DDR A-Z 1975

Kammer für Außenhandel (KfA) (1975)

Siehe auch: Außenhandel, Kammer für: 1954 Außenhandel, Kammer für (KfA): 1956 1958 1959 1960 1962 1963 1965 1966 Kammer für Außenhandel (KfA): 1969 1979 1985 Die KfA ist eine „gesellschaftliche Organisation des Außenhandels“ und somit keine dem staatlichen Außenwirtschaftsmonopol zurechenbare Einrichtung. Sie wurde 1952 gegründet. Mitglieder der KfA sind die AHB, VVB, Exportbetriebe und andere am Außenhandel beteiligte Organe. Gegenwärtig sind 350 Betriebe Mitglieder bei der KfA. Dem Ministerium für Außenhandel obliegt die allgemeine Dienstaufsicht über die KfA. Organe der KfA sind die Mitgliederversammlung, das Präsidium und die Revisionskommission. Ursprünglich war die Hauptaufgabe der KfA in der Herstellung von Kontakten zu den Wirtschaftspartnern westlicher Länder und dem Abschluß von Handelsabkommen unterhalb der Regierungsebene (Kammerabkommen) mit diesen Ländern zu sehen. Für die Gestaltung der Beziehungen zu sozialistischen Ländern kam dagegen der KfA wenig Bedeutung zu. Mit Einsetzen der „Anerkennungswelle“, die die Handelsvertretungen der KfA im Westen als quasi-diplomatische Vertretungen überflüssig machte, und dem Bestreben der DDR, sich intensiver in den RGW zu integrieren, fand jedoch ein tendenzieller Wandel statt. Eine der wesentlichen Aufgaben der KfA wird gegenwärtig darin gesehen, einen Beitrag zur „sozialistischen ökonomischen Integration“ zu leisten. Dabei arbeitet sie bi- und multilateral mit den Handelskammern der anderen RGW-Länder zusammen. Auf bilateraler Ebene vollzieht sich die Arbeit in sog. Länder-Sektionen (bisher gebildet mit Polen, Ungarn, ČSSR und auch Jugoslawien) oder auf der Grundlage von „Vereinbarungen über die Zusammenarbeit zwischen den Präsidenten“ der Kammern. Gewisse Bedeutung haben auch die „Technischen Tage der DDR“ — eine Methode der Marktbearbeitung — erlangt, die auch in kapitalistischen Staaten veranstaltet werden. Zur Förderung der Wirtschaftsbeziehungen mit diesen Ländern werden darüber hinaus gemischte Institutionen, wie z. B. das „Komitee zur Förderung des Handels zwischen der DDR und Schweden“ gebildet und KfA-Delegationen zwecks Markterschließung in ausgewählte Länder entsandt. Die Öffentlichkeitsarbeit der KfA besteht vor allem in der Publikation zahlreicher Schriften, wie „DDR-Wirtschaftsumschau“, „DDR-Export“, „Handbuch der Außenwirtschaft“ und „Handelspartner DDR“ und der Einladung und Betreuung von Journalisten vor allem auf den Leipziger Messen. Weitere Aufgaben: handelspraktische, handelstechnische und außenwirtschaftsrechtliche Beratung der Exportbetriebe, Vortrags-, Schulungs- und Beratungstätigkeit, Gewährung von Dienstleistungen gegenüber der Seeschiffahrt durch das Dispatcherbüro bei der KfA. Die KfA unterhält ein Handelsschiedsgericht zur Beilegung von Rechtsstreitigkeiten in der Außenhandelsabwicklung. In den Bezirken der DDR unterhält die KfA Bezirskdirektionen. Präsident der KfA ist gegenwärtig Rudolf Murgott. Fundstelle: DDR Handbuch. Köln 1975: S. 456 Kammer der Technik (KdT) A, B, C, D, E, F, G, H, I, J, K, L, M, N, O, P, Q, R, S, T, U, V, W, Z Kammerabkommen

Siehe auch: Außenhandel, Kammer für: 1954 Außenhandel, Kammer für (KfA): 1956 1958 1959 1960 1962 1963 1965 1966 Kammer für Außenhandel (KfA): 1969 1979 1985 Die KfA ist eine „gesellschaftliche Organisation des Außenhandels“ und somit keine dem staatlichen Außenwirtschaftsmonopol zurechenbare Einrichtung. Sie wurde 1952 gegründet. Mitglieder der KfA sind die AHB, VVB, Exportbetriebe und andere am Außenhandel beteiligte Organe. Gegenwärtig sind 350 Betriebe Mitglieder bei der…

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Strafregister (1975)

Siehe auch die Jahre 1956 1958 1959 1960 1962 1963 1965 1966 1969 1979 1985 Durch AO vom 3. 6. 1953 (ZBl. S. 270) sind mit Wirkung vom 1. 6. 1953 alle St. zu einem zentralen St. in Ost-Berlin, das unmittelbar dem Generalstaatsanwalt der DDR unterstellt wurde, vereinigt worden. Nach dem St.-Gesetz vom 11. 6. 1968 i. d. F. des Gesetzes vom 19. 12. 1974 (GBl.~I, 1975, S. 119) ist das St. zuständig für Personen, die durch ein Gericht der DDR sowie für Bürger und Personen mit Wohnsitz in der DDR, die wegen einer nach den Gesetzen der DDR strafbaren Handlung durch ein Gericht außerhalb der DDR verurteilt worden sind. Das gilt auch für andere durch ein Gericht angeordnete eintragungspflichtige Maßnahmen. Eintragungspflichtig sind alle Haupt- und Zusatzstrafen (Strafensystem) und gerichtliche Entscheidungen, durch die eine fachärztliche Heilbehandlung oder Einweisung in eine psychiatrische Einrichtung angeordnet werden. Beim öffentlichen Tadel kann das Gericht festlegen, daß keine Eintragung erfolgen soll. Einzutragen sind auch die bei der Verurteilung auf Bewährung gemachten Auflagen, die gerichtlichen Maßnahmen zur Wiedereingliederung Vorbestrafter (Strafvollzug) und die Zulässigkeit staatlicher Kontrollmaßnahmen. Eintragungspflichtige Tatsachen sind weiterhin die Verurteilung der Maßnahmen strafrechtlicher Verantwortlichkeit sowie Amnestien und Gnadenentscheidungen. Die Fristen der Tilgung von St.-Vermerken sind schon durch das St.-Gesetz vom 11. 12. 1957 (GBl. I, S. 647) wesentlich verkürzt worden. Sie betragen im Höchstfall 15 Jahre bei einer Verurteilung wegen Rückfallstraftaten, bei Jugendlichen höchstens 6 Jahre bei Verurteilung zu einer Freiheitsstrafe von mehr als 4 Jahren. Eine Verurteilung auf Bewährung wird im St. getilgt, wenn das Gericht durch Beschluß feststellt, daß der Verurteilte nicht mehr als bestraft gilt, oder wenn sie durch Amnestie oder Gnadenerweis erlassen wird. In Ausnahmefällen kann der Generalstaatsanwalt der DDR die vorfristige Tilgung anordnen, „wenn der Verurteilte durch sein verantwortungsbewußtes und vorbildliches Verhalten im gesellschaftlichen und persönlichen Leben, insbesondere durch die Achtung der sozialistischen Gesetzlichkeit, gezeigt hat, daß er auch künftig seine Pflichten gegenüber der Gesellschaft gewissenhaft erfüllen wird“ (§ 34 StGB). Mit der Tilgung des St.-Vermerks werden alle gesetzlichen Folgen der getilgten Entscheidung unwirksam. Auskunft aus dem St. erhalten die Untersuchungsorgane, die Staatsanwaltschaft, die Gerichte und der Strafvollzug sowie die Dienststellen der Volkspolizei und die „zuständigen Organe des Ministeriums für Nationale Verteidigung“. Fundstelle: DDR Handbuch. Köln 1975: S. 848 Strafrechtsergänzungsgesetz A, B, C, D, E, F, G, H, I, J, K, L, M, N, O, P, Q, R, S, T, U, V, W, Z Strafverfahren

Siehe auch die Jahre 1956 1958 1959 1960 1962 1963 1965 1966 1969 1979 1985 Durch AO vom 3. 6. 1953 (ZBl. S. 270) sind mit Wirkung vom 1. 6. 1953 alle St. zu einem zentralen St. in Ost-Berlin, das unmittelbar dem Generalstaatsanwalt der DDR unterstellt wurde, vereinigt worden. Nach dem St.-Gesetz vom 11. 6. 1968 i. d. F. des Gesetzes vom 19. 12. 1974 (GBl.~I, 1975, S. 119) ist das St. zuständig für Personen, die durch ein Gericht der DDR sowie für Bürger und Personen mit Wohnsitz in…

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1975: N, O, Ö

Nachrichtenpolitik Nachtsanatorium Nahrungsgüterwirtschaft Namensweihe Nationaldemokratische Partei Deutschlands Nationale Bauernpolitik Nationale Demokratie Nationale Forschungs- und Gedenkstätten der klassischen deutschen Literatur Nationale Front der DDR Nationale Gedenkstätten Nationale Geschichtsbetrachtung Nationaleinkommen Nationale Mahn- und Gedenkstätten Nationaler Kompromiß Nationaler Verteidigungsrat der DDR Nationales Aufbauwerk (NAW) Nationales Dokument Nationales Olympisches Komitee (NOK) der DDR Nationale Streitkräfte Nationale Volksarmee (NVA) Nationalhymne Nationalismus Nationalitätenpolitik Nationalkomitee Freies Deutschland (NKFD) Nationalkommunismus Nationalpreis Nationalrat Nation und nationale Frage Naturschutz NAW NDPD Neokolonialismus Nettogewinnabführung Netzplantechnik Neubauer Neuererbewegung Neuer Kurs Neues Ökonomisches System (NÖS) Neue Technik Neutralismus Neutralität NF NKFD Nomenklatur Norm Normarbeit Normung NÖS Notariat Notstandsgesetzgebung Novemberrevolution Nuklearer Umweltschutz NVA Oberbürgermeister Oberschulen Oberste Bergbehörde der DDR Oberstes Gericht Objekt Objektivismus Obligationen Oder-Neiße-Grenze Öffentlicher Dienst Öffentlicher Tadel Öffentliche Sozialleistungen Öffentlichkeit der Gerichtsverhandlung Offiziersschulen OG Ökonomik Ökonomische Aktivs Ökonomische Gesetze Ökonomisches Forschungsinstitut bei der Staatlichen Plankommission (ÖFI) Ökonomisches Grundgesetz Ökonomisches System des Sozialismus (ÖSS) Operationsforschung Opportunismus Opposition und Widerstand Orden Ordnungswidrigkeiten Organ Organisationswissenschaft Örtliche Landwirtschaftsbetriebe (ÖLB) Örtliche Organe der Staatsmacht Ostblock Ostseeküste Ostseewoche Ost-West-Handel

Nachrichtenpolitik Nachtsanatorium Nahrungsgüterwirtschaft Namensweihe Nationaldemokratische Partei Deutschlands Nationale Bauernpolitik Nationale Demokratie Nationale Forschungs- und Gedenkstätten der klassischen deutschen Literatur Nationale Front der DDR Nationale Gedenkstätten Nationale Geschichtsbetrachtung Nationaleinkommen Nationale Mahn- und Gedenkstätten Nationaler Kompromiß Nationaler Verteidigungsrat der DDR Nationales Aufbauwerk (NAW) …

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Akademie der Künste der DDR (1975)

Siehe auch: Akademie der Künste der DDR (AdK): 1979 1985 Akademie der Künste, Deutsche: 1953 1954 1956 1958 1959 1960 1962 1963 1965 1966 Deutsche Akademie der Künste: 1969 1979 Die am 24. 3. 1950 gegründete Deutsche Akademie der Künste zu Berlin verstand sich als Rechtsnachfolger der preußischen Akademie der Künste (gegr. 1696), die bis nach dem I.~Weltkrieg als Teil der Preußischen Akademie der Wissenschaften existierte. Sie wurde im April 1974 umbenannt in AdK. der DDR. Die Akademie „sieht ihre entscheidenden Aufgaben darin, das Entstehen neuer Kunstwerke zu fördern, in denen sozialistische Menschen und ihre gesellschaftlichen Beziehungen gestaltet werden, die Erziehung eines befähigten sozialistischen Nachwuchses in allen Künsten zu unterstützen, zu der ästhetischen Bildung und der Entwicklung der eigenen künstlerischen Betätigung des Volkes beizutragen sowie die Geschichte der deutschen humanistischen und besonders der sozialistischen Kunst zu erforschen“ (Statut der DAK vom 30. 5. 1969). Die Akademie untersteht dem Ministerrat. Organe sind: das Plenum, das Präsidium, die Sektionen, der Direktor (seit April 1974 Generaldirektor). Die Akademie zählt 101 Ordentliche und 80 Korrespondierende Mitglieder (April 1974). Die Sektionen der Akademie sind: Bildende Kunst, Darstellende Kunst, Literatur und Sprachpflege, Musik. Analog zu den Sektionen arbeiten vier wissenschaftliche Abteilungen, 72 Archive und Nachlässe bedeutender Künstler werden betreut. Die Nationalen Forschungs- und Gedenkstätten der klassischen deutschen Literatur in Weimar sind der Akademie angeschlossen. Die Akademie unterhält enge Kontakte zur Akademie der Künste der UdSSR. Es besteht zwischen diesen beiden Akademien ein „Freundschaftsvertrag“, aufgrund dessen Arbeitspläne für jeweils zwei Jahre vereinbart werden. Regelmäßig werden Ausstellungen der bildenden Kunst im In- und Ausland, Stunden der Akademie und „Dialoge am Abend“ veranstaltet. Regelmäßige Veröffentlichungen: Sinn und Form (seit 1950), Mitteilungen der Akademie (seit 1963), Arbeitshefte (seit 1968). Preise: Heinrich-Mann-Preis, Käthe-Kollwitz-Preis, F.-C.-Weiskopf-Preis, Willi-Lammert-Gedächtnis-Preis, Hans-Marchwitza-Preis, Alex-Wedding-Preis. Präsidium der Akademie (April 1974): Präsident: Konrad Wolf (seit 1965), Vizepräsidenten: Walter Zechlin, Helmut Baierl, Manfred Wekwerth. Bisherige Präsidenten: Arnold Zweig (seit 1950), Johannes R. Becher (seit 1953), Otto Nagel (seit 1956), Willi Bredel (seit 1962). Die AdK. arbeitet auf der Grundlage eines Beschlusses des Ministerrates der DDR vom 30. 3. 1962 „Über die neue Stellung und die nächsten Aufgaben der Deutschen Akademie der Künste zu Berlin als sozialistische Akademie der DDR“. Ihr 1. Statut vom 30. 5. 1969 wurde durch ein neues vom April 1974 ersetzt. Fundstelle: DDR Handbuch. Köln 1975: S. 21 AHU A, B, C, D, E, F, G, H, I, J, K, L, M, N, O, P, Q, R, S, T, U, V, W, Z Akademie der Landwirtschaftswissenschaften der DDR

Siehe auch: Akademie der Künste der DDR (AdK): 1979 1985 Akademie der Künste, Deutsche: 1953 1954 1956 1958 1959 1960 1962 1963 1965 1966 Deutsche Akademie der Künste: 1969 1979 Die am 24. 3. 1950 gegründete Deutsche Akademie der Künste zu Berlin verstand sich als Rechtsnachfolger der preußischen Akademie der Künste (gegr. 1696), die bis nach dem I.~Weltkrieg als Teil der Preußischen Akademie der Wissenschaften existierte. Sie wurde im April 1974 umbenannt in AdK. der DDR. …

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Flaggen (1975)

Siehe auch: Flagge: 1959 1960 1962 1963 1965 1966 1969 Flaggen: 1979 1985 Nach der VO über Flaggen, Fahnen und Dienstwimpel der Deutschen Demokratischen Republik — Flaggenverordnung — vom 3. 1. 1973 (Sonderdruck des GBl. Nr. 751, S. 3) werden folgende F. und Fahnen geführt: 1. Staats-F. der DDR; 2. F. des Ersten Sekretärs des ZK der SED und Vorsitzenden des Nationalen Verteidigungsrates der DDR; 3. Standarte des Vorsitzenden des Staatsrates der DDR; 4. Dienst-F. der a) Nationalen Volksarmee, b) Schiffe und Boote der Volksmarine (Seestreitkräfte), [S. 312]c) Boote der Grenztruppen der Nationalen Volksarmee, d) Schiffe und Boote der Grenzbrigade Küste, 5. Truppenfahnen der Nationalen Volksarmee, 6. Fahnen der Dienststellen und Einheiten der Deutschen Volkspolizei und der Organe Feuerwehr und Strafvollzug des Ministeriums des Inneren. Dienstwimpel können auf Schiffen und Booten geführt werden, wenn diese sich zur Durchführung staatlicher Aufgaben im Einsatz befinden. Die Staats-F. der DDR besteht nach Art. 1. Verfassung und dem weiter geltenden Gesetz vom 26. 9. 1955 (GBl. I, S. 705) in der Fassung des Änderungsgesetzes vom 1. 10. 1959 (GBl. I, S. 691) aus den Farben Schwarz-Rot-Gold und trägt auf beiden Seiten in der Mitte das Staatswappen der DDR (Hammer und Zirkel, umgeben von einem Ährenkranz, der im unteren Teil von einem schwarz-rot-goldenen Band umschlungen ist). Die Farben Schwarz-Rot-Gold sind in der Staats-F. in drei gleich breiten Streifen angeordnet. Die F. wird in der Weise geführt, daß der schwarze Farbstreifen oben, der rote Farbstreifen in der Mitte und der goldene Farbstreifen unten erscheint. Die F. des Ersten Sekretärs des ZK der SED und Vorsitzenden des Nationalen Verteidigungsrates der DDR ist rot. In der Mitte der Flagge befindet sich das Staatswappen der DDR, umgeben von einem einfachen gold-gelben Lorbeerkranz. Die Standarte des Vorsitzenden des Staatsrates ist quadratisch, trägt in der Mitte auf rotem Grund das Staatswappen der DDR, wird von den Farben der DDR eingefaßt und durch goldene Fransen abgeschlossen. Die Dienst-F. der Nationalen Volksarmee entspricht in Form und Größe der Staats-F. der DDR. In der Mitte der Dienst-F. befindet sich auf rotem Grund das Staatswappen der DDR, umgeben von einem einfachen goldgelben Lorbeerkranz. Die Dienst-F. für Kampfschiffe und -boote der Volksmarine trägt auf rotem Grund einen waagerechten schwarz-rot-goldenen Mittelstreifen. Die Breite des Mittelstreifens beträgt ⅓ der Breite der F. In der Mitte befindet sich das Staatswappen der DDR, umgeben von einem einfachen gold-gelben Lorbeerkranz. Die Dienst-F. für Hilfsschiffe der Volksmarine trägt auf blauem Grund einen waagerechten schwarz-rot-goldenen Mittelstreifen. In der Mitte befindet sich das Staatswappen der DDR, umgeben von einem einfachen goldgelben Lorbeerkranz. Die Dienst-F. der Boote der Grenztruppen der Nationalen Volksarmee entspricht in Form, Größe und Gestaltung der Dienst-F. der Nationalen Volksarmee. Am Liek befindet sich ein grüner Streifen. Die Dienst-F. der Schiffe und Boote der Grenzbrigade Küste entspricht in Form, Größe und Gestaltung der Dienst-F. für Kampfschiffe und -boote der Volksmarine. Am Liek befindet sich ein grüner Streifen. Die Truppenfahnen der Nationalen Volksarmee entsprechen in ihrer Form der Staats-F. der DDR. Um das Staatswappen der DDR stehen auf rotem Grund die Worte „FÜR DEN SCHUTZ DER ARBEITER-UND-BAUERN-MACHT“. Staatswappen und Umschriftung sind von einem goldenen Lorbeerkranz umgeben. Die obere linke Ecke im schwarzen Streifen der Fahne enthält die militärische Bezeichnung. Die Fahnen sind mit goldenen Fransen eingefaßt. Die Fahnen der Dienststellen und Einheiten der Deutschen Volkspolizei und der Organe Feuerwehr und Strafvollzug des Ministeriums des Inneren entsprechen in Form und Größe der Staats-F. der DDR. In der Mitte der Fahne befindet sich der zwölfzackige Polizeistern mit dem Staatswappen der DDR in der Mitte. Um den Polizeistern stehen die Worte „FÜR DEN SCHUTZ DER ARBEITER-UND-BAUERN-MACHT“. Die Polizeisterne und die Umschriftung sind von einem Eichenlaubkranz umgeben. Die obere linke Ecke im schwarzen Streifen der Fahne enthält die Bezeichnung der Dienststelle bzw. Einheit. Die Fahnen sind mit Fransen eingefaßt. Der Polizeistern, die Umschriftung, der Eichenlaubkranz, die Bezeichnung der Dienststelle bzw. Einheit sowie die Fransen sind in silber gehalten. Die Dienstwimpel der Schiffe und Boote der Schiffahrtsaufsicht, der Zollverwaltung der DDR, des Gesundheitswesens, der Wasserwirtschaft-Gewässeraufsicht und der Fischereiaufsicht sind dreieckig. Sie tragen beiderseits auf weißem Grund das Staatswappen der DDR. Die Dienstwimpel tragen an beiden langen Seiten einen farbigen Streifen in einer Breite von 1/10 der Breite der Dienstwimpel. Die Farben der Streifen sind bei der Schiffahrtsaufsicht blau, bei der Zollverwaltung der DDR grün, bei dem Gesundheitswesen gelb, bei der Wasserwirtschaft/Gewässeraufsicht hellblau und bei der Fischereiaufsicht silbergrau. Nach der F.-Anordnung vom 9. 2. 1973 führt die Deutsche Post keine eigene Dienst-F. mehr. Vorher waren deren Farben schwarz-rot-gold. In der Mitte des roten Streifens befand sich ein goldgelbes Posthorn mit einer goldgelben Schnur, zwei goldgelben Quasten und 4 goldgelben Blitzen. Welche F. und Fahnen jeweils in der Nationalen Volksarmee geführt werden müssen, regelt die F.-Anordnung vom 9. 2. 1973 (Sonderdruck des GBl., Nr. 751, S. 19). Fundstelle: DDR Handbuch. Köln 1975: S. 311–312 Fischwirtschaft A, B, C, D, E, F, G, H, I, J, K, L, M, N, O, P, Q, R, S, T, U, V, W, Z Flüchtlinge

Siehe auch: Flagge: 1959 1960 1962 1963 1965 1966 1969 Flaggen: 1979 1985 Nach der VO über Flaggen, Fahnen und Dienstwimpel der Deutschen Demokratischen Republik — Flaggenverordnung — vom 3. 1. 1973 (Sonderdruck des GBl. Nr. 751, S. 3) werden folgende F. und Fahnen geführt: 1. Staats-F. der DDR; 2. F. des Ersten Sekretärs des ZK der SED und Vorsitzenden des Nationalen Verteidigungsrates der DDR; 3. Standarte des Vorsitzenden des Staatsrates der DDR; 4. Dienst-F. der …

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Auslandspropaganda (1975)

Siehe auch die Jahre 1959 1960 1962 1963 1965 1966 1969 1979 1985 Die A., oder in einem weiteren Sinn internationale politische Kommunikation, ist eines der wichtigsten Instrumente der Außenpolitik der DDR. Während die jeweiligen diplomatischen, wirtschaftlichen und militärischen Instrumente materieller Bestandteil der Außenpolitik sind, beeinflußt die A. in entscheidendem Maße das Bild, das im Ausland von der DDR besteht. In diesem Sinne ist A. ein ergänzendes, die übrigen Aktivitäten unterstützendes Element im außenpolitischen Instrumentarium der DDR. In der Vergangenheit, als die Mittel der Diplomatie aufgrund der Nichtanerkennung der DDR nur in begrenztem Umfang eingesetzt werden konnten, war die A. besonders wichtig: Ihr Ziel war es, Unterstützung für die Anerkennung, dem wichtigsten kurzfristigen außenpolitischen Ziel der DDR, zu gewinnen. Daher wurde A. in allen geographischen Regionen, insbesondere in der Dritten Welt betrieben. Dies geschah auch gegenüber Osteuropa in der Absicht, die als Erbe des II.~Weltkrieges entstandenen antideutschen Ressentiments in jenen Ländern abzubauen und dafür zu werben, daß das „neue“ Deutschland auch psychologisch akzeptiert wird. In der Phase nach der weltweiten Anerkennung der DDR haben sich die Ziele der A. teilweise verändert. Nunmehr soll sie: 1. einen Beitrag zum Zusammenhalt des sozialistischen Blocks durch verstärkte Inter-Blockkommunikation leisten, 2. ein vorteilhaftes internationales Image der Sozialistischen Staatengemeinschaft als Ganzes schaffen und um Unterstützung für ihre spezifischen außenpolitischen Ziele werben, während gleichzeitig ein negatives Image des kapitalistischen Systems verbreitet wird, 3. soll die A. Ausländern gegenüber den Unterschied zwischen den beiden deutschen Staaten verdeutlichen, indem sie ein klares und positives Profil des „progressiven“ sozialistischen deutschen Staates zeichnet und ein negatives Bild von der „perspektivlosen“ Bundesrepublik verbreitet, 4. hat die A. einen Beitrag zur Abgrenzungspolitik gegenüber der Bundesrepublik zu leisten. Um diese kurz-, mittel- und langfristigen Ziele zu erreichen, steht der A. der DDR ein breites Spektrum zentral geleiteter und koordinierter Kommunikationsmittel zur Verfügung. Hierzu gehören Rundfunksendungen („Stimme der DDR“ gegenüber der Bundesrepublik „Radio Berlin International“, das 322 Stunden pro Woche in 11 Sprachen in die ganze Welt ausstrahlt), die Veröffentlichung fremdsprachiger Bücher (aus dem Verlag „Zeit im Bild“), Zeitungen und Zeitschriften (u. a. erscheint die Zeitschrift „DDR Revue“ in 7 Sprachen, und die Gesellschaft „Neue Heimat“ wendet sich an Ausländer deutscher Abstammung), Film- und TV-Produktionen zum Vertrieb im Ausland, Kulturzentren in verschiedenen Ländern, Ausstellungen, Messen und Gastvorlesungen. Ferner treten Künstler und Schauspieler im Ausland auf, werden spezielle Veranstaltungen (Ostsee-Woche) und Konferenzen für Ausländer organisiert und ein internationaler Austausch von Studenten und Fachleuten organisiert. DDR-Städte treffen Partnerschaftsvereinbarungen mit Städten im Ausland. Zu besonderen Anlässen werden spezielle Komitees (Komitee für europäische Sicherheit) ins Leben gerufen. Organisationen mit dem speziellen Auftrag, sich an die internationale Öffentlichkeit zu wenden (so u. a. die Liga für Völkerfreundschaft, die Dachorganisation der DDR-Freundschaftsgesellschaften, Solidaritätskomitees und andere DDR-Massenorganisationen) wurden und werden gegründet, usw. [S. 65]Die Aktivitäten der A. werden von der SED auf Partei- und Staatsebene koordiniert und von den entsprechenden Apparaten vorbereitet. Im besonderen Maße verantwortlich für die A. der DDR sind im Politbüro der DDR die Vollmitglieder Axen (Sekretär des ZK der SED für internationale Verbindungen), Hager (Sekretär des ZK für Kultur und Wissenschaft), Norden (Sekretär des ZK für West-Propaganda) und Lamberz (Sekretär des ZK für Agitation und Propaganda). Das ZK selbst betreibt A. durch seine Abteilungen, insbesondere der für internationale Verbindungen (Markowski), der für Auslandsinformation (Feist), der für Propaganda (Tiedke), der für Agitation (Geggel), sowie seine Büros, Kommissionen, Lehr- und Forschungsanstalten, sowie seine Presseorgane. Auch die Block-Parteien haben in ihren Spitzengremien einzelne, besonders mit außenpolitischen Aufgaben und den Bedingungen der A. vertraute Spezialisten. Gleiches gilt für Massenorganisationen, die in der Nationalen Front der DDR zusammenarbeiten. Auf der staatlichen Ebene haben insbesondere der Staatsrat und der Ministerrat Zuständigkeiten im Rahmen der A. Der Ministerrat ist darüber hinaus verantwortlich für das Presseamt beim Ministerrat (welches u. a. den ADN anleitet) und die staatlichen Komitees für Rundfunk (Singer) und Fernsehen (Adameck). Das Ministerium für Auswärtige Angelegenheiten der DDR ist besonders für die Durchführung der A. verantwortlich. Entsprechend seinem Statut vom Februar 1970 ist es unmittelbar zuständig für die kulturellen Beziehungen mit dem Ausland, die eine spezielle Kommission zu koordinieren hat. Auch der Volkskammer obliegen Aufgaben der A. Federführend sind hier ihr „Ausschuß für auswärtige Angelegenheiten“ sowie die „Interparlamentarische Gruppe der DDR“, die zahlreiche Kontakte mit ausländischen Parlamentariern unterhält. Da die DDR-Führung von der Intensivierung des ideologischen Klassenkampfes im internationalen Maßstabe ausgeht, sieht sie A. als eine der außenpolitischen Methoden und Instrumente an, die für die Bewältigung der gegenwärtigen internationalen Situation von besonderer Bedeutung ist. Ziel und Zweck von A. ist es, „mit den Mitteln und Methoden der Agitation und Propaganda die Volksmassen in anderen Ländern so über … den Sozialismus zu informieren, daß sie durch Erkenntnis und Wahrnehmung ihrer eigenen Interessen zu aktiv Handelnden, zu Subjekten in den internationalen Beziehungen werden können. Es geht der sozialistischen Auslandsinformation also um die Bewußtheit und Organisiertheit der Volksmassen …“ (Deutsche Außenpolitik, 5/1972, S. 900 f.). Fundstelle: DDR Handbuch. Köln 1975: S. 64–65 Auslandsdeutschtum A, B, C, D, E, F, G, H, I, J, K, L, M, N, O, P, Q, R, S, T, U, V, W, Z Auslandsvertretungen

Siehe auch die Jahre 1959 1960 1962 1963 1965 1966 1969 1979 1985 Die A., oder in einem weiteren Sinn internationale politische Kommunikation, ist eines der wichtigsten Instrumente der Außenpolitik der DDR. Während die jeweiligen diplomatischen, wirtschaftlichen und militärischen Instrumente materieller Bestandteil der Außenpolitik sind, beeinflußt die A. in entscheidendem Maße das Bild, das im Ausland von der DDR besteht. In diesem Sinne ist A. ein ergänzendes, die übrigen Aktivitäten…

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Gesellschaftliche Gerichte (1975)

Siehe auch die Jahre 1960 1962 1963 1965 1966 1969 1979 1985 1. Gesetzliche Grundlagen. Neben den staatlichen Gerichten (Gerichtsverfassung) üben nach Art. 92 der Verfassung im Rahmen der ihnen durch Gesetz übertragenen Aufgaben die GG. die Rechtsprechung in der DDR aus. Ihre Stellung und Tätigkeit sind durch das Gesetz über die GG (GGG) vom 11. 6. 1968 (GBl. I, S. 229) geregelt. Als GG. bestehen in volkseigenen und ihnen gleichgestellten Betrieben, in Privatbetrieben, in Einrichtungen des Gesundheitswesens, der Kultur und Volksbildung, in staatlichen Organen und Einrichtungen sowie in gesellschaftlichen Organisationen die Konfliktkommissionen (§~4 GGG), in den Wohngebieten der Städte und in Gemeinden, in landwirtschaftlichen Produktionsgenossenschaften und Produktionsgenossenschaften der Fischer, Gärtner und Handwerker die Schiedskommissionen (§~5 GGG). Das Gesetz bezeichnet die GG. als „gewählte Organe der Erziehung und Selbsterziehung der Bürger“. Damit wird zum Ausdruck gebracht, daß der Erziehungsgedanke im Vordergrund der gesellschaftlichen Gerichtsbarkeit steht. Neben dem GGG bestehen als gesetzliche Grundlagen die vom Staatsrat erlassene „Konfliktkommissionsordnung“ (KKO) und „Schiedskommissionsordnung“ (SchKO) vom 4. 10. 1968 (GBl. I, S. 287 u. 299). Das am 1. 7. 1968 in Kraft getretene Strafgesetzbuch (GBl. I, S. 1) faßt die Konflikt- und Schiedskommissionen unter der Bezeichnung „gesellschaftliche Organe der Rechtspflege“ zusammen und regelt in §~28 die Voraussetzungen für ihr Tätigwerden und in §~29 die Erziehungsmaßnahmen, die von ihnen im Einzelfall festgelegt werden können. 2. Entstehung der GG. Konfliktkommissionen waren 1953 in den volkseigenen Betrieben mit der Aufgabe gebildet worden, Arbeitsstreitigkeiten im Betrieb zu entscheiden. Auf dem 4. Plenum des ZK der SED (15.–17. 1. 1959) forderte Ulbricht, den Konfliktkommissionen größere Verantwortung und Befugnisse zu übertragen. Entsprechend diesem Vorschlag wurden strafwürdige Handlungen von geringer Gesellschaftsgefährlichkeit (Strafrecht) nicht mehr durch die staatlichen Gerichte verhandelt und abgeurteilt, sondern in den VEB den Konfliktkommissionen zur Behandlung zugewiesen. Diese Praxis wurde 1961 durch das Gesetzbuch der Arbeit (§~144 e) legalisiert, und in §~10 des Gerichtsverfassungsgesetzes vom 17. 4. 1963 (GBl. I, S. 45) fanden neben den Konfliktkommissionen auch die Schiedskommissionen ihre gesetzliche Verankerung. Bildung und Tätigkeit der Schiedskommissionen wurden am 21. 8. 1964 durch den Staatsrat festgelegt (GBl. I, S. 115). Am 31. 3. 1967 stellte der Staatsrat fest, daß die Bildung der Schiedskommissionen per 31. 12. 1966 abgeschlossen war (GBl. I, S. 47). 1973 bestanden in der DDR 23.055 Konfliktkommissionen mit 199.439 Mitgliedern und 5.267 Schiedskommissionen mit 55.502 Mitgliedern. Der Anteil der Frauen wird mit 37,1 v. H. angegeben (Neue Justiz, 1973, H. 8, S. 222–223). 3. Bildung der GG. Nach den Bestimmungen der KKO werden in den in Ziff.~1 genannten Betrieben und Organen Konfliktkommissionen (KK) bei einer Belegschaftsstärke von über 50 Betriebsangehörigen gebildet, in kleineren Betrieben usw. ist ihre Bildung zulässig, jedoch nicht zwingend vorgeschrieben. Auf Vorschlag der Betriebsgewerkschaftsleitung (BGL) werden 8–15 Betriebsangehörige nach den Grundsätzen der Gewerkschaftswahlen (FDGB) auf die Dauer von zwei Jahren gewählt. In Großbetrieben entstehen so viele KK, wie betriebliche Gewerkschaftsleitungen (BGL und AGL) bestehen. Der Tätigkeitsbereich einer KK soll in der Regel nicht mehr als 300 Betriebsangehörige umfassen. Die SchKO legt fest, daß für eine Schiedskommission (SchK) 8–15 Bürger zu wählen sind. Die Zahl kann ausnahmsweise auf 6 verringert oder auf 20 erhöht werden. Die Kandidaten werden in den Wohngebieten der Städte und Gemeinden auf Vorschlag der Ausschüsse der Nationalen Front von den zuständigen örtlichen Volksvertretungen, in den Produktionsgenossenschaften auf Vorschlag ihrer Vorstände von den Mitgliederversammlungen auf die Dauer von vier Jahren gewählt. Nach der Wahl werden die Mitglieder der KK und SchK in feierlicher Form verpflichtet, „gerecht und unvoreingenommen zu entscheiden, ihre ganze Kraft für die Verwirklichung der sozialistischen Gesetzlichkeit und die sozialistische Erziehung der Bürger einzusetzen“ (§~4 KKO, §~4 SchKO). Die Mitglieder der KK und SchK wählen aus ihrer Mitte den Vorsitzenden und einen oder mehrere Stellvertreter. Ebenso wie die Richter an den staatlichen Gerichten können die Mitglieder der GG. von den wählenden Gremien vor Ablauf ihrer Amtszeit abberufen werden, wenn sie gegen die Verfassung oder die Gesetze verstoßen oder sonst ihre Pflichten gröblich verletzen. 4. Zuständigkeit. Die GG. sind zuständig für die Behandlung von a) Arbeitsrechtssachen in erster Instanz (ausschließliche Zuständigkeit der KK); b) Vergehen, wenn die Tat im Hinblick auf die eingetretenen Folgen und die Schuld des Täters nicht erheblich gesellschaftswidrig ist und eine wirksame erzieherische Einwirkung durch das GG. zu erwarten ist. Voraussetzung ist weiter, daß die staatlichen Organe der Rechtspflege (Untersuchungsorgane, Staatsanwaltschaft, Gericht) die Sache an das GG. durch eine schriftlich begründete Entscheidung übergeben haben, weil der Sachverhalt vollständig aufgeklärt ist und der Täter seine Rechtsverletzung zu[S. 371]gibt. Bei Fahrlässigkeitsdelikten darf Übergabe an die GG. auch bei Vorliegen eines erheblichen Schadens erfolgen, wenn die Schuld des Täters infolge außergewöhnlicher Umstände gering ist; c) Verfehlungen, nämlich Eigentumsverfehlungen, Beleidigung, Verleumdung und Hausfriedensbruch; d) Ordnungswidrigkeiten, wenn die Beratung durch das GG. eine bessere erzieherische und vorbeugende Einwirkung erwarten läßt; e) Verletzungen der Schulpflicht; f) arbeitsscheuem Verhalten (ausschließliche Zuständigkeit der SchK). Zur Antragstellung sind die Vorsitzenden der Räte der Städte, Stadtbezirke und Gemeinden berechtigt; g) einfachen zivilrechtlichen und anderen Rechtsstreitigkeiten, wobei die Zuständigkeit der GG. bei Streitigkeiten wegen Geldforderungen „bis zur Höhe von etwa 500 Mark“ begrenzt ist (§~55 KKO, §~51 SchKO). Im Vergleich zu dem früheren Rechtszustand (1963–1968) fehlen in dem für die GG. geschaffenen Katalog der Zuständigkeiten die Verstöße gegen die „sozialistische Moral“ und die Streitigkeiten über die Gewährung von Leistungen der Sozialversicherung. Letztere werden von den Beschwerdekommissionen der Sozialversicherung bei den Kreisvorständen des FDGB entschieden, während die Behandlung von Moralverstößen in Wegfall gekommen ist, weil es sich bei diesen nicht um Verletzungen von Rechtsnormen handelt, die Tätigkeit der GG. sich aber ausschließlich an Rechtsnormen orientieren soll. 5. Verfahren. Die GG. werden nicht von sich aus tätig, sondern es bedarf dazu eines Antrages des Geschädigten oder sonst zur Antragstellung Berechtigten (in den Fällen Ziff. 4 a, c, e, f, g) oder einer Übergabeentscheidung durch staatliche Organe (in den Fällen Ziff. 4 b, c, d). Die Beratungen der GG. sind öffentlich, und die Beratungen der KK finden in der Regel außerhalb der Arbeitszeit statt (§ 13 KKO), damit möglichst alle Angehörigen des Betriebskollektivs daran teilnehmen und aktiv mitwirken können. Alle Anwesenden haben das Recht, ihre Auffassung zum Sachverhalt, zum Verhalten der Beteiligten und zur Überwindung des Konflikts darzulegen. Antragsteller, Antragsgegner oder der beschuldigte Bürger sind mindestens fünf Tage vor der Beratung einzuladen. Sie sind verpflichtet, zum festgesetzten Termin zu erscheinen; ihr Erscheinen kann jedoch nicht mit staatlichen Zwangsmitteln herbeigeführt werden. Bei Nichterscheinen der Genannten ist ein zweiter Beratungstermin festzusetzen. Mit Hilfe der Gewerkschaftsleitung und des Arbeitskollektivs bzw. gesellschaftlicher Kräfte soll darauf hingewirkt werden, daß der Beschuldigte, der Antragsteller oder Antragsgegner an dieser zweiten Beratung teilnehmen. Gegen einen vor der SchK ein zweites Mal ausbleibenden Beschuldigten kann Ordnungsstrafe bis zu 30 Mark verhängt werden. Im übrigen ist die (Straf-)Sache an das übergebende Staatsorgan zurückzugeben, wenn der Beschuldigte unbegründet auch der zweiten Beratung fernbleibt. Eine förmliche Verfahrensordnung für die GG. besteht nicht. Gesetzlich festgelegt ist lediglich, daß die GG. in der Besetzung von mindestens vier Mitgliedern beraten und entscheiden müssen (§ 11 KKO, §~11 SchKO). §~10 GGG bestimmt, daß der betroffene Bürger selbst vor den GG. auftreten muß. Er ist zwar berechtigt, sich u. a. auch durch Rechtsanwälte beraten zu lassen, von einer Prozeßvertretung vor den GG. durch einen Anwalt ist jedoch nicht die Rede. Großer Wert wird darauf gelegt, daß das Arbeits- oder Nachbarschaftskollektiv möglichst vollzählig in die Auseinandersetzung einbezogen wird, um vor allem in Beratungen wegen Vergehen keine „Atmosphäre der Unduldsamkeit“ entstehen zu lassen. Die abschließende Beratung über den durch das GG. zu fassenden Beschluß ist ebenfalls öffentlich (§~18 KKO, §~18 SchKO), und das Kollektiv wird auch in diese Beratung einbezogen. Der Beschluß wird dann aber ausschließlich von den Mitgliedern des GG. gefaßt, wobei das Gesetz die Fassung eines einstimmigen Beschlusses als erstrebenswert bezeichnet. 6. Erziehungsmaßnahmen. „Die GG. können im Ergebnis ihrer Beratungen vom Gesetz bestimmte Erziehungsmaßnahmen festlegen“ (§~11, Abs. 2 GGG). Als Erziehungsmaßnahmen sehen die KKO und die SchKO bei Vergehen, Verfehlungen, Ordnungswidrigkeiten, Schulpflichtverletzungen und arbeitsscheuem Verhalten vor: Entschuldigung des Rechtsverletzers beim Geschädigten oder vor dem Kollektiv (nicht bei Schulpflichtverletzungen); Bestätigung oder Auferlegung von Verpflichtungen, die der Durchsetzung des Erziehungsziels oder der Wiedergutmachung des angerichteten Schadens durch Arbeit oder durch Geld dienen; Bestätigung oder Auferlegung anderer Verpflichtungen des Bürgers, welche die Erfüllung seiner gesetzlichen Pflichten sichern helfen; Ausspruch einer Rüge; Verhängung einer Geldbuße von 5 bis 50 Mark. Bei Verletzungen der Arbeitsdisziplin (Zuständigkeit KK) entfällt die Geldbuße. Bei Eigentumsvergehen kann diese Geldbuße bis zum dreifachen Wert des verursachten Schadens, höchstens bis 150 Mark, erhöht werden. Bei Beleidigungen oder Verletzungen kann die öffentliche Rücknahme der Beleidigung angeordnet werden. Als Erziehungsmaßnahme gegenüber einem Bürger, dem arbeitsscheues Verhalten vorgeworfen wird, kann auch die Verpflichtung bestätigt oder ausgesprochen werden, daß der Betroffene unverzüglich einer geregelten Arbeit nachgeht. In allen Fällen kann von der Festlegung von Erziehungsmaßnahmen abgesehen werden, wenn KK oder SchK zu dem Ergebnis kommen, daß der Erziehungszweck bereits mit Durchführung der Beratung erreicht ist. In arbeitsrechtlichen Streitigkeiten hat die KK eine den Grundsätzen des sozialistischen Rechts entsprechende Einigung der Parteien zu bestätigen. Wird einer Einigung die Bestätigung versagt, hat die KK über den geltend gemachten Anspruch zu entscheiden. Nicht ganz so stark sind die Befugnisse der GG. bei der Beratung über einfache zivilrechtliche und andere Rechtsstreitigkeiten. Hier sollen die GG. auf eine den Grundsätzen des sozialistischen Rechts entsprechende Einigung hinwirken und dann diese Einigung durch Beschluß bestätigen. Kommt es zu keiner Einigung, kann das GG. nur dann eine Sachentscheidung treffen, wenn ein entsprechen[S. 372]der Antrag vom Antragsteller und Antragsgegner vorliegt; andernfalls stellt das GG. die Beratung durch Beschluß ein, und der Antragsteller müßte sich zur weiteren Rechtsverfolgung an das Kreisgericht wenden. 7. Rechtsmittel. Gegen die Entscheidungen der GG. ist innerhalb von zwei Wochen nach Erhalt des Beschlusses der Einspruch zulässig, über den die Kreisgerichte entscheiden. Der Staatsanwalt des Kreises, in dessen Bereich sich das GG. befindet, kann gegen jede Entscheidung des GG. innerhalb von drei Monaten nach Beschlußfassung Einspruch beim zuständigen Kreisgericht einlegen, „wenn die Entscheidung oder einzelne Verpflichtungen nicht dem Gesetz entsprechen“ (§~58 KKO, §~54 SchKO). Das Kreisgericht entscheidet über den Einspruch durch Beschluß. Vor Beschlußfassung kann eine mündliche Verhandlung durchgeführt werden. Das Kreisgericht kann den Einspruch als unbegründet zurückweisen, die Entscheidung des GG. aufheben und die Sache mit entsprechenden Empfehlungen an die KK oder SchK zur erneuten Beratung und Entscheidung zurückgeben oder endgültig in der Sache selbst zu entscheiden! Nur in Arbeitsrechtssachen kann die Entscheidung des Kreisgerichts durch Berufung an das Bezirksgericht angefochten werden. In allen anderen Verfahren ist die Entscheidung des Kreisgerichts mit einem anderen Rechtsmittel nicht angreifbar, nur Kassation ist immer möglich. 8. Leitung der GG. Die im Prinzip des demokratischen Zentralismus begründeten Grundsätze der Verantwortlichkeit und Rechenschaftspflicht sowie der Anleitung und Kontrolle gelten auch für die GG. und ihre Mitglieder. Das Oberste Gericht gewährleistet entsprechend seiner Verantwortung für die Leitung der Rechtsprechung der staatlichen Gerichte (Gerichtsverfassung) auch die einheitliche Rechtsanwendung durch die GG. Es stützt sich dabei auf die anleitende Tätigkeit der Bezirks- und Kreisgerichte und analysiert diese Tätigkeit in Plenartagungen. Für die Anleitung und Qualifizierung der SchK ist der Minister der Justiz, für die Anleitung und Qualifizierung der KK der Bundesvorstand des FDGB zuständig und verantwortlich (§ 15 GGG). Beide Organe haben das Recht, beim OG Anträge auf den Erlaß von Richtlinien und Beschlüssen für die Tätigkeit der GG zu stellen. Für die Anleitung und Schulung der Mitglieder der KK sind die BGL verantwortlich; ihnen ist aktive Unterstützung von den Betriebsleitern und den leitenden Mitarbeitern des Betriebes zu gewähren. Die BGL haben Berichte der KK über deren Tätigkeit entgegenzunehmen und zu analysieren (§~64 KKO) und stehen in dieser Tätigkeit unter der Kontrolle der Kreis- und Bezirksvorstände des FDGB. Für die SchK erfolgen Anleitung und Kontrolle durch die Kreisgerichte, die mit anderen Rechtspflegeorganen, den örtlichen Volksvertretungen, den Ausschüssen der Nationalen Front und den Kreisvorständen des FDGB zusammenarbeiten sollen. Zur Unterstützung der Kreisgerichte ist beim Direktor des Kreisgerichts ein Beirat für Schiedskommissionen tätig, dessen Stellung und Aufgaben im einzelnen durch die „Beiratsordnung“ vom 7. 5. 1973 (GBl. I, S. 288) geregelt sind. Sie legt fest, „wie die Beiräte für Schiedskommissionen unter Beachtung des demokratischen Zentralismus fest in den Leitungsprozeß der Gerichte einzuordnen sind“ („Presseinformationen“ vom 19. 7. 1973). Der Beirat soll die einheitliche Rechtsanwendung in der Tätigkeit der Schiedskommissionen gewährleisten und mithelfen, den gesellschaftlichen Nutzeffekt ihrer gesamten Arbeit zu erhöhen. Der Direktor des Kreisgerichts hat auf der Grundlage der Ergebnisse der Beiratssitzungen die erforderlichen Entscheidungen zur weiteren Qualifizierung der Leitung und Tätigkeit der SchK zu treffen. 9. Praktische Bedeutung. Obwohl zusammenfassende statistische Übersichten über die Tätigkeit der GG. und ihre Ergebnisse nicht veröffentlicht werden, kann doch aus dem verstreut zur Verfügung stehenden Zahlenmaterial festgestellt werden, daß den GG. eine erhebliche praktische Bedeutung zukommt. 1971 wurden von den KK 45.000 Beratungen durchgeführt, davon 60 v. H. Arbeitsrechtssachen. Etwa 40 v. H. aller Strafsachen werden den GG. zur Bearbeitung und Entscheidung übergeben („Tribüne“ vom 16. 3. 1972 und 16. 3. 1973). Die SchK beraten jährlich über etwa 8.000 Strafsachen, 13.000 Verfehlungen, 7.000 einfache zivilrechtliche und andere Rechtsstreitigkeiten, 400 Ordnungswidrigkeiten, 550 Schuldpflichtverletzungen und 300 Fälle arbeitsscheuen Verhaltens (Winkler in „Presseinformationen“ vom 23. 3. 1973). Einsprüche bei den Kreisgerichten gegen Entscheidungen der SchK werden als „selten“ bezeichnet, nur etwa 1~v. H. müsse geändert oder aufgehoben werden (a.a.O.). Schwerpunkt in der Tätigkeit der KK sind die Arbeitsrechtssachen und die Beratungen wegen Vergehen und Verfehlungen, während bei den SchK Haus-, Miet- und Nachbarschaftsstreitigkeiten (einschließlich Beleidigungen) im Vordergrund ihrer Tätigkeit stehen. Fundstelle: DDR Handbuch. Köln 1975: S. 370–372 Gesellschaftliche Erziehung A, B, C, D, E, F, G, H, I, J, K, L, M, N, O, P, Q, R, S, T, U, V, W, Z Gesellschaftliche Tätigkeit

Siehe auch die Jahre 1960 1962 1963 1965 1966 1969 1979 1985 1. Gesetzliche Grundlagen. Neben den staatlichen Gerichten (Gerichtsverfassung) üben nach Art. 92 der Verfassung im Rahmen der ihnen durch Gesetz übertragenen Aufgaben die GG. die Rechtsprechung in der DDR aus. Ihre Stellung und Tätigkeit sind durch das Gesetz über die GG (GGG) vom 11. 6. 1968 (GBl. I, S. 229) geregelt. Als GG. bestehen in volkseigenen und ihnen gleichgestellten Betrieben, in Privatbetrieben, in Einrichtungen…

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Museen (1975)

Siehe auch die Jahre 1953 1954 1959 1960 1962 1963 1965 1966 1969 1979 1985 Die M. unterstehen in ihrer Mehrzahl den örtlichen Staatsorganen. 1972 gab es 591 M. und Gedenkstätten, davon 78 Kunst- und 307 Heimat-M. Sie zählten im gleichen Jahr fast 25 Mill. Besucher, davon 10 Mill. in Kunst- und 3,4 Mill. in Heimat-M. Zu den M. werden auch Mahn- und Gedenkstätten der Arbeiterbewegung gerechnet; zu den wissenschaftlichen M. gehören Geschichts-, Völkerkunde- und Naturkunde-M., technische und wirtschaftskundliche Sammlungen sowie Hygiene- und Heimat-M.; zu den Kunst-M. Gemäldegalerien, Schlösser und Gärten, Kupferstichkabinette und Kunstgewerbe-M. Die bedeutendsten Kunst-M. sind die dem Ministerium für Kultur unterstehenden Staatlichen M. zu Berlin: Pergamon-M. (Vorderasiatisches M., Antiken-Sammlung mit dem Altar von Pergamon, Islamisches M., Ostasiatische Sammlung, M. für Volkskunde), Altes M. (Kupferstichkabinett und Zeichnungen), Bode-M. (Ägyptisches M., Skulpturen-Sammlung, Frühchristlich-byzantinische Sammlung, Gemäldegalerie, Münzkabinett), National-Galerie (Gemälde und Bildwerke des 19. und 20. Jahrhunderts), Kunstgewerbe-M. im Schloß Köpenick, die Staatlichen Kunstsammlungen in Dresden (Gemäldegalerie Alte und Neue Meister, Grünes Gewölbe, Historisches M., Kupferstichkabinett, M. für Kunsthandwerk, Münzkabinett, Porzellansammlung, Skulpturen-Sammlung). Weitere wichtige M. sind das ein marxistisches Geschichtsbild vermittelnde M. für Deutsche Geschichte in Berlin, das Deutsche Hygiene-M. in Dresden, das Deutsche Armee-M. in Potsdam, die Nationalen Forschungs- und Gedenkstätten der klassischen deutschen Literatur in Weimar; in Schwerin gibt es ein Agrarhistorisches Freilicht-M., in Rudolstadt ein Freilicht-M. Thüringer Bauernhäuser. Seit 1964 besteht der Nationale M.-Rat der DDR mit Sitz in Berlin, der seit 1968 Mitglied des Internationalen M.-Rates (ICOM) ist. Seine Aufgabe besteht in der Verbesserung und Popularisierung der wissenschaftlichen, populärwissenschaftlichen und kulturellen Arbeit der M. sowie der Förderung ihrer Zusammenarbeit mit den M. anderer Länder. Der höheren Fachausbildung von Mitarbeitern des gesamten M.-Wesens (drei Jahre; Abschluß: „Staatlich geprüfter Museologe“) dient die Fachschule für Museologen in Leipzig. Fundstelle: DDR Handbuch. Köln 1975: S. 578 Moral, Sozialistische A, B, C, D, E, F, G, H, I, J, K, L, M, N, O, P, Q, R, S, T, U, V, W, Z Museum für Deutsche Geschichte

Siehe auch die Jahre 1953 1954 1959 1960 1962 1963 1965 1966 1969 1979 1985 Die M. unterstehen in ihrer Mehrzahl den örtlichen Staatsorganen. 1972 gab es 591 M. und Gedenkstätten, davon 78 Kunst- und 307 Heimat-M. Sie zählten im gleichen Jahr fast 25 Mill. Besucher, davon 10 Mill. in Kunst- und 3,4 Mill. in Heimat-M. Zu den M. werden auch Mahn- und Gedenkstätten der Arbeiterbewegung gerechnet; zu den wissenschaftlichen M. gehören Geschichts-, Völkerkunde- und Naturkunde-M., technische…

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Aktionseinheit der Arbeiterklasse (1975)

Siehe auch die Jahre 1956 1958 1959 1960 1962 1963 1965 1966 1969 1979 1985 Definiert als Zusammenwirken verschiedener Organisationen der Arbeiterbewegung in nichtsozialistischen Staaten zur Durchsetzung gemeinsamer Interessen ungeachtet politischer und ideologischer Unterschiede. Die AdA. soll die organisatorische Spaltung der Arbeiterbewegung überwinden helfen und den Kern eines umfassenderen Bündnisses aller antikapitalistischen Kräfte bilden. Bereits die Niederschlagung des Kapp-Putsches in Deutschland 1920 gilt als Erfolg der Verwirklichung der AdA. In ihrer allgemeinen Form wurde diese jedoch erst angesichts des Faschismus durch den VII.~Weltkongreß der Kommunistischen Internationale (Komintern) 1935 theoretisch konzipiert. Die SED, die sich selbst als Ergebnis der auf dem Gebiet der heutigen DDR praktizierten Aktionseinheit zwischen Kommunisten und Sozialdemokraten begreift, propagierte bis zu ihrem VII.~Parteitag 1967 die Herstellung der AdA. in der Bundesrepublik Deutschland als Voraussetzung für dortige gesellschaftspolitische Veränderungen und setzte sich zum anderen für die Herstellung einer AdA. der DDR und der Bundesrepublik als Voraussetzung für die Normalisierung zwischen beiden deutschen Staaten ein. Auch die internationale Beratung der kommunistischen und Arbeiterparteien in Moskau 1969 forderte die Kommunisten und anderen oppositionellen Kräfte nichtsozialistischer Staaten, besonders die Sozialdemokraten, zur Aktionseinheit auf. Mit der AdA., die eine wichtige Rolle in der gegenwärtigen Politik kommunistischer Parteien Westeuropas spielt, ist nicht der Begriff der „Aktionseinheit aller Kommunisten“ zu verwechseln, den die SED und andere eng mit der KPdSU verbündete Parteien in der internen Diskussion der kommunistischen Weltbewegung verwenden, wenn sie an abweichlerische Parteien appellieren, ihre Positionen zugunsten der Wiederherstellung größerer Geschlossenheit im Weltkommunismus — zumindest zeitweilig für die gemeinsame Durchführung einzelner Aktionen — zurückzustellen. Bündnispolitik. Fundstelle: DDR Handbuch. Köln 1975: S. 25 Aktien A, B, C, D, E, F, G, H, I, J, K, L, M, N, O, P, Q, R, S, T, U, V, W, Z Aktiv

Siehe auch die Jahre 1956 1958 1959 1960 1962 1963 1965 1966 1969 1979 1985 Definiert als Zusammenwirken verschiedener Organisationen der Arbeiterbewegung in nichtsozialistischen Staaten zur Durchsetzung gemeinsamer Interessen ungeachtet politischer und ideologischer Unterschiede. Die AdA. soll die organisatorische Spaltung der Arbeiterbewegung überwinden helfen und den Kern eines umfassenderen Bündnisses aller antikapitalistischen Kräfte bilden. Bereits die Niederschlagung des…

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Militärpolitik (1975)

Siehe auch die Jahre 1958 1959 1960 1962 1963 1965 1966 1969 1979 1985 Im Selbstverständnis der DDR ist M. die Politik, die der Sicherung und Verwirklichung der Interessen der Arbeiterklasse und ihrer Partei sowie des Staates mit militärischen Mitteln dient. Darin unterscheidet sie sich von der Sicherheitspolitik, soweit diese die äußere Sicherheit betrifft. I. Ideologische Grundlagen Als sozialistische M. beruht sie auf dem Marxismus-Leninismus, insbesondere auf der Lehre vom Klassenkampf, der Lehre vom sozialistischen Staat, der Lehre von der sozialistischen Revolution, der Lehre vom Krieg und den Streitkräften und vor allem auf der Lehre von der Verteidigung des sozialistischen Vaterlandes. Der Klassenkampf als Folge des Antagonismus der Klassen hat für die M. auch nach dem Verschwinden des Klassenkampfes in den sozialistischen Staaten Bedeutung, weil er sich durch das Gegenüberstehen von sozialistischen und kapitalistischen Staaten im Weltmaßstab entwickelt. Sein wichtigstes Ziel ist, u. a. durch die militärische Stärkung der sozialistischen Staaten, einen Beitrag zur Veränderung des internationalen Kräfteverhältnisses zugunsten des Sozialismus zu schaffen. Die gegenwärtige Hauptform des Klassenkampfes ist der ideologische; erst in einer durch die „Politik des Imperialismus“ provozierten militärischen Aggression nimmt der Klassenkampf militärische Formen an. Gemäß der Lehre vom Krieg, wie sie von Lenin entwickelt wurde, wäre dieser für die sozialistischen Staaten ein „gerechter“ Krieg, da sein Ziel, die Vernichtung des Imperialismus, mit den Zielen der revolutionären Arbeiterbewegung übereinstimmen würde. Als ungerechte Kriege werden in diesem Verständnis solche betrachtet, die diesen Zielen zuwiderlaufen. In seiner Charakterisierung des Krieges und seiner politischen Dimension griff Lenin auch auf die Thesen von Clausewitz zurück. Die Ansichten der vorleninistischen Klassiker des Marxismus-Leninismus über die Streitkräfte bzw. die Rolle des bewaffneten Volksheeres wurden relativiert: Heute sei ein stehendes Heer nach dem Prinzip der Kaderarmee notwendig, d. h. ein ständig vorhandener Bestand an Angehörigen der Streitkräfte, die politisch und militärisch zur Ausübung von Führungsfunktionen geeignet sind, während das Gros der Streitkräfte aus Wehrpflichtigen besteht. Unter den „gerechten“ Kriegen nimmt der Krieg zur [S. 562]Verteidigung des sozialistischen Vaterlandes eine besondere Stellung ein; denn diese Lehre, die als ein allgemeingültiges Gesetz des Aufbaus von Sozialismus und Kommunismus bezeichnet wird, begründet die Verteidigung als internationale und kollektive Angelegenheit aller sozialistischer Staaten. Diese Auffassung hat u. a. zur ideologischen Begründung von kollektiven und bilateralen Beistandsverträgen gedient. Die Lehre von der Verteidigung beinhaltet auch die durch die M. zu verwirklichende moralische Komponente, da es nach ihr notwendig ist, einen Soldaten mit hohen kommunistischen Idealen, Treue zur Partei und zum ganzen Volk sowie der Bereitschaft, alle Kräfte und Fähigkeiten für den Schutz der Interessen jedes einzelnen sozialistischen Staates einzusetzen, zu erziehen. Dieses Ziel, das auch für die Gestaltung der Wehrmoral als Aufgabe der sozialistischen Wehrerziehungn gilt, ist im Fahneneid der Nationalen Volksarmee verankert. II. Politische Grundlagen Die ideologische Basis der M. spiegelt sich in der jeweiligen politischen Begründung ihrer Ziele und Maßnahmen wider. Diese sind im Militärprogramm der SED, in der Militärdoktrin und in aktuellen Beschlüssen zur M. der Partei- und Staatsführung zu finden. Das Militärprogramm der SED enthält die von der Partei formulierten militärpolitischen Grundsätze und Ziele. Seine einzelnen Bestandteile bilden bestimmte Schlußfolgerungen, die aus der Einschätzung der internationalen Lage, dem Charakter der möglichen Kriege und der Erkennmisse der Militärwissenschaften gezogen werden. Es enthält ferner Aussagen zu Problemen der Herstellung der Verteidigungsbereitschaft, zu Bündnisverpflichtungen und über die Einstellung zum angenommenen Gegner und seine militärischen Kräfte sowie die allgemeinen Festlegungen der militärpolitischen Aufgaben und Ziele und die grundlegenden Prinzipien der Wehrerziehung. Ein Teil des Militärprogramms greift auf die jeweils formulierte Militärdoktrin zurück. In ihr wird einmal der politische Charakter des möglichen Krieges, seine politischen Zielsetzungen und die politische Funktion der Streitkräfte festgelegt; zum anderen werden in der Militärdoktrin im Unterschied zu ihrer politisch-sozialen Komponente in der militärisch-technischen Komponente die grundlegenden Richtlinien für die Vorbereitung der Streitkräfte, der Bevölkerung und des Landes auf den Krieg und die im Kriegsfall zu erfüllenden Aufgaben in den einzelnen Bereichen von Staat und Gesellschaft festgelegt. Diese Festlegungen finden ihren Ausdruck in gesetzlichen Vorschriften, militärischen Befehlen und den Führungsprinzipien der Streitkräfte. Für die DDR ist die einheitliche Militärdoktrin der Warschauer Vertragsstaaten, die auf der sowjetischen Militärdoktrin beruht, gültig. Die Besonderheit einer militärischen Konfrontation der beiden deutschen Staaten fand 1968 ihren Ausdruck in der These, daß dieser Krieg ein Krieg des Imperialismus gegen den Sozialismus sei; daß der Kampf Deutscher gegen Deutsche also kein wesentliches politisches Merkmal eines möglichen Krieges sein kann, und daß dieser zudem für die Bevölkerung der Bundesrepublik Merkmale eines nationalen Befreiungskrieges annehme. III. Geschichte der Militärpolitik Eine eigenständige und durch manche Besonderheiten gekennzeichnete M. der DDR im engeren Sinne ist erst seit 1952 bzw. 1955 zu verzeichnen. Zwar gab es seit 1948 den Aufbau von Einheiten der Kasernierten Volkspolizei (KVP); auch die Verbände der Deutschen Grenzpolizei und der Transportpolizei wurden frühzeitig aufgestellt. Zweifellos wurden damit erste militärpolitische Überlegungen der SED-Führung realisiert. Aber ihre Entstehung war das Ergebnis sowjetischer Politik, ihre Bewaffnung, Stärke und Führungsgrundsätze ließen sie als vornehmlich für Polizeiaufgaben geeignet erscheinen. Erst mit dem Aufbau der nationalen Streitkräfte wurde 1952 versucht, den Grundstock für eine nach militärischen Prinzipien organisierte Streitkraft zu schaffen. Die Rolle der nationalen Streitkräfte, mit denen die Einheiten der KVP gemeint waren, wurde auf der II. Parteikonferenz der SED 1952 definiert. Sie sollten sowohl die Grundlagen des Staates stärken als auch den Willen zur Wiederherstellung der Einheit Deutschlands verkörpern. Die Erfahrungen der folgenden Jahre, insbesondere des Jahres 1953, veranlaßte die SED, ihre M. nicht nur auf die KVP auszurichten, sondern die Bereitschaft zur Verteidigung der DDR unter den Bürgern durch gezielte militärpropagandistische Arbeit zu verstärken, die militärische Basis durch die Gründung der Kampfgruppen zu verbreitern und die Arbeit der GST auf die Propagierung des Wehrdienstes zu konzentrieren. Die politisch-ideologische Arbeit in der KVP sollte sie als Machtsicherungsinstrument im Sinne der SED stabilisieren. Es gelang, wenn auch unter Schwierigkeiten, mit der Entwicklung der KVP den Grundstock für die NVA zu schaffen; ein relativ heterogenes Offizierskorps und ein klassenmäßig einheitliches Personal, dessen fachliche Qualität gelegentlich als unzureichend angesehen wurde, bedeuteten einen Teil der Schwierigkeiten. Durch die Einführung der Wehrpflicht 1962 sollte einem Teil dieser Schwierigkeiten begegnet werden. Neben dem Aufbau der NVA galt die M. der SED in gleichem Maße den anderen bewaffneten Kräften. Dazu zählen sowohl die NVA, als auch die VP Bereitschaften, die Transportpolizei, die bewaffneten Einheiten des Ministeriums für Staatssicherheit, die 1961 in die NVA eingegliederte Deutsche Grenzpo[S. 563]lizei und die Kampfgruppen. Ziel der M. der SED neben der beabsichtigten personellen und materiellen Verstärkung der Streitkräfte war es, durch Aufbau eines an den politischen Zielen der Partei orientierten militärisch organisierten Bereichs die Voraussetzung für die Sicherung des Herrschaftssystems mit eigenen staatlichen Mitteln zu schaffen. Die Eingliederung der NVA in die Vereinigten Streitkräfte des Warschauer Vertrages wurde seit 1961 durch eine Reihe von Manövern mit sowjetischen Truppen und Stäben, aber auch Verbänden anderer Vertragsstaaten, forciert. Nur unzureichend gelang es jedoch, die Wehrbereitschaft in der Bevölkerung zu fördern. Das Verteidigungsgesetz vom September 1961 brachte die staatsrechtliche Grundlage für den Aufbau einer Landesverteidigung, nachdem bereits im Februar 1960 zur einheitlichen Leitung dieser Politik auf der zentralen staatlichen Ebene der Nationale Verteidigungsrat gegründet worden war. Das Verteidigungsgesetz bezeichnete den Dienst in der NVA, den anderen bewaffneten Organen und im Luftschutz als Dienst zum Schutze der DDR. Es enthielt alle Bestimmungen zur Durchführung der Verteidigungsmaßnahmen und der Erfüllung der Bündnisverpflichtungen in Friedens- wie in Kriegszeiten. Das im Januar 1962 erlassene Wehrpflichtgesetz wurde von einer Reihe weiterer Maßnahmen zum Ausbau der Streitkräfte begleitet: Anordnungen des Nationalen Verteidigungsrates regelten die Erfassung und Musterung von Wehrpflichtigen, den Reservistenstatus und die Förderungsmaßnahmen für aus dem aktiven Wehrdienst entlassene Soldaten; eine Dienstlaufbahnordnung wurde erlassen und ein „Militärstrafgesetz“ verkündet. Mit diesem Gesetz und der im April 1963 folgenden „Militärgerichtsordnung“ wurden die Voraussetzungen für die Militärgerichtsbarkeit geschaffen. Eine im März 1963 erlassene „Lieferordnung“ bildete die gesetzliche Grundlage für die Sicherung des militärischen Bedarfs der Streitkräfte durch die Volkswirtschaft der DDR, soweit dies nicht durch Rüstungslieferungen aus der Sowjetunion geschah. 1964 war die Ausrüstung der NVA mit der Erstausstattung abgeschlossen; die M. der SED hatte ihr Ziel, eine kampfkräftige Armee aufzubauen, erreicht. Seit dem 3. Kongreß der GST im August 1964 wurde auch eine verstärkte wehrpolitische Agitation unter der Jugend durch die GST eingeleitet, um für die Führungsstellen ausreichenden Nachwuchs an Freiwilligen zu erhalten und durch die Mitarbeit in der GST die vormilitärische Ausbildung zu fördern. Die Eingliederung der Streitkräfte der NVA in die 1. Strategische Staffel des Warschauer Vertrages 1965 bedeutete auch militärische Anerkennung durch die Sowjetunion. Festigung und Entwicklung der sozialistischen Wehrmoral, Förderung der politischen Arbeit in der NVA und Vorbereitungen zur Schaffung eines Systems der Landesverteidigung bestimmten die M. der SED bis 1968. Die Beteiligung an der militärischen Intervention in der ČSSR war aus ihrer Sicht konsequent, denn sie bedeutete die Abwehr einer für ihre Politik gefährlichen Entwicklung. Die Aktion im August 1968 wurde auch als Bestätigung der M. der SED gewertet. 1968/69 wurde mit dem Aufbau eines Zivilverteidigungssystems begonnen. Die gesetzliche Grundlage dazu bildet das „Gesetz über die Zivilverteidigung“ vom September 1970. Damit war die Voraussetzung für den umfassenden Aufbau eines Landesverteidigungssystems in der DDR als Aufgabe der M. der SED gegeben. IV. Die gegenwärtige Gestaltung der Militärpolitik Im Ostblock ist die M. der SED auf die Sicherung und Stärkung der militärischen Zusammenarbeit im Warschauer Vertrag bedacht; sie ist bemüht, die nationalen Voraussetzungen für die Erfüllung der Bündnisverpflichtungen zu schaffen. Dies scheint im Moment stärker in der Rüstungswirtschaft als auf rein militärischem Gebiet zu geschehen; seit Herbst 1972 hat kein großes Manöver der Vereinigten Streitkräfte mit Ausnahme von Stabsübungen mehr stattgefunden. Der Aufbau der Landesverteidigung auf nationaler Ebene ist der wichtigste Gegenstand und Inhalt der gegenwärtigen M. der SED. Die Landesverteidigung umfaßt mehrere Bereiche. Ihr Kern ist die Nationale Volksarmee mit dem Auftrag, die Grenzen und das Territorium der DDR und der anderen sozialistischen Staaten gemeinsam mit der Sowjetarmee zu schützen. Ein zweiter Bereich neben den mobilen Truppen und Verbänden, die in die Vereinigten Streitkräfte integriert sind, sowie den Grenztruppen, wird von den anderen bewaffneten Kräften gebildet. Dazu zählen die VP-Bereitschaften, die Kampfgruppen und die Transportpolizei, die Deutsche Volkspolizei und die bewaffneten Angehörigen der Zollverwaltung, soweit sie Aufgaben der inneren Sicherheit und der Sicherung der Vorbereitung und Durchführung von Kampfhandlungen im Falle eines militärischen Konfliktes erfüllen. Dies gilt auch für die Organe des Ministeriums für Staatssicherheit. Die Bezeichnung „Zivilkräfte“ für die Zivilbeschäftigten der NVA und „Weibliche Streitkräfte“ für die auf freiwilliger Basis diensttuenden weiblichen Armeeangehörigen soll ihre Zugehörigkeit zu den Streitkräften betonen, ohne sie bereits zu Angehörigen bewaffneter Kräfte zu machen. Ein anderer Bereich der Landesverteidigung umfaßt die Institutionen und Einrichtungen, die sowohl der Aus- und Weiterbildung als auch der militärwissenschaftlichen Forschung dienen. Dazu gehören z. B. die Militärakademie der NVA, die Offiziershochschulen und die Hochschule der Deutschen Volks[S. 564]polizei, aber auch andere Institutionen, wie das Militärgeschichtliche Institut der DDR, das einen Beitrag zur Traditionspflege der NVA leisten, Militärpropaganda treiben und im Bereich der Westarbeit Informationen über die M. der Bundesrepublik sammeln und aufbereiten soll. Ferner hat dieses Institut ständig Informationen über den Gegner und dessen politisch-militärische Maßnahmen zur Verfügung zu stellen. Einen weiteren Bereich stellt die Zivilverteidigung dar, die den Luftschutz (gegründet 1958) und den Katastrophenschutz einschließt. Auch die Organisationen, die mit der sozialistischen Wehrerziehung befaßt sind, gehören zum System der Landesverteidigung, ebenso wie das Rote Kreuz. Zur ökonomischen Sicherung der Landesverteidigung wird bereits in Friedenszeiten auf internationalem wie nationalem Gebiet eine Reihe von Maßnahmen getroffen, unter anderem Planung des Bedarfs der NVA und der anderen Bereiche der Landesverteidigung; Entwicklung der militärökonomischen Integration; Rüstungsforschung und -entwicklung; Ausbau des militärischen Transport- und Sicherungswesens. In der gegenwärtigen Interpretation der internationalen Lage durch die SED wird die Entspannung ständig durch vermeintliche Aggressivität des Monopolkapitalismus bedroht, bzw. kann nur durch weitere Stärkung der sozialistischen Staatengemeinschaft erreicht werden. Die Partei sieht daher keinen Anlaß, ihre militärpolitischen Maßnahmen abzuschwächen oder den weiteren Ausbau der Landesverteidigung zu vernachlässigen. Die behauptete Permanenz der Bedrohung durch den Imperialismus dient der SED als Grund, von den Streitkräften wie von der Bevölkerung weiterhin alle Anstrengungen zur Erfüllung der militärpolitischen Aufgaben zu verlangen. Dabei muß sie Tendenzen, die ihrer Propaganda von der Gefährlichkeit des Gegners widersprechen, ebenso bekämpfen wie Auffassungen, die angesichts der erklärten Stärke und der ständig behaupteten außenpolitischen Erfolge der sozialistischen Staaten meinen, diese könnten als Zeichen guten Willens als erste einen Beitrag zur Abrüstung leisten. Außenpolitik; Deutschlandpolitik der SED. Fundstelle: DDR Handbuch. Köln 1975: S. 561–564 Militärmissionen, Alliierte A, B, C, D, E, F, G, H, I, J, K, L, M, N, O, P, Q, R, S, T, U, V, W, Z Militärstaatsanwaltschaft

Siehe auch die Jahre 1958 1959 1960 1962 1963 1965 1966 1969 1979 1985 Im Selbstverständnis der DDR ist M. die Politik, die der Sicherung und Verwirklichung der Interessen der Arbeiterklasse und ihrer Partei sowie des Staates mit militärischen Mitteln dient. Darin unterscheidet sie sich von der Sicherheitspolitik, soweit diese die äußere Sicherheit betrifft. I. Ideologische Grundlagen Als sozialistische M. beruht sie auf dem Marxismus-Leninismus, insbesondere auf der Lehre vom…

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Kooperationsverband (KOV) (1975)

Siehe auch: Kooperationsverbände: 1969 1979 Kooperationsverband (KOV): 1979 1985 Vertikaler Zusammenschluß auf vertraglicher Grundlage zwischen Betrieben der Landwirtschaft (Landwirtschaftliche Betriebsformen), der Nahrungsgüterwirtschaft und/oder des Handels, die an der Erzeugung eines bestimmten Produktes bzw. einer Gruppe von Produkten beteiligt sind. Landwirtschaftliche Kooperative Einrichtungen (KOE) bestehen für die Erzeugung. Be- bzw. Verarbeitung und Vermarktung von Milch, Rindfleisch, Schweinefleisch, Geflügelfleisch, Eiern, Getreide, Zuckerrüben sowie für die Produkte des Obst-, Gemüse- und Kartoffelbaus. Grundlage für die Zusammenarbeit der Betriebe in einem KOV sind das Vertragsgesetz vom 25. 2. 1965 (GBl. I, Nr. 7, S. 107) und das Musterstatut für Kooperative Einrichtungen der LPG, VEG, GPG sowie der sozialistischen Betriebe der Nahrungsgüterwirschaft und des Handels vom 1. 11. 1972 (GBl. II, Nr. 68, S. 781 f.). Die KOV werden unter Verantwortung des für die jeweiligen Produkte zuständigen Endproduzenten bzw. Handelsbetriebes gebildet und haben bei diesem ihren Sitz. Sie sind grundsätzlich keine juristischen Personen (Ausnahmen sind möglich, sofern gemeinsame Produktions-, Lagerungs- oder Absatzaufgaben durchzuführen sind). Ebenso grundsätzlich behalten die beteiligten Betriebe ihre juristische Selbständigkeit. Der Beitritt soll freiwillig erfolgen. Hierüber entscheiden bei volkseigenen Betrieben (VEB bzw. VEG) der Direktor im Einvernehmen mit der BGL; bei LPG/GPG die Mitgliederversammlungen und bei KOV der Rat der kooperativen Einrichtungen. Bestimmungen über einen möglichen Austritt sind im Musterstatut nicht enthalten. Die Zusammenarbeit innerhalb der KOV wird durch eine Kooperationsvereinbarung geregelt, die vom Rat des Bezirkes, in dem der Endproduzent seinen Sitz hat, zu bestätigen ist. Mitglieder können jedoch auch Betriebe verschiedener Bezirke werden. Als Vorsitzender des KOV fungiert in der Regel der Direktor des staatlichen Verarbeitungs- oder Handelsbetriebes. Weitere Organe des KOV sind die mindestens einmal jährlich tagende Bevollmächtigtenversammlung und der für die tägliche Arbeit verantwortliche Verbandsrat. Befugnisse und Arbeitsweise bleiben der Kooperationsvereinbarung überlassen. Es ist das Ziel eines KOV, die Spezialisierung und Arbeitsteilung der Produktionsbetriebe (Produktionsstufen) zu fördern und die Planerfüllung nach Menge, Sortiment, Qualität und Zeit durch koordinierte Vertragsabschlüsse sicherzustellen. Durch gemeinsame Investitionen können sich die im KOV zusammen arbeitenden Betriebe eigene Produktions-, Lager- oder Absatzkapazitäten schaffen. Diese Einrichtungen sind nicht rechtsfähig und werden durch die Bevollmächtigtenversammlung bzw. den Verbandsrat geleitet. Für die Beteiligung an diesen Einrichtungen, die Leitung und Planung, die Stellung der Beschäftigten sowie alle Fragen der Produktionstätigkeit gelten die Bestimmungen der KOE. Fundstelle: DDR Handbuch. Köln 1975: S. 470 Kooperation in der Landwirtschaft A, B, C, D, E, F, G, H, I, J, K, L, M, N, O, P, Q, R, S, T, U, V, W, Z Kooperationsverbände

Siehe auch: Kooperationsverbände: 1969 1979 Kooperationsverband (KOV): 1979 1985 Vertikaler Zusammenschluß auf vertraglicher Grundlage zwischen Betrieben der Landwirtschaft (Landwirtschaftliche Betriebsformen), der Nahrungsgüterwirtschaft und/oder des Handels, die an der Erzeugung eines bestimmten Produktes bzw. einer Gruppe von Produkten beteiligt sind. Landwirtschaftliche Kooperative Einrichtungen (KOE) bestehen für die Erzeugung. Be- bzw. Verarbeitung und Vermarktung von…

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Gemeindeverband (1975)

Siehe auch die Jahre 1979 1985 Zusammenschluß von Städten und Gemeinden zwecks kooperativer Lösung kommunaler Aufgaben. Der Bildung eines G. geht in der Regel eine langjährige Zusammenarbeit der beteiligten Städte und Gemeinden voraus — zumeist in Form von Interessengemeinschaften, die sich die Lösung von Einzelaufgaben (Straßenbau o. ä.) zum Ziel gesetzt haben. Nachdem bereits die Verfassung von 1968 in Art. 84 den örtlichen Volksvertretungen die Möglichkeit zur Bildung von Verbänden gegeben hat, regelt erstmals das Gesetz über die örtlichen Volksvertretungen und ihre Organe vom 12. 7. 1973 die Bildung von Zweckverbänden und G. Zweckverbände können von den Volksvertretungen der Städte und Gemeinden zur gemeinsamen Lösung von Aufgaben und bestimmten Gebieten der gesellschaftlichen, insbesondere der wirtschaftlichen Entwicklung gebildet werden. Vom Zweckverband gebildete Betriebe oder Einrichtungen unterstehen dem Rat einer der beteiligten Städte und Gemeinden. Der Zweckverband arbeitet auf der Grundlage eines von den Volksvertretungen beschlossenen Statuts und der Beschlüsse der Volksvertretungen; er hat keine eigenen Organe. Die bisher am höchsten entwickelte Form gemeindlicher Zusammenarbeit ist der G. Seine Aufgabe ist die Lösung aller in den beteiligten Kommunen anfallenden Fragen. Die Volksvertretungen der Städte und Gemeinden können in Übereinstimmung mit der langfristigen staatlichen Siedlungspolitik und der Entwicklung der Industrie und Landwirtschaft G. bilden; dabei bedarf es der Bestätigung des Kreistages (Kreis) nach Zustimmung des Rates des Bezirkes. Voraussetzungen sind ferner die Bereitschaft der Bürger und Erfahrungen in der Gemeinschaftsarbeit. Die im G. zusammengefaßten Städte und Gemeinden bleiben politisch selbständig. Die Stadtverordnetenversammlungen und Gemeindevertretungen der einzelnen Orte sind weiterhin — mit allen Rechten und Pflichten — die obersten staatlichen Organe in ihren jeweiligen Territorien. Der G. arbeitet auf der Grundlage eines von den Volksvertretungen beschlossenen Statuts; über die Bildung gemeinsamer Organe entscheiden die Volksvertretungen eigenverantwortlich. Gemeinsames Leitungsorgan ist der von den Volksvertretungen gewählte G.-Rat, in dem alle beteiligten Städte und Gemeinden gleichberechtigt vertreten sind. Auf den G.-Rat können schrittweise Aufgaben und Befugnisse und materielle und finanzielle Fonds übertragen werden. Die Bildung von G. trägt dem aktuellen Bedürfnis nach Anpassung der staatlichen Organisationsstruktur an die Entwicklung kooperativer Wirtschaftsformen vor allem in der Landwirtschaft Rechnung. Ferner soll sie eine als notwendig angesehene Rationalisierung der Verwaltung ermöglichen. Langfristiges Ziel sind leistungsfähige kommunale Einheiten, die zur allmählichen Annäherung der Lebensverhältnisse auf dem Lande an die der Stadt beitragen. Fundstelle: DDR Handbuch. Köln 1975: S. 351 Gemeindesteuern A, B, C, D, E, F, G, H, I, J, K, L, M, N, O, P, Q, R, S, T, U, V, W, Z Gemeindevertretung

Siehe auch die Jahre 1979 1985 Zusammenschluß von Städten und Gemeinden zwecks kooperativer Lösung kommunaler Aufgaben. Der Bildung eines G. geht in der Regel eine langjährige Zusammenarbeit der beteiligten Städte und Gemeinden voraus — zumeist in Form von Interessengemeinschaften, die sich die Lösung von Einzelaufgaben (Straßenbau o. ä.) zum Ziel gesetzt haben. Nachdem bereits die Verfassung von 1968 in Art. 84 den örtlichen Volksvertretungen die Möglichkeit zur Bildung von Verbänden…

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Theater (1975)

Siehe auch: Theater: 1959 1960 1962 1963 1965 1966 1969 1979 1985 Theaterwesen: 1956 1958 1973 bestanden 112 T., die im gleichen Jahr 12,5 Mill. Besucher zählten. Von 60 selbständigen T. (mit eigenen Intendanten) sind 37 Schauspiel- und Musik-T. (davon 4 auch Puppen- und 1 auch Kinder- und Jugend-T.), 6 Schauspiel-T., 2 Musik-T. (Oper und Operette), 2 Oper (Deutsche Staatsoper und Komische Oper in Berlin), 2 Operette (Metropol-T. Berlin und Staatsoperette Dresden), 3 Kinder- und Jugend-T. (T. der Freundschaft Berlin, T. der Jungen Generation Dresden, T. Junge Garde Halle), 7 Puppen-T. (Berlin, Dessau, Dresden, Halle, Karl-Marx-Stadt, Magdeburg, Naumburg). Wichtigstes T.-Zentrum ist Berlin. Internationalen Ruf besitzen hier: die Deutsche Staatsoper mit einem breiten musikdramatischen Repertoire, die Komische Oper, die seit ihrer Gründung 1947 von der durch Intendant Walter Felsenstein entwickelten Konzeption eines realistischen Musik-T. geprägt ist; das Berliner Ensemble, das seit der Gründung 1949 unter der Intendanz der 1971 verstorbenen großen Schauspielerin Helene Weigel besonders das Werk ihres Mannes und BE-Mitbegründers Bertolt Brecht pflegte, unter der Intendanz von deren — auch als bedeutende Opern-Regisseurin hervorgetretenen - Nachfolgerin Ruth Berghaus aber auch wieder stärker Stücke anderer Autoren in ihr Repertoire einbezieht; die Volksbühne, die seit Übernahme der künstlerischen Leitung durch den bedeutenden Regisseur Benno Besson (1969) vor allem einen neuen Stil eines intelligenten komödiantischen Volks-T. entwickelt hat; das Deutsche T. mit den Kammerspielen und der Kleinen Komödie. Wichtigste Bühnen in den Bezirken sind das Volks-T. Rostock, das unter seinem Intendanten Hanns Anselm Perten einen besonders weltoffenen Spielplan pflegt und die meisten DDR-Erstaufführungen von Autoren des westlichen Auslands bringt, die Städtischen T. Leipzig, die Staats-T. Dresden, die Städtischen T. Karl-Marx-Stadt, das Deutsche National-T. Weimar, die Bühnen der Stadt Magdeburg und das Hans-Otto-T. Potsdam. Breiten Raum in den Spielplänen nehmen Stücke des Kulturellen Erbes ein, ebenso wie die zeitgenössische Dramatik der DDR. Die zeitgenössische Dramatik des Auslandes ist vor allem durch Werke aus sozialistischen Ländern vertreten, in geringerem Maße durch solche westlicher Autoren, die eine allgemein progressive, humanistische oder sozialkritische Tendenz aufweisen. Auf kleinen Dependance- und Studio-Bühnen pflegt man neben literarischen Programmen eine Art unterhaltenden Boulevard-T. sozialistischer Prägung. Die wichtigsten DDR-Dramatiker sind Heiner Müller, Peter Hacks, Volker Braun („Die Kipper“), Ulrich Plenzdorf („Die neuen Leiden des jungen W.“), Helmut Baierl, Rainer Kerndl und (im heiteren Genre) Rudi Strahl; die bedeutendsten Regisseure sind Benno Besson, Manfred Karge und Matthias Langhoff, Wolfgang Heinz, Adolf Dresen, Manfred Wekwerth, Ruth Berghaus, Klaus Erforth und Alexander Stillmark, Fritz Marquardt sowie (im Musik-T.) Walter Felsenstein und Joachim Herz. Die T. unterstehen der Abteilung T. im Ministerium für Kultur, von der auch die Intendanten eingesetzt werden; eine Subventionierung erfolgt durch die Verwaltungen der Bezirke, Kreise und Städte. Die Beziehungen der Autoren zum T. regeln sich durch Direktaufträge und über die Bühnenvertriebe des Henschelverlages und der Musikverlage. Die T.-Schaffenden sind zum großen Teil in der Gewerkschaft Kunst im FDGB und im Verband der Theaterschaffenden organisiert; ihnen steht ein Zentraler Bühnennachweis zur Verfügung. Die Nachwuchsausbildung erfolgt an der T.-Hochschule „Hans Otto“ in Leipzig, Staatlichen Schauspielschulen in Berlin und Rostock; für Ballett an der Staatlichen Ballettschule Berlin, der Palucca-Schule Dresden und der Fachschule für Tanz in Leipzig; für Musik-T. an den Hochschulen für Musik. An der Humboldt-Universität Berlin besteht ein Bereich T.-Wissenschaft, an der Akademie der Künste der DDR eine Sektion Darstellende Kunst mit einer Wissenschaftlichen Abteilung. Die Verbindung der T. zum Publikum ist auf vielfältige Weise geregelt: durch Kooperationsverträge zwischen T. und Betrieben, an den T. bestehende Freundeskreise und Jugendklubs sowie die Veranstaltung von Foyergesprächen, in denen Ensemblemitglieder der T. mit Besuchern über Inszenierungen diskutieren. Ein differenziertes Anrechtssystem ermöglicht T.-Besuche zu ermäßigten Preisen. Die DDR ist Mitglied in folgenden internationalen T.-Vereinigungen: Internationales T.-Institut, Internationale Vereinigung der Kinder- und Jugend-T. (ASSITEJ), Internationaler Schauspielerverband (FIA), Internationale Föderation für T.-Forschung (FIRT), Internationale Organisation der Szenographen, T.-Architekten und T.-Techniker (OISTT), Internationale Ver[S. 863]einigung für Puppenspiel (UNIMA). Bedeutendstes T.- Festival sind die seit 1957 alljährlich im Herbst veranstalteten Berliner Festtage mit Gastspielen von T. des Auslandes und aus den DDR-Bezirken. Fundstelle: DDR Handbuch. Köln 1975: S. 862–863 Thälmann-Pioniere A, B, C, D, E, F, G, H, I, J, K, L, M, N, O, P, Q, R, S, T, U, V, W, Z Tierärzte

Siehe auch: Theater: 1959 1960 1962 1963 1965 1966 1969 1979 1985 Theaterwesen: 1956 1958 1973 bestanden 112 T., die im gleichen Jahr 12,5 Mill. Besucher zählten. Von 60 selbständigen T. (mit eigenen Intendanten) sind 37 Schauspiel- und Musik-T. (davon 4 auch Puppen- und 1 auch Kinder- und Jugend-T.), 6 Schauspiel-T., 2 Musik-T. (Oper und Operette), 2 Oper (Deutsche Staatsoper und Komische Oper in Berlin), 2 Operette (Metropol-T. Berlin und Staatsoperette Dresden), 3 Kinder- und…

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Berufsberatung und Berufslenkung (1975)

Siehe auch: Berufsberatung: 1962 Berufsberatung und Berufslenkung: 1979 1985 Hauptziel aller berufsberatenden und berufslenkenden Maßnahmen ist die Befähigung der Jugendlichen zur bewußten Berufswahl, d. h. zu einer Berufswahl, bei der die gesellschaftlichen Erfordernisse und die persönlichen Interessen in weitgehende Übereinstimmung gebracht werden und im Falle der Diskrepanz die persönlichen Interessen gegenüber den gesellschaftlichen Erfordernissen hintangestellt werden. Wesentliche Teilziele einer solchen Erziehung zur bewußten Berufswahl sind die Erweiterung des beruflichen Gesichtskreises der Schüler durch exakte Informationen über die Entwicklungstendenzen in den wichtigsten Berufsgruppen und Wissenschaften, die möglichst frühzeitige Erkenntnis und Entwicklung der beruflichen und wissenschaftlichen Neigungen und Eignungen der Schüler sowie die Ausprägung einer sozialistischen Arbeitseinstellung als wesentliche Voraussetzung für eine solche Berufsentscheidung, die den volkswirtschaftlichen Erfordernissen und auch den Fähigkeiten und Neigungen der Schüler entspricht. Ferner soll damit die Befähigung der Schüler zur Selbsteinschätzung ihrer fachlichen und moralischen Qualitäten im Hinblick auf die verschiedenen beruflichen Grundanforderungen, die Entwicklung einer persönlich vertretenen Berufsperspektive bereits vor Abschluß der Schulzeit sowie die Befähigung der Schüler zu frühzeitiger und aktiver Teilnahme an allen Formen und Methoden der Berufs- und Studienberatung herangebildet werden. „Berufsberatung“ und „Berufsfindung“ sind die beiden aufeinander bezogenen Oberbegriffe, die für den gesamten Komplex der Maßnahmen und Vorgänge zur Herbeiführung einer bewußten Berufswahl gebraucht werden. Unter Berufsberatung (Bb.) werden, und zwar unabhängig von ihrer institutionellen Bindung, alle von außen auf die Schüler wirkenden Einflüsse verstanden, die ihnen Hilfe und Orientierung bei ihrer Berufswahl sein können und auch sollen; dabei werden dem Begriff Bb. solche Begriffe wie Berufsaufklärung, Berufsvorbereitung, berufliche Konsultation, Berufseignungsprüfung, Berufsorientierung, Berufslenkung usw. zu- bzw. untergeordnet. Demgegenüber umfaßt der Begriff Berufsfindung alle im inneren, d. h. im Bewußtsein der Schüler ablaufenden Prozesse, die ihren individuellen, subjektiven Weg zum Beruf kennzeichnen; demnach wird der Berufsfindungsprozeß durch solche Begriffe wie Berufswunsch, Berufsneigung, berufliche Interessen, persönliche Berufsperspektive, Berufsentschluß charakterisiert. Die den Berufsfindungsprozeß steuernde Bb. umfaßt zwei Etappen, nämlich die Berufsaufklärung und die Berufsorientierung. Die Berufsaufklärung vermittelt den Schülern allgemeine Kenntnisse und Zusammenhänge über die perspektivische und strukturelle Entwicklung der Volkswirtschaft sowie der Facharbeiter-, Fach- und Hochschulberufe einschließlich der Berufe der bewaffneten Streitkräfte. Durch sie sollen die Schüler das notwendige Wissen über Inhalt, Charakter, Anforderungen und Perspektiven der volkswirtschaftlich und regional wichtigen Berufe erwerben und auf dieser Grundlage zu einer „gesellschaftlich bewußten Berufsentscheidung“ geführt werden. Die Berufsaufklärung beginnt in der Unterstufe der allgemeinbildenden Schule und wird in der Mittel-, Ober- und Abiturstufe, in Einrichtungen der Berufsausbildung, in den Fach- und Hochschulen, in den Betrieben, in den Jugendorganisationen usw. fortgesetzt; sie erfaßt relativ viele Berufe verschiedener Industrie- und Wirtschaftszweige und erfolgt für alle Schüler einer Klasse gleichzeitig mit einheitlicher Zielstellung. Demgegenüber richtet sich die Berufsorientierung bzw. Berufslenkung (Bl.) auf einzelne Schüler oder Schülergruppen sowie schwerpunktmäßig auf bestimmte Berufsgruppen oder Berufe und soll positive Einstellungen der Schüler zu bestimmten volkswirtschaftlich wichtigen Berufen bzw. Berufsrichtungen entwickeln und die Berufswünsche — möglichst als persönlich vertretene Berufsperspektiven — darauf orientieren. Während die Berufsaufklärung schon in der Unterstufe beginnt, setzt die Berufsorientierung bzw. Bl. der Schüler in der Regel in der Klasse 7 ein und endet mit der bewußten Berufsentscheidung im Verlaufe des 8., 10. oder 12. Schuljahres. Die Begriffe Studienaufklärung und Studienorientierung haben entsprechenden Inhalt und werden gemeinsam mit den Begriffen Berufsaufklärung und Berufsorientierung unter dem Oberbegriff Bb. subsumiert. Grundlage für die Planung und Organisation der berufsberatenden und berufsorientierenden bzw. berufslenkenden Arbeit der allgemeinbildenden Schulen sind die in der VO über die Berufsberatung (GBl.~II, 1970, S. 311) und in der Schulordnung festgelegten Aufgaben und Verantwortlichkeiten; ein besonderes Maß an Verantwortung wird dabei den Direktoren und den Lehrern für Bb. übertragen. Einen speziellen Beitrag zur Bb. und Berufsvorbereitung leistet der polytechnische Unterricht (Polytechnische Bildung und polytechnischer Unterricht). Neben den Betrieben, insbesondere den Patenbetrieben der Schulen, und den Jugendorganisa[S. 131]tionen sind vor allem die Organe bzw. Abteilungen für Berufsbildung und Bb. der Räte der Kreise bzw. der Bezirke für die Bb. und Bl. verantwortlich. So erstellen gemäß der AO zur Lenkung der Schulabgänger und Jugendlichen in Lehr- und Arbeitsstellen (1970) beispielsweise die Organe für Berufsbildung und Bb. der Räte der Kreise die Lehrstellenverzeichnisse und den Plan der Berufsausbildung (Neueinstellung von Schulabgängern und Schülern in die Berufsausbildung), stellen diese den Schulabgängerverzeichnissen gegenüber und ergreifen im Zusammenwirken mit den Schulen, den Betrieben, den Wehrkreiskommandos, den Volkspolizeikreisämtern und den Abteilungen Volksbildung die jeweils erforderlichen Maßnahmen zur Bb. und Nachwuchslenkung. Die Abteilungen Berufsausbildung und Bb. der Räte der Bezirke betreiben in Zusammenarbeit mit strukturbestimmenden Betrieben und Kombinaten sowie mit den Räten der Kreise Bb.-Zentren - häufig in enger Verbindung mit „militärpolitischen Kabinetten“ -zur vielseitigen Information der Bevölkerung über Berufsausbildungs- und Weiterbildungsmöglichkeiten. Besondere Schwerpunkte der Bb. und Bl. bilden in jüngster Zeit die Lenkung von Jugendlichen in bestimmte Facharbeiterberufe sowie in Berufe der bewaffneten Streitkräfte, vor allem in die Laufbahnen als Berufsoffiziere und Berufsunteroffiziere. Die Herbeiführung einer möglichst weitgehenden Übereinstimmung von volkswirtschaftlichen Erfordernissen, individuellen Neigungen und Fähigkeiten als wesentliche Zielstellung der Bb. und Bl. erscheint auf den ersten Blick pädagogisch begründet. Trotz der langfristig angesetzten Maßnahmen ist es bisher jedoch kaum gelungen, bei der überwiegenden Mehrzahl der Jugendlichen die geforderte Übereinstimmung in den genannten drei Punkten herbeizuführen, ohne dabei den im engeren Sinn berufslenkenden Maßnahmen einen deutlichen Vorrang einzuräumen bzw. diese mit entschieden größerem Nachdruck durchzuführen. Außerdem hat sich immer wieder herausgestellt, daß bei einer relativ großen Anzahl von Jugendlichen zwar die langfristige Hinlenkung auf bestimmte Berufe gelingt, daß dann aber — etwa kurz vor Beginn der Ausbildung in diesen Berufen — diese Berufe aus wirtschaftlich-objektiven oder politischen Gründen aus dem Bereich der gesellschaftlich wichtigen Berufe ausgeschieden sind bzw. wurden. Ein anschauliches Beispiel dafür bildet die 1973 verfügte Verringerung des Zugangs zu den Hochschulen und zu den zur Hochschulreife führenden Bildungseinrichtungen. Für diejenigen Abiturienten, die nun kein Hochschulstudium aufnehmen können, die jedoch durch entsprechende berufsberatende und berufslenkende Maßnahmen langfristig auf ein bestimmtes Hochschulstudium hingelenkt und vorbereitet worden sind, kann der Hinweis kaum befriedigen, daß die gesellschaftlichen Erfordernisse, „da sie auf nicht ganz realistischen Prognosen beruhten“, heute nicht mehr denjenigen entsprechen, die vor kurzem noch als Grundlage für ihre Bb. und Bl. gedient haben. Dies aber gilt für alle Jugendlichen, deren Bb. und Bl. — mitunter mehrfachen — Prognose- und Planungsschwankungen unterworfen sind, so daß nicht nur der persönliche, sondern auch der volkswirtschaftliche Nutzen einer solchen Bb. und Bl. nur in beschränktem Maß den daran geknüpften Erwartungen zu entsprechen vermag. Einheitliches sozialistisches Bildungssystem; Staatssekretariat für Arbeit und Löhne; Wehrerziehung. Fundstelle: DDR Handbuch. Köln 1975: S. 130–131 Berufsausbildung, Landwirtschaftliche A, B, C, D, E, F, G, H, I, J, K, L, M, N, O, P, Q, R, S, T, U, V, W, Z Berufsbild

Siehe auch: Berufsberatung: 1962 Berufsberatung und Berufslenkung: 1979 1985 Hauptziel aller berufsberatenden und berufslenkenden Maßnahmen ist die Befähigung der Jugendlichen zur bewußten Berufswahl, d. h. zu einer Berufswahl, bei der die gesellschaftlichen Erfordernisse und die persönlichen Interessen in weitgehende Übereinstimmung gebracht werden und im Falle der Diskrepanz die persönlichen Interessen gegenüber den gesellschaftlichen Erfordernissen hintangestellt werden.…

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Staatshaushalt (1975)

Siehe auch die Jahre 1953 1954 1956 1958 1959 1960 1962 1963 1965 1966 1969 1979 1985 Der St. ist in der DDR nicht identisch mit dem Begriff „Einnahmen und Ausgaben des Staates“. Die Differenz zwischen beiden sind die Fonds der VEB, VVB und volkseigenen Kombinate, die diese aus Teilen ihres Gewinns bilden und für bestimmte Investitionen sowie für Leistungsprämien verwenden. Für diese betriebseigenen Fonds sind im St.-Plan 1975 15 Mrd. Mark vorgesehen bei einem Gesamtumfang der „Einnahmen und Ausgaben des Staates“ von 121 Mrd. Mark, so daß der St. im engeren Sinne 1975 auf Plan einen Umfang von 106 Mrd. Mark erreicht. Der St. ist in der DDR geheim, die Einzelheiten des Haushaltsplanes werden nicht veröffentlicht. Lediglich der Gesamtumfang und einige Hauptpositionen der Einnahmen- und Ausgabenseite sind als Globalgrößen bekannt. Dürftig sind die Informationen über die Gliederung der Einnahmenseite. Der weitaus größte Einnahmeposten sind die „Abführungen der volkseigenen Wirtschaft“ (1975 65 Mrd. Mark nach Plan), die zur Hälfte und zu je einem Viertel aus produktgebundenen Abgaben, Nettogewinnabführungen und Produktionsfondsabgaben stammen. Diese Abführungen gelten nicht als Steuern, da bei ihrer Übertragung von staatlichen Betrieben zum St. kein Eigentumswechsel eintritt, der in der DDR als wesentliches Kriterium der Steuereigenschaft gilt. Neben den Abgaben der volkseigenen Wirtschaft werden nur noch diejenigen der LPG veröffentlicht (1 Mrd. Mark) und das Beitragsaufkommen der Sozialversicherung, das 1975 rund 11 Mrd. Mark erreichte. Es verbleiben 30 Mrd. Mark auf der Einnahmenseite, deren Herkunft überhaupt nicht ausgewiesen wird. In diesem Rest sind alle Steuern von Arbeitseinkommen enthalten, ferner die Steuern der privaten Wirtschaft, der Handwerkergenossenschaften, Kommissionshändler und freiberuflich Tätigen, sowie Gebühren, Beiträge und Zölle. Für die Ausgabenseite des St. sind vor allem 3 Schwerpunkte charakteristisch: 1. Ausgaben für kulturelle und soziale Zwecke, die - einschließlich der Zuschüsse zur Sozialversicherung mit rund 37 Mrd. Mark 1975 wie schon in den Vorjahren den größten Ausgabeposten stellen. Zu diesem Komplex gehören vor allem Ausgaben für den Unterhalt des Bildungs-, Gesundheits- und Sozialwesens, für Kultur und Sport; Geldleistungen an die Bevölkerung (Renten, Stipendien, Beihilfen, Krankengeld); produktgebundene Subventionen (Preisstützungen zur Aufrechterhaltung niedriger Verbraucherpreise für Grundnahrungsmittel, Wohnungsmiete, Verkehrstarife, Kinderbekleidung usw.). 2. Ausgaben für Investitions- und Forschungsvorhaben von gesamtgesellschaftlicher Bedeutung (einschließlich Landwirtschaft), für die 1975 rund 9 Mrd. Mark vorgesehen sind. 3. Ausgaben für Verteidigung, die ebenfalls mit rund 9 Mrd. Mark für 1975 ausgewiesen sind. Über die Zusammensetzung der übrigen Ausgaben (ca. 51 Mrd. Mark 1975) ist nichts bekannt. (Möglicherweise sind in dieser Position die Ausgaben für die staatliche Verwaltung, ca. 34 Mrd. Mark, enthalten.) Ein unmittelbarer Vergleich des DDR-St. mit dem der Bundesrepublik Deutschland ist wegen der unterschiedlichen Abgrenzung der Haushalte wenig sinnvoll. Der scheinbar wesentlich größere Umfang des St. der DDR erklärt sich vor allem daraus, daß er neben dem zentralen Haushalt der Republik auch die der nachgeordneten Gebietskörperschaften, also der Bezirke, Kreise und Gemeinden sowie das Budget der Sozialversicherung umschließt. Um die Haushalte der beiden deutschen Staaten vergleichbar zu machen, müßten dem Bundeshaushalt die Haushalte der Länder und Gemeinden sowie alle sonstigen öffentlichen Finanzmittel (z. B. Lastenausgleich) hinzugerechnet, beim DDR-Budget die beitragsfinanzierten Ausgaben der Sozialversicherung abgezogen werden. Bei dieser Abgrenzung zeigt es sich, daß die öffentlichen Ausgaben je Einwohner mit 3.677 DM in der Bundesrepublik Deutschland bzw. 3.681 Mark in der DDR (Zahlen für 1971) praktisch gleich hoch sind. Rechtliche Grundlage für den St. ist das Gesetz über die St.-Ordnung vom 13. 12. 1968 (GBl. I, S. 383 ff.), die eine erste gesetzliche Regelung aus dem Jahre 1954 ablöste. Fundstelle: DDR Handbuch. Köln 1975: S. 827 Staatshaftung A, B, C, D, E, F, G, H, I, J, K, L, M, N, O, P, Q, R, S, T, U, V, W, Z Staatslehre

Siehe auch die Jahre 1953 1954 1956 1958 1959 1960 1962 1963 1965 1966 1969 1979 1985 Der St. ist in der DDR nicht identisch mit dem Begriff „Einnahmen und Ausgaben des Staates“. Die Differenz zwischen beiden sind die Fonds der VEB, VVB und volkseigenen Kombinate, die diese aus Teilen ihres Gewinns bilden und für bestimmte Investitionen sowie für Leistungsprämien verwenden. Für diese betriebseigenen Fonds sind im St.-Plan 1975 15 Mrd. Mark vorgesehen bei einem Gesamtumfang der „Einnahmen…

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Agrarökonomie (1975)

Siehe auch: Agrarökonomie: 1979 Agrarökonomik: 1953 1954 1956 1958 1959 1960 1962 1963 1965 1966 Agrarökonomik (bzw. Agrarökonomie): 1969 Die A. in der DDR ist die wissenschaftliche Grundlage für die wirtschaftliche Gestaltung der Produktionstätigkeit in der sozialistischen Landwirtschaft, den landwirtschaftlichen Betrieben und Be[S. 11]triebszweigen. Als Hilfsmittel der A. dienen die Agrarstatistik, weitere spezielle mathematische Methoden, insbesondere die Operationsforschung und EDV-Verfahren sowie das Rechnungswesen. Die A. hat eng mit der landwirtschaftlichen Praxis zusammenzuarbeiten, deren Erfahrungen zu verwerten und für eine schnelle Überführung der Forschungsergebnisse in die Praxis zu sorgen. Ziel der A. ist die Erhöhung der Effektivität der Agrarproduktion und die Verbesserung der Versorgung der Bevölkerung mit Nahrungsmitteln sowie der Industrie mit landwirtschaftlichen Rohstoffen. Als Disziplin der sozialistischen Wirtschaftswissenschaften gründet die A. vor allem auf der Politischen Ökonomie des Sozialismus und dem historischen Materialismus. Sie gliedert sich in die Ökonomie des Volkswirtschaftszweiges Landwirtschaft (Agrarökonomik) einerseits und andererseits in die Ökonomie der Landwirtschaftsbetriebe bzw. der landwirtschaftlichen Produktionszweige. Im Gegensatz zu allen anderen Branchen der Volkswirtschaft wurde die Notwendigkeit einer speziellen, auf die Betriebe gerichteten A. bereits in den 50er Jahren anerkannt (Sozialistische Betriebswirtschaftslehre). Diese Sonderstellung wird mit dem unterschiedlichen Entwicklungsstand der Produktionsverhältnisse (Vergesellschaftungsgrad der Produktionsmittel) in der Landwirtschaft erklärt. Die verschiedenen Landwirtschaftlichen Betriebsformen reagieren auf gleiche wirtschaftspolitische Maßnahmen unterschiedlich und müssen infolgedessen differenziert analysiert werden. Darüber hinaus sind die einzelnen landwirtschaftlichen Produktionszweige Gegenstand der A. (Ökonomie der Rinder-, Schweine-, Schaf- und Geflügelhaltung, Getreide-, Kartoffel-, Zuckerrüben-, Futter-, Obst- und Gemüseproduktion etc.). Neben Aussagen über die zweckmäßigste Gestaltung der Produktionszweige werden Auskünfte über Standortverteilung, Investitionsbedarf und -Struktur, Arbeitsproduktivität und den Bedarf an Fachleuten erwartet. Die nach dem VII.~Parteitag der SED (1967) versuchsweise begonnene und nach dem VIII.~Parteitag (1971) beschlossene Vereinheitlichung der landwirtschaftlichen Betriebsformen und der Aufbau spezialisierter Großbetriebe (Industrialisierung der Landwirtschaft) stellt während der „Übergangsphase“ erhöhte Anforderungen an die A. Dies führt jedoch schließlich dazu, daß die A. ausschließlich zur Ökonomie von Produktionszweigen wird. Trotz zahlreicher Parallelen zur westlichen A. im Hinblick auf Aufgabenstellung und Methoden bestehen Unterschiede, da die A. der DDR die weitere Vergesellschaftung der Produktionsmittel fördern soll. Sie ist grundsätzlich auf die Steigerung der Produktion ausgerichtet und hat, ungeachtet der unterschiedlichen Eignung der Produktionszweige, von der Organisation der Produktion in Großbetrieben auszugehen. Sozialistische Betriebswirtschaftslehre. Fundstelle: DDR Handbuch. Köln 1975: S. 10–11 Agrar-Industrie-Komplex (AIK) A, B, C, D, E, F, G, H, I, J, K, L, M, N, O, P, Q, R, S, T, U, V, W, Z Agrarpolitik

Siehe auch: Agrarökonomie: 1979 Agrarökonomik: 1953 1954 1956 1958 1959 1960 1962 1963 1965 1966 Agrarökonomik (bzw. Agrarökonomie): 1969 Die A. in der DDR ist die wissenschaftliche Grundlage für die wirtschaftliche Gestaltung der Produktionstätigkeit in der sozialistischen Landwirtschaft, den landwirtschaftlichen Betrieben und Be[S. 11]triebszweigen. Als Hilfsmittel der A. dienen die Agrarstatistik, weitere spezielle mathematische Methoden, insbesondere die…

DDR A-Z 1975

Bergbau (1975)

Siehe auch die Jahre 1960 1962 1963 1965 1966 1969 1979 1985 Bis 1967 eigener Industriezweig. In ihm waren 1967 7 v. H. (183.300) der Arbeiter und Angestellten der Industrie beschäftigt; vom industriellen Bruttoanlagevermögen entfielen 16 v. H. auf diesen Bereich. Ab Planjahr 1968 werden die Bergbaubetriebe verschiedenen Industriebereichen mit den Zweigen Steinkohlenindustrie, Braunkohlenindustrie, Kali- und Steinsalzindustrie, Schwarzmetallurgie und NE-Metallurgie zugeordnet. Die Rohstoffbasis des Bergbaus ist relativ schmal. Sie erlaubt lediglich, den Eigenbedarf an Braunkohle und Kalisalzen aus inländischen Quellen zu decken. Die erkundeten Braunkohlenvorräte werden mit 19 Mrd. t angegeben. Damit könnte das gegenwärtige Fördervolumen (1973: 246 Mill. t) ca. 75 Jahre aufrechterhalten werden. Vor dem Kriege konzentrierte sich die Förderung überwiegend auf die westelbischen Gebiete. Anfang der 50er Jahre wurde die Erschließung der Vorkommen — mit Schwerpunkt im Bezirk Cottbus — im großen Umfange aufgenommen. (Vorräte des „Lausitzer Reviers“ 11 Mrd. t.) Insgesamt verfügte die Braunkohlenindustrie Anfang 1974 über 32 Tagebaue, in denen die Förderung bzw. die Aufschlußarbeiten aufgenommen wurden. Von Vorteil ist, daß die Braunkohle im „Lausitzer“ und „mitteldeutschen Revier“ überwiegend in großen Feldern mit 200 Mill. t Vorrat ansteht, so daß kostengünstige Großtagebaue betrieben werden können. Allerdings verschlechtern sich die Förderbedingungen. [S. 110]Da die oberflächennahen Lagerstätten nahezu abgebaut sind, vermindert sich das Abraum-Kohle-Verhältnis: 1970 mußten für die Förderung einer Tonne Braunkohle 3,6 m³ Deckgebirge abgetragen werden, 1980 werden es ca. 5 m³ sein. Um die Braunkohlenförderung bis 1980 auf dem gegenwärtigen Niveau halten zu können, müssen neue Tagebaue mit einem Jahresaufkommen von 130 Mill. t. neu aufgeschlossen werden. Hierzu zählen die Vorkommen von Nochten bei Weißwasser (Oberlausitz), Jänischwalde bei Cottbus und Delitzsch-Südwest. Der Steinkohlenbergbau hat für die Wirtschaft der DDR keine nennenswerte Bedeutung. Die Vorräte werden mit insges. 50 Mill. t angegeben. Mangels abbauwürdiger Vorräte wird die Kohle nur noch in den Lagerstätten der Zwickauer Mulde gefördert. Die ungünstigen Ab[S. 111]bauverhältnisse, die wiederum hohe Betriebskosten bedingen, haben dazu beigetragen, daß die Fördermengen ständig zurückgenommen wurden und 1972 nur noch 0,7 Mill. t erreichten (1960: 2,7 Mill. t). Ein wichtiges Rohstoffreservoir für die Chemische Industrie sind die umfangreichen Steinsalz- und Kalivorkommen, die auf 5~Bill.~t bzw. 13~Mrd.~t geschätzt werden. Die Kaliindustrie beschäftigt ca. 31.000 Personen; zwei Drittel ihrer Erzeugnisse werden exportiert. Die DDR ist damit der bedeutendste Kaliexporteur der Welt; mit einer Jahresproduktion von 2,6 Mill. t (1973) nimmt sie den dritten Rang in der Welt ein. Gegenwärtig konzentriert sich die Kaliförderung noch auf das Werra- und Südharz-Revier. Dort befindet sich der zur Zeit größte Kalibetrieb (VEB Kalibetrieb „WERRA“, 8.000 Beschäftigte). Schwerpunkt des neuen Kaliprogramms bildet die Erschließung der Calvörder Scholle (bei Magdeburg). Hier sollen 0,7~Mrd.~t Kali lagern. 1973 nahm dort der Kalibetrieb Zielitz seine Produktion auf; er soll der größte Kaliproduzent der DDR werden. Aus den einheimischen Eisenerzlagerstätten kann die DDR lediglich 5 v. H. ihres Eigenbedarfs decken. Selten sind auch die Erze von Stahlveredelungsmetallen, von denen lediglich das im Vorland des Erzgebirges abgebaute Nickelerz eine gewisse Bedeutung besitzt. Zwar befinden sich auf dem Territorium der DDR zum Teil relativ umfangreiche Vorkommen von Buntmetallen. Ihr Abbau ist aber aufgrund der geringen Wertkonzentration erschwert bzw. wirtschaftlich nicht rentabel. Am bedeutendsten ist der Kupferbergbau mit etwa 27.000 Beschäftigten und einer (geschätzten) Jahresproduktion von etwa 2.000 t. Wichtigste Kupfervorkommen sind die südlich des Harzes gelegenen Mulden von Mansfeld und Sangerhausen (Cu-Gehalt bis zu 3 v. H.). Das Schwergewicht des Kupferbergbaus hat sich jedoch in den letzten Jahren aus der Mansfelder in die Sangerhauser Mulde verschoben. Abbauwürdige Blei- und Zinkerze (Gehalt etwa 2 bis 5 v. H.) befinden sich im Freiberger Raum; im Mansfelder Kupferschiefer treten Blei- und Zinkerze als Beimengungen auf. Die Erzförderung beträgt etwa 300.000 t, eine Steigerung ist gegenwärtig nicht möglich. Zentrum des Zinnerzbergbaus (Zinngehalt etwa 2 v. H.) ist Altenberg im Osterzgebirge; die Jahresproduktion wird auf etwa 1 000 t geschätzt. Energiewirtschaft. Fundstelle: DDR Handbuch. Köln 1975: S. 109–111 Bergakademie Freiberg A, B, C, D, E, F, G, H, I, J, K, L, M, N, O, P, Q, R, S, T, U, V, W, Z Bergbehörde

Siehe auch die Jahre 1960 1962 1963 1965 1966 1969 1979 1985 Bis 1967 eigener Industriezweig. In ihm waren 1967 7 v. H. (183.300) der Arbeiter und Angestellten der Industrie beschäftigt; vom industriellen Bruttoanlagevermögen entfielen 16 v. H. auf diesen Bereich. Ab Planjahr 1968 werden die Bergbaubetriebe verschiedenen Industriebereichen mit den Zweigen Steinkohlenindustrie, Braunkohlenindustrie, Kali- und Steinsalzindustrie, Schwarzmetallurgie und NE-Metallurgie zugeordnet. Die…

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Flüchtlingsvermögen (1975)

Siehe auch die Jahre 1958 1959 1960 1962 1963 1965 1966 1969 1979 1985 [S. 314]Nach der VO zur Sicherung von Vermögenswerten vom 17. 7. 1952 (GBl., S. 615) und den dazu ergangenen Dienstanweisungen war das Vermögen von Personen, die die DDR verlassen haben, ohne die polizeilichen Meldevorschriften zu beachten, zu beschlagnahmen und in Volkseigentum zu überführen. Am 11. 6. 1953 (Neuer Kurs) wurde diese VO aufgehoben. Flüchtlingen, die in die DDR zurückkehrten, sollte das beschlagnahmte Vermögen zurückgegeben werden. Durch die Anordnung Nr. 2 vom 20. 8. 1958 (GBl. I, S. 644) über die Behandlung des Vermögens von Personen, die die DDR nach dem 10. 6. 1953 verlassen haben, wird das Vermögen dieser Flüchtlinge der Verwaltung eines staatlichen Treuhänders unterstellt. Der Treuhänder hat die beweglichen Vermögenswerte zu veräußern und den Erlös an die Staatskasse abzuführen. Den Abschluß der gegen F. gerichteten Enteignungsmaßnahmen bildete die VO über die Rechte und Pflichten des Verwalters des Vermögens von Eigentümern, die die DDR ungesetzlich verlassen haben gegenüber Gläubigern in der DDR vom 11. 12. 1968 (GBl. II, 1969, S. 1). Aufgrund dieser VO, die nur ihrem Namen nach der Befriedigung der Gläubiger dient, wurden die Reste des im wesentlichen nur noch aus Grundstücken bestehenden F. liquidiert, indem neue, überhöhte Steuerforderungen und sonstige öffentliche Abgaben gegen das niedriger als zuvor bewertete F. geltend gemacht wurden. Alle Flüchtlinge, unabhängig vom Zeitpunkt ihrer Flucht, wurden durch diese Maßnahmen nunmehr auch formalrechtlich enteignet, nachdem tatsächlich ihre Eigentümerposition bereits durch die Ausgestaltung der staatlichen Treuhandverwaltung bis zur Bedeutungslosigkeit ausgehöhlt worden war. Von praktischer Bedeutung jedoch ist die durch die VO vom 11. 12. 1968 geschaffene Rechtslage, wenn der Flüchtling in die DDR zurückkehrt, oder wenn er stirbt und sein Erbe in der DDR lebt. Da in diesen Fällen die staatliche Treuhandschaft endet, müßten dem Rückkehrer oder dem Erben die beschlagnahmten Vermögenswerte zurückgegeben werden. Nach der Liquidation der unter Treuhandschaft stehenden Vermögenswerte ist dies jedoch nicht mehr möglich. Fundstelle: DDR Handbuch. Köln 1975: S. 314 Flüchtlinge A, B, C, D, E, F, G, H, I, J, K, L, M, N, O, P, Q, R, S, T, U, V, W, Z Flugverkehr

Siehe auch die Jahre 1958 1959 1960 1962 1963 1965 1966 1969 1979 1985 [S. 314]Nach der VO zur Sicherung von Vermögenswerten vom 17. 7. 1952 (GBl., S. 615) und den dazu ergangenen Dienstanweisungen war das Vermögen von Personen, die die DDR verlassen haben, ohne die polizeilichen Meldevorschriften zu beachten, zu beschlagnahmen und in Volkseigentum zu überführen. Am 11. 6. 1953 (Neuer Kurs) wurde diese VO aufgehoben. Flüchtlingen, die in die DDR zurückkehrten, sollte das beschlagnahmte…

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Oder-Neiße-Grenze (1975)

Siehe auch: Oder-Neiße-Grenze: 1979 1985 Oder-Neiße-Linie: 1953 1954 1956 1958 1959 1960 1962 1963 1965 1966 1969 Bezeichnung für die geographische Linie, die von der tschechoslowakischen Grenze dem Lauf der westlichen Neiße folgt und von deren Odermündung entlang der Oder bis südlich Stettin verläuft. Sie markiert die gegenwärtige Grenze zwischen der DDR und der Volksrepublik Polen. (Die ONG. stellt nur einen Teil der Grenze zwischen beiden sozialistischen Ländern dar; im Norden verläuft die Grenze entlang einer Linie, die südlich Stettin die Oder verläßt, westlich an der Stadt vorbei nach Norden verläuft und westlich Swinemünde die Ostsee trifft. Durch diese willkürliche Grenzziehung am Ende des II. Weltkrieges fielen auch die Städte Stettin und Swinemünde und ihr Hinterland unter polnische Verwaltung.) Im Febr. 1945 wurde auf der Krim-Konferenz von Roosevelt, Churchill und Stalin eine Entschädigung Polens für die von der UdSSR annektierten polnischen Ostgebiete auf Kosten Deutschlands anerkannt, ohne daß Vereinbarungen über den Umfang des Gebietes getroffen worden wären. Nach Abschnitt IX des Potsdamer Abkommens wurde die diesbezügliche Meinung der Provisorischen polnischen Regierung lediglich „geprüft“, doch „bekräftigten die Häupter der drei Regierungen die Auffassung, daß die endgültige Festlegung der Westgrenze Polens bis zur Friedenskonferenz zurückgestellt werden solle“. Ferner ergab die Potsdamer Konferenz darin Übereinstimmung, daß die in Frage stehenden deutschen Gebiete „unter die Verwaltung des polnischen Staates kommen und in dieser Hinsicht nicht als Teil der sowjetischen Besatzungszone in Deutschland betrachtet werden sollen“. In der Folgezeit wurde von seiten der Westmächte bei jedem diplomatischen Anlaß der vorläufige Charakter der ONG. betont, während Polen und die UdSSR die Vereinbarungen des Potsdamer Abkommens als endgültige Regelung betrachteten. Polen paßte den Verwaltungs- und Wirtschaftsaufbau den polnischen Verhältnissen an und begann mit einer polnischen Besiedlung der ehemals deutschen Gebiete. Bemerkenswert ist u. a. die Tatsache, daß die ONG. in erster Linie ein Produkt der Diskussion zwischen den Kriegsalliierten um die polnische Westgrenze war, die ihrerseits wegen der sowjetischen Ansprüche auf ostpolnisches Gebiet nach Westen verschoben werden mußte („Westverschiebung Polens“). Die Haltung der SED zur ONG. hat sich in den letzten 25 Jahren gewandelt. Am 16. 10. 1946 erklärte z. B. einer der beiden Vorsitzenden der SED, W. Pieck: „Wir werden alles tun, damit bei den Alliierten die Grenzfrage nachgeprüft und eine ernste Korrektur an der jetzt bestehenden Ostgrenze vorgenommen wird“ (Berliner Zeitung, Nr. 243 vom 17. 10. 1946). Dagegen heißt es in der Regierungserklärung Grotewohls vom 12. 10. 1949: „Die Oder-Neiße-Linie ist für uns eine Friedensgrenze …“ Im Abkommen der DDR mit der Republik Polen vom 6. 7. 1950 (Görlitzer Abkommen) wird die ONG. als „unantastbare Friedens- und Freundschaftsgrenze“ bezeichnet und damit der Versuch unternommen, die ONG. völkerrechtlich festzulegen. Im Jahre 1970 behauptete der Erste Sekretär der SED, W. Ulbricht, mit dem Abschluß des Görlitzer Abkommens habe die SED „für alle Deutschen gehandelt“. Aus westlicher Sicht waren und sind zum Problem der ehemaligen deutschen Ostgebiete zwei Auffassungen geäußert worden: 1. Die Abmachungen der Kriegsalliierten sähen eine [S. 603]endgültige Grenzregelung erst bei Abschluß eines Friedensvertrages mit Deutschland als ganzem vor. Die Entscheidung über territoriale Fragen, insbesondere über die Abtretung deutschen Gebietes, muß einem aus freien Wahlen hervorgegangenen gesamtdeutschen Souverän vorbehalten bleiben. Daher sei der Görlitzer Grenzvertrag zwischen DDR und Polen völkerrechtlich ungültig und für keine deutsche Regierung bindend. Faktische und rechtliche Gründe für eine Gebietsabtretung diesen Ausmaßes seien nicht gegeben. Diesen formalen, wenn auch völkerrechtlich schwer angreifbaren Standpunkt vertraten alle Bundesregierungen der Bundesrepublik Deutschland bis 1969, dem Jahr des Regierungsantritts der Kleinen Koalition aus SPD und FDP. 2. Die nationalen Interessen der Bundesrepublik Deutschland erforderten eine Normalisierung ihrer Beziehungen auch zu den osteuropäischen Ländern. Daher sei es aus politischen und moralischen Gründen notwendig und möglich, mit der Volksrepublik Polen — ohne Aufgabe prinzipieller Rechtsauffassungen — über eine Anerkennung der bestehenden Grenze zur DDR zu verhandeln. Das Beharren auf Rechtspositionen müsse auf Dauer die Bundesrepublik vom europäischen Entspannungsprozeß abkoppeln, sie auch im Westen isolieren und eine Verständigung mit der DDR auf unabsehbare Zeit vertagen. Zudem erfordere die Situation um Berlin (West) einen auszuhandelnden modus vivendi mit der UdSSR, der ohne eine Verständigung mit der Regierung Polens nicht zu erreichen sei. Die Bundesregierung unter Bundeskanzler W. Brandt und Außenminister W. Scheel unterzeichnete am 7. 12. 1970 in Warschau einen „Vertrag zwischen der Bundesrepublik Deutschland und der Volksrepublik Polen über die Grundlagen der Normalisierung ihrer gegenseitigen Beziehungen“. In diesem Vertrag, als Gewaltverzichtsvertrag apostrophiert, anerkennt die Bundesrepublik (für sich), daß die bestehende Grenze, die ONG., die westliche „Staatsgrenze der Volksrepublik Polen“ bildet, „unverletzlich“ („jetzt und in der Zukunft“) sei und beide Staaten gegeneinander keine Gebietsansprüche haben. Damit hat die Bundesrepublik Deutschland einen Schritt getan, den die DDR schon 1950 — allerdings unter sowjetischem Druck — vollzogen hatte. Ihre prinzipielle Auffassung — daß eine gesamtdeutsche Regierung vor einem Friedensvertrag nicht durch Gebietsabtretungen gebunden werden kann — wurde davon nicht berührt. Deutschlandpolitik der SED. Fundstelle: DDR Handbuch. Köln 1975: S. 602–603 Obligationen A, B, C, D, E, F, G, H, I, J, K, L, M, N, O, P, Q, R, S, T, U, V, W, Z Öffentliche Sozialleistungen

Siehe auch: Oder-Neiße-Grenze: 1979 1985 Oder-Neiße-Linie: 1953 1954 1956 1958 1959 1960 1962 1963 1965 1966 1969 Bezeichnung für die geographische Linie, die von der tschechoslowakischen Grenze dem Lauf der westlichen Neiße folgt und von deren Odermündung entlang der Oder bis südlich Stettin verläuft. Sie markiert die gegenwärtige Grenze zwischen der DDR und der Volksrepublik Polen. (Die ONG. stellt nur einen Teil der Grenze zwischen beiden sozialistischen Ländern dar; im Norden…

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Kammer der Technik (KdT) (1975)

Siehe auch: Kammer der Technik: 1963 1965 1966 1969 Kammer der Technik (KdT): 1979 1985 Technik, Kammer der: 1953 1954 1965 1966 1969 1979 Technik, Kammer der (KdT): 1956 1958 1959 1960 1962 1963 Gesellschaftliche Organisation der Ingenieure, Techniker und Ökonomen in der DDR, mit deren Hilfe diese Gruppen der Intelligenz in die durch die SED bestimmte politische, soziale und ökonomische Entwicklung einbezogen werden. Unter bewußtem Bruch mit der Tradition des Vereins Deutsche Ingenieure und anderer traditioneller wissenschaftlich-technischer Vereinigungen wurde die KdT im Juli 1946 im Rahmen des FDGB gegründet. Sie ist seitdem aus dieser organisatorischen Verbindung heraus zu einer eigenständigen Massenorganisation der technischen und teilweise auch der ökonomischen Intelligenz geworden. Aufgabenstellung und Organisationsstruktur verbinden die KdT fest mit den anderen Massenorganisationen sowie den staatlichen, wissenschaftlichen und ökonomischen Institutionen und betten ihre Tätigkeit in die jeweiligen gesellschaftspolitischen Zielsetzungen ein. Die KdT ist sowohl nach dem Produktions- als auch nach dem Territorialprinzip gegliedert. Die zentralen Leitungsorgane sind der alle vier Jahre tagende Kongreß, der von diesem gewählte Hauptausschuß, das Präsidium und das Sekretariat. Die größten fachgebundenen Organisationseinheiten bilden 14 Fachverbände (Bauwesen, Chemische Technik, Maschinenbau usw.), die sich ihrerseits in Anlehnung an die VVB-Struktur wieder in Industriezweigleitungen teilen. Bei dem Hauptausschuß bestehen mit Querschnittsaufgaben 14 zentrale Arbeitsgemeinschaften und Kommissionen (z. B. AG [Z] Organisation und Rechentechnik, AG [Z] Marktforschung). Dem entspricht bei den Fachverbänden und den Industriezweigleitungen ein stark ausdifferenziertes, flexibles und der Konzeption nach aufeinander bezogenes, hierarchisiertes System von Arbeitsgruppen, Fachausschüssen, Fachunterausschüssen, Kommissionen und Arbeitsausschüssen. Diese Unterteilung soll einmal die Möglichkeit bieten, Sonderprobleme von zahlenmäßig kleinen Gruppen und Spezialisten behandeln zu lassen und andererseits doch ein kontrolliertes Organisationsgeflecht aufrecht zu erhalten. Der KdT gehören weiter vier wissenschaftlich-technische Gesellschaften (WTG) an: Gesellschaft für Meßtechnik und Automatisierung, Montanwissenschaftliche Gesellschaft, Gesellschaft für Photogrammetrie, Gesellschaft für Standardisierung. Unterste Organisationseinheiten sind in den Betrieben, Verwaltungen, Instituten und an den Universitäten, Hoch- und Fachschulen die Sektionen der KdT. Die Bezirksverbände, als mittlere Leitungsebene, befassen sich einmal mit den Problemen der örtlich, insbesondere bezirksgeleiteten Industrie und sind zum anderen für die Weiterbildung der technischen Intelligenz in ihrem Organisationsbereich verantwortlich. Der demokratische Zentralismus gilt als grundsätzliches Organisationsprinzip auch für die KdT. Präsident der KdT ist seit dem 6. Kongreß der KdT 1974 Prof. Dr.-Ing. Manfred Schubert; Prof. Dr. Horst Peschel, sein Vorgänger, wurde zum Ehrenpräsidenten gewählt. Neben einer größeren Zahl von Fachzeitschriften erscheint für die Mitglieder der KdT monatlich die „Technische Gemeinschaft“. Die KdT ist (teilweise mittelbar durch einzelne AG [Z] und WTG) Mitglied internationaler wissenschaftlicher Organisationen. Zunehmend kommt es zwischen den Wissenschaftlich-Technischen Organisationen (WTO) der RGW-Staaten zur Kooperation und Arbeitsteilung; so liegt z. B. die Federführung für Grundprobleme der Aus- und Weiterbildung technischer Fachkräfte bei der KdT. Neben der gesellschaftspolitischen Integration der technischen Intelligenz ist eine weitere Hauptaufgabe der KdT die Förderung des wissenschaftlich-technischen Fortschritts: beschleunigte Überleitung von Forschungsergebnissen in die Produktion; Entwicklung und Unterstützung von Rationalisierungsvorhaben; Mitarbeit in der Neuererbewegung, insbesondere in den sozialistischen Arbeitsgemeinschaften; Entwicklung und Einführung neuer Methoden der Betriebs- und Arbeitsorganisation; Ausarbeitung technischer Standards; Beratung der staatlichen Institutionen in wissenschaftlich-technischen Fragen. Ein dritter wichtiger Aufgabenbereich der KdT, dessen Bedeutung ständig zunimmt, besteht im Aufbau eines umfassenden Weiterbildungssystems für die technische Intelligenz. Drei Aufgabenstellungen sollen dabei mit unterschiedlichen Methoden gelöst werden: 1. Weiterbildung mit vorwiegend praxisorientiertem, informativem Charakter (Vorträge, Vortragsreihen, Erfahrungsaustausch, Seminare usw.); 2. wissenschaftliche Veranstaltungen über Grundsatzprobleme (Kongresse, Fachtagungen, Symposien usw.); 3. Weiterbildungsmaßnahmen mit dem Charakter eines kurzfristigen Spezialstudiums (Lehrgänge, Fernkurse, standardisiertes Selbststudium mit Konsultationen). Die Mitglieder der KdT sind darüber hinaus mit Unterstützung ihrer Organisation zu einem nicht unerheblichen Teil an den Qualifizierungsvorhaben der Betriebe in den Betriebsakademien usw. beteiligt. 1973 zählte die KdT rund 210.000 Mitglieder, davon 30.000 Funktionäre. Davon waren 1973 70.000 in den etwa 3.000 Betriebssektionen erfaßt. Der Organisationsgrad wurde mit 55 v. H. der in der Industrie tätigen Hoch- und Fachschulkader angegeben. Die bis 1971 subventionierte KdT soll sich seitdem selbst finanzieren. [S. 456]1973 beteiligten sich 33.262 KdT-Mitglieder an wissenschaftl. Veranstaltungen der Fachverbände bzw. WTG und 38.710 an solchen der Bezirksverbände; Lehrgänge bzw. Fernkurse besuchten 50.308. Bei Vorträgen, Weiterbildungsveranstaltungen der Betriebssektionen, Exkursionen usw. wurden darüber hinaus 589.497 Teilnehmer gezählt. Fundstelle: DDR Handbuch. Köln 1975: S. 455–456 Kaliindustrie A, B, C, D, E, F, G, H, I, J, K, L, M, N, O, P, Q, R, S, T, U, V, W, Z Kammer für Außenhandel (KfA)

Siehe auch: Kammer der Technik: 1963 1965 1966 1969 Kammer der Technik (KdT): 1979 1985 Technik, Kammer der: 1953 1954 1965 1966 1969 1979 Technik, Kammer der (KdT): 1956 1958 1959 1960 1962 1963 Gesellschaftliche Organisation der Ingenieure, Techniker und Ökonomen in der DDR, mit deren Hilfe diese Gruppen der Intelligenz in die durch die SED bestimmte politische, soziale und ökonomische Entwicklung einbezogen werden. Unter bewußtem Bruch mit der Tradition des Vereins…

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Ministerium für Post- und Fernmeldewesen (1975)

Siehe auch die Jahre 1969 1979 1985 Das MPF., mit seinem Sitz in Ost-Berlin, arbeitet eng mit der Staatlichen Plankommission und anderen Organen des Ministerrates sowie den örtlichen Organen der Staatsmacht zusammen, legt auf der Grundlage der Direktiven der Staatlichen Plankommission Entwürfe von Perspektivplänen und Jahresplänen für den Wirtschaftszweig Post- und Fernmeldewesen vor und ist für die Durchführung dieser Pläne verantwortlich. Das MPF. wird vom Minister für Post- und Fernmeldewesen, z. Z. Rudolph Schulze, nach dem Prinzip der Einzelleitung geleitet. Der Minister ist für die Erfüllung der staatlichen Aufgaben des MPF. und der „Deutschen Post“ (DP) dem Ministerrat gegenüber verantwortlich und der Volkskammer und dem Staatsrat rechenschaftspflichtig. Er erläßt auf der Grundlage und in Durchführung der Gesetze und Beschlüsse der Volkskammer, der Erlasse und Beschlüsse des Staatsrates, der Beschlüsse und Verordnungen des Ministerrates Durchführungsbestimmungen und Anordnungen. Außerdem erläßt er die für die Abwicklung des Dienstes notwendigen Dienstanweisungen und Ordnungsvorschriften. Gegenüber den Leitern der Bezirksdirektionen (BDP) sowie gegenüber den unmittelbar unterstellten Leitern der zentralen Ämter und Schulen der DP hat er Weisungsrecht. Zur Unterstützung seiner staatlichen Führungstätigkeit stehen dem Minister der Staatssekretär und weitere Stellv. zur Seite. Der Staatssekretär ist der Erste Stellv. des Ministers. Er vertritt ihn bei Abwesenheit und hat für die Zeit der Vertretung die Pflichten und Befugnisse des Ministers. Als beratendes Organ — vorwiegend in politischen Fragen — steht dem Minister ein Kollegium zur Verfügung, das den Minister in allen wichtigen Fragen, insbesondere über die Durchführung von Beschlüssen der SED, aber auch bei der Vorbereitung gesetzlicher Bestimmungen berät. Die Aufgaben der Abteilungen und selbständigen Sektoren des MPF. werden im Strukturplan und durch Weisungen des Ministers geregelt. Dem Ministerium ist eine Anzahl von Sonderämtern und anderen Einrichtungen direkt unterstellt, die zentrale Aufgaben für die gesamte DP zu erfüllen haben. Hierzu gehören: Institut für Post- und Fernmeldewesen, Zentralamt für Fernleitungsanlagen, Zentralamt für Materialwirtschaft, Zentralamt für Berufsbildung, Organisations- und Rechenzentrum, Zentrales Postverkehrsamt, Zeitungsvertriebsamt, Institut für sozialistische Wirtschaftsführung, Rundfunk- und Fernsehtechnisches Zentralamt, Beschaffungsamt für Rundfunk und Fernsehen, Funkdirektion, Fernmeldeamt der Regierung, Funkkontroll- und Meßdienst (Radiocon), Studiotechnik Fernsehen, Studiotechnik Rundfunk. Fundstelle: DDR Handbuch. Köln 1975: S. 571 Ministerium für Nationale Verteidigung A, B, C, D, E, F, G, H, I, J, K, L, M, N, O, P, Q, R, S, T, U, V, W, Z Ministerium für Schwermaschinen- und Anlagenbau

Siehe auch die Jahre 1969 1979 1985 Das MPF., mit seinem Sitz in Ost-Berlin, arbeitet eng mit der Staatlichen Plankommission und anderen Organen des Ministerrates sowie den örtlichen Organen der Staatsmacht zusammen, legt auf der Grundlage der Direktiven der Staatlichen Plankommission Entwürfe von Perspektivplänen und Jahresplänen für den Wirtschaftszweig Post- und Fernmeldewesen vor und ist für die Durchführung dieser Pläne verantwortlich. Das MPF. wird vom Minister für Post- und…

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Grundeigentum (1975)

Siehe auch die Jahre 1960 1962 1963 1965 1966 1969 1979 1985 Grundstücke, die lediglich „der Befriedigung eigener Lebensbedürfnisse des Eigentümers dienen“, können persönliches Eigentum sein. Daneben gibt es in der Übergangsperiode vom Kapitalismus zum Sozialismus noch Privateigentum an Grund und Boden. Auch die Verfassung vom 6. 4. 1968 verbietet nicht privates G. In Art. 15 heißt es lediglich, daß „der Boden der DDR zu ihren kostbarsten Naturreichtümern gehört. Er muß geschützt und rationell genutzt werden. Land- und forstwirtschaftlich genutzter Boden darf nur mit Zustimmung der verantwortlichen staatlichen Organe seiner Zweckbestimmung entzogen werden.“ Das private G. ist allerdings schon seit 1945 durch Enteignung stark dezimiert worden (Aufbaugesetz). Der staatlichen Kontrolle des privaten Grundstücksverkehrs und der Sozialisierung unerwünschten privaten G. dient die Grundstücksverkehrsordnung vom 11. 1. 1963 (GBl. II, S. 159). Nach §~2 ist jede Übertragung des Eigentums an einem Grundstück oder Gebäude oder dessen Belastung oder Übertragung dieser Belastung durch Rechtsgeschäft genehmigungspflichtig. Dasselbe gilt für den Grunderwerb im Wege der Erbfolge, wenn eine juristische Person, also z. B. die Kirche, erben soll. Die Genehmigung erteilt der Rat des Kreises. Wenn „spekulative Gründe“ vorliegen oder wenn „durch den Erwerb eine Konzentration von Grundbesitz entsteht“ oder „in anderer Weise gesellschaftliche Interessen verletzt werden“, ist die Genehmigung zu versagen. Das geschieht vor allem dann, wenn der Erwerber im Westen lebt oder er selbst oder ein naher Angehöriger bereits Eigentümer eines Hausgrundstückes ist. „Um den Grundstücksverkehr entsprechend den Erfordernissen des sozialistischen Aufbaus zu lenken und die staatlichen Interessen durch den Erwerb von Grundstücken wahrzunehmen“, ist den Räten des Kreise durch die VO vom 11. 1. 1963 ein sogenanntes Vorerwerbsrecht eingeräumt worden, das allen sonstigen Verkaufsrechten vorgeht. Mit der Ausübung dieses Vorerwerbsrechts und der Eintragung der Rechtsänderung in das Grundbuch entsteht Volkseigentum. Alle auf dem [S. 390]Grundstück ruhenden Belastungen erlöschen. Für die Gläubiger, deren dingliche Rechte erloschen sind, tritt der Erlös an die Stelle des Grundstücks. Steht ein Grundstück teils in Privateigentum, teils in „Volkseigentum“, so hat der private Miteigentümer kein Recht auf Beteiligung an der Verwaltung des Grundstücks. G. von Flüchtlingen wird unter staatliche Treuhandverwaltung gestellt (Flüchtlingsvermögen). Die Behandlung sonstigen westlichen G. richtet sich danach, ob der Eigentümer in der Bundesrepublik Deutschland oder in West-Berlin lebt. In der Bundesrepublik wohnende Eigentümer können für ihre Grundstücke einen Verwalter einsetzen. Nur wenn das nicht geschieht, wird das Grundstück in staatliche Treuhandverwaltung genommen (Treuhandvermögen). Demgegenüber werden Grundstücke, die West-Berlinern gehören, seit Errichtung der Mauer generell in staatliche Treuhandverwaltung genommen. Die Verwaltungsvollmachten der Grundstückseigentümer gelten als erloschen. Fundstelle: DDR Handbuch. Köln 1975: S. 389–390 Grundbuch A, B, C, D, E, F, G, H, I, J, K, L, M, N, O, P, Q, R, S, T, U, V, W, Z Grundlagenforschung

Siehe auch die Jahre 1960 1962 1963 1965 1966 1969 1979 1985 Grundstücke, die lediglich „der Befriedigung eigener Lebensbedürfnisse des Eigentümers dienen“, können persönliches Eigentum sein. Daneben gibt es in der Übergangsperiode vom Kapitalismus zum Sozialismus noch Privateigentum an Grund und Boden. Auch die Verfassung vom 6. 4. 1968 verbietet nicht privates G. In Art. 15 heißt es lediglich, daß „der Boden der DDR zu ihren kostbarsten Naturreichtümern gehört. Er muß geschützt und…

DDR A-Z 1975

Sozialplanung (1975)

Siehe auch die Jahre 1979 1985 Mit dem Begriff S. wird die Einbeziehung sozialer Beziehungen in die Leitungs- und Planungstätigkeit bezeichnet. Mit dieser Planung sollen Ziele und Aufgaben für die bewußte Steuerung sozialer Prozesse festgelegt und die dafür erforderlichen Mittel bestimmt werden. Als ein Komplex sich wechselseitig beeinflussender derartiger Prozesse sollen vor allem die allgemeine Entwicklung der Betriebe einerseits und die sozialen Verhältnisse der Betriebsangehörigen andererseits beeinflußt werden. Dabei handelt es sich um die planmäßige Veränderung der sozialen wie der Berufs- und Qualifikationsstruktur der Arbeitskollektive, um die Verbesserung der Arbeitsorganisation und der allgemeinen Arbeitsbedingungen, um die Erhöhung der „Lebensqualität“ für die Werktätigen, um die „kommunistische Erziehung und Hebung der gesellschaftlichen Aktivität“ und um eine effektive Gestaltung der sozialen Beziehungen im Betriebskollektiv. Auch in der Vergangenheit gab es schon Planteile, die einzelne Bereiche des betrieblichen (und damit gesellschaftlichen) Lebens sozialer Planung unterwarfen. S. will nun diese zum Teil separat nebeneinander verlaufenden Planungsversuche koordinieren und alle gesellschaftlichen Bereiche damit einer systematischeren Planung als bisher unterwerfen. Die Ziele der S. auf betrieblicher Ebene lassen sich aus der Doppelfunktion des sozialistischen Betriebes als zugleich Produktionseinheit und sozialer „Organimus“ ableiten. S. soll daher sowohl zur Steigerung der Arbeitsproduktivität beitragen als auch Bedingungen zur Herausbildung sozialistischer Persönlichkeiten schaffen. Insbesondere soll mit S. im Betrieb erreicht werden, daß eine systematische Berücksichtigung sozialer Voraussetzungen und Folgen technisch-ökonomischer Veränderungen erfolgt und entsprechende Maßnahmen möglichst frühzeitig Eingang in die betriebliche Planung finden. Der Versuch, die sozialen Dimensionen insbesondere technologischer, organisatorischer und wirtschaftlicher Entwicklungen systematisch zu erfassen und ihre Auswirkungen planmäßig zu steuern, führte zu einer wachsenden Anerkennung der Bedeutung des subjektiven Faktors auch unter den Bedingungen der wissenschaftlich-technischen Revolution. S. will diese Faktoren in ihren komplexen sozialen Zusammenhängen so beeinflussen, daß sie einer weiteren effektiven Ausgestaltung des Produktionsprozesses nicht hemmend entgegenwirken. Aber die Aufgaben der S. erstrecken sich nicht nur auf das Betriebskollektiv; S. soll nicht nur Instrument zur Steigerung der Produktion sein. Sie zielt darüber hinaus auf die bewußte Schaffung von Bedingungen für das „qualitative Wachstum der Arbeiterklasse“ als der politisch führenden und Hauptproduktivkraft der sozialistischen Gesellschaft. Dies gilt zugleich als „Hauptinhalt“ der S. Sie soll strukturelle Veränderungen in der Gesellschaft bewirken: Erstrebt wird eine größere soziale Homogenität der Arbeiterklasse und eine Erhöhung ihres Bildungs- und beruflichen Qualifikationsniveaus; die Entwicklung sozialistischer Persönlichkeiten soll ermöglicht und die ihnen angemessenen sozialen Beziehungen entwickelt sowie insgesamt eine schöpferische gesellschaftliche Aktivität der Werktätigen ausgelöst werden. In vieler Hinsicht hängt die planmäßige Gestaltung sozialer Entwicklungen vor allem im Betrieb von „flankierenden“ Maßnahmen seitens der Territorien ab. Sowohl von den zentralen Organen wie den Bezirken, Kreisen und Gemeinden müssen konkrete Leistungen erbracht, bzw. infrastrukturelle Einrichtungen zur Verfügung gestellt und mit der betrieblichen S. koordiniert werden, wenn S. die Gesamtheit sozialer Verhältnisse erfassen soll. Damit werden künftig an die Territorialplanung, soweit sie Aufgaben der S. übernimmt, neue Anforderungen gestellt werden. Fundstelle: DDR Handbuch. Köln 1975: S. 785 Sozialleistungen A, B, C, D, E, F, G, H, I, J, K, L, M, N, O, P, Q, R, S, T, U, V, W, Z Sozialprodukt

Siehe auch die Jahre 1979 1985 Mit dem Begriff S. wird die Einbeziehung sozialer Beziehungen in die Leitungs- und Planungstätigkeit bezeichnet. Mit dieser Planung sollen Ziele und Aufgaben für die bewußte Steuerung sozialer Prozesse festgelegt und die dafür erforderlichen Mittel bestimmt werden. Als ein Komplex sich wechselseitig beeinflussender derartiger Prozesse sollen vor allem die allgemeine Entwicklung der Betriebe einerseits und die sozialen Verhältnisse der Betriebsangehörigen…

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Schwarze Pumpe (1975)

Siehe auch die Jahre 1958 1959 1960 1962 1963 1965 1966 1969 Name des größten, in der Nähe von Hoyerswerda (Kreis Spremberg) gelegenen Braunkohlenkombinats der DDR (der Name ist von einem früher auf dem Gelände befindlichen Gasthaus übernommen worden). Zu seinen Hauptaufgaben gehören die Förderung und Verarbeitung von Braunkohle. Dazu zählt u. a. neben der Elektrizitätserzeugung die Produktion von Braunkohlenbriketts, Braunkohlen-Hochtemperaturkoks (BHT) und Stadtgas. Rohstoffgrundlage ist das Niederlausitzer Revier (Bergbau), insbesondere die Vorkommen von Stradow, Welzow-Süd und Nochten. Insgesamt ist die Verarbeitung von jährlich 37 Mill. t Braunkohle vorgesehen. Mit dem Bau des Werkes wurde 1956 begonnen. Die 1. Ausbaustufe war 1961 fertiggestellt; sie umfaßt eine Brikettfabrik mit einer Jahresproduktion von ca. 3 Mill. t und ein Kraftwerk mit einer Kapazität von 250 Megawatt. Die Inbetriebnahme der 2. Ausbaustufe erfolgte 1964; zu ihr gehören neben einer Brikettfabrik und einem Kraftwerk ein Druckgaswerk mit 16 Generatoren (von insgesamt 40 geplanten Generatoren). Die 3. Ausbaustufe wurde 1964/65 in Angriff genommen. Nach dem Vorbild der bereits im VEB Braunkohlenkombinat Lauchhammer arbeitenden Großkokerei wurde u. a. eine BHT-Kokerei errichtet. Der BHT-Koks ist für den Einsatz in der Metallurgie und in einigen Bereichen der chemischen Industrie geeignet. Damit wird vor allem die Abhängigkeit von der Einfuhr von Hüttenkoks gemindert (Einfuhr von Steinkohlenkoks 1965: 3,2 Mill. t, 1972: 3,1 Mill. t). Da die Braunkohle, im Gegensatz zur Steinkohle, nicht die Eigenschaft hat, beim Entgasungsprozeß zusammenzubacken, muß die zur BHT-Verkokung verwendete Kohle zunächst brikettiert werden. Nebenprodukte des Verkokungsprozesses sind Teer, Öle und Gas. Eine Aufbereitung des Gases ist erforderlich, da sein Heizwert von ca. 2.800 Kcal/m³ nicht der Stadtgasqualität entspricht (4.300 Kcal/m³). U. a. wird Erdgas aus der DDR und aus der UdSSR (seit 1973) zur Stadtgasmischung verwendet. Insgesamt stammt knapp die Hälfte der Stadtgaserzeugung der DDR aus dem Kombinat SchP. Davon werden etwa 0,5 Mrd. m³ durch BHT-Verkokung und ca. 1,5 Mrd. m³ durch Kohlendruckvergasung gewonnen. Die Jahresproduktion an BHT-Koks dürfte gegenwärtig knapp 1 Mill. t betragen, geplant waren 1,8 Mill. t. Vergleichsweise unbedeutend ist die Elektrizitätsabgabe an das öffentliche Netz, da entsprechend der Planung etwa 80 v. H. der Erzeugung zur Deckung des Eigenbedarfs benötigt werden. 1970 wurde das VEB Braunkohlenkombinat SchP. umbenannt in VEB Gaskombinat SchP. Gleichzeitig wurden dem Kombinat folgende Betriebe angeschlossen: VEB Projektierungs-, Konstruktions- und Montagebüro (PKM) Kohleverarbeitung Leipzig, VEB PKM Berlin, VEB Verbundnetz Gas Berlin, VEB Ferngasleitungsbau Zossen sowie das Brennstoffinstitut Freiberg. Insgesamt dürften zum Kombinat ca. 20.000 Beschäftigte gehören. Fundstelle: DDR Handbuch. Köln 1975: S. 742 Schwangerschaftsverhütung und -unterbrechung A, B, C, D, E, F, G, H, I, J, K, L, M, N, O, P, Q, R, S, T, U, V, W, Z Schwerindustrie

Siehe auch die Jahre 1958 1959 1960 1962 1963 1965 1966 1969 Name des größten, in der Nähe von Hoyerswerda (Kreis Spremberg) gelegenen Braunkohlenkombinats der DDR (der Name ist von einem früher auf dem Gelände befindlichen Gasthaus übernommen worden). Zu seinen Hauptaufgaben gehören die Förderung und Verarbeitung von Braunkohle. Dazu zählt u. a. neben der Elektrizitätserzeugung die Produktion von Braunkohlenbriketts, Braunkohlen-Hochtemperaturkoks (BHT) und Stadtgas. Rohstoffgrundlage…

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Musik (1975)

Siehe auch die Jahre 1959 1960 1962 1963 1965 1966 1969 1979 1985 Die Heranbildung „allseitig harmonisch entwickelter sozialistischer Persönlichkeiten“ ist eines der Hauptziele der Politik der SED (Bildungsgesetz 1965). Die sozialistisch-realistische Kunst ist dazu berufen, alles auszudrücken, alles Künstlerische zu erschließen, was sozialistische Persönlichkeiten zu ihrer Entfaltung brauchen (Kurt Hager, 6. ZK-Tagung 1972). Nach den Worten Honeckers vermögen die Werke des sozialistischen Gegenwartsschaffens in der M. als eine Ausdrucksform der Kunst „die sozialistischen Ideale zu vermitteln, Stolz und Freude über das Errungene zu fördern, aber auch den Kampf um neue Fortschritte beim Aufbau der entwickelten sozialistischen Gesellschaft zu gestalten. Die bedeutenden Schöpfungen des M.-Erbes tragen dazu bei, Humanismus und Ethik im Leben sozialistischer Menschen tiefer auszuprägen“ (II. Musikkongreß 1972). Als das Kernstück des M.-Lebens wird das kompositori[S. 579]sche Schaffen angesehen. Der Differenziertheit der Bedürfnisse wird Rechnung getragen, indem die Bedeutung aller Genres gleichermaßen anerkannt und gepflegt werden: neben den verschiedenen Formen der klassischen, sogenannten ernsten M. diejenige des Lied- und Chorschaffens wie die Tanz- und Unterhaltungs-M. Wichtigstes Kriterium bei der Beurteilung neuer Werke (der musikalischen Ausdrucksmittel wie auch der Textwahl) ist die sozialistische Einstellung des Komponisten. Neben der Pflege des kulturellen Erbes (Aufführungen, Herausgabe von Biographien und Werkbesprechungen aus sozialistischer Sicht) dient die Förderung der zeitgenössischen Kompositionen der Schaffung einer DDR-Nationalkultur. Durch M.-Tage, Festspiele, Treffen von Vertretern der Verbände, der Komponisten und M.-Wissenschaftler und verschiedenster anderer gesellschaftlicher Organisationen und Gruppen wird das Ziel der Integration der sozialistischen Staaten angestrebt. In geringem Maße gelangen fortschrittliche Komponisten kapitalistischer Länder zur Aufführung (Henze, Egk, Fortner, Hindemith, Orff, Nono, Britten u. a.). Hauptrepräsentanten des M.-Lebens sind die Orchester und M.-Theater. Von 95 Theatern in der DDR existierten 1970 41 ausschließlich oder teilweise als Opern- bzw. Operettenbühnen. Zu den führenden Orchestern der insgesamt 80 staatlichen Berufsorchester zählen die Dresdener Staatskapelle, das Leipziger Gewandhausorchester, das Orchester der Staatsoper Berlin. Daneben gibt es eine Vielzahl von Arbeiter- und Laienorchestern, die z. T. von Berufsmusikern angeleitet werden. Zu den Komponisten, die das zeitgenössische M.-Schaffen der DDR repräsentieren, gehören von der älteren Generation Paul Dessau, Hanns Eisler, E. H. Meyer, Günter Kochan, Fritz Geißler, Ottmar Gerster; von der jüngeren Generation Siegfried Matthus, Udo Zimmermann, Tilo Medek, Paul-Heinz Dittrich. Die Forderung nach Verständlichkeit der Werke wird weiterhin aufrechterhalten, jedoch etwa seit dem VIII. Parteitag im Juni 1971 in differenzierterer Weise verstanden. So wird dem Komponisten allgemein größere Freiheit hinsichtlich der Kompositionsmittel zugebilligt. Durch Partnerschaft mit Betrieben und Arbeiterzirkeln sollen der Kontakt zur Bevölkerung und, als Folge, das Auftragswesen gefördert werden. Die Vermittlung von Konzerten obliegt im Inland den VEB-Konzert- und Gastspieldirektionen, für den Austausch mit dem Ausland ist allein die Künstleragentur der DDR zuständig. Der berufliche Nachwuchs wird vorwiegend an den 87 M.-Schulen und vier M.-Hochschulen herangebildet. Daneben kommt den M.-Schulen die Aufgabe zu, die vielfältigen Interessen der musikalisch interessierten Laien zu fördern, insbesondere auch die Leiter der Laiengruppen auszubilden. Die rege Aktivität im Bereich der musikalischen Laienarbeit veranschaulichen die Zahl der verschiedenartigsten Ensembles. So gab es bis Ende 1972 über 80 Laien-Sinfonieorchester, 150 Kammerorchester und kammermusikalische Gruppen, 1400 Blasorchester, 100 Orchester mit gemischten Besetzungen und etwa 5.000 Amateurtanzkapellen. Hinzu kamen etwa 2.800 Schulchöre sowie ca. 4.500 Singeklubs, etwa 60 Pionier-Sinfonieorchester, 40 Pionier-Blasorchester, Instrumentalgruppen und Solistenensembles der M.-Schulen. Neben zahlreichen zentralen und regionalen M.-Festen und Wettbewerben im Bereich der Laienmusikpflege bilden die bisher jährlich, in Zukunft alle zwei Jahre stattfindenden Arbeiterfestspiele den Höhepunkt. Sie gelten als Leistungsschau, als Volksfest der sozialistischen Nationalkultur. Bei der Anregung und Durchführung der Konzertwinter auf dem Lande und den Betriebsfestspielen (1973: 2.000) kommt dem Kulturbund der DDR und dem FDGB eine entscheidende Rolle zu. Innerhalb der Singebewegung der FDJ, die in den letzten Jahren starke Verbreitung fand, wird dem politischen Lied besondere Aufmerksamkeit gewidmet. Werkstattage, nationale und internationale Festivals des politischen Liedes sollen informieren und Solidarität hinsichtlich der politischen Ziele und des politischen Engagements stärken. Im Bereich der Tanz- und Unterhaltungs-M. stehen die Bemühungen um eine dem Sozialismus gemäße Tanz-M. im Vordergrund. Auf der Grundlage der Konzeption der Zentralen Kommission Tanz-M. beim Ministerium für Kultur wird eine quantitative und qualitative Verbesserung des Angebots angestrebt. Diesem Ziele dienen sog. Entwicklungsgruppen in Bezirken, Werkstattwochen, Verbreitung und Profilierung der Aus- und Weiterbildungsmöglichkeiten, insbesondere an den M.-Schulen und M.-Hochschulen, Wettbewerbe, Leistungsvergleiche u. a. m. Durch gesetzliche Anordnungen (zuletzt 1965 und 1973) soll die Übernahme westlicher Unterhaltungs-M. weitestgehend verhindert werden, da man aufgrund der Texte negative Einflüsse auf die Jugend befürchtet. Die gesamte Schallplattenproduktion in der DDR ist in dem VEB Deutsche Schallplatte zusammengefaßt. In der Reihe ETERNA werden klassische Kompositionen, Volks-M., Arbeiter- und Massenlieder hergestellt (etwa 50 v. H. der Produktion insgesamt), in AMIGA Tanz- und Unterhaltungs-M., in AURORA Lieder, Balladen und Kantaten aus der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts, in SCHOLA Produktionen für den Schulunterricht, in LITERA Sprachplatten und schließlich in NOVA charakteristische, zeitgeschichtliche Werke der DDR und des Sozialismus. Kulturpolitik. Fundstelle: DDR Handbuch. Köln 1975: S. 578–579 Museum für Deutsche Geschichte A, B, C, D, E, F, G, H, I, J, K, L, M, N, O, P, Q, R, S, T, U, V, W, Z Musikschulen

Siehe auch die Jahre 1959 1960 1962 1963 1965 1966 1969 1979 1985 Die Heranbildung „allseitig harmonisch entwickelter sozialistischer Persönlichkeiten“ ist eines der Hauptziele der Politik der SED (Bildungsgesetz 1965). Die sozialistisch-realistische Kunst ist dazu berufen, alles auszudrücken, alles Künstlerische zu erschließen, was sozialistische Persönlichkeiten zu ihrer Entfaltung brauchen (Kurt Hager, 6. ZK-Tagung 1972). Nach den Worten Honeckers vermögen die Werke des…

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Warschauer Pakt (1975)

Siehe auch: Warschauer Beistandspakt: 1956 1958 1959 1960 1962 1963 1965 1966 1969 Warschauer Pakt: 1979 1985 Im Westen gebräuchliche Kurzform für den „Vertrag über Freundschaft, Zusammenarbeit und gegenseitigen Beistand“, der am 14. 5. 1955 zwischen der UdSSR, Albanien, Bulgarien, Polen, Rumänien, der ČSSR und Ungarn als militärischer Beistandspakt abgeschlossen wurde. Die DDR wurde offiziell am 28. 1. 1956 als Mitglied, die NVA (bis 18. 1. 1956 gab es nur eine „Kasernierte Volkspolizei“) am 24. 6. 1956 in das Vereinte Oberkommando aufgenommen. Albanien ist im September 1968 aus der Paktorganisation ausgetreten. Der WP. soll ausschließlich bei einem Angriff auf einen oder mehrere Unterzeichnerstaaten „in Europa“ wirksam werden. Er wurde auf die Dauer von 20 Jahren abgeschlossen und bleibt danach weitere 10 Jahre in Kraft, wenn er nicht vorher gekündigt wird. Organe des WP. sind: Der Politisch Beratende Ausschuß (PBA); ihm gehören die Vorsitzenden der Ministerräte, d. h. die Regierungschefs der Mitgliedstaaten an. Dem PBA stehen Hilfsorganisationen zur Verfügung: a) Ständige Kommissionen (für Logistik, Rüstungsforschung etc.), b) das Vereinte Sekretariat; Vorsitzender ist in Personalunion der Chef des Stabes des Vereinten Oberkommandos. Die Position ist stets mit einem hohen sowjetischen Armeeführer besetzt, gegenwärtig mit Armeegeneral Schtemenko (seit 1968). Der PBA gilt formal als höchstes Organ des WP. Das Vereinte Oberkommando mit Sitz in Moskau; an der Spitze steht seit 1956 stets ein sowjetischer General, seit 1967 Marschall Jakubowski. Die Verteidigungsminister der Mitgliedstaaten fungieren als seine Stellvertreter. Sie leiten gelegentlich auch gemeinsame Manöver der Paktstreitkräfte. Das Komitee der Verteidigungsminister (seit 1969); sie sind gleichzeitig stellvertretende Oberbefehlshaber der Vereinten Streitkräfte und Oberste Befehlshaber der Streitkräfte des eigenen Landes. Außerdem delegiert jedes Mitgliedsland einen hochrangigen Offizier als Vertreter in das Vereinte Oberkommando; das Oberkommando seinerseits entsendet einen „Vertreter des Vereinten Oberkommandos“ in jedes Teilnehmerland. Der Stab des Vereinten Oberkommandos mit Sitz in Moskau. Chef des Stabes ist bisher stets ein sowjetischer Militärführer. Stabskonferenzen mit den Stabschefs bzw. den Chefs der Hauptstäbe der Armeen der Mitgliedstaaten finden regelmäßig statt. Als beratendes Organ der Militärrat der Vereinten Streitkräfte; Vorsitzender ist ebenfalls der Oberbefehlshaber bzw. Chef des Vereinten Oberkommandos. Dem Vereinten Oberkommando unterstehen im Kriegsfall alle Land- und Luftstreitkräfte der Teilnehmerstaaten, die Seestreitkräfte Polens, der DDR und der sowjetischen Ostseeflotte auch zu Friedenszeiten der Vereinten Ostseeflotte mit Sitz in Leningrad. In Friedenszeiten unterstellen die Teilnehmerstaaten nur [S. 926]Teile ihrer Streitkräfte dem Vereinten Oberkommando. Ständig unterstellt sind: die sowjetischen Truppen in Polen (Gruppe Nord — 2 Divisionen), in Ungarn (Gruppe Süd — 4 Divisionen), in der ČSSR (Zentrale Gruppe — Stärke unbekannt); die Gruppe sowjetischer Streitkräfte in Deutschland (GSSD) (Hauptquartier Wünsdorf — 20 Divisionen mit ca. 400.000 Mann, einschließlich 20 Raketen-Bataillonen, die mit taktischen Kurzstreckenraketen ausgerüstet sind. Ferner untersteht der GSSD die 24. Taktische Luftflotte, die als modernste Luftstreitmacht der Roten Armee gilt); alle bewaffneten Verbände der Nationalen Volksarmee der DDR (NVA, Hauptquartier Strausberg, insgesamt ca. 202.000 Mann, einschließlich Grenz- und Sicherheitstruppen) ohne Einheiten der Territorialverteidigung (ca. 485.000 Mann). In der konventionellen Bewaffnung scheint der WP. dem Nordatlantischen Verteidigungsbündnis (NATO) zahlenmäßig weit überlegen zu sein. Allerdings ist die Kampfkraft der Verbände nur schwer einzuschätzen; Vorteile auf seiten des WP. bestehen aber darin, daß die Waffensysteme im Gegensatz zur NATO weitgehend standardisiert und bei einzelnen Typen vollständig vereinheitlicht worden sind. Die Bewaffnung aller Verbände der Mitgliedstaaten des WP. wurde auch qualitativ der der Roten Armee angeglichen und wird von westlichen Militärexperten als sehr modern und teilweise der NATO überlegen eingeschätzt. Obwohl die UdSSR sowohl der Ausrüstung als auch der Reorganisation der Armeen des WP., insbesondere nach der Invasion der ČSSR 1968, größere Aufmerksamkeit widmete, hat sie bisher weder Atomwaffen noch strategische Trägersysteme an die Armeen der übrigen Mitgliedstaaten weitergegeben. Unbekannt ist, ob sie Personal der anderen „Bruderarmeen“ an atomaren Waffen ausbildet. Seit 1961 werden gemeinsame Manöver der WP.-Staaten abgehalten. Neben einer großen Zahl von Kommando- bzw. Kommandostabs-, Nachschub- und Flotten[S. 927]übungen fanden u. a. folgende größere Landmanöver statt: September 1962 „Vito,“ (UdSSR, DDR, ČSSR) September 1963 „Quartett“ (UdSSR, DDR, Polen, ČSSR) April 1965 „Manöverübung Berlin“ (UdSSR, DDR) Oktober 1965 „Oktobersturm“ (UdSSR, DDR, Polen, ČSSR) September 1966 „Moldau“ (UdSSR, DDR, ČSSR, Ungarn) Juli/August 1968 „Njemen“ (UdSSR, DDR, Polen, Ungarn) September/Oktober 1969 „Oder-Neiße“ (UdSSR, Polen, DDR) Oktober 1970 „Waffenbrüderschaft“ (UdSSR, DDR, ČSSR, Ungarn, Bulgarien, Rumänien) Oktober/November 1972 „Schild“ (UdSSR, DDR, ČSSR, Polen, Ungarn) Die NVA nimmt im Rahmen der Vereinten Streitkräfte des WP. eine Sonderstellung ein: Sie gilt gegenwärtig als bestausgerüstete Truppe neben der Roten Armee. Ihre Verbände gehören der 1965 gebildeten „1. Strategischen Staffel“, d. h. einer Gruppierung an, die vor allem aus Truppen der UdSSR, der DDR und Polen besteht. Diese voll mobile Formation hat im Fall einer kriegerischen Auseinandersetzung besondere Aufgaben zu erfüllen. Westliche Manöveranalysen legen die Vermutung nahe, daß sie auch für offensive Einsätze gerüstet ist. [S. 928] DDR-Verteidigungsminister H. Hoffmann hat bisher, als einziger der Stellvertreter des sowjetischen Oberkommandierenden, (mindestens) 2 große Manöver geleitet („Quartett“ und „Waffenbrüderschaft“). Als einzige Armee ist die NVA voll in die Vereinten Streitkräfte integriert, sie besitzt keinen eigenen Generalstab. Die Analyse des Textes des Warschauer Vertrages zeigt eine entscheidende Benachteiligung der DDR: Während alle nichtdeutschen Fassungen festlegen, daß die Teilnehmerstaaten selbst Umfang und Zeitpunkt der von ihnen zu leistenden Hilfe (im Beistandsfall) bestimmen, heißt es in der deutschen Übersetzung, daß der von der DDR zugunsten der anderen Mitglieder zu leistende Beistand von diesen bestimmt wird (Art. 11. Abs. 3). Im Gegensatz zu dem Stationierungsvertrag, der den Aufenthalt sowjetischer Truppen in Polen regelt und der polnischen Regierung formell ein Mitspracherecht bei Truppenbewegungen einräumt, sieht der Truppenstationierungsvertrag zwischen DDR und UdSSR (1957) nur eine „Verständigung“ vor. Die politische Bedeutung des WP. resultiert vor allem aus seiner Funktion für die Blockpolitik der UdSSR. Aufgrund ihres militärischen und politischen Übergewichts in der Paktorganisation sichert er der sowjetischen Führung die Kontrolle über alle Streitkräfte der übrigen Staaten, die in Ausbildung, Ausrüstung, Bewaffnung und Logistik vollständig von der UdSSR abhängig sind. Darüber hinaus ist es der UdSSR möglich, durch direkte und indirekte Beeinflussung im Rahmen des WP., ihre sicherheits- und militärpolitischen Vorstellungen innerhalb ihres Einflußbereiches uneingeschränkt zur Geltung zu bringen. Über die unmittelbare militärische Bedeutung des WP., d. h. seine Verteidigungsfunktion für das westliche Glacis der UdSSR, hinaus, garantiert er gleichzeitig die politische Stabilität des „sozialistischen Lagers“, wie der Einsatz der WP.-Truppen im August 196,8 in der ČSSR deutlich macht. Ein Austritt aus der Paktorganisation, wie 1956 von der Regierung Nagy in Ungarn verkündet, wird von der UdSSR als Angriff gegen alle Mitglieder verstanden. Er hat den Einsatz militärischer Machtmittel der „Verbündeten“ zur Folge und ist daher praktisch unmöglich. Die für den Fall der Auflösung der NATO dem Westen angebotene Kündigung des Warschauer Vertrages ist politisch ohne Bedeutung, da gegenwärtig zwischen allen Mitgliedstaaten und der UdSSR (wie zwischen den Teilnehmerländern selbst) bilaterale Beistandspakte geschlossen wurden, die von einer Auflösung des WP. nicht betroffen wären. Die DDR hat mit der UdSSR (1964), mit Polen, ČSSR, Ungarn und Bulgarien (1967) und Rumänien (1972) ebenfalls derartige zweiseitige Verträge unterzeichnet, deren Beistandsklauseln denen des WP. entsprechen. Die militärische Niederschlagung des ungarischen Aufstandes 1956 und die bewaffnete Invasion von Truppen des WP. in der ČSSR 1968 stellen bisher die einzigen Fälle der „Anwendung“ des Warschauer Vertrages dar. In beiden Fällen handelt es sich um einen objektiven Bruch des Vertrages, der nur gegen Angreifer „von außen“ wirksam werden sollte. Fundstelle: DDR Handbuch. Köln 1975: S. 925–928 Warenzeichen A, B, C, D, E, F, G, H, I, J, K, L, M, N, O, P, Q, R, S, T, U, V, W, Z Wartezeiten

Siehe auch: Warschauer Beistandspakt: 1956 1958 1959 1960 1962 1963 1965 1966 1969 Warschauer Pakt: 1979 1985 Im Westen gebräuchliche Kurzform für den „Vertrag über Freundschaft, Zusammenarbeit und gegenseitigen Beistand“, der am 14. 5. 1955 zwischen der UdSSR, Albanien, Bulgarien, Polen, Rumänien, der ČSSR und Ungarn als militärischer Beistandspakt abgeschlossen wurde. Die DDR wurde offiziell am 28. 1. 1956 als Mitglied, die NVA (bis 18. 1. 1956 gab es nur eine „Kasernierte…

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Verteidiger (1975)

Siehe auch die Jahre 1960 1962 1963 1965 1966 1969 1979 1985 Verfassung und Strafprozeßordnung der DDR geben einem einer strafbaren Handlung Beschuldigten das Recht, in jeder Lage des Verfahrens die Hilfe eines V. in Anspruch zu nehmen (Art. 102 der Verf., §~15 StPO). Als V. kann jeder in der DDR zugelassene Rechtsanwalt gewählt werden. Während in der Bundesrepublik Deutschland und in Berlin (West) jeder deutsche Rechtsanwalt, also auch ein Anwalt aus der DDR, als V. in Strafsachen auftreten kann, ist dies einem Rechtsanwalt aus der Bundesrepublik Deutschland oder aus Berlin (West) vor den Gerichten der DDR oder Ost-Berlins nicht möglich. Das DDR-Recht kennt auch das Institut der Pflichtverteidigung: In allen Strafverfahren erster und zweiter Instanz vor dem Obersten Gericht und in Strafverfahren erster Instanz vor den Bezirksgerichten (Gerichtsverfassung) ist dem Angeklagten, der sich keinen V. gewählt hat, ein solcher von Amts wegen zu bestellen, in gewissen Ausnahmefällen auch vor dem Kreisgericht (§~63 StPO). Die Wahl eines V. steht aus den Einzelanwälten und den Kollegiumsanwälten (Rechtsanwaltschaft) offen. Als Pflicht-V. darf hingegen nur ein Rechtsanwalt bestellt werden, der einem Kollegium der Rechtsanwälte angehört. Der V. soll unabhängig von anderen Prozeßbeteiligten die Rechte des Beschuldigten zu dessen Verteidigung wahrnehmen, den Beschuldigten beraten und alle entlastenden oder die Verantwortlichkeit mindernden Umstände vortragen. Ihm wird das Recht eingeräumt, den inhaftierten Beschuldigten zu sprechen, Beweisanträge zu stellen, an der gerichtlichen Hauptverhandlung mitzuwirken sowie Rechtsmittel einzulegen. Dabei ist jedoch festzustellen, daß dem Recht des V. enge Grenzen gezogen sind. Die dem V. auferlegte Pflicht zur Mitwirkung an der Wahrheitsfindung hat vor dem Schutzinteresse für den Beschuldigten oder Angeklagten den Vorrang. Entscheidend für den V. in seiner praktischen Tätigkeit dürfen mithin nicht etwa nur die Rechte des Angeklagten sein, sondern vor allem die Interessen der Gesellschaft: weil es „im Arbeiter-und-Bauern-Staat keine Gegensätzlichkeit der Interessen der Gesellschaft zu den gesetzlich geschützten Interessen des einzelnen Bürgers gibt, bedeutet die richtige, die gesetzlich fundierte Wahrung der Rechte des einzelnen zugleich Schutz der Interessen und Rechte aller, also der Rechte der Gesellschaft“ (Neue Justiz, 1963, H. 1, S. 18). Der V. ist zur Festigung der sozialistischen Gesetzlichkeit und zur Entwicklung des sozialistischen Staats- und Rechtsbewußtseins der Bürger verpflichtet. Eine Unabhängigkeit des V. von Partei und Staat gibt es nicht. Das dem V. gewährte Recht auf Akteneinsicht ist dadurch eingeschränkt, daß diese Einsicht nur an Gerichtsstelle vorgenommen werden darf; der V. darf die Akten nicht in sein Büro mitnehmen. Die Sprech- oder Korrespondenzerlaubnis kann der Staatsanwalt mit einschränkenden Bedingungen versehen. Weitere Einschränkungen des Rechts auf Verteidigung ergeben sich aus Bestimmungen der Strafprozeßordnung (Strafverfahren). Mit einem rechtskräftigen Urteil ist die Aufgabe des V. noch nicht beendet. Er soll bei der Auswertung von Strafverfahren, der Erziehung des Verurteilten und der Eingliederung entlassener Strafgefangener in das gesellschaftliche Leben mitwirken. Strafvollzug. Fundstelle: DDR Handbuch. Köln 1975: S. 906 Versorgungskontore A, B, C, D, E, F, G, H, I, J, K, L, M, N, O, P, Q, R, S, T, U, V, W, Z Verteidigungsgesetz

Siehe auch die Jahre 1960 1962 1963 1965 1966 1969 1979 1985 Verfassung und Strafprozeßordnung der DDR geben einem einer strafbaren Handlung Beschuldigten das Recht, in jeder Lage des Verfahrens die Hilfe eines V. in Anspruch zu nehmen (Art. 102 der Verf., §~15 StPO). Als V. kann jeder in der DDR zugelassene Rechtsanwalt gewählt werden. Während in der Bundesrepublik Deutschland und in Berlin (West) jeder deutsche Rechtsanwalt, also auch ein Anwalt aus der DDR, als V. in Strafsachen…

DDR A-Z 1975

Uranbergbau (1975)

Siehe auch die Jahre 1953 1954 1956 1958 1959 1960 1962 1963 1965 1966 1969 1979 1985 Der U. ist im Gebiet der DDR durch die Sowjetunion begründet worden. Er wird von der SD AG Wismut (Sowjetisch-deutsche Aktiengesellschaft) betrieben. Dieses Unternehmen wurde 1947 als SAG Wismut gegründet; die Umbenennung erfolgte 1954 aufgrund einer deutschen Kapitalbeteiligung in Höhe von 50 v. H. Mit der Gründung der SAG Wismut schufen die Sowjets ein völkerrechtliches Novum, weil erstmalig die Siegermacht eines Krieges ohne Fühlungnahme mit früheren Verbündeten in dem von ihr besetzten Gebiet die Bodenschätze als Reparationsleistung ohne zeitliche Begrenzung ausbeutete. Innerhalb der sowjetischen Aktiengesellschaften in der DDR nahm die Wismut AG auch insofern eine Sonderstellung ein, als sie nicht zur Verwaltung der sowjetischen Vermögen in Deutschland gehörte. Die Hauptverwaltung der SAG Wismut in Siegmar-Schönau bei Karl-Marx-Stadt war direkt sowjetischen Stellen in Moskau unterstellt. Die Gründer des Unternehmens waren die Hauptverwaltung des sowjetischen Vermögens im Ausland des Ministerrats der UdSSR und die Staatliche Aktiengesellschaft der Buntmetallindustrie „Medj“ in der UdSSR. Die Wismut AG hat seit 1946 — also bereits vor ihrer offiziellen Gründung — systematisch allen Boden, der Uranvorkommen vermuten ließ, durch sog. Geologenbrigaden untersucht. Die Arbeiten erfolgen sowohl im Tage- als auch im Tiefbau. Nach vergeblichen Schürfungen im Harz und im Zittauer Gebirge konzentriert sich der U. gegenwärtig auf folgende Gebiete: 1. Erzgebirge und Vogtland mit Hauptzentren um Johanngeorgenstadt; 2. Thüringen mit Hauptzentrum Ronneburg. Nach zuverlässigen Schätzungen betrug der Beschäftigungsstand bei der SAG Wismut im Herbst 1951 etwa 225.000. Diese Zahl entsprach ca. 10 v. H. aller Beschäftigten in Industrie und Bergbau. Gegenwärtig dürften noch immer etwa 40.000 Arbeitnehmer im U. tätig sein. Die Ausbeuteergebnisse des U. werden streng geheimgehalten. Vermutlich entspricht die Uranerzförderung einem U-238-Gehalt von etwa 2.000 bis 2.500 t jährlich. Das geförderte Uranerz wird in der DDR lediglich angereichert. Das dabei gewonnene granulierte Konzentrat wird von der UdSSR beansprucht. Es wird in der UdSSR weiterverarbeitet. Die DDR muß den eigenen Uranbedarf für Isotope und für den Betrieb der Atomkraftwerke Rheinsberg und Lubmin von der UdSSR kaufen. Art und Höhe der Finanzierung liegen völlig im dunkeln, da weder aus dem Staatshaushalt noch aus Unterlagen der Planungsstellen Angaben ersichtlich sind. Rückschlüsse aus der wechselnden Zahl der Beschäftig[S. 884]ten und den im Erzbergbau allgemein üblichen Kosten ergeben allein für 1946 bis 1953 einen Gesamtaufwand von etwa 7,75 Mrd. Mark. Diese Summe ist in den unter Reparationen angegebenen Zahlen enthalten. Von Fachleuten wird angenommen, daß bis jetzt mehr als die Hälfte der Uranvorräte abgebaut wurde. Fundstelle: DDR Handbuch. Köln 1975: S. 883–884 Untersuchungsorgane A, B, C, D, E, F, G, H, I, J, K, L, M, N, O, P, Q, R, S, T, U, V, W, Z Urania (Gesellschaft zur Verbreitung wissenschaftlicher Kenntnisse)

Siehe auch die Jahre 1953 1954 1956 1958 1959 1960 1962 1963 1965 1966 1969 1979 1985 Der U. ist im Gebiet der DDR durch die Sowjetunion begründet worden. Er wird von der SD AG Wismut (Sowjetisch-deutsche Aktiengesellschaft) betrieben. Dieses Unternehmen wurde 1947 als SAG Wismut gegründet; die Umbenennung erfolgte 1954 aufgrund einer deutschen Kapitalbeteiligung in Höhe von 50 v. H. Mit der Gründung der SAG Wismut schufen die Sowjets ein völkerrechtliches Novum, weil erstmalig die…

DDR A-Z 1975

Finanzwissenschaft und Finanzökonomik (1975)

Siehe auch: Finanzwissenschaft: 1969 Finanzwissenschaft und Finanzökonomie: 1985 Finanzwissenschaft und Finanzökonomik: 1979 In der DDR ist ebenso wie in der Bundesrepublik Deutschland die Finanzwissenschaft (Fw.) ein Teilgebiet der Wirtschaftswissenschaft. Damit aber erschöpft sich bereits die Gemeinsamkeit. Schon der Begriff Fw. ist in Forschung, Lehre und Fachliteratur der DDR nicht derart unbestritten eingebürgert und gebräuchlich, wie dies in der Bundesrepublik Deutschland der Fall ist. Als begrifflich gleichbedeutend werden daher häufig auch die Bezeichnungen „Finanzwirtschaftslehre“ und „Finanzökonomik“ (Fö) gebraucht. Da die Finanzwirtschaft der DDR als Teil der umfassen[S. 308]den Staatswirtschaft a) die Finanzen der volkseigenen Wirtschaft und der Produktionsgenossenschaften, b) den Staatshaushalt, c) das Kreditwesen und die Bankenorganisation, d) den Zahlungs- und Verrechnungsverkehr im Inland und mit dem Ausland und e) die Versicherungswirtschaft umfaßt, gehört zum Untersuchungsfeld die gesamte Währungs-, Geld- und Kreditsphäre (= Geldfonds, Geldbeziehungen und Geldkreislauf in der Volkswirtschaft der DDR). Wegen dieses umfassenden und vielschichtigen Untersuchungsfeldes rechnet man in der Systematik der wirtschaftswissenschaftlichen Einzeldisziplinen die Fw. zu den „Querschnittswissenschaften“. Teilt man das Arbeitsfeld der Fw. in der Bundesrepublik — abseits von diesen Untergliederungen — nach erkenntnismethodischen Praktiken ein, so stehen dieser Wissenschaftsdisziplin zwei Bearbeitungsverfahren zur Verfügung: 1. die Finanzbeschreibung und 2. die Finanztheorie (= Anwendung des wirtschaftstheoretischen Instrumentariums auf die öffentliche Finanzwirtschaft). Zur Finanztheorie gehört ferner die Finanzsoziologie. In der DDR umfaßt die Fw. folgende Gebiete: a) die Fö., b) das Finanzrecht, c) die Finanzmathematik, d) die Finanzstatistik und e) die Finanzgeschichte. Diese in der DDR entwickelte Aufgliederung vermengt die stoffliche Unterteilung dieses Untersuchungsgebietes (Finanzgeschichte, Finanzrecht, Fö.) mit fachbezogenen methodischen Erkenntnistechniken (Finanzmathematik, Finanzstatistik). „Die Finanzwissenschaft baut auf der marxistischen politischen Ökonomie als Basiswissenschaft auf“ (ökonomisches Lexikon, Bd. I, Berlin-Ost 1969, S. 672). Sie erfüllt eine erkenntnisbereichernde, eine ideologische und eine produktive Funktion. Ihre ideologische Funktion besteht vor allem darin, die Entwicklung der finanzwissenschaftlichen Forschungsergebnisse eng mit der marxistisch-leninistischen Weltanschauung zu verknüpfen, das ökonomische System des Sozialismus durch Erhöhung seiner Funktionsfähigkeit zu stärken, die Ausbildung der Finanzökonomen zu überzeugten Leninisten zu fördern und letztlich dazu beizutragen, erfolgreich das Eindringen bürgerlicher oder revisionistischer wirtschaftswissenschaftlicher Auffassungen in die Führungskader der sozialistischen Gesellschaft abzuwehren. Kernstück der Fw. in der DDR ist die Fö. Nach der DDR-offiziellen Aufgabenbestimmung befaßt sich dieser Wissenschaftszweig vor allem mit zwei Aufgaben: 1. Mit den verschiedenen finanzwirtschaftlichen Vorgängen, welche den Ablauf des materiellen Reproduktionsprozesses der Volkswirtschaft begleiten oder erst ermöglichen; und 2. mit den in einzelnen Wirtschaftsbereichen und von den Finanzorganen, Lenkungsbehörden und Produktionseinheiten ergriffenen finanzpolitischen Maßnahmen und eingesetzten Instrumenten zur Steuerung des Wirtschaftsprozesses. Erklärtes Ziel ihrer Untersuchungen ist, eine planmäßige, auf eine hohe Effektivität gerichtete Organisation des Wirtschaftsablaufs mit finanzpolitischen Mitteln zustandezubringen (= produktive Funktion der Finanzwissenschaft; Fw. als Produktivkraft). Dabei bedient sie sich der eigens hierfür entwickelten, möglichst rationell gestalteten Formen zur Beschaffung, Bereitstellung, Verteilung und Verwendung von Geldmitteln. Aus der den Wissenschaften in der DDR auferlegten Verpflichtung zur Wahrung der Einheit von Theorie und Praxis umfaßt demnach die Fö. als Kernstück der Fw. sowohl die Finanztheorie als auch die Finanzpolitik. Dabei dominiert unter den Fachwissenschaftlern eindeutig die Beschäftigung mit finanzpolitischen Problemen. Aufgrund der monopolisierten, zentralistischen Willensbildung in der Wirtschafts- und Finanzpolitik der DDR besteht demgegenüber in dieser Gesellschafts- und Wirtschaftsordnung vom Ansatz her eine bessere Chance als in der Bundesrepublik, zu einem zielprogrammgerechten und in sich abgestimmten Einnahmen- und Ausgabensystem des Staates zu gelangen. Dieses Optimierungsvorhaben scheitert jedoch vor allem daran, weil es der Wirtschaftsführung bisher nicht gelingt, die bei zentraler Volkswirtschaftsplanung notwendigerweise einzubeziehende Fülle von Zielsetzungen, leistungsfördernden und hemmenden Einflußfaktoren, finanzwirtschaftlichen Instrumenten, Finanzorganen und Produktionseinheiten zu einem voll funktionsfähigen Mechanismus zu verkoppeln. Die Kompliziertheit dieser Konstruktions- und Gestaltungsaufgabe läßt sich besonders daran ermessen, daß eine effiziente Finanzpolitik gezwungen ist, im voraus alle sozial-ökonomischen Wirkungen zu berücksichtigen, welche aufgrund der vielfältigen Interdependenzen zwischen den aufgezählten finanzpolitisch relevanten Elementen bestehen. Diese Aufgabe wird noch komplizierter, sollten sich diejenigen Finanzwissenschaftler der DDR durchsetzen, welche fordern, daß auch noch die finanzpolitisch besonders bedeutsamen Probleme der staatlichen Preisplanung und Preispolitik dem Untersuchungsgebiet der Fö. zugeschlagen und vom Fachgebiet Preistheorie und -politik abgetrennt werden sollen. Entsprechend der Auffassung dieser Gruppe von Finanzexperten findet sich bereits im „ökonomischen Lexikon“ der DDR folgende weitgefaßte Aufgabenbestimmung der Fö.: „Die Finanzökonomik beschäftigt sich mit der Gestaltung und Ausnutzung der Finanzen (einschließlich der Preise) als Instrumente zur Durchsetzung der Ziele einer planmäßigen, hocheffektiven gesamtvolkswirtschaftlichen Redistributions-, Struktur- und Wachstumspolitik und mit der Steuerung und Regelung des Reproduktionsprozesses in der Volkswirtschaft … durch die Staats- und Wirtschaftsorgane (einschließlich der Finanz-, Bank- und Preisorgane) sowie … Betriebe“ (a. a. O., S. 662). Finanzsystem; Ministerium der Finanzen; Staatliche Versicherung der DDR; Zahlungsverkehr; Bankwesen; Sparkassen; Finanzkontrolle und Finanzrevision. Fundstelle: DDR Handbuch. Köln 1975: S. 307–308 Finanzsystem A, B, C, D, E, F, G, H, I, J, K, L, M, N, O, P, Q, R, S, T, U, V, W, Z Fischerei

Siehe auch: Finanzwissenschaft: 1969 Finanzwissenschaft und Finanzökonomie: 1985 Finanzwissenschaft und Finanzökonomik: 1979 In der DDR ist ebenso wie in der Bundesrepublik Deutschland die Finanzwissenschaft (Fw.) ein Teilgebiet der Wirtschaftswissenschaft. Damit aber erschöpft sich bereits die Gemeinsamkeit. Schon der Begriff Fw. ist in Forschung, Lehre und Fachliteratur der DDR nicht derart unbestritten eingebürgert und gebräuchlich, wie dies in der Bundesrepublik…

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Jugendstrafrecht (1975)

Siehe auch die Jahre 1953 1954 1956 1958 1959 1960 1962 1963 1965 1966 1969 1979 1985 Bis 1952 galt das Reichsjugendgerichtsgetz von 1943. Ab 1. 6. 1952 trat an seine Stelle das Jugendgerichtsgesetz (JGG) vom 23. 5. 1952 (GBl., S. 411). Es sah Erziehungsmaßnahmen und Strafen, im Höchstfalle Freiheitsentziehung bis zu 10 Jahren, vor. Bei Mord, Vergewaltigung, Sabotage, Boykotthetze (Strafrecht) oder Verbrechen gegen das Friedensschutzgesetz (Friedensgefährdung) war jedoch gemäß §~24 JGG das allgemeine Strafrecht anzuwenden, in diesen Fällen konnten selbst lebenslängliche Zuchthausstrafen gegen Jugendliche verhängt werden. Nur die Todesstrafe war ausgeschlossen. Das gleiche galt nach dem Erlaß des StEG (Strafrechtergänzungsgesetz) vom 11. 12. 1957 bei Staatsverbrechen. Gemäß §~33 Abs. 2 JGG war in diesen Fällen nicht das Jugendgericht, sondern das Erwachsenengericht zuständig. Durch das StGB vom 12. 1. 1968 ist das JGG von 1952 aufgehoben und das J. in das allgemeine Strafrecht einbezogen worden. Ein besonderes J. und ein besonderes Jugendstrafverfahrensrecht gibt es seitdem nicht mehr. StGB und StPO enthalten jeweils Bestimmungen, in denen die Besonderheiten der strafrechtlichen Verantwortlichkeit Jugendlicher und des Strafverfahrens gegen Jugendliche behandelt werden (§§~65 ff. StGB., §§~69 ff. StPO). Jugendlicher im strafrechtlichen Sinne ist, wer über 14, aber noch nicht 18 Jahre alt ist. Den Begriff des Heranwachsenden (18–21 Jahre)kannte schon das JGG nicht. Die persönliche Voraussetzung für die strafrechtliche Verantwortlichkeit ist in jedem Fall ausdrücklich festzustellen. Diese Schuldfähigkeit liegt vor, wenn „der Jugendliche aufgrund des Entwicklungsstandes seiner Persönlichkeit fähig war, sich bei seiner Entscheidung zur Tat von den hierfür geltenden Regeln des gesellschaftlichen Zusammenlebens leiten zu lassen“ (§~66 StGB). Von der Einleitung eines Strafverfahrens gegen den Jugendlichen kann abgesehen werden, wenn das Vergehen nicht erheblich gesellschaftswidrig ist und von den Organen der Jugendhilfe Erziehungsmaßnahmen eingeleitet werden. Als Strafmaßnahmen gegen Jugendliche sieht das Gesetz vor: Beratung und Entscheidung durch ein gesellschaftliches Organ der Rechtspflege (Gesellschaftliches Gericht), Auferlegung besonderer Pflichten (Wiedergutmachung des Schadens durch eigene Leistung, Freizeitarbeit, Arbeitsplatzbindung für die Dauer bis zu 2 Jahren, Aufnahme eines Lehr- oder Ausbildungsverhältnisses), Strafen ohne Freiheitsentzug (Verurteilung auf Bewährung, öffentlicher Tadel, Geldstrafe bis zu 500 Mark), Jugendhaft (§~74) von einer Woche bis zu sechs Wochen, Einweisung in ein Jugendhaus (§~75) für die Dauer von einem Jahr bis zu drei Jahren oder Freiheitsstrafe. Eine Verbindung der verschiedenen Strafmaßnahmen ist nicht zulässig. Jugendhaft kann angeordnet werden, wenn sich die Straftat gegen die staatliche und öffentliche Ordnung richtet und ein solches soziales Fehlverhalten des Jugendlichen offenbart, daß eine kurzfristige disziplinierende Maßnahme erforderlich ist, um einer weiteren negativen Entwicklung nachhaltig entgegenzuwirken. Einweisung in ein Jugendhaus soll ausgesprochen werden, wenn das verletzte Gesetz Freiheitsstrafe androht, die Schwere der Tat es erfordert, die Persönlichkeit des Jugendlichen eine erhebliche soziale Fehlentwicklung offenbart und bisherige Maßnahmen der staatlichen oder gesellschaftlichen Erziehung erfolglos waren. Für die Freiheitsstrafen gelten die Bestimmungen des allgemeinen Strafrechts. Ihre Dauer beträgt also 6 Monate bis 15 Jahre. Auch lebenslängliche Freiheitsstrafe kann gegen Jugendliche verhängt werden. Nicht zulässig sind gegenüber Jugendlichen die Todesstrafe und die Freiheitsstrafe der Arbeitserziehung. Von den bei Er[S. 449]wachsenen vorgesehenen Nebenstrafen dürfen gegen Jugendliche das Verbot bestimmter Tätigkeiten, die Vermögenseinziehung und die Aberkennung staatsbürgerlicher Rechte nicht verhängt werden (Strafensystem). Im Strafverfahren gegen Jugendliche sind die Eltern und sonstigen Erziehungsberechtigten sowie die Organe der Jugendhilfe zu beteiligen. Die Erziehungsberechtigten haben grundsätzlich an der Hauptverhandlung teilzunehmen. Sie haben das Recht, gehört zu werden sowie Fragen und Anträge zu stellen. Fundstelle: DDR Handbuch. Köln 1975: S. 448–449 Jugendsoziologie A, B, C, D, E, F, G, H, I, J, K, L, M, N, O, P, Q, R, S, T, U, V, W, Z Jugendstunden

Siehe auch die Jahre 1953 1954 1956 1958 1959 1960 1962 1963 1965 1966 1969 1979 1985 Bis 1952 galt das Reichsjugendgerichtsgetz von 1943. Ab 1. 6. 1952 trat an seine Stelle das Jugendgerichtsgesetz (JGG) vom 23. 5. 1952 (GBl., S. 411). Es sah Erziehungsmaßnahmen und Strafen, im Höchstfalle Freiheitsentziehung bis zu 10 Jahren, vor. Bei Mord, Vergewaltigung, Sabotage, Boykotthetze (Strafrecht) oder Verbrechen gegen das Friedensschutzgesetz (Friedensgefährdung) war jedoch gemäß §~24 JGG…

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Zollwesen (1975)

Siehe auch: Zölle: 1958 1959 1960 1962 1963 1965 1966 1969 1979 Zollgesetz: 1963 1965 1966 1969 1979 Zoll und Kontrolle des Warenverkehrs, Amt für: 1954 Zoll und Kontrolle des Warenverkehrs, Amt für (AZKW): 1956 1958 1959 1960 1962 Zollverwaltung der DDR: 1969 1979 Zollwesen: 1953 1954 1956 1979 1985 [S. 972]Die Aufgaben des Z. unterscheiden sich in einer staatlich verwalteten Planwirtschaft grundsätzlich von den herkömmlichen Funktionen des Zollrechts, das von marktwirtschaftlich orientierten Wirtschaftsordnungen geprägt ist. Während es nämlich Aufgabe des Zolldienstes im traditionellen Sinne ist, sowohl im Interesse des Staatshaushaltes als auch der Wirtschaft dafür zu sorgen, daß Auslandswaren nicht ohne Mitwirkung des Zolldienstes in den Inlandsverkehr kommen, der Wettbewerb und die Inlandspreisbildung nicht durch Einschleusen billiger Auslandserzeugnisse in den Inlandsverkehr gestört werden, treffen diese Funktionen nur z. T. auf den Zolldienst einer zentral verwalteten Planwirtschaft zu. Das Außenwirtschaftsmonopol und die Art der Preisgestaltung können Zölle sogar entbehrlich machen, da die Steuerung von Export und Import bereits durch Plandirektiven erfolgt (Planung). Auch eine fiskalpolitische Bedeutung kommt den Zöllen nicht zu, weil die staatlichen Handelsorgane ohnehin die Preise für Außenhandelsgüter festlegen. Das Z. der DDR rechtfertigt sich aufgrund folgender Aufgabenstellung: 1. einen ordnungsgemäßen, den Interessen des sozialistischen Staates und seiner Bürger entsprechenden Warenverkehr über die Grenzen zu gewährleisten, somit eine störungsfreie Abwicklung des Außenhandels zu sichern; 2. im Rahmen des Warenverkehrs über die Grenzen die für den Schutz der menschlichen Gesundheit und der Tier- und Pflanzenwelt notwendigen Maßnahmen durchzuführen; 3. den Nationalreichtum zu sichern, besonders aber zur Erhaltung des Kunstbesitzes und anderer Kulturwerte der DDR beizutragen. Insbesondere die beiden letzten Punkte machen die Abkehr vom herkömmlichen Zollrecht deutlich. Insgesamt wird aus der Aufgabenstellung ersichtlich, daß das Zollrecht ein außen- und innenpolitisches Instrument ist, dem gelegentlich polizeiordnungsrechtliche Züge innewohnen. Grundlage des Z. ist das Gesetz über das Z. der DDR vom 28. 3. 1962 (GBl. I, S. 42), zu dem inzwischen 22~Durchführungsbestimmungen (DB) — die sich indessen teilweise wieder aufgehoben haben — und Verordnungen (VO) mit ebenfalls mehreren DB und Anordnungen (AO) ergangen sind. Der Zeitpunkt des Erlasses des Zollgesetzes (ZG) ist ursächlich dafür gewesen, daß sehr konkrete Ziele der Deutschland- und Außenpolitik der SED in das Zollrecht Eingang gefunden haben, das formal der Durchsetzung des Außenhandels- und Valutamonopols dient (vgl. auch Art. 9 Abs. 5 der Verfassung von 1968). Als Zollgebiet gilt das Territorium der DDR, das von der Zollgrenze umschlossen wird. „Westberlin“ ist im Zollrecht ein eigener Abschnitt gewidmet. Es wird festgelegt, daß „Westberlin“ nicht zum Hoheitsgebiet der Bundesrepublik Deutschland gehört. Die zollrechtliche Stellung soll im Rahmen vertraglicher Vereinbarungen geregelt werden. Es wird aber auch nicht als Zollinland der DDR behandelt. Im ZG ist ein 3stufiger Zolltarif vorgesehen: 1. der Grundzolltarif, der den bis vor Erlaß des Gesetzes für private Sendungen geltenden Tarif ablöst; 2. der Vertragszolltarif, der für Länder gelten soll, die der DDR die Meistbegünstigung einräumen; 3. der Sonderzolltarif, der auf Staaten abgestellt ist, die der DDR die Meistbegünstigung nicht gewähren. Diese Tarifdifferenzierung — sehr niedrige oder keine Zölle im Falle der Meistbegünstigung; hohe Zölle (Kampfzölle) bei deren Fehlen — richtete sich partiell gegen die Außenhandelspolitik der EWG. Indessen ist die DDR wie die übrigen Mitgliedstaaten des RGW im Interesse des Funktionierens der eigenen Wirtschaft vorwiegend an einer handelspolitischen Zusammenarbeit auch mit der EG interessiert. Freilich kann die Zolldifferenzierung je nach politischer Lage und Zielsetzung verwendet werden. Die Hauptelemente des Z. sind die Genehmigungspflichtigkeit von Warenbewegungen über die Zollgrenze hinweg, von der einige DB wiederum Ausnahmen vorsehen, sowie das Entstehen der Zollschuld bei der Ein- und Ausfuhr von Waren. Gegenstand, Grundlage, Höhe und Fälligkeit des Zolls sind in einem nicht im GBl. veröffentlichten Zolltarif festgelegt. Der Zolltarif ist ein alphabetisch oder nach anderen Gesichtspunkten (z. B. stoffliche Zusammensetzung, wirtschaftliche Herkunft) geordnetes Verzeichnis der Waren und der für sie geltenden Zollsätze. Im einzelnen wird unterschieden nach 1. Einfuhr-, Ausfuhr- und Transitzöllen; 2. autonomen Zöllen (gesetzlich festgelegten, jederzeit veränderbaren Zollsätzen gegenüber Staaten, mit denen keine vertraglichen Vereinbarungen bestehen) und Konventionalzöllen; 3. der Bemessungsgrundlage (Bemessung nach dem Wert in Form des Normalpreises des Zollgutes, Kombination von spezifischen Zöllen, Wertzöllen und negativem Wertansatz); 4. Schutzzöllen zum Schutz der inländischen Wirtschaft vor ausländischer Konkurrenz; 5. Finanzzöllen. Das ZG. regelt im übrigen die technischen Modalitäten beim Grenzübertritt von Waren, Geld, Devisen und Personen bzw. überträgt die Befugnis zur Regelung von Einzelfragen den zuständigen Stellen des Ministerrats. Im einzelnen sind geregelt: die Kontrolle, Untersuchung und evtl. Sicherstellung von Waren und Beförderungsmitteln beim Grenzübertritt, die Einholung von Gutachten und Auskünften, der Erlaß von Verfügungen und deren Durchsetzung auch durch unmittelbaren Zwang, die körperliche Durchsuchung von Personen, das Genehmigungsverfahren für den Warenverkehr, Zollverfahrensfragen, die Art der Zollerhebung, die Zollstrafen- und Strafbestimmungen zur Durchsetzung dieser Regelungen. Für folgende Kategorien von Waren bzw. Warenbewegungen sind besondere Vorschriften in den DB und VO ergangen: die Ein- und Ausfuhr von Handelswaren, von Waren im Rahmen der Kulturabkommen, von Mustern, Proben und Werbematerial, von Waren für den Bedarf und die Zwecke der diplomatischen oder anderen Vertretungen der DDR sowie für den Bedarf und die Zwecke der in der DDR akkreditierten diplomatischen und anderen ausländischen Vertretungen, von Waren zu Messen und Ausstellungen, von Kraftfahrzeugen, Zu[S. 973]behör und Ersatzteilen, von Reisebedarf und sonstigen mitgeführten Gegenständen im Reiseverkehr, von Waren im Geschenkverkehr, von Literatur, anderen Druckerzeugnissen, Ton- und Bildträgern, von Rückwaren und Reparaturgut, von Umzugs- und Erbschaftsgut sowie die Durchfuhr von Waren aller Art durch das Zollgebiet der DDR auf allen Verkehrswegen. Gemäß der VO vom 25. 6. 1959 (GBl. I, S. 610) ist die Einfuhr von Kraftfahrzeugen sowie Zubehör- und Ersatzteilen nur über die staatlichen Außenhandelsbetriebe zulässig. In besonderen Fällen kann der zuständige Rat des Bezirks die Einfuhr von Personenwagen, Motorrädern und Mopeds erlauben, die dann aber nicht in der DDR vermietet, verpachtet oder veräußert werden dürfen. Die 20. DB zum ZG vom 14. 6. 1973 (GBl. I, S. 271) regelt das Verfahren für die Ein- und Ausfuhr von Gegenständen im grenzüberschreitenden Geschenkpaket- und -päckchenverkehr auf dem Postwege. Genußmittel dürfen danach bis zu bestimmten Höchstmengen eingeführt werden. Geschenksendungen werden gemäß einem in einer Anlage zur DB enthaltenen Tarif verzollt. Bis zu einem Wert von 200 Mark kommt die Zollerhebung nicht zur Anwendung. Nach der AO über die Aussetzung der Erhebung von Zöllen bei der Einfuhr von Geschenksendungen auf dem Postwege vom 14. 6. 1973 (GBl. I, S. 273) erhalten Rentner und Sozialunterstützungsempfänger die zulässige Zahl von Einfuhrgeschenksendungen (jährlich 12) ohne Zollerhebung. Für Einfuhrgeschenksendungen aus der Bundesrepublik Deutschland und aus „Westberlin“ wird die Zollerhebung ausgesetzt. In einer Bekanntmachung zur 20. DB ist eine umfangreiche Liste von Gegenständen genannt, die von der Ein- und Ausfuhr als Geschenksendungen ausgenommen sind. Die Bestimmungen über den grenzüberschreitenden Reiseverkehr enthalten nach dem gleichen Prinzip Genehmigungsgrenzen für die Ein- und Ausfuhr von Geschenken, in der DDR gekauften Gegenständen, Reisegebrauchsgegenständen und besonderen Waren - ausgenommen sind Perlen, Edelmetalle und Kraftfahrzeuge. Die Höhe der Genehmigungsfreigrenze richtet sich nach dem Wohnsitz (in oder außerhalb der DDR) und nach der Dauer der Ausreise bzw. des Aufenthaltes in der DDR. Innerhalb der Freigrenzen sind bei der Einfuhr von Genußmitteln wiederum bestimmte Höchstgrenzen zu beachten. Außerdem gelten auch für den Reiseverkehr Ein- und Ausfuhrverbote, die politisch, devisenrechtlich (Devisen) und ideologisch motiviert sind und insofern die Aufgabenstellung des Z. verdeutlichen. Genehmigungsfrei sind schließlich auch die Ein- und Ausfuhr von beweglichem Erbschafts- und Umzugsgut mit Ausnahme von Kraftfahrzeugen und Produktionsmitteln sowie von Gegenständen, die wiederum grundsätzlich von der Ein- und Ausfuhr als Erbschafts- oder Umzugsgut ausgenommen sind (22. DB zum ZG vom 14. 6. 1973 — GBl. I, S. 274). Die Liste der Ein- und Ausfuhrverbote umfaßt weniger Gegenstände als die für den Reise- und Geschenkpaketverkehr geltende. Die Ein- und Ausfuhr von Umzugsgut muß mit der Übersiedlung, die von Erbschaftsgut innerhalb eines Jahres nach Annahme der Erbschaft oder nach Abschluß der Erbauseinandersetzung erfolgen. Die Ein- und Ausfuhr von Handelswaren richtet sich vollständig nach dem Außenhandelsmonopol (Außenwirtschaft) und ist daher nur über die Außenhandelsbetriebe und andere vom Minister für Außenhandel ermächtigte Betriebe und Organe möglich. Der Definition nach gelten als Handelswaren somit Waren, die im Rahmen des Außenhandelsplanes aus- und eingeführt werden sowie z. B. Einfuhren aus Valutaanrechten und Devisenkrediten. Wegen der besonderen Berlin-Regelung im ZG sind die meisten DB zum ZG für Berlin (West) durch AO in Kraft gesetzt worden. Bei der 22. DB ist jedoch davon Abstand genommen worden. Dies läßt die Vermutung zu, daß, ähnlich wie bereits im Devisenrecht, nun auch im Zollrecht das Zollgebiet auf den Bereich der DDR und Ost-Berlins begrenzt wird und die Fiktion von „Westberlin als auf dem Territorium der DDR“ liegend nicht mehr aufrechterhalten wird. Die Durchführung der Aufgaben nach dem Zollrecht obliegt der Zollverwaltung der DDR, die als zentral geleitetes Organ dem Ministerium für Außenhandel untersteht. Die Zollverwaltung gliedert sich in die Hauptverwaltung, Bezirksverwaltungen — meist 2 politische Verwaltungsbezirke zusammengefaßt —, Zollämter und Zollstellen. Grenz-, Binnen- und Postzollämter unterstehen den Bezirksverwaltungen, während für die Überwachung der Zollstellen die Zollämter zuständig sind. Mit dem ZG vom 28. 3. 1962 übernahm die Zollverwaltung die Aufgaben des früheren Amts für Zoll und Kontrolle des Warenverkehrs. Zum Aufgabengebiet gehören hauptsächlich die Kontrolle der Ein-, Aus- und Durchfuhr von Waren, Devisen und Zahlungsmitteln nach den Bestimmungen des ZG und die Erhebung von Zöllen im Außenhandels-, Post- und Eisenbahnverkehr. Zur Erfüllung dieser Aufgaben arbeitet die Zollverwaltung eng mit anderen Kontroll- und bewaffneten Organen wie auch mit anderen zentralen und örtlichen Staatsorganen zusammen. Genehmigungsgebühren; Warenverkehr, nichtkommerzieller. Fundstelle: DDR Handbuch. Köln 1975: S. 972–973 Zollverwaltung der DDR A, B, C, D, E, F, G, H, I, J, K, L, M, N, O, P, Q, R, S, T, U, V, W, Z Zoologische Gärten

Siehe auch: Zölle: 1958 1959 1960 1962 1963 1965 1966 1969 1979 Zollgesetz: 1963 1965 1966 1969 1979 Zoll und Kontrolle des Warenverkehrs, Amt für: 1954 Zoll und Kontrolle des Warenverkehrs, Amt für (AZKW): 1956 1958 1959 1960 1962 Zollverwaltung der DDR: 1969 1979 Zollwesen: 1953 1954 1956 1979 1985 [S. 972]Die Aufgaben des Z. unterscheiden sich in einer staatlich verwalteten Planwirtschaft grundsätzlich von den herkömmlichen Funktionen des Zollrechts, das von…

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Anlagevermögen (1975)

Siehe auch die Jahre 1979 1985 Es umfaßt alle auch als Anlagemittel bezeichneten Bauten und Ausrüstungen (z. B. Maschinen, Fahrzeuge, Laboreinrichtungen) in der gesamten Volkswirtschaft mit einer Nutzungsdauer von mehr als einem Jahr und einem Anschaffungswert von mehr als 500 Mark (künftig 1.000 Mark). Uneinheitliche Bewertungsmaßstäbe dieser Grundmittel verhinderten bis zu Beginn der sechziger Jahre eine realistische Einschätzung des Produktionspotentials der DDR, vermittelten falsche Vorstellungen über die Rentabilität der betrieblichen Anlagen und führten zu fehlerhaften (Investitions-) Entscheidungen der Planungsinstanzen. Deshalb wurde im Zuge der Wirtschaftsreformen (NÖS) 1963 eine Neubewertung des Brutto-A. auf der Preisbasis von 1962 zunächst für die Industrie und später auch für andere Bereiche durchgeführt. 1973 betrug das Brutto-A. der gesamten Wirtschaft der DDR — zu Preisen von 1962 — 528 Mrd. Mark. Davon entfielen gut 326 Mrd. Mark, das sind rund 60 v. H., auf die produzierenden Bereiche (Industrie, Landwirtschaft, Bauwirtschaft, Verkehr, Handel). Damit sind die nichtproduzierenden Bereiche — vor allem der Infrastruktur (Straßen, Wohnungswesen, staatliche Verwaltung, kulturelle und soziale Einrichtungen) — mit einem Anteil von knapp 40 v. H. erheblich niedriger vertreten als z. B. in der Bundesrepublik Deutschland, wo sie 55 v. H. aller Anlagemittel umfassen. Unter den produzierenden Bereichen entfiel 1973 auf das verarbeitende Gewerbe mit 203 Mrd. Mark der größte Teil, gefolgt vom Verkehr, Post- und Fernmeldewesen mit etwa 51 Mrd. Mark und der Landwirtschaft mit 44 Mrd. Mark. Während der Binnenhandel ein A. von etwa 17 Mrd. Mark aufwies, betrug es in der Bauwirtschaft [S. 31]rund 9 Mrd. Mark. Die sonstigen produzierenden Zweige (Wirtschaftsleitende Organe, Institute aller produzierenden Bereiche, Projektierungs- und Rechenbetriebe, Verlage, Reparaturkombinate und textiles Reinigungswesen) erfaßten schließlich 2 Mrd. Mark. Die Verteilung des Vermögens auf Ausrüstungen und Bauten zeigt, daß Landwirtschaft und Handel mit 70 bzw. 60 v. H. die höchsten Bauanteile sowie Bauwirtschaft und Verkehr, Post- und Fernmeldewesen mit 66 bzw. 55 v. H. die höchsten Ausrüstungsanteile aufweisen. Dicht danach folgt die Industrie mit einer Ausrüstungsquote von 54 v. H. Die Entwicklung des A. im Zeitverlauf zeigt seit 1960 die stärkste Zunahme beim Vermögen der Bauwirtschaft sowie bei den sonstigen produzierenden Zweigen. Überdurchschnittlich expandierte es auch im verarbeitenden Gewerbe, in der Land- und Forstwirtschaft sowie beim Binnenhandel. Ein Vergleich des Vermögens der produzierenden Bereiche zwischen DDR und Bundesrepublik Deutschland zeigt für das verarbeitende Gewerbe in der DDR (62 v. H.) einen merklich höheren Vermögensanteil als in der Bundesrepublik; dies ist ein Zeichen für die vorrangige Zuweisung von Investitionen für die Industrie. Auch die Land- und Forstwirtschaft weist in der DDR bei einem Anteil von gut 13 v. H. noch eine expansive Tendenz auf, während sich der Vermögensanteil dieses Bereichs in der Bundesrepublik von 11 v. H. (1970) auf 8 v. H. (1973) verringerte. Demgegenüber sind Bauwirtschaft (3 v. H.)und Binnenhandel (5 v. H.) merklich weniger vertreten als in der Bundesrepublik Deutschland. Grundmittelumbewertung. Fundstelle: DDR Handbuch. Köln 1975: S. 30–31 Anlagemittel A, B, C, D, E, F, G, H, I, J, K, L, M, N, O, P, Q, R, S, T, U, V, W, Z Anleitung und Kontrolle

Siehe auch die Jahre 1979 1985 Es umfaßt alle auch als Anlagemittel bezeichneten Bauten und Ausrüstungen (z. B. Maschinen, Fahrzeuge, Laboreinrichtungen) in der gesamten Volkswirtschaft mit einer Nutzungsdauer von mehr als einem Jahr und einem Anschaffungswert von mehr als 500 Mark (künftig 1.000 Mark). Uneinheitliche Bewertungsmaßstäbe dieser Grundmittel verhinderten bis zu Beginn der sechziger Jahre eine realistische Einschätzung des Produktionspotentials der DDR, vermittelten falsche…

DDR A-Z 1975

Kreis (1975)

Siehe auch die Jahre 1956 1958 1959 1960 1962 1963 1965 1966 1969 1979 1985 Die K. sind territoriale und politisch-administrative Einheiten im Staatsaufbau der DDR. Die Neugliederung der K. erfolgte 1952 mit dem Gesetz über die weitere Demokratisierung des Aufbaus und der Arbeitsweise der staatlichen Organe in den Ländern der DDR. Bestimmend für die Festlegung der neuen K.-Grenzen waren politische, wirtschaftliche und administrative Gesichtspunkte. Die traditionelle Gliederung wurde als den Erfordernissen einer zu errichtenden sozialistischen Gesellschaftsordnung nicht entsprechend angesehen. Gebildet wurden 194 Land-K., von denen heute noch 191 bestehen, und 22 Stadt-K. (sog. kreisfreie Städte), ihre Zahl hat sich mittlerweile auf 27 erhöht. Die gegenwärtige Struktur, die Aufgaben und Arbeitsweise der staatlichen Organe im K. finden ihre Regelung vor allem in der Verfassung von 1968 (Art. 81 ff.) und im Gesetz über die örtlichen Volksvertretungen und ihre Organe vom Juli 1973. Örtliche Volksvertretungen sind im Land-K. der Kreistag, im Stadt-K. die Stadtverordnetenversammlung. Große Stadt-K. wie Leipzig, Dresden, Magdeburg, Karl-Marx-Stadt, Erfurt, Halle untergliedern sich in Stadtbezirke, ihre Volksvertretungen heißen Stadtbezirksversammlungen. Die Volksvertretung des K. entscheidet eigenverantwortlich über alle grundlegenden Angelegenheiten, die ihr Territorium und seine Bürger betreffen. In Wahrnehmung ihrer Aufgaben hat sie von den gesamtstaatlichen Interessen auszugehen. Ihre Beschlüsse sind für nachgeordnete Volksvertretungen (in der kreisangehörigen Stadt und der Gemeinde) verbindlich in gleicher Weise gelten für den Kreistag (bzw. der Stadtverordnetenversammlung) die Beschlüsse des Bezirkstags als bindend. Die Volksvertretung des K. wählt als ihre Organe den Rat und die Kommissionen. Der Rat ist ein kollektiv arbeitendes Organ; er leitet im Auftrag des Kreistags bzw. der Stadtverordnetenversammlung den staatlichen, wirtschaftlichen, sozialen und kulturellen Aufbau im K. [S. 478]auf der Grundlage der Beschlüsse seiner Volksvertretung und der übergeordneten Staatsorgane. Er ist der Volksvertretung des K. und dem ihm übergeordneten Rat des Bezirkes verantwortlich und rechenschaftspflichtig. Der Rat des K. hat die nachgeordneten Räte in der kreisangehörigen Stadt und der Gemeinde bei der Durchführung ihrer Aufgaben zu unterstützen und zu kontrollieren. Er muß die nachgeordneten Räte in die Vorbereitung von Entscheidungen, die Auswirkungen auf deren Verantwortungsbereiche haben, einbeziehen. Zur Erfüllung seiner Aufgaben bildet der Rat des K. Fachorgane; diese werden nach dem Prinzip der Einzelleitung bei kollektiver Beratung von Grundfragen des Tätigkeitsbereiches geleitet. Die Fachorgane unterstehen ihrem Rat und dem zuständigen Fachorgan des Rates des Bezirkes, sie sind „doppelt unterstellt“ (Anleitung und Kontrolle). Die Räte der Land-K. sind wie folgt zusammengesetzt: 1. Vors, des Rates, 2. Erster Stellv. des Vors, des Rates, 3. Stellv. des Vors, des Rates, 4. Stellv. des Vors, des Rates und Vors, der K.-Plankommission, 5. Stellv. des Vors, des Rates und Produktionsleiter für Landwirtschaft und Nahrungsgüterwirtschaft, 6. Stellv. des Vors, des Rates für Inneres, 7. Sekretär des Rates, 8. Mitglied des Rates für Finanzen und Preise, 9. … für Wohnungspolitik, 10. … für Arbeit, 11. … für örtliche Versorgungswirtschaft, 12. … für Verkehrswesen, Energie, Umweltschutz und Wasserwirtschaft, 13. … für Kultur, 14. … für Jugendfragen, Körperkultur und Sport, 15. Kreisbaudirektor, 16. Kreisschulrat, 17. Kreisarzt. Die Räte der Stadt-K. setzen sich zusammen aus: 1. Oberbürgermeister und Vors, des Rates der Stadt, 2. Erster Stellv. des Oberbürgermeisters, 3. Stellv. des Oberbürgermeisters und Vors, der Stadtplankommission, 4. Stellv. des Oberbürgermeisters für Inneres, 5. Stellv. des Oberbürgermeisters für Handel und Versorgung, 6. Sekretär des Rates, 7. Mitglied des Rates für Finanzen und Preise, 8. Stadtbaudirektor, 9. Mitglied des Rates für Wohnungspolitik und Wohnungswirtschaft, 10. … für Arbeit, 11. … für örtliche Versorgungswirtschaft, 12. … für Verkehrs- und Nachrichtenwesen, 13. … für Umweltschutz und Wasserwirtschaft, 14. … für Kultur, 15. … für Jugendfragen, Körperkultur und Sport, 16. Stadtschulrat, 17. Kreisarzt. In den Stadt-K. mit Stadtbezirken (in Städten über 200.000 Einwohnern) setzt sich der Rat des Stadtbezirks zusammen aus: 1. Stadtbezirksbürgermeister und Vors, des Rates des Stadtbezirkes, 2. Erster Stellv. des Stadtbezirksbürgermeisters, 3. Stellv. des Stadtbezirksbürgermeisters für Planung, 4. Stellv. des Stadtbezirksbürgermeisters für Inneres, 5. Stellv. des Stadtbezirksbürgermeisters für Handel und Versorgung, 6. Sekretär des Rates, 7. Stadtbezirksrat für Finanzen und Preise, 8. … für Wohnungspolitik und Wohnungswirtschaft, 9. … für örtliche Versorgungswirtschaft, 10. Stadtbezirksschulrat, 11. Stadtbezirksrat für Kultur, 12. … für Jugendfragen, Körperkultur und Sport, 13. Stadtbezirksbaudirektor, 14. Stadtbezirksarzt. Abweichungen von der Zusammensetzung der Räte in Land-K., Stadt-K. und Stadtbezirken und der Zahl ihrer Mitglieder bedürfen der Zustimmung des Rates des Bezirkes. Die Volksvertretung des K. bildet zur Durchführung ihrer Aufgaben für die Dauer der Wahlperiode ständige Kommissionen und für zeitlich begrenzte Aufgabenstellungen zeitweilige Kommissionen. Mitglieder der Kommissionen sind Abgeordnete und Nachfolgekandidaten sowie von der Volksvertretung des K. berufene Bürger; mindestens die Hälfte der Kommissionsmitglieder müssen Abgeordnete oder Nachfolgekandidaten sein. Zur Durchführung bestimmter Aufgaben können Aktivs gebildet werden. Die Kommissionen kontrollieren die Durchführung von Gesetzen und anderen Rechtsvorschriften sowie von Beschlüssen der Volksvertretung durch den Rat und seine Fachorgane. Sie haben das Recht, der Volksvertretung und dem Rat Vorlagen und Vorschläge zu unterbreiten. Eine wichtige Aufgabe der Kommissionen ist, die Mitwirkung der Bürger an der Vorbereitung, Durchführung und Kontrolle der Beschlüsse der Volksvertretung zu organisieren. Die Volksvertretung des K. und ihre Organe sollen als arbeitende Körperschaften die Einheit von Beschlußfassung, Durchführung und Kontrolle verwirklichen. Folgende Kompetenzbereiche sind ihnen im K. zugeordnet: 1. Leitung und Planung des gesellschaftlichen Lebens, 2. Arbeitskräftelenkung und -planung, 3. Haushalts- und Finanzwirtschaft, 4. Preisbildung und -kontrolle, 5. örtlich geleitete Industrie, Handel, Versorgung und Dienstleistungen, 6. Bauwesen, Städtebau und Wohnungswesen, 7. Landwirtschaft und Nahrungsgüterwirtschaft, 8. Verkehr, Energie, Umweltschutz und Wasserwirtschaft, 9. Bildungswesen, 10. Jugendfragen, 11. Kultur, 12. Körperkultur, Sport und Erholungswesen, 13. Hygiene, medizinische und soziale Betreuung, 14. Sicherheit, Ordnung, Zivilverteidigung. Von besonderer Bedeutung für den K. ist die Leitung der Entwicklung der Landwirtschaft. Die Volksvertretung und der Rat des K. sind für die staatliche Leitung und Planung der Landwirtschaft und Nahrungsgüterwirtschaft im K. verantwortlich. Bei der Vorbereitung und Durchführung diesbezüglicher Entscheidungen wirkt der Rat für Landwirtschaft und Nahrungsgüterwirtschaft des K. als kollektives Beratungsorgan des Rates des K. unterstützend mit. Die spezifische Rolle des K. im Staatsaufbau der DDR ergibt sich aus seiner Stellung zwischen den Bezirken einerseits und Städten und Gemeinden andererseits. Für den Bezirk ist der K. das Verbindungsglied, über das gesellschaftliche Prozesse in den Kommunen gesteuert werden können; Städte und Gemeinden können über den K. jene Interessen durchsetzen, die aus eigenen Mitteln nicht realisierbar sind, so z. B. Theater, Naherholungszentren etc. Fundstelle: DDR Handbuch. Köln 1975: S. 477–478 Kredit A, B, C, D, E, F, G, H, I, J, K, L, M, N, O, P, Q, R, S, T, U, V, W, Z Kreisgericht

Siehe auch die Jahre 1956 1958 1959 1960 1962 1963 1965 1966 1969 1979 1985 Die K. sind territoriale und politisch-administrative Einheiten im Staatsaufbau der DDR. Die Neugliederung der K. erfolgte 1952 mit dem Gesetz über die weitere Demokratisierung des Aufbaus und der Arbeitsweise der staatlichen Organe in den Ländern der DDR. Bestimmend für die Festlegung der neuen K.-Grenzen waren politische, wirtschaftliche und administrative Gesichtspunkte. Die traditionelle Gliederung wurde als…

DDR A-Z 1975

Bau- und Wohnungswesen (1975)

Siehe auch die Jahre 1979 1985 I. Bauwirtschaft Die B. ist der Wirtschaftsbereich für Hoch- und Tiefbau sowie Bauinstandsetzungen, der grundsätzlich jene Betriebe umfaßt, die am Prozeß der Bauvorbereitung und Baudurchführung teilhaben. Seit 1960 hat sich der Anteil der Bauwirtschaft am Nettoprodukt der DDR (Nationaleinkommen) von 7 v. H. (1960) auf 8 v. H. (1973) und ihr Anteil an der Gesamtbeschäftigung von 6 auf 7 v. H. erhöht. Die bauwirtschaftliche Gesamtleistung, im Bauvolumen erfaßt, wird in der DDR zu 68 v. H. von der Bauindustrie, zu 13 v. H. vom Bauhandwerk, zu rund 7 v. H. von den Baueinrichtungen der Landwirtschaft (Zwischengenossenschaftliche Bauorganisationen der Landwirtschaft und Meliorationsgenossenschaften) sowie zu 12 v. H. von den übrigen Betrieben außerhalb der Bauwirtschaft (z. B. landwirtschaftliche Baubrigaden [1973: 3 v. H.] sowie Betrieben anderer Wirtschaftsbereiche) erzeugt. II. Entwicklung des Bauvolumens Das Bauvolumen der DDR entwickelte sich ähnlich wie die Brutto-Anlageinvestitionen (Investitionen) und zeigt seit 1960 deutliche Wachstumsschwankungen. Eine schwache Entwicklung trat während der Wachstumskrise zu Anfang der 60er Jahre, im Jahre 1966 — damals ergaben sich Anpassungsschwierigkeiten an die Reformen (NÖS) — sowie Anfang der 70er Jahre auf. Systemimmanente Schwächen der Bauwirtschaft wurden sichtbar: Schwierigkeiten bei der Bereitstellung von Baumaterialien, die nicht bedarfsgerechte regionale Verteilung der Baukapazitäten, eine Zersplitterung der Bauleistungen der Betriebe auf zu viele gleichzeitig begonnene Baustellen sowie Probleme bei der Einführung neuer Technologien. Mit der Rezentralisierung sollten auch diese Probleme überwunden werden. Im Gefolge mit der zunächst planmäßig in den Jahren 1971 und 1972 stagnierenden Investitionstätigkeit wurde die Bauwirtschaft tatsächlich entlastet, eine Minderung der erheblichen Produktivitätsunterschiede zwischen den Baubetrieben blieb jedoch weitgehend aus. Während das Bauvolumen 1971 und 1972 um jährlich 6 v. H. expandierte, wurde 1973 nur noch ein Wachstum von 4 v. H. erreicht. Charakteristisch für die DDR ist der relativ hohe Anteil der Baureparaturen, die — nach der in der DDR üblichen Abgrenzung — zu einem Viertel bis zu einem Drittel auch die Generalreparaturen enthalten. Von der gesamten Bauproduktion sind seit 1960 21–28 v. H. auf Baureparaturen entfallen, von denen wiederum ein Drittel die Instandhaltung der stark veralteten und lange Zeit vernachlässigten Wohngebäude des Altbaus betraf. Dabei haben seit einigen Jahren Versuche an Bedeutung gewonnen, mit industriellen Reparaturmethoden — bei zeitweiliger Umsiedlung der Mieter — ganze Straßenzüge rationell zu überholen und zu modernisieren. Die sonstigen Bauleistungen — zu ihnen rechnen Abbruch- und Enttrümmerungsleistungen, Architektenleistungen für die reine Baudurchführung, Bodennutzungsgebühren, Aufwendungen für Erschließungsarbeiten u. ä. — haben in den letzten Jahren mit den Großvorhaben und der damit verbundenen Intensivierung der Vorarbeiten stark zugenommen. III. Die Bauinvestitionen Genauso wie bei den Brutto-Anlageinvestitionen (Investitionen) vereinigen in der DDR die „produktiven“ Bereiche auch den größten Teil der Bauinvestitionen; seit 1960 stieg deren Anteil von knapp [S. 106]60 auf fast 70 v. H. aller Bauinvestitionen. Allein die Industrie hat 1965 wie auch seit 1970 40 v. H. der gesamten Bauinvestitionen durchgeführt. Auf die Land- und Forstwirtschaft entfielen knapp 20 v. H., auf den Bereich Verkehr, Post- und Fernmeldewesen knapp 4 v. H. und auf die Bauwirtschaft selbst schließlich 2–3 v. H. Bei den „nichtproduzierenden“ Zweigen konzentrierte sich die Neubautätigkeit vor allem auf den Wohnungsbau, dessen Anteil an den Bauinvestitionen von 1960 bis 1970 von 30 auf 20 v. H. zurückfiel, seitdem aber wieder 24 v. H. erreichte. Auf kulturelle und soziale Einrichtungen (Bildungswesen, Kunst, Gesundheits- und Sozialwesen sowie Sport und Touristik) entfielen 3–7 v. H. der Bauinvestitionen. Die übrigen nichtproduzierenden Bereiche (Staatliche Verwaltung, Bank- und Versicherungswesen) erhielten in der Regel nur 1–3 v. H. aller Bauinvestitionen. IV. Die Wohnungsbauleistungen Die Wohnungsversorgung war, gemessen an der Zahl der Wohnungen, im Gebiet der heutigen DDR schon immer besser als in der Bundesrepublik Deutschland. Die Wohndichte betrug 1939 im Gebiet der heutigen DDR 3,35 Personen je Wohnung, in Westdeutschland dagegen 3,7 Personen (vgl. Klaus Dieter Arndt: Wohnverhältnisse und Wohnungsbedarf in der sowjetischen Besatzungszone, Sonderheft des DIW, Nr. 50, Berlin 1960, S. 36). Hinzu kamen geringere Kriegszerstörungen in der DDR und eine stagnierende Bevölkerung, während in der Bundesrepublik durch starke Zuwanderungen eine beträchtliche Bevölkerungszunahme auftrat. So betrug die Wohndichte (Zahl der Personen je Wohnung) in der DDR 1950 und 19.613,6 und 3,1 Personen gegenüber 4,9 bzw. 3,4 Personen in der Bundesrepublik. Aus dieser geringeren Dringlichkeit zum Wohnungsneubau erklärt sich auch der vergleichsweise niedrigere Anteil des Wohnungsbauvolumens der DDR am gesamten Bauvolumen: In den 50er Jahren waren es bei insgesamt nur geringem Bauvolumen 35–40 v. H. (Bundesrepublik Deutschland: über 50 v. H.), heute sind es 28 v. H. (Bundesrepublik: 43 v. H.). Je Einwohner gerechnet wurden 1950 weniger als ein Viertel, gegenwärtig bereits etwas mehr als die Hälfte der westdeutschen Pro-Kopf-Produktion von Wohnbauten erstellt. Obwohl bei dieser Berechnung das Wohnungsbauvolumen zu jeweiliger Preisbasis beider deutscher Staaten von 1967 zugrundegelegt worden ist, dürften die Ergebnisse den realen Niveauunterschied widerspiegeln, da 1967 die Baukosten im Wohnungsbau in beiden Gebieten einander etwa entsprochen haben. In der Zeit von 1960 bis 1973 wurden knapp 1,1 Mill. Wohnungen neugeschaffen, in der Bundesrepublik Deutschland waren es im gleichen Zeitraum 7,9 Mill. Wohnungen. Von den seit 1960 in der DDR neugeschaffenen Wohnungen sind 14 v. H. durch Um- oder Ausbau vorhandener Wohngebäude gewonnen worden. Damit beziffert sich der reine Neubau auf insgesamt rund 940.000 Wohnungen. Davon sind 77 v. H. in Montagebauweise errichtet worden. Zusätzlich zu diesen Leistungen sind seit 1971 71.000 Wohnungen in Altbauten modernisiert worden. Der Ausstattungsgrad der neugebauten Wohnungen ist seit 1960 merklich gestiegen: Beinahe alle der 1972 gebauten Wohnungen sind mit Warmwasser (1960: 17 v. H.) und Einbauküchen (1960: 26 v. H.) [S. 107]ausgestattet, 93 v. H. weisen Zentralheizung auf (1960: 9 v. H). Die durchschnittliche Wohnungsgröße der neugebauten Wohnungen betrug Anfang der 60er Jahre 55 bzw. 56 qm, sie verringerte sich bis 1967 auf 51 qm; gegenwärtig erreicht sie jedoch 58 qm. V. Der Wohnungsbestand Am 1. 1. 1971 gab es gemäß der Ergebnisse der Wohnraum- und Gebäudezählung ca. 6 Mill. Wohnungen in der DDR. Der Bestand hat sich somit gegenüber März 1961 um 550.000 Wohnungen erhöht. Bei Berücksichtigung des Nettozugangs von 205.000 Wohnungen seit Anfang 1971 läßt sich der Wohnungsbestand für das Jahresende 1973 auf 6,3 Mill. Wohnungen beziffern. Damit standen bei einer Wohnbevölkerung von 17 Mill. Personen 369 Wohnungen je 1000 Einwohner zur Verfügung, 1961 waren es 327 Wohnungen. Die Durchschnittsgröße beträgt 58 qm. In der DDR stehen je Einwohner durchschnittlich nur 21 qm Wohnfläche (1961: 17 qm) zur Verfügung. Die Wohnungen mit einem oder zwei Wohnräumen machen in der DDR 48 v. H. des Gesamtbestandes aus. Die Zweiraumwohnung ist mit einem Anteil von 37 v. H. aller Wohnungen die häufigste Wohnungsgröße. In der DDR entfallen auf Dreiraumwohnungen auch 33 v. H., dafür auf Wohnungen mit vier und mehr Wohnräumen lediglich 19 v. H. Wegen der im Vergleich zur Bundesrepublik Deutschland erheblich niedrigeren Wohnungsbauleistung besteht in der DDR eine weitaus ungünstigere Altersstruktur der Wohnungen: Anfang 1971 entfiel nur knapp ein Fünftel des Gesamtbestandes auf nach 1945 gebaute Wohnungen — in der Bundesrepublik dagegen über die Hälfte. 56 v. H. aller Wohnungen der DDR sind vor 1919 errichtet worden und damit über 50 Jahre alt, 22 v. H. sind in den Jahren von 1919 bis 1945 gebaute Wohnungen. VI. Wohnungswesen Bei den staatlichen Organen (Räte der Kreise, der Bezirke und Gemeinden) bestehen Wohnungskommissionen, die über die Wohnraumverwendung entscheiden. In der Regel müssen Wohnungssuchende — insbesondere für Neubauwohnungen — lange Wartezeiten hinnehmen. Mit Vorrang werden Personen behandelt, die besondere Leistungen für den Aufbau der DDR geleistet haben, oder aber auch Familien von Arbeitern neuer, erweiterter bzw. besonders wichtiger Industriebetriebe. Deshalb nehmen die Betriebsgewerkschaftsleitungen (BGL) Einfluß auf die Verteilung fertiggestellter Wohnungen, aber auch auf die Verteilung des Altwohnraums. Seit März 1958 bestehen in den meisten Städten „Volkseigene kommunale Wohnungsverwaltungen“, deren Aufgabe es ist, neben den vormals schon staatlichen Wohnbauten auch die in den Nachkriegsjahren auf Grund der Sowjet. Befehle enteigneten Grundstücke (Eigentum; Enteignung) zu verwalten, ebenso Grundstücke ausländischer oder westdeutscher Eigentümer, ferner Grundbesitz von Personen, die nach dem 17. 6. 1953 die DDR „illegal“ verlassen haben. Erträge aus Grundstücken bzw. Wohnungen, deren Eigentümer bereits vor 1945 im Ausland oder im Gebiet der heutigen Bundesrepublik lebten, werden nach Abzug der Instandhal[S. 108]tungs- und Verwaltungskosten einem Sperrkonto bei der Staatsbank der DDR überwiesen. Grundstücke bzw. Wohnungen von nach dem 17. 6. 1953 nach der Bundesrepublik Deutschland abgewanderten Eigentümern wurden von den „Kommunalen Wohnungsverwaltungen“ in Treuhänderschaft übernommen. Die Eigentümer haben kein Recht auf die Erteilung von Auskünften oder auf Zahlung von Erträgen aus der Vermietung. Die „Volkseigenen kommunalen Wohnungsverwaltungen“ sind auch die Träger des „Volkseigenen Wohnungsbaus“. Daneben gibt es die seit 1953 existierenden Arbeiterwohnungsbaugenossenschaften (AWG), die den sog. Arbeiterwohnungsbau (1961: 59 v. H., 1967: 25 v. H., 1973/74: 38 v. H. der errichteten Neubauwohnungen) durchführen und die entstandenen Wohnungen verwalten. Seit Ende 1963 sind die „Volkseigenen Kommunalen Wohnungsverwaltungen“ auch zuständig für die Organisierung der Reparaturarbeiten an in privatem Besitz befindlichen Wohnungen. Über die Mietermitverwaltung wird angestrebt, die Mieter zu teilweise kostenlosen Reparaturarbeiten an den von ihnen bewohnten Wohnhäusern zu veranlassen. Anders als im Westen konnte in der DDR das — nur durch hohe staatliche Subventionen aufrechterhaltene — äußerst niedrige Mietenniveau weder die Kommunalen Wohnungsverwaltungen und die Wohnungsgenossenschaften noch den privaten Hausbesitz, dem heute immer noch 60 v. H. aller Wohngebäude gehören, zu nachhaltigen Modernisierungsmaßnahmen veranlassen. Dies erklärt den weitgehend baufälligen Zustand eines großen Teils der Miethäuser. Die Altbaumieten befinden sich noch auf dem Stand von 1938. Wie niedrig das Mietenniveau für Neubauten ist, wird an der Anfang 1972 für einen bestimmten Personenkreis durchgeführten Mietpreissenkung der seit 1967 fertiggestellten Wohnungen deutlich: So zahlen gegenwärtig Arbeiter- und Angestelltenfamilien mit einem Monatseinkommen bis 2.000 Mark in Ost-Berlin 1,– bis 1,25 Mark und in den Bezirken der DDR 0,80 bis 0,90 Mark je qm Wohnfläche, Personen mit höherem Einkommen bis zu einem Drittel mehr. VII. Die Wohnungsbauprogramme bis 1990 Das Wohnungsbauprogramm des gegenwärtigen Fünfjahrplans sieht für die Jahre 1971–1975 vor, 525.000 Wohnungen neu zu bauen bzw. durch Generalüberholung zu verbessern. 408.500 Wohnungen (einschl. 50.000 Eigenheime) sind als Neubauten geplant, 116.500 Wohnungen in bereits vorhandenen Wohngebäuden sollen modernisiert werden. Unter Berücksichtigung der erreichten Neubauleistung von 304.000 Wohnungen der Jahre 1971–1974, verbliebe für das Jahr 1975 noch ein Planziel von 104.500 Wohnungen. Dieses Ziel erfordert in den meisten Bezirken der DDR erhebliche Leistungsanstrengungen. Beim Um- und Ausbau sowie der Modernisierung ist die Situation hingegen sehr günstig, da bis 1974 bereits 164.000 derartige Wohnungen geschaffen worden sind. Abgesehen von einem regionalen Zurückbleiben im Bezirk Dresden, ist damit das Fünfjahrplansoll von 116.500 Wohnungen mehr als erreicht. Somit dürfte am Ende des Jahres 1975 eine starke Übererfüllung an um- und ausgebauten Wohnungen zu erwarten sein, beim Wohnungsneubau hingegen eine leichte Untererfüllung. Seit 1971 wird der Bau von Eigenheimen für Familien von Arbeitern und Genossenschaftsbauern, für kinderreiche Familien sowie für junge Ehepaare — bei Übernahme größerer Eigenleistungen — insbesondere in kleinen und mittleren Städten und Dörfern gefördert. Insgesamt sind bis 1975 50.000 Eigenheime geplant, eine Zahl, die nur etwa zur Hälfte erreicht werden wird. Da auch bei einer Übererfüllung des Wohnungsbauprogramms des Fünfjahrplanes sowohl wegen der starken Überalterung als auch wegen der recht erheblichen Ausstattungsmängel der Wohnungen die Wohnbedingungen noch weit hinter den Erfordernissen zurückbleiben werden, hat die Wirtschaftsführung der DDR ein weiteres, recht umfassendes Wohnungsbauprogramm bis 1990 konzipiert. Danach ist für den Zeitraum von 1976 bis 1990 der Bau bzw. die Modernisierung von 2,8 bis 3 Mill. Wohnungen vorgesehen, wovon bis zum Jahre 1980 750.000 Wohnungen neu gebaut bzw. modernisiert werden sollen (Neubau: 550.000 bis 570.000 Wohnungen). Damit soll die Voraussetzung für einen in den 80er Jahren vermehrten Abriß nicht mehr modernisierungswürdiger Wohnungen geschaffen werden. Fundstelle: DDR Handbuch. Köln 1975: S. 105–108 Bau- und Montagekombinate A, B, C, D, E, F, G, H, I, J, K, L, M, N, O, P, Q, R, S, T, U, V, W, Z BDA

Siehe auch die Jahre 1979 1985 I. Bauwirtschaft Die B. ist der Wirtschaftsbereich für Hoch- und Tiefbau sowie Bauinstandsetzungen, der grundsätzlich jene Betriebe umfaßt, die am Prozeß der Bauvorbereitung und Baudurchführung teilhaben. Seit 1960 hat sich der Anteil der Bauwirtschaft am Nettoprodukt der DDR (Nationaleinkommen) von 7 v. H. (1960) auf 8 v. H. (1973) und ihr Anteil an der Gesamtbeschäftigung von 6 auf 7 v. H. erhöht. Die bauwirtschaftliche Gesamtleistung, im…

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Unterrichtsmittel und programmierter Unterricht (1975)

Siehe auch die Jahre 1979 1985 Als U. werden alle für eine effektive Gestaltung des Bildungs- und Erziehungsprozesses auf allen Stufen und in allen Bereichen des Bildungssystems benötigten materiellen Mittel zur Realisierung der Lehrplanforderungen bezeichnet; sie werden in 2 Gruppen untergliedert: in die indirekten bzw. Querschnitts-U. und in die direkten bzw. fachspezifischen U. Zu den Querschnitts-U. bzw. Ausstattungsgegenständen gehören vor allem das Mobiliar und die Technische Grundausstattung (TGA) der Schule, z. B. mit Film-, Bild-, Schreibprojektoren, Fernseh-, Rundfunk-, Tonbandgeräten usw., die vom Lehrplanstoff unabhängig und nur mittelbar bildungs- und erziehungswirksam sind. Demgegenüber sind die fachspezifischen U. vom Lehrplanstoff abhängig sowie unmittelbar bildungs- und erziehungswirksam; zu ihnen zählen Maschinen, Instrumente, Werkzeuge und Werkstoffe, Modelle. Filme, Lichtbilder, Landkarten, Schallplatten. Tonbänder, Fachbücher, programmierte Lehrmaterialien; usw. Meistens wird von U. (im engeren Sinne) unter Ausklammerung der verbindlichen Schul- und Lehrbücher gesprochen. Ein wesentliches Kennzeichen, insbesondere der neugestalteten U., ist ihr unmittelbarer Lehrplanbezug; denn zu den jeweiligen Lehrplänen — verstanden als curriculare Grundmaterialien — wurden die jeweils erforderlichen curricularen Nachfolgematerialien, also die U. und besonders die Schul- und Lehrbücher, aber auch die Unterrichtshilfen für die Lehrer, „lehrplantreu“ gestaltet. Die Unterrichtshilfen, die für jeden Einzellehrplan (eines Faches einer Klasse) hergestellt wurden, geben dem Lehrer detaillierte Hinweise, Begründungen und Beispiele für die Planung seines Unterrichts, gehören also auch zu den Planungshilfen für den Schulunterricht. Zum Unterschied von den verbindlichen Lehrplänen haben die Unterrichtshilfen vorwiegend empfehlenden Charakter und zeigen daher auch verschiedene Möglichkeiten der Realisierung der in den Lehrplänen verbindlich festgelegten Ziele, Inhalte und methodischen Grundlinien auf. Wenn viele Lehrer in der DDR sich dennoch eng an die „Empfehlungen“ der Unterrichtshilfen, halten, so hat dies verschiedene Gründe; es ist u. a. auf gewisse politisch-ideologische Unsicherheiten der Lehrer bei der Interpretation der Lehrplanangaben zurückzuführen. Die wichtigsten curricularen Nachfolgematerialien und U. (im weiteren Sinne) sind die Schul- und Lehrbücher, die sich in jüngster Zeit auch durch „Lehrplantreue“ auszeichnen und ausschließlich zum Zwecke der Lehrplanrealisierung entwickelt worden sind. Im Prinzip gilt, daß für eine Klasse und ein Unterrichtsfach ein Schul- bzw. Lehrbuch hergestellt und verwendet wird, wenn auch dazu z. B. noch entsprechende Schülerarbeitshef[S. 882]te, „Wissensspeicher“, d. h. fachliche Übersichtswerke, insbesondere für die naturwissenschaftlichen Fächer und andere Mittel, herausgegeben und verwendet werden. In bezug auf die inhaltlich-strukturelle und typographische Gestaltung wurden die Schul- und Lehrbücher in jüngster Zeit deutlich verbessert, insbesondere durch erhebliche Vermehrung der Abbildungen, Tabellen, Übersichten, Diagramme usw., sowie der Aufgaben und Kontrollfragen. Die Schul- und Lehrbücher werden von den Schülern und Lehrlingen teils gekauft, teils erhalten sie sie kostenlos; es besteht also nur eine beschränkte Lernmittelfreiheit. Für den Unterricht in den allgemeinbildenden Oberschulen und den Berufsschulen sind nur diejenigen Schul- und Lehrbücher zugelassen, die im jährlich erscheinenden Bücherverzeichnis des Volkseigenen Verlages Volk und Wissen bzw. im „Literaturkatalog Berufsbildung“ des Zentralinstituts für Berufsbildung aufgeführt sind. Der Direktor der jeweiligen Bildungseinrichtung entscheidet, welche der in diesen Verzeichnissen aufgeführten Schul- und Lehrbücher von den Schülern und Lehrlingen zu kaufen sind. Die unentgeltlich ausgegebenen Schul- und Lehrbücher, die mit Angabe der Dauer ihrer Gültigkeit im Bücherverzeichnis des VE Verlages Volk und Wissen für das jeweilige Schul- und Lehrjahr festgelegt werden, sind grundsätzlich Volkseigentum und bleiben in der Verwaltung der Schule. Alle Schüler und Lehrlinge bzw. deren Eltern sind verpflichtet, die für die einzelnen Unterrichtsfächer für den Kauf festgelegten Schul- und Lehrbücher anzuschaffen. Die als verbindlich erklärte berufsbildende Literatur sowie Hinweise zur Nutzung entsprechender Ersatz- und Zusatzliteratur und der entsprechenden Fachzeitschriften sind in dem „Literaturkatalog Berufsbildung“ enthalten. Der Literaturkatalog Berufsbildung 1971/72 enthält rund 500 Titel verbindlicher Berufsliteratur, darunter etwa 20 Wissensspeicher, 66 programmierte Lehrmaterialien und 65 Arbeitsplatz-, Aufgaben- und Experimentieranleitungssammlungen. Die für die Realisierung der neuen Lehrpläne für die einzelnen Fächer und Klassen (Lehrplanreform) notwendigen fachspezifischen U. (im engeren Sinne) bilden zusammen mit den entsprechenden technischen Geräten und Einrichtungen die Grundausstattung einer jeden Oberschule und sind in dem verbindlichen „Gesamtbedarfsplan für U. der 10klassigen allgemeinbildenden polytechnischen Oberschule“ zusammengefaßt. In diesem Gesamtbedarfsplan sind die verbindlichen U., die in jeder Oberschule vorhanden sein müssen, aber auch die empfohlenen U. aufgeführt, die zwar schon vor Einführung der neuen Lehrpläne hergestellt wurden, aber auch im Unterricht nach dem neuen Lehrplan eingesetzt werden können. In gesondert veröffentlichten Bedarfsplänen für die einzelnen Unterrichtsfächer und Klassen werden die erforderlichen fachspezifischen U., entsprechend ihren wichtigsten Einsatzmöglichkeiten, den einzelnen Lehrplanabschnitten zugeordnet. Dadurch gewinnen die Lehrer auf einfache Weise einen Überblick darüber, welche U. ihnen für die Behandlung eines bestimmten Lehrplanthemas zur Verfügung stehen. Die didaktische Wirksamkeit und der rationelle Einsatz der U. werden durch die Bereitstellung und Nutzung von Fachunterrichtsräumen bedeutend gefördert; darum wird der Ausstattung der Schulen mit Fachunterrichtsräumen zunehmende Bedeutung beigemessen. Bisher gibt es Fachunterrichtsräume für Physik, Chemie, Biologie, Zeichnen, Musik, Werken und den polytechnischen Unterricht sowie die Turnhallen; die Fachunterrichtsräume werden auch als Kabinette bezeichnet. Der Bedeutung entsprechend, die den neuen beruflichen Grundlagenfächern beigemessen wird, wurden kombinierte Unterrichtskabinette für die beruflichen Grundlagenfächer Grundlagen der Elektronik, Grundlagen der BMSR-Technik und Grundlagen der Datenverarbeitung entwickelt und dafür Ausrüstungsnormative verbindlich festgelegt. Darüber hinaus wurden 124 weitere Ausrüstungsnormative erarbeitet, die als Grundlage für die zielgerichtete Entwicklung, Herstellung und Bereitstellung berufsspezifischer U. für 202 Ausbildungsberufe dienen. Für die Versorgung der Bildungseinrichtungen mit U. sind die Bezirks- und die Kreisstellen für U. tätig, die den jeweiligen Abteilungen Volksbildung der Räte der Bezirke bzw. der Kreise unterstehen; sie fördern u. a. auch den Selbstbau von U. durch Schüler, für die bestimmte Normen festgelegt wurden. Die Ausstattung der Bildungseinrichtungen mit Mobiliar usw. erfolgt über das Staatliche Kontor für U- und Schulmöbel (Leipzig). Die Hauptentwicklungsrichtung zur Ausrüstung und Versorgung der im Bereich des Ministeriums für Volksbildung bestehenden Einrichtungen mit U., Schul- und Kindergartenmöbeln, Sportgeräten, Schul- und Lehrbüchern, Lernmitteln des allgemeinen Schulbedarfs, Schuldokumenten und Vordrucken zu erarbeiten, ist Aufgabe der Hauptverwaltung U. und Schulversorgung im Ministerium für Volksbildung. Als programmierter Unterricht (PU.) wird derjenige Unterricht bezeichnet, „der sich unter der Führung eines Lehrprogrammes vollzieht, in dem die Funktionen des Lehrsystems (Lehrprogramm) weitgehend objektiviert und die Tätigkeit des Lernsystems (Schüler) weitestgehend programmiert sind und der einem im Lehrprogramm gespeicherten Lehralgorithmus folgt, der die Tätigkeit jedes einzelnen Schülers determiniert“. Dabei werden Programmierung des Gegenstandsystems, des Lehrsystems und des Lernsystems sowie lineare, verzweigte und kombinierte Lehrprogramme unterschieden. Aufgrund der Forderung des Bildungsgesetzes, die Programmierung des Lehr- und Lernprozesses zielstrebig zu entwickeln, wurden zunächst in der DDR erhebliche Aktivitäten zur Entwicklung und Erprobung von Lernprogrammen bzw. des PU in Gang gesetzt. Auf dem VII. Pädagogischen Kongreß (1970) wurde jedoch festgestellt, daß die Programmierung zwar weitere Reserven für eine höhere Effektvität des Unterrichts erschließt, die genutzt werden müssen, jedoch zugleich darauf verwiesen, daß herkömmlicher und PU. keine Alternativen darstellen und daß auch beim Einsatz pro[S. 883]grammierter U. nach wie vor die führende Rolle des Lehrers bestimmend ist. Zur Sicherung und Nutzung des Prinzips der Vielseitigkeit des Lernens wurden mit der „Konzeption zur Weiterentwicklung der Forschung auf dem Gebiete der Programmierung von Lehr- und Lernprozessen“ (1971) weitere Untersuchungen in Gang gesetzt und durchgeführt, die vor allem danach fragten, welche Anwendungsmöglichkeiten und welchen Stellenwert der PU. innerhalb des gesamten Unterrichts einnehmen kann und welche die Unterrichtsarbeit des Lehrers bereichernden, ergänzenden und rationalisierenden Formen der Lernprogrammierung — bei Wahrung der führenden Rolle des Lehrers — optimale Lernergebnisse erzielen. Entgegen einer zeitweilig vorherrschenden Tendenz zur Kybernetisierung des Unterrichts und besonders des PU. wird gegenwärtig der Standpunkt vertreten, daß das Programmieren von Lehr- und Lernprozessen ein integrativer Bestandteil der Theorie und der Praxis des Schulunterrichts ist. Theoretische Fragen, die mit der Programmierung von Unterrichtsprozessen sowie mit der Ausarbeitung und dem Einsatz von Lehrprogrammen verbunden sind, stehen zur Unterrichtstheorie und ihrer weiteren Entwicklung im Verhältnis des Besonderen zum Allgemeinen. Die „Idee des Programmierens“ im Sinne der Unterstützung planmäßiger Einflüsse auf die Gesamtentwicklung der Schülerpersönlichkeit und der wissenschaftlichen Herausarbeitung effektiver Lernformen gehöre seit langem zur sozialistischen Pädagogik, und zwar „schon ehe die bürgerliche Propagandawelle den in den ersten Jahren selbst in den USA wenig attraktiven programmierten Unterricht hochgespielt“ hat. Dennoch können die zahlreichen Anstöße, die die Entwicklung des PU. in der DDR wie auch in der UdSSR und in anderen Ländern in Ost und West aus den USA empfangen hat, nicht geleugnet werden. Lehrprogramme wurden und werden vor allem für spezielle Themen des mathematisch-naturwissenschaftlichen und des berufstheoretischen Unterrichts entwickelt und genutzt. Einheitliches sozialistisches Bildungssystem. Fundstelle: DDR Handbuch. Köln 1975: S. 881–883 Unterhalts- und Ausbildungsbeihilfen A, B, C, D, E, F, G, H, I, J, K, L, M, N, O, P, Q, R, S, T, U, V, W, Z Unterrichtstag in der sozialistischen Produktion

Siehe auch die Jahre 1979 1985 Als U. werden alle für eine effektive Gestaltung des Bildungs- und Erziehungsprozesses auf allen Stufen und in allen Bereichen des Bildungssystems benötigten materiellen Mittel zur Realisierung der Lehrplanforderungen bezeichnet; sie werden in 2 Gruppen untergliedert: in die indirekten bzw. Querschnitts-U. und in die direkten bzw. fachspezifischen U. Zu den Querschnitts-U. bzw. Ausstattungsgegenständen gehören vor allem das Mobiliar und die Technische…

DDR A-Z 1975

Deutschlandpolitik der SED (1975) Siehe auch: Deutschlandplan des Volkes: 1962 1963 1965 1966 1969 1979 Deutschlandpolitik: 1963 1965 1966 1969 Deutschlandpolitik der SED: 1979 1985 Gesamtdeutsche Arbeit: 1958 1959 1960 1962 1963 1965 1966 Nationales Dokument: 1963 1965 1966 1969 1979 Nation und nationale Frage: 1979 1985 Spaltung und Wiedervereinigung Deutschlands: 1962 1963 1965 1966 Wiedervereinigung: 1958 1959 1960 1962 1963 1965 1966 I. Grundzüge Die Geschichte der Teilung Deutschlands und der Wandel der deutschlandpolitischen Vorstellungen der KPD/SED seit dem Ende des II.~Weltkrieges sind aufs engste verknüpft mit jenem internationalen Konflikt, der seit 1947 als „Kalter Krieg“ bezeichnet worden ist. Der Zerfall der Staatenkoalition, die sich während des Krieges gegen das Deutschland Hitlers vereinigt hatte, die Entstehung zweier Blöcke, zwei[S. 198]er politischer, wirtschaftlicher und militärischer Allianzsysteme, schließlich das Bemühen, die zwischen Ost und West bestehenden friedensgefährdenden Spannungen abzubauen und die zwei Jahrzehnte andauernde Konfrontation durch neue Formen der Kooperation (friedliche Koexistenz) zu ersetzen - dieser weltpolitische Entwicklungsgang setzte die Rahmenbedingungen für die D. der SED. Die Frage, ob und inwieweit die SED überhaupt imstande war, ihren politischen Kurs autonom zu bestimmen und in welchem Ausmaß sie auf die Deutschland- und Europapolitik der Sowjetunion einzuwirken vermochte, läßt sich nicht eindeutig beantworten. Wenn die SED in einer frühen Phase ihrer Geschichte — 1946, kurz vor den ersten Wahlen in der Sowjetzone — hinsichtlich der künftigen Grenzziehung an Oder und Neiße eine von der sowjetischen Position abweichende Haltung einnahm und sich gegen die Abtrennung der Ostgebiete wandte, so war dies eine kurzfristige Episode. Ende der 40er und im Laufe der 50er Jahre hielt sich die SED strikt, bis in Nuancen, an die von der Sowjetunion vertretene Linie. In den 60er Jahren mehrten sich Anzeichen dafür, daß das politisch-ökonomische Gewicht der DDR groß genug geworden war, um ihr im Verhältnis zur Sowjetunion und zu anderen Partnern ein Mitspracherecht zu sichern. Die DDR achtete jedoch stets sorgsam darauf, daß ihre D. bis in Einzelheiten mit der der Sowjetunion abgestimmt war. Ihre Sprecher betonten stets die Führungsrolle der KPdSU innerhalb der kommunistischen Weltbewegung. Als Mitglied des RGW seit 1950 und als einer der an der Gründung des Warschauer Paktes 1955 beteiligten Staaten betrachtet die DDR ihre Zugehörigkeit zum östlichen Bündnissystem als eine fundamentale Bedingung ihrer politischen Existenz. Ihre enge Bindung an die Sowjetunion ist völkerrechtlich durch die Verträge vom 20. 9. 1955 und 12. 6. 1964 bekräftigt worden; ihre Beziehungen zu den übrigen Staaten der Allianz gründen sich auf bilaterale Bündnis- und Beistandsverträge, die in den Jahren 1967/68 abgeschlossen wurden. Im Artikel 6 Abs. 2 ihrer neuen Verfassung vom April 1968 hat die DDR die „allseitige Zusammenarbeit und Freundschaft mit der Union der Sozialistischen Sowjetrepubliken und den anderen sozialistischen Staaten“ zum Verfassungsgrundsatz erhoben. Nach der Verfassungsänderung vom 7. 10. 1954 lautet der entsprechende Artikel 6 Abs. 2 Satz 1: „Die Deutsche Demokratische Republik ist für immer und unwiderruflich mit der Union der Sozialistischen Sowjetrepubliken verbündet.“ Diese Vertrags- und Verfassungsnormen spiegeln die Bereitschaft der DDR-Führung, in ihrer D. stets die Blocksolidarität zu wahren. Dies allerdings stellt keinen Verzicht auf die Vertretung spezifischer eigener Interessen der DDR bei der Festlegung des generellen außenpolitischen Kurses der Allianz dar; spätestens seit Mitte der 60er Jahre haben die Bündnispartner der DDR ihrerseits dieser besonderen Interessenlage Rechnung zu tragen versucht. Die D. der KPD/SED läßt verschiedene Phasen erkennen. 1941–1945: Während des Krieges bereitete sich die Führung der KPD in Moskau in doppelter Weise auf die Rückkehr nach Deutschland vor. Einerseits bemühte sie sich um ein Bündnis mit antifaschistischen, bürgerlich-konservativen Kräften unter kriegsgefangenen Offizieren und Soldaten, die sie für die Gründung des Nationalkomitees Freies Deutschland und des Bundes Deutscher Offiziere zu gewinnen wünschte. Dabei bekundeten die Repräsentanten der KPD allgemeine demokratisch-republikanische Zielvorstellungen. Zu dieser Zeit vermieden sie es, von der Notwendigkeit tiefgreifender gesellschaftlicher Strukturreformen zu sprechen. Andererseits setzte die KPD-Führung im Februar 1944 eine 20köpfige Arbeitskommission ein, die während der folgenden Monate eine Reihe von Entwürfen zu wirtschaftlichen, sozialen und kulturellen Fragen vorbereitete. Im Oktober 1944 wurde ein „Aktionsprogramm des Blocks der kämpferischen Demokratie“ im Entwurf fertiggestellt. Anfang April 1945 verabschiedete das Politbüro der KPD Richtlinien für die Tätigkeit der im Gefolge der Sowjetarmee nach Deutschland zurückkehrenden Initiativgruppen, deren wichtigste die Gruppe Ulbricht in Berlin war. Während des Krieges hatte die D. der KPD Rücksicht auf die zwischen der Sowjetunion und den Westmächten getroffenen Vereinbarungen zu nehmen. Die von den „Großen Drei“ in den Konferenzen von Teheran (28. 11.–1. 12. 1943), Jalta (4.–11. 2. 1945) und Potsdam (17. 7.–2. 8. 1945) erörterten Pläne für eine gemeinsame Nachkriegspolitik gegenüber Deutschland erwiesen sich jedoch nicht als tragfähige Basis, da die Großmächte die vor allem im Potsdamer Abkommen umrissenen gesellschaftspolitischen Zielsetzungen auf unterschiedliche Weise auslegten. 1945–1947: Solange die Kriegsalliierten noch bemüht blieben, trotz wachsender Spannungen zwischen Ost und West ihre Zusammenarbeit im Alliierten Kontrollrat und auf den Außenministerkonferenzen fortzusetzen, verfolgte die KPD — ebenso wie nach ihrer Gründung 1946 die SED — einen gesellschaftspolitisch behutsamen Kurs, für den die Feststellung im KPD-Aufruf vom 11. 6. 1945, es wäre falsch, „Deutschland das Sowjetsystem aufzuzwingen“, und die 1946/47 propagierte These vom „eigenen deutschen Weg zum Sozialismus“ das Leitmotiv bildeten. In dieser Phase unterstützten die deutschen Kommunisten das Verlangen der Sowjetunion nach Reparationen — auch aus der laufenden Produktion [S. 199]neuer Güter — im Wert von 10 Mrd. Dollar sowie nach einer Vier-Mächte-Kontrolle der Ruhrindustrie. 1948–1952: Nach dem Scheitern der Außenmmisterkonferenzen von Moskau (10. 3.–24. 4. 1947) und London (25. 11.–15. 12. 1947) begann im Frühjahr 1948 eine neue Phase der D., die SED begann, sich auf eine fortdauernde Teilung Deutschlands einzustellen. Ihr Wandel zur „Partei neuen Typus“ signalisierte einen neuen gesellschaftspolitischen Kurs: Das sowjetische Vorbild galt in allen Bereichen bis in Details hinein als nachahmenswert. Die Spaltung Berlins während der Blockade ging der Konstituierung der DDR am 7. 10. 1949 voraus. In den der Staatengründung folgenden beiden Jahren stagnierte der politisch-diplomatische Disput der Großmächte über Deutschland. Die SED versuchte mit harten repressiven Mitteln die Umformung der DDR-Gesellschaft zu einer volksdemokratischen Ordnung voranzutreiben, eine Politik, die sie auf der I. Parteikonferenz im Juli 1952 als beginnenden „Aufbau des Sozialismus“ charakterisierte. 1952–1955: Vier Monate vor dieser II.~Parteikonferenz der SED hatte die Sowjetunion jedoch, offensichtlich beunruhigt über die seit dem Ausbruch des Korea-Krieges im Sommer 1950 auf westlicher Seite mit Nachdruck betriebene Wiederbewaffnung der Bundesrepublik innerhalb der westeuropäischen oder atlantischen Allianz, eine neue diplomatische Initiative eingeleitet, die auf Ausklammerung eines gesamtdeutschen Staates aus dem östlichen und westlichen Bündnissystem gerichtet war und ihn auf einen neutralen Status verpflichten wollte. Mit der Parole „Deutsche an einen Tisch“ warb die SED — wie schon in den frühen 50er Jahren — um die Anerkennung der DDR als gleichrangigen Gesprächs- und Verhandlungspartner des westlichen Deutschland. 1955–1957: Nach dem Beitritt der Bundesrepublik Deutschland zur Atlantischen Allianz, der im Mai 1955 völkerrechtlich wirksam wurde, änderte sich die D. der SED ebenso wie die der Sowjetunion in mehreren wichtigen Punkten: Die These von der Existenz zweier deutscher Staaten, die man nicht mehr auf „mechanische Weise“, also durch freie gesamtdeutsche Wahlen vereinigen könne, wurde mit der Forderung nach einer Garantie der sozialistischen ➝Errungenschaften der DDR im Falle einer Wiedervereinigung verbunden. Die SED leitete daraus ihren Vorschlag für die Bildung einer deutschen Konföderation ab, der zum ersten Mal gegen Ende des Jahres 1956 kurz erwähnt und in der Folgezeit mehrfach präzisiert, kommentiert und ergänzt wurde. 1958–1961: Die seit Beginn des Jahres 1958 von der SED erhobene Forderung nach Abschluß eines Friedensvertrages mit zwei deutschen Staaten deutete auf Absichten hin, das Deutschlandproblem erneut auf internationaler Ebene zu erörtern, um einerseits die Anerkennung der DDR, andererseits bestimmte Rüstungsbegrenzungen für die Bundesrepublik — vor allem deren verbindlichen Verzicht auf Verfügungsmacht über Kernwaffen — zu erreichen. Als der Westen keine Bereitschaft zeigte, auf den von der Sowjetunion und der DDR eingeleiteten Friedensvertragsvorstoß positiv zu reagieren, entschloß sich die sowjetische Führung im November 1958, auf die vorgeschobene Position des Westens in Berlin Druck auszuüben. Die folgenden Jahre standen im Zeichen der zweiten schweren Berlin-Krise, die ihren Höhepunkt in der Errichtung der Mauer im August 1961 fand. 1962–1966: Nach der Absperrung West-Berlins konzentrierte die SED ihre Anstrengungen auf die innere Konsolidierung ihres Herrschaftssystems und auf eine Steigerung der wirtschaftlichen Effizienz (Neues Ökonomisches System). Im Anschluß an die sowjetisch-amerikanische Machtprobe während der Kuba-Krise sprach W. Ulbricht im Dezember 1962 von der Möglichkeit eines nationalen Kompromisses zwischen der DDR und der Bundesrepublik Deutschland. Die Passierscheinabkommen der Jahre 1963–1966 galten als Ausdruck einer „Politik der kleinen Schritte“, zu der die DDR — wenn auch widerstrebend — offenbar unter dem Eindruck internationaler Entspannungstendenzen nach dem Abschluß des Test-Stopp-Vertrages im Sommer 1963 — einen Beitrag leistete, obwohl ihr die erhoffte völkerrechtliche Anerkennung durch westliche Staaten, vor allen durch die Bundesrepublik Deutschland, weiterhin versagt blieb. 1967–1969: Gegenüber der Ende 1966 gebildeten Regierung der Großen Koalition in Bonn bezog die SED eine verhärtete Position, zumal ihr bei der Vorbereitung des zunächst mit der SPD vereinbarten, dann jedoch von der SED abgesagten Redneraustausches im Frühjahr und Sommer 1966 bewußt geworden war, daß eine Intensivierung der Kontakte innenpolitische Wirkungen zeitigte, die der Parteiführung bedrohlich und ein Sicherheitsrisiko zu enthalten schienen (Sozialdemokratismus). In dieser Phase fand sich die Bundesregierung zum ersten Mal bereit, direkte offizielle Kontakte zu Regierungsinstitutionen der DDR anzubahnen, ohne allerdings bereits vertragliche Absprachen treffen zu wollen. Die Entwicklung seit Herbst 1969 wurde schließlich von der Absicht der sozialliberalen Regierung bestimmt, auf vertraglicher Basis ein geregeltes Nebeneinander zweier Staaten in Deutschland zu erreichen, um so den Zusammenhalt der deutschen Nation trotz fortdauernder Teilung zu wahren. In Reaktion auf die „Neue Ostpolitik“ der Regierung Brandt-Scheel, die aus der These vom Fortbestand einer Nation in zwei deutschen Staaten ihren Anspruch auf besondere innerdeutsche Beziehungen ableitete und einer völkerrechtlichen Anerkennung [S. 200]der DDR — „als Ausland“ — widersprach, änderte die SED zu Beginn des Jahres 1970 ihre Haltung zur „nationalen Frage“ (Nation und nationale Frage). Hatte die DDR sich selbst in ihrer Verfassung vom April 1968 als „sozialistischen Staat deutscher Nation“ bezeichnet, so wurde dieser Begriff zu Beginn des Jahres 1970 — ohne formelle Änderung der Verfassung — im politischen Sprachgebrauch der SED durch die Formel vom „sozialistischen deutschen Nationalstaat DDR“ ersetzt. Die SED berief sich auf die marxistisch-leninistische Deutung der Klassenstrukturen in beiden deutschen Staaten, und behauptete, in der DDR entwickle sich die „sozialistische Nation“, die mit der in der Bundesrepublik bestehenden „bürgerlichen Nation“ nichts mehr gemein habe. Der um die Jahreswende 1969/1970 erfolgende Positionswandel der SED in der „nationalen Frage“ läßt sich eindrucksvoll an dem veränderten Verhalten der DDR gegenüber den Vereinten Nationen ablesen. Als die DDR 1966 zum ersten Mal einen Aufnahmeantrag an die Weltorganisation richtete, legte sie in einem Memorandum ihres Außenministeriums an die Vereinten Nationen großen Wert auf die Feststellung, daß ein Beitritt „die friedliche Wiedervereinigung Deutschlands fördern“ könnte. Beide deutsche Staaten hätten sich konsolidiert und selbständig entwickelt, jeder von ihnen habe seine eigene Verfassung, seinen eigenen Staatsapparat, seinen eigenen Wirtschaftsorganismus und seine selbständige Armee: „Diese beiden deutschen Staaten bilden ungeachtet dessen eine Nation“ (Dokumente zur Außenpolitik der DDR 1966, XIV/1, S. 643). Als dagegen Außenminister O. Winzer am 1. 10. 1973 nach vollzogener Aufnahme der beiden deutschen Staaten in die Vereinten Nationen vor der Vollversammlung sprach, erklärte er, aus der Gegensätzlichkeit der gesellschaftlichen und politischen Ordnungen in der Bundesrepublik und in der DDR ergäbe sich als „zwingende Schlußfolgerung“, daß zwischen ihnen „eine Vereinigung niemals möglich“ sein werde. Bis Ende der 60er Jahre war die D. der SED noch auf eine Wiedervereinigung Deutschlands gerichtet — gemeint war allerdings, wie Art. 8 der neuen DDR-Verfassung vom April 1968 besagte, eine „Vereinigung auf der Grundlage von Demokratie und Sozialismus“, wobei diese beiden Begriffe im Sinne der marxistisch-leninistischen Lehre verstanden wurden. Die in jener Verfassungsnorm geforderte „schrittweise Annäherung der beiden deutschen Staaten“ ist seit 1970 nicht mehr postuliert worden. Stattdessen sprach die DDR von einem objektiven Prozeß der Abgrenzung, der sich zwischen ihnen vollziehe. Rückschauend lassen sich in der D. der SED vier entscheidende Wendepunkte aufzeigen — 1948 der Kurswechsel in Richtung auf eine eigene Staatsgründung, 1955 die Proklamation der Zwei-Staaten-These in Verbindung mit der gesellschaftspolitisch relevanten Forderung nach Garantie der „Sozialistischen Errungenschaften“, 1961 die endgültige Unterbrechung der bis zu diesem Zeitpunkt noch durchaus lebendigen Kommunikation der Deutschen in beiden Staaten und in beiden Teilen Berlins, 1970 die Abkehr von der Formel „zwei Staaten — eine Nation“ und der Verzicht auf das grundsätzliche Ziel einer deutschen Wiedervereinigung. Diese Skizze wird in den folgenden Abschnitten genauer ausgeführt. II. Von der Kapitulation bis zur Gründung der DDR In der „Atlantik-Charta“ (12. 8. 1941) hatten die USA und Großbritannien ihre Kriegsziele verkündet. Sie versicherten darin u. a., daß „ihre Länder keinerlei Gebiets- und sonstige Vergrößerungen erstrebten“, die „nicht mit den frei zum Ausdruck gebrachten Wünschen der betreffenden Völker übereinstimmten“. Auf der Sitzung des Interalliierten Rates in London vom 24. 9. 1941 hatte u. a. die UdSSR dieser Proklamation voll zugestimmt. Ohne eine freie Willensäußerung des deutschen Volkes abzuwarten, erörterten die Alliierten auf ihren folgenden Kriegskonferenzen Pläne für eine Aufteilung Deutschlands in fünf Teile (28. 11.–1. 12. 1943 in Teheran) und einigten sich vorläufig auf eine Ausdehnung Polens von der Curzon-Linie bis zur Oder. Auf der Konferenz in Jalta (3–11. 2. 1945) wurden, insbesondere auf Veranlassung Stalins, schließlich die „völlige Entwaffnung, Entmilitarisierung und Zerstückelung Deutschlands“ beschlossen. Da es außer dieser Formulierung im Protokoll der Konferenz keinen förmlichen Beschluß über die Aufgliederung Deutschlands und die Art ihrer Durchführung gab, sollten diese Fragen von dem „Ausschuß für die deutsche Teilungsfrage“ (Dismemberment Committee) in London weiterberaten werden. Die UdSSR hat sich an den Beratungen dieses Komitees weitgehend uninteressiert gezeigt. Gleichzeitig einigte man sich in Potsdam, der Moskauer Reparationskommission als „Diskussionsgrundlage“ eine deutsche Wiedergutmachung von 20 Mrd. Dollar (50 v. H. an die UdSSR) zu empfehlen. Sicher haben die Frage der Reparationen und die Sorge der Sowjets, bei einer Aufteilung Deutschlands von den Industrie-Zentren des Rheinlandes abgeschnitten zu werden, entscheidend dazu beigetragen, daß Stalin seit dem Abschluß des sowjetisch-polnischen Bündnispaktes am 21. 4. 1945 alle sowjetischen Pläne einer „Zerstückelung“ Deutschlands in Abrede stellte (Stalins Rundfunkansprachen vom 9. 5. 1945 aus Anlaß der Unterzeichnung der Kapitulationsurkunde in Reims/Karlshorst am 8. 5. 1945). Das Potsdamer Protokoll legt fest, Deutschland als eine wirtschaftliche Einheit zu behandeln und, so[S. 201]weit „praktisch durchführbar“, die „deutsche Bevölkerung in ganz Deutschland“ gleich zu behandeln. Als Folge der hinsichtlich der deutschen Frage ergebnislosen alliierten Konferenzen der Jahre 1947 und 1948 begann in beiden Teilen Deutschlands eine Entwicklung, die 1949 zur Gründung der Bundesrepublik Deutschland und der DDR führte. In der SBZ schuf die Sowjetische Militäradministration (SMAD) am 25. 7. 1946 11 deutsche Zentralverwaltungen, deren Errichtung eine einseitige Vorwegnahme der nach dem Potsdamer Abkommen für ganz Deutschland vorgesehenen Zentralverwaltungen darstellte und insofern die Abspaltung der SBZ von den anderen Besatzungszonen verstärkte. Im September und Oktober 1945 erließen die 5 Landesregierungen in der SBZ Verordnungen über die Durchführung der Bodenreform. Gleichzeitig begann die Enteignung, die sich zunächst nur gegen Betriebe ehemaliger Nationalsozialisten richtete. Der im August 1946 von den Sowjets geschaffenen „Deutschen Verwaltung des Inneren“ wurden bereits die Polizeien aller 5 SBZ-Länder unterstellt, wodurch eine weitgehende Zentralisierung der Verwaltung der SBZ erreicht wurde. Durch SMAD-Befehl Nr. 138 vom 27. 6. 1947 wurden die 11 Zentralverwaltungen zur DWK zusammengefaßt und deren Zuständigkeit seit Februar/März 1948 erheblich ausgeweitet. Außerhalb der DWK wurden noch einige Zentralverwaltungen (für Justiz, Volksbildung, Gesundheitswesen und Inneres) eingerichtet, die formal dem ersten DWK-Präsidenten (Heinrich Rau) unterstanden. Die DWK nahm von Anfang an gewisse Funktionen einer Zentralregierung wahr. In den westlichen Zonen gab es zu dieser Zeit keine vergleichbaren zentralen deutschen Verwaltungen. Das Scheitern der Münchener Ministerpräsidentenkonferenz (6.–7. 6. 1947) zeigte, daß die Westmächte einerseits damals nicht bereit waren, vor einer grundsätzlichen Einigung zwischen den Alliierten, Vertreter deutscher Verwaltungsorgane über politische Fragen der Wiedervereinigung beraten zu lassen. Andererseits bewiesen SED und Sowjets durch den von ihnen erzwungenen Auszug der 5 Vertreter der SBZ, daß sie der ersten gesamtdeutschen Beratung nach dem Krieg nur unter ihren Bedingungen zuzustimmen bereit waren. Sowohl die Schaffung der „Bi-Zone“ (2. 12. 1946) als auch die Gründung eines „deutschen Wirtschaftsrates“ (29. 5. 1947) und die Zusammenlegung aller 3 westlichen Zonen zur „Tri-Zone“ (Sommer 1948) hatten überwiegend wirtschaftliche Gründe, da sich die Alliierten über die Behandlung Deutschlands als wirtschaftlicher Einheit nicht zu einigen vermochten (Viermächte-Außenministerkonferenz vom 23. 5. bis 20. 6. 1949 in Paris) und die Durchführung einer Währungsreform notwendig geworden war. Diese und ihre Nichtbeteiligung an der inoffiziellen Londoner Sechsmächtekonferenz (23. 2.–3. 6. 1948) nahmen die Sowjets zum Anlaß, den Alliierten Kontrollrat zu verlassen (20. 3. 1948) und gegen Berlin die Blockade (24. 6. 1948) zu verhängen. Gleichzeitig „bestätigte“ der 3. Deutsche Volkskongreß der SBZ am 30. 5. 1949 die 1.~Verfassung der „Deutschen Demokratischen Republik“. Er wählte einen Deutschen Volksrat, der sich am 7. 10. 1949 zur „provisorischen Volkskammer“ erklärte. Die ersten Wahlen zur 1. Volkskammer (15. 10. 1950) erfolgten nach Einheitslisten der Nationalen Front. Am 10. 10. 1949 wurde die SMAD in eine Sowjetische Kontrollkommission (SKK) umgewandelt und die Regierung der DDR für Außenpolitik und Außenhandel zuständig erklärt. Die Bundesregierung hat von Anfang an die Gründung der DDR als „rechtswidrig“ bezeichnet, da keine freie Willensäußerung des deutschen Volkes stattgefunden habe. Auf der New Yorker Außenministerkonferenz der drei Westmächte (18. 9. 1950) wurde dieser Standpunkt der Bundesregierung bestätigt und die Bundesregierung erstmalig offiziell für berechtigt erklärt, als einzige deutsche Regierung bis zur Wiedervereinigung für das gesamte Deutschland zu sprechen. Die SED behauptete dagegen, die Westmächte hätten das Potsdamer Abkommen gebrochen, die „Bildung der Bonner Marionettenregierung“ habe den „nationalen Notstand und die Kriegsgefahr verstärkt“. Sie forderte die Schaffung einer „provisorischen Regierung des demokratischen Deutschland“ und den Abschluß eines Friedensvertrages mit Deutschland („Neues Deutschland“ vom 5. 10. 1949). III. Gesamtdeutsche Politik bis zur Gründung des Warschauer Paktes Zur D. sagte Wilhelm Pieck, Präsident der DDR, am 10. 11. 1949 vor der Volkskammer: „Niemals wird die Spaltung Deutschlands … von der Deutschen Demokratischen Republik anerkannt werden … Es geht nicht darum, ob die westdeutsche Bundesregierung und die Regierung der Deutschen Demokratischen Republik sich gegenseitig anerkennen, sondern darum, gemeinsam oder nebeneinander den nationalen Interessen des deutschen Volkes zu dienen … wir wollen ein demokratisches, nationales und wirtschaftlich selbständiges Deutschland …“ („Dokumente zur Außenpolitik der DDR“, Bd. I, Berlin 1954, S. 15–16). In seiner ersten Regierungserklärung vom 12. 10. 1949 bezeichnete O. Grotewohl die Gründung des „Bonner Separatstaates“ als „Vollendung der Spaltung Deutschlands“. Gleichzeitig wurde „die Wiedervereinigung aller Teile Deutschlands zu einer einheitlichen demokratischen Republik“ gefordert, deren „Rechtsgrundlage“ im Potsdamer Abkommen enthalten sei. Die im Westen [S. 202]beginnende Diskussion um die Schaffung einer Europäischen Verteidigungsgemeinschaft unter Einschluß der Bundesrepublik Deutschland und die vorerst versteckte, später offene Aufrüstung in der DDR (bereits seit 1950 wurden paramilitärische Verbände in Form der Kasernierten Volkspolizei aufgestellt) leiteten die Phase der Einbeziehung beider Teile Deutschlands in das östliche und westliche Bündnissystem ein. Im folgenden zeigte es sich, daß die Regierungen in beiden deutschen Staaten (und die hinter ihnen stehenden Mächtegruppierungen) in der deutschen Frage auf entgegengesetzten Positionen beharrten und keine praktischen Schritte unternahmen, die zu einer Annäherung hätten führen können. Die Bundesregierung forderte stets als ersten Schritt zur Wiederherstellung der deutschen Einheit gesamtdeutsche, freie, geheime, gleiche und von den Besatzungsmächten unbeeinflußte Wahlen zu einer verfassunggebenden Nationalversammlung (so in ihrer Erklärung vom 25. 3. 1950 und in der Entschließung des deutschen Bundestages vom 14. 9. 1950 zu den bevorstehenden Volkskammerwahlen am 15. 10. 1950). Die Regierung der DDR schlug in Anlehnung an die Empfehlungen der Prager Außenministerkonferenz (20.–21. 10. 1950) vor, zunächst einen „Gesamtdeutschen Konstituierenden Rat unter paritätischer Zusammensetzung aus Vertretern Ost- und Westdeutschlands“ zu bilden, der die Einsetzung einer „gesamtdeutschen souveränen demokratischen und friedliebenden provisorischen Regierung vorzubereiten, mit der Ausarbeitung eines Friedensvertrages zu beginnen und Vorbereitungen für die Durchführung gesamtdeutscher Wahlen zu treffen hätte“ (so in einer Regierungserklärung Otto Grotewohls vom 15. 9. 1950, in einem „Beschluß des Ministerrates der DDR“ vom 25. 10. 1950 und einem Brief Grotewohls an Bundeskanzler Adenauer vom 30. 11. 1950). Die SED hat ihr Wahlsystem — Einheitsliste der Kandidaten der Nationalen Front, Beteiligung der Massenorganisationen an der Kandidatenaufstellung, faktische Ausschaltung aller nicht im „Demokratischen Block“ zusammengeschlossenen politischen Parteien und Organisationen — stets als vorbildlich bezeichnet. Am 15. 9. 1951 modifizierte Grotewohl in einer Regierungserklärung seinen Vorschlag über die Bildung eines Gesamtdeutschen konstituierenden Rates, indem er dessen paritätische Zusammensetzung als „nicht von grundlegender Bedeutung“ bezeichnete. Als der Bundestag am 27. 9. 1951 „14 Grundsätze einer neuen Wahlordnung für gesamtdeutsche Wahlen“ verabschiedete und deren internationale Kontrolle forderte, erklärte Grotewohl in einer Regierungserklärung vom 10. 10. 1951 diese Vorschläge in der Mehrzahl als „annehmbar“ und eine internationale Kontrolle als diskutabel, falls es vorher zu einer „gesamtdeutschen Beratung“ käme. Eine solche Beratung wurde jedoch am 16. 10. 1951 erneut von Bundeskanzler Adenauer vor dem Bundestag abgelehnt. Auf Vorschlag der drei Westmächte verabschiedete die UN-Vollversammlung am 20. 12. 1951 (u. a. gegen die Stimmen des Sowjetblocks) eine Resolution über die Einsetzung einer UN-Kommission, die die Voraussetzung für freie Wahlen in ganz Deutschland prüfen sollte. Die Resolution wurde am 9. 1. 1952 von der Regierung der DDR als „rechtsungültig“ bezeichnet und am 23. 3. 1952 der UN-Kommission in Berlin die Einreise in die DDR verweigert. Im Mittelpunkt der Auseinandersetzungen standen sowohl die Frage des Wahlmodus — wie die beiden Wahlgesetzentwürfe der Volkskammer vom 9. 1. 1952 und des Deutschen Bundestages vom 6. 2. 1952 zeigen — als auch die Reihenfolge der Schritte, die zur Wiedervereinigung führen sollten. Der Notenwechsel zwischen der UdSSR und den Westmächten im Jahre 1952 zeigte, daß die UdSSR nicht bereit war, freien Wahlen vor dem Abschluß eines Friedensvertrages zuzustimmen. Aus diesem Grunde lehnten die Westmächte auch den Entwurf eines Friedensvertrages und den Vorschlag zur Bildung einer „Provisorischen gesamtdeutschen Regierung“ ab, den Molotow auf der Berliner Außenministerkonferenz im Februar 1954 unterbreitete. Darüber hinaus stieß der sowjetische Vorschlag im Westen auf Ablehnung, da er als diplomatischer Schachzug gegen den geplanten Beitritt der Bundesrepublik Deutschland zur NATO (in Oktober 1954 auf der Londoner Neunmächtekonferenz beschlossen) verstanden wurde. Um die Ratifizierung der Pariser Verträge durch die Bundesrepublik Deutschland zu verhindern, erklärte sich die UdSSR am 14. 1. 1955 bereit, „Gesamtdeutschen Wahlen“ unter internationaler Aufsicht zuzustimmen, falls sich „die Regierungen der DDR und der BRD damit einverstanden erklären“. Unter Abkehr von seiner bisherigen Haltung stimmte der Ministerrat der DDR am 20. 1. 1955 einer internationalen Aufsicht über gesamtdeutsche Wahlen zu. Die Bundesregierung lehnte diesen Vorschlag am 22. 1. 1955 mit der Begründung ab, daß die UdSSR zwar einer internationalen Aufsicht von Wahlen (endlich) zugestimmt habe, diese Kontrolle sich hingegen nicht auf „wirkliche freie Wahlen“ erstrecken solle. Am 5. 5. 1955 traten die Pariser Verträge in Kraft, das Besatzungsstatut wurde aufgehoben, und die Bundesrepublik Deutschland trat der WEU bei, am 9. 5. 1955 wurde sie in den Nordatlantikpakt aufgenommen. Die DDR trat dem am 14. 5. 1955 gegründeten Warschauer Pakt bei. Damit war die Einbeziehung beider Teile Deutschlands in die Militärblöcke [S. 203]des Westens und Ostens vollzogen, eine neue Etappe der D. begann. IV. Die UdSSR lehnt Verantwortung für Wiedervereinigung ab In einer TASS-Erklärung vom 12. 7. 1955 hatte die UdSSR eine deutschlandpolitische Schwenkung vollzogen. Sie bezeichnete nunmehr die „Gewährleistung der europäischen Sicherheit“ als „wichtigste Frage“, der gegenüber das „Verfahren der Durchführung von Wahlen“ (in Deutschland) eine „untergeordnete Frage“ sei. Zwar einigten sich die Regierungschefs der Vier Mächte auf der Genfer Gipfelkonferenz (17.–23. 7. 1955) in der Direktive an ihre Außenminister, die „Regelung des deutschen Problems und der Wiedervereinigung Deutschlands mittels freier Wahlen“ anzustreben. Jedoch schon auf der Rückreise von Genf nannte Chruschtschow am 26. 7. 1955 die „mechanische Vereinigung beider Teile Deutschlands“ (durch Wahlen zu einer gesamtdeutschen Nationalversammlung) eine „unreale Sache“. Er lehnte es ab, die „deutsche Frage“ auf „Kosten der Interessen der Deutschen Demokratischen Republik zu lösen“. In einer Regierungserklärung vom 12. 8. 1955 schloß sich Grotewohl dem sowjetischen Standpunkt an und betonte, daß eine Wiedervereinigung „nur Schritt für Schritt auf dem Wege der Zusammenarbeit und der Annäherung der beiden deutschen Staaten herbeigeführt werden kann“ („Dokumente zur Außenpolitik der DDR“, Bd.~III, Berlin 1956, S. 32). „Freie demokratische Wahlen“ würden — so Grotewohl — erst stattfinden, wenn ihre „Ausnutzung zu Aggressionszwecken“ nicht mehr möglich sei. Als konkrete Maßnahmen zur „Annäherung beider deutscher Staaten“ schlug er eine Beteiligung an der Ausarbeitung eines Systems der kollektiven Sicherheit in Europa vor und regte verstärkte wirtschaftliche und kulturelle Beziehungen zwischen ihnen und eine „Verbesserung der Bedingungen für den Verkehr der Bevölkerung zwischen beiden Staaten“ an. Erstmalig wurde von Grotewohl offiziell gefordert, daß in der Bundesrepublik die „Herrschaft der Monopolkapitalisten und Großgrundbesitzer“ gebrochen werden müsse, wenn „die friedliebenden Kräfte des deutschen Volkes“ die „realen Voraussetzungen für die Vereinigung Deutschlands“ schaffen wollten. Im folgenden hat die DDR ihre Vorstellungen zur D. und zur Lösung des deutschen Problems mehrmals formuliert. Die verschiedenen Modifikationen enthielten aber stets ein feststehendes Grundmuster, indem eine Wiedervereinigung durch freie Wahlen im westlichen Sinne abgelehnt, Vereinbarungen „zwischen beiden deutschen Regierungen“ jedoch befürwortet wurden. Am 31. 12. 1956 schlug Ulbricht im „Neuen Deutschland“ im „Interesse der Wiedervereinigung der Arbeiterklasse ganz Deutschlands“ vor, zunächst eine „Annäherung“ der zwei deutschen Staaten mit verschiedenen gesellschaftlichen Systemen herbeizuführen, um „später eine Zwischenlösung in Form der Konföderation zu finden“. Erst daran anschließend könnten „wirkliche demokratische Wahlen“ zu einer Nationalversammlung stattfinden. V. Über eine Konföderation zur Wiedervereinigung Was die SED unter einer „Konföderation“ verstand, hat sie mehrmals präzisiert. Am 30. 1. 1957 nannte Ulbricht zunächst die Vorbedingungen für eine „Annäherung beider deutscher Staaten“: u. a. Erweiterung des westdeutschen Betriebsverfassungsgesetzes, Beseitigung aller Vorrechte der Großgrundbesitzer, Volksabstimmung über die Überführung der Schlüsselindustrien in Volkseigentum, demokratische Boden- und Schulreform. Danach könnten die Mitglieder eines paritätisch zusammengesetzten „Gesamtdeutschen Rates“ auf der Basis der geltenden Wahlgesetze gewählt werden. Dieser Rat wäre als Regierung der Konföderation, eines Staatenbundes aus DDR und Bundesrepublik Deutschland, befugt, „freie gesamtdeutsche Wahlen“ vorzubereiten. Während der Diskussion über den ersten Rapacki-Plan im Jahre 1957 erneuerte der Ministerrat der DDR am 26. 7. 1957 seinen Konföderationsvorschlag, jedoch mit der wichtigen Einschränkung, daß ein „Gesamtdeutscher Rat“ nur „beratenden Charakter“ haben sollte. Da einerseits in einer Konföderation jeder der beiden deutschen Staaten seine bestehende gesellschaftspolitische Verfassung unverändert beibehalten sollte, blieb unklar, wie sich die SED die „Schaffung eines einheitlichen, demokratischen, friedliebenden und antiimperialistischen deutschen Staates“ vorstellte. Am 2. 8. 1957 bekannte sich die UdSSR zwar zur Viermächte-Verantwortung für Deutschland, jedoch wurde eine Konföderation nur als „erster Schritt“ auf dem Weg zur Beseitigung der deutschen Spaltung bezeichnet. Die UdSSR hat — zum wiederholten Male in einer Note vom 8. 1. 1958 an die Bundesregierung — den Plan der SED entschieden befürwortet, während die Bundesregierung eine Konföderation am 20. 1. 1958 mit der Begründung ablehnte, die Wiedervereinigung sei nicht Sache zweier Regierungen, sondern liege in der „ausschließlichen Zuständigkeit des deutschen Volkes“. Schon am 22. 1. 1958 antwortete Chruschtschow darauf in einer Rede in Minsk und bestritt, daß sich die UdSSR jemals zur Abhaltung freier Wahlen als erstem Schritt auf dem Weg zur Wiederherstellung der Einheit Deutschlands verpflichtet hätte. Auf dem Boden Deutschlands existierten jetzt „zwei [S. 204]souveräne Staaten mit unterschiedlicher Gesellschaftsordnung“, deren Aufgabe es in erster Linie sei, die „nationale Einheit Deutschlands als einheitlichen, friedliebenden demokratischen Staat wiederherzustellen“. Worauf es jedoch der SED mit ihrem Vorschlag für eine Konföderation in erster Linie ankam, bekannte Ulbricht am 13. 2. 1958 in einem Interview mit der „Süddeutschen Zeitung“. Demnach sollte die Bildung eines Staatenbundes durch den Abschluß eines völkerrechtlich gültigen Vertrages zwischen Bundesrepublik Deutschland und DDR vorgenommen werden. Gleichzeitig machte er alle Schritte auf eine Wiedervereinigung hin davon abhängig, daß sich die Bundesrepublik positiv zur Schaffung einer atomwaffenfreien Zone in Mitteleuropa im Sinne des Rapacki-Planes äußere. Die „Vereinigung der beiden deutschen Staaten“ — so sagte Ulbricht bei dieser Gelegenheit — sei kein „einmaliger Akt, sondern ein Prozeß“. Die Bestimmung eines Zeitpunktes für „gemeinsame Wahlen“ nannte er „reine Spekulation“. Die Forderung nach Bildung einer „Konföderation“ ist für die D. der SED bis Mitte der 60er Jahre kennzeichnend gewesen. Der Begriff Konföderation wurde von der SED ideologisch interpretiert und als „dialektische Einheit von friedlicher Koexistenz und Selbstbestimmung“, als eine „besondere Form des Klassenkampfes zwischen Sozialismus und Kapitalismus auf deutschem Boden“ bezeichnet. Das Jahr 1958 war gleichzeitig auch von besonderer sowjetischer Aktivität hinsichtlich der Durchsetzung der internationalen Anerkennung der DDR charakterisiert. Jedoch haben die Westmächte und die Bundesregierung alle von der UdSSR unterstützten Konföderations-Vorschläge der DDR zurückgewiesen, da sie darin keinen Weg zur Überwindung der deutschen Spaltung, sondern lediglich ein Vehikel zur Aufwertung und letztlich zur völkerrechtlichen Anerkennung der DDR sahen. Der V. Parteitag der SED (Juli 1958) führte zu einer weiteren Verhärtung der D. der SED. Nunmehr sollten die „sozialistischen Errungenschaften“ nicht mehr nur in der Phase der Zusammenschlusses „beider deutscher Staaten“ geschützt werden, sondern jetzt wurden sie als „für immer unantastbar“ bezeichnet. Die DDR repräsentiere den einzigen „rechtmäßigen souveränen deutschen Staat“ - bisher war von „zwei souveränen deutschen Staaten“ gesprochen worden. Da der Parteitag weiterhin offen an die „friedliebenden Kräfte“ in der Bundesrepublik appellierte, eine „bürgerlich demokratische Ordnung“ (d. h. vor allem Wiederzulassung der verbotenen KPD) als Voraussetzung für eine Wiedervereinigung zu errichten und aus der NATO auszutreten, fanden die SED-Vorschläge selbst bei oppositionellen Kräften in der Bundesrepublik Deutschland wenig Unterstützung. VI. Statt Wiedervereinigung - Abschluß eines Friedensvertrages Bis zum VI. Parteitag 1963 weist die D. der SED einige Grundzüge auf, die in erster Linie den Abschluß eines „Friedensvertrages mit beiden deutschen Staaten“ und die Konsolidierung der DDR zum Inhalt haben. Entsprechend der sowjetischen Deutschlandpolitik trat nunmehr die Forderung nach Abschluß eines Friedensvertrages vor der Abhaltung von Wahlen in den Vordergrund (Note der Regierung der DDR an die Bundesregierung vom 4. 8. 1958, in der die Bildung einer gesamtdeutschen Kommission vorgeschlagen wird, die die Vier Mächte bei der Ausarbeitung eines Friedensvertrages für Deutschland beraten soll). Die Frage eines deutschen Friedensvertrages wurde akut, als Chruschtschow (so u. a. am 5. 3. 1959 in Leipzig, am 14. 1. 1960 in Moskau, am 15. 6. 1961 im Moskauer Fernsehen) und Gromyko (auf der Genfer Außenministerkonferenz am 10. 6. 1959) mit dem Aktschluß eines Friedensvertrages mit der DDR allein und allen sich daraus möglicherweise ergebenden Konsequenzen drohten. Am deutlichsten kommen die Bestrebungen der SED im „Friedensplan“ zum Ausdruck, den die Volkskammer am 6. 7. 1961 (einen Monat vor Errichtung der Berliner Mauer) verabschiedete. Darin wird die Bildung einer „Deutschen Friedenskommission“ vorgeschlagen, die deutsche Vorschläge für einen Friedensvertrag ausarbeiten sollte. Von besonderer Bedeutung für die Beurteilung der D. der SED war, welche Interpretation der von Chruschtschow (seit dem XX. Parteitag der KPdSU) vertretenen Koexistenz-Konzeption gegeben wurde und wieweit Ulbricht sie auch bei der Gestaltung der innerdeutschen Verhältnisse praktizieren würde. Sofern Koexistenz auch Nichteinmischung in die inneren Angelegenheiten eines nichtsozialistischen Gesellschaftssystems bedeutet, hat die SED diese Auffassung in jener Zeit durch Betonung der „einen gesamtdeutschen Arbeiterklasse“ in ganz Deutschland und der „Aktionsgemeinschaft mit allen friedliebenden Kräften“ in der Bundesrepublik Deutschland zurückgewiesen. „Die Anwendung des Prinzips der friedlichen Koexistenz auf das Verhältnis zwischen beiden deutschen Staaten würde bedeuten, den Klassenstandpunkt der Arbeiterklasse zu verraten. Wir betrachten auch die Beseitigung der Macht der Monopolherren und Militaristen (in Westdeutschland) nicht nur als eine Angelegenheit der Werktätigen Westdeutschlands. Deshalb hat unsere Partei auch niemals eine Nichteinmischung in die inneren Angelegenheiten der Bundesrepublik proklamiert“ (W. Horn, Der Kampf der SED um die Festigung der DDR und den Übergang zur zweiten Etappe der Revolution, Berlin [Ost] 1959). Dieser Konzeption entsprach der vom ZK der SED [S. 205]im April 1960 veröffentlichte „Deutschlandplan des Volkes - Offener Brief an die Arbeiterklasse Westdeutschlands“. Um über die Anhängerschaft der verbotenen KPD hinaus breitere Kreise in der Bundesrepublik anzusprechen, forderte die SED darin „sozialdemokratische, christliche und parteilose Arbeiter, ehrliche Patrioten in Stadt und Land“ und „fortschrittliche Unternehmer“ auf, den „westdeutschen Militarismus zu beseitigen und so die Voraussetzung für eine Konföderation beider deutscher Staaten zu schaffen“. Die SED hat zu diesem Zeitpunkt nicht nur eine grundlegende Umgestaltung der gesellschaftlichen und politischen Verhältnisse in der Bundesrepublik als Vorbedingung für eine Wiedervereinigung gefordert, sondern wollte selbst diese Umgestaltung aktiv fördern. Dabei wurde stets betont, daß die DDR der „rechtmäßige deutsche Staat“ sei und jede innerdeutsche Verständigung eine Anerkennung ihrer Souveränität voraussetze. Diese Forderungen sind von der SED in dem am 25. 3. 1962 vom Nationalrat der Nationalen Front der DDR vorgelegten Dokument „Die geschichtliche Aufgabe der DDR und die Zukunft Deutschlands“ zusammengefaßt worden. Der Gedanke der Konföderation wurde zwar beibehalten, jedoch hieß es jetzt: Ob „mit oder ohne Konföderation — der Sozialismus ist auch die Zukunft Westdeutschlands“, und: „der sozialistische deutsche Staat verkörpert die Zukunft der ganzen Nation“. Trotz der von der SED seit 1960 gelegentlich erklärten Kompromißbereitschaft in nationalen Fragen (erstmalig wurde von „nationalem Kompromiß“ in einem Brief W. Ulbrichts an Bundeskanzler Adenauer vom 28. 1. 1960 gesprochen), war in grundsätzlichen Fragen von ihr kein Entgegenkommen zu erwarten. Ulbricht selbst hat diese Befürchtungen teilweise bestätigt, als er am 13. 9. 1962 im „Neuen Deutschland“ erklärte, daß „die Grenzlinie in Deutschland nicht an der Elbe verläuft, sondern die Frontlinie mitten durch Westdeutschland geht“. Und im Rechenschaftsbericht des ZK auf dem VI. Parteitag hieß es noch, daß nur „die Vereinigung aller patriotischen Kräfte unter der Führung der Arbeiterklasse in beiden deutschen Staaten zum Erfolg der Volksbewegung in Westdeutschland“ führen würde. Diese Auslegung des Koexistenzprinzips wurde von der SED erst im Anschluß an den Ausgang der Kuba-Krise im Okt. 1962 inhaltlich ganz der sowjetischen angepaßt. So sprach Ulbricht am 2. 12. 1962 in Cottbus von „Kompromissen“, die die Politik der friedlichen Koexistenz auch bei der „Lösung der nationalen Frage“ erfordere. Da aber seit Anfang der 60er Jahre als „Hauptinhalt der nationalen Frage“ die „Entmachtung der westdeutschen Militaristen und Monopolkapitalisten“ bezeichnet wurde, hat die SED nie deutlich gemacht, in welchen Punkten sie zu Kompromissen bereit sei. VII. Der VI. Parteitag --- innere Konsolidierung der DDR vor Wiedervereinigung Entgegen der Meinung einiger westlicher Beobachter bedeutete der VI. Parteitag der SED vom 15. bis 21. 1. 1963 eine Korrektur ihrer bisherigen D. Es gab deutliche Anzeichen, die für eine verstärkte Hinwendung der SED zur inneren Konsolidierung ihres Herrschaftssystems sprachen. Dies bedeutete eine relative Abkehr von ihrer bis dahin eher offensiven D. Die Proklamation des Neuen Ökonomischen Systems, die verstärkten Bemühungen in den folgenden Jahren, die Herausbildung eines eigenen DDR-Staatsbewußtseins zu fördern, und die gewandelte Einschätzung der „Klassenkampfsituation“ in der Bundesrepublik sind Kennzeichen einer vorsichtigen Umorientierung der D. der SED. So sah sie nun „die historische Mission der DDR darin, durch eine umfassende Verwirklichung des Sozialismus im ersten deutschen Arbeiter-und-Bauern-Staat die feste Grundlage dafür zu schaffen, daß in ganz Deutschland die Arbeiterklasse die Führung übernimmt“. Andererseits hieß es an gleicher Stelle: „Die günstigen Voraussetzungen für den umfassenden Aufbau des Sozialismus wie für den Übergang zum Kommunismus in der DDR werden gegeben sein, wenn in Westdeutschland Imperialismus und Militarismus überwunden sind und die beiden deutschen Staaten im Rahmen einer Konföderation in gesicherter friedlicher Koexistenz miteinander wetteifern“ (Programm der SED, „Neues Deutschland“ vom 25. 1. 1963, Sonderbeilage). Damit wurden als „günstige Voraussetzungen“ für den gesellschaftlichen Fortschritt in der DDR Änderungen der innenpolitischen Verhältnisse in der Bundesrepublik angesehen. Die Möglichkeit einer solchen Änderung wurde etwa seit 1966 von der SED wesentlich skeptischer beurteilt als in früheren Jahren. Da die Bundesrepublik gegenwärtig die gesellschaftliche Periode des „staatsmonopolistischen Kapitalismus“ durchlaufe und in dieser Epoche das Eintreten zyklischer Krisen nicht mehr mit derselben Zwangsläufigkeit erfolge, schienen die Hoffnungen der SED auf eine Mobilisierung der westdeutschen Arbeiterschaft geringer geworden zu sein. Auf dem VI. Parteitag wurde die These von der einheitlichen „gesamtdeutschen Arbeiterklasse“, deren anerkannte Avantgarde die SED sei, vollständig aufgegeben. Eine indirekte Begründung findet sich im Rechenschaftsbericht des ZK, in dem es heißt, daß die „langanhaltende Nachkriegskonjunktur es der westdeutschen Großbourgeoisie gestattete, Teile der Arbeiterklasse, des Kleinbürgertums und der Intelligenz ökonomisch zu korrumpieren und eine starke Arbeiteraristokratie entstehen zu lassen“. Dadurch seien bei der westdeutschen Bevölkerung „Illusionen“ über den „Charakter der kapitalistischen Gesellschaftsordnung“ entstanden. Auch in anderer Weise hatte sich der Schwerpunkt [S. 206]der Argumentation der SED verschoben. Nachdem Chruschtschow auf dem VI. Parteitag den Abschluß eines Friedensvertrages aufgrund der Existenz der Mauer in Berlin als nicht mehr dringend notwendig bezeichnet hatte, fehlte diese Forderung auch in Ulbrichts Parteitagsrede. Er forderte stattdessen ein „Abkommen der Vernunft und des guten Willens“, das von der „Existenz zweier deutscher Staaten“ ausgehen und folgende Punkte enthalten sollte: 1. Respektierung der Existenz des anderen deutschen Staates und seiner politischen und gesellschaftlichen Ordnung. Feierlicher Verzicht auf Gewaltanwendung in jeder Form; 2. Respektierung, Fixierung und Festigung der bestehenden deutschen Grenzen; 3. Verzicht auf Erprobung, Besitz, Herstellung und Erwerb von Kernwaffen und der Verfügung über sie; 4. Verhandlungen über Abrüstung in „beiden deutschen Staaten“; 5. Gegenseitige Anerkennung von Reisepässen und Staatsbürgerschaft der DDR und BRD als Voraussetzung für eine Normalisierung des Reiseverkehrs; 6. „Herstellung normaler, sportlicher und kultureller Beziehungen zwischen den beiden deutschen Staaten“, Einstellung der Tätigkeit des Alliierten Reisebüros (Allied Travel Board) in West-Berlin; 7. Abschluß eines Handelsvertrages zwischen der DDR und der Bundesrepublik Deutschland. VIII. Abrüstung und Selbstbestimmungsrecht in der Deutschlandpolitik der SED Zwei Problemkreise standen im Jahre 1963 im Mittelpunkt der Propaganda: Abrüstung und Selbstbestimmungsrecht. Schon 1957 hatte die SED den Rapacki-Plan für eine atomwaffenfreie Zone in Mitteleuropa unterstützt. Wäre hierüber ein Abkommen zustandegekommen, hätte dies die Unterschrift auch der DDR unter einen völkerrechtlich gültigen Vertrag erfordert. Dies hätte der internationalen Anerkennung der DDR entscheidend genützt. Daß die Abrüstungspolitik der SED eine deutschlandpolitische Funktion hatte, zeigten auch die Passagen des Konföderationsplanes Grotewohls vom 27. 7. 1957, in denen ein Verbot der Lagerung und Herstellung von Atom-Waffen auf deutschem Boden gefordert, das Ausscheiden von Bundesrepublik und DDR aus NATO und Warschauer Pakt und „gemeinsames oder einzelnes Ersuchen an die Vier Mächte auf baldige schrittweise Zurückziehung ihrer Truppen aus ganz Deutschland“ vorgeschlagen wurden. Auch andere Aktionen der DDR in der Abrüstungsfrage hatten stets eine gesamtdeutsche Stoßrichtung. In der Denkschrift der Regierung der DDR an die XV. Tagung der UN-Vollversammlung vom 15. 9. 1960 wurden z. B. der Bundesrepublik Deutschland „totale Militarisierung und atomare Aufrüstung“ vorgeworfen. „Schnellste Abrüstungsmaßnahmen“ in ganz Deutschland sollten deshalb die „Herstellung der Neutralität der beiden deutschen Staaten ermöglichen“ und die „Verständigung der beiden deutschen Staaten über ihre Wiedervereinigung“ fördern. Auch der Beitritt der DDR zum Kernwaffenteststopp-Abkommen von Moskau (8. 8. 1963), der Entwurf eines Vertrages zwischen DDR und Bundesrepublik Deutschland über den „umfassenden Verzicht auf Kernwaffen“ vom 6. 1. 1964 und die Erklärung der

Deutschlandpolitik der SED (1975) Siehe auch: Deutschlandplan des Volkes: 1962 1963 1965 1966 1969 1979 Deutschlandpolitik: 1963 1965 1966 1969 Deutschlandpolitik der SED: 1979 1985 Gesamtdeutsche Arbeit: 1958 1959 1960 1962 1963 1965 1966 Nationales Dokument: 1963 1965 1966 1969 1979 Nation und nationale Frage: 1979 1985 Spaltung und Wiedervereinigung Deutschlands: 1962 1963 1965 1966 Wiedervereinigung: 1958 1959 1960 1962 1963 1965 1966 I. Grundzüge Die…

DDR A-Z 1975

Infiltration (1975)

Siehe auch die Jahre 1953 1954 1956 1958 1959 1960 1962 1963 1965 1966 1969 1979 1985 Geschichte. Die kommunistischen Parteien nutzten seit dem VII. Weltkongreß der Komintern 1935 in Moskau jede Gelegenheit, um nichtkommunistische Einrichtungen für ihre Bündnispolitik zur Verbreiterung ihrer Basis zu gewinnen. Der DDR kam es — besonders unter den Bedingungen der Hallstein-Doktrin — in erster Linie darauf an, mit den Mitteln der I. ihre außenpolitische Isolierung zu durchbrechen, möglichst viele nichtkommunistische Gruppen zu Aktionen für die diplomatische Anerkennung der DDR zu gewinnen und ihr gesellschaftliches Modell zu propagieren. SED, KPD und deren Massenorganisationen (FDJ; FDGB; DFD u.a.m.) bedienten sich zu diesem Zweck unterschiedlicher Methoden; sie reichten von einer mannigfaltigen Komiteebewegung (Freundschaftsgesellschaften und Friedenskomitees) über die Bildung von Arbeitsgemeinschaften für verschiedene berufliche oder Soziale Gruppen (z. B. Arbeitsgemeinschaften ehemaliger Offiziere), Studiengesellschaften bzw. Vereinigungen für Intellektuelle (z. B. Komitee zum Studium der gesellschaftlichen Verhältnisse und ihrer Veränderung in Westdeutschland oder Vereinigung demokratischer Juristen), der Durchführung von periodischen Konferenzen und Aktionen (z. B. Aktion gegen Remilitarisierung, Deutsche Arbeiterkonferenzen) bis zur Gründung sog. Sammlungsbewegungen (z. B. ADF, DFU), in denen die Kommunisten nach ihrem Volksfrontverständnis dominierten und erhebliche materielle Hilfe leisteten. Die SED-Führung bestreitet heute nicht mehr, daß ihr erklärtes politisches Ziel nach 1945 darin bestand, „ihre Bemühungen auf die Bildung eines demokratischen deutschen Staates, der alle vier Besatzungszonen und nicht nur die sowjetische Besatzungszone umfaßte“, zu richten. Dieser Staat, der „alle vier Besatzungszonen umfaßte“, sollte auf derselben gesellschaftspolitischen Grundlage entstehen, die von der sowjetischen Besatzungsmacht in der damaligen SBZ geschaffen worden war. Die SED-Führung bediente sich zu diesem Zweck eines umfangreichen Apparates, der unter Führung der Westabteilung beim ZK der SED die gesamte kommunistische I. in der Bundesrepublik Deutschland leitete und kontrollierte. (Diese Abteilung hat im Laufe der Jahre mehrmals ihren Namen geändert: Westkommission, Westabteilung, Abteilung für gesamtdeutsche Arbeit, Arbeitsbüro, Abteilung 62 u. a. m.; zeitweilig war noch zwischen dem Politbüro der SED und der Westabteilung eine Kommission für nationale Arbeit oder Westkommission geschaltet, die als Westsekretariat unter Leitung von Walter Ulbricht, Hermann Matern und Albert Norden die Arbeit der Westabteilung anleitete.) Die Westabteilung beim ZK der SED verwirklichte diese Anleitung vor allem durch den Einsatz zahlreicher Instrukteure, die in der Bundesrepublik in allen Fragen der I. gegenüber der KPD Weisungs- und Kontrollfunktionen ausübten. Die Einrichtung des Freiheitssenders 904 — Standort bei Magdeburg/DDR — diente der I.-Propaganda und der Anleitung der KPD-Kader in der Bundesrepublik. Der Soldatensender 935 war auf die I. der Bundeswehr spezialisiert. Infiltrationszentrale KPD. Den westdeutschen Kommunisten fiel sowohl in ihrer legalen (1946–1956) wie in ihrer illegalen Periode (1956–1968) die Aufgabe der Koordinierung, Anleitung und Kontrolle der gesamten I. in der Bundesrepublik zu. Die Westabteilung der SED leitete ihrerseits die KPD an, sicherte ihre Finanzen und hielt auch von sich aus direkt Kontakte zu einzelnen I.-Trägern. Im Mittelpunkt der I.-Bemühungen der KPD stand der Versuch, durch aktive Arbeit in den Gewerkschaften sowie durch Aktionsangebote an den Arbeiternehmerflügel der SPD die „Aktionseinheit der Arbeiterklasse“ zu schaffen, die nach der Strategiedoktrin der KPD die Voraussetzung zu gesellschaftspolitischen Veränderungen in der Bundesrepublik sein sollte. Durch halbjährlich durchgeführte Arbeiterkonferenzen in der DDR, die Herausgabe von zahlreichen Betriebszeitungen für Großbetriebe in der Bundesrepublik, Begegnungen von Gewerkschaftern aus beiden Teilen Deutschlands und vor allem durch aktive Mitarbeit in gewerkschaftlichen Organisationen und Betriebsräten sollte dieses Ziel erreicht werden. Aber auch die Jugendverbände, insbesondere der Arbeiterjugend und kooperationsbereite Gruppen des Bürgertums waren Ziele der I. Das veränderte Konzept. Mit Abschluß der Verträge mit Moskau und Warschau, des Viermächte-Abkommens und des Grundlagenvertrages, der damit in Zusam[S. 415]menhang stehenden ideologischen Abgrenzungspolitik der SED gegenüber Einflüssen aus der Bundesrepublik, mit der Verkündung der These von zwei deutschen Nationen sowie der internationalen Anerkennung der DDR und ihrer Aufnahme in die UNO, mußte die SED ihr I.-Konzept verändern: a) Die Gründung einer legalen kommunistischen Partei, der DKP, ihrer Jugendorganisation, der SDAJ, und ihres Studentenverbandes, des MS Spartakus, ermöglichte die politische und ideologische Auseinandersetzung in aller Öffentlichkeit. Der Freiheitssender 904 und der Soldatensender 935 wurden stillgelegt; die Abhängigkeit der DKP von der SED blieb in finanzieller Hinsicht zwar bestehen, das Instrukteurwesen wurde jedoch durch offizielle Konsultationen zwischen beiden Parteispitzen zum Teil ersetzt. Die westdeutschen Kommunisten können heute im Gegensatz zu früher eigene Entscheidungen, jedenfalls in der Tagespolitik, treffen. b) Die Komiteebewegungen, Vereinigungen und die periodischen Konferenzen, vor allem auf gewerkschaftlichem Sektor, konnten zugunsten einer Verstärkung der Öffentlichkeitsarbeit der DKP aufgelöst bzw. umfunktioniert werden (das betraf u. a. die DFU, ADF, die halbjährlich durchgeführten deutschen Arbeiterkonferenzen, die deutschen Gespräche, die Komitees zum Studium der gesellschaftlichen Verhältnisse und ihrer Veränderung in der Bundesrepublik, die Arbeitsgemeinschaft ehemaliger Offiziere u. a.). Die auf internationaler Ebene arbeitenden Freundschaftsgesellschaften, Friedenskomitees usw. blieben zwar zum Teil bestehen, änderten aber ihren Charakter: Die in ihnen tätigen Kräfte brauchten sich nicht mehr für die internationale Anerkennung der DDR einzusetzen; jetzt bestand ihre Aufgabe darin, — meist im Rahmen offizieller Institutionen — das DDR-System als Beispiel für eine „gerechte Gesellschaft“ zu propagieren und die Krisenerscheinungen im Westen als systemtypisch darzustellen. c) Die internationale Aufwertung des WGB, die Aufnahme des kommunistisch gelenkten italienischen Gewerkschaftsbundes CGIL in den Europäischen Gewerkschaftsverband, dem bisher nur Mitgliedsorganisationen des IBFG sowie der Christlichen Gewerkschaften angehörten, und die erweiterte Teilnahme von Gewerkschaftlern aus Finnland, Schweden, Norwegen und Dänemark an der 17. Arbeiterkonferenz anläßlich der Ostseewoche 1974 in Rostock, sowie die innerdeutschen Gewerkschaftskontakte seit 1970 haben die Beziehungen zwischen DGB und FDGB aus dem Bereich der I. herausgelöst, ohne allerdings die Bestrebungen der DKP auf stärkere Einwirkung auf die Gewerkschaften an der Basis zu verringern. d) Zahlreiche Tarnzeitungen (Blinkfüer, Hamburg; Tatsachen, Ruhrgebiet; offen und frei, Baden-Württemberg; Die andere Zeitung, Frankfurt/Main u. a.) wurden zugunsten der aufwendigen UZ, die ab 1. 10. 1973 als Tageszeitung erscheint, eingestellt. Der Druck von KPD-Materialien in der DDR wurde aufgegeben und statt dessen zahlreiche Verlage in der Bundesrepublik Deutschland gegründet, die zwar von der DDR finanzielle Zuschüsse (durch Anzeigen) erhalten, sich aber auch um Rentabilität bemühen müssen (Röderberg Verlag, Frankfurt/Main, Verlag Marxistische Blätter GmbH., Frankfurt/Main, Dr. Wenzel Verlag, Düsseldorf u. a.). Die neuen Formen der Infiltration. Gegenwärtig kann davon ausgegangen werden, daß der Tatbestand der I. nur noch auf folgende Tätigkeitsbereiche anzuwenden ist: a) Die Anleitung, Kontrolle und Finanzierung der DKP durch die Westabteilung beim ZK der SED als Garantie für die Sicherung des Einflusses der SED auf die DKP in der Bundesrepublik. b) Durchführung von Einzelberatungen und -besprechungen in der DDR anstelle der bis dahin üblichen Großveranstaltungen: In der Gegenwart laden SED, FDGB und FDJ und andere Massenorganisationen Sozialdemokraten, mit den Kommunisten sympathisierende Gewerkschaftler und Angehörige sozialistisch orientierter nichtkommunistischer Jugend- und Studentengruppen zu Gesprächen in die DDR ein. Die Teilnehmer aus dem Bundesgebiet werden dabei nicht nur politisch und methodisch indoktriniert, sondern auch angehalten, Stimmungsberichte aus Gewerkschaften und Jugendorganisationen zur Verfügung zu stellen. Die FDJ schließt z. B. offiziell Freundschaftsverträge mit Jugendorganisationen in der Bundesrepublik. c) Die Unterstützung der DKP und ihrer Hilfsorganisationen durch die SED vollzieht sich u. a. im Rahmen des Patenschaftssystems der SED, wonach jeweils SED-Bezirke DKP-Bezirke betreuen. Die DKP ist dafür verantwortlich, nach sorgfältig zwischen den Parteileitungen abgestimmten Programmen zahlreiche Delegationen in die DDR zu entsenden: Neben reinen Parteigruppen reisen Studentendelegationen mit DKP-Sympathisanten und Betriebsarbeiterdelegationen in die DDR. Ferner findet eine sog. Urlauberschulung in der DDR statt. 1973 empfingen einige SED-Bezirksleitungen in der Regel jede Woche eine von der DKP zusammengestellte Delegation. d) Zahlreiche aus der DDR in die Bundesrepublik einreisende Funktionäre nennen als Auftraggeber Kultur- und Bildungseinrichtungen der DDR. Viele geben auch an, im Auftrage der Urania zu reisen. Insgesamt traten z. B. 1973 rd. 1000 Funktionäre aus der DDR auf rund 800 Veranstaltungen in der Bundesrepublik auf. e) Viele von ihnen führten nebenher, andere ausschließlich interne Gespräche mit Personen, die in der Bundesrepublik für die SED interessante Kontakte haben. f) Die Aktivität der Nachrichtendienste der DDR scheint sich in dem Maße zu steigern, in dem die traditionelle I. unter den Bedingungen der Abgrenzungspolitik und nach Erfüllung des außenpolitischen Hauptzieles der DDR, der Erlangung der internationalen Anerkennung, abnimmt. So soll 1973 die Zahl der erkannten Spionageaufträge um 12 v. H. angestiegen sein, wobei die überwiegende Mehrheit der Personen (75 v. H.) im kommunistischen Bereich angesprochen wurden. g) Auch die Anwerbung und Tätigkeit der sog. Einflußfunktionäre geht weiter. Hier handelt es sich um den Versuch, Personen des öffentlichen Lebens für die Pro[S. 416]pagierung des DDR-Systems und ihrer „Friedenspolitik“ zu gewinnen. Die Aufgabenstellung dieser Einflußpersonen oder -gruppen hat sich jedoch ebenfalls verändert: Sie brauchen nicht mehr für die inzwischen erfolgte völkerrechtliche Anerkennung einzutreten. Gegenwärtig besteht ihre Aufgabe vielmehr darin, die DDR als Alternative zur Bundesrepublik zu propagieren, über die „imperialistische Bundesrepublik“ aufzuklären und marxistisches Grundwissen zu vermitteln. Die klassische I. wurde unter den neuen Bedingungen reduziert und in ihrem Charakter geändert. Ihr Ziel jedoch, neben der offiziellen Auseinandersetzung nicht-kommunistische Hilfskräfte zur Durchsetzung der Politik der SED/KPD zu gewinnen, besteht weiter. Fundstelle: DDR Handbuch. Köln 1975: S. 414–416 Industriezweiginstitute A, B, C, D, E, F, G, H, I, J, K, L, M, N, O, P, Q, R, S, T, U, V, W, Z Information

Siehe auch die Jahre 1953 1954 1956 1958 1959 1960 1962 1963 1965 1966 1969 1979 1985 Geschichte. Die kommunistischen Parteien nutzten seit dem VII. Weltkongreß der Komintern 1935 in Moskau jede Gelegenheit, um nichtkommunistische Einrichtungen für ihre Bündnispolitik zur Verbreiterung ihrer Basis zu gewinnen. Der DDR kam es — besonders unter den Bedingungen der Hallstein-Doktrin — in erster Linie darauf an, mit den Mitteln der I. ihre außenpolitische Isolierung zu durchbrechen,…

DDR A-Z 1975

Sozialpsychologie (1975)

Siehe auch das Jahr 1979 Die marxistische S. beschäftigt sich mit den „Gesetzmäßigkeiten der Regulierung des menschlichen Verhaltens“. Dabei geht sie von der marxistischen Vorstellung aus, daß aus der Kooperation mehrerer Individuen im Arbeitsprozeß eine Erhöhung der Gesamtleistung gegenüber der Summe der Einzelleistungen entsteht. Dementsprechend beschäftigt sich die marxistische S. in der DDR vor allem mit der psychologischen Untersuchung von Kooperationsmechanismen in Industrie und Betrieb. Als Untersuchungsziel steht die Steigerung der Arbeitsproduktivität entsprechend dem Programm des weiteren Aufbaus der „entwickelten sozialistischen Gesellschaft“ im Vordergrund. Gemäß dieser Grundauffassung werden in erster Linie [S. 787]Einstellungen und Motivationen der Menschen im Arbeitsprozeß untersucht. Die Erforschung von Motivationen und Einstellungen wird sowohl im Rahmen der Persönlichkeitsforschung (Psychologie) wie der Gruppenforschung (Soziologie und Empirische Sozialforschung) vorgenommen. Dabei sollen die „sozialen Prozesse in kleineren Gruppen sowohl hinsichtlich der Leistung wie der Bewußtseinsbildung“ optimiert werden. In diesem Zusammenhang geht man bisweilen noch immer von systemtheoretischen Vorstellungen aus, obwohl diese im politisch-ideologischen und philosophischen Bereich in der DDR weitgehend abgelöst worden sind: „Zweckmäßigerweise betrachtet man ‚Wechselwirkungs- und Kooperationsprozesse in Gruppen‘ als ‚Verhalten‘ hochkomplexer, dynamischer, selbstregelnder und selbstprogrammierender Systeme (im Sinne der Kybernetik). Zu den Variablen eines solchen Systems gehören u. a.: a) Eigenart und Komplexitätsgrad der Aufgabe (u. a. der zu fällenden Entscheidung), b) Größe der Gruppe, c) das gruppeneigene Wert- und Normgefüge (dessen inhaltliche Ausprägung?, im Sinne der Werte und Normen der sozialistischen Gesellschaft eine Gruppe zu einem ‚Kollektiv‘ im eigentlichen Sinne macht), d) Organisation und Ausübung der Führungsfunktion (als Koordinationsinstanz), e) Funktionsaufteilung, f) Kommunikations- und Informations-Struktur, g) Prestige- und Ansehensstruktur usw.“ (Phil. Wörterbuch, Hrsg. G. Klaus und M. Buhr, 7. Aufl., Berlin [Ost] 1970, Bd. II, S. 1023). Hinsichtlich der allgemeinen methodologischen Ausrichtung wird versucht, die S. in den Rahmen des Dialektischen und Historischen Materialismus einzubeziehen. Enge Beziehungen zur marxistisch-leninistischen Soziologie werden behauptet, sind aber bisher kaum überzeugend nachgewiesen worden. Als Methoden werden von der marxistischen S. u. a. verwandt: teilnehmende Beobachtung, Experiment, mündliche und schriftliche Interviews, Einstellungsskalen (Skalierungsverfahren). Arbeitspsychologie; Marxismus-Leninismus. Fundstelle: DDR Handbuch. Köln 1975: S. 786–787 Sozialprodukt A, B, C, D, E, F, G, H, I, J, K, L, M, N, O, P, Q, R, S, T, U, V, W, Z Sozialstruktur

Siehe auch das Jahr 1979 Die marxistische S. beschäftigt sich mit den „Gesetzmäßigkeiten der Regulierung des menschlichen Verhaltens“. Dabei geht sie von der marxistischen Vorstellung aus, daß aus der Kooperation mehrerer Individuen im Arbeitsprozeß eine Erhöhung der Gesamtleistung gegenüber der Summe der Einzelleistungen entsteht. Dementsprechend beschäftigt sich die marxistische S. in der DDR vor allem mit der psychologischen Untersuchung von Kooperationsmechanismen in Industrie und…

DDR A-Z 1975

Reparationen (1975)

Siehe auch die Jahre 1953 1954 1956 1958 1959 1960 1962 1963 1965 1966 1969 1979 1985 Obwohl der Umfang der von Deutschland zu leistenden R. praktisch erst mit dem Industriebeschränkungsplan vom März 1946 von den vier Alliierten festgelegt wurde, führte die UdSSR bereits vor diesem Zeitpunkt in ihrer Zone umfangreiche Demontagen durch, von denen nicht bekannt ist, ob die Gegenwerte dem R.-Konto gutgeschrieben wurden. Eine Abrechnung über die Entnahmen wird kaum jemals erfolgen, da die Sowjets im Widerspruch zum Potsdamer Abkommen ohne Zustimmung der Westalliierten umfangreiche Entnahmen aus der laufenden Produktion vornahmen. Nach Unterlagen aus dem sowjetzonalen Amt für R. und nach Schätzungen westlicher Experten wurden von den Sowjets von 1945 bis 1953, d. h. bis zur offiziellen Beendigung von R.-Leistungen an die UdSSR, Werte in folgender Form und Höhe entnommen: a) Beuteaktionen. Nach der Besetzung Ost- und Mitteldeutschlands durch die Rote Armee wurden ohne Registrierung Sach- und Kunstwerte aus öffentlichem und Privatbesitz beschlagnahmt und Mrd.-Beträge Reichsmark erbeutet. Der Wert der bei den Beuteaktionen entnommenen Gegenstände wird auf ca. 2 Mrd. Mark geschätzt; die Menge der erbeuteten Banknoten kann mit 6 Mrd. Mark angenommen werden. b) Demontagen. Die UdSSR ließ nicht nur kriegswichtige Industrien, sondern auch für die Friedenswirtschaft unentbehrliche industrielle Kapazitäten demontieren. Folgende Phasen der Demontage sind erkennbar: 1. Mai bis Anfang Juni 1945. Bis zum Beginn der Besetzung Berlins durch alle vier Alliierten wurden von den Sowjets ca. 460 Berliner Betriebe vollständig demontiert und abtransportiert, davon 149 Betriebe des Maschinen- und Apparatebaues, 51 Metallurgiebetriebe, 46 Betriebe der Feinmechanik und Optik und 44 Betriebe der Elektroindustrie. Ca. 75 v. H. der bei der Kapitulation noch vorhandenen Kapazitäten waren betroffen. 2. Anfang Juli bis Herbst 1945. Hiervon wurden industrielle Großbetriebe der Braunkohlenindustrie, aber auch mittlere und kleinere Werke wie Ziegeleien, Textil-, Papier- und Zuckerfabriken betroffen. Zu dieser Zeit begann auch der Abbau der zweiten Gleise auf sämtlichen Eisenbahnstrecken der sowjetischen Besatzungszone. 3. Frühjahr bis Spätsommer 1946. Nach einer vorbereiteten Liste wurden weit mehr als 200 große Industriebetriebe der chemischen Industrie, der Papierindustrie, Schuhfabriken, Textilwerke usw. demontiert. 4. Oktober 1946 bis Frühjahr 1947. Obwohl Marschall Sokolowski bereits am 21. 5. 1946 die Demontagen für abgeschlossen erklärt hatte, setzte einige Monate später eine vierte Welle ein, von der z. B. die Zeiss-Werke Jena, Kraftwerke, Druckereien und einige Rüstungsbetriebe, die bis dahin für die Sowjets weitergearbeitet hatten, betroffen waren. [S. 726]5. Herbst 1947. Nach einem weiteren halben Jahr wurden nochmals wichtige Betriebe abgebaut: Braunkohlenwerke, Brikettfabriken, Kraftwerke und weitere 1 100 km Eisenbahngleise. 6. Frühjahr 1948. Drei Betriebe, die vorher zu SAG-Betrieben erklärt worden waren, wurden voll oder zum Teil demontiert, darunter Anlagen des Buna-Werkes in Schkopau. Von den Demontagen wurden auch solche Betriebe betroffen, die inzwischen wieder instand gesetzt worden waren. Der „Bremer Ausschuß für Wirtschaftsforschung“ gibt in seiner 1951 veröffentlichten Schrift „Am Abend der Demontagen“ u. a. folgende Demontageverluste der SBZ/DDR im Vergleich zum Jahre 1936 an: Walzwerke 82 v. H., eisenschaffende Industrie 80 v. H., Papiererzeugung 75 v. H., Zementindustrie 45 v. H., Papiererzeugung 45 v. H., Energieerzeugung 35 v. H., Schuhindustrie 30 v. H., Textilindustrie 25 v. H., Zuckererzeugung 25 v. H., Braunkohlenbergbau 20 v. H., Brikettfabriken 19 v. H. Der Gesamtwert der Demontagen wird auf 5 Mrd. Mark geschätzt. c) Ausgabe von Besatzungsgeld. Die Summe des von den Sowjets ausgegebenen Besatzungsgeldes wird auf 9 Mrd. Mark geschätzt. Mit diesem Geld wurden die zahlreichen in Mitteldeutschland tätigen sowjetischen Handelsgesellschaften und anfangs auch der Milliardenbeträge verschlingende Uranbergbau für die Sowjets finanziert. Von 1947 bis 1953 sind allein für den Uranbergbau 7,75 Mrd. Mark aufgewendet worden. d) Beschlagnahme von Betrieben als SAG-Betriebe. 213 Betriebe wurden 1946 von der UdSSR beschlagnahmt und als SAG-Betriebe fortgeführt. Ihr Wert wird auf 2,5 Mrd. Mark geschätzt. Der Preis, den die Regierung der DDR 1953 für den Rückkauf zu zahlen hatte, betrug mindestens 2,55 Mrd. Mark. Vor der Übergabe in sowjetisches Eigentum mußten die Betriebe mit Finanzmitteln aus öffentlichen Haushalten ausgestattet werden. Vor dem Rückverkauf an die DDR wurden die Betriebe zum Teil von Vorräten und Ausrüstungsteilen entblößt. Beide Formen der Entnahmen werden von Experten auf ca. 1 Mrd. Mark geschätzt. e) Lieferungen aus der laufenden Produktion. Seit Produktionsbeginn der Betriebe mußten an die Sowjets erhebliche Teile der laufenden Produktion abgeliefert werden, und zwar in Form direkter R.-Lieferungen nach der UdSSR, Zulieferungen deutscher Betriebe an SAG-Betriebe, Lieferungen an die Rote Armee, Lieferungen an sowjetische Handelsgesellschaften und Exporte, deren Erlöse an die UdSSR abgeführt werden mußten. Nur die direkten R.-Lieferungen nach der UdSSR wurden von den Sowjets als R. anerkannt. Alle anderen hier erwähnten Lieferungsformen sind jedoch ebenfalls als R. anzusehen. Da die Sowjets dafür nur die unzureichenden Preise des Jahres 1944 bezahlten, mußten den deutschen Lieferwerken umfangreiche Subventionen aus Haushaltsmitteln geleistet werden. Nach Unterlagen aus dem Amt für R. haben die Sowjets von 1945 bis 1953 Waren im Werte von 34,7 Mrd. Mark zu Preisen von 1944 aus der laufenden Produktion entnommen. f) Subventionen. Die an deutsche Betriebe und SAG-Betriebe 1946–1953 gezahlten Preissubventionen für direkte und indirekte R.-Lieferungen und für R.-Nebenkosten, d. h. die Kosten für Verpackung, den Versand frei Verwendungsort in der UdSSR und für Versicherungen werden mit 6,15 Mrd. Mark geschätzt. Eine Addition aller geschätzten Beträge der R. seit Kriegsende bis 1953 ergibt nach kritischer Auswertung aller verfügbaren Unterlagen (in Mrd. Mark): In dieser Zusammenstellung sind ca. 16 Mrd. Mark Besatzungskosten für die Zeit bis Ende 1953 enthalten. Nicht enthalten sind sonstige R.-Leistungen, z. B. der Nutzen der UdSSR aus der Arbeitsleistung der nach der UdSSR verbrachten deutschen Spezialisten und der Kriegsgefangenen in der UdSSR, der Nutzen aus dem Uranbergbau, aus der Tätigkeit der sowjetischen Handelsgesellschaften in der SBZ/DDR und aus der Auswertung deutscher Patente. Bei einem Dollarkurs von 4,20 DM betrug die Gesamtentnahme aus ihrer Besatzungszone, bzw. der DDR bis 1953 15,80 Mrd. Dollar. Auf der Konferenz von Jalta hatte die UdSSR ursprünglich 10 Mrd. Dollar an Entnahmen und jährlichen Lieferungen als R. von Deutschland gefordert. Fundstelle: DDR Handbuch. Köln 1975: S. 725–726 Rentnerreisen A, B, C, D, E, F, G, H, I, J, K, L, M, N, O, P, Q, R, S, T, U, V, W, Z Reparaturstützpunkte

Siehe auch die Jahre 1953 1954 1956 1958 1959 1960 1962 1963 1965 1966 1969 1979 1985 Obwohl der Umfang der von Deutschland zu leistenden R. praktisch erst mit dem Industriebeschränkungsplan vom März 1946 von den vier Alliierten festgelegt wurde, führte die UdSSR bereits vor diesem Zeitpunkt in ihrer Zone umfangreiche Demontagen durch, von denen nicht bekannt ist, ob die Gegenwerte dem R.-Konto gutgeschrieben wurden. Eine Abrechnung über die Entnahmen wird kaum jemals erfolgen, da die…

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Westgeldeinnahmen (1975)

Siehe auch die Jahre 1966 1969 1979 1985 Die genaue Höhe der W. der DDR ist nicht bekannt. Annäherungsweise lassen sich die Zuflüsse für 1973 auf eine Größenordnung von 1 Mrd. DM schätzen. Der größte Anteil entfällt auf den Reiseverkehr. Zur Abgeltung der früher im Berlinverkehr individuell erhobenen Straßenbenutzungsgebühren, Steuerausgleichsabgabe und Visagebühren zahlt die Bundesregierung aufgrund Artikel 18 des Abkommens über den Transitverkehr von zivilen Personen und Gütern zwischen der Bundesrepublik Deutschland und Berlin (West) in den Jahren 1972–1975 eine jährliche Pauschalsumme von 234,9 Mill. DM. Daneben erhebt die DDR im Wechselverkehr, d. h. im Verkehr zwischen der Bundesrepublik Deutschland einschließlich Berlin (West) und der DDR, Visagebühren in einer Höhe von [S. 938]etwa 80 Mill. DM und Straßenbenutzungsgebühren in Höhe von ca. 12 Mill. DM. Bei Reisen in die DDR und nach Berlin (Ost) besteht außerdem seit 1964 ein sog. verbindlicher Mindestumtausch von DM in Mark der DDR. Bis zum 15. 11. 1973 betrug dieser Zwangsumtausch 10 DM je Besucher und Tag (bei Tagesaufenthalten in Berlin [Ost] 5 DM). Danach wurde er auf 20 bzw. 10 DM verdoppelt und auch auf die bis dahin vom Umtausch befreiten Rentner ausgedehnt. Eine teilweise Rücknahme dieser Maßnahme erfolgte mit Wirkung vom 15. 11. 1974; die neuen Umtauschsätze lauten jetzt 13 bzw. 6,50 DM. Rentner wurden jedoch erst wieder mit Wirkung vom 20. 12. 1974 von der Umtauschpflicht befreit. Die daraus resultierende Einnahme beläuft sich auf eine Größenordnung von 150 Mill. DM jährlich. Im Reiseverkehr werden außerdem sog. Genehmigungsgebühren (Zoll) für die Mitnahme von Geschenken erhoben, deren Einnahmehöhe sich jedoch einer verläßlichen Schätzung ebenso entzieht, wie die der erhobenen Strafgelder für Ordnungswidrigkeiten (z. B. Geschwindigkeitsübertretungen) oder Zollvergehen. Außerdem erzielt die DDR W. aus einer Reihe kommerzieller Vorgänge, die außerhalb des Berliner Abkommens über den innerdeutschen Handel und somit nicht im Clearing über Verrechnungseinheiten abgewickelt werden. Hierzu gehören Warenverkäufe über den DDR-„Genex“-Geschenkdienst und über die Verkaufseinrichtungen von „Intershop“ und „Intertank“ in einer Größenordnung von 200 bis 300 Mill. DM jährlich. Für touristische Dienstleistungen („Interflug“, Reisebüros) fließen der DDR Zahlungen von rund 100 Mill. DM zu. Außerdem erzielt die DDR aus dem Güter- und Personenverkehr zwischen dem Bundesgebiet und Berlin (West), aus dem S-Bahnverkehr im westlichen Teil Berlins sowie aus einem Saldenausgleich der Bundesbahn für Wagenmiete, Zugdienste usw. im Wechselverkehr W. von etwa 130 Mill. DM jährlich. Schließlich werden in Berlin (West) für eine Reihe von Dienstleistungen (z. B. für Müllabfuhr, Abwässerbeseitigung, Streckenbenutzung durch U-Bahnzüge) Zahlungen an die DDR geleistet, die sich in einer jährlichen Größenordnung von mehr als 20 Mill. DM bewegen. In einigen Bereichen stehen den W. Westgeldausgaben gegenüber. Beispielsweise muß die DDR für den Ankauf der bei „Intershop“ verkauften Westwaren Westgeld (oder westliche Devisen) aufwenden. Westgeldzahlungen müssen auch für den S-Bahnbetrieb in Berlin (West) geleistet werden. Außerdem erhalten Besuchsreisende bei Ausreise aus der DDR eine geringfügige DM-Ausstattung in Höhe von 15 DM je Person für die gesamte Aufenthaltsdauer, was zu DM-Abflüssen von höchstens 30 Mill. DM im Jahr führt. Im Vergleich zu den W. sind die damit verbundenen Westgeldausgaben relativ gering, so daß die DDR jährlich (1973) einen Devisengewinn in einer Größenordnung von ca. 900 Mill. DM erzielt. Fundstelle: DDR Handbuch. Köln 1975: S. 937–938 Wert- und Mehrwerttheorie A, B, C, D, E, F, G, H, I, J, K, L, M, N, O, P, Q, R, S, T, U, V, W, Z Westorientierung

Siehe auch die Jahre 1966 1969 1979 1985 Die genaue Höhe der W. der DDR ist nicht bekannt. Annäherungsweise lassen sich die Zuflüsse für 1973 auf eine Größenordnung von 1 Mrd. DM schätzen. Der größte Anteil entfällt auf den Reiseverkehr. Zur Abgeltung der früher im Berlinverkehr individuell erhobenen Straßenbenutzungsgebühren, Steuerausgleichsabgabe und Visagebühren zahlt die Bundesregierung aufgrund Artikel 18 des Abkommens über den Transitverkehr von zivilen Personen und Gütern…

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Atomenergie (1975)

Siehe auch die Jahre 1958 1959 1960 1962 1963 1965 1966 1969 1979 1985 Forschung und Entwicklung auf dem Gebiet der A. begannen Ende 1955. Zentrum der Kernforschung ist das „Zentralinstitut für Kernforschung“ mit Sitz in Rossendorf bei Dresden. Nach der Auflösung des beim Ministerrat errichteten „Amt für Kernforschung und Kerntechnik“ untersteht es seit dem 1. 5. 1963 der Akademie der Wissenschaften der DDR. Direktor des Instituts ist gegenwärtig: Prof. Dr. G. Flach. Die Hauptarbeitsgebiete des Instituts betreffen: Fragen der Kernphysik, Radiochemie sowie Kernenergie. Das Institut ist Leitinstitut für die gesamte Kernforschung in der DDR. Es arbeitet eng mit entsprechenden wissenschaftlichen Einrichtungen in der Sowjetunion zusammen, in der auch ein großer Teil des wissenschaftlichen Nachwuchses — nach vorbereitendem Studium in Dresden — eine zusätzliche Ausbildung erhält. Außerdem ist die DDR Mitglied des „Vereinigten Instituts für Kernforschung“, Diesem 1956 gegründeten Forschungsinstitut mit Sitz in Dubna (UdSSR) gehören fast alle sozialistischen Länder an. Es soll die wissenschaftliche Zusammenarbeit auf dem Gebiet der theoretischen und experimentellen Kernphysik ermöglichen. Die Finanzierung des Instituts erfolgt durch die Mitgliedsländer. Leitendes Organ ist das „Komitee der Bevollmächtigten Regierungsvertreter“, in das jedes Land einen Vertreter entsendet. Über die Forschungsarbeiten entscheidet ein wissenschaftlicher Rat. Mit Unterstützung der Sowjetunion wurden in Rossendorf 1957 und 1962 die ersten Forschungsreaktoren in Betrieb genommen. 1958 erhielt das Institut aus der UdSSR ein Zyklotron mit 120 t Magnetgewicht. Einen Protonenbeschleuniger — er arbeitet nach dem Prinzip eines elektrostatischen Generators mit Ionenumladung (Tandem) und kann Protonen Energien bis 10 Mill. Elektronen-Volt verleihen — lieferte die UdSSR 1972. Rund 50 v. H. der Produktion des Rossendorfer Insti[S. 61]tuts an radioaktiven Präparaten werden exportiert. Das Isotopenlieferprogramm des Binnen- und Außenhandelsunternehmens Isocommerz GmbH in Ost-Berlin enthält eine Vielzahl radioaktiver und stabiler Isotope für die Forschung sowie für medizinische und technische Zwecke. Eine weitere Forschungsstätte ist das Zentralinstitut für Hochenergiephysik der Akademie der Wissenschaften der DDR in Zeuthen. Fakultäten für Kerntechnik entstanden an der Technischen Hochschule in Dresden sowie an den Universitäten Leipzig, Rostock, Jena und Ost-Berlin. Darüber hinaus gründete die Kammer der Technik einen „Arbeitskreis Kernpraxis“, der Kurse und Vorträge veranstaltet. Kerntechnische Anlagen werden im „VEB Kombinat Kernenergetik“ entwickelt und projektiert. Er ist gleichzeitig Leitbetrieb für den Bau kerntechnischer Anlagen. Das besondere Interesse der Atomenergieforschung gilt der Ausnutzung von Atomenergie für die Erzeugung von Kraftstrom. Das ständige Zurückbleiben der Stromerzeugung hinter dem steigenden Bedarf erforderte nach eigenen Angaben bereits 1970 Atomkraftwerke mit einer Gesamtkapazität von 3.000 Megawatt (MW). Ende 1957 wurde nördlich von Berlin bei Rheinsberg (Mark) der Bau des ersten Atomkraftwerks mit einer Leistung von 70 MW begonnen. Der von der UdSSR gelieferte Druckwasserreaktor nahm 1966 seinen Betrieb auf, 1971 wurde er auf eine Leistung von 75 MW aufgestockt. Den spaltbaren Kernbrennstoff liefert die UdSSR. Dieses Atomkraftwerk trägt jedoch nur teilweise zur Energieversorgung bei; es dient darüber hinaus Forschungszwecken. Das erste rein industriell genutzte Atomkraftwerk entsteht gegenwärtig in Lubmin bei Greifswald. Entscheidend für die Standortwahl waren das im Greifswalder Bodden vorhandene Kühlwasserreservoir sowie die Tatsache, daß die Nordbezirke keine Rohstoffgrundlage für Kohlekraftwerke besitzen. Die Endkapazität des Kernkraftwerks Nord (KKW Nord) — offizieller Name: VEB Kernkraftwerke Greifswald/Rheinsberg „Bruno Leuschner“ — soll 3.520 MW betragen. Mit dem Bau des Werkes wurde 1967 begonnen, im Dezember 1973 nahm der erste Reaktorblock seinen Probebetrieb auf. Es handelt sich um einen von der Sowjetunion gelieferten Druckwasserreaktor (Wasser-Wasser-Energiereaktor WWER 440) vom Typ Nowo-Woronesh. Er betreibt zwei 220-MW-Turbinen und wird im Gleichgewichtsbetrieb mit Urandioxid beschickt, das auf einen 3,5-v. H.-Gehalt an spaltbarem Uran 235 angereichert ist. Der Jahresverbrauch eines Reaktors beträgt 14 t Uranbrennstoff; er wird von der UdSSR geliefert. Mit der Ende 1974 geplanten Inbetriebnahme des zweiten Reaktorblocks ist die erste Ausbaustufe beendet. Das KKW Nord~I wird dann eine Kapazität von 880 MW aufweisen. Damit würden in der DDR 1975 ca. 5 v. H. der installierten Kraftwerksleistungen von Kernkraftwerken gestellt (Bundesrepublik Deutschland: etwa 6 v. H.). Im März 1974 hat die DDR mit der Sowjetunion den Bau eines weiteren Kernkraftwerks im Bezirk Magdeburg vereinbart. Es soll nach dem gleichen Prinzip wie das KKW Nord gebaut werden und ebenfalls eine Endkapazität von 3.520 MW erreichen. Mit der Inbetriebnahme der ersten Blockeinheiten kann jedoch frühestens Anfang der 80er Jahre gerechnet werden. Erst in der zweiten Hälfte der 80er Jahre werden neben den z. Z. eingesetzten thermischen Reaktoren möglicherweise auch sog. „schnelle Brutreaktoren“ in der DDR genutzt. Ihr Vorteil besteht darin, daß sie mehr spaltbares Material erzeugen, als sie für ihren Betrieb benötigen. Die DDR ist Mitglied der „Internationalen Wirtschaftsvereinigung für Ausrüstungen und Apparaturen zur Nutzung der Atomenergie“ („Interatominstrument“) sowie der internationalen Wirtschaftsvereinigung „Interatomenergo“, beides Organisationen im RGW. Interatominstrument (gegründet im Februar 1972) hat die Aufgabe, Forschung, Entwicklung, Konstruktion und Produktion auf dem Sektor des kerntechnischen Gerätebaus zu koordinieren bzw. Spezialisierungsvereinbarungen herbeizuführen. Ferner soll sie Normen vereinheitlichen und den Lizenzaustausch organisieren. Die Zusammenarbeit auf dem Gebiet des Kernkraftwerkebaus zu koordinieren ist Aufgabe von „Interatomenergo“. Diese im Dezember 1973 von den europäischen RGW-Ländern und Jugoslawien gebildete Wirtschaftsvereinigung soll als Generallieferant für Anlagen und Ausrüstungen für Kernkraftwerke fungieren sowie die Ersatzteilversorgung und die Ausbildung von Fachkräften sichern. Fundstelle: DDR Handbuch. Köln 1975: S. 60–61 Atheismus A, B, C, D, E, F, G, H, I, J, K, L, M, N, O, P, Q, R, S, T, U, V, W, Z Atomwaffen

Siehe auch die Jahre 1958 1959 1960 1962 1963 1965 1966 1969 1979 1985 Forschung und Entwicklung auf dem Gebiet der A. begannen Ende 1955. Zentrum der Kernforschung ist das „Zentralinstitut für Kernforschung“ mit Sitz in Rossendorf bei Dresden. Nach der Auflösung des beim Ministerrat errichteten „Amt für Kernforschung und Kerntechnik“ untersteht es seit dem 1. 5. 1963 der Akademie der Wissenschaften der DDR. Direktor des Instituts ist gegenwärtig: Prof. Dr. G. Flach. Die…

DDR A-Z 1975

Zins (1975)

Siehe auch das Jahr 1969 Die Rechtfertigung des Z. als ein ökonomisches Bauelement, auf das auch eine sozialistisch geführte Wirtschaft nicht verzichten kann, hat den marxistischen Politökonomen in den kommunistisch regierten Staaten immer große Schwierigkeiten bereitet. Marx hatte das Wesen des Z. im Kapitalismus im Zusammenhang mit der Rolle des Leihkapitals untersucht (K. Marx, „Das Kapital“, Bd. III, Dietz Verlag, Berlin [Ost] 1965, Abschnitt V. S. 350–403). Er kam dabei zu dem Ergebnis, daß der Z. kein Abkömmling des Kapitals ist, sondern eine besondere Form des Mehrwertes darstellt, den diejenigen Arbeiter geschaffen haben, welche mit den Kapitalgütern (Produktionsmitteln) zusammen den „Neuwert“ (= das Reineinkommen / die Wertschöpfung) produzierten. Der Verleiher des durch einen Unternehmer industriell genutzten Leihkapitals eigne sich demnach mit den empfangenen Z. einen Teil der unbezahlten Arbeit (= Mehrwert) an. Vor dem Hintergrund solcher Vorstellungen bei Marx fiel es den Wirtschaftswissenschaftlern in der DDR naturgemäß schwer, ideologisch überzeugend darzulegen, daß die „sozialistischen Finanzen (Geld / Kredit / Z. / Steuern usw.) eine bedeutsame Kategorie der sozialistischen Volkswirtschaft … (und) … wesentlicher Bestandteil der Leitung und Planung der sozialistischen Gesellschaft sind“ (G. Gerhard, „Sozialistische Finanzen“, in „Sozialistische Finanzwirtschaft“, Berlin [Ost], Nr. 11/1974, S. 41/42). Wie sollten sie z. B. begründen, daß an Privathaushalte Haben-Z. für gezeichnete Staatsanleihen oder für Spareinlagen gezahlt werden - und daß volkseigene Betriebe aufgrund von Bankguthaben Z.-Einkommen von volkseigenen Banken beziehen, wo doch „arbeitslose Einkommen“ in einer sozialistischen Wirtschaftsordnung prinzipiell nicht mehr erzielt werden sollen? In der DDR wird seit etwa Mitte der 60er Jahre der Z. meist als „Maß und Geldausdruck für den einmaligen Aufwand“ beim Einsatz von Kapital für eine bestimmte Investition angesehen, wobei dieses „Verwendendürfen“ eben für diesen Investitionszweck seinen Preis hat. Die hiermit vorgelegte Wesenserklärung charakterisiert den Z. vor allem in seiner Rolle als „Kapital-Z.“. Er ist unter diesem Aspekt ein „Aufwand …, der der Gesellschaft dadurch entsteht, daß sie Produktionsfonds (= Anlage- und Umlaufkapital) erst einmal vorschießen muß, um eine Produktion aufzunehmen“ (Harry Nick). [S. 965]Dabei soll das „ökonomische Gewicht“, das ein solcher „Fondsvorschuß“ im Rahmen der gesamtgesellschaftlichen Wirtschaftsrechnung besitzt, dadurch sichtbar gemacht werden, daß die zeitliche Bindung des vorgeschossenen Kapitals in einem bestimmten Produktionsbetrieb (= Zeitfaktor) in Form eines Z. preislich bewertet wird. Dahinter steht die Überlegung, daß der jeweilige Investor (z. B. ein volkseigener Betrieb) dafür bezahlen soll, daß gerade er die Erlaubnis erhält zu investieren, während dafür andere Investitionsziele zurückstehen müssen. Damit erkennt die marxistische Politökonomie heute praktisch an, daß in einem sozialistischen Wirtschaftssystem das Phänomen der Knappheit auch beim Einsatz von Kapital berücksichtigt werden muß und durch einen Preis (= Z.) zu bewerten ist. Bis Mitte der 60er Jahre hatte die geschilderte Wesenserklärung des Z. durch Marx verhindert, daß in den sowjetisch-sozialistischen Wirtschaftssystemen die Knappheit des Produktionsfaktors Kapital in Form eines „Kapital-Z.“ in der laufenden betrieblichen Wirtschaftsrechnung berücksichtigt wurde. Kapital hatte daher im Rechnungswesen der staatlichen Betriebe keinen Preis. Seine Inanspruchnahme führte nicht zur Einrechnung einer entsprechenden Aufwandsgröße in die Kosten der Produktion und in die Angebotspreise der Produzenten. In der DDR hat seit 1966/67 die Produktionsfondsabgabe in gewissem Grade die Funktion des Kapital-Z. übernommen. Ganz anders dagegen behandelte die Wirtschaftsführung die Kredit-Z. für Leihkapital. Ihren Kostencharakter erkannte sie schon bald an. In diesem Sinne wurde auch der Kredit-Z. als ein staatlich festgesetztes Entgelt für die zeitweilige Inanspruchnahme staatlicher Geldkapitalfonds definiert. Es leuchtete ihr ein, daß die gewünschte Vervollkommnung der wirtschaftlichen Rechnungsführung auf Betriebsebene dann nicht zu erreichen war, wenn aus ideologischen Gründen oder zu Strafzwecken allzuviele Ausgaben und/oder Kostenfaktoren aus der Wirtschaftsrechnung der Produktionseinheiten herausgenommen wurden. Eine solche Z.- und Kostenpolitik würde von vornherein eine auch nur einigermaßen ökonomisch begründete Messung der Wirtschaftlichkeit und Rentabilität der Einzelbetriebe unmöglich machen, welche — vom wirtschaftlichen Standpunkt aus betrachtet — sowieso schon durch die Rechnung mit nicht knappheitsgerechten Planpreisen beträchtlich verfälscht wird. Zur Anerkennung der „Sanktions-Z.“ als Kostenelemente fand sich die Wirtschaftsführung bisher nicht bereit. Sie sind daher auch heute werden „planbar“ noch bei der Stückkostenermittlung und Preisbildung „kalkulationsfähig“ (GBl. II, 1973, Nr. 6, S. 75). In der Wirtschaftsrechnung und Wirtschaftsplanung der Planbehörden, Produktionseinheiten und Banken in der DDR spielt der Z. in folgenden Formen eine Rolle: 1. Als „Rückflußdauer-Normativ“ oder als „normativer Nutzenkoeffizient“ in der Investitionsrechnung (= Auslese von Investitionsvarianten); 2. als „Produktionsfondsabgabe“, sofern man diese Abgabe nicht wegen ihrer Erhebungs- und Abführungstechnik zu den Steuern rechnet oder sie als eine „Vorabdividende“ des Staates auf sein in der „volkseigenen Wirtschaft“ eingesetztes Kapital betrachtet; 3. als Schuld- oder Soll-Z. bei der Aufnahme von Investitions-, Umlaufmittel- und Forderungskrediten sowie bei der Gewährung von Konsumentenkrediten; 4. als Sanktions- oder Straf-Z., sofern eine außerordentliche Kreditaufnahme einzelner Wirtschaftseinheiten eine Ansatzmöglichkeit liefert, erzieherisch, lenkend und stimulierend auf die betreffenden Problembetriebe einzuwirken; und letztlich 5. als Verzugs-Z. bei Überschreiten der vertraglich oder gesetzlich festgelegten Zahlungsfristen. Die wirtschafts- und finanzpolitische Bedeutung des Z. für die Wirtschaftsführung einer Zentralplanwirtschaft besteht darin, daß sie diesen als „Mittel zur Festigung der wirtschaftlichen Rechnungsführung und zur Durchsetzung der Plan- und Finanzdisziplin“ einsetzen kann. So wird die Z.-Politik im Kreditwesen dazu verwendet, um folgende staatlichen Wirtschaftsziele praktisch durchzusetzen: sie soll die Kreditnehmer zu einer rationellen und sparsamen Verwendung des eigenen und des geliehenen Geldkapitals stimulieren. Gezielte Z.-Verbilligungen und -Verteuerungen sollen es dem Staat ermöglichen, in privilegierten Wirtschaftszweigen die Investitionstätigkeit zu aktivieren und sie in nichtprivilegierten zu bremsen; Z.-Ermäßigungen sollen ferner dazu beitragen, daß bestimmte volkswirtschaftliche Schwerpunktaufgaben, wie die komplexe Rationalisierung der Produktionsprozesse, beschleunigt gelöst werden. Erfolgversprechend ist die Verwendung des Z. als „ökonomischer Hebel“ jedoch nur dann, wenn diese mit dem Einsatz und den Wirkungen anderer finanzwirtschaftlicher Lenkungsinstrumente abgestimmt wird, wie z. B. der Preise, der Fondsabgaben, der Gewinnabführungssätze und der Gewinnverwendungsvorschriften. Mit einer derart politisch orientierten Z.-Politik ist es natürlich nicht vereinbar, für alle Wirtschaftsbetriebe und gesellschaftlichen Organisationen in der Volkswirtschaft einheitliche Kreditzinssätze, gestaffelt nach der Laufzeit der Kredite und der Bonität der Kreditnehmer, verbindlich festzulegen. Es ist in einer Zentralplanwirtschaft wie der der DDR auch nicht möglich, die Z.-Sätze durch Angebot und Nachfrage auf dem Geld- und Kapitalmarkt bestimmen zu lassen, zumal es in der DDR einen solchen Markt für kurz- und langfristiges Geldkapital gar nicht gibt. Aus diesem Grunde hat auch die Wirtschaftsführung der DDR nur einen „Grundzinssatz“ festgelegt, um den die Effektiv-Z. schwanken. Dieser Grundzinssatz für Kredite beträgt gegenwärtig 5 v. H. pro Jahr. Er repräsentiert nach offizieller Verlautbarung die durchschnittliche „volkswirtschaftliche Anforderung an einen bestimmten Teilnutzen, der aus der kreditierten Maßnahme zu erwirtschaften und zusammen mit der Kredittilgung an die Bank abzuführen ist“ („ökonomisches Lexikon“, Bd. II, L~Z, Berlin [Ost] 1970, S. 1204). Sofern es die vom Ministerrat und der Staatsbank beschlossenen kreditpolitischen Förderungsmaßnahmen [S. 966]erlauben, können die staatlichen Geschäftsbanken Abschläge vom Grundzinssatz differenziert bis auf einen Satz von 1,8 v. H. jährlich (= Mindestverzinsung) gewähren. Benötigen Staatsbetriebe außerhalb ihres jedes Jahr neu genehmigten Kreditlimits (= Betriebskreditplan) zusätzliche Kredite, um damit zeitweilige Liquiditätsschwierigkeiten aufgrund von Planwidrigkeiten zu überbrücken, so kann die Bank dem Kreditnehmer einen Zuschlag zum Grundzinssatz von 3 v. H. abverlangen (= Risiko- oder Straf-Z.). Der maximale Gesamt-Z. beträgt in diesem Falle 8 v. H. Verletzt ein Betrieb seinen Kreditvertrag, den er mit seiner Hausbank geschlossen hat, so kann diese über den miteinander vereinbarten Z.-Satz hinaus noch einen Sanktions-Z. erheben. Insgesamt darf die Z.-Belastung durch den vereinbarten und den Straf-Z. nicht über 10 v. H. pro Jahr hinausgehen. Die Guthaben der Staatsbetriebe bei den staatlichen Banken werden mit 1 v. H. verzinst (Haben-Z.). Ausgenommen von der Verzinsung sind zeitweilig nicht in Anspruch genommene Haushaltszuschüsse für die Produktionseinheiten, welche den Betrieben bereits überwiesen wurden. Es ist ausgeschlossen, daß von diesem Beinahe-Null-Z. ein nachweislicher Anreiz auf die VEB, Kombinate und VVB ausgeübt wird, ihre liquiden Mittel auf Bankkonten zu halten. Solch ein durchschlagender Z.-Anreiz ist in der Zentralplanwirtschaft der DDR ökonomisch auch nicht erforderlich, da sämtliche kontoführungspflichtigen Wirtschaftseinheiten sowieso gesetzlich darauf festgelegt wurden, ihre freien Geldmittel nur in Form von Giralgeldguthaben bei den jeweils für sie zuständigen Banken zu verwahren (Kontoführungspflicht). Die Konsumgenossenschaften, die sozialistischen Wohnungsbaugenossenschaften und die Molkereigenossenschaften der „Vereinigung der gegenseitigen Bauernhilfe“ (VdgB) erhalten gegenüber den staatlichen Produktionseinheiten etwas höhere Z. für ihre Einlagen. Bei einer Anlagedauer von 12 bis 24 Monaten betragen die Z. 2 v. H. jährlich, bei einer Festlegungszeit von 24 bis 36 Monaten 3 v. H. jährlich, und bei einer Laufzeit von 36 Monaten und mehr erhalten sie jährlich eine Verzinsung von 4 v. H. (siehe hierzu die VO über die Durchführung der Kredit- und Zinspolitik gegenüber volkseigenen Betrieben, konsumgenossenschaftlichen Betrieben und sozialistischen Wohnungsbaugenossenschaften vom 22. 12. 1971, GBl. II, Nr. 4, S. 41 ff.). Während die Sparkassen und Geschäftsbanken in der DDR den privaten Sparern vor dem 15. 12. 1970 unterschiedliche Verzinsungsmöglichkeiten je nach der Festlegungszeit der Ersparnisse offerierten, bekommen die privaten Haushalte seitdem sämtliche Sparguthaben mit dem Einheitszinssatz von 3,25 v. H. verzinst. Für Spargiroeinlagen (Sichtguthaben) wird der gleiche Z.-Satz gewährt. Kredit; Bankwesen; Sparkassen; Staatsbank. Fundstelle: DDR Handbuch. Köln 1975: S. 964–966 ZGB A, B, C, D, E, F, G, H, I, J, K, L, M, N, O, P, Q, R, S, T, U, V, W, Z Zinspolitik

Siehe auch das Jahr 1969 Die Rechtfertigung des Z. als ein ökonomisches Bauelement, auf das auch eine sozialistisch geführte Wirtschaft nicht verzichten kann, hat den marxistischen Politökonomen in den kommunistisch regierten Staaten immer große Schwierigkeiten bereitet. Marx hatte das Wesen des Z. im Kapitalismus im Zusammenhang mit der Rolle des Leihkapitals untersucht (K. Marx, „Das Kapital“, Bd. III, Dietz Verlag, Berlin [Ost] 1965, Abschnitt V. S. 350–403). Er kam dabei zu dem…

DDR A-Z 1975

Betriebskollektivvertrag (BKV) (1975)

Siehe auch: Betriebskollektivvertrag: 1953 1954 1956 1958 1959 1960 1962 1963 1965 1966 1969 Betriebskollektivvertrag (BKV): 1979 1985 Musterbetriebskollektivvertrag: 1956 1958 Musterkollektivvertrag: 1954 Das GBA (Gesetzbuch der Arbeit) definiert den jährlich abzuschließenden BKV als „Vereinbarung zwischen Betriebsleiter und Betriebsgewerkschaftsleitung zur allseitigen Erfüllung der Betriebspläne“ (§~13,1). Er begründet darüber hinaus — bestätigt durch eine Belegschafts- oder Vertrauensleutevollversammlung — auch die moralischen Verpflichtungen der Belegschaft bzw. bestimmter Belegschaftsgruppen (Abteilung, Brigade) eines volkseigenen oder diesem gleichgestellten Betriebes für die Planerfüllung. Für Betriebsabteilungen können gesonderte Abteilungskollektivverträge abgeschlossen werden (§~13,3 GBA). In Kombinaten schließen die einzelnen Betriebe und in den VEB räumlich getrennte Betriebsteile mit eigener Betriebsgewerkschaftsorganisation eigene BKV ab. Behörden und staatliche Einrichtungen erarbeiten einen ihren spezifischen Bedingungen angepaßten BKV. Während im Betriebsplan die staatlichen Ziele festgelegt sind, werden mit dem BKV — bei völliger Ausklammerung aller Lohnfragen — in umfassender Weise Formen, Wege und Methoden zur Realisierung des Plans vorgegeben, zu deren Einsatz und Anwendung sich Betriebsleiter, BGO und Belegschaft mit gleichgerichtetem Ziel verpflichten. Insofern dient der BKV ebenso als wichtiges Instrument zur Förderung der Masseninitiative und des Sozialistischen Wettbewerbs (§~13,2 BAG) wie als entscheidendes Mittel einer straffen Ordnung und Arbeitsdisziplin. (Bewegung für vorbildliche Ordnung und Sicherheit; GBl. I, 1974, S. 314.) Alle gegenwärtig geltenden grundsätzlichen Bestimmungen des BKV sind durch eine gemeinsame Direktive des Ministerrates der DDR und des Bundesvorstandes des FDGB — von 1973 — festgelegt, in der vor allem sozialpolitische Fragen vergleichsweise stärker berücksichtigt und eine bessere Koordination mit den örtlichen Staatsorganen (Gesetz über die örtlichen Volksvertretungen …) erreicht werden soll (Richtlinie für die jährliche Ausarbeitung der Betriebskollektivverträge, GBl. I, 1973, S. 213 ff.). Der Abschluß des BKV hat jeweils bis zum Jahresende vor dem neuen Planjahr zu erfolgen. Eine Richtlinie von 1970 (GBl.~II, S. 431), die eine neue Geltungsdauer des BKV von 5~Jahren vorsah (1971–1975) wurde 1971 wieder zugunsten der jährlichen Regelung geändert. Der BKV weicht in Wesen und Ausgestaltung erheblich von der Betriebsvereinbarung nach dem Betriebsverfassungsgesetz in der Bundesrepublik Deutschland ab, deren vertragliche Ordnung im Rahmen der tariflichen Bestimmungen auch weitgehend Raum für autonome Regelungen läßt. Der Ursprung des BKV ist seit 1922 im sowjetischen Arbeitsrecht begründet, er wurde seit 1947 zur Regel in der UdSSR. In der DDR entwickelte sich aus dem Betriebsvertrag gemäß Gesetz der Arbeit vom April 1950 (GBl., S. 349) mit der VO über Kollektivverträge vom 8. 6. 1950 (GBl. I, S. 493) für das Planjahr 1951 der Vorläufer des heutigen BKV. Die inhaltliche Ausgestaltung der zentral vorgegebenen Rahmenbedingungen des BKV richtet sich nach den Hauptaufgaben des laufenden Fünfjahrplanes und des jeweiligen Jahresplans sowie der wichtigsten spezifischen Anforderungen der einzelnen Wirtschaftszweige. Gemäß Richtlinie für die Ausarbeitung der BKV von 1973 sind für den BKV inhaltlich 3~Hauptteile und eine Reihe von Anlagen vorgegeben. Die Hauptteile umfassen: 1. einen ausführlichen Katalog von Verpachtungen (Werkleiter und BGL) zur Gestaltung des Sozialistischen Wettbewerbs (z. B. Aufschlüsselung des Plans, Vorgabe differenzierter und abrechenbarer Wettbewerbsziele, Förderung und Durchsetzung einer Anzahl als besonders wirksam erachteter Wettbewerbsformen, Erschließung von Materialreserven, Qualitätssteigerung usw.), [S. 145]2. die Verbesserung der Arbeits- und Lebensbedingungen der Belegschaft (u. a. Durchsetzung des sozialistischen Leistungsprinzips und der WAO nach dem Grundsatz „Neue Technik — Neue Normen“, optimale Verwendung des Lohnfonds, Festlegung über Prämienformen, Verpflichtungen zur Verbesserung der Arbeitsbedingungen sowie Bestimmungen zur sozialen und gesundheitlichen Betreuung) und 3. „Entwicklung eines hohen Kultur- und Bildungsniveaus der Werktätigen“ (u. a. Qualifizierung, politische Schulung, Feriengestaltung, Organisation von Betriebsfestspielen). Die Anlagen enthalten Details zum Frauen- und Jugendförderungsplan, zur betrieblichen Ordnung der Bewegung „sozialistisch arbeiten, lernen und leben“, zur Verwendung des Prämienfonds, des Kultur- und Sozialfonds und des Leistungsfonds. Vereinbarungen zum Urlaub entsprechend der Rechtsvorschrift und des Rahmenkollektivvertrags sowie eine Liste der Arbeitserschwernisse. Eine dem BKV vorangestellte Präambel umreißt in der Regel die Erfüllung oder Höhe der Übererfüllung wesentlicher Hauptkennziffern, wie industrielle Warenproduktion oder Arbeitsproduktivität sowie entscheidende verbal gefaßte Planverpflichtungen (z. B. „Sortiments-, termin- und qualitätsgerechte Erfüllung des Produktions-, Absatz- und Exportplans“). Über die Erfüllung der Verpflichtungen des BKV soll durch Betriebsleiter und BGL mindestens halbjährlich auf einer Belegschaftsversammlung und „durch alle anderen Leiter monatlich“ im jeweiligen Bereich Rechenschaft abgelegt werden. Die Gewerkschaft hat das Recht der Kontrolle. Selbstkritische Äußerungen in der DDR richten sich gegen eine in der Vergangenheit oft nur sehr formale Handhabung; heute werden konkret abrechenbare und terminierte Verpflichtungen für den BKV gefordert. Für einen Privatbetrieb ist analog eine Betriebsvereinbarung, für einen Betrieb mit staatlicher Beteiligung ein entsprechender Betriebsvertrag vorgeschrieben. In den LPG regeln anstelle des BKV innerbetriebliche Verträge die entsprechenden arbeitsökonomischen Belange. Planung; Betriebsformen und Kooperation. Fundstelle: DDR Handbuch. Köln 1975: S. 144–145 Betriebsgewerkschaftsorganisation (BGO) A, B, C, D, E, F, G, H, I, J, K, L, M, N, O, P, Q, R, S, T, U, V, W, Z Betriebsleiter

Siehe auch: Betriebskollektivvertrag: 1953 1954 1956 1958 1959 1960 1962 1963 1965 1966 1969 Betriebskollektivvertrag (BKV): 1979 1985 Musterbetriebskollektivvertrag: 1956 1958 Musterkollektivvertrag: 1954 Das GBA (Gesetzbuch der Arbeit) definiert den jährlich abzuschließenden BKV als „Vereinbarung zwischen Betriebsleiter und Betriebsgewerkschaftsleitung zur allseitigen Erfüllung der Betriebspläne“ (§~13,1). Er begründet darüber hinaus — bestätigt durch eine Belegschafts-…

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Ministerium für Nationale Verteidigung (1975)

Siehe auch: Ministerium für Nationale Verteidigung: 1959 1960 1962 1963 1979 1985 Ministerium für Nationale Verteidigung (MfNV): 1965 1966 1969 Das MfNV. wurde im Januar 1956 im Zuge der Gründung der Nationalen Volksarmee geschaffen. Es fungiert als zentrales staatliches Organ des Ministerrates, obwohl dieser auf dem Gebiet des Militärwesens nur beschränkte Aufgaben besitzt. Dem MfNV. obliegt die Führung der NVA, sowie die Planung, Koordinierung, Organisation und Durchführung der Aufgaben der Landesverteidigung im militärischen Bereich. Das MfNV., dessen Minister den Rang eines Armeegenerals besitzt, gliedert sich in einen Hauptstab sowie in Verwaltungen und Abteilungen; zum Bereich des MfNV. gehört ebenfalls die Politische Hauptverwaltung der NVA, die gleichzeitig dem Politbüro der SED bzw. dessen Sekretariat untersteht. Dem Minister sowie seinen neun (Anfang 1974) Stellvertretern — zu ihnen zählt der Leiter der PHV — unterstehen die sowohl nach funktionalen Maßstäben, Ausbildungswesen, Planungs- und Koordinierungswesen u. a. wie nach Waffengattungen untergliederten Abteilungen. Zum Hauptstab, der die Landstreitkräfte der NVA führt, gehören als Untergliederungen Verwaltung, wie z. B. die Verwaltung Operativ (Einsatzpläne), Aufklärung (Informationsbeschaffung über ausländische Streitkräfte), Wehrersatzwesen (zuständig für die 15 Wehrbezirks- und 219 Wehrkreiskommandos) und Abteilungen. Dem Minister unterstehen direkt die Waffengattungsfachabteilungen, die als Verwaltungen von einem Chef der Verwaltung geleitet werden und für die Ausbildung und Bewaffnung der einzelnen Waffengattungen (Panzer, Artillerie etc.) zuständig sind (der militärische Einsatz der Verbände wird von den dem Minister direkt unterstellten Chefs der Militärbezirke befohlen), die Verwaltung der Militärstaatsanwaltschaft und Abteilungen, wie z. B. die Abteilung Gesellschaft für Sport und Technik (GST). Die Militärakademie „Friedrich Engels“ der NVA ist dem MfNV. unterstellt. Fundstelle: DDR Handbuch. Köln 1975: S. 571 Ministerium für Materialwirtschaft A, B, C, D, E, F, G, H, I, J, K, L, M, N, O, P, Q, R, S, T, U, V, W, Z Ministerium für Post- und Fernmeldewesen

Siehe auch: Ministerium für Nationale Verteidigung: 1959 1960 1962 1963 1979 1985 Ministerium für Nationale Verteidigung (MfNV): 1965 1966 1969 Das MfNV. wurde im Januar 1956 im Zuge der Gründung der Nationalen Volksarmee geschaffen. Es fungiert als zentrales staatliches Organ des Ministerrates, obwohl dieser auf dem Gebiet des Militärwesens nur beschränkte Aufgaben besitzt. Dem MfNV. obliegt die Führung der NVA, sowie die Planung, Koordinierung, Organisation und Durchführung der…

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Sprache (1975)

Siehe auch die Jahre 1960 1962 1963 1965 1966 1969 1979 1985 I. Differenzierung. Zuverlässige Aussagen über Art und Grad der sprachlichen Differenzierung zwischen Bundesrepublik Deutschland und DDR sind schwierig, weil der wissenschaftlichen Beobachtung nur der (schriftliche) veröffentlichte Sprachgebrauch zugänglich ist; der (mündliche) private Sprachgebrauch dagegen in der Bundesrepublik Deutschland nur schwer und in der DDR für westliche Wissenschaftler überhaupt nicht. Trotzdem kann als gesichert gelten, daß die in der Bundesrepublik Deutschland früher häufig (heute seltener) geäußerte Befürchtung, der deutschen S. drohe eine „Sprachspaltung“, ebenso unberechtigt ist wie die Behauptung W. Ulbrichts (1970), sogar die einstige Gemeinsamkeit der S. sei „in Auflösung begriffen“, denn zwischen der vom Imperialismus verseuchten, manipulierten S. in der Bundesrepublik und der vom Humanismus geprägten S. der friedliebenden DDR-Bürger gebe es „eine große Differenz“. Auch die von westdeutscher Seite befürchtete „Zersetzung“ oder „Verhunzung“ der deutschen S. in der DDR durch bestimmte Besonderheiten eines alles durchdringenden Parteijargons ist nicht eingetreten: schon die anspruchsvollere DDR-Literatur und — soweit feststellbar — die Umgangs-S. lassen, solche Urteile nicht zu. Am ehesten vergleichbar ist der durch die Massenmedien verbreitete öffentliche Sprachgebrauch. Die folgenden Feststellungen beziehen sich vor allem auf diesen. II. Grammatik. Das grammatische System erweist sich erwartungsgemäß als stabil. Satzbau, Flexion, die Regeln der Wortbildung und -ableitung sind in Ost und West nahezu unverändert bzw. unterliegen den gleichen langfristigen Wandlungstendenzen. Die vereinzelten grammatischen Differenzen bleiben im Vergleich zu dem, was sich an regionalen Differenzen im deutschen Sprachraum ohnehin findet, ohne Belang. III. Stil. Im jeweils speziellen Gebrauch der sprachlichen Mittel (Stil) zeigen sich sowohl Gemeinsamkeiten wie auch Unterschiede. Sprachkritiker und Sprachpfleger in beiden Staaten beklagen Formelhaftigkeit, Abstraktheit, Verblassen des Verbs, „Substantivitis“, Neigung zu Abkürzungen und „Fremdwörterei“; der westdeutsche Sprachgebrauch zeigt zudem eine besonders hohe Zahl englisch-amerikanischer Wörter und Wendungen und eine hohe Neuerungsrate auf diesem Gebiet. Von der letzteren, eher für die Bundesrepublik typischen Erscheinung abgesehen, zeigen sich die meisten übrigen, zumindest für westdeutsche Leser, im öffentlichen Sprachgebrauch der DDR stärker ausgeprägt als in dem der Bundesrepublik: man findet Formeln und feste Wendungen häufiger und stereotyper, den Satzbau substantivischer und abstrakter als in vergleichbaren westdeutschen Texten; vor allem fällt, vom Inhaltlichen her gesehen, ein hohes Maß an massivem Eigenlob für den eigenen Bereich und massiver Polemik (Invektiven) für den politischen Gegner, ein relativ hoher Anteil an sprachlich-rhetorischen Elementen des Appellierens und Beeinflussens auf, wie er in westdeutschen Texten beispielsweise in Wahlkampfzeiten sowie — in anderer Form und ohne Polemik — in der kommerziellen Werbung zu beobachten ist. Dieses gleichzeitige Hervortreten von Elementen der Verwaltungs-S. und der Propaganda im öffentlichen Sprachgebrauch der DDR, das in der Literatur und in der Umgangs-S. in der DDR oft kritisiert oder ironisiert wird, ist nicht auf Veränderungen in der S., sondern in erster Linie auf die besondere Funktion der Massenmedien als Distributoren des Meinungs- und Formulierungsmonopols von Partei- und Staatsapparat zurückzuführen. <IV. Der Wortschatz.> Der Wortschatz ist, da Veränderungen in Leben und Umwelt der Menschen zwangsläufig in Wörtern ausgedrückt werden müssen, in West und Ost Wandlungen am stärksten unterworfen. Auch hier ist der bei weitem größere Teil nicht nur des Grund- und Alltagswortschatzes, sondern auch des Bildungswortschatzes und der Fachlexiken weiterhin gemeinsam; immer noch werden auch neue Wörter in der überwiegenden Mehrzahl der Fälle in beiden Staaten gemeinsam akzeptiert. Nach vorläufigen Schätzungen liegt der differente Anteil des allgemeinen Wortschatzes (ohne fachsprachlichen Wortschatz) unter 3 v. H. Die Wortschatzdifferenzen verteilen sich allerdings sehr ungleichmäßig. Schwerpunkte der Differenzierung liegen in folgenden Sachgebieten: a) Ideologie und Politik. Neben dem international verbreiteten Grundvokabular des Marxismus-Leninismus [S. 813]handelt es sich vor allem um systemspezifische Definitionen von Kernbegriffen wie Demokratie, Sozialismus, Freiheit, Frieden, Eigentum, Aggression. Daß die Definition dieser Begriffe in der DDR eine entschieden andere ist als die in der Bundesrepublik vorherrschende (die marxistische ist in der Bundesrepublik nur eine von mehreren), wird in der DDR mit Nachdruck betont und sollte allgemein bekannt sein. Irreführungsabsicht bei ideologischen Definitionen kann ausgeschlossen werden; die Definitionen finden sich in parteiamtlichen Äußerungen ebenso wie in Wörterbüchern und werden in der Tagespublizistik laufend kommentiert und interpretiert. Auch in der Bundesrepublik versuchen konkurrierende politische Gruppen legitimerweise ihrer jeweiligen Definition zentraler Begriffe allgemeine Geltung zu verschaffen. Charakteristisch für den Sprachgebrauch der DDR sind also nicht die einseitigen parteilichen Begriffsdefinitionen, sondern deren Monopolisierung. Dabei ist zu beachten, daß diese Monopolisierung nur im öffentlichen Bereich durchsetzbar ist. Ein Mittel dazu (unter anderen) sind Wörterbücher. DDR-Wörterbücher geben im Bereich politisch-ideologischer Bedeutungserklärungen nicht unbedingt Auskunft über deren tatsächliche Geltung im allgemeinen Sprachgebrauch, sondern zunächst nur über den erwünschten Gebrauch. Zwischen beidem klafft wahrscheinlich eine (unterschiedlich große) Lücke. Neben diesen Bedeutungsdifferenzen finden sich unterschiedliche Prägungen, davon viele mit propagandistischem Einschlag (DDR: Arbeiter-und-Bauern-Staat, soz. Staatsbürger, soz. Staatengemeinschaft; Bundesrepublik: freiheitlich-demokratische Grundordnung, mündiger Bürger, atlantische Partnerschaft). Einige solcher Prägungen waren, obwohl durch amtliche Sprachregelungen gestützt, nicht voll durchsetzbar (Bundesrepublik: Mitteldeutschland — Ostdeutschland) oder wurden aus anderen Gründen fallengelassen (DDR: zeitweise SP Statt SPD). Hinzuweisen ist schließlich auf das (teils nur kurzlebige) Kampf- und Schimpfvokabular beider Seiten, das jedoch zweifellos auf östlicher Seite reichhaltiger ist (DDR: Bonner Ultras, Revanchisten, imperialistische Bundesrepublik, Menschenhändler, Diversanten; Bundesrepublik: kommunistische Bedrohung, Pankower Regime, Linksradikalismus, Anarchisten, Schießbefehl, Schandmauer). b) Partei, Staat, Verwaltung. Der Aufbau und Ausbau ganz unterschiedlicher Staats- und Verwaltungsapparate der verschiedensten Stufen sowie der Massenorganisationen und Verbände hat in Ost und West eine Fülle unterschiedlicher Bezeichnungen und Organisationstermini hervorgebracht, die unabhängig von einer etwaigen ideologischen Indoktrinationsabsicht als „Namen“ fungieren (DDR: Staatsrat, Volkskammer, Politbüro, ZK. Rat des Bezirks [<:Kreises>], FDGB, FDJ, Wohnbezirk; Bundesrepublik: Bundestag, Landtag, Parteivorstand, DGB, Jungdemokraten, Listenmandat); hier sind auch Abkürzungen besonders häufig. c) Wirtschaft. Die zahlenmäßig umfangreichsten Wortschatzänderungen und auch -differenzen sind dem Sachgebiet Wirtschaft in allen seinen Bereichen zuzuordnen. Dies betrifft sowohl das Wirtschaftssystem als ganzes (DDR: Neues Ökonomisches System der Planung und Leitung der Volkswirtschaft; Bundesrepublik: soziale oder freie Marktwirtschaft) wie auch die Wirtschaftsorganisation (DDR: VVB, VEB, PGH, LPG, Kooperative; Bundesrepublik: Holding, Konzern(tochter), Unternehmensführung, Einzelhandelskette, Bankenaufsicht), die Produktion, die Entlohnung und die innerbetriebliche Struktur (DDR: Betriebsparteiorganisation [BPO], Kaderleiter, Prämienfonds; Bundesrepublik: Gastarbeiter, Betriebsrat, Mitbestimmung, Personalchef, Auszubildender, Kurzarbeiter). Firmennamen sind ebenso wie Produktnamen jeweils nur in einem Teil geläufig. Ganze Wortschatzbereiche sind generell ohne Äquivalent auf der jeweils anderen Seite : der in der Bundesrepublik sprachlich ungemein produktive Wortschatz der kommerziellen Werbung und des Stellenmarktes, ferner auch das Vokabular des Finanz- und Steuerwesens (Bundesrepublik: Konjunkturzuschlag, Steuerreform, Splittingtabelle, Sparprämie) fehlen im öffentlichen Sprachgebrauch der DDR fast völlig. Dafür findet das vergleichbar phantasievolle und wandlungsreiche Vokabular der Produktionspropaganda der DDR (soz. Wettbewerb, div. Bewegungen, Schrittmacher, Aktivist, Weltniveau, Brigade der soz. Arbeit) in der Bundesrepublik keine Entsprechung. Wichtige Ursachen für die erheblichen Wortschatzdifferenzen auf diesem Gebiet sind — neben der grundsätzlich anderen Struktur des Wirtschaftssystems — die beiderseitige starke internationale Verflechtung und die Anlehnung an die jeweils führende Wirtschaftsmacht, die in der Bundesrepublik zu einer sehr starken Aufnahme angelsächsischer Bezeichnungen (z. T. ganzer Terminologien), in der DDR zur (allerdings fast immer eingedeutschten) Übernahme russischer Bezeichnungen (Lehnprägungen, Lehnbedeutungen) geführt haben. Der direkte Einfluß des Russischen auf den Sprachgebrauch in der DDR ist im übrigen häufig überschätzt worden; echte Fremdwörter finden sich selten. Indirekter Einfluß (Lehnprägungen, Lehnbedeutungen, Lehnübersetzungen) ist dagegen weit häufiger, nicht nur im Wortschatz der Wirtschaft. d) Erziehungswesen. Unter verschiedenen, ebenfalls teilweise differenten, Wortschatzbereichen sei der des Erziehungswesens hervorgehoben: Klassenpflegschaft, Gesamtschule, Sekundarstufe, Realschule, Numerus clausus, AStA sind ebenso bundesrepublikanisch-spezifische Bezeichnungen, wie für die DDR Elternaktiv, polytechnische Oberschule, Unterrichtstag in der Produktion, Patenbetrieb, Fernstudent spezifisch sind. V. Arten der Wortschatzdifferenzen. Eine oft unterschätzte Zahl der Wortschatzdifferenzen sind Bestandsdifferenzen. Sie treten dann ein, wenn ältere Wörter auf einer Seite verschwinden, auf der anderen Seite aber bestehen bleiben (DDR: Reichsbahn, Generalmajor; Bundesrepublik: Beamter, Gymnasium) oder nur auf einer Seite neu eingeführt werden (DDR: <:Ministerrat, Kombine, Plast, Intershop>; Bundesrepublik: Lastenausgleich, Fließheck, ARD, floaten). Unauffälliger, aber nicht weniger relevant sind die Häu[S. 814]figkeitsdifferenzen, deren Ursachen sehr unterschiedlicher Art sind (z. B. unterschiedliche Wichtigkeit der bezeichneten Sache, aber auch Bedeutungsverschiebungen oder aktuelle Anlässe). In beiden Staaten geläufig, aber in jeweils einem deutlich häufiger gebraucht, sind z. B. folgende Wörter: DDR: friedliebend, sozialistisch, sich qualifizieren, umfassend, allseitig, Produktion, Massen, wir, unser, Volk (mit Zusammensetzungen); Bundesrepublik: freiheitlich, Demokratisierung, dynamisch, Markt, Preis (mit Zusammensetzungen). Auffällige Gebrauchsdifferenzen können auch durch Einführung fester Wendungen entstehen, deren einzelne Teile nicht unbedingt different sein müssen: (DDR: friedliche Koexistenz, umfassender Aufbau, wissenschaftlich-technische Revolution; Bundesrepublik: demokratischer Sozialismus, europäische Integration, konzertierte Aktion). Neben Bedeutungsdifferenzen, wie sie im Abschnitt Ideologie und Politik dargestellt werden, sind noch die mit jenen verwandten Wertungsdifferenzen zu beachten: während etwa das Adjektiv demokratisch überall gleich positiv bewertet, aber unterschiedlich definiert wird, ist z. B. bei revolutionär (im politischen Sinne) die Bedeutung zumindest meist ähnlich, die Bewertung aber extrem unterschiedlich. VI. Differenzierung und Ausgleich. Die komprimierte Darstellung der Wortschatzdifferenzen kann den Eindruck erwecken, als sei die sprachliche Einheit — und damit die Verständigung — ernsthaft gefährdet. Diesen Schluß lassen die genannten Fakten jedoch (nach gegenwärtigem Wissensstand) nicht zu. Im Vergleich zum Gesamtsystem der deutschen S. und ihres Wortschatzes sind die Differenzen nach wie vor gering; sie unterscheiden sich, für sich betrachtet, nicht grundsätzlich von den innerhalb der deutschen Sprachgemeinschaft ohnehin wirksamen Differenzen, wenn sie auch politisch-gesellschaftlich höchst relevante Bereiche betreffen und stärker kumuliert sind. Einer fortschreitenden Differenzierung wirken zudem gewisse Ausgleichstendenzen entgegen: 1. Nach wie vor werden Bezeichnungen für neue, gemeinsame Dinge, Entwicklungen, Einrichtungen gemäß den geltenden Wortbildungs- und -ableitungsregeln weitgehend gemeinsam gebildet. 2. Die hohe Beteiligung der DDR-Bevölkerung an westdeutschen Rundfunk- und Fernsehprogrammen sichert einen ständigen Informationsfluß nicht nur über bundesrepublikanisch-spezifischen Wortschatz, sondern auch über alternative Denk- und Bewertungsweisen, und damit einen gewissen Stand passiver Teilhabe an westdeutschem Sprachgebrauch. Die Bevölkerung in der DDR ist nach vielfacher Erfahrung weit besser über westdeutschen Sprachgebrauch - soweit über Rundfunk und Fernsehen verbreitet t informiert als die Bevölkerung in der Bundesrepublik über die Spezifika des ostdeutschen Sprachgebrauchs. 3. Die nach 20jähriger Pause in den 60er Jahren in der Bundesrepublik wiederaufgelebte aktive Auseinandersetzung mit marxistischen Gruppen und ihren Äußerungen hat ebenfalls zu einem gewissen Ausgleich geführt: marxistische Terminologie kann nicht mehr als nur DDR-spezifisch betrachtet werden. 4. Die in der DDR Ende der 60er Jahre eingetretene vorsichtige Liberalisierung im Bereich Mode und Unterhaltung hat zu einem erheblichen Zufluß westdeutscher Bezeichnungen und Wendungen (oft angelsächsischen Ursprungs) geführt. 5. Der innerdeutsche Handel schafft und erhält auch sprachlich Gemeinsamkeiten (technisch-industrielle Normung) oder sorgt für Austausch (z. B. wird Exponat [= Ausstellungsstück] auch in der Bundesrepublik geläufiger). VII. Verständigungsprobleme. S. ist ebensosehr Mittel der Auseinandersetzung wie auch wichtigstes Mittel der Verständigung. Ob die deutsche S. in der gegebenen Situation als solches Mittel dienen kann, hängt nicht allein von ihr ab. Zwar sind die festgestellten Wortschatzdifferenzen in den hauptsächlich betroffenen Sachgebieten sicherlich eine Belastung im Gebrauch der S. als Verständigungsmittel: es ist (auf bestimmten Gebieten) schwieriger geworden, Verständnis und Verständigung zu erzielen, man muß ggf. einen höheren metakommunikativen Aufwand treiben (Wieso …-, Was heißt …-, Wie-meinen-Sie-Fragen). In der S. stehen auch dafür die benötigten Mittel zur Verfügung. Ob Verständigung möglich ist oder gelingt, hängt aber nur zum Teil von sprachlichen Faktoren ab. Mindestens ebenso wichtig sind konkrete Kenntnisse und Erfahrungen über die allgemeinen Lebensbedingungen der jeweils anderen Seite (Informations- und Besucher-Austausch), psychologische Faktoren wie Vorurteile aus Überheblichkeit oder Angst, schließlich auch die Einbettung der beiden Kommunikationsgemeinschaften in langfristige internationale Prozesse politischer oder wirtschaftlicher Art. Unter bestimmten Umständen und bei bestimmten Gruppen genügen schon geringere sprachliche Differenzen als die jetzt gegebenen, um Verständigung unmöglich zu machen. Für andere stellen die gleichen Differenzen eine Chance der sprachlichen Bereicherung und einen Anreiz zur Intensivierung der Verständigungsbemühungen dar. Wo die tatsächlichen Grenzen der Belastbarkeit der S. als Kommunikationsmittel zwischen Großgruppen liegen und welche Faktoren dabei welche Rolle spielen, ist ganz unerforscht und — bei der gegenwärtigen Forschungskapazität — auch kaum erforschbar. VIII. Forschung. Nach journalistischen und philologischen Anfängen in Ost und West, die zumeist den Aspekt „Sprachspaltung“ hervorhoben, erschienen seit Anfang der 60er Jahre einige größere sprachwissenschaftliche Arbeiten in der Bundesrepublik. Neben solchen Einzeluntersuchungen und Gesamtdarstellungen zum „sprachlichen Ost-West-Problem“ standen andere Arbeiten, die methodische Mängel (fehlende Materialbasis, fehlende Vergleichskriterien, Behandlung des DDR-Sprachgebrauchs als „Abweichung“ von einer nicht definierten Norm), aber auch deutlich politisch-polemische Intentionen („Verhunzung“ und „Verdrehung“ der „wahren“ deutschen S. durch die Kommunisten) aufwiesen. Ab Mitte der 60er Jahre überwogen in der westdeutschen Forschung dann Methodenkritik ei[S. 815]nerseits und eng materialbezogene Forschung andererseits. Gleichzeitig wuchs der Einfluß von Nachbardisziplinen wie Kommunikationswissenschaft, Soziologie, Politikwissenschaft. In der Forschung der DDR überwog bis weit in die 60er Jahre, von Ausnahmen abgesehen, eine gereizte Verteidigungshaltung; man wies die westdeutschen Unterstellungen entrüstet zurück und konterte mit Gegenvorwürfen. In den letzten Jahren sind in der DDR jedoch einige wichtige Arbeiten zum Thema S. und Gesellschaft, S. und Politik unter Berücksichtigung des sprachlichen Ost-West-Problems erschienen. Linguistische Gesamtdarstellungen aufgrund repräsentativer Materialbasis fehlen allerdings auch dort. Die DDR-Führung hat seit Ende der 60er Jahre Fragen der Wechselbeziehung von S. und Gesellschaft, S. und Ideologie sowie Sprachwirkung Priorität innerhalb der linguistischen Forschung verliehen. An den Hochschulen der DDR gehören entsprechende Themen zum Ausbildungsplan der germanistisch-sprachwissenschaftlichen Institute. In der Bundesrepublik befassen sich allenfalls 20–30 Hochschullehrer in unterschiedlicher Intensität mit vergleichbaren Fragenkomplexen. Im Bereich der hochschulfreien Forschung hat die DDR dem 1968 errichteten Zentralinstitut für Sprachwissenschaft (ZISW) den ausdrücklichen Auftrag zur „Erforschung der pragmatischen Aspekte der Sprache, das heißt der gesellschaftlichen Wirkung und Bedingtheit der Sprache“ gegeben, worin die Rolle der S. in der ideologisch-politischen und gesellschaftlichen Ost-West-Auseinandersetzung einbegriffen wird. In diesem Institut sind mindestens 120 Wissenschaftler ständig beschäftigt, davon mehr als die Hälfte mit Problemen der deutschen Gegenwarts-S.; gesellschaftsrelevante Aspekte des öffentlichen Sprachgebrauchs dürften dabei im Sinne des staatlichen Auftrags dominieren. Im Mannheimer Institut für deutsche S., das als hochschulfreies Zentralinstitut zur Erforschung der Gegenwarts-S. dem Ost-Berliner ZISW etwa vergleichbar wäre, arbeiteten 1974 65 Wissenschaftler, davon nur 16 ständig (die übrigen nur vorübergehend an befristeten Projekten), von diesen arbeiteten 3 an Fragen des öffentlichen Sprachgebrauchs. Fundstelle: DDR Handbuch. Köln 1975: S. 812–815 Sporttoto A, B, C, D, E, F, G, H, I, J, K, L, M, N, O, P, Q, R, S, T, U, V, W, Z SSD

Siehe auch die Jahre 1960 1962 1963 1965 1966 1969 1979 1985 I. Differenzierung. Zuverlässige Aussagen über Art und Grad der sprachlichen Differenzierung zwischen Bundesrepublik Deutschland und DDR sind schwierig, weil der wissenschaftlichen Beobachtung nur der (schriftliche) veröffentlichte Sprachgebrauch zugänglich ist; der (mündliche) private Sprachgebrauch dagegen in der Bundesrepublik Deutschland nur schwer und in der DDR für westliche Wissenschaftler überhaupt nicht. Trotzdem kann…

DDR A-Z 1975

Patentwesen (1975)

Siehe auch: Patentrecht: 1956 1958 1959 1960 1962 1963 1965 1966 1969 1979 Patentwesen: 1956 1979 1985 Grundlage des P. ist das Patentgesetz vom 6. 9. 1950 (GBl., S. 989, geändert durch Gesetz vom 31. 7. 1963, GBl. I, S. 121). Die Verfassung vom 6. 4. 1968 stellt in Art. 11 Abs. 2 die Rechte von Erfindern ausdrücklich unter den Schutz des sozialistischen Staates. Das Patentgesetz will die schutzwürdigen Interessen des Erfinders gewährleisten, zugleich jedoch die Realisierung der gesellschaftlichen Interessen an der Auswertung von Erfindungen ermöglichen. Es unterscheidet daher zwischen dem Ausschließungspatent, das dem Patentinhaber das alleinige Benutzungsrecht einräumt, und dem als Regelfall ausgestalteten Wirtschaftspatent, bei dem die Benutzungsbefugnis dem Inhaber und demjenigen zusteht, dem sie durch das Amt für Erfindungs- und Patentwesen (Patentamt) erteilt wird. Das Wirtschaftspatent ist die in der Praxis vorherrschende Erscheinungsform des Patents. Dies ergibt sich schon daraus, daß für Erfindungen, die im Zusammenhang mit der Tätigkeit des Erfinders in einem VEB oder mit staatlicher Unterstützung gemacht worden sind, nur Wirtschaftspatente erteilt werden dürfen. Darüber hinaus kann bei Vorliegen einer wirtschaftlichen, sozialen oder kulturellen Notwendigkeit der Ministerrat auf Antrag des Patentamtes die Wirksamkeit eines Ausschließungspatents gegen Zahlung einer Entschädigung einschränken oder aufheben. Ein Rechtsmittel gegen eine solche Maßnahme ist nicht vorgesehen, lediglich wegen der Höhe der Entschädigung kann das Patentgericht angerufen werden. Auch durch andere Bestimmungen wird das Wirtschaftspatent gegenüber dem Ausschließungspatent bevorzugt. So betragen die Gebühren für seine Anmeldung nur 20 Mark gegenüber 250 Mark bei einem Ausschließungspatent, während die Jahresgebühren eines Ausschließungspatents bis zu dreißigmal höher sind als die für ein Wirtschaftspatent, wobei nur die letzteren erlassen oder gestundet werden dürfen. Wirtschaftspatente können vom Patentamt auch dann aufrechterhalten werden, wenn der Patentinhaber auf das Patent verzichtet oder dieses aus anderen in der Person des Inhabers liegenden Gründen erlöschen würde. Zum Zweck der schnelleren Information über Erfindungen und ihrer schnelleren Nutzung wurde durch die Novelle zum Patentgesetz vom 31. 7. 1963 das Erteilungsverfahren vereinfacht. Das Patentamt kann ein Patent ohne sachliche Prüfung der Schutzvoraussetzungen erteilen. Gegen ein solches Patent kann jeder Bürger und jeder Betrieb Einwendungen erheben. Auf Antrag findet eine nachträgliche Prüfung der Schutzvoraussetzungen statt. Vergütungen dürfen in diesem Fall erst nach Prüfung der Erfindung und Bestätigung des Patents gezahlt werden. Dem Erfinder steht beim Wirtschaftspatent das Recht auf Anerkennung als Erfinder, auf Nennung seines Namens sowie auf eine Erfindervergütung im Falle der Benutzung zu, deren Höhe vom Umfang des erzielten Nutzens abhängt, die jedoch nach der Novelle von 1963 nur noch in einer einmaligen Abfindung besteht und die Summe von 30.000 Mark nicht übersteigen darf. Der das Wirtschaftspatent nutzende Betrieb hat das Recht und die Pflicht, die Erfindung unverzüglich für sich außerhalb der DDR schützen zu lassen, sofern ein volkswirtschaftliches Interesse hieran besteht. In diesem Fall hat der Betrieb dem Erfinder eine Vergütung bis zu 500 Mark entsprechend der Bedeutung der Erfindung zu zahlen. Der Erfinder selbst darf ein Patent außerhalb der DDR grundsätzlich erst nach vorheriger Anmeldung der Schutzrechte beim Amt für Erfindungs- und Patentwesen und nur mit staatlicher Genehmigung anmelden. Der das Wirtschaftspatent nutzende Betrieb ist berechtigt, auch mit anderen volkseigenen Betrieben Nutzungsverträge abzuschließen. Die Vergabe und der Austausch von Lizenzen mit Partnern außerhalb der DDR richtet sich nach der VO vom 20. 11. 1964 (GBl. II, 1965, S. 45) (Lizenzen). Die staatlichen Außenhandelsbetriebe haben die Aufgabe, ständig den Markt für den Abschluß von Lizenzgeschäften zu erforschen und den Betrieben zu helfen, geeignete Vertragspartner ausfindig zu machen. Zuständig für das Patent-, Muster- und Zeichenwesen ist das Amt für Erfindungs- und Patentwesen (Patentamt) in Ost-Berlin (Präsident 1974: Prof. Dr. J. Hemmerling). Es ist Organ des Ministerrates (VO über das Statut des Amtes für Erfindungs- und P. vom 31. 7. 1963, GBl. II, S. 547). Das Patentamt soll auch die Neuererbewegung (sozialistischer Wettbewerb) [S. 627]fördern und lenken. Auch die aufgrund des Gebrauchsmustergesetzes vom 8. 1. 1956 (GBl., S. 105), das durch das Änderungsgesetz zum Patentgesetz vom 31. 7. 1963 ersatzlos aufgehoben wurde, eingetragenen und angemeldeten Gebrauchsmuster werden vom Patentamt betreut. Eine Verlängerung ihrer Schutzfristen ist jedoch nicht mehr zulässig. Das Patentamt führt auch das Warenzeichenregister (Warenzeichen). Für alle Klagen, durch die ein Anspruch aus einem Patent geltend gemacht wird, ist ein durch VO vom 21. 5. 1951 (GBl., S. 483) zum Patentgericht bestimmter Zivilsenat des Bezirksgerichts Leipzig zuständig. Zur Vertretung von Patentsachen sind gemäß §~81 Abs. 3 des Patentgesetzes Patentanwälte zugelassen. Die ausschließliche Vertretungsbefugnis für Rechtssuchende, die in der DDR weder Wohnsitz noch Niederlassung haben, ist durch VO vom 26. 8. 1965 (GBl. II, S. 695) jedoch dem Büro für die Vertretung in Patent-, Muster- und Zeichenangelegenheiten übertragen worden, wodurch die Patentanwälte auf die Vertretung solcher Personen beschränkt worden sind, die ihren Wohnsitz oder ihre Niederlassung in der DDR haben. Im Rechtsverkehr führt das Büro die Bezeichnung „Internationales Patentbüro Berlin“. Mit VO vom 15. 3. 1956 (GBl. I, S. 271) hat die DDR die Wiederanwendung der Pariser Verbandseinkunft zum Schutze des gewerblichen Eigentums und ihrer Nebenabkommen erklärt. Fundstelle: DDR Handbuch. Köln 1975: S. 626–627 Patentrecht A, B, C, D, E, F, G, H, I, J, K, L, M, N, O, P, Q, R, S, T, U, V, W, Z Patriotismus

Siehe auch: Patentrecht: 1956 1958 1959 1960 1962 1963 1965 1966 1969 1979 Patentwesen: 1956 1979 1985 Grundlage des P. ist das Patentgesetz vom 6. 9. 1950 (GBl., S. 989, geändert durch Gesetz vom 31. 7. 1963, GBl. I, S. 121). Die Verfassung vom 6. 4. 1968 stellt in Art. 11 Abs. 2 die Rechte von Erfindern ausdrücklich unter den Schutz des sozialistischen Staates. Das Patentgesetz will die schutzwürdigen Interessen des Erfinders gewährleisten, zugleich jedoch die Realisierung der…

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Einheitliches System von Rechnungsführung und Statistik (1975)

Siehe auch: Einheitliches System von Rechnungsführung und Statistik: 1979 Rechnungsführung und Statistik: 1985 Staatliche Zentralverwaltung für Statistik: 1979 Staatliche Zentralverwaltung für Statistik (SZS): 1969 Statistik: 1960 1962 1963 1965 1966 1969 1979 Statistik, Staatliche Zentralverwaltung für: 1954 1956 1958 1959 Zentralverwaltung für Statistik: 1965 1966 1969 1979 Das ESRS. stellt eine Verbindung der beiden bisher getrennten Informationssysteme betriebliches Rechnungswesen und Statistik dar. Mit dem innerbetrieblichen Rechnungswesen wird insbesondere versucht, eine möglichst exakte und detaillierte Kostenzurechnung auf Produkte (Kostenträger), auf Entstehungsfaktoren (Kostenstellen) sowie nach der Art ihrer Entstehung (Kostenarten) zu erreichen. Damit sollen einerseits alle betrieblichen finanziellen Ströme genau erfaßt werden, andererseits dient die Kostenrechnung und -analyse aber auch dem Ziel, herauszufinden, wo noch Kostenteile eingespart, ungünstige Produktionen von Halbprodukten durch Zulieferungen anderer Hersteller ersetzt bzw. unrentable Endprodukte zugunsten neuer Erzeugnisse aufgegeben werden können. Zu diesen, auch in marktwirtschaftlichen Systemen geltenden Aufgaben des Rechnungswesens tritt in sozialistischen Wirtschaftssystemen noch die staatliche Zielvorstellung einer eingehenden Prüfung der innerbetrieblichen Vorgänge vermittels der Finanzbuchhaltung. Deshalb wurde in der DDR auch dem Hauptbuchhalter im Betrieb oder Kombinat neben der Leitung des Rechnungswesens eine weitgehende Überwachungsfunktion hinsichtlich der Einhaltung der Pläne und gesetzlichen Verordnungen übertragen, für die er übergeordneten Organen direkt verantwortlich ist. Die Funktion der Statistik geht in der DDR über die Rolle der reinen Erfassung und Auswertung gesamtwirtschaftlich wichtiger Daten hinaus: Einerseits ist sie Instrument politischer Zielsetzungen und dient z. B. der Propaganda und der Darstellung der „Errungenschaften des Sozialismus“. Sie ist so organisiert, daß Vergleiche mit westlichen Ländern erschwert werden. In wichtigen Grundsätzen, Definitionen, Erhebungsmethoden sowie in der Aufbereitung und Klassifizierung des Zahlenmaterials bestehen z. B. erhebliche Unterschiede zur Bundesrepublik Deutschland. Andererseits hat auch die Statistik in der DDR die entscheidende Aufgabe, Instrument zur Überprüfung der Planerfüllung zu sein. Da sowohl das innerbetriebliche Rechnungswesen als auch die Statistik in starkem Maße der Überwachung der Erfüllung der Volkswirtschaftspläne dienen, wurde bereits frühzeitig die Idee entwickelt, den zahlenmäßigen Informationsbedarf der wirtschaftsleitenden Organe auf allen Ebenen nach einheitlichen Gesichtspunkten zu befriedigen. Grundsatz des daraus entstandenen ESRS. ist die Erfassung, Darstellung und Analyse gleicher wirtschaftlicher Erscheinungen und Prozesse in allen Bereichen nach gleichen Merkmalen, Abgrenzungen und Definitionen. Damit gelingt es in relativ kurzer Zeit, betriebliche Angaben durch Hochrechnung zu gesamtwirtschaftlichen Daten zu aggregieren. Im Einzelnen ist geregelt worden, daß eine Reihe von Kennziffern für den Informationsbedarf über gesamtwirtschaftliche bzw. bereichstypische Fragen regelmäßig erfaßt wird, während zusätzliche andere Daten zur zweig- oder branchenspezifischen Information entweder auch regelmäßig oder nur in größeren Zeitintervallen erhoben werden. Das ESRS. wurde ab 1. 1. 1968 für die sozialistische Industrie, die Bauwirtschaft, das Post- und Fernmeldewesen, den Bereich Verkehr, den sozialistischen Binnenhandel sowie für bestimmte Betriebe der Landwirtschaft eingeführt (GBl.~II, 1966, S. 445 ff.). Seit Beginn des Jahres 1969 ist das ESRS. auf den Außenhandel sowie seit Anfang 1970 auch auf Kreditinstitute, Versicherungen, Produktionsgenossenschaften des Handwerks, Privatbetriebe und Staatsorgane ausgedehnt worden. Gesetzliche Grundlagen sind neben der Verordnung von 1966 mehrere Durchführungsbestimmungen zum ESRS. (GBl.~II, 1966, S. 827 ff.; II, 1967, S. 729 ff.; II, 1969, S. 619 ff.; II, 1970, S. 557 ff.; sowie I, 1973, S. 405 f.), und spezielle Anordnungen für einzelne Bereiche. Mit Wirkung vom 1. 1. 1973 wurden allerdings für bestimmte örtlich geleitete Betriebe, die vereinfachten Planungsanforderungen unterliegen, Erleichterungen hinsichtlich der Datenerfassung erlassen (GBl.~II, 1972, S. 609 f.). Zentrales Organ des Ministerrates der DDR für die Durchsetzung des ESRS. ist die Staatliche Zentralverwaltung für Statistik (SZS). Sie besteht aus einer Zentralstelle in Ost-Berlin sowie Bezirks- und Kreisstellen. Unterstellt sind ihr ebenfalls die „VVB Maschinelles Rechnen“ mit einem Rechenzentrum Statistik und Rechenbetrieben in den Bezirken sowie die Zentralstelle für Primärdokumentation. Gemäß ihrem Statut von 1966 (GBl.~II, 1966, S. 881 ff.) leitet und kontrolliert die SZS die statistische Berichterstattung und faßt das statistische Material zusammen, um den staatlichen Leitungsorganen zuverlässiges Zahlenmaterial hinsichtlich der Erfüllung der Volkswirtschaftspläne sowie als Grundlage für wichtige wirtschaftliche Entscheidungen (z. B. die Ausarbeitung der Jahres- und der Fünfjahrpläne) zu geben. Der SZS wurde ab 1964 auch die Verantwortung für die Entwicklung und Durchsetzung der Grundsätze des Rechnungswesens sowie seit 1966 der Grundsätze des ESRS. übertragen. Die SZS hat zu gewährleisten, daß sowohl Erfassung als auch [S. 249]Aufbereitung und Analyse der Daten in der gesamten Volkswirtschaft möglichst rationell sowie unter Einsatz moderner Datenverarbeitungsanlagen erfolgen. Leiter ist gegenwärtig (1974) Prof. Dr. Arno Donda. Obwohl dem ESRS. erhebliche Vorteile zuerkannt werden können, erweist sich bisher noch eine Reihe von Faktoren als problematisch: a) Das betriebliche Rechnungswesen muß zur weiteren Durchsetzung des ESRS. gesamtwirtschaftlichen Erfordernissen und bestimmten, an den Einsatz der elektronischen Datenverarbeitung geknüpften Notwendigkeiten angepaßt werden. b) Die Betriebe stehen einem überhöhten Verwaltungsaufwand gegenüber, da sie eine Fülle von Daten entsprechend den Erfordernissen der Planabrechnung sowohl termingerecht als auch möglichst EDV-gerecht bereitstellen müssen. c) Die Uneinheitlichkeit sowohl der Definitionen der Plankennziffern als auch ihrer Berechnungsverfahren erweisen sich für das Informationssystem als recht hinderlich. Daran dürfte sich auch in Zukunft wenig ändern, da allen Bemühungen um Vereinheitlichung ständig Veränderungen des Kennziffernsystems infolge von Plankorrekturen oder Änderungen der Organisation der Wirtschaftsleitung gegenüberstehen. d) Die Leistungsabrechnung unterliegt einer Reihe von Schwierigkeiten, die sich z. T. aus den Verzerrungen der Preise (Preissystem und Preispolitik) ergeben, z. T. aber auch auf miteinander nicht vergleichbare bzw. unzureichende Maßgrößen zurückzuführen sind. So werden z. B. die Verfahren der Produktivitäts- und der Rentabilitätsmessung von diesen Mängeln beeinträchtigt. Aber auch die Messung der Produktionsleistung anhand der Kennziffer „Warenproduktion“ erweist sich wegen der bei den verschiedenen Produktionsstufen auftretenden Doppelzählungen der Vorleistungen (Bruttoprinzip) als problematisch. e) Die zunehmende Zusammenarbeit innerhalb des RGW und die damit verbundene Koordinierung der Volkswirtschaftspläne verlangt auch von der DDR erhebliche Anpassungen im Rahmen des ESRS., die zweifellos nicht einfach zu bewältigen sind. Immerhin hat die 1962 gegründete „Ständige Kommission des RGW für Statistik“ bis zum Jahre 1973 insgesamt 60 Empfehlungen zur Vereinheitlichung der statistischen Kennziffern erarbeitet. Dennoch dürfte es noch einige Zeit dauern, bis das ESRS. der DDR mit den teilweise noch unvollkommeneren Systemen der anderen RGW-Länder abgestimmt wird und dabei seine Leistungsfähigkeit gleichzeitig erhöht. Um das Berichtswesen für den Zeitraum des künftigen Fünfjahrplanes 1976 bis 1980 zu verbessern, werden gegenwärtig in der DDR größere Anstrengungen unternommen. Dabei sollen neben einer Verbesserung der Planung auch eine straffere Kontrolle der Plandurchführung sowie eine bessere Übereinstimmung von Jahres- und Fünfjahrplanung erreicht werden. Deshalb ist vorgesehen, künftig — zusammen mit der Erarbeitung einer „Ordnung der Planung der Volkswirtschaft der DDR 1976–1980“ — nach einer Überprüfung des bestehenden betrieblichen und gesamtwirtschaftlichen Rechnungswesens eine „Ordnung der Planabrechnung“ für den gleichen Zeitraum herauszugeben. Grundsätzlich soll zwar möglichst viel Bewährtes aus dem bestehenden Berichtswesen übernommen werden, jedoch sind auch nachhaltige Korrekturen und Verbesserungen vorgesehen. Z. B. sollen die Berichtsunterlagen (Formblätter) vereinheitlicht, generell eine Umstellung der Planabrechnung auf neue konstante Planpreise (auf Basis der Preise vom 1. 1. 1975) durchgeführt und die statistische Erfassung der Qualität der Erzeugnisse erheblich verbessert werden. Fundstelle: DDR Handbuch. Köln 1975: S. 248–249 Einheitliches sozialistisches Bildungssystem A, B, C, D, E, F, G, H, I, J, K, L, M, N, O, P, Q, R, S, T, U, V, W, Z Einheitslisten

Siehe auch: Einheitliches System von Rechnungsführung und Statistik: 1979 Rechnungsführung und Statistik: 1985 Staatliche Zentralverwaltung für Statistik: 1979 Staatliche Zentralverwaltung für Statistik (SZS): 1969 Statistik: 1960 1962 1963 1965 1966 1969 1979 Statistik, Staatliche Zentralverwaltung für: 1954 1956 1958 1959 Zentralverwaltung für Statistik: 1965 1966 1969 1979 Das ESRS. stellt eine Verbindung der beiden bisher getrennten Informationssysteme…

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Außenwirtschaft und Außenhandel (1975)

Siehe auch: Außenwirtschaft: 1969 Außenwirtschaft und Außenhandel: 1979 1985 Interzonenhandel: 1953 1954 1956 1958 1959 1960 1962 1963 1965 1966 1969 I. Allgemeine Grundlagen Unter Außenwirtschaft wird die Gesamtheit der internationalen wirtschaftlichen Beziehungen einer Volkswirtschaft einschließlich der Produktionssphäre verstanden. Der Außenhandel ist wichtigster Teilbereich der Außenwirtschaft, Über den Außenhandel werden die meisten anderen Formen der Außenwirtschaftstätigkeit, wie wissenschaftlich-technische Beziehungen, Spezialisierungs-, Investitions- und Kooperationsvorhaben, die Plankoordinierung mit den RGW-Mitgliedsländern, der Austausch von kommerziellen und nichtkommerziellen Dienstleistungen (Transport, Touristik u. a.), die auswärtigen Kreditbeziehungen und die Erschließung internationaler Märkte realisiert. Für die gesamten Außenwirtschaftsbeziehungen der DDR gilt das Außenhandelsmonopol des sozialistischen Staates, das auch in Art. 9 Ziff. 5 der Verfassung von 1968 (unverändert auch in der Fassung vom 7. 10. 1974) staatsrechtlich fixiert wurde. Es bedeutet die Beherrschung der gesamten Außenwirtschaftstätigkeit durch den sozialistischen Staat. In einer Planwirtschaft sozialistischen Typs erweist sich Planung und Kontrolle auch dieses Wirtschaftssektors durch zentrale, damit beauftragte Instanzen (Ministerium für Außenhandel; Kammer für Außenhandel; Außenhandelsbetriebe etc.) als notwendig, wenn keine schwerwiegenden Störungen auf dem zentral geplanten Binnenmarkt auftreten sollen. Darüber hinaus kann die Außenwirtschaft ihrer funktionalen außenpolitischen Bedeutung für den sozialistischen Staat nur entsprechen, wenn ihre zentrale Lenkung gesichert ist. Das Außenwirtschaftsmonopol umschließt das Valuta- und Außenhandelsmonopol, das die Verstaatlichung der Planung, Durchführung und Kontrolle des gesamten Außenhandels bedeutet. Damit sichert der sozialistische Staat ebenfalls die Übereinstimmung von Außenhandel und zentraler Volkswirtschaftsplanung, die Durchsetzung einer den Zielen seiner Außenpolitik dienenden und den binnenwirtschaftlichen Erfordernissen angepaßten Volkswirtschaftspolitik. In der DDR wird darüber hinaus betont, daß nur das Außenwirtschafts- bzw. Außenhandelsmonopol unerwünschte Einflüsse des Weltmarktes von der eigenen Wirtschaft fernhalten könne. Trotz uneingeschränkter Beibehaltung des Außenwirtschaftsmonopols ist in den letzten Jahren in der DDR eine stärkere Verlagerung außenwirtschaftlicher Funktionen auf spezialisierte Organe des Außenhandels bzw. die für den Außenhandel zuständigen Betriebe und Unternehmen der VVB festzustellen, womit eine größere Flexibilität in der Außenwirtschaftspolitik angestrebt wurde. Die DDR ist vor allem aus zwei Gründen auf die außenwirtschaftliche Tätigkeit angewiesen. Einmal bedarf sie der Importe von Roh- und Brennstoffen, um [S. 78]die traditionell stark vertretene verarbeitende Industrie zu versorgen, zum anderen kann sie die Enge des Binnenmarktes, die die Herausbildung effizienter Produktionsstrukturen verhindert, überwinden. Die allseitig wachsenden Anforderungen an das Wirtschaftspotential haben zu einem Wandel auch der Aufgabenstellung der Außenwirtschaft im volkswirtschaftlichen Leistungsprozeß geführt. War ursprünglich die Außenwirtschaftstätigkeit auf die Importseite fixiert, um hierüber vor allem binnenwirtschaftliche Engpässe infolge mangelnder Selbstversorgung, Flexibilität oder Unterplanerfüllung zu beseitigen (Lückenbüßerfunktion des Außenhandels), erlangte im Zuge zunehmender Intensivierung des Wirtschaftsprozesses seit Mitte der 60er Jahre die Exportseite eine eigenständigere Position. Dieser kommt nicht mehr allein die Aufgabe zu, die zur Bezahlung der Importe notwendigen Devisen hereinzubringen. Vielmehr soll vor allem über den Export das volkswirtschaftliche Wachstum durch die Entwicklung führender Zweige und dynamischer Produktionsstrukturen, die Herabsetzung der Fondsintensität und die verbesserte Kapazitätsausnutzung stimuliert werden. Gegenwärtig wird in der DDR die erreichte Intensität und Struktur der außenwirtschaftlichen Verflechtung als unbefriedigend angesehen. So betrug der Außenhandelsumsatz pro Kopf der Bevölkerung 2.750 VM (1973) bei einer vergleichbaren Pro-Kopf-Ziffer in der Bundesrepublik Deutschland von 4.494 DM. Als Ursache für die noch — etwa im Vergleich zu führenden westlichen Außenhandelsländern — geringe Verflechtung der DDR sind vor allem der schwerfällige und für binnen- und außenwirtschaftliche Störungen anfällige Bilateralismus im Handelsverkehr, das lange Zeit für alle Länder des RGW typische Autarkiestreben (breites Produktionssortiment bis Ende der 60er Jahre!), die starke Orientierung der Wirtschaftsbeziehungen auf die sozialistischen Länder mit einem überwiegend noch komplementären und für die DDR oftmals unattraktiven Güteraustausch und die trotz der Außenwirtschaftsreformen fortdauernde Inflexibilität des Außenwirtschaftssystems aufgrund des uneingeschränkten Außenwirtschaftsmonopols des Staates zu nennen. II. Außenwirtschaftspolitik Die Außenwirtschaftspolitik ist sowohl der allgemeinen Wirtschafts- als auch der Außenpolitik untergeordnet. Neben dem bis Anfang der 70er Jahre beherrschenden politischen Aspekt — gegenüber den Entwicklungsländern und westlichen Industriestaaten das Streben nach völkerrechtlicher Anerkennung zu unterstützen — kam ihr jedoch stets die wichtige Aufgabe zu, über den Export den Import der DDR zu finanzieren. Als Bestandteil der Wirtschaftspolitik ist das Bemühen der Außenwirtschaftspolitik heute stärker darauf gerichtet, die Außenwirtschaftsbeziehungen zur Durchführung des „wissenschaftlich-technischen Fortschritts“ zu intensivieren, d. h. Instrument der nationalen Wachstums- und Strukturpolitik zu sein. Nach den Bestimmungen des geltenden Fünfjahrplans (1971–1975) sind die Außenwirtschaftsbeziehungen mit den Mitgliedsländern des RGW, insbesondere mit der UdSSR (siehe dazu Punkt V.) „als entscheidende Grundlage für die gesamten Außenwirtschaftsbeziehungen der DDR“ vorrangig weiterzuentwickeln und zu vertiefen. Von dieser Basis sollen die Beziehungen zu den Entwicklungsländern und den — im Plan zuletzt genannten — kapitalistischen Ländern auf der Grundlage der Gleichberechtigung und des gegenseitigen Vorteils weiterentwickelt werden. Die intendierten Formen konkreter außenwirtschaftlicher Tätigkeit sind gegenüber den genannten Regionen unterschiedlicher Art. Mit westlichen Industrie- und den Entwicklungsländern werden insbesondere langfristige Handels- und Zahlungsabkommen abgeschlossen, und lediglich mit ausgewählten nichtsozialistischen Schwerpunktländern bzw. „progressiven“ Entwicklungsländern sollen „vorteilhafte Kooperationsbeziehungen“ entwickelt werden. Das Hauptgewicht bei der Gestaltung der Wirtschaftsbeziehungen zum RGW liegt noch immer bei den bilateralen Abkommen über Warenaustausch und Zahlungsverkehr. Daneben ist aber seit Beginn der 70er Jahre das Bemühen um den Abschluß von Kooperationsabkommen im Bereich von Wissenschaft, Technik und Produktion und die im „Komplexprogramm“ vorgesehene zwei- und mehrseitige Plankoordinierung aller RGW-Länder, einschließlich des vorgesehenen „Fünfjahrplans der mehrseitigen Integrationsmaßnahmen für die Jahre 1976–1980“ stark in den Vordergrund gerückt. Die DDR gilt innerhalb des RGW als eifriger Befürworter der „sozialistischen ökonomischen Integration“. Die bislang realisierten wirtschaftlichen Aktivitäten mit den westlichen Industriestaaten mündeten vor allem im Abschluß von Handelsabkommen, die bis 1973 bzw. 1974 auf Kammer- oder Bankebene, danach auf Regierungsebene wirksam wurden. Langfristige bilaterale Regierungsabkommen, die zum Teil für mehrere Jahre laufen und in der Regel als „Verträge über wissenschaftliche, technische und industrielle Zusammenarbeit“ gekennzeichnet sind, konnten seit 1969 mit Frankreich, Italien, Finnland, Island, Großbritannien, Österreich, Japan, Australien und Dänemark geschlossen werden. Darüber hinaus wurden die Westbeziehungen durch die Einrichtung staatlicher Handelsvertretungen, Niederlassungen und Servicestellen der Außenhandelsbetriebe (AHB) intensiviert, wie auch durch die Teilnahme an international bedeutsamen Ausstellungen und Messen, an denen die DDR allein 1972 in 103 Fällen beteiligt war (Bundesrepublik Deutschland 31, Frankreich 12, Italien 12, Schweden 11). [S. 79]Zu den vielfältigen Westbeziehungen der DDR läßt sich zusammenfassend feststellen, daß sie ein wirtschaftlich bedeutendes Element der gesamten Außenwirtschaftsbeziehungen sind, da die DDR auf diese Weise technologisches Know-how und eine Reihe von Engpaßgütern importiert. Der Westhandel ist gegenwärtig von einem hohen Importüberschuß auf Seite der DDR gekennzeichnet. Auch die Wirtschaftsbeziehungen mit den sozialistischen Ländern bzw. RGW-Mitgliedern beruhen auf dem Abschluß von Abkommen über den Warenaustausch und Zahlungsverkehr. Diese zuletzt 1971 geschlossenen Handelsverträge mit allen sozialistischen Ländern sind der Laufzeit der langfristigen Perspektivpläne (1971–1975) angepaßt und werden innerhalb des RGW zur Zeit noch bilateral koordiniert. Darüber hinaus wurde von der DDR eine Vielzahl von zwei- und mehrseitigen Kooperationsabkommen im RGW — bis Ende 1972 waren es ca. 288 — geschlossen. Die RGW-Integrationspolitik der DDR zeigt sich u. a. darin, daß sie, im Rahmen der Produktionsspezialisierung, die Fertigung wichtiger Erzeugnisse zugunsten anderer RGW-Länder eingestellt hat. Zu nennen ist die Einstellung der Flugzeugproduktion, von Bereichen des Lokomotiven-, des Straßenbahnwagen-, Webmaschinen-, Elektrogabelstapler-, Traktoren- und Omnibusbaus. Multi- und bilaterale Großprojekte im RGW, bei denen die DDR beteiligt ist, wie die Erdgas-Transit-Leitung „Nordlicht“, der Bau eines Zellstoffkombinats in Sibirien, einer Olefinproduktions- und Verarbeitungsanlage in der ČSSR, eines metallurgischen Kombinats in Kursk etc. zeigen weiterhin die enge Bindung der DDR an die östliche Wirtschaftsregion auf. III. Entwicklung des Außenhandels Eine hinreichend spezifizierte Aufstellung ist weder über die gesamte außenwirtschaftliche noch über die nach Ländern gegliederte Warenstruktur bekannt. Auch werden weder Zahlungsbilanzen noch — außer der Handelsbilanz — deren Teilbilanzen veröffentlicht. Schwierig ist es ebenfalls, die exakte Außenhandelsverflechtung (Anteil der Ex- und Importe am Nationaleinkommen) zu ermitteln, da die Valutamark (VM) eine rein rechnerische Größe darstellt, deren Umrechnungsverhältnis zu den Ex- und Importbinnenpreisen nicht bekannt ist. Doch ist seit 1960 das Nationaleinkommen (in vergleichbaren Preisen) um 74 v. H., der Außenhandelsumsatz aber um rd. 190 v. H. (vgl. Tabelle 1) gestiegen, woraus eine zunehmende Außenhandelsverflechtung der Wirtschaft der DDR abgelesen werden kann. Real nahm der Außenhandelsumsatz schneller zu als nominal: während er sich in vergleichbaren Preisen von 1960 bis 1972 um 160 v. H. erhöhte, steigerte er sich zu jeweiligen Preisen nur um 153 v. H. Der Außenhandelssaldo ist mit Ausnahme der Jahre 1962,1966 und 1970 aktiv, so daß sich ein kumulierter Ausfuhrüberschuß von ca. 6,8 Mrd. VM (1972) bilden konnte. Dieser wurde allerdings vornehmlich im Handel mit sozialistischen Ländern erzielt, während der Westhandel der DDR einen kumulierten Passivsaldo (allein 1973 2,9 Mrd. VM) aufweist, an dem besonders die Bundesrepublik Deutschland einen großen Anteil hat (bis 1973 insgesamt 1,8 Mrd. DM). Obwohl der Außenhandel — auch nach den Wirtschaftsreformen — über das Außenhandelsmonopol des sozialistischen Staates gelenkt wird, konnte er in der Vergangenheit nicht immer plangemäß entwickelt werden. So wurden zwar die in den langfristigen Perspektivplänen niedergelegten Umsatzvolumina erreicht, jedoch nicht immer die Jahrplanvorgaben und die angestrebten Ex- und Importrelationen. Das gilt sowohl für den abgebrochenen Siebenjahrplan (1959–1965), in dessen Zeitraum die Exporte um 60 v. H. (Plan 86 v. H.) und die Importe um 65 v. H. (Plan 57 v. H.) stiegen, als z. B. auch für den laufenden Fünfjahrplan 1971–1975. Aufgrund des untererfüllten Exportplans konnte der für 1971 angestrebte Gesamtumsatzzuwachs von 8 v. H. nicht realisiert werden (Ist + 6,7 v. H.), und auch 1972 blieb das Wachstum des Handels mit + 10,8 v. H. hinter dem Planansatz von + 12,5 v. H. zurück. Demgegenüber gelang 1973 eine Planrealisierung (+ 14,1 v. H.), jedoch entwickelte sich die Regionalstruktur der Außenwirtschaft nicht plangemäß. Statt der vorgesehenen 15 v. H stieg der Umsatz mit den sozialistischen Ländern um nur 11 v. H. Dafür erhöhte sich der Umsatz mit den westlichen Industrieländern um ca. 22 v. H. auf das Doppelte des vorgesehenen. Der relativ geringe Zuwachs des DDR-„Osthandels“ wird damit gerechtfertigt, daß es bei der gegenwärtigen und zukünftigen Entwicklung der Wirtschaftsbeziehungen mit dieser Region mehr auf qualitative denn auf quantitative Veränderungen ankomme. [S. 80]<IV. Die Entwicklung der Waren- und Länderstruktur> Es ist festzustellen (siehe Tabelle 2), daß die Warenstruktur des Außenhandels der DDR durchaus derjenigen einer hochentwickelten Volkswirtschaft entspricht: hohe und weiter zunehmende Anteile der (metall-) verarbeitenden Industrie und abnehmende Anteile der Grundstoffindustrie bei Aus- und Einfuhren. Allerdings sind die jeweiligen Anteile beider Leicht-, Nahrungs- und Genußmittelindustrie trotz deren starken Rückgangs bei den Einfuhren immer noch als recht hoch anzusehen. Gegenüber den westlichen Ländern durchlief die Handelsstruktur eine ähnliche Entwicklung. Die Abnahme der Anteile der Grundstoffe, Verbrauchs-, Landwirtschafts- und Nahrungsgüter und die rapide Zunahme der Investitionsgüter bei den Einfuhren zeigen, daß — ganz entgegen den offiziellen Behauptungen der DDR-Wirtschaftsführung — der Westen zur Struktur- und Wachstumsentwicklung der DDR-Wirtschaft einen nicht unerheblichen Beitrag geleistet haben dürfte (vgl. Tabelle 3). Bei der Handelsentwicklung der DDR (vgl. Tab. 4 a und 4 b) sind die relativ hohen Steigerungsraten bei den Ausfuhren in die sozialistische Länder und bei den Einfuhren aus nichtsozialistischen Ländern und die relativ niedrigen Raten bei den Ausfuhren in die nichtsozialistischen Länder und der Einfuhren aus sozialistischen Ländern hervorzuheben. Die hohe Einfuhrsteigerung aus den nichtsozialistischen Ländern dürfte den Bedarf der DDR besonders an hocheffektiven Industrieausrüstungen und technisch-organisatorischem Know-how widerspiegeln, während in der hohen Exportrate gegenüber den sozialistischen Ländern vor allem die Bedeutung der DDR als Investitionsgüterlieferant zum Ausdruck kommt. Bemerkenswert ist die trotz niedriger Ausgangsbasis und intensiver politischer Bemühungen um diese Ländergruppe geringfügige Steigerungsrate im Handel mit den Entwicklungsländern (Entwicklungshilfe). [S. 81]Die Länderstruktur des DDR-Außenhandels ist durch den hohen, aber seit 1968 nahezu kontinuierlich abnehmenden Anteil der sozialistischen Länder und den seit dem gleichen Zeitraum zunehmenden Anteil der kapitalistischen Länder mit der Bundesrepublik Deutschland als des bei weitem größten Handelspartners charakterisiert. Die von Honecker auf dem VIII.~Parteitag geäußerte Zielvorstellung, im Zeitraum bis 1975 drei Viertel des Handels mit sozialistischen Ländern abzuwickeln, hat sich nicht verwirklichen lassen. Seit 1960 hat sich die Außenhandelsstruktur zuungunsten der UdSSR, jedoch zugunsten der industriell entwickelten Länder im RGW wie ČSSR, Polen und Ungarn entwickelt (vgl. V. Besondere Bindungen an die UdSSR Mit keinem anderen Land des RGW ist die wirtschaftliche Verflechtung der DDR so eng wie mit der UdSSR. 1973 wickelte die DDR rd. 35 v. H. des Außenhandels — das entspricht rd. 17 v. H. des Außenhandels der Sowjetunion — mit diesem ihrem größten Wirtschaftspartner ab. Diese Entwicklung erklärt sich aus der Tatsache, daß die UdSSR maßgeblich die Wirtschafts- und Gesellschaftspolitik und den Aufbau, die Besetzung und die Organisation des gesamten Staatsapparates einschließlich des Wirtschaftssystems der DDR bestimmt hat und auf diesem Wege eine enge wirtschaftliche und politisch-ideologische Bindung zwischen beiden Staaten erreichte. Auch gegenwärtig gilt für die Partei- und Wirtschaftsführung der DDR das Bekenntnis E. Honeckers zur Sowjetunion (1971): „… die unzerstörbare Freundschaft mit der UdSSR ist das feste Fundament für alles, was wir in der DDR erreicht haben. Dieses Bündnis, unser Platz an der Seite der anderen Bruderparteien und Länder der sozialistischen Staatengemeinschaft sind so lebenswichtig für uns wie der Schlag unseres Herzens.“ Trotz dieser Beschwörungen der „brüderlichen Beziehungen“ hat seit Ende der 60er Jahre der Anteil des sowjetischen Außenhandels am Gesamthandel der DDR abgenommen (siehe Tabelle), obwohl absolut noch immer ein hoher Zuwachs erzielt wird. Ein nicht unwesentlicher Grund für diese Entwicklung dürfte darin zu suchen sein, daß die UdSSR sich angesichts der Größe ihrer Projekte gezwungen, sieht, ihren Bedarf vor allem an wissenschaftlich-technischem und organisatorischem Know-how in Verbindung mit dem Kauf von Produktionsanlagen neuesten Entwicklungsstandes zunehmend auf westlichen Märkten zu decken. Seit 1950 entwickelte sich der Handel DDR–UdSSR wie folgt: Die Warenstruktur des Außenhandels ist — obwohl hier Wandlungen zu beobachten sind — noch überwiegend komplementärer Natur. In ihrer wirtschaftlich bedeutendsten Funktion als Rohstofflieferant deckte die UdSSR den Importbedarf der DDR mit ca. 90 v. H. bei Baumwolle, Erdöl, Eisenerz, Buntmetallen und Holz, mit 80 v. H. bei Walzstahl. Auch gegenüber der Sowjetunion wurde die DDR ihrem Ruf als größter Investitionsgüterlieferant des RGW gerecht: ca. 25 v. H. des gesamten Maschinen- und Ausrüstungsimports der Sowjetunion kamen aus der DDR. Einzelne Gruppen wiesen noch höhere Anteile auf: Schienenfahrzeuge lagen bei 35 v. H. (Zahlen 1972), Produkte der Umformtechnik bei ca. 50 v. H., Schiffsdieselmotoren und Krane bei ca. 60 v. H. Seit einigen Jahren ist jedoch ein struktureller Wandel der Außenhandelsbeziehungen sichtbar geworden: Der Anteil der Einfuhr von Investitionsgü[S. 82]tern aus der UdSSR stieg von 1960 bis 1969 von 4 v. H. auf 17 v. H., dagegen sanken die Anteile der Einfuhr von Grundstoffen und Produktionsgütern von 55 v. H. auf 46 v. H., diejenigen von Gütern der Ernährungs- und Landwirtschaft von 21 v. H. auf 10 v. H. Während der Anteil von Maschinen und Ausrüstungen an den Exporten in die DDR 1971 ca. 20 v. H. betrug, machte er bei den Einfuhren aus der DDR rd. 57 v. H. aus. Auch das „Abkommen über den Warenaustausch und Zahlungen zwischen der DDR und der UdSSR für die Jahre 1971–1975“ ist eindeutig auf die Verbesserung der Warenstruktur in Richtung eines mehr substitutiven Güteraustauschs gerichtet. So sollen die Importe aus der UdSSR besonders an Rationalisierungs- und Automatisierungsmitteln als Voraussetzung für die planmäßige Investitionstätigkeit der DDR steigen. Das Abkommen sieht vor, daß die UdSSR „in großem Umfange“ spanabhebende Werkzeugmaschinen, Schmiede- und Preßausrüstungen, Krane, Bau- und Wegemaschinen, Erzeugnisse der elektronischen- und Radioindustrie, Elektroschweißausrüstungen, Textilmaschinen und Kondensationsturbinen liefert. Jedoch bilden nach wie vor Roh- und Grundstoffe die Grundlage des Warenaustauschs. Importiert werden: Erdöl, Erdgas, Steinkohle, Koks, Eisen- und Manganerz, Roheisen, Walzwerkerzeugnisse, Buntmetalle verschiedenster Art. Die DDR-Exporte bestehen vornehmlich aus Automatisierungs- und Rationalisierungsmitteln, Hochgenauigkeitsmaschinen, Präzisionsgeräten und Instrumenten, Walzwerk- und Chemieausrüstungen. Schienenfahrzeugen und Fischfangschiffen. Der Anteil dieser Produkte soll sich bis 1975 gegenüber dem Zeitraum 1966/1970 um über 50 v. H. erhöhen. Weiter liefert die DDR in wachsendem Umfang vor allem Pflanzenschutz- und Schädlingsbekämpfungsmittel, Medikamente, fotochemische Erzeugnisse, Kosmetika, Lacke und Farben und verschiedene Erzeugnisse der Konsumgüterindustrie. Neben den Abschluß von Handelsabkommen, die die Basis für den Austausch von Waren und Dienstleistungen bilden, treten in zunehmendem Maße andere Formen wirtschaftlicher Zusammenarbeit, die die Verflechtung der beiden Volkswirtschaften intensiver werden lassen. So wurden seit 1964 70 Regierungs- und Ministerabkommen zur Forschungs- und Produktionskooperation, zur Spezialisierung und langfristigen Gestaltung der gegenseitigen Beziehungen vor allem auf dem Gebiet der Rohstoffversorgung und der Entwicklung und Lieferung „entscheidender Industrieerzeugnisse“ abgeschlossen, davon mehr als die Hälfte seit dem VIII.~Parteitag der SED(1971). Seit 1967 werden als besondere Art der Zusammenarbeit „Direktbeziehungen“, die abrechnungspflichtige Arbeitspläne einschließen, zwischen den Industrieministerien, anderen zentralen staatlichen Organen und auch den VVB und Kombinaten der DDR und der UdSSR gepflegt. Von zentraler Bedeutung für die Beziehungen zwischen beiden Ländern ist die im März 1966 auf der Grundlage des „Vertrages über Freundschaft, gegenseitigen Beistand und Zusammenarbeit zwischen der DDR und der UdSSR“ (12. 6. 1964) gebildete „Paritätische Regierungskommission für ökonomische und wissenschaftlich-technische Zusammenarbeit DDR-UdSSR“ (PRK). Jede Seite in der Kommission bestimmt ihren Vorsitzenden; für die DDR ist es G. Schürer, stellvertretender Ministerratsvorsitzender und Vorsitzender der Staatlichen Plankommission der DDR, für die UdSSR N. A. Tichonow, stellvertretender Ministerratsvorsitzender der Sowjetunion. Abwechselnd finden in beiden Ländern wenigstens zwei Tagungen pro Jahr statt, denen ein gegenseitig abgestimmter Arbeitsplan zugrundeliegt. Die wichtigsten Aufgaben der Kommission sind: Erweiterung und Vertiefung der Zusammenarbeit (vor allem in Wachstumsbranchen); Koordinierung der Volkswirtschaftspläne, insbesondere der Fünfjahrpläne; Erarbeitung von Entwicklungsprognosen; Zusammenarbeit zwischen Planungsorganen, Ministerien und Institutionen, Aufnahme von „Direktbeziehungen“; Koordinierung und Kooperation der Tätigkeit der wissenschaftlichen Forschungseinrichtungen; Vertiefung der Kooperation und Spezialisierung vor allem im industriellen Sektor. Bis zum April 1974 tagte die Kommission 15 mal. Im Verlauf ihrer Tätigkeit wurde eine Reihe von Regierungsabkommen über Kooperation und Spezialisierung in Forschung und Wirtschaft wirksam: 4. Tagung 20.–23. 5. 1968 — Abkommen über die Spezialisierung und Kooperation auf dem Gebiet der Produktion von Waren der Haushaltschemie und einzelner Arten von Papier und Karton. 5. Tagung 17.–20. 12. 1968 — Abkommen über die Zusammenarbeit auf dem Gebiet der Elektronik und des wissenschaftlichen Gerätebaus, der Kernenergetik und bei der Entwicklung moderner Prozesse der chemischen Großproduktion. 6. Tagung 1.–4. 7. 1969 — Abkommen über die Kooperation bei der Schaffung von Verfahren und Anlagen für Prozesse der chemischen Großproduktion. 7. Tagung 28.–30. 1. 1970 — Abkommen über die Kooperation bei der Schaffung von Verfahren und Anlagen für wichtige Gebiete der Chemie, Erdölverarbeitung und der Leichtindustrie. Abkommen über die gegenseitige Lieferung von Schiffen und Schiffsausrüstungen im Zeitraum 1971–1975. 8. Tagung 22.–24. 6. 1970 — Regierungsabkommen über Wissenschaftskooperation auf dem Gebiet der Automatisierung sowie der Chemie. 10. Tagung 17.–21. 5. 1971 — Regierungsabkom[S. 83]men über die Forschungs- und Produktionskooperation auf dem Gebiet der Nachrichtentechnik, der chemischen Industrie, des Textilmaschinenbaus. 11. Tagung 15.–18. 11. 1971 — Regierungsabkommen über die Zusammenarbeit bei der Entwicklung und Produktion von Glasseide. 12. Tagung 5.–9. 6. 1972 — Abkommen über die Rationalisierung und Rekonstruktion von Armaturenwerken und über die Forschungs- und Produktionskooperation auf dem Gebiet des wissenschaftlichen Gerätebaus und der Medizintechnik. 13. Tagung 29. 1.–1. 2. 1973 — Abkommen über gemeinsame Arbeiten bei der Entwicklung der Elektronik und auf dem Gebiet der Standardisierung. 14. Tagung 12.–15. 6. 1973 — Mehrere Abkommen über Zusammenarbeit auf dem Gebiet der Rundfunkindustrie, des Textilmaschinenbaus, der Elektrotechnik. 15. Tagung 18.–22. 3. 1974 — Regierungsabkommen über die Errichtung eines Betriebes für elektrotechnische Spezialausrüstungen, gemeinsam erstellt von der UdSSR, der DDR und Polen. Auf die Arbeit der PRK ist auch die nach den Vorstellungen des Komplexprogramms im Jahre 1973 geschaffene Wirtschaftsorganisation „ASSOFOTO“ mit dem Sitz in Moskau zurückzuführen. Sie stellt einen Zusammenschluß des VEB Fototechnisches Kombinat Wolfen und der sowjetischen „Sojuschimfoto“ dar und soll nach Abschluß der organisatorisch-rechtlichen Vorbereitungen ca. 90 v. H. aller im RGW-Bereich benötigten Foto- und Datenaufzeichnungsmaterialien herstellen. Von ihr werden ca. 100.000 Arbeitskräfte erfaßt werden. Gemeinsame Produktions- und Investitionsplanung, die Vertiefung der Spezialisierung und die Kooperation im Produktionsbereich werden angestrebt. Aufgrund der Tatsache der engen politischen und wirtschaftlichen Bindung der DDR an die UdSSR wurde oft die Behauptung aufgestellt, die DDR werde — vor allem was die geforderten Rohstoffpreise und die Qualität der von der UdSSR gelieferten Waren anginge — ökonomisch von ihr übervorteilt. Solche Vermutungen lassen sich jedoch nicht eindeutig beweisen. Die tatsächliche Preisentwicklung bei Ex- und Importen Ende der 60er Jahre zeigt eine Verbesserung der Terms of Trade für die DDR, was das Argument einer Preisausbeutung nicht stützt. Auch läßt die immer stärker werdende wirtschaftliche Position der DDR gegenüber der UdSSR — so dürfte die UdSSR in manchen Industriezweigen (Schiffsantriebe, Rechenmaschinen) in großem Umfang auf Importe aus der DDR angewiesen sein — solche Praktiken — zumindest in der jüngeren Vergangenheit — nicht vermuten. Angesichts der hohen Kosten beim Fördern und Transportieren der sowjetischen Rohstoffe drängt die UdSSR jedoch darauf, von der DDR, wie auch von anderen Rohstoffbezugsländern im RGW, einen finanziellen und materiellen Kostenbeitrag zu erhalten. Das jüngste, diesen Problembereich berührende Abkommen wurde im Mai 1974 zwischen der Sowjetunion, der DDR, Polen, der Tschechoslowakei, Ungarn und Bulgarien über die gemeinsame Finanzierung der sowjetischen Erzeugung von Eisenerz und Eisenlegierungen geschlossen. Ob und inwieweit hier und in anderen Fällen versteckte „Kreditgeschenke“ o. ä. an die Sowjetunion gemacht wurden, entzieht sich gegenwärtig einer Nachprüfung. VI. Die Organisation der Außenwirtschaft Mit dem sich allmählich vollziehenden Übergang zur verstärkten Nutzung intensiver Wachstumsfaktoren und mit der Einführung des NÖSPL bzw. des ÖSS in der DDR wurde auch das bestehende System der Außenwirtschaft reformiert (Phasen der Wirtschaftspolitik seit 1963). Grundsätzlich bleibt das Außenwirtschaftsmonopol erhalten. Der außenwirtschaftliche Bereich wurde jedoch in monetärer Weise und organisatorisch-institutioneller Hinsicht vom binnenwirtschaftlichen derart getrennt, daß die Industriebetriebe zu Binnenpreisen fakturierten und den Außenhandelsbetrieben — früher Außenhandelsunternehmen — nahezu ausschließlich den Kontakt mit den Außenmärkten überlassen mußten. Zur Anwendung des Monopols ist eine Reihe von Organen notwendig, deren Funktionen sich zum Teil im Laufe der Reformen geändert haben. Das zentrale Organ ist das Ministerium für Außenhandel — bis 31. 12. 1973 Ministerium für Außenwirtschaft —, das im Auftrage des Ministerrates die Gesamtinteressen des Staates auf dem Gebiete der Außenwirtschaft wahrzunehmen hat und dem eine Reihe von Außenhandelsorganen untergeordnet ist. Laut Statut des Ministeriums für Außenwirtschaft vom 9. 8. 1973 (GBl. I, 1973, Nr. 41) sind dies: die Handelsvertretungen und handelspolitischen Abteilungen der DDR in anderen Staaten, die Außenhandelsbetriebe (soweit sie nicht von VVB, Kombinaten oder Industrieministerien angeleitet werden), die Kammer für Außenhandel, die Zollverwaltung (Zollwesen), der VEB Leipziger Messeamt (Leipziger Messe), die Außenhandelswerbegesellschaft mbH., das Amt für Außenwirtschaftsbeziehungen der DDR, das Zentrum für Information und Dokumentation der Außenwirtschaft, das Forschungsinstitut beim Ministerium für Außenhandel und die Fachschule für Außenwirtschaft „Joseph Orlopp“. Mit der Reform wurde das Außenwirtschaftsmonopol effektiver gestaltet. Im organisatorischen Bereich des Exports erhielten die AHB den Charakter von Verkaufsorganen einzelner oder mehrerer VVB, Kombinate oder VEB. Die AHB schließen sogenannte Exportkommissionsverträge mit den VVB bzw. Exportbetrieben ab. Die Geschäfte der AHB [S. 84]erfolgen zwar in eigenem Namen, aber für Rechnung der VVB und Exportbetriebe. Sie arbeiten nach den Prinzipien der wirtschaftlichen Rechnungsführung und erhalten für ihre Tätigkeit eine Handelsspanne. Neben anderen Formen der Organisation des Exportabsatzes wie der Übertragung der direkten Absatzfunktion auf Kombinate und Großbetriebe, der Durchführung von Eigengeschäften und der Einschaltung von Binnenhandelsorganen in den Exportabsatz spielen die im Zuge der Einführung des ÖSS gebildeten Exportbüros und -kontore für die bezirks- und kreisgeleiteten Betriebe im Rahmen der Erzeugnisgruppenarbeit eine Rolle. Auf der Importseite wurden keine bedeutenden organisatorischen Änderungen durchgeführt. Obwohl z. B. der VEB Carl-Zeiss-Jena, die VVB „Pharmazeutische Industrie“ und „Schiffbau“ und der VEB Uhrenkombinat Ruhla das Recht zum Abschluß von Importverträgen für Erzeugnisse ihres Produktionsprofils erhielten, bleibt der Import über die AHB typisch. Im Bereich der finanziellen Beziehungen wurden die Voraussetzungen geschaffen, die Resultate außenwirtschaftlicher Tätigkeit auch auf die Produktionsbetriebe einwirken zu lassen. Dies geschah durch die Bildung des einheitlichen Betriebsergebnisses bei den Exporten. Es setzt sich im wesentlichen aus den Erlösen der abgesetzten Warenproduktion, den Exporterlösen und den sogenannten Exportstimulierungsmitteln (Exportförderungsprämie, Exportrückvergütungen, Exportstützungen) zusammen. Stimulanzien wurden als indirekte Lenkungsmittel notwendig, da das bis dahin zur plangemäßen Lenkung des Außenhandels geschaffene Preisdifferenzenkonto wegfiel. Damit gewannen auch die neu eingeführten, nur nach nichtsozialistischen Ländern und Güterarten differenzierten Richtungskoeffizienten zur Bestimmung des Exporterlöses an Gewicht, da vornehmlich über sie durch entsprechende Stimulierung der Exportbetriebe Richtung und Umfang des Warenverkehrs gesteuert werden kann. Auf der von der Reform ohnehin wenig berührten Importseite wurden im finanziellen Bereich im wesentlichen die Preise an das Niveau der Beschaffungsmärkte neu angeglichen, das Preisdifferenzenkonto blieb grundsätzlich erhalten. Allerdings wurde 1968 in einigen Betrieben das einheitliche Betriebsergebnis auch für die Importseite eingeführt (VVB Schiffbau Rostock, VEB Kombinat Carl-Zeiss-Jena, VEB Uhrenkombinat Ruhla). Im Bereich der Planung und Leitung der Außenwirtschaft wurde im Zuge der Reformen von der Mengen- auf die kombinierte Wert-Mengenplanung übergegangen. Die Erfüllung des Valutaaufkommensplans für das sozialistische und nichtsozialistische Wirtschaftsgebiet wurde zur Hauptkennziffer erhoben. Dagegen wurde ein attraktiver ökonomischer Hebel, die Gewährung von Valutaanrechten für zusätzliche Importe bei Planüberbietungen der Produktionsbetriebe, vor allem wegen seiner den Intentionen des zentralen Plans zuwiderlaufenden Wirkung wieder aufgehoben. Seit 1970, und besonders seit dem VIII.~Parteitag (1971), sind im Rahmen allgemeiner Rezentralisierungsbestrebungen im System der Leitung und Planung der Volkswirtschaft auch ähnliche Tendenzen im System der Außenwirtschaft festzustellen gewesen. Sie hatten das Ziel, „einer weitergehenden Dezentralisation der Außenhandelsorganisation entgegenzutreten, die sich zum Teil aus einer einseitigen Betonung der Erfordernisse des wissenschaftlich-technischen Fortschritts ergaben. Mit dem VIII.~Parteitag der SED wurden diese Tendenzen überwunden.“ Damit dürfte — wenn auch nur indirekt — Kritik an den Interessen der Produktionsbetriebe, vornehmlich die Wirtschaftsbeziehungen zu den westlichen entwickelten Ländern zu intensivieren, geübt worden sein. Im Zuge der Umorientierung soll die Stellung der AHB gegenüber den Produktionsbetrieben „entsprechend den Gesamtinteressen des Staates“ gestärkt und die ökonomischen Hebel sollen stärker als Planungsinstrumente eingesetzt werden. So ist z. B. vorgeschlagen worden, den Einfluß der AHB auf die Erwirtschaftung und Verwendung des Exportgewinns der Betriebe zu erweitern. Gegenwärtig wird auch betont, daß der AHB nicht — wie ursprünglich vorgesehen — Beauftragter des Produktionsbetriebes, sondern Bestandteil des Produktionsprozesses und Wahrer des Außenwirtschaftsmonopols ist. Wesentliche Ursache für die verstärkte Straffung des Außenwirtschaftssystems dürften — neben den Widersprüchen, die eine Folge der Orientierung an der Rentabilität (einheitliches Betriebsergebnis) einerseits und am zentralen Plan andererseits sind — die Erfordernisse der sozialistischen Wirtschaftsintegration im RGW sein. Als dringlich wird es in diesem Zusammenhang angesehen, eine einheitliche Leitung des Außenhandels zu sichern und damit die Steuerungsmöglichkeiten durch das Außenhandelsministerium den gesamtpolitischen Vorstellungen entsprechend zu stärken. Kein Widerspruch ist es, wenn gleichzeitig postuliert wird, die Verantwortlichkeit der VVB, Kombinate und Betriebe zu erhöhen und deren „sachkundige Mitwirkung“ besonders bei den zunehmenden Kooperations- und Spezialisierungsvorhaben u. a. in Form der „Direktbeziehungen“ zu erweitern, da eine derartige Mitwirkung nur auf der Basis eines „durch staatliche Prämissen abgegrenzten Verantwortungsfeldes“ geschieht. Verstärkte zentrale Eingriffe werden ohnehin dann notwendig, wenn einseitige Belastungen bestimmter Betriebe zu der Notwendigkeit führen, durch „zentrale Umverteilung von Reineinkommensmitteln entsprechende Kompensationsmöglichkeiten zu gewährleisten“. [S. 85]Festzuhalten bleibt jedoch, daß ein wesentliches Element der Reform — das einheitliche Betriebsergebnis — trotz verschiedentlich geübter Kritik nunmehr als fester Bestandteil des Außenwirtschaftssystems angesehen wird. VII. Außenhandelspreise und Verrechnungsverkehr Die Preisbildung im Außenhandel wird in Ermangelung eigener Bewertungsmaßstäbe im sozialistischen System überwiegend nach den auf den „internationalen Märkten“ herrschenden Preisen (Weltmarktpreisen) vorgenommen. Diese bilden unter Berücksichtigung verschiedener ökonomischer Faktoren (Angebot und Nachfrage, Lieferfristen, Bestellmenge, Rabatte etc.) die Basis für die zwischen den Wirtschaftspartnern stattfindenden Preisverhandlungen, deren Ergebnis in der Regel in ausländischer Währung festgelegt und danach in Valutamark bzw. Binnenwährung umgerechnet wird. Die Umrechnung der Außenhandels- in Binnenpreise erfolgt beim Warenimport nach festgelegten Umrechnungskursen: Die Kurse richten sich nach dem Umfang des Warenexports, der notwendig ist, um die zur Einfuhr benötigten Devisen zu beschaffen. Bei Exportwaren werden die Differenzen zwischen Außenhandels- und Binnenpreisen, die auch durch die Richtungskoeffizienten beeinflußt werden, in die finanziellen Ergebnisse der Produzenten eingerechnet. Die Preisbildung anhand der Weltmarktpreise erfolgt sowohl im Handel mit westlichen kapitalistischen Ländern als auch mit den RGW-Mitgliedsländern und anderen sozialistischen Volkswirtschaften. Innerhalb des RGW stellt die Preisgestaltung im Intrablockhandel ein viel diskutiertes Problem dar, das vor allem aufgrund der Besonderheiten des sozialistischen Systems bis heute keiner Lösung zugeführt werden konnte. Im Komplexprogramm von 1971 ist vorgesehen, von den gegenwärtig gültigen Preisbildungsprinzipien im gegenseitigen Handel auszugehen, d. h. die Preise auf der Basis der Weltmarktpreise „vom schädlichen Einfluß der konjunkturellen Faktoren des kapitalistischen Marktes bereinigt“ festzulegen, gleichzeitig aber „das Problem der Vervollkommnung des Außenhandelspreissystems gründlich zu analysieren“. Die Basispreise im RGW für den Zeitraum 1971–1975 errechnen sich z. B. aus den durchschnittlichen Weltmarktpreisen — das sind Preise, die sich auf den von westlichen Ländern beeinflußten Hauptwarenmärkten bilden — der Jahre 1965–1969. Von ihnen wird angenommen, daß sie im wesentlichen den internationalen Wert der Waren widerspiegeln. Jedoch wurden im Zuge der in der Regel bilateralen Preisverhandlungen zwischen den Ländern oft Preiskorrekturen aufgrund von Preisunterschieden für gleiche Waren innerhalb der RGW-Länder oder geänderten Weltmarktpreisen notwendig. Um ein durch diese Praxis bedingtes ständiges Hinterherhinken hinter den Weltmarktpreisen zu vermeiden, ist deshalb immer wieder vorgeschlagen worden (J. Arojo, M. Sawow), eine eigene — weltmarktpreisunabhängige — Preisbasis für die sozialistischen Länder zu schaffen. Dieses scheiterte jedoch bisher in Ermangelung brauchbarer, theoretisch fundierter Preisbildungskriterien. So kann ein Preissystem, das von den Kostenstrukturen der RGW-Länder ausgeht, deshalb keine Alternative sein, da diese Strukturen als Ausdruck staatlicher Politik ein viel zu weitreichendes Spektrum der Abweichung vom tatsächlichen Wert dieser Güter aufweisen. Eine Modifizierung des bestehenden Preissystems wird jedoch für notwendig erachtet, da sich herausstellte, daß die mengen- und wertmäßige Abstimmung der Pläne innerhalb des RGW häufig unabhängig voneinander erfolgte, die Entwicklung neuer Formen der Zusammenarbeit (gemeinsame Investitionen, Betriebe, Austausch wissenschaftlicher Leistungen etc.) es vielfach nicht mehr möglich machte, vergleichbare Preise der Hauptwarenmärkte zu ermitteln und die Langfristigkeit der Planung neue Anforderungen an Stabilität und Anpassungsfähigkeit der RGW- (Plan-)Preise stellte. So sollen zur Förderung von Kooperation und Spezialisierung „wissenschaftlich begründete Preisprognosen“ erarbeitet werden, für die nicht nur der nationale Ist-Aufwand, sondern vor allem „internationale Wertgrößen“ (einschließlich der Berücksichtigung der Währungskurse; Währung) die Basis bilden sollen. Neben den Preisbildungsschwierigkeiten bildet die Frage des internationalen Verrechnungsverkehrs einen weiteren entwicklungsbedürftigen Komplex. Gegenüber westlichen bzw. nichtsozialistischen Ländern werden bislang die gegenseitigen Forderungen sowohl im Rahmen von bilateralen Handels- und Zahlungsabkommen, d. h. auf dem Clearingwege, über Kompensationen oder Switchoperationen als auch zum Teil durch Zahlungen in konvertibler Währung beglichen. Auch mit den RGW-Ländern entwickelten sich die Zahlungstransaktionen vorwiegend und bis 1964 nur auf bilateraler Ebene. Mit der Gründung der Internationalen Bank für Wirtschaftliche Zusammenarbeit (IBWZ) als internationale Verrechnungsinstanz und der Einführung des „transferablen Rubels“ (1964), der keinesfalls mit westlichen konvertiblen Währungen vergleichbar, sondern lediglich als Verrechnungsgröße anzusehen ist, haben im RGW die Bestrebungen begonnen, zu einer mehrseitigen Verrechnung überzugehen. Daß diese bislang nicht funktionierte, lag nicht zuletzt in der Schwierigkeit und dem fehlenden Interesse der Mitgliedsländer begründet, die langfristigen, bilateral abgestimmten Außenhandelspläne und Handelsabkommen so auszurichten, daß entstehende Guthaben (bei der IBWZ) multilateral verwendet werden können. Fundstelle: DDR Handbuch. Köln 1975: S. 77–85 Außenpolitik A, B, C, D, E, F, G, H, I, J, K, L, M, N, O, P, Q, R, S, T, U, V, W, Z Ausweis für Arbeit und Sozialversicherung

Siehe auch: Außenwirtschaft: 1969 Außenwirtschaft und Außenhandel: 1979 1985 Interzonenhandel: 1953 1954 1956 1958 1959 1960 1962 1963 1965 1966 1969 I. Allgemeine Grundlagen Unter Außenwirtschaft wird die Gesamtheit der internationalen wirtschaftlichen Beziehungen einer Volkswirtschaft einschließlich der Produktionssphäre verstanden. Der Außenhandel ist wichtigster Teilbereich der Außenwirtschaft, Über den Außenhandel werden die meisten anderen Formen der…