlerfrei. Für allgemeine Personenrecherchen wird neben der Rubrik BioLeX auch auf andere biographische Nachschlagewerke verwiesen. Luftwaffe A, B, C, D, E, F, G, H, I, J, K, L, M, N, O, P, Q, R, S, T, U, V, W, Z Lyssenko, Trofim D.Siehe auch die Jahre 1956 1958 1960 1962 1963 1965 1966 [S. 219]Ungar, * 13. 4. 1885 in Budapest, Studium der Philosophie, Soziologie und Literaturgeschichte in Budapest und Berlin, Literaturgeschichtler und Kulturphilosoph. Gründete verschiedene Zeitschriften, trat mit Vorträgen und Veröffentlichungen in Ungarn hervor. 1912 in Heidelberg, Freundschaft mit Max Weber. Ende des ersten Weltkriegs Hinwendung zum Sozialismus, später Kommunismus. 1918 Mitgl. der KP Ungarns, in der Rätezeit…

DDR A-Z 1959
Säuberungen (1959)
Siehe auch die Jahre 1960 1962 1963 1965 1966 1969 Seit Lenin 1921 erstmals für die KPdSU eine generelle Überprüfung der Mitgl. auf soziale und politische Herkunft, parteimäßiges Verhalten und Qualifikation anordnete, bilden die periodisch wiederkehrenden S. in allen kommun. Parteien und den von diesen abhängigen gesellschaftlichen wie staatlichen Organisationen Mittel zur Durchsetzung der jeweiligen Parteilinie und damit der Kaderpolitik. Die S. haben eine ähnliche Funktion wie die Schulungsverfahren (Schulung), sie sind deren „dialektische“ Entsprechung. Eine besondere terroristische Variante erfuhren die S. in der SU nach der Ermordung des Parteisekretärs Kirow am 1. 12. 1934. Von diesem Ereignis führt eine direkte Linie zu den Schauprozessen gegen ehemalige Partei- und Armeeführer und zur Institutionalisierung der „Revolution von oben“ in den Zwangsarbeitslagern und Massenliquidierungen. Demgegenüber sind die S. in der SBZ von wenigen Ausnahmen abgesehen - unblutig verlaufen. Kriterien der S. in der SED waren vor allem die Einstellung der Parteimitgl. und Funktionäre zur SU und zum Titoismus, die Einstellung zu Walter ➝Ulbricht und seinem Kurs und zu den von ihm fixierten Normen des Parteilebens (Partei Neuen Typus). Dies schließt die Ablehnung aller demokratischen Gedanken, des sogenannten Sozialdemokratismus und besonders außerkommun. Wiedervereinigungskonzeptionen aus. Die erste umfangreiche Partei-S. in der SED wurde auf der 2. Tagung des ZK am 24. 8. 1950 mit dem Ausschluß der Funktionäre Merker, Bauer, Goldhammer, Kreikemeyer, Ende und Weiterer („Noel-H.-Field-Affäre“) eingeleitet. Zwei Monate darauf beschloß das ZK eine Überprüfung aller Mitgl. in der Zeit vom 15. 1. bis 30. 6. 1951. Nach offiziellen Angaben sind im Verlauf dieser S. 150.696 Personen aus der SED ausgeschlossen worden. Im Laufe der nächsten zwei Jahre wurden u. a. folgende Funktionäre in speziellen und kollektiven S. abgesetzt, gerügt bzw. ausgeschlossen: Lohagen, Uschner, Lauter, Lena Fischer, Karl ➝Mewis, Wilhelm ➝Koenen. Nach dem Juni-Aufstand wurden, zum Teil unter der Beschuldigung der „Fraktionsmacherei“, Opfer von S.: Zaisser, Herrnstadt, Fechner, Jendretzky, Elli ➝Schmidt, Weinberger u. a. Eine neue Säuberungswelle richtete sich nach dem Ungarn-Aufstand gegen Anhänger des Revisionismus (Harich, Bloch); im Zusammenhang mit dieser Aktion wurde im Oktober 1957 Paul ➝Wandel seiner Funktionen entbunden. Auf dem 35. Plenum des ZK im Februar 1958 richtete sich eine S. gegen die „parteifeindliche Gruppe Schirdewan, Wollweber und andere“ (Ziller). Wegen Unterstützung dieser Gruppe wurde Oelßner aus dem Politbüro ausgeschlossen, nachdem vorher Wollweber und Schirdewan aller Funktionen entbunden worden waren. Auch Selbmann wurde scharf angegriffen. In einer Kader-S., die mit dem V. Parteitag endete, erfolgten auf 36 von 120 Posten von Mitgliedern der Büros von SED-Bezirksleitungen Veränderungen. Auf dem V. Parteitag wurden 35 von 135 Mitgliedern und Kandidaten des alten ZK nicht wiedergewählt. Neben den bereits genannten Funktionären sind seit der Gründung der SED aus dem Zentralsekretariat bzw. Politbüro entfernt worden: Ackermann, Beling, Buchwitz, Gniffke, Karsten, Käthe Kern, Helm. Lehmann, Otto Meier, Steinhoff. Prominenteste Opfer von S. im Staatsapparat sind: Dertinger, Hamann. S. haben auch in den bürgerlichen Parteien und in den Massenorganisationen wiederholt stattgefunden. Literaturangaben Stern, Carola: Porträt einer bolschewistischen Partei — Entwicklung, Funktion und Situation der SED. Köln 1957, Verlag für Politik und Wirtschaft. 372 S. Fundstelle: SBZ von A bis Z. Fünfte, überarbeitete und erweiterte Auflage, Bonn 1959: S. 310 SAG A, B, C, D, E, F, G, H, I, J, K, L, M, N, O, P, Q, R, S, T, U, V, W, Z SBZSiehe auch die Jahre 1960 1962 1963 1965 1966 1969 Seit Lenin 1921 erstmals für die KPdSU eine generelle Überprüfung der Mitgl. auf soziale und politische Herkunft, parteimäßiges Verhalten und Qualifikation anordnete, bilden die periodisch wiederkehrenden S. in allen kommun. Parteien und den von diesen abhängigen gesellschaftlichen wie staatlichen Organisationen Mittel zur Durchsetzung der jeweiligen Parteilinie und damit der Kaderpolitik. Die S. haben eine ähnliche Funktion wie die…