DDR A-Z 1985

Nahrungsgüterwirtschaft (1985)

Siehe auch die Jahre 1975 1979 [S. 924]Die N. ist ein Teil des Industriebereiches der Lebensmittelindustrie. Sie umfaßt die Betriebe der ersten Be- und Verarbeitungsstufe der Agrarprodukte. Hierzu gehören die Milchverarbeitung, die Fleischwirtschaft, die Eier- und Geflügelwirtschaft, die Binnenfischerei, die Getreidewirtschaft, die Zucker- und Stärkeindustrie, die Mischfutterindustrie sowie die Betriebe der Kühl- und Lagerwirtschaft und der Bearbeitung tierischer Rohstoffe. In ihnen waren 1983 130.000 Arbeitskräfte tätig. Diese Industriebereiche wurden 1968 unter Leitung des Staatlichen Komitees für Aufkauf und Verarbeitung landwirtschaftlicher Erzeugnisse (SKAV) zusammengefaßt und dem Landwirtschaftsrat unterstellt, der seitdem bis zu seiner Stillegung die Bezeichnung Rat für landwirtschaftliche Produktion und Nahrungsgüterwirtschaft (RLN) trug. Die organisatorische Zusammenlegung der Landwirtschaft und der N. diente dem Ziel, beide Wirtschaftszweige einheitlich zu leiten und allmählich zum Agrar-Industrie-Komplex (AIK) zu entwickeln. Insbesondere sollte durch die vertikale Kooperation zwischen den Betrieben der N. und der Landwirtschaft in Form von Kooperationsverbänden (KOV) die Entwicklung spezialisierter Landwirtschaftsbetriebe gefördert werden. Nach Auflösung des SKAV im Januar 1975 wurden dessen Aufgaben mehreren neu gebildeten Abteilungen bzw. Bereichen im Ministerium für Land-, Forst- und Nahrungsgüterwirtschaft (MfLFN) übertragen. Die Leitung der Betriebe der N. erfolgt entweder direkt durch das MfLFN oder in Übereinstimmung mit den Räten der Bezirke. Zu den zentralgeleiteten Betrieben, Kombinaten und VEB der N. gehören die VE Kombinat Zucker, VE Kombinat Stärke und Kartoffelveredelung, VE Kombinat Kühl- und Lagerwirtschaft, VE Kombinat Aufbereitung tierischer Rohstoffe und Pelztierprodukte, VEB Materiell-technische Versorgung der Nahrungsgüterwirtschaft, VEB Zentrales Projektierungsbüro der Nahrungsgüterwirtschaft sowie der VEB Schlacht- und Verarbeitungskombinat Eberswalde. Zu den bezirksgeleiteten Betrieben und Kombinaten der N. gehören die Vereinigungen zur Lenkung der milchverarbeitenden Industrie und die Kombinate der Milchwirtschaft, die VEB Kombinate der Fleischwirtschaft, die VEB Kombinate der Getreidewirtschaft sowie die VEB Kombinate für Industrielle Mast (KIM; Landwirtschaftliche Betriebsformen; Wirtschaftsverband). Fundstelle: DDR Handbuch. 3., überarbeitete und erweiterte Auflage, Köln 1985: S. 924 Mutterschutz/Fürsorge für Mutter und Kind A, B, C, D, E, F, G, H, I, J, K, L, M, N, O, P, Q, R, S, T, U, V, W, Z Nation und nationale Frage

Siehe auch die Jahre 1975 1979 [S. 924]Die N. ist ein Teil des Industriebereiches der Lebensmittelindustrie. Sie umfaßt die Betriebe der ersten Be- und Verarbeitungsstufe der Agrarprodukte. Hierzu gehören die Milchverarbeitung, die Fleischwirtschaft, die Eier- und Geflügelwirtschaft, die Binnenfischerei, die Getreidewirtschaft, die Zucker- und Stärkeindustrie, die Mischfutterindustrie sowie die Betriebe der Kühl- und Lagerwirtschaft und der Bearbeitung tierischer Rohstoffe. In ihnen…

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Deutsche Hochschule für Körperkultur (DHfK) (1985)

Siehe auch die Jahre 1965 1966 1969 1975 1979 Am 22. 10. 1950 gegründete, dem Staatssekretariat für Körperkultur und Sport unterstellte zentrale Lehr- und Forschungsstätte des DDR-Sports. Längere Zeit fand der Lehrbetrieb zunächst in dezentralisierten, provisori[S. 271]schen Ausbildungsstätten statt. Am 17. 5. 1952 erfolgte an der Gohliser Straße (heute Friedrich-Ludwig-Jahn-Allee) in Leipzig die Grundsteinlegung für ein eigenes Gebäude durch Walter Ulbricht. In enger Nachbarschaft zum Zentralstadion (Fassungsvermögen 100.000 Zuschauer) belegt die DHfK heute eine Gesamtfläche von 14 ha, wovon 6,1 ha bebaut sind. Der Gebäudekomplex umfaßt 18 Institute, 10 Spezialsporthallen mit einer Nutzfläche von ca. 7.000 qm, 3 Hörsäle mit ca. 1000 Plätzen, 920 Internats- und 600 Seminarplätze, eine Bibliothek mit 65.000 Bänden und eine hochschuleigene Schwimmhalle mit 8.000 Zuschauerplätzen. Die DHfK begann 1950 mit 14 Lehrern und 96 Studenten. Inzwischen studieren an der DHfK jährlich über 2.000 Direkt- und Fernstudenten; ca. 600 Absolventen nutzen jährlich die Weiterbildungskurse. Im Verlauf von 33 Jahren wurden an der DHfK bis Frühjahr 1984 ca. 16.000 Kader ausgebildet, die als Trainer, Übungsleiter, Sportlehrer, Organisatoren, Sportoffiziere, sonstige Funktionäre oder Sportwissenschaftler tätig sind. Unter den DHfK-Absolventen befinden sich zahlreiche Spitzensportler, davon ca. 90 Olympiasieger. Außerdem absolvierten bis Juni 1984 1.700 Trainer- und Sportlehrerstudenten aus 86 Ländern Afrikas, Asiens und Lateinamerikas die bisher 21 Trainerkurse der DHfK. Von den 450 Hochschullehrern und wissenschaftlichen Mitarbeitern der DHfK sind ca. 200 im „Forschungsinstitut“ mit speziellen Aufgaben befaßt, die strikter Geheimhaltung unterliegen. Dabei handelt es sich weniger um Grundlagenforschung, als vielmehr um die wissenschaftliche Umsetzung fremder Forschungsergebnisse speziell auf medizinischen und material-technologischen Gebieten für den Leistungssport. DHfK-Lehrer und -Trainer müssen der SED angehören. 50 v.H. der Mitglieder des DHfK-Lehrkörpers sind in Wahlfunktionen des DTSB tätig. 1956 wurde der DHfK das Promotionsrecht A (Dr. paed.) verliehen; 1965 folgten das Promotionsrecht B (Dr. sc. paed.) und das Habilitationsrecht. Bis Ende 1980 hatten über 450 Doktoranden ihre Dissertationsschriften erfolgreich an der DHfK verteidigt. Rektor der DHfK ist Prof. Dr. Hans-Georg Herrmann. Der Jahresetat der DHfK belief sich 1978 auf rd. 120 Mill. Mark. Die Ausbildung an der in 4 Sektionen unterteilten DHfK ist betont praxisbezogen. Bereits während des Studiums wird von den DHfK-Studenten die Weitergabe ihres fachlichen Wissens sowie politisch-ideologischer Lehrstoffe an die Schuljugend gefordert. Jeder Student des 4. Studienjahres erteilt als Schulsportlehrer im 10wöchigen Praktikum 150 Stunden obligatorischen Unterricht im Sport und in einem zweiten Fach. Außerdem bilden die DHfK-Studenten Hilfs-Übungsleiter aus, betreuen Schüler im außerschulischen Sportbetrieb und beteiligen sich aus den verschiedensten Anlässen (Partei- und Staatsjubiläen, ZK-Tagungen oder Gesetzesveröffentlichungen) an der Lösung gesellschaftspolitischer Aufgaben. Ständig wachsende Anforderungen und „freiwillige Selbstverpflichtungen“ bestimmen das Leben der DHfK-Studenten. Als dritte Säule der Persönlichkeitsbildung neben der ideologischen Erziehung und dem Fachstudium gilt die militärische Ausbildung. Seit 1960 erfolgt sie „im Rahmen des Studiums“ durch die Nationale Volksarmee (NVA). Die DHfK-Studenten müssen ihre Studienzeit für ein Jahr unterbrechen und leisten Militärdienst in einer NVA-Spezialeinheit, bis 1972 im NVA-Regiment „Walter Ulbricht“. Die DHfK unterhält die Hochschulsportgemeinschaft (HSG) „Wissenschaft“, mit 3.000 Mitgliedern in 28 Sektionen eine der stärksten HSG im DTSB. Leistungssportliche Visitenkarte ist der Sportclub (SC) „DHfK Leipzig“. Aus ihm sind insbesondere in der Leichtathletik (Olympiasiegerin Bärbel Eckert), im Radsport (zweifacher Weltmeister Gustav Adolf „Täwe“ Schur) und im Rudern (Olympiasieger Siegfried Brietzke/Wolfgang Mager) zahlreiche international sehr erfolgreiche Spitzensportler hervorgegangen. Bei den Olympischen Spielen 1980 in Moskau errangen Mitglieder des SC „DHfK Leipzig“ 6 Gold- und 4 Silbermedaillen sowie eine Bronzemedaille. Die Mitglieder des Sportclubs erhalten besondere Vergünstigungen, u.a. Freisemester über das 8semestrige Studium hinaus, individuelle Ausrichtung des Studienplans einschließlich der Verteilung der Zwischenprüfungen nach den Erfordernissen des Leistungssports, besondere Unterkünfte, Sonderverpflegung, Leistungsprämien und bei Studienzeitverlängerung als Folge des Wettkampfsports abgestuft bis zu 100 v.H. eines Assistentengehalts. Fundstelle: DDR Handbuch. 3., überarbeitete und erweiterte Auflage, Köln 1985: S. 270–271 Deutsche Handelsbank Aktiengesellschaft (DHB) A, B, C, D, E, F, G, H, I, J, K, L, M, N, O, P, Q, R, S, T, U, V, W, Z Deutsche Reichsbahn (DR)

Siehe auch die Jahre 1965 1966 1969 1975 1979 Am 22. 10. 1950 gegründete, dem Staatssekretariat für Körperkultur und Sport unterstellte zentrale Lehr- und Forschungsstätte des DDR-Sports. Längere Zeit fand der Lehrbetrieb zunächst in dezentralisierten, provisori[S. 271]schen Ausbildungsstätten statt. Am 17. 5. 1952 erfolgte an der Gohliser Straße (heute Friedrich-Ludwig-Jahn-Allee) in Leipzig die Grundsteinlegung für ein eigenes Gebäude durch Walter Ulbricht. In enger Nachbarschaft zum…

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Selbstbestimmung (1985)

Siehe auch die Jahre 1960 1962 1963 1965 1966 1969 1975 1979 Das Recht auf S. der Völker wird vom Marxismus-Leninismus als „eines der wichtigsten Grundprinzipien des allgemeinen Völkerrechts“ anerkannt, aber anders als in der westlichen Völkerrechtslehre interpretiert und propagiert. Es wird parteilich aufgefaßt (Parteilichkeit). Aus dieser Sicht darf das Recht auf S. nicht gegen die Interessen des Proletariats und damit gegen die objektive Gesetzmäßigkeit der Geschichte geltend gemacht werden. Diese Auffassung bedeutet, daß das Recht auf S. das Bekenntnis zum Fortschritt im Sinne der gesetzmäßigen Entwicklung zum Sozialismus und die Ablehnung jedes Herrschaftssystems, das einer derartigen Entwicklung entgegensteht, beinhalten muß, um als gerechtfertigt angesehen werden zu können. Wenn die Marxisten-Leninisten S. für die Völker der Dritten Welt fordern, so befänden sie sich in Übereinstimmung mit dem wirklichen Willen dieser Völker, weil sich deren Forderung auf S. gegen den Kolonialismus richte. In Europa dagegen dürfe sich die Inanspruchnahme des Rechts auf S. nur gegen den „Imperialismus als höchste Stufe des Kapitalismus“ richten. — In den Staaten des „real existierenden Sozialismus“ gilt hingegen das Recht auf S. bereits immer grundsätzlich als gewährleistet. Mit dem so verstandenen Recht auf S. wird auch der Herrschaftsanspruch der SED begründet. Aus deren Selbstverständnis muß dem Willen der Völker nur dann entsprochen werden, wenn er den Interessen der Arbeiterklasse, das bedeutet in der Praxis: den Interessen der herrschenden Partei eines sozialistischen bzw. kommunistischen Landes, nicht entgegenstehen. Insbesondere wird von ihr ein individuelles Recht auf S., z. B. in Form eines Rechtes zur Ausreise aus der DDR, nicht anerkannt. [S. 1147]Am 12. 6. 1964 äußerte Chruschtschow auf einer Moskauer Kundgebung aus Anlaß der Unterzeichnung des ersten Freundschafts- und Beistandspaktes mit der DDR (Außenpolitik), das Prinzip der S. sei auf die deutsche Frage nicht anwendbar und könne nicht zur Begründung der Forderung nach einer Wiedervereinigung Deutschlands durch freie Wahlen herangezogen werden. In der DDR wurde, vor allem von dem inzwischen verstorbenen Völkerrechtler R. Arzinger, Mitte der 60er Jahre behauptet, das S.-Recht beinhalte nicht nur die nationale, sondern auch die soziale Befreiung. Die Arbeiterklasse werde daher zum eigentlichen Träger des S.-Rechts. Weil in der DDR die Arbeiterklasse unter Führung der SED bereits die Macht ausübe, sei dort das S.-Recht verwirklicht, in der Bundesrepublik Deutschland hingegen nicht, weil dort die „kapitalistische Ausbeuterordnung“ noch nicht beseitigt sei. Diese Auffassung ging zwar seinerzeit noch von dem Fortbestehen der deutschen Nation aus, behauptete jedoch bereits die Existenz von zwei „deutschen Völkern“, d.h. zweier Subjekte des S.-Rechts in Deutschland. Die DDR konnte sich mit dieser Begründung des S.-Rechts bisher auch im eigenen Lager nicht durchsetzen, weil noch Stalins Nation-Begriff galt, demzufolge nur Nationen Träger des S.-Rechts sein konnten. Allerdings hatte im Rahmen der Deutschlandpolitik der SED die Erweiterung der Bestimmungsmerkmale des S.-Rechts um eine soziale, gesellschaftspolitische Komponente die Funktion, die „Zwei-Staaten-Theorie“ durch Konstruktion von „Zwei Staatsvölkern“ ideologisch-theoretisch zusätzlich abzusichern. Angesichts der veränderten Haltung der SED in der Nationalen Frage seit Ende der 60er Jahre (endgültige Spaltung der einheitlichen deutschen Nation, Entwicklung einer sozialistischen deutschen Nation in der DDR) kommt den Versuchen Arzingers, Wesen und Merkmale des S.-Rechts umzudeuten, erneut beträchtliche theoretische wie praktische Bedeutung zu. Nation und nationale Frage; Souveränität. Fundstelle: DDR Handbuch. 3., überarbeitete und erweiterte Auflage, Köln 1985: S. 1146–1147 Sektierertum A, B, C, D, E, F, G, H, I, J, K, L, M, N, O, P, Q, R, S, T, U, V, W, Z Selbstkosten

Siehe auch die Jahre 1960 1962 1963 1965 1966 1969 1975 1979 Das Recht auf S. der Völker wird vom Marxismus-Leninismus als „eines der wichtigsten Grundprinzipien des allgemeinen Völkerrechts“ anerkannt, aber anders als in der westlichen Völkerrechtslehre interpretiert und propagiert. Es wird parteilich aufgefaßt (Parteilichkeit). Aus dieser Sicht darf das Recht auf S. nicht gegen die Interessen des Proletariats und damit gegen die objektive Gesetzmäßigkeit der Geschichte geltend gemacht…

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Arbeitskräfte (1985)

Siehe auch: Arbeitskräfte: 1962 1963 1965 1966 1969 1975 1979 Arbeitskräfteproblem: 1959 1960 Kriegsfolgen (Zerstörungen, Demontagen, Zustrom von Vertriebenen aus den Ostgebieten) führten auch in der SBZ zu Arbeitslosigkeit. Mit dem Wiederaufbau der Wirtschaft und den starken Abwanderungen in die Bundesrepublik Deutschland wurden seit Mitte der 50er Jahre jedoch die A. in der DDR knapp. Durch den Bau der Mauer in Berlin gelang es 1961, den Beschäftigtenrückgang zu stoppen und in der Folgezeit die Zahl der A. leicht zu erhöhen, obwohl die Bevölkerung im erwerbsfähigen Alter bis 1969 weiter zurückging. Danach stieg die Zahl der Personen im erwerbsfähigen Alter an, weil geburtenstarke Jahrgänge nachrückten und relativ schwach besetzte Altersgruppen die Rentengrenze erreichten. Diese Entwicklung hält noch an, wird aber in der zweiten Hälfte der 80er Jahre zum Stillstand kommen. Zunächst (nach 1961) wurde die Beschäftigungsausweitung in erster Linie durch eine zunehmende Beanspruchung des weiblichen A.-Potentials erreicht, später (seit Ende der 70er Jahre) erhöhte sich aus demographischen Gründen die Zahl der männlichen Erwerbstätigen. Die Quote der berufstätigen Frauen (einschl. beschäftigter Rentnerinnen und der in der amtlichen Statistik nicht ausgewiesenen Beschäftigungsgruppen — z.B. im Sicherheitsbereich; nach Berechnungen des DIW) — gemessen an der Zahl der Frauen im erwerbsfähigen Alter — stieg bis 1982 auf 85 v.H. (1960: 67 v.H.).48 von 100 Beschäftigten waren Frauen (1960: 43). Damit dürften fast alle Frauen dieser Altersklassen bis auf Schülerinnen, Studentinnen, Mütter von Kleinkindern usw. berufstätig gewesen sein. Mit dem Ansteigen des Beschäftigungsgrades nahm allerdings die Teilzeitbeschäftigung zu; über ein Viertel aller Frauen arbeitete verkürzt. [S. 62]Das Arbeitskräftepotential bei den Männern ist völlig ausgeschöpft. Die Quote der männlichen Berufstätigen — bezogen auf die Männer im erwerbsfähigen Alter — betrug 1982 90 v.H. Gut 55 v.H. der Bevölkerung der DDR ist berufstätig (Bundesrepublik Deutschland: 45 v.H.) — eine Erwerbsquote, die zu den höchsten in der Welt zählt. Seit 1960 hat ein bedeutender Strukturwandel in der Verteilung der A. auf Wirtschaftsbereiche stattgefunden. Die Beschäftigung in der Landwirtschaft nahm ab, während sie in der Bauwirtschaft und im Dienstleistungsbereich zunahm und in den übrigen Bereichen nahezu konstant blieb. Die Veränderungen entsprachen den typischen Tendenzen wachsender Industriegesellschaften. Die Industrie hatte mit 41 v.H. 1982 den höchsten Anteil an der Beschäftigung, gefolgt vom Dienstleistungsbereich, der 25 v.H. der A. auf sich vereinigte. In der Landwirtschaft war ein mit 10 v.H. immer noch relativ hoher Anteil gebunden. Auch die sozioökonomische Struktur der Erwerbstätigen hat sich verändert. Die Zahl der Selbständigen und der mithelfenden Familienangehörigen sank, während die Arbeitnehmer ihren Anteil an der Gesamtbeschäftigung erhöhten. Typisch für die DDR ist der hohe Anteil der Genossenschaftsmitglieder. Die genossenschaftliche Beschäftigung nahm allerdings seit Mitte der 60er Jahre wegen der aus Altersgründen ausscheidenden LPG-Mitglieder ständig ab. Die Umwandlung der industriell produzierenden Genossenschaften des Handwerks in volkseigene Betriebe führte 1972 zur Reduzierung auch der PGH-Mitglieder. An der angespannten A.-Situation wird sich auch in den nächsten Jahren kaum etwas ändern: Die Nachfrage der Wirtschaft nach A. steigt ständig. Aufgrund der zu erwartenden Erhöhung der Bevölkerungszahl im erwerbsfähigen Alter rechnen DDR-Stellen mit einer Zunahme der A. um 275.000 (ohne Lehrlinge) im Planungszeitraum von 1981 bis 1985. Der überwiegende Teil des Zustroms wird aller Voraussicht nach in den ersten Jahren dieser Periode liegen, danach ist mit einer [S. 63]Abschwächung in den Steigerungsraten zu rechnen. In der Phase von 1986 bis 1990 dürfte dann nur noch eine geringfügige Beschäftigungsausweitung eintreten, nach 1990 wird der A.-Bestand ungefähr konstant bleiben. Gegenwärtig (1982) beteiligen sich etwa 370.000 Altersrentner (ca. 10 v.H. aller Altersrentner) am Erwerbsleben; Mitte der 70er Jahre waren es noch über 650.000. Diese Entwicklung ist zum einen auf die zahlenmäßige Verringerung der Bevölkerung im Rentenalter zurückzuführen, zum anderen die Folge zweier Rentenerhöhungen (1976 und 1979); offensichtlich besteht für diesen Personenkreis nicht mehr im gleichen Maße die Notwendigkeit, aus wirtschaftlichen Gründen weiter berufstätig sein zu müssen. An eine merkliche Ausweitung des Einsatzes von Gastarbeitern ist offensichtlich nicht gedacht. Im Jahre 1977 sind rd. 50.000 ausländische A. in der DDR tätig gewesen. Viele von ihnen hielten sich allerdings lediglich zu Ausbildungszwecken in der DDR auf. Neuere Angaben über die Zahl der ausländischen A. insgesamt liegen nicht vor; die damals genannte Größenordnung dürfte sich indes nicht wesentlich geändert haben. Arbeitskräfte, Ausländische; Arbeitslosigkeit. Anhang Fundstelle: DDR Handbuch. 3., überarbeitete und erweiterte Auflage, Köln 1985: S. 61–63 Arbeitsklassifizierung A, B, C, D, E, F, G, H, I, J, K, L, M, N, O, P, Q, R, S, T, U, V, W, Z Arbeitskräfte, Ausländische

Siehe auch: Arbeitskräfte: 1962 1963 1965 1966 1969 1975 1979 Arbeitskräfteproblem: 1959 1960 Kriegsfolgen (Zerstörungen, Demontagen, Zustrom von Vertriebenen aus den Ostgebieten) führten auch in der SBZ zu Arbeitslosigkeit. Mit dem Wiederaufbau der Wirtschaft und den starken Abwanderungen in die Bundesrepublik Deutschland wurden seit Mitte der 50er Jahre jedoch die A. in der DDR knapp. Durch den Bau der Mauer in Berlin gelang es 1961, den Beschäftigtenrückgang zu stoppen und in…

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Gewinn (1985)

Siehe auch die Jahre 1965 1966 1969 1975 1979 Die betriebliche Erfolgsrechnung verwendet seit 1971 für alle Betriebe der Industrie und des Bauwesens das schon seit 1969 in der Metallverarbeitenden Industrie und bei der Chemieerzeugung erprobte einheitliche Betriebsergebnis (GBl. II. 1968, S. 507 ff.), das auch Aufwendungen und Erlöse der Exportbeziehungen in die G.-Ermittlung mit einbezieht (Exportpreis). Bis dahin erhielt der herstellende Betrieb für Exportgüter von den Außenhandelsorganen lediglich die geltenden Inlandspreise, die Effizienz seiner Exporte blieb ihm verborgen. Das „einheitliche Betriebsergebnis“ wird gegenwärtig (1983) folgendermaßen ermittelt: Hierbei werden die Inlandsumsätze (= Preissumme der abgesetzten Erzeugnisse und Leistungen) zu Indu[S. 569]strieabgabepreisen (IAP) bemessen. Die Umrechnung der Exporterlöse in Inlandswährung erfolgt über Richtungskoeffizienten (= Valutaumrechnungskoeffizienten), die — den jeweiligen außenhandelspolitischen Intentionen folgend — regional differenziert und in ihrer Höhe veränderlich sind. Die produktgebundenen Abgaben und Dienstleistungsabgaben werden als Durchlaufposten behandelt. Da in einer Zentralplanwirtschaft Löhne, Steuern, Gebühren, Zinsen, Preise und ebenfalls die Kosten — durch Kostennormative und staatliche Kalkulationsrichtlinien — zentral festgelegt werden, bestimmen diese Daten und das im Gegensatz zur Marktwirtschaft gesetzlich verankerte Verfahren der G.-Verteilung in den VEB und Kombinaten maßgeblich die Höhe des dem Betrieb verbleibenden Netto-G. Die G.-Verteilung wird durch 2 Faktoren bestimmt, einerseits durch die der Preisbildung (Preissystem und Preispolitik) zugrunde liegenden Grundsätze und andererseits durch die über eine Differenzierung der Sätze der Nettogewinnabführung verfolgte staatliche G.-Verteilungspolitik. Der Betrieb kann allerdings im Rahmen der ihm auferlegten Planaufgaben bei den zentral vorgegebenen Preisen durch Steigerung seiner Rentabilität (z.B. Überplanerfüllung, verbesserte Kapitalnutzung — d.h. Einsparung an Produktionsfondsabgabe —, verbesserte Betriebsorganisation, verminderte Ausschußproduktion, sinnvollere Materialnutzung, Entwicklung neuer bzw. verbesserter Erzeugnisse, Exportsteigerungen, Kostensenkungen und im Rahmen der Planvorgaben mögliche Sortimentsverschiebungen) den ihm nach Kürzung der Abzugsposten verbleibenden G. in bestimmten Grenzen erhöhen. Mit der Wirtschaftsreform von 1963 (Wirtschaft) wurde dem G. eine zentrale Stellung im System eingeräumt, denn er wurde zum entscheidenden Maßstab der Leistung des Betriebes und zu einer wichtigen Antriebskraft für die betriebliche Produktion aufgewertet. Zwar war in der wissenschaftlichen Diskussion bereits Ende der 50er Jahre (Behrens-Benary-Affäre) die Forderung nach stärkerer Berücksichtigung kostendeckender Preise sowie der G.-Orientierung als entscheidender ökonomischer Kategorie erhoben worden; jedoch erst, nachdem der sowjetische Wirtschaftswissenschaftler E. Liberman mit seinem Artikel: „Plan, Gewinn, Prämie“ in der „Prawda“ eine grundlegende Reform des betrieblichen Planungssystems der Sowjetunion unter Nutzung des G. als ökonomischen Hebels im September 1962 vorgeschlagen hatte, setzte auch in der DDR eine hieran anknüpfende lebhafte Reformdiskussion ein. Die seit 1963 in der DDR und in der Folgezeit auch in osteuropäischen kommunistischen Ländern durchgeführten Wirtschaftsreformen führten dann schließlich in einem gewissen Grad zur Auswechslung der bis dahin im Mittelpunkt der Planerfüllung stehenden Ziele des Produktionsplanes durch die Richtgröße G. Die Bestimmung des G. zum Hauptkriterium der wirtschaftlichen Leistungen von VEB und VVB bzw. Kombinat verlangte damals in der DDR — genauso wie in anderen RGW-Ländern — die Beseitigung der gröbsten, diesen Leistungsmaßstab verfälschenden wirtschaftlichen Mißstände. Erst die Neubewertung des Brutto-Anlagevermögens (Grundmittelumbewertung), der Abschluß der Industriepreisreform (Preissystem und Preispolitik II.,; III.) Ende 1967 und die Neufestsetzung der Abschreibungssätze (Abschreibungen) und Zinsen schufen bessere Voraussetzungen für eine aussagekräftigere Kostenrechnung und G.-Ermittlung. Entscheidend war, daß dem Betrieb die relativ freie Verfügbarkeit über einen Teil des von ihm erwirtschafteten Netto-G. eingeräumt wurde, denn nur so war es überhaupt möglich, den Betrieb zur eigenen Ausgestaltung des ihm mit den Reformen geschaffenen Aktionsfeldes zu veranlassen. In den Jahren 1969 und 1970 — als die mit dem Neuen Ökonomischen System (NÖS) geschaffenen ökonomischen Hebel weitgehend wirksam waren — konnte der Betrieb dann auch tatsächlich den ihm nach Abzug von Produktionsfondsabgabe und Nettogewinnabführung sowie der damals vorgeschriebenen Fondsbildung (Fonds) verbleibenden Rest-G. als finanzielle Basis seiner eigenverantwortlichen Investitionsentscheidungen nutzen (Investitionen). Dieser Aktionsradius ist ihm jedoch mit der Rezentralisierung wieder genommen worden: 1971 ist der vom Betrieb zu erwirtschaftende Netto-G. zur staatlichen Plankennziffer erhoben worden, und zwar in den Jahren 1971 und 1972 als feste Plankennziffer vorgegeben; seit 1973 war er „Berechnungskennziffer“ der Planung, d.h., er wurde indirekt aus anderen verbindlichen Plankennziffern ermittelt. Des weiteren wurde mit der Rezentralisierung die Nettogewinnabführung von Prozentanteilen in absolute, branchenweise unterschiedliche G.-Abführungsbeträge umgewandelt und die Investitionstätigkeit durch staatliche Planauflagen verbindlich vorgeschrieben. Damit wurde die Rolle des G. durch bewußte Minderung seiner Stimulierungsfunktion wieder erheblich geschwächt: Dem Betrieb wurden vom Soll-G. gerade so viel Finanzierungsmittel belassen, wie er zur Durchführung der geplanten Aufgaben sowie zur Realisierung der geplanten Investitionen bei den von den Banken bewilligten planmäßigen Krediten benötigte. Bei Übererfüllung des geplanten Netto-G. verblieb dem Betrieb die Hälfte des Mehr-G., die Verwendungsmöglichkeiten für diese Mittel wurden begrenzt auf: Verbesserungen der Arbeitsorganisation, Zuführungen zum Prämienfonds, Zuführungen zum Leistungsfonds, Erhöhung der Eigenfinanzierung, vorfristige Kredittilgung, Kauf gebrauchter Anlagegüter, Finanzierung von Neuerervorschlägen bis zu je 10.000 Mark sowie die Herstellung von Rationalisierungsmitteln aus eigenen Reserven. Unzulässige G. (z.B. aus Preismanipulationen, aus Verletzung der festgelegten Sortimente) mußten voll an den Staatshaushalt abgeführt werden (GBl. I, 1975, S. 408 ff.). Angesichts dieses eingeengten Katalogs wurden beim Betrieb kaum nennenswerte Antriebskräfte zur Übererfüllung der realen Planziele und damit auch des durch sie bestimmten Soll-G. ausgelöst. Zwar war mit dem Gegenplan (Sozialistischer Wettbe[S. 570]werb) ein Anreiz zu — bereits im voraus angekündigten — Übererfüllungen geschaffen worden, da im Falle ihrer Realisierung zusätzliche Zuführungen zum Prämienfonds (Lohnformen und Lohnsystem, V.) sowie — bei Übererfüllung der geplanten Arbeitsproduktivität, bei bestimmten Materialeinsparungen und Qualitätsverbesserungen — zum Leistungsfonds erreicht werden konnten. Jedoch blieb dieser Anreiz zugunsten der Belegschaft begrenzt: Einerseits haben leistungsfähige Betriebe — in Übereinstimmung mit den Interessen ihrer Arbeiter und Angestellten — ihre Angebote so abgestimmt, daß sie gerade die Prämienhöchstgrenze erreichten und dennoch Leistungsreserven für den kommenden Gegenplan zurückhalten konnten. Andererseits haben die einseitigen Verwendungsmöglichkeiten der Mittel des Leistungsfonds vorwiegend zugunsten der Gesamtbelegschaft bei den einzelnen Arbeitskollektiven nur ein bedingtes Interesse an zusätzlichen Arbeitsbelastungen induziert. War damit der Anreiz für die Belegschaft schon gering, so war er für die Betriebsleitung noch unerheblicher, weil sie mit den ihrer Disposition unterliegenden zusätzlich erwirtschafteten G.-Teilen nur in beschränktem Umfang eigene Ziele verfolgen konnte. Bei einer Untererfüllung des Soll-G. — Folge von Kostenüberschreitungen oder Mindererfüllungen materieller Planaufgaben — sah sich der Betrieb erheblichen Finanzierungsschwierigkeiten gegenüber: Er konnte die Fondsbildung nicht im geplanten Umfang realisieren. Insbesondere wurden dabei die vorgesehenen Investitionen betroffen, von denen wiederum der G. künftiger Jahre abhing. Auf Kredite konnte der Betrieb nur in dem durch die Kennziffer „Veränderung des Kreditvolumens für Grundmittelkredite“ abgesteckten, recht beschränkten Rahmen ausweichen. Angesichts dieser Schwierigkeiten mußten in den 70er Jahren Erleichterungen bei der Nettogewinnabführung gewährt werden: Während diese bei Nichterreichen des Plan-G. 1971 noch voll zu zahlen war, durften 1972 30 v.H. und seit 1973 50 v.H. der Unterschreitung des geplanten G. gekürzt werden. Blieb der Ist-G. noch unter diesem geminderten Soll, so mußte er voll abgeführt werden; die Differenz war als Finanzschuld mit 5 v.H. zu verzinsen und im nächsten Jahr aus überplanmäßigen G.-Teilen zu tilgen. 1976 wurde in diesem Zusammenhang eine neue Vorschrift erlassen: durch Preissteigerungen für Energie und Rohstoffe bewirkte Kostenerhöhungen durften — solange die Abgabepreise der betroffenen Erzeugnisse noch nicht angepaßt waren — z. T. durch eine Minderung der Nettogewinnabführung aufgefangen werden. Interessant ist, daß im Zeitraum von 1979 bis 1983 drei neue, den G. und die G.-Verwendung regelnde Finanzierungsrichtlinien erlassen worden sind. Zweck der ersten (GBl. I, 1979, S. 253 ff.) war es, der Ablösung der bisherigen VVB durch Kombinate Rechnung zu tragen. Nunmehr erfolgte in bestimmtem Maße eine Zentralisierung von Netto-G. auf dem Abrechnungskonto „Zentralisierter Netto-G.“ des Kombinates sowie — neben der Bildung des Reservefonds, des Verfügungsfonds des Generaldirektors und des Werbefonds — eine gewisse Zentralisierung von Fondsmitteln überhaupt (z.B. Investitionsfonds, Fonds Wissenschaft und Technik). Aus dem genannten Abrechnungskonto wurden sowohl die Nettogewinnabführungen des Kombinates als auch eine Reihe von Umverteilungen zu bestimmten betrieblichen Fonds (z.B. Prämien- und Investitionsfonds) gespeist. Hinsichtlich der Verwendung der Mittel des Investitionsfonds schuf man strenge Vorschriften, um zu gewährleisten, daß die Mittel nur geplanten Investitionen zugute kamen. Bezüglich der Verwendung der Mittel aus den zentralisierten Fonds im Kombinat oder bei den Betrieben entschieden die Generaldirektoren in Übereinstimmung mit den geplanten Aufgaben. Bei der Abführungspflicht für unzulässige — nicht auf eigenen ökonomischen Leistungen beruhenden — G. an den Staatshaushalt kamen G. aus Überschreitungen des Arbeitskräfteplanes (bis zur Höhe von 5.000 Mark je Arbeitskraft) hinzu. Schließlich wurde den Generaldirektoren und den Direktoren auferlegt, sich verstärkt um eine Unterbietung der geplanten Kosten zu bemühen, und damit den G. zu erhöhen. Die zweite, straffer gegliederte VO (GBl. I, 1982, S. 113 ff.) bezieht die den Kombinaten angeschlossenen Außenhandelsbetriebe (AHB) mit ein, während alle anderen Außenhandelsbetriebe von ihr unberührt bleiben. Im Verhältnis zwischen Kombinatsspitze und den Betrieben wurde bestimmt, daß ein Teil des Exportergebnisses sowie Teile der Exportstimulierungsmittel bei der Spitze zentralisiert werden können. Dahinter steht die Absicht, der Kombinatszentrale stärkere Einflußnahme auf Exporterhöhungen zu ermöglichen. Des weiteren wurde der Nettogewinnabführungspflicht deutlicher Vorrang gegeben und festgelegt, daß die geplante G.-Abführung auch dann einzuhalten ist, wenn der realisierte G. unter dem Planansatz bleibt. Reichen zur Zahlung die gegebenen Mittel nicht aus, so sind Fonds anzugreifen und Kredite aufzunehmen. Vermehrten Intensivierungsanstrengungen dient z.B. einerseits, daß bei Auftreten von Qualitätsmängeln als Sanktionen G.-Abschläge in Kraft treten; andererseits wird die Sortimentsausweitung hinsichtlich modischer Produkte sowie generell die Steigerung der Qualität gefördert. Über den G. wird bei gegebenen Preisen aber auch die Materialeinsparung stimuliert; das gilt sowohl für materialsparende Konstruktionen und die Materialsubstitution als auch für die Senkung des spezifischen Energieverbrauchs. Hierbei ergaben sich bereits Erfolge, was an dem dramatischen Anstieg der G. im Jahre 1982 widergespiegelt wird (Staatshaushalt). Mit der dritten VO (GBl. I, 1983, S. 110 ff.). die ab 1. 1. 1984 gilt, wird der leichten Aufwertung der Rolle des G. — nunmehr eine der Hauptkennziffern der Leistungsbewertung, Neuregelungen zur Wirtschaftlichen Rechnungsführung — sowie den verstärkten Kontrollmechanismen durch präzisere Bestimmungen Rechnung getragen. Neu ist im Verhältnis zwischen Betrieben und Kombinatsspitze, daß die Betriebe bei Übererfüllung des G. daraus in höherem Maße Fondszuführungen betreiben dürfen als die Kombinatszentrale. Hierfür [S. 571]gelten bestimmte verbindliche Anteilsnormen. Als Nettogewinnabführung ist deshalb nicht mehr generell eine Höhe von mindestens 50 v.H. des überbotenen G. vorgesehen, vielmehr scheint es vorbestimmte Differenzierungen zu geben. Interessant ist eine Neuerung zur Exportstimulierung: Bei Verbesserung der Exportsituation dürfen über den festgelegten Anteil hinaus G.-Teile für zusätzliche Fondszuführungen verwendet werden, und zwar entsprechend vorgegebener normativer Anteile am überplanmäßig erwirtschafteten Exportergebnis. Ansonsten ist der verbleibende überplanmäßig erwirtschaftete G. der Betriebe und des Kombinates den Stimulierungsfonds und bestimmten Fonds des Generaldirektors zuzuführen. Zur Hebung der Zahlungsmoral bei der Nettogewinnabführung wurde verfügt, daß bei nicht termingerechter und nicht vollständiger Zahlung die zuständige Bank selbsttätig und zwangsweise die dem Staat vorenthaltenen Mittel den Konten des Kombinates und der Betriebe abzubuchen hat. Generell gilt nunmehr eine verschärfte Trennung zweckgebundener finanzieller Mittel, die zeitlich straffere Einzahlung auf Sonderbankkonten zu präzisen Terminen sowie eine noch durchgreifendere Effizienzkontrolle bei für Investitionen verwendeten Mitteln. An diesen Maßnahmen wird deutlich, daß der G. in den 70er Jahren von einer vorher betriebliche Initiativen stimulierenden Antriebskraft zum Sicherungsmittel staatlichen und betrieblichen Finanzierungsbedarfs abgewertet worden war. Mit seiner Planung sowie mit anderen ökonomischen Hebeln wurde auch von seiten der Finanzplanung Druck auf die Betriebe zur plangerechten Aufgabendurchführung sowie zur Leistungsverbesserung ausgeübt. Diesem Druck konnte der Betrieb grundsätzlich nur mit Kostensenkungen entgegenwirken. Deshalb wurden von ihm seit 1974 auch neben einer detaillierten Planung der Kosten planmäßige Selbstkostensenkungen verlangt. Hierzu ist vom Betrieb bei exakter Einhaltung der Normen für den Einsatz von Materialien und Vorleistungen, der geplanten Lohnkosten sowie der geltenden Gemeinkostennormative eine genaue Vorausplanung der Kosten nach Kostenarten, -stellen und -trägern durchzuführen. Dabei sind auch die infolge vorgesehener Rationalisierungsprojekte zu erwartenden Kosteneinsparungen — untergliedert nach Kostenarten und Rationalisierungsmaßnahmen — auszuweisen. Nicht planbar sind solche Kosten, die aus vom Betrieb nicht verschuldeten Unregelmäßigkeiten resultieren. Mit dieser detaillierten Kostenplanung soll nicht nur über einen Vergleich von Betrieben einer Branche eine Aufdeckung betrieblicher Reserven erreicht, sondern den wirtschaftsleitenden Organen bereits zu einem Zeitpunkt Auskunft über von den Betrieben beabsichtigte oder mögliche — von zentralen Zielen abweichende — Eigenaktionen vermittelt werden, bevor diese überhaupt begonnen werden. In den 80er Jahren mußte der G. vermehrt auf die Stimulierung von Intensivierungsaufgaben ausgerichtet werden, ohne allerdings seine Funktion der Sicherung des planmäßigen Finanzbedarfs aufzugeben. Die 1983 erfolgte weitere, vorsichtige Aufwertung des G. bezweckt keinesfalls, ihn zum betrieblichen Hauptziel werden zu lassen. Vielmehr wird versucht, den G. verstärkt dem Ziel bedarfsgerechter und exportträchtiger Produktionsausweitungen unterzuordnen. Er soll Ausdruck hoher Produktionsergebnisse bei gleichzeitig rationeller Nutzung der materiellen und finanziellen Ressourcen sein. Die verstärkte Ausrichtung der gegenwärtigen monetären Steuerung auf Kosteneinsparungen ist als Versuch zu deuten, die betriebliche Effizienz mehr am Umfang der Selbstkostensenkung zu bemessen. Haupteinwand gegen die Aussagekraft des G. als Maßstab der betrieblichen Leistungsfähigkeit bleiben nach wie vor aber die erheblichen Preisverzerrungen im gegebenen Preissystem. Dieser Mangel wird durch die zusätzliche Verwendung sich ergänzender „Effizienzkennziffern“ nur unzureichend behoben. Als Beispiele für derartige Kennziffern seien genannt: Arbeitsproduktivität (auf Basis Eigenleistung), Freisetzung von Arbeitskräften, Materialkostenintensität, Kapitalproduktivität, Kapitalrentabilität, Qualitätsstandard. — Die Leistungsmessung erfolgt gegenwärtig hauptsächlich gemeinsam über die den Leistungsbeitrag der Betriebe gut widerspiegelnde Kennziffer „Nettoproduktion“ sowie den Kosteneinsparungen signalisierenden G. Soweit er bei gegebenen verzerrten Preis- und Kostenstrukturen aber nicht Ausdruck erreichter Effizienz sein kann, vermag der erzielte fiktive und eben nicht leistungsgerechte G. auch keine ökonomisch sinnvolle Stimulierung zu bewirken. Fundstelle: DDR Handbuch. 3., überarbeitete und erweiterte Auflage, Köln 1985: S. 568–571 Gesundheitswesen A, B, C, D, E, F, G, H, I, J, K, L, M, N, O, P, Q, R, S, T, U, V, W, Z Glas- und Keramikindustrie

Siehe auch die Jahre 1965 1966 1969 1975 1979 Die betriebliche Erfolgsrechnung verwendet seit 1971 für alle Betriebe der Industrie und des Bauwesens das schon seit 1969 in der Metallverarbeitenden Industrie und bei der Chemieerzeugung erprobte einheitliche Betriebsergebnis (GBl. II. 1968, S. 507 ff.), das auch Aufwendungen und Erlöse der Exportbeziehungen in die G.-Ermittlung mit einbezieht (Exportpreis). Bis dahin erhielt der herstellende Betrieb für Exportgüter von den…

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Verträge, zivilrechtliche (1985)

Siehe auch das Jahr 1979 Die Rechtsfigur des Vertrages spielt im Zivilrecht der DDR als rechtliches Instrument zur Befriedigung der materiellen und kulturellen Bedürfnisse der Bürger eine herausgehobene Rolle. ZV. werden zwischen Bürgern und Betrieben sowie zwischen Bürgern untereinander geschlossen. Das Zivilgesetzbuch (ZGB) vom 19. 6. 1975 (GBl. I, S. 465) räumt eine gewisse Typenfreiheit ein, indem es den Bürgern erlaubt, Verträge aller Art im Rahmen des Gesetzes zu schließen (§ 8 II ZGB). Das Vertragsrecht des ZGB ist als dessen Dritter Teil unter der Überschrift „Verträge zur Gestaltung des materiellen und kulturellen Lebens“ geregelt. In herkömmlicher Weise werden hier allgemeine Bestimmungen über Verträge den vom Gesetz angebotenen besonderen Vertragstypen vorangestellt. Der Typenkatalog des ZGB weicht von demjenigen des BGB nicht unerheblich ab. Im einzelnen unterscheidet das ZGB: die Wohnungsmiete (Mietrecht), den Kauf und Tausch, Dienstleistungsverträge, zu denen Verträge über hauswirtschaftliche Dienstleistungen und Reparaturen, über Bauleistungen, persönliche Dienstleistungen, über Reise und Erholung, entgeltliche Gebrauchsüberlassungen („Ausleihdienst“), Aufbewahrung von Sachen sowie über Verkehrs- und Nachrichtenleistungen gezählt werden. Unter der Bezeichnung Konto-, Sparkonto-, Kredit- und Darlehensverträge werden sodann die verschiedenartigen Geldgeschäfte zwischen Bürgern einerseits und Geldinstituten, gesellschaftlichen Organisationen und Bürgern andererseits aufgegliedert. Es folgen die Verträge über die freiwillige Versicherung, über die Bildung einer bürgerlichen Gemeinschaft, die gegenseitige Hilfe, die Leihe, das Sachdarlehen und schließlich die Schenkung. ZV. sind aber nicht lediglich auf dieses eigentliche Vertragsrecht beschränkt, vielmehr werden auch in den anderen Teilen des ZGB zahlreiche Rechtsbeziehungen vertraglich begründet, so etwa einige Nutzungsrechte an Grundstücken, die Begründung der Sicherung von Forderungen, aber auch Abwicklungen von Erbschaftsangelegenheiten. Im weiteren Sinne kommt der ZV. auch in außerhalb des ZGB geregelten Materien vor, so in Verhältnissen, die zwar vom Zivilrecht, aber nicht durch das ZGB erfaßt werden (wie etwa der Arzt-Patienten-Vertrag oder der Vertrag über die Lieferung elektrischer Energie), darüber hinaus auch in Regelungsbereichen, die systematisch nicht dem Zivilrecht zugeordnet werden, in denen aber zumindest auf einer Seite Bürger beteiligt sind und auf diese Weise ihre persönlichen Verhältnisse gestalten. Dies gilt z.B. für das Familienrecht, das Arbeitsrecht, das LPG-Recht und auch für die Rechtsgebiete, die es mit dem Schutz geistiger Leistungen zu tun haben (Patentwesen; Urheberrecht). Fundstelle: DDR Handbuch. 3., überarbeitete und erweiterte Auflage, Köln 1985: S. 1434 Verteidigungshaushalt A, B, C, D, E, F, G, H, I, J, K, L, M, N, O, P, Q, R, S, T, U, V, W, Z Verwaltungsbeschwerde

Siehe auch das Jahr 1979 Die Rechtsfigur des Vertrages spielt im Zivilrecht der DDR als rechtliches Instrument zur Befriedigung der materiellen und kulturellen Bedürfnisse der Bürger eine herausgehobene Rolle. ZV. werden zwischen Bürgern und Betrieben sowie zwischen Bürgern untereinander geschlossen. Das Zivilgesetzbuch (ZGB) vom 19. 6. 1975 (GBl. I, S. 465) räumt eine gewisse Typenfreiheit ein, indem es den Bürgern erlaubt, Verträge aller Art im Rahmen des Gesetzes zu schließen (§ 8 II…

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Handwerkssteuer (1985)

Siehe auch: Handwerkssteuer: 1953 1954 1975 1979 Handwerksteuer: 1956 1958 1959 1960 1962 1963 1965 1966 1969 Spezielle Steuerform zur Besteuerung des privaten Handwerks. Die H. begünstigte seit ihrer Einführung 1950 das private Handwerk gegenüber den privaten Industriebetrieben. Ab 1958 wurde sie als Instrument zur beschleunigten Bildung von PGH eingesetzt. Seit 1966 und verstärkt seit 1970 dient die H. der „Rückführung des privaten Handwerks“ auf Reparatur- und Dienstleistung. Im September 1950 wurden durch das Gesetz über die Steuer des Handwerks (GBl., Nr. 104) die für die Privatwirtschaft üblichen Umsatz-, Einkommen-, Gewerbe- und Betriebsvermögenssteuern für das private [S. 595]Handwerk abgeschafft und durch eine Normativsteuer ersetzt, die eine durchschnittliche Leistungsnorm zur Besteuerungsgrundlage machte. Da der normative Charakter der H. die kleineren Betriebe gegenüber den größeren benachteiligte, wurde 1958 die H. geteilt (GBl. I, Nr. 20). Die alte Normativsteuer, H. A genannt, entrichteten nur noch Betriebe mit 1–3 Beschäftigten, für Betriebe mit 4–10 Beschäftigten galt die H. B, die neben einer Umsatzsteuer von 3 v.H. eine progressive Gewinnsteuer vorsah. Die ungünstige H. B sollte die Bildung von PGH fördern, die einschließlich ihrer Mitglieder bis 1963 fast steuerfrei waren. 1966 wurde die H. A abgeschafft (GBl. II, Nr. 8). Alle Handwerksbetriebe zahlten seitdem Umsatzsteuer und die progressiv gestaffelten Tarife der Gewinn- und Lohnsummensteuer. Als Folge davon verringerte sich 1966 die Anzahl der privaten Handwerksbetriebe überdurchschnittlich um ca. 7.700. Für besonders wichtige Versorgungsleistungen konnten seitens der Räte der Kreise steuerliche Vergünstigungen gewährt werden. Aufgrund zu günstiger Einkommensentwicklung in privaten Handwerksbetrieben, die sogar Abwerbungen von Beschäftigten aus der volkseigenen Wirtschaft ermöglichten, wurde 1970 (GBl. II, S. 680) eine Gewinnzuschlagsteuer bei einem steuerpflichtigen Jahresgewinn von über 20.000 Mark als neuer Bestandteil der H. eingeführt. Außerdem wurde analog zur Produktionsfondsabgabe der VEB eine Produktionsfondssteuer für industriell produzierende Handwerksbetriebe eingeführt. Reine Reparatur- und Dienstleistungsbetriebe sowie die Reparatur- und Dienstleistungsanteile produzierender Betriebe sind von dieser neuen Steuer befreit. Im Zuge der Förderungsmaßnahmen gegenüber dem privaten Handwerk und Gewerbe seit 1976 (GBl. I, S. 193) kann für private Handwerker mit einem Beschäftigten die H. pauschaliert werden. Voraussetzung ist, daß 70 v.H. des Umsatzes Dienst-, Reparatur- und individuelle Versorgungsleistungen sind. Fundstelle: DDR Handbuch. 3., überarbeitete und erweiterte Auflage, Köln 1985: S. 594–595 Handwerkskammern der Bezirke A, B, C, D, E, F, G, H, I, J, K, L, M, N, O, P, Q, R, S, T, U, V, W, Z Hauptauftragnehmer (HAN)

Siehe auch: Handwerkssteuer: 1953 1954 1975 1979 Handwerksteuer: 1956 1958 1959 1960 1962 1963 1965 1966 1969 Spezielle Steuerform zur Besteuerung des privaten Handwerks. Die H. begünstigte seit ihrer Einführung 1950 das private Handwerk gegenüber den privaten Industriebetrieben. Ab 1958 wurde sie als Instrument zur beschleunigten Bildung von PGH eingesetzt. Seit 1966 und verstärkt seit 1970 dient die H. der „Rückführung des privaten Handwerks“ auf Reparatur- und Dienstleistung. …

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Massenorganisationen (1985)

Siehe auch die Jahre 1953 1954 1956 1958 1959 1960 1962 1963 1965 1966 1969 1975 1979 [S. 876]M. sind Verbände, mit deren Hilfe die Sozialistische Einheitspartei Deutschlands (SED) versucht, alle sozialen Gruppen und Schichten der Gesellschaft, anknüpfend an deren spezifische soziale Situationen, Interessen und Aktivitäten, zu organisieren. Die M. sollen ihre Mitglieder sowohl für das Erreichen der von der Partei in deren Beschlüssen und in den Volkswirtschaftsplänen gesetzten Ziele mobilisieren, als auch diesen die Möglichkeit bieten, ihre spezifischen Interessen organisiert und kontrolliert vertreten zu können. Kommunistische Parteien beanspruchen in ihrem Herrschaftsbereich grundsätzlich ein Organisationsmonopol, d.h. sie lassen nur die Bildung solcher Verbände zu, deren Gründung ihnen erwünscht, deren Programmatiken und Satzungen den Führungsanspruch der Partei ausdrücklich anerkennen und in denen die entscheidenden Führungspositionen von Parteimitgliedern besetzt sind. Die M. sind sowohl als Interessenorganisationen der Mitglieder als auch als Herrschaftsinstrumente der Partei konzipiert. Dieser Widerspruch wird aufgrund des Machtübergewichts der Partei vielfach zuungunsten der Interessenvertretung gelöst, ohne daß dieser Aspekt der M. völlig vernachlässigt werden kann. Neben dem Begriff „M.“, der den Großorganisationen vorbehalten ist, wird auch die Bezeichnung gesellschaftliche Organisationen verwendet. Mit Hilfe der M. versucht die SED 1. ihre jeweiligen Aktionsziele zu propagieren und die in den M. organisierten Mitglieder zu deren Erreichung zu mobilisieren (M. als „Transmissionsriemen“), 2. einen von ihr organisierten und kontrollierten Raum bereitzustellen, in dem die Interessen (Interesse/Interessenübereinstimmung) der verschiedenen gesellschaftlichen Gruppen vertreten, soziale Bedürfnisse und Aktivitäten (z.B. kulturelle und sportliche) erfüllt und soziale Konflikte ausgetragen und gelöst werden können, ohne die Herrschaftsposition der Partei in Frage zu stellen (M. als Interessenvertretung), 3. die Einstellungen und Verhaltensweisen der Mitglieder der M. durch die Tätigkeit in den Organisationen und durch Teilnahme an Schulungen im Sinne der Parteidoktrin zu verändern (M. als „Schulen des Sozialismus“; Identifikationsfunktion), 4. Nachwuchs für leitende Positionen in Partei, Staat und Wirtschaft heranzubilden und zu erproben (kaderbildende Funktion der M.; Kaderpolitik), 5. die Organisationsmitglieder zum Erwerb zusätzlicher fachlicher Qualifikation und/oder zur Verbesserung ihrer Allgemeinbildung zu bewegen (Aus- und Weiterbildungsfunktion der M.; Einheitliches sozialistisches Bildungssystem, XII.), 6. die verschiedenen Gruppen und Schichten in der Gesellschaft in ihren Aktivitäten zu kontrollieren (M. als Mittel zur Kontrolle der Gesellschaft), 7. bürokratische Strukturen in Staat und Gesellschaft zu kontrollieren, um Machtmißbrauch, Verselbständigungstendenzen, Unterschleife und Nichteinhaltung gesetzlicher Normen zu verhindern (M. als Mittel „gesellschaftlicher Kontrolle“; Bürokratismus), 8. sich zusätzliche Informationen über Einstellungen, Wünsche und Unzufriedenheiten in der Gesellschaft zu verschaffen, um möglicherweise die eigene Politik zu korrigieren oder Agitation und Propaganda gezielter einsetzen zu können (M. als Informationsquellen mit korrigierender Funktion), 9. sich auf Spezialgebieten des Sachverstandes bestimmter Gruppen zu bedienen, um sachgerechtere Entscheidungen zu ermöglichen (konsultative oder beratende Funktion der M.), 10. Medien für eine kontrollierte und auf Einzelfragen bezogene Kritik zu schaffen (M. als Foren für Kritik und Selbstkritik). </OL> Ihren Führungsanspruch verwirklicht die SED durch ihre Mitglieder, die laut Statut der Partei gehalten sind, sich in den M. zu organisieren und dort die Parteibeschlüsse durchzuführen. Die ausschlaggebende Repräsentanz der SED im Funktionärskörper der M. wird durch eine systematische Kaderpolitik von den jeweils zuständigen Abteilungen des SED-Apparats gesichert. Die Vorsitzenden bzw. Sekretäre der wichtigsten M. auf den verschiedenen Organisationsebenen sind zugleich Mitglieder der entsprechenden gewählten SED-Leitung; die Vorsitzenden bzw. Sekretäre des Freien Deutschen Gewerkschaftsbundes (FDGB) und der Freien Deutschen Jugend (FDJ) sind in der Regel Mitglieder der engeren, hauptamtlichen Parteileitungen, der Sekretariate bzw. auf zentraler Ebene des Politbüros des ZK der SED. Alle M. erkennen in ihren Satzungen und programmatischen Erklärungen die Führungsrolle der Partei ausdrücklich an; ihr Organisationsprinzip ist der Demokratische Zentralismus. Sie verfügen über eigene Schulungseinrichtungen zur Heranbildung des Funktionärsnachwuchses und eine eigene Verbandspresse. Die Mitgliedschaft in den M. ist grundsätzlich freiwillig, sie ist jedoch eine Voraussetzung für sozialen und beruflichen Aufstieg. Zusätzlicher Anreiz zum Eintritt in die M. sind Vergünstigungen, wie z.B. Ferienreisen. Auch gibt es vielfach keine andere Möglichkeit, bestimmten sozialen Interessen (Sport, Briefmarkensammeln, Heimatforschung, Laienspiel usw.) nachzugehen, als sich der zu diesem Zweck in den M. organisatorisch vorgegebenen Formen zu bedienen. Die 1945 erfolgte Auflösung der nationalsozialistischen Verbände ermöglichte es der KPD/SED, mit Unterstützung der Besatzungsmacht unter der Losung der „antifaschistischen Einheit“ nur die Gründung solcher Organisationen zuzulassen, an deren Führung sie von Anbeginn maßgeblich beteiligt war. In den anfänglich überparteilichen M., wie z.B. FDGB, KB, DFD, FDJ, gelang es der SED, durch eine geschickte Kaderpolitik, die Ausnutzung von Satzungsbestimmungen und das geschlossene fraktionsmäßige Auftreten ihrer Mitglieder sowie durch den Einsatz von Zwangsmitteln die alleinige Führung an sich zu ziehen. Die Gründungstechniken variierten je nach historischer Situation und der Art des Verbandes: FDGB und Kulturbund (KB) wurden als zentrale Organisationen gegründet; FDJ, Demokratischer Frauenbund Deutschlands (DFD) [S. 877]und Vereinigung der gegenseitigen Bauernhilfe (VdgB) entstanden aus kommunalen Ausschüssen; andere Verbände wurden aus bestehenden M. ausgegliedert, wie z.B. der Verband der Journalisten (VDJ) aus dem FDGB (Journalismus), der Deutsche Turn- und Sportbund (DTSB) der DDR über kommunale Sportausschüsse aus der FDJ und dem FDGB, Schriftstellerverband der DDR und Gesellschaft für Deutsch-Sowjetische Freundschaft (DSF) aus dem KB. Neben den jeweils aktuellen politischen Überlegungen spielte die begrenzte Zahl verfügbarer fähiger und zuverlässiger Parteimitglieder für bestimmte Führungsaufgaben in den M. eine Rolle bei der Entscheidung, wann und in welcher Form Organisationen ins Leben gerufen wurden. Das System der M. hat in seinen Grundstrukturen seit der Bildung des DTSB 1957 keine Veränderungen erfahren. Lediglich im Bereich der Fachverbände der Intelligenz hat sich der Differenzierungsprozeß fortgesetzt. So wurden 1966 der Verband der Theaterschaffenden, 1967 der Verband der Film- und Fernsehschaffenden gegründet. Das entfaltete und aufeinander bezogene Organisationensystem der M. wird mit den Blockparteien in der von der SED geleiteten Nationalen Front zusammengefaßt. In der Nationalen Front der DDR (NF) stellt sich die Gesellschaft der DDR gleichsam in organisierter Form dar. Außer der SED selbst, den Blockparteien (die in vieler Hinsicht als spezielle M. für die bürgerlichen Restschichten begriffen werden können; Parteien) entsenden der FDGB, die FDJ, der DFD, der KB und in den Kreisen und Gemeinden auch die Vereinigung der gegenseitigen Bauernhilfe (VdgB) und die Konsumgenossenschaften Abgeordnete in die Volksvertretungen. Die in der Volkskammer repräsentierten Organisationen sind als Kern der NF im Demokratischen Block der Parteien und M. zusammengeschlossen. Die Notwendigkeit, in wachsendem Maß vor allem im ökonomischen, technischen und wissenschaftspolitischen Bereich Sachverstand und Fachwissen zur Optimierung der anstehenden Entscheidungen heranzuziehen, hat die Beratungs-, Kritik- und Informationsfunktion der M. gestärkt. Veränderungen in der gesellschaftspolitischen Zielsetzung als Folge des VIII. Parteitages der SED (1971) haben die Verantwortung des FDGB für die Sozialpolitik, der FDJ in der Jugendpolitik (Jugend) deutlicher hervortreten lassen. Ausdehnung der Freizeit, Verbesserung der materiellen Lage, Hebung des Bildungsniveaus verlangen nach einer Verbesserung der Arbeit der M., wenn sich nicht ein größer werdender Teil der sozialen und kulturellen Aktivitäten der Gesellschaftsmitglieder neben den M. entfalten soll. In der ideologischen und staatsrechtlichen Diskussion gab es in den 60er Jahren die Tendenz, in der Übernahme staatlicher Funktionen durch die M. (z.B. der Sozialversicherung durch den FDGB) einen notwendigen Prozeß in der weiteren Entwicklung der sozialistischen Gesellschaftsordnung zu sehen. Derartige Thesen werden jetzt ausdrücklich abgelehnt; vielmehr wird im Gegenteil davon ausgegangen, daß der Staatsapparat an Bedeutung und Aufgaben weiter zunehmen wird (Staatslehre). Allerdings wird zugleich gefordert, die Mitbestimmungs-, Mitgestaltungs- und Mitwirkungsrechte, die Formen der Sozialistischen ➝Demokratie weiterzuentwickeln und auszuüben. Da neben der SED und den Blockparteien vor allem die gesellschaftlichen Organisationen Träger der Mitwirkungsrechte sind, haben sie allgemein einen Funktionszuwachs erfahren. Fundstelle: DDR Handbuch. 3., überarbeitete und erweiterte Auflage, Köln 1985: S. 876–877 Maschinenbau A, B, C, D, E, F, G, H, I, J, K, L, M, N, O, P, Q, R, S, T, U, V, W, Z Materialwirtschaft

Siehe auch die Jahre 1953 1954 1956 1958 1959 1960 1962 1963 1965 1966 1969 1975 1979 [S. 876]M. sind Verbände, mit deren Hilfe die Sozialistische Einheitspartei Deutschlands (SED) versucht, alle sozialen Gruppen und Schichten der Gesellschaft, anknüpfend an deren spezifische soziale Situationen, Interessen und Aktivitäten, zu organisieren. Die M. sollen ihre Mitglieder sowohl für das Erreichen der von der Partei in deren Beschlüssen und in den Volkswirtschaftsplänen gesetzten Ziele…

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Institut für Marxismus-Leninismus beim ZK der SED (IML) (1985)

Siehe auch: Institut für Marxismus-Leninismus beim ZK der SED: 1956 1958 1959 1960 1962 1963 1965 1966 1969 Institut für Marxismus-Leninismus beim ZK der SED (IML): 1975 1979 Marx-Engels-Lenin-Stalin-Institut: 1956 1958 1959 1960 1962 Marx-Engels-Lenin-Stalin-Institut beim ZK der SED (MELST-Institut): 1954 MELS-Institut: 1958 1959 1960 1962 MELSTI: 1954 1956 Gegr. 1947 (Arbeitsaufnahme: 1949). Sitz: Berlin (Ost). Direktor (seit 1969) Prof. Dr. Günter Heyden (Mitgl. der Zentralen Revisionskommission der SED); seine Stellv. sind Ernst Diehl (Mitgl. des ZK der SED; Vors. des Wissenschaftlichen Rates für Geschichtswissenschaft) und Heinrich Gemkow. Von besonderer Bedeutung für die Entwicklung des IML war der Beschluß des Zentralkomitees (ZK) der SED vom 20. 10. 1951 über „die wichtigsten ideologischen Aufgaben der Partei“, durch den die Aufgabenstellung des Instituts erheblich erweitert wurde, so daß es entscheidend dazu beitragen konnte, den Marxismus-Leninismus Schritt für Schritt als herrschende Ideologie in der DDR durchzusetzen. Bis 1953 hieß das IML Marx-Engels-Lenin-Institut (MEL); zu Ehren Stalins wurde es dann im April 1953 in Marx-Engels-Lenin-Stalin-Institut (MELS) umbenannt. Seit dem XX. Parteitag der Kommunistischen Partei der Sowjetunion (KPdSU) (1956) trägt es seine heutige Bezeichnung. Arbeiteten in den Jahren von 1949 bis 1958 in dem Institut vor allem „erfahrene, im Klassenkampf erprobte, marxistisch-leninistisch geschulte Kader“, sind in ihm gegenwärtig Hunderte gut ausgebildete wissenschaftliche Mitarbeiter tätig. Als wissenschaftliche Einrichtung der Sozialistischen Einheitspartei Deutschlands (SED) ist das IML hauptverantwortlich für die Marx-Engels-Forschung, die Edition der Klassiker des Marxismus-Leninismus, die Verwaltung der Nachlässe führender KPD- und SED-Funktionäre, die Herausgabe von Biographien und Memoiren von Funktionären der Arbeiterbewegung, die Erforschung und Darstellung der Geschichte der deutschen und internationalen Arbeiterbewegung einschl. der Geschichte der örtlichen Arbeiterbewegung (Arbeiterbewegung, Geschichte der deutschen; Betriebsgeschichte; Heimatgeschichte). 1. Aufgaben. a) Anleitung und Koordination der Marx-Engels-Forschung entsprechend den Festlegungen im Zentralen Plan für die gesellschaftswissenschaftliche Forschung. Beim IML besteht der Wissenschaftliche Rat für Marx-Engels-Forschung. b) Die Werke der Klassiker des Marxismus-Leninismus werden vom IML herausgegeben. Die 1953 begonnene, auf 40 Bände angelegte Marx-Engels-Werkausgabe (MEA) wurde 1968 abgeschlossen. Die Werke Lenins (aufgrund der 4. russischen Ausgabe) liegen in 40 Bänden vor; sie werden durch die Reihe „W. I. Lenin, Briefe“ nach der 5. russischen Ausgabe ergänzt (10 Bände; 1969–1976). Die Edition der Werke J. W. Stalins wurde 1956 mit dem 13. Band der auf 16 Bände angelegten Gesamtausgabe abgebrochen. Aufgrund eines gemeinsamen Beschlusses des ZK der SED und des ZK der KPdSU begann das IML Anfang der 70er Jahre gemeinsam mit dem IML beim ZK der KPdSU mit der Arbeit an einer kritisch-historischen Marx-Engels-Gesamtausgabe (MEGA). Der Umfang dieser MEGA wird mit 100 Bänden angenommen: die Herausgabe soll in der 2. Hälfte der 90er Jahre abgeschlossen sein. Bis Anfang 1984 lagen 23 Bände vor. Die MEGA soll alle Manuskripte, Entwürfe, Varianten, Konzepte, Exzerpte, Randbemerkungen, Briefe von und an Marx und Engels usw. in der Originalsprache und vollständig enthalten. Die MEGA wird durch ein ebenfalls vom IML herausgegebenes Marx-Engels-Jahrbuch begleitet, Umfang und Bedeutung dieses Editionsvorhabens haben zu einer personellen Erweiterung des IML geführt. c) Erforschung der Geschichte der deutschen und der internationalen Arbeiterbewegung aus der Sicht des Marxismus-Leninismus. U.a. erschienen über 20 vom IML herausgegebene Dokumentationsbände, darunter 8 Bände „Dokumente und Materialien zur Geschichte der deutschen Arbeiterbewegung“ sowie die dreibändige Chronik zur Geschichte der deutschen Arbeiterbewegung (1965/67). In den gleichen Zusammenhang gehört die achtbändige „Geschichte der deutschen Arbeiterbewegung“, deren Herausgabe 1962 beschlossen wurde und die 1966 vorlag. Sie wurde teilweise revidiert bzw. ergänzt durch die einbändige „Geschichte der Sozialistischen Einheitspartei Deutschlands. Abriß“, die 1978 erschien. [S. 656]Bei der Erforschung der Geschichte der internationalen Arbeiterbewegung gibt es in jüngerer Zeit verstärkte Bemühungen um die Aufarbeitung der Geschichte der Kommunistischen Internationale (Komintern). Für die Koordinierung dieses Forschungsgebietes besteht bei der Akademie für Gesellschaftswissenschaften beim ZK der SED (AfG) der WR für Internationale Arbeiterbewegung, in dem das IML maßgeblich mitwirkt. Da der Geschichte der Arbeiterbewegung in der Geschichtsschreibung in der DDR ein besonderes Gewicht zukommt, beeinflußt das IML wesentlich die Entwicklung und die Inhalte der Geschichtswissenschaft. Nicht zufällig ist der stellv. Direktor des IML zugleich Vors. des WR für Geschichtswissenschaft. d) Die Arbeiten über die Geschichte der örtlichen Arbeiterbewegung werden vom IML geleitet und koordiniert. Das Institut veranstaltet entsprechende regionale und zentrale Konferenzen; es ist weiterhin für die Weiterbildung der Mitglieder der Bezirks-, Kreis- und Betriebskommissionen der SED zur Erforschung der Geschichte der örtlichen Arbeiterbewegung bzw. für Betriebsgeschichte verantwortlich. e) Entsprechend den jeweiligen thematischen Schwerpunktsetzungen bei der Bearbeitung der Geschichte der deutschen und internationalen Arbeiterbewegung und auf der Grundlage der im IML verwalteten Nachlässe hat das Institut in jüngerer Zeit eine größere Zahl von Biographien und Lebenserinnerungen herausgebracht. u.a. Biographien von Marx, Engels, Lenin, Thälmann, Pieck sowie Erinnerungen von Franz Dahlem und Erich Honecker („Aus meinem Leben“, Berlin [Ost] 1980). 1983 erschien eine Biographie Walter Ulbrichts. — In den gleichen Zusammenhang gehören die Werkausgaben u.a. von August Bebel, Karl Liebknecht, Rosa Luxemburg, Franz Mehring. Diese Schwerpunktverlagerungen erfolgten im Anschluß an den VIII. Parteitag der SED (1971). In seinem Ergebnis sollte sich die historische Forschung in erster Linie auf die Entwicklung der deutschen Arbeiterbewegung und die „Politik der revolutionären Partei der deutschen Arbeiterklasse“ als Teil der internationalen Arbeiterbewegung konzentrieren. Dabei sollten wissenschaftliche Arbeiten über die Beziehungen zwischen der KPD (Kommunistische Partei Deutschlands (KPD)/Deutsche Kommunistische Partei [DKP]) und SED zur Kommunistischen Partei der Sowjetunion (KPdSU) einen zentralen Platz einnehmen. f) Das IML organisiert wissenschaftliche Konferenzen, Kolloquien und Arbeitstagungen in Verbindung vor allem mit der AfG, der Akademie der Wissenschaften der DDR (AdW) sowie den verschiedenen Universitäten und Hochschulen. Viele dieser Veranstaltungen finden mit internationaler Beteiligung statt. Im übrigen arbeitet das IML eng mit dem IML beim ZK der KPdSU sowie gleichartigen Einrichtungen bei den ZK der anderen kommunistischen Parteien des Ostblocks zusammen. Daneben bestehen auch enge Arbeitskontakte zu vergleichbaren Institutionen der kommunistischen und Arbeiterparteien des Westens. g) Die Ausbildung von wissenschaftlichen Nachwuchskadern erfolgt in direkter Zusammenarbeit mit der AfG beim ZK der SED. Seit 1970 besitzt das IML das Recht zur Verleihung akademischer Grade (Universitäten und Hochschulen, V. G.). 2. Zur Organisationsstruktur. Am IML bestehen u.a. folgende Abteilungen: Marx-Engels-Abteilung; Lenin-Abteilung; Abteilung Geschichte der Arbeiterbewegung (einschl. der örtlichen Arbeiterbewegung); Zentrales Parteiarchiv der SED (seit April 1963); Bibliothek (über 350.000 Bände); Informations- und Dokumentationsstelle; Publikationsabteilung; Abteilung für Auslandsarbeit. Das Zentrale Parteiarchiv enthält die bedeutendste Quellensammlung zur Geschichte der deutschen Arbeiterbewegung von den Anfängen bis zur Gegenwart in der DDR. Die Informations- und Dokumentationsstelle veröffentlicht seit 1950 (z.T. internationale) Spezialbibliographien, seit 1963 den „Dokumentationsdienst zur Geschichte der Arbeiterbewegung und der Marx-Engels-Forschung“. Seit 1959 erscheinen, gegenwärtig sechsmal jährlich, als eigene Zeitschrift die „Beiträge zur Geschichte der Arbeiterbewegung (BZG)“; sie hießen bis 1969 „Beiträge zur Geschichte der deutschen Arbeiterbewegung“. Die einzelnen Abteilungen des IML sind in Sektoren unterteilt. Ähnlich wie an einem Hochschulinstitut sind auch im IML Professoren, Dozenten, wissenschaftliche Oberassistenten und wissenschaftliche Mitarbeiter beschäftigt. Sie nehmen nicht nur Aufgaben in der Forschung und Lehre wahr, sondern sind zugleich mit umfangreichen Aufgaben in der Propagandaarbeit der SED betraut. Fundstelle: DDR Handbuch. 3., überarbeitete und erweiterte Auflage, Köln 1985: S. 655–656 Institut für Literatur „J. R. Becher“ A, B, C, D, E, F, G, H, I, J, K, L, M, N, O, P, Q, R, S, T, U, V, W, Z Institut für Meinungsforschung beim ZK der SED

Siehe auch: Institut für Marxismus-Leninismus beim ZK der SED: 1956 1958 1959 1960 1962 1963 1965 1966 1969 Institut für Marxismus-Leninismus beim ZK der SED (IML): 1975 1979 Marx-Engels-Lenin-Stalin-Institut: 1956 1958 1959 1960 1962 Marx-Engels-Lenin-Stalin-Institut beim ZK der SED (MELST-Institut): 1954 MELS-Institut: 1958 1959 1960 1962 MELSTI: 1954 1956 Gegr. 1947 (Arbeitsaufnahme: 1949). Sitz: Berlin (Ost). Direktor (seit 1969) Prof. Dr. Günter Heyden (Mitgl.…

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Grenztruppen der DDR (1985)

Siehe auch: Grenzpolizei: 1956 1969 1975 1979 Grenzpolizei, Deutsche: 1958 1959 1960 1962 1963 1965 1966 Grenztruppen der DDR (Deutsche Grenzpolizei): 1979 Am 28. 11. 1946 durch die Sowjetische Militäradministration aufgestellte Truppen, die seit 1948 kaserniert und militärisch ausgebildet wurden. Bis zum 15. 5. 1952 unterstand die Deutsche Grenzpolizei (DG.) aus Tarnungsgründen der Deutschen Volkspolizei (DVP) und somit dem Ministerium des Innern (MdI), dann bis zum 27. 6. 1953 dem Ministerium für Staatssicherheit. Nach anschließender Unterstellung unter das MdI ging die DG. im Mai [S. 576]1955 erneut an das Staatssekretariat für Staatssicherheit über, das im November 1955 wieder in ein Ministerium umgewandelt wurde. Als Folge der im „Vertrag über die Beziehungen zwischen der DDR und der UdSSR“ vom 20. 9. 1955 bekräftigten Souveränität der DDR übergab die sowjetische Hohe Kommission am 1. 12. 1955 der DG. die Sicherung und Kontrolle der Grenzen zur Bundesrepublik Deutschland und Berlin (West). Nachdem im November 1957 das Amt für Zoll und Kontrolle des Warenverkehrs die Kontrollfunktionen an den Kontrollpassierpunkten übernahm, widmete sich die DG. nur noch der militärischen Sicherung. Am 1. 3. 1957 erfolgte erneut eine Unterstellung unter das MdI. Im Frühjahr 1958 erhielt die DG. auch schwere Waffen (Sturmgeschütze und Schützenpanzerwagen). Seit Juni 1958 wurden zur Unterstützung der DG. „Freiwillige Helfer der DG.“ herangezogen (Grenztruppenhelfer). Durch Befehl des Vors. des Nationalen Verteidigungsrates der DDR (NVR) wurde die DG. in Stärke von 50.000 Mann am 15. 9. 1961 als NVA-Kommando Grenze in die Nationale Volksarmee (NVA) eingegliedert. Gleichzeitig wurden Formationen der damaligen Bereitschaftspolizei (VP-Bereitschaften), die in Berlin (Ost) und an der Grenze zur Bundesrepublik Deutschland eingesetzt waren, in das NVA-Kommando Grenze einbezogen. Im Juli 1962 wurde darüber hinaus die „Grenzbrigade Küste“ (vor allem zum Schutz der Ostseeküste) aufgestellt. Um die Jahreswende 1973/74 wurden die Einheiten des NVA-Kommandos Grenze (ca. 46.000 Mann) eigenständig organisiert und in G. umbenannt; sie unterstehen jedoch weiterhin dem Ministerium für Nationale Verteidigung. Als Grund für die Ausgliederung aus der NVA könnte vermutet werden, daß die G. dadurch nicht zum Verhandlungsgegenstand der Wiener Verhandlungen über die gegenseitige Reduzierung der Streitkräfte und Rüstungen in Mitteleuropa (Abrüstung) gemacht werden sollten. Nach der von 1961 bis 1971 bestehenden Gliederung der G. in Grenzbrigaden wurden sie in die Grenzkommandoabschnitte Nord (Stabsitz Calbe), Mitte (Stabsitz Berlin), Süd (Stabsitz Erfurt) und die der Volksmarine unterstehende Grenzbrigade Küste unterteilt. Den Grenzkommandos unterstehen jeweils 6 Grenzregimenter. Ein Grenzregiment gliedert sich in 3 Bataillone zu je 4 Kompanien, wobei die Kompanien an der Grenze zur Bundesrepublik Deutschland 3 Züge, die Kompanien in Berlin (Ost) 4 Züge haben sollen. Der Zug hat 3 Gruppen zu je 10 Mann. An den Grenzen zu Polen und zur Tschechoslowakei ist je ein Grenzregiment stationiert. Das am 1. 5. 1982 in Kraft getretene Gesetz über die Staatsgrenze der Deutschen Demokratischen Republik (GBl. I, S. 197 ff.) übernahm im Hinblick auf die Befugnisse der G. im wesentlichen die Bestimmungen der bis dahin gültigen Grenzordnung von 1972. § 27 des Gesetzes regelt die Anwendung von Schußwaffen (Grenze, Innerdeutsche; Schießbefehl). In den G. wird wie in der Nationalen Volksarmee Wehrdienst geleistet, für den das Wehrdienstgesetz vom 25. 3. 1982 (GBl. I, S. 221 ff.) gilt. Nachdem ursprünglich das Freiwilligenprinzip bestand, ging man später zu der gegenwärtig vorherrschenden Auswahl besonders überprüfter Wehrpflichtiger über. Die AO des Nationalen Verteidigungsrates der DDR über den Verlauf des Wehrdienstes in den G. der DDR — Dienstlaufbahnordnung — GT vom 25. 3. 1982 (GBl. I, S. 241) bestimmt, daß für die Angehörigen der G. die Dienstlaufbahnordnung der NVA vom 25. 3. 1982 (GBl. I, S. 237 ff.) entsprechend gilt. Chef der G. und gleichzeitig Stellvertreter des Ministers für Nationale Verteidigung ist Generalleutnant Klaus-Dieter Baumgarten (SED), dessen Kommandostab sich in Pätz bei Königs Wusterhausen befindet. Die Ausbildung der Offiziere erfolgt an der Offiziersschule „Rosa Luxemburg“ in Plauen. Die G., in der Vergangenheit vom Minister für Nationale Verteidigung, Armeegeneral Heinz Hoffmann, mehrfach als „Garde der NVA“ bezeichnet, können als eine Art militärische Elite betrachtet werden. Fundstelle: DDR Handbuch. 3., überarbeitete und erweiterte Auflage, Köln 1985: S. 575–576 Grenzkommission A, B, C, D, E, F, G, H, I, J, K, L, M, N, O, P, Q, R, S, T, U, V, W, Z Grenztruppenhelfer

Siehe auch: Grenzpolizei: 1956 1969 1975 1979 Grenzpolizei, Deutsche: 1958 1959 1960 1962 1963 1965 1966 Grenztruppen der DDR (Deutsche Grenzpolizei): 1979 Am 28. 11. 1946 durch die Sowjetische Militäradministration aufgestellte Truppen, die seit 1948 kaserniert und militärisch ausgebildet wurden. Bis zum 15. 5. 1952 unterstand die Deutsche Grenzpolizei (DG.) aus Tarnungsgründen der Deutschen Volkspolizei (DVP) und somit dem Ministerium des Innern (MdI), dann bis zum 27. 6.…

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Freizügigkeit (1985)

Siehe auch die Jahre 1963 1965 1966 1969 1975 1979 Art. 32 der Verfassung gewährleistet die F., d.h. das Recht eines jeden Bürgers, innerhalb des Staatsgebiets der DDR und im Rahmen ihrer Gesetze seinen Wohnsitz oder zeitweiligen Aufenthalt frei zu wählen und sich innerhalb des Staatsgebiets frei zu bewegen. Wegen der räumlichen Beschränkung der F. auf das Staatsgebiet der DDR erscheinen die paßrechtlichen Schranken der Ausreise, das Genehmigungserfordernis bei Reisen in „nichtsozialistische“ Staaten, einschließlich der Bundesrepublik Deutschland, und die Beschränkung der Erteilung von Genehmigungen auf dringende Familienangelegenheiten und Rentnerreisen (AO über Regelungen zum Reiseverkehr von Bürgern der DDR vom 15. 2. 1982; GBl. I, S. 187) sowie die Strafbarkeit des „ungesetzlichen Grenzübertritts“ mit Freiheitsstrafe bis zu 8 Jahren (§ 213 StGB) schon begrifflich nicht als Einschränkungen der F. Die wichtigsten Einschränkungen innerhalb der DDR ergeben sich aus: a) den Zutrittsverboten und -beschränkungen innerhalb des Grenzgebiets (Grenzgesetz, GrenzVO, Grenzordnung, sämtl. vom 25. 3. 1982; GBl. I, S. 197, 203, 208) und der militärischen Sperrgebiete (SperrgebietsVO vom 26. 7. 1979; GBl. I, S. 269), b) den Aufenthaltsbeschränkungen, die von den Gerichten als Zusatzstrafe (§§ 51, 52 StGB), Auflage bei Strafaussetzung auf Bewährung (§ 45 StGB) und „Wiedereingliederungsmaßnahme“ gegenüber vorbestraften [S. 476]Tätern (§ 47 StGB) in einem Strafverfahren oder als Sicherheitsmaßregel zum Schutze der öffentlichen Sicherheit und Ordnung (§ 3 Abs. 1 der VO über Aufenthaltsbeschränkungen vom 24. 8. 1961; GBl. II, S. 343) angeordnet werden können, c) der als „staatliche Kontrollmaßnahmen“ bezeichneten Polizeiaufsicht, die bei einer strafgerichtlichen Verurteilung als „Wiedereingliederungsmaßnahme“ mit eindeutigem Sicherungscharakter verhängt werden und auf deren Grundlage die zuständige Polizeidienststelle u.a. auch Aufenthaltsbeschränkungen anordnen kann (§ 48 StGB), d) den Aufenthaltsbeschränkungen, die von den örtlichen Räten gegenüber „kriminell gefährdeten Bürgern“ als rein administrative Maßnahmen angeordnet werden können (§ 4 Abs. 3 der VO über die Aufgaben der örtlichen Räte und der Betriebe bei der Erziehung kriminell gefährdeter Bürger vom 19. 12. 1974 i. d. F. der 2. VO vom 6. 7. 1979; GBl. I, S. 195), sowie e) Seuchenschutzmaßnahmen (Erste Durchführungsbestimmung zum Gesetz zur Verhütung und Bekämpfung übertragbarer Krankheiten beim Menschen vom 20. 1. 1983; GBl. I, S. 29). Das in der Verfassung von 1949 enthaltene Auswanderungsrecht ist in die geltende Verfassung von 1968 nicht aufgenommen worden. Dessenungeachtet ist die DDR nach Art. 12 Abs. 2 des Internationalen Paktes vom 19. 12. 1966 über bürgerliche und politische Rechte, den die DDR am 14. 1. 1974 ratifiziert hat und der am 23. 3. 1976 in Kraft getreten ist, völkerrechtlich verpflichtet, ihren Bürgern die Auswanderung zu gewährleisten. Dieser Verpflichtung kommt die DDR nicht nach. Sie begründet diese Vertragsverletzung damit, daß die Auswanderung ein typisches Produkt der Krisenwirtschaft kapitalistischer Staaten sei und es in der DDR keine soziale Basis für ein Grundrecht auf Auswanderung gebe (Staatsrecht der DDR, Lehrbuch, Berlin [Ost] 1977, S. 207). Die Entscheidung über Auswanderungsanträge liegt im freien Ermessen der Verwaltungsbehörden, die dabei „die Klassenauseinandersetzung zwischen Sozialismus und Imperialismus“ zu berücksichtigen haben; sie stellen in Rechnung, „daß die Auswanderung in einen imperialistischen Staat bedeutet, Menschen einem System auszuliefern, das sie ausbeutet und zwingt, einer aggressiven Politik zu dienen, die ihre Existenz gefährdet und sich gegen den Sozialismus richtet“ (ebda.). Wie es die großzügige Genehmigungspraxis seit Anfang 1984 gezeigt hat, können allerdings politische Opportunitätsüberlegungen zeitweise auch zu einer anderen Beurteilung führen. Zur speziellen Problematik der Familienzusammenführung: Übersiedlung in die Bundesrepublik Deutschland. Fundstelle: DDR Handbuch. 3., überarbeitete und erweiterte Auflage, Köln 1985: S. 475–476 Freizeitarbeit A, B, C, D, E, F, G, H, I, J, K, L, M, N, O, P, Q, R, S, T, U, V, W, Z Fremdenverkehr

Siehe auch die Jahre 1963 1965 1966 1969 1975 1979 Art. 32 der Verfassung gewährleistet die F., d.h. das Recht eines jeden Bürgers, innerhalb des Staatsgebiets der DDR und im Rahmen ihrer Gesetze seinen Wohnsitz oder zeitweiligen Aufenthalt frei zu wählen und sich innerhalb des Staatsgebiets frei zu bewegen. Wegen der räumlichen Beschränkung der F. auf das Staatsgebiet der DDR erscheinen die paßrechtlichen Schranken der Ausreise, das Genehmigungserfordernis bei Reisen in…

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Ministerium für Staatssicherheit (1985)

Siehe auch: Ministerium für Staatssicherheit: 1975 1979 Ministerium für Staatssicherheit (MfS): 1959 1960 1962 1963 1965 1966 1969 Das MfS, auch als Staatssicherheitsdienst der DDR bezeichnet, ist ein konstitutives Herrschaftsinstrument der SED. Es vereinigt in sich DDR-interne Schutz- und Sicherungsfunktionen mit offensiven Aufklärungsfunktionen nach außen. In ihm bündeln sich die Kompetenzen einer politischen Geheimpolizei, einer mit exekutiven Befugnissen ausgestatteten Untersuchungsbehörde für politische Strafsachen und eines geheimen Nachrichtendienstes, während der Verfügungstruppe des MfS, dem Wachregiment „Feliks Dzierzynski“, spezielle Repressions- und Objektsicherungsaufgaben obliegen. Das MfS wurde durch Gesetz vom 8. 2. 1950 (GBl. S. 95) geschaffen. Kern des neuen MfS bildete die bis dahin im Ministerium des Innern bestehende Hauptverwaltung zum Schutz der Volkswirtschaft, die jedoch zu einem weitverzweigten Sicherheitsapparat ausgebaut wurde. Nach dem Juni-Aufstand wurde das MfS durch Beschluß des Ministerrats vom 23. 7. 1953 dem MdI als Staatssekretariat für Staatssicherheit eingegliedert. Der Beschluß vom 24. 11. 1955 machte das SfS erneut zu einem eigenständigen Ministerium. Eine Definition seiner Aufgaben und Zuständigkeiten enthält das zitierte Gesetz nicht. Nach offiziöser Darstellung versteht sich das MfS als „ein Organ des Ministerrates der DDR, dem spezielle Sicherheits- und Rechtspflegeaufgaben für den zuverlässigen Schutz der sozialistischen Staats- und Gesellschaftsordnung gegen alle feindlichen Anschläge auf die Souveränität und territoriale Integrität der DDR, auf die sozialistischen Errungenschaften und das friedliche Leben des Volkes übertragen wurden“ (Kleines Politisches Wörterbuch, 3. Aufl., Berlin [Ost] 1978, S. 877). In einer Grußadresse des ZK der SED wurde das MfS zu seinem 30jährigen Bestehen als „ein spezielles Organ der Diktatur des Proletariats“ charakterisiert. Seit Bestehen leiteten das MfS die Minister Wilhelm Zaisser (1950–1953; zugleich Mitglied des Politbüros des ZK der SED); Ernst Wollweber (1953–1957; zugleich 1954–1958 Mitglied des ZK der SED), davon 1953–1955 als Leiter und Staatssekretär des SfS, und Erich Mielke (seit 1957). Mielke ist zugleich Mitglied des Politbüros (seit 1976, 1971–1976 Kandidat des Politbüros) und seit 1980 Armeegeneral. Als „beratendes Organ“ besteht beim MfS ein Kollegium, dem außer dem Minister, dessen Stellvertretern (1982 Generaloberst Markus Wolf, Chef der Hauptverwaltung Aufklärung; Generalleutnant Rudolf Mittig und Generalmajor Dr. Gerhard Neiber), weitere hohe Offiziere und Generäle der Staatssicherheit sowie der Chef der Parteiorganisation der SED im MfS (seit 1980 Generalmajor Dr. Horst Felber) angehören. Die politische Anleitung und Kontrolle des MfS liegt bei der Abteilung Sicherheitsfragen im Zentralkomitee (ZK) der SED (Leiter 1982: Generaloberst Herbert Scheibe) und dem seit 1983 für den Bereich Sicherheit verantwortlichen Sekretär des ZK der SED Egon Krenz (Mitglied des Politbüros). Horizontal gliedert sich das MfS mit seiner Zentrale in Berlin-Lichtenberg, Normannenstraße 22, in die Hauptabteilungen und Abteilungen des „Abwehrsektors“ sowie in die Hauptabteilungen Aufklärung und Bewirtschaftung. Vertikal stützt sich das MfS auf die Verwaltung Berlin sowie auf 14 Bezirksverwaltungen (BV) und die „Objektverwaltung Wismut“. Auf Kreisebene sind den BV des MfS in Stadt- und Landkreisen sowie in Großbetrieben ca. 250 Kreis- und Objektdienststellen nachgeordnet. Budget und Personalbestand des MfS sind Staatsgeheimnis. Als gesichert gilt die Erkenntnis, daß im MfS und seinen Organen nach dem Stand von 1982 ca. 20.000 hauptamtliche Mitarbeiter (Generäle, Offiziere, Unteroffiziere und Zivilbeschäftigte) tätig sind. Dazu kommen die 4.000 bis 6.000 Mann des Wachregiments. Der Dienst im MfS und seinen Organen ist dem Wehrdienst gleichgestellt (§ 21 Wehrdienstgesetz). Abschirmung und Überwachung, wie sie im MfS begriffen werden, setzen die Existenz eines umfassenden, weitverzweigten Informations- und Spitzelwesens voraus. Seine im Dienstsprachgebrauch sogenannten „Inoffiziellen Mitarbeiter“ (IM) und „Gesellschaftlichen Mitarbeiter Sicherheit“ (GMS) werden auf 60.000 bis 80.000 geschätzt. Spitzel, die in allen Bereichen von Staat und Gesellschaft zu vermuten sind, werden teils auf „materieller Basis“ (Bezahlung, berufliche Förderung usw.), teils durch politische Überzeugung, vielfach aber auch durch Nötigung oder durch eine Kombination aller drei Anwerbungsformen gewonnen und zu regelmäßiger Mitarbeit verpflichtet. In internen Dienstanweisungen wie dem MfS-Befehl Nr. 13/74 wird ausdrücklich von „IM/GMS-Systemen“, die zur „politisch-operativen Arbeit“ heranzuziehen seien, gesprochen. Zur Abschir[S. 910]mung und Überwachung gehört ferner die planmäßige und gezielte Kontrolle des Post- und Fernmeldeverkehrs in der DDR durch spezielle Diensteinheiten des MfS. Die Untersuchungsorgane des MfS, die über 2 zentrale Untersuchungsgefängnisse in Berlin-Lichtenberg und in Berlin-Hohenschönhausen sowie über weitere Gefängnisse in Ost-Berlin und den 14 Bezirksstädten der DDR verfügen, sind für das Ermittlungsverfahren bei Staatsverbrechen und in politischen Militärstrafsachen zuständig. Zwar unterliegen sie der Aufsicht durch den Staatsanwalt (Staatsanwaltschaft) sowie den Bestimmungen der Strafprozeßordnung (Strafverfahren), praktisch steht jedoch diesen formalen Beschränkungen die reale Unumschränktheit der Untersuchungsorgane des MfS gegenüber. Namentlich in den fünfziger Jahren hat das MfS vielfach durch spektakuläre Menschenraubaktionen von sich reden gemacht. Mehrere hundert Fälle sind aus dieser Zeit registriert. Sie betrafen DDR-Flüchtlinge, „Verräter“ aus den Reihen der SED, Überläufer aus den bewaffneten Organen einschließlich des MfS, Mitarbeiter der Ostbüros westlicher Parteien und westlicher Geheimdienste sowie nicht zuletzt politisch unbequeme Journalisten. Besonders eklatante Fälle: Dr. Walter Linse, Leiter der Abteilung Wirtschaftsrecht beim Untersuchungsausschuß Freiheitlicher Juristen wurde 1952 auf offener Straße in West-Berlin überfallen und gewaltsam in die DDR entführt; er verstarb 1953 in der Sowjetunion. MfS-Agenten verschleppten Sylvester Murau, ehemaliger Major des MfS in Schwerin, nach seiner Flucht in die Bundesrepublik 1955 aus Heubach bei Darmstadt in die DDR; er wurde mit großer Wahrscheinlichkeit zum Tode verurteilt und hingerichtet. Robert Bialek, ehemaliger Generalinspekteur der Volkspolizei, wurde nach seiner Flucht 1956 aus West-Berlin durch Beibringung eines Betäubungsmittels in Getränken bewußtlos gemacht und nach Ost-Berlin verschleppt; er ist dort in der Haft verstorben. Ferner entführten Mitarbeiter des MfS Heinz Brandt, ehemals Sekretär der Berliner Bezirksleitung der SED, nach seiner Flucht Redakteur einer Gewerkschaftszeitung in Frankfurt/Main, 1961 aus West-Berlin. Das Oberste Gericht der DDR verurteilte H. Brandt zu 13 Jahren Zuchthaus wegen oppositioneller Kontakte; er wurde nach internationalen Protesten 1964 „begnadigt“ und in die Bundesrepublik entlassen. Schwerpunkt der hauptsächlich von der Hauptverwaltung Aufklärung (HV A.) getragenen DDR-externen Aktivitäten des MfS ist die gegen die Bundesrepublik Deutschland und West-Berlin gerichtete Spionage, die keineswegs verheimlicht, sondern als „Tätigkeit sozialistischer Kundschafter an der unsichtbaren Front“ (E. Mielke), als „wichtige Parteiarbeit an vorderster Front des Klassenkampfes“ (E. Honecker) offen gerechtfertigt wird. Nach Ermittlungen der Verfassungsschutzbehörden entfallen in der Bundesrepublik im Durchschnitt 80 bis 85 v.H. aller erkannten Spionageaufträge auf die geheimen Nachrichtendienste der DDR, und zwar weitaus überwiegend auf die HV A. Dem militärischen Nachrichtendienst der DDR, der als „Verwaltung Aufklärung“ beim Ministerium für Nationale Verteidigung ressortiert, kommt nur hinsichtlich der Militärspionage Bedeutung zu. Hauptziele der DDR-Spionage sind seit Jahren unverändert die Bundesministerien, Länderverwaltungen, Parteien und Gewerkschaften, aber auch Wirtschaftsbetriebe und Forschungseinrichtungen. Dementsprechend lassen sich „politische Spionage“, die Militärspionage sowie die Industrie- und Wissenschaftsspionage unterscheiden. Aufsehenerregendste Spionageaffäre der 70er Jahre war der Fall Günter Guillaume, des „Spions im Kanzleramt“, dessen Entlarvung 1974 den Rücktritt von Bundeskanzler Willy Brandt auslöste; 1975 zu 13 Jahren Freiheitsstrafe verurteilt, ist G. 1981 gegen DDR-Häftlinge ausgetauscht worden. Schwerwiegender Schaden entstand der Bundeswehr durch das Agenten-Ehepaar Lothar und Renate Lutze, die gemeinsam mit ihrem Komplizen Jürgen Wiegel unentdeckt jahrelang im Bonner Verteidigungsministerium militärische Geheimnisse von hohem Wert für die HV A. sammelten, bis sie 1976 verhaftet werden konnten. 1979 vor Gericht gestellt, lautete die Strafe für den Hauptangeklagten auf 12 Jahre Freiheitsentzug. Durch den Übertritt des MfS-Oberleutnants Werner Stiller, bis 1979 Führungsoffizier der HV A. im Sektor Wissenschaft/Technik, wurden mehr als 2 Dutzend MfS-Agenten enttarnt, die hauptsächlich in Zentren der bundesdeutschen Kernforschung tätig waren. Zur fachlichen Qualifizierung seiner hauptamtlichen Mitarbeiter unterhält das MfS als zentrale Schulungseinrichtung die „Juristische Hochschule Potsdam“ unter Leitung von Generalmajor Prof. Dr. jur. habil. W. Pösel, die konspirativ abgeschirmt sowohl ein Direkt- als auch ein Fernstudium mit einem Abschluß als „Diplom-Jurist“ ermöglicht. Voraussetzung für die Zulassung zu diesem Studium ist eine mindestens 3jährige „operative Arbeit in den Organen des MfS“. Zur qualitativen Verbesserung und zur ständigen Ergänzung seiner führenden Kader ist das MfS planmäßig bemüht, Nachwuchskräfte unter Studenten oder jungen Wissenschaftlern zu gewinnen. Fundstelle: DDR Handbuch. 3., überarbeitete und erweiterte Auflage, Köln 1985: S. 909–910 Ministerium für Schwermaschinen- und Anlagenbau A, B, C, D, E, F, G, H, I, J, K, L, M, N, O, P, Q, R, S, T, U, V, W, Z Ministerium für Umweltschutz und Wasserwirtschaft

Siehe auch: Ministerium für Staatssicherheit: 1975 1979 Ministerium für Staatssicherheit (MfS): 1959 1960 1962 1963 1965 1966 1969 Das MfS, auch als Staatssicherheitsdienst der DDR bezeichnet, ist ein konstitutives Herrschaftsinstrument der SED. Es vereinigt in sich DDR-interne Schutz- und Sicherungsfunktionen mit offensiven Aufklärungsfunktionen nach außen. In ihm bündeln sich die Kompetenzen einer politischen Geheimpolizei, einer mit exekutiven Befugnissen ausgestatteten…

DDR A-Z 1985

Schiffbau (1985)

Siehe auch die Jahre 1958 1959 1960 1962 1963 1965 1966 1969 1975 1979 Nach dem II. Weltkrieg wurde in der DDR eine bedeutende Sch.-Industrie aufgebaut, die internationalen Maßstäben durchaus standhält. Die Kapazitätsgrenze der DDR-Werften ist nahezu erreicht, die jährliche Produktion hat sich bei knapp 400.000 BRT eingependelt. Die Sch.-Industrie ist im Bezirk Rostock konzentriert. Rostock ist auch der Sitz des 1979 gegr. VEB Kombinat Schiffbau, in das bis auf die VEB Peene-Werft (Spezialwerft für Marine und Küstenpolizei), Wolgast, alle Seeschiffswerften, 2 Binnenschiffswerften sowie etliche Zulieferbetriebe integriert sind. Das mit rd. 55.000 Beschäftigten vergleichsweise große Kombinat ist dem Ministerium für Schwermaschinen- und Anlagenbau unmittelbar unterstellt. Seit Kriegsende wurden auf DDR-Werften rd. 5.000 Schiffe mit rd. 8 Mill. BRT gebaut. Hauptauftraggeber der Sch.-Industrie ist die Sowjetunion, die etwa drei Viertel aller Schiffsneubauten abnahm. Die Gesamtzahl der Exportländer — darunter auch die Bundesrepublik Deutschland — liegt bei über 30. Den gesamten zivilen Schiffsexport und -import wickelt die dem VEB Kombinat Sch. angeschlossene Außenhandelsorganisation Schiffscommerz ab, deren Jahresumsatz ca. 4 Mrd. Mark (1980) beträgt. Vor allem mit der polnischen Werftindustrie wird hart um devisenbringende Aufträge westlicher Länder konkurriert. Vereinbarungen innerhalb des Rates für Gegenseitige Wirtschaftshilfe (RGW) entsprechend, sind die Werften auf bestimmte Schiffstypen bzw. -arten spezialisiert: VEB Warnowwerft Warnemünde (7.000 Besch.): Hochseefracht- und Containerschiffe, Stückgut- und Massengutfrachter. Spitzenerzeugnisse sind Polar-Frachtschiffe für die Sowjetunion. Diese zwar nicht der Zahl, jedoch der Vermessung (BRT) und der Tragfähigkeit (t) ihrer Schiffsneubauten nach mit Abstand größte DDR-Werft — durchschnittlich zwei Fünftel Anteil an der Gesamtproduktion —, ließ 1982 11 Schiffe mit 152.901 BRT von Stapel laufen. VEB Volkswerft Stralsund (8.000 Besch.): Zentrum des Fischerei-Sch. in der DDR. Gemessen an der Zahl der Schiffsneubauten ist sie die größte Werft der DDR und die größte Fischereiwerft (1980) der Welt. Ein Drittel der sowjetischen Fischfangflotte wurde in Stralsund gebaut. Hauptschiffstyp dieser DDR-„Renommierwerft“ ist neuerdings der Gefriertrawler-Seiner (GTS), der den bis 1981/82 in Serie gebauten „Atlantik-Supertrawler“ ablöste. 1982 wurden 27 Schiffe mit 87.401 BRT gebaut. VEB Schiffswerft „Neptun“ Rostock (7.000 Besch.): spezialisiert auf Mehrzweckfracht-, Tiefkühl-, Hebe- und Fährschiffe sowie Logger. Die Neptun-Werft produziert vorrangig für die DDR-Handelsflotte und leistet den Hauptanteil an deren Modernisierung. Diese bei Kriegsende einzige Seewerft der DDR von Bedeutung (Gründung 1850) hat 1982 7 Schiffe mit 46.368 BRT produziert. VEB Mathias-Thesen-Werft Wismar (6.500 Besch.): Hier werden vor allem Universalfrachtschiffe für Erze, Schüttgüter und Container sowie Tiefkühlschiffe hergestellt. 1982 wurde das erste in der DDR gebaute Ro-Ro-Frachtschiff (Tragfähigkeit 6.700 t) an den VEB Deutfracht/Seereederei Rostock übergeben (Kombinat Seeverkehr und Hafenwirtschaft --- Deutfracht/Seereederei). 1982 wurden 6 Schiffe mit 55.493 BRT von Stapel gelassen. VEB Elbewerften Boizenburg/Roßlau (2.300 Besch.): Diese Binnenwerft produziert hauptsächlich Binnenfahrgastschiffe für die Sowjetunion, aber auch Container-Binnen-Küstenmotorschiffe und Kühlcontainer-Binnenschiffe. 1982 wurden 6 Schiffe mit 13.040 BRT gebaut. Die VEB Yachtwerft Berlin (1000 Besch.) ist auf Ruderboote und Segelyachten spezialisiert. Daneben gibt es noch einige kleine Binnenwerften für die Binnenschiffahrt und für die Produktion von Spezialschiffen (z. B. Rettungsboote), die allerdings nicht dem Kombinat angegliedert sind. Anhang Fundstelle: DDR Handbuch. 3., überarbeitete und erweiterte Auflage, Köln 1985: S. 1136 Schießbefehl A, B, C, D, E, F, G, H, I, J, K, L, M, N, O, P, Q, R, S, T, U, V, W, Z Schnelle Medizinische Hilfe

Siehe auch die Jahre 1958 1959 1960 1962 1963 1965 1966 1969 1975 1979 Nach dem II. Weltkrieg wurde in der DDR eine bedeutende Sch.-Industrie aufgebaut, die internationalen Maßstäben durchaus standhält. Die Kapazitätsgrenze der DDR-Werften ist nahezu erreicht, die jährliche Produktion hat sich bei knapp 400.000 BRT eingependelt. Die Sch.-Industrie ist im Bezirk Rostock konzentriert. Rostock ist auch der Sitz des 1979 gegr. VEB Kombinat Schiffbau, in das bis auf die VEB Peene-Werft…

DDR A-Z 1985

Staatsbank (1985)

Siehe auch die Jahre 1969 1975 1979 Eine zentrale Stellung im Bankwesen der DDR nimmt die mit Wirkung vom 1. 1. 1968 aus der Deutschen Notenbank hervorgegangene St. (GBl. I, 1967, S. 132) ein. Sie ist die Emissionsbank, das Refinanzierungsorgan der Kreditinstitute, das Kredit- und Verrechnungszentrum der Volkswirtschaft sowie Geschäftsbank für Industrie, Bauwesen, Binnenhandel, Verkehrs-, Post- und Fernmeldewesen als Rechtsnachfolger der 1974 eingegliederten früheren Industrie- und Handelsbank (IHB). Das Gesetz über die St. vom 19. 12. 1974 (GBl. I, S. 580) weist diesem zentralen Organ des Ministerrates für die einheitliche Leitung, Planung, Durchführung und Kontrolle der Geld- und Kreditpolitik u.a. folgende Funktionen zu: Erarbeitung der Grundlagen des Geldumlaufs, Kredits, Wertpapier-, Zahlungs- und Verrechnungsverkehrs, der Spareinlagen und Zinsen (Bargeldumlauf; Kredit; Sparen; Sparkonten; Wertpapiere; Zahlungs- und Verrechnungsverfahren); Mitarbeit an der Zahlungsbilanz, Abschluß von Rahmenabkommen mit anderen Staaten, Festlegung der Grundsätze des zwischenstaatlichen Zahlungs- und Verrechnungsverkehrs, des Umtausches von Reisezahlungsmitteln und der Umrechnungssätze zu anderen Währungen (Währung/Währungspolitik); Kontenführung des Staatshaushalts sowie der anderen Geld- und Kreditinstitute. Die St. gliedert sich in die Zentrale mit Sitz in Berlin (Ost), 15 Bezirksdirektionen (Berliner Stadtkontor), 180 Kreisfilialen, mehr als 100 Zweig- und Wechselstellen sowie 41 Industriebankfilialen. Die St. leitet der Präsident (seit dem 29. 4. 1974 Horst Kaminsky), der zugleich Mitglied des Ministerrates, Vorsitzender der auf Beschluß des Ministerrates vom 13. 9. 1972 geschaffenen einheitlichen Leitung der Banken, Leiter der DDR-Delegationen in den Bankräten der Internationalen Bank für Wirtschaftliche Zusammenarbeit (IBWZ) und der Internationalen Investitionsbank (IIB) sowie Mitglied der Devisenkommission der DDR ist. Weiterhin gehören zur Leitung ein Vizepräsident (Hans Taut), Stellvertreter des Präsidenten und Abteilungsleiter der Zentrale. Die St. arbeitet nach einem Finanzplan und erstellt jährlich eine Bilanz mit Ergebnisrechnung und dem Jahresbericht (Finanzplanung und Finanzberichterstattung). Sie verfügt über ein Eigenkapital von 1,5 Mrd. Mark und einen Reservefonds. Ihre Geschäftsbedingungen hat der Präsident zum 1. 1. 1976 erlassen (GBl. I, 1975, S. 757). Fundstelle: DDR Handbuch. 3., überarbeitete und erweiterte Auflage, Köln 1985: S. 1277 Staatsarchive A, B, C, D, E, F, G, H, I, J, K, L, M, N, O, P, Q, R, S, T, U, V, W, Z Staatsbewußtsein, sozialistisches

Siehe auch die Jahre 1969 1975 1979 Eine zentrale Stellung im Bankwesen der DDR nimmt die mit Wirkung vom 1. 1. 1968 aus der Deutschen Notenbank hervorgegangene St. (GBl. I, 1967, S. 132) ein. Sie ist die Emissionsbank, das Refinanzierungsorgan der Kreditinstitute, das Kredit- und Verrechnungszentrum der Volkswirtschaft sowie Geschäftsbank für Industrie, Bauwesen, Binnenhandel, Verkehrs-, Post- und Fernmeldewesen als Rechtsnachfolger der 1974 eingegliederten früheren Industrie- und…

DDR A-Z 1985

Akademie der Wissenschaften der DDR (AdW) (1985)

Siehe auch: Akademie der Wissenschaften der DDR (AdW): 1975 1979 Akademie der Wissenschaften, Deutsche: 1956 1958 1959 1960 1962 1963 1965 1966 Akademie der Wissenschaften, Deutsche (DADW): 1954 Deutsche Akademie der Wissenschaften zu Berlin: 1975 1979 Deutsche Akademie der Wissenschaften zu Berlin (DAdW): 1969 Die AdW ist die bedeutendste Forschungsinstitution der DDR. Ihr ist die Aufgabe übertragen, in enger Zusammenarbeit mit den Universitäten und Hochschulen, Forschungsinstitutionen des Partei-, Wirtschafts- und Staatsapparates und den entsprechenden Akademien der sozialistischen Länder naturwissenschaftlich-technische und gesellschaftswissenschaftliche Grundlagenforschung zu betreiben. Sie ist verantwortlich für die Festlegung der inhaltlichen Schwerpunkte der Grundlagenforschung, deren planmäßige Durchführung, insbesondere für die Koordinierung der Arbeit der verschiedenen Forschungsinstitutionen und die Gewährleistung einer schnellen praktischen Nutzung der Forschungsergebnisse. Die AdW ist Nachfolgerin der am 11. 7. 1700 gegründe[S. 32]ten Kurfürstlich Brandenburgischen Societät der Wissenschaften. Ihre Wiedereröffnung nach dem II. Weltkrieg erfolgte am 1. 7. 1946 als Deutsche Akademie der Wissenschaften aufgrund eines Befehls der SMAD. Ihre gegenwärtige Funktion erhielt die AdW im Zuge der Neugestaltung der Wissenschaftsorganisation der DDR im Jahre 1970 („Akademiereform“). Nach dem VIII. Parteitag der SED 1971 wurde die Akademie durch Zuweisung weiterer Aufgaben in ihrer herausragenden Funktion bestätigt. Ihren heutigen Namen erhielt sie im Oktober 1972. Die AdW untersteht dem Ministerrat. Die Leitung der Akademie obliegt dem Präsidenten (gegenwärtig Prof. Dr. Werner Scheler [SED]), dem ein Präsidium als Beratungsorgan zugeordnet ist (gegenwärtig [1983] 15 Mitglieder). 1981 gehörten der AdW 153 ordentliche und 76 korrespondierende Mitglieder an. Wissenschaftler außerhalb der DDR können zu auswärtigen Mitgliedern ernannt werden. Von den gegenwärtig 132 auswärtigen Mitgliedern aus 24 Ländern kommen 27 aus der Bundesrepublik Deutschland. Die ordentlichen Mitglieder bilden das Plenum. Neben seinen Plenartagungen mit wissenschaftlichen Vorträgen von Mitgliedern der AdW zu Themen von allgemeiner wissenschaftlicher Bedeutung veranstaltet das Plenum in unregelmäßigen Abständen wissenschaftliche Konferenzen mit zumeist internationaler Beteiligung. Es hat das Recht zur Wahl neuer ordentlicher, korrespondierender und auswärtiger Mitglieder, die einer der gegenwärtig 9 problemgebundenen Klassen zugeordnet sind: Physik; Mathematik; Chemie; Biowissenschaften; Medizin; Werkstofforschung; Umweltschutz und Umweltgestaltung; Philosophie, Ökonomie, Geschichte, Staats- und Rechtswissenschaften (Gesellschaftswissenschaften I); Literatur-, Sprach-, Geschichts- und Kunstwissenschaften (Gesellschaftswissenschaften II). In den Klassen arbeiten Akademiemitglieder und andere Wissenschaftler verschiedener Wissenschaftsrichtungen an der Lösung komplexer Fragestellungen (z.B. Klasse „Optimale Gestaltung der Umweltbedingungen; Mensch und Umwelt“). Darüber hinaus verfügt die AdW über einen großen wissenschaftlichen Apparat mit ca. 20.000 Beschäftigten. Dieser gliedert sich in Zentralinstitute, Institute und Forschungsstellen. Zentralinstitute der AdW sind Forschungseinrichtungen zur Lösung komplexer Forschungsaufgaben. Sie üben in vielen Fällen die Funktion einer Leiteinrichtung für die gesamte in der DDR auf diesem Gebiet betriebene Forschung aus. Die Aufgabenstellung der Institute ist begrenzter und umfaßt meist Teilbereiche eines Wissenschaftsgebietes. Forschungsstellen werden für zeitweilige Aufgaben eingerichtet, wenn erkennbar ist, daß sie zu einem Institut oder Zentralinstitut ausgebaut werden können. Die Zentralinstitute werden mit den Instituten und Forschungsstellen, die verwandten Wissenschaftsbereichen zuzuordnen sind, in Forschungsbereiche zusammengefaßt. 1. Forschungsbereich Geo- und Kosmoswissenschaften. Zentralinstitute für Astrophysik, für solar-terrestrische Physik, für Physik der Erde; Institut für Meereskunde, Institut für Elektronik, Institut für Geographie und Geoökologie (früher Geographisches Institut) und Forschungsstelle Umweltgestaltung. 2. Forschungsbereich Mathematik/Kybernetik. Zentralinstitute für Mathematik und Mechanik sowie für Kybernetik und Informationsprozesse, Zentrum für Rechentechnik. 3. Forschungsbereich Physik, Kern- und Werkstoffwissenschaften. Zentralinstitute für Elektronenphysik, für Festkörperphysik und Werkstofforschung, für Isotopen- und Strahlenforschung, für Kernforschung, für Optik und Spektroskopie; Institute für Festkörperphysik und Elektronenmikroskopie (angeschlossen ist das Internationale Zentrum für Elektronenmikroskopie), für Hochenergiephysik, für Physik der Werkstoffbearbeitung sowie Zentrum für wissenschaftlichen Gerätebau. 4. Forschungsbereich Chemie. Zentralinstitute für physikalische Chemie, für anorganische Chemie, für organische Chemie; Institute für Polymerenchemie, für technische Chemie, für Aufbereitung sowie für Technologie der Fasern; Forschungsstelle für chemische Toxikologie. 5. Forschungszentrum für Molekularbiologie und Medizin. Zentralinstitute für Krebsforschung, für Herz- und Kreislauf-Regulationsforschung, für Molekularbiologie, für Mikrobiologie und experimentelle Therapie, für Genetik und Kulturpflanzenforschung sowie für Ernährung; Institut für Biochemie der Pflanzen; Institut für Wirkstofforschung; Zoologische Forschungsstelle für Wirbeltierforschung. 6. Forschungsbereich Gesellschaftswissenschaften. Zentralinstitute für Philosophie, für Wirtschaftswissenschaften, für Geschichte, für Literaturgeschichte, für Sprachwissenschaft (Sprache, VIII.) sowie für alte Geschichte und Archäologie; Institute für Wirtschaftsgeschichte, für Theorie, Geschichte und Organisation der Wissenschaft, für Theorie des Staates und des Rechts, für sorbische Volksforschung sowie für Soziologie und Sozialpolitik (gegr. 1978). Darüber hinaus bestehen die Forschungsstelle für Akademiegeschichte, die Alexander-von-Humboldt-Forschungsstelle und ein Wissenschaftliches Informationszentrum. 1982 wurden ein Institut für Ästhetik und Kunstwissenschaften und ein Physikalisch-Technisches Institut neu gegründet. Nach dem VIII. Parteitag der SED (1971) wurde der AdW die Funktion einer zentralen Koordinationsstelle für die gesamte naturwissenschaftlich-technische und für ausgewählte Gebiete der gesellschaftswissenschaftlichen Forschung in der DDR übertragen. Auf der Grundlage der Perspektiv- und Jahrespläne und der im „Staatsplan Wissenschaft und Technik“ bzw. im „Zentralen Forschungsplan der marxistisch-leninistischen Gesellschaftswissenschaft“ enthaltenen Ziele der Forschungspolitik werden zwischen der AdW und den Ministerien und zentralen Staatsorganen, denen Forschungseinrichtungen unterstehen, Forschungspläne für die jeweiligen Bereiche erstellt. Im Rahmen dieser Pläne trifft die AdW mit den Forschungseinrichtungen [S. 33]der Wirtschaft, des Staatsapparates oder den Universitäten und Hochschulen Festlegungen über die jeweils einzuschlagende Forschungsstrategie, insbesondere die Nutzung des Forschungspotentials der AdW, die Verteilung der Aufgaben und die Finanzierung des Forschungsvorhabens. Enge Kooperationsbeziehungen bestehen ferner zu den anderen Akademien der DDR. Die AdW hat Promotionsrecht (A und B) und das Recht, wissenschaftliche Mitarbeiter zu Professoren zu ernennen. Zur Wahrnehmung ihrer Leitfunktion in zentralen Bereichen der Gesellschaftswissenschaften wurden der AdW Wissenschaftliche Räte zugeordnet. Ihr sind ferner 11 wissenschaftliche Gesellschaften (Biologische G.; G. für physikalische und mathematische Biologie; Chemische G.; Geographische G.; G. für Geologische Wissenschaften; Historiker-G.; Mathematische G.; Meteorologische G.; Parasitologische G.; Physikalische G.; G. für Weltraumforschung und Raumfahrt) und 25 Nationalkomitees (für Chemie, Kristallographie, Astronomie, Geodäsie und Kartographie, geologische Wissenschaften, angewandte Systemanalyse, der Historiker, der Byzantinisten, für Literaturwissenschaft, Philosophie und Geschichte der Wissenschaften, politische Wissenschaften, der Slawisten, für soziologische Forschung, südosteuropäische Studien, Ur- und Frühgeschichte, der Wirtschaftshistoriker, für Mathematik, Mechanik, Kybernetik und Informationsverarbeitung, für Biowissenschaften, medizinische Physik, für Physik und für Radiophysik und Radiotechnik, ebenso die beiden Nationalkomitees für das Wissenschaftliche Komitee für Umweltprobleme [SCOPE] und das Komitee für Daten in Wissenschaft und Technologie [CODATA]) zur Vertretung der wissenschaftspolitischen Interessen der DDR in internationalen Organisationen zugeordnet. Sie ist in 50 internationalen nichtstaatlichen wissenschaftlichen Vereinigungen vertreten. Die AdW unterhält intensive Beziehungen zu wissenschaftlichen Institutionen des Auslandes, vor allem der Länder des RGW. Mit über 200 Forschungsinstituten in den RGW-Staaten, davon etwa 80 der UdSSR, bestehen Kooperationsvereinbarungen. Institute der AdW übernehmen im Rahmen dieser Vereinbarungen Leitfunktionen. Zu komplexen Problembereichen werden multinationale „Problemkommissionen“ gebildet, deren Aufgabe die Koordinierung und gemeinsame Durchführung von Forschungsprojekten, die Abhaltung wissenschaftlicher Konferenzen und die Herausgabe von Informationsbulletins und anderen Publikationen ist (z.B. Problemkommission „Ökonomie und Politik der Entwicklungsländer“). Über die Arbeit der AdW informieren die Monatszeitschrift „spektrum“, die Jahresberichte der AdW und Berichte über wissenschaftliche Tagungen und Kongresse. Zu weiteren Publikationszwecken steht der Akademie-Verlag Berlin (Ost) zur Verfügung. Fundstelle: DDR Handbuch. 3., überarbeitete und erweiterte Auflage, Köln 1985: S. 31–33 Akademie der Künste der DDR (AdK) A, B, C, D, E, F, G, H, I, J, K, L, M, N, O, P, Q, R, S, T, U, V, W, Z Akademie für Ärztliche Fortbildung

Siehe auch: Akademie der Wissenschaften der DDR (AdW): 1975 1979 Akademie der Wissenschaften, Deutsche: 1956 1958 1959 1960 1962 1963 1965 1966 Akademie der Wissenschaften, Deutsche (DADW): 1954 Deutsche Akademie der Wissenschaften zu Berlin: 1975 1979 Deutsche Akademie der Wissenschaften zu Berlin (DAdW): 1969 Die AdW ist die bedeutendste Forschungsinstitution der DDR. Ihr ist die Aufgabe übertragen, in enger Zusammenarbeit mit den Universitäten und Hochschulen,…

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Patentwesen (1985)

Siehe auch: Patentrecht: 1956 1958 1959 1960 1962 1963 1965 1966 1969 1975 1979 Patentwesen: 1956 1975 1979 Grundlage des P. ist das Gesetz über den Rechtsschutz für Erfindungen — Patentgesetz — vom 27. 10. 1983 (GBl., S. 284), durch das das Patentgesetz vom 6. 9. 1950 (GBl., S. 989, i. d. F. vom 31. 7. 1963, GBl. I, S. 121) abgelöst wurde. Die Verfassung vom 6. 4. 1968 i. d. F. vom 7. 10. 1974 (GBl. I, S. 432) stellt in Art. 11 Abs. 2 die Rechte von Erfindern ausdrücklich unter den Schutz des sozialistischen Staates. Das Patentgesetz will das erfinderische Schaffen sowie die umfassende Nutzung von Erfindungen fördern und durch Patente schützen. Es unterscheidet zwischen dem Ausschließungspatent, das dem Patentinhaber das alleinige Benutzungsrecht einräumt, und dem als Regelfall ausgestalteten Wirtschaftspatent, bei dem die Benutzungsbefugnis dem Inhaber und demjenigen zusteht, dem sie durch das Patentamt erteilt wird. Daneben kennt das Gesetz Geheimpatente für Erfindungen, die der Verteidigung dienen oder besondere staatliche Interessen betreffen. Für sie können vom Gesetz abweichende Regelungen getroffen werden. Das Wirtschaftspatent ist die in der Praxis vorherrschende Erscheinungsform des Patents. Dies ergibt sich schon daraus, daß für Erfindungen, die im Zusammenhang mit der Tätigkeit des Erfinders in einem sozialistischen Betrieb oder staatlichen Organ (Ursprungsbetrieb) oder mit staatlicher Unterstützung gemacht worden sind, nur Wirtschaftspatente erteilt werden dürfen. Darüber hinaus kann bei Vorliegen einer wirtschaftlichen, sozialen oder kulturellen Notwendigkeit der Präsident des Patentamtes die Wirksamkeit eines Ausschließungspatents gegen Zahlung einer Entschädigung einschränken oder aufheben. Ein Rechtsmittel gegen eine solche Maßnahme ist nicht vorgesehen, lediglich wegen der Höhe der Entschädigung kann das Bezirksgericht Leipzig angerufen werden. Auch durch andere Bestimmungen wird das Wirtschaftspatent gegenüber dem Ausschließungspatent bevorzugt. Zum Zweck der schnelleren Information über Erfindungen und ihrer schnelleren Nutzung ist seit 1963 das Erteilungsverfahren vereinfacht worden. Das Patentamt kann ein Patent ohne sachliche Prüfung der Schutzvoraussetzungen erteilen. Auf Antrag findet eine nachträgliche Prüfung der Schutzvoraussetzungen statt. Dem Erfinder steht beim Wirtschaftspatent das Recht auf moralische und materielle Anerkennung und bei Erfindungen außerhalb von „Ursprungsbetrieben“ das Recht auf eigene Benutzung zu. Sozialistische Betriebe und staatliche Organe dürfen durch Wirtschaftspatent geschützte Erfindungen ohne besondere Erlaubnis benutzen. Sie haben lediglich Informationspflichten gegenüber dem Patentamt oder dem Ursprungsbetrieb. Andere Betriebe, Einrichtungen und Bürger benötigen zur Benutzung einer durch Wirtschaftspatent geschützten Erfindung die Erlaubnis des Patentamtes. Die Vergabe und der Austausch von Lizenzen mit Partnern außerhalb der DDR richtet sich nach der VO vom 11. 12. 1968 (GBl. II, 1969, S. 125) (Lizenzen). Die staatlichen Außenhandelsbetriebe (AHB) haben die Aufgabe, ständig den Markt für den Abschluß von Lizenzgeschäften zu erforschen und den Betrieben zu helfen, geeignete Vertragspartner ausfindig zu machen. Zuständig für das Patent-, Muster- und Zeichenwesen [S. 979]ist das Patentamt in Berlin (Ost) (Präsident 1982: Prof. Dr. J. Hemmerling). Es ist Organ des Ministerrates (Statut des Amtes für Erfindungs- und P. vom 15. 6. 1978, GBl. I, S. 217). Das Patentamt soll auch die Neuererbewegung (Sozialistischer Wettbewerb) fördern und lenken. Auch die aufgrund des Gebrauchsmustergesetzes vom 8. 1. 1956 (GBl., S. 105), das durch das Änderungsgesetz zum Patentgesetz vom 31. 7. 1963 ersatzlos aufgehoben wurde, eingetragenen und angemeldeten Gebrauchsmuster werden vom Patentamt betreut. Eine Verlängerung ihrer Schutzfristen ist jedoch nicht mehr zulässig. Das Patentamt führt auch das Warenzeichenregister (Warenzeichen). Für alle Klagen, durch die ein Anspruch aus einem Patent geltend gemacht wird, ist das Bezirksgericht Leipzig zuständig. Über Beschwerden gegen Entscheidungen des Patentamtes entscheiden Beschwerdespruchstellen, als Kassationsinstanz der Senat des Patentamtes. Bei Nichtigerklärung von Patenten ist Berufungsinstanz ein Zivilrechtssenat des Obersten Gerichts. Zur Vertretung von Patentsachen sind Patentanwälte zugelassen. Die ausschließliche Vertretungsbefugnis für Rechtsuchende, die in der DDR weder Wohnsitz noch Niederlassung haben und für die Vertretungszwang besteht, ist durch VO vom 26. 8. 1965 (GBl. II, S. 695) dem Büro für die Vertretung in Patent-, Muster- und Zeichenangelegenheiten übertragen worden, wodurch die Patentanwälte auf die Vertretung solcher Personen beschränkt worden sind, die ihren Wohnsitz oder ihre Niederlassung in der DDR haben. Im Rechtsverkehr führt das Büro die Bezeichnung „Internationales Patentbüro Berlin“. Mit VO vom 15. 3. 1956 (GBl. I, S. 271) hat die DDR die Wiederanwendung der Pariser Verbandsübereinkunft zum Schutze des gewerblichen Eigentums und ihrer Nebenabkommen erklärt. Fundstelle: DDR Handbuch. 3., überarbeitete und erweiterte Auflage, Köln 1985: S. 978–979 Patenschaften A, B, C, D, E, F, G, H, I, J, K, L, M, N, O, P, Q, R, S, T, U, V, W, Z Patriotismus

Siehe auch: Patentrecht: 1956 1958 1959 1960 1962 1963 1965 1966 1969 1975 1979 Patentwesen: 1956 1975 1979 Grundlage des P. ist das Gesetz über den Rechtsschutz für Erfindungen — Patentgesetz — vom 27. 10. 1983 (GBl., S. 284), durch das das Patentgesetz vom 6. 9. 1950 (GBl., S. 989, i. d. F. vom 31. 7. 1963, GBl. I, S. 121) abgelöst wurde. Die Verfassung vom 6. 4. 1968 i. d. F. vom 7. 10. 1974 (GBl. I, S. 432) stellt in Art. 11 Abs. 2 die Rechte von Erfindern ausdrücklich unter…

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Arbeiter-und-Bauern-Inspektion (ABI) (1985)

Siehe auch: Arbeiter-und-Bauern-Inspektion: 1965 Arbeiter-und-Bauern-Inspektion (ABI): 1966 1969 1975 1979 Die ABI ist ein staatliches und gesellschaftliches Kontrollorgan, das 1963 auf Beschluß des Zentralkomitees (ZK) der SED und des Ministerrates der DDR geschaffen wurde. Die ABI wird verstanden als eine Form der Volkskontrolle, deren Ziel die Erfüllung der Aufgaben der sozialistischen Gesellschaft, die Festigung der Staatsmacht, die Förderung der Aktivität der Massen und die Entwicklung des sozialistischen Bewußtseins ist. Der Beschluß über die ABI vom 6. 8. 1974 macht ihr zur Aufgabe, die Erfüllung der Beschlüsse der SED und der Regierung systematisch zu kontrollieren, aktiven Einfluß auf die Realisierung der Produktionspläne und auf die Vervollkommnung der Leitung und Planung zu nehmen, die Vorschläge, Kritiken und Eingaben aus der Bevölkerung sorgfältig zu prüfen und auf deren gewissenhafte Bearbeitung durch die Leiter hinzuwirken sowie alle Verletzungen der Sozialistischen Gesetzlichkeit und der Staatsdisziplin, Verschwendung von Volkseigentum und Erscheinungen des Bürokratismus energisch zu bekämpfen. Bereits 1946 waren Volkskontrollausschüsse zunächst als Hilfsorgane der Deutschen Volkspolizei (DVP) bei der Bekämpfung von Wirtschaftsdelikten tätig, ihre Aufgaben wurden 1948 auf die Kontrolle der Plandurchführung ausgedehnt. Gleichzeitig sind bei der Deutschen Wirtschaftskommission die Zentrale Kontrollkommission und in den Ländern der SBZ Kontrollkommissionen errichtet worden. 1952 wurde die Zentrale Kontrollkommission in eine Zentrale Kommission für Staatliche Kontrolle (ZKSK) umgebildet, in die die Kontrollkommissionen der Länder und auch die Volkskontrollbewegung aufgenommen wurden. In der ABI wurden 1963 die ZKSK und die sie seit 1962 ehrenamtlich unterstützenden Helfer der Staatlichen Kontrolle nach sowjetischem Vorbild organisatorisch zusammengefaßt. Die gegenwärtige Organisationsstruktur der ABI beruht zum einen auf der Verbindung von Partei-, staatlicher und gesellschaftlicher Kontrolle, zum anderen auf der Kombination von Territorial- und Produktionsprinzip. Organe sind das Komitee der ABI auf zentraler Ebene, die Bezirks-, Kreis-, Stadt- und Stadtbezirkskomitees, die Kombinatsinspektionen, die Kommissionen der ABI in Betrieben und Einrichtungen sowie die Volkskontrollausschüsse in den Städten und Gemeinden. Das Komitee der ABI ist ein Organ sowohl des ZK der SED als auch des Ministerrates und diesen beiden Gremien gegenüber rechenschaftspflichtig. Es leitet und koordiniert die Kontrolltätigkeit der Organe der ABI, es beschließt [S. 54]den zentralen Kontrollplan. Die Bezirks-, Kreis-, Stadt- und Stadtbezirkskomitees sind Organe der jeweils übergeordneten Komitees der ABI und ihnen sowie den zuständigen leitenden Parteiorganen der SED und den örtlichen Volksvertretungen rechenschaftspflichtig. Die Mitarbeiter der Komitees sind hauptamtlich tätig, ihre für einzelne Sachgebiete gebildeten Inspektionsgruppen verfügen über haupt- und ehrenamtliche Mitarbeiter. Ehrenamtlich arbeiten die Kommissionen der ABI in den Betrieben, Genossenschaften und Einrichtungen und die Volkskontrollausschüsse in Städten und Gemeinden. Die Kommissionen sind Kontrollorgane der jeweiligen SED-Grundorganisation. Neben dieser territorialen Organisationsstruktur bestehen hauptamtlich geleitete Kombinatsinspektionen auf der Basis des Produktionsprinzips. Die Inspektionen in den zentralgeleiteten Kombinaten und Einrichtungen unterstehen dem zentralen Komitee der ABI direkt, die Kombinatsinspektionen in der bezirksgeleiteten Wirtschaft dem Bezirkskomitee der ABI. In Betrieben, Kombinaten und Einrichtungen, in denen Kreisleitungen der SED bestehen, werden Kreiskomitees der ABI gebildet. Diese Komitees unterstehen den Bezirkskomitees der ABI. Der Kontrolle durch die ABI unterliegen die Ministerien und anderen zentralen Staatsorgane, die örtlichen Räte und ihre Fachorgane, die wirtschaftsleitenden Organe sowie die Betriebe, Kombinate, Genossenschaften und Einrichtungen. Sie erstreckt sich nicht auf die Volksvertretungen, die Parteien, die gesellschaftlichen Organisationen sowie die Bereiche der Landesverteidigung, Sicherheit, Justiz und Auswärtigen Angelegenheiten. Die Organe der ABI sind mit Kontroll-, Veranlassungs- und Handlungsbefugnissen ausgestattet, die über die bloße Feststellung von Kontrollergebnissen erheblich hinausgehen. So haben die Komitees und Inspektionen ein Weisungsrecht gegenüber dem Kontrollunterworfenen, können Auflagen zur Mängelbeseitigung erteilen und Berichterstattung über Erfüllung anordnen. Die Komitees haben die Möglichkeit, Disziplinar- und Ordnungsstrafen zu veranlassen oder selbst zu erteilen. Den Kommissionen der ABI, den Volkskontrollausschüssen und den Gruppen der Volkskontrolle kommen im Rahmen ihrer Kontrolltätigkeit Weisungsrechte und dergleichen jedoch nicht zu, sie können lediglich dem übergeordneten Komitee der ABI bestimmte Maßnahmen vorschlagen. Bei der Ausübung ihrer Kontrolltätigkeit arbeitet die ABI mit den Arbeiterkontrolleuren des Freien Deutschen Gewerkschaftsbundes (FDGB), den Kontrollposten der Freien Deutschen Jugend (FDJ), den Ausschüssen der Nationalen Front und anderen gesellschaftlichen und staatlichen Organen mit Kontrollfunktionen zusammen. Nach Angaben der DDR sind in den Organen der ABI ca. 249.000 Bürger ehrenamtlich tätig (1984). Fundstelle: DDR Handbuch. 3., überarbeitete und erweiterte Auflage, Köln 1985: S. 53–54 Arbeiter-und-Bauern-Fakultät (ABF) A, B, C, D, E, F, G, H, I, J, K, L, M, N, O, P, Q, R, S, T, U, V, W, Z Arbeiter-und-Bauern-Macht

Siehe auch: Arbeiter-und-Bauern-Inspektion: 1965 Arbeiter-und-Bauern-Inspektion (ABI): 1966 1969 1975 1979 Die ABI ist ein staatliches und gesellschaftliches Kontrollorgan, das 1963 auf Beschluß des Zentralkomitees (ZK) der SED und des Ministerrates der DDR geschaffen wurde. Die ABI wird verstanden als eine Form der Volkskontrolle, deren Ziel die Erfüllung der Aufgaben der sozialistischen Gesellschaft, die Festigung der Staatsmacht, die Förderung der Aktivität der Massen und die…

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Hausgemeinschaften (1985)

Siehe auch die Jahre 1965 1966 1969 1975 1979 Gelten als wichtige Form des Gemeinschaftslebens der Bürger im Wohngebiet (auch Wohnbezirk). Mit ihrer Hilfe soll auch im Freizeitbereich jener Prozeß der Herausbildung sozialistischer Denk- und Verhaltensweisen gefördert werden, den die Partei sonst vor allem im Arbeitsleben ständig zu initiieren sucht. Seit Mai 1953 erfolgte die Bildung von H. als Stützpunkte der Nationalen Front der DDR für die politisch-ideologische Arbeit mit den Bürgern. Sie sind heute die untersten Gremien der Nationalen Front, in denen staatliche und gesellschaftliche Aktivitäten unter Führung der Sozialistischen Einheitspartei Deutschlands (SED) zusammenfließen. Ihre Bildung erfolgt auf dem Wege einer Entscheidung der Hausversammlung mit Unterstützung des Wohngebietsausschusses der Nationalen Front. Sie wählen eine H.-Leitung und beschließen in der Regel ein Arbeitsprogramm. Ihre allgemeine Funktion besteht in der Gestaltung „sozialistischer“ Beziehungen zwischen den Hausbewohnern, im gemeinsamen Lösen von Aufgaben im Hause, in der Vertretung der Interessen der H. gegenüber staatlichen Organen und Institutionen. Zu den Aufgaben einer H. gehören im einzelnen: das regelmäßige persönliche politische Gespräch mit allen Hausbewohnern; die Anregung von Initiativen der Bürger zur Erhaltung der Bausubstanz, zur Verbesserung der Wohnverhältnisse und zur Verschönerung der Grundstücke im Rahmen des Wettbewerbs „Schöner unsere Städte und Gemeinden — Mach mit!“; die Beteiligung an Aufbaueinsätzen (Nationales Aufbauwerk [NAW]) im Wohngebiet und in der Gemeinde; die Entwicklung der staatsbürgerlichen Aktivität aller Hausbewohner, insbesondere bei der Plandiskussion, der freiwilligen ehrenamtlichen Arbeit, der gesellschaftlichen Kontrolle z.B. durch die Überwachung der ordnungsgemäßen Führung des Hausbuches; die Durchführung von Solidaritätsaktionen; die gemeinschaftliche Gestaltung des geistig-kulturellen und sportlichen Lebens; die Organisierung der Nachbarschaftshilfe bis hin zur Einzelfallhilfe in persönlichen Schwierigkeiten, z.B. bei wirtschaftlichen Problemen oder im Zusammenhang mit der Resozialisierung Straffälliger (Strafvollzug); die Betreuung älterer Bürger; die gegenseitige Unterstützung bei Qualifizierung und Bildung; die Überwindung kleinerer Differenzen im Zusammenleben der Hausbewohner und die Durchsetzung der Hausordnung; die „Erschließung materieller Reserven“ (Altstoffe, Abfälle); die rationelle Verwendung der Energie; enge Zusammenarbeit über die Ausschüsse der Nationalen Front mit der kommunalen Wohnungsverwaltung (Bau- und Wohnungswesen, VI.), dem VEB Gebäudewirtschaft bzw. den Leitungen der Arbeiterwohnungsbaugenossenschaften (AWG) oder der Genossenschaftlichen Wohnungsbaugesellschaften. Da in vielen Fällen die H.-Leitung nicht genügend aktiv ist, lastet die meiste Arbeit auf ihrem Vorsitzenden, dem Hausvertrauensmann (pl.: Hausvertrauensleute). Der Hausvertrauensmann ist als der politische Funktionär der Nationalen Front im jeweiligen Wohnhaus zu betrachten. Da es keine andere Form gibt, über die die Bürger derart umfassend zum gemeinsamen Handeln mobilisiert werden können, wird der Bildung von H. wachsende Bedeutung beigemessen. Sie existieren jedoch noch keineswegs überall, und besonders in kleineren Gemeinden sowie in privaten Häusern begegnet ihre Einrichtung immer wieder Schwierigkeiten. Um die Arbeit von H. zu stimulieren, organisieren Ausschüsse der Nationalen Front Wettbewerbe um den Titel „Vorbildliche Hausgemeinschaft“. Seit einigen Jahren empfiehlt man den H., Chroniken anzufertigen (Hauschroniken), die als Nachweis über die Entwicklung einer H. dienen und zugleich eine gemeinschaftsbildende Funktion ausüben sollen. Fundstelle: DDR Handbuch. 3., überarbeitete und erweiterte Auflage, Köln 1985: S. 596 Hausgeld A, B, C, D, E, F, G, H, I, J, K, L, M, N, O, P, Q, R, S, T, U, V, W, Z Haushaltsausgleich

Siehe auch die Jahre 1965 1966 1969 1975 1979 Gelten als wichtige Form des Gemeinschaftslebens der Bürger im Wohngebiet (auch Wohnbezirk). Mit ihrer Hilfe soll auch im Freizeitbereich jener Prozeß der Herausbildung sozialistischer Denk- und Verhaltensweisen gefördert werden, den die Partei sonst vor allem im Arbeitsleben ständig zu initiieren sucht. Seit Mai 1953 erfolgte die Bildung von H. als Stützpunkte der Nationalen Front der DDR für die politisch-ideologische Arbeit mit den…

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Lebensversicherung (1985)

Siehe auch die Jahre 1953 1954 1956 1958 1959 1960 1962 1963 1965 1966 1969 1975 1979 L.-Verträge können bei der Staatlichen Versicherung der DDR abgeschlossen werden als Ergänzung des durch die Sozialversicherung gewährten gesetzlichen Versicherungsschutzes. Rechte und Pflichten der Versicherungsnehmer und der Versicherungseinrichtung sind in § 265 (Personenversicherung) des Zivilgesetzbuches der DDR vom 19. 6. 1975 geregelt (Zivilrecht). Der Versicherungsnehmer kann, je nach seinen Bedürfnissen, unter verschiedenen Formen der L. wählen. Die vereinbarte L.-Summe kann fällig werden: beim Tode des Versicherten, bei Erreichen eines bestimmten Alters, bei Beitragszahlung entweder für eine bestimmte Zahl von Jahren (mindestens 10 bzw. bis zum 85. Lebensjahr) oder an einem festen Auszahlungstag. Diese Grundformen lassen sich zu weiteren Formen der L. ausbauen. So kann z.B. das Risiko der Invalidität in der Weise mit einbezogen werden, daß die Beitragszahlungspflicht bei Eintritt der Invalidität des Versicherungsnehmers ganz oder teilweise erlischt. Die L. mit festem Auszahlungstermin kann unter Berücksichtigung des voraussichtlichen Heirats- oder Berufsausbildungsalters der Kinder zu einer Aussteuer- oder Kinderversorgungs-Versicherung weiterentwickelt werden. Die reine Erlebensfallversicherung wird in der Regel als Leibrentenversicherung abgeschlossen, wobei in der DDR zeitweilig die Form der Sparrentenversicherung eine gewisse Bedeutung erlangt hatte. Gegenwärtig ist die L. die wichtigste, weil am stärksten verbreitete Form der Personenversicherung. Die Zahl der abgeschlossenen L.-Verträge vergrößerte sich seit 1950 wie folgt: Am Jahresende 1982 hatten 644 von 1000 Einwohnern der DDR eine L. abgeschlossen. Entsprechend dem Wachstum des Lebensstandards und des Geldvermögens der privaten Haushalte ist nicht nur die Zahl der Verträge, sondern weit stärker noch die Höhe der Abschlüsse gestiegen. Dadurch vergrößerten sich die Sparguthaben der L. überdurchschnittlich von 0,5 Mrd. Mark 1950 auf 2,2 Mrd. Mark 1960, 6,0 Mrd. Mark 1970 und 11,4 Mrd. Mark 1982. Fundstelle: DDR Handbuch. 3., überarbeitete und erweiterte Auflage, Köln 1985: S. 816 Lebensstandard A, B, C, D, E, F, G, H, I, J, K, L, M, N, O, P, Q, R, S, T, U, V, W, Z Lebensweise, Sozialistische

Siehe auch die Jahre 1953 1954 1956 1958 1959 1960 1962 1963 1965 1966 1969 1975 1979 L.-Verträge können bei der Staatlichen Versicherung der DDR abgeschlossen werden als Ergänzung des durch die Sozialversicherung gewährten gesetzlichen Versicherungsschutzes. Rechte und Pflichten der Versicherungsnehmer und der Versicherungseinrichtung sind in § 265 (Personenversicherung) des Zivilgesetzbuches der DDR vom 19. 6. 1975 geregelt (Zivilrecht). Der Versicherungsnehmer kann, je nach seinen…

DDR A-Z 1985

Passierscheinabkommen (1985)

Siehe auch die Jahre 1965 1966 1969 1975 1979 Am 17. 12. 1963 wurde das erste P. von DDR-Staatssekretär Erich Wendt und dem West-Berliner Senatsrat Horst Korber unterzeichnet. Damit öffneten sich den West-Berlinern 28 Monate nach dem Bau der Mauer wieder, wenn auch personell und zeitlich begrenzt, die Übergänge zum Ostteil ihrer Stadt. Am 22. 8. 1961 hatte die Regierung der DDR für West-Berliner eine Anordnung erlassen, die den Besuch Ost-Berlins von Aufenthaltsgenehmigungen abhängig machte, wie sie seit dem Herbst 1960 für Bürger der Bundesrepublik Deutschland vorgeschrieben waren. Die DDR verlangte die Einrichtung von Passierscheinstellen in den Westsektoren von Berlin. Ihr Versuch, derartige Büros am 26. 8. 1961 auf 2 S-Bahnhöfen zu eröffnen, wurde von der West-Berliner Polizei auf Weisung der Alliierten unterbunden. Das P. wurde in 6tägigen, mehr als 30 Stunden dauernden, abwechselnd im Ost- und Westteil Berlins stattfindenden Gesprächen zwischen Korber und Wendt ausgehandelt. Die DDR war bemüht, der Übereinkunft den Charakter eines völkerrechtlichen Vertrages zu verleihen, während der Senat von Berlin darin nur eine Verwaltungsvereinbarung sah. Das P. wurde „ungeachtet der unterschiedlichen politischen und rechtlichen Standpunkte“ von Staatssekretär Wendt „auf Weisung des Stellvertreters des Vorsitzenden des Ministerrates der DDR“ und von Senatsrat Korber „auf Weisung des Chefs der Senatskanzlei, die im Auftrag des Regierenden Bürgermeisters von Berlin gegeben wurde“, unterzeichnet. Beide Seiten stellten ausdrücklich fest, daß „eine Einigung über gemeinsame Orts-, Behörden- und Amtsbezeichnungen nicht erzielt werden konnte“. Bundesregierung und Senat betonten in einer gemeinsamen Stellungnahme zum P., daß „der Rechtsstatus von Berlin durch diese Vereinbarung nicht geändert wird und daß damit ebenfalls keinerlei Änderung der bisheri[S. 977]gen Politik der Nichtanerkennung gegenüber dem Zonenregime verbunden ist“. Das erste P. gestattete „Einwohnern von Berlin (West)“ den Besuch bei ihren „Verwandten in Berlin (Ost), in der Hauptstadt der Deutschen Demokratischen Republik“, mit Passierscheinen in der Zeit vom 19. 12. 1963 bis 5. 1. 1964. Als Verwandtenbesuch galt „der Besuch von Eltern, Kindern, Großeltern, Enkeln, Geschwistern, Tanten und Onkeln, Nichten und Neffen sowie der Ehepartner dieses Personenkreises und der Besuch von Ehegatten untereinander“. Zur Ausgabe der Passierscheine wurden in den West-Berliner Bezirken 12 Büros eingerichtet, in denen Angestellte der Ost-Berliner Post Anträge entgegennahmen und Passierscheine ausgaben. Die Bearbeitung der Anträge erfolgte in Berlin (Ost). Der Senat behielt sich in den Passierscheinstellen das Hausrecht vor. Nach offiziellen Angaben der DDR wurden insgesamt 1.318.519 Passierscheine für Besuche im Ostteil der Stadt ausgegeben, von denen 1.242.810 tatsächlich benutzt wurden. Zahlreiche West-Berliner passierten die Grenzen zwei- oder mehrmals, bevor die Übergänge in der Nacht vom 5. zum 6. 1. für sie erneut geschlossen wurden. Das P. war in der öffentlichen Meinung des Westens umstritten. Während der Berliner Senat und die ihn tragenden Parteien, SPD und FDP, in den auf eindrucksvolle Weise erneuerten menschlichen Kontakten einen positiven Faktor und einen neuen Impuls für die westliche Deutschlandpolitik sahen, mehrten sich in den Reihen der CDU/CSU Stimmen, die in dem P. einen Schritt zur Aufwertung der DDR und zur Bestätigung einer Drei-Staaten-Konzeption sahen. Die DDR bemühte sich, das P. als „ein Stück Selbstbestimmungsrecht für Berlin (West)“ und einen Beweis für „die nicht zu bezweifelnde völkerrechtliche wie faktische Existenz“ der DDR zu bewerten (W. Ulbricht am 3. 1. 1964). Korber und Wendt setzten ihre Gespräche im Januar 1964 fort. Nach schwierigen Verhandlungen gelang es ihnen, am 24. 9. 1964 ein zweites P. auf der Basis ihrer ersten Übereinkunft abzuschließen, durch das einige praktische Regelungen für die Ausgabe von Passierscheinen verbessert werden konnten. Noch zweimal — am 25. 11. 1965 und am 7. 3. 1966 — konnten diese Abmachungen erneuert werden. Dieses 3. und 4. P. wurden von der Seite der DDR nicht mehr von Staatssekretär Wendt, sondern von Staatssekretär Dr. Michael Kohl unterzeichnet. Während der verschiedenen Besuchszeiträume, die in den P. festgelegt wurden, registrierte die DDR folgende Besucherzahlen: 30. 10. bis 12. 11. 1964: 571.000 Besucher in 14 Tagen (durchschnittlich 40.785 pro Tag), 19. 12. 1964 bis 3. 1. 1965: 823.500 Besucher in 16 Tagen (51.469 pro Tag), 12. 4. bis 25. 4. 1965: 581.500 Besucher in 14 Tagen (41.535 pro Tag), 31. 5. bis 13. 6. 1965: 498.500 Besucher in 14 Tagen (35.607 pro Tag), 18. 12. 1965 bis 2. 1. 1966: 824.000 Besucher in 16 Tagen (51.500 pro Tag), 7. bis 20. 4. 1966: 510.400 Besucher in 19 Tagen (26.863 pro Tag), 23. 5. bis 5. 6. 1966: 468.000 Besucher in 14 Tagen (33.428 pro Tag). Im Oktober 1964 konnte auf der Grundlage des 2. P. eine Passierscheinstelle für dringende Familienangelegenheiten (als solche galten Geburten, Eheschließungen, lebensgefährliche Erkrankungen und Sterbefälle) eröffnet werden, die auch nach dem Auslaufen des 4. P. bestehenblieb (vom April 1967 an arbeitete diese Härtestelle ohne Vereinbarung weiter); ihre Dienste nahmen mehrere hunderttausend West-Berliner bis 1971 in Anspruch. Im Dezember 1964 verlangte die DDR einen verbindlichen Mindestumtausch von 3 DM je Person und Tag. Die Umtauschsumme wurde im Juli 1968 auf 5 DM erhöht. Kinder und Rentner wurden von der Verpflichtung, diesen Geldbetrag im Verhältnis 1:1 umzuwechseln, befreit. Nachdem in den laufenden Verhandlungen der Passierscheinunterhändler immer wieder grundlegende politische Meinungsverschiedenheiten sichtbar geworden waren, scheiterten 1966 schließlich die Bemühungen des Senats von Berlin, ein neues, 5. P. für den Herbst und Winter jenes Jahres auszuhandeln. Abgesehen von jenen, die in dringenden Familienangelegenheiten nach Berlin (Ost) fahren konnten, blieb für die Masse der West-Berliner die Grenze für die folgenden 6 Jahre versperrt. Ein Schreiben des Regierenden Bürgermeisters Schütz an den Vorsitzenden des Ministerrates, Stoph, vom 28. 2. 1968 blieb unbeantwortet. Im Frühjahr 1969 versuchte die DDR die Einberufung der Bundesversammlung nach Berlin (West) zu verhindern, indem sie Zugeständnisse in der Passierscheinfrage von einer Absage der Bundesversammlung abhängig machte. Gespräche zwischen Senatsdirektor Horst Grabert und Staatssekretär Dr. Kohl am 26. 2. 1969 blieben ergebnislos. Erst die im Viermächte-Abkommen über Berlin vom 3. 9. 1971 getroffenen Verfügungen über den Zutritt der West-Berliner zum Ostteil ihrer Stadt und zu den 14 DDR-Bezirken ermöglichten die Wiederaufnahme des Besuchs- und Reiseverkehrs, und zwar ab Ostern 1972 in weit größerem Umfang, als das aufgrund der personellen, zeitlichen und sachlichen Einschränkungen der P. bis dahin möglich gewesen war. Fundstelle: DDR Handbuch. 3., überarbeitete und erweiterte Auflage, Köln 1985: S. 976–977 Paß/Personalausweis A, B, C, D, E, F, G, H, I, J, K, L, M, N, O, P, Q, R, S, T, U, V, W, Z Patenschaften

Siehe auch die Jahre 1965 1966 1969 1975 1979 Am 17. 12. 1963 wurde das erste P. von DDR-Staatssekretär Erich Wendt und dem West-Berliner Senatsrat Horst Korber unterzeichnet. Damit öffneten sich den West-Berlinern 28 Monate nach dem Bau der Mauer wieder, wenn auch personell und zeitlich begrenzt, die Übergänge zum Ostteil ihrer Stadt. Am 22. 8. 1961 hatte die Regierung der DDR für West-Berliner eine Anordnung erlassen, die den Besuch Ost-Berlins von Aufenthaltsgenehmigungen abhängig…

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Verteidiger (1985)

Siehe auch die Jahre 1960 1962 1963 1965 1966 1969 1975 1979 Verfassung und Strafprozeßordnung der DDR geben einem einer strafbaren Handlung Beschuldigten das Recht, in jeder Lage des Verfahrens die Hilfe eines V. in Anspruch zu nehmen (Art. 102 der Verf., § 15 StPO). Als V. kann jeder in der DDR zugelassene Rechtsanwalt gewählt werden. Während in der Bundesrepublik Deutschland und in Berlin (West) jeder deutsche Rechtsanwalt, also auch ein Anwalt aus der DDR, als V. in Strafsachen auftreten kann, ist dies einem Rechtsanwalt aus der Bundesrepublik Deutschland oder aus Berlin (West) vor den Gerichten der DDR oder in Berlin (Ost) nicht möglich. Das DDR-Recht kennt auch das Institut der Pflichtverteidigung: In allen Strafverfahren erster und zweiter Instanz vor dem Obersten Gericht und in Strafverfahren erster Instanz vor den Bezirksgerichten (Gerichtsverfassung) ist dem Angeklagten, der sich keinen V. gewählt hat, ein solcher von Amts wegen zu bestellen, in gewissen Ausnahmefällen auch vor dem Kreisgericht (§ 63 StPO). Die Wahl eines V. steht aus den Einzelanwälten und den Kollegiumsanwälten (Rechtsanwaltschaft) offen. Als Pflicht-V. darf hingegen nur ein Rechtsanwalt bestellt werden, der einem Kollegium der Rechtsanwälte angehört. Für die Hauptverhandlung kann dem Angeklagten auch ein gesellschaftlicher V. bestellt werden (Strafverfahren, V.B.). Der V. soll unabhängig von anderen Prozeßbeteiligten die Rechte des Beschuldigten zu dessen Verteidigung wahrnehmen, den Beschuldigten beraten und alle entlastenden oder die Verantwortlichkeit mindernden Umstände vortragen. Ihm wird das Recht eingeräumt, den inhaftierten Beschuldigten zu sprechen, Beweisanträge zu stellen, an der gerichtlichen Hauptverhandlung mitzuwirken sowie Rechtsmittel einzulegen. Dabei ist jedoch festzustellen, daß dem Recht des V. enge Grenzen gezogen sind. Die dem V. auferlegte Pflicht zur Mitwirkung an der Wahrheitsfindung hat vor dem Schutzinteresse für den Beschuldigten oder Angeklagten den Vorrang. Entscheidend für den V. in seiner praktischen Tätigkeit dürfen mithin nicht etwa nur die Rechte des Angeklagten sein, sondern vor allem die Interessen der Gesellschaft: weil es „im Arbeiter-und-Bauern-Staat keine Gegensätzlichkeit der Interessen der Gesellschaft zu den gesetzlich geschützten Interessen des einzelnen Bürgers gibt, bedeutet die richtige, die gesetzlich fundierte Wahrung der Rechte des einzelnen zugleich Schutz der Interessen und Rechte aller, also der Rechte der Gesellschaft“ (Neue Justiz 1963, H. 1, S. 18, ebenso Staat und Recht 1978, H. 2, S. 144). Der V. ist zur Festigung der Sozialistischen Gesetzlichkeit und zur Entwicklung des sozialistischen Staats- und Rechtsbewußtseins der Bürger verpflichtet. Eine Unabhängigkeit des V. von Partei und Staat gibt es nicht. Das dem V. gewährte Recht auf Akteneinsicht ist dadurch eingeschränkt, daß diese Einsicht nur an Gerichtsstelle vorgenommen werden darf; der V. darf die Akten nicht in sein Büro mitnehmen. Die Sprech- oder Korrespondenzerlaubnis kann der Staatsanwalt mit einschränkenden Bedingungen versehen. Weitere Einschränkungen des Rechts auf Verteidigung ergeben sich aus Bestimmungen der Strafprozeßordnung. Mit einem rechtskräftigen Urteil ist die Aufgabe des V. noch nicht beendet. Er soll bei der Auswertung von Strafverfahren, der Erziehung des Verurteilten und der Eingliederung entlassener Strafgefangener in das gesellschaftliche Leben mitwirken. Strafvollzug. Fundstelle: DDR Handbuch. 3., überarbeitete und erweiterte Auflage, Köln 1985: S. 1432 Versicherungsaufsicht A, B, C, D, E, F, G, H, I, J, K, L, M, N, O, P, Q, R, S, T, U, V, W, Z Verteidigungsgesetz

Siehe auch die Jahre 1960 1962 1963 1965 1966 1969 1975 1979 Verfassung und Strafprozeßordnung der DDR geben einem einer strafbaren Handlung Beschuldigten das Recht, in jeder Lage des Verfahrens die Hilfe eines V. in Anspruch zu nehmen (Art. 102 der Verf., § 15 StPO). Als V. kann jeder in der DDR zugelassene Rechtsanwalt gewählt werden. Während in der Bundesrepublik Deutschland und in Berlin (West) jeder deutsche Rechtsanwalt, also auch ein Anwalt aus der DDR, als V. in Strafsachen…

DDR A-Z 1985

Bauernkongreß der DDR (1985)

Siehe auch: Bauernkongreß der DDR: 1975 1979 Bauernkongreß, Deutscher: 1960 1962 1963 1965 1966 Deutscher Bauernkongreß: 1969 1975 1979 Konferenzen von Delegierten aus Betrieben und Verwaltungen der Landwirtschaft. Auf ihnen soll die Agrarpolitik der Partei- und Staatsführung propagiert, diskutiert und formal legitimiert werden. Veranstaltungen mit dieser Zielrichtung werden in der SBZ/DDR seit 1947 unter wechselnden Bezeichnungen abgehalten, die letzte als XII. Bauernkongreß der DDR im Mai 1982 in Berlin (Ost). Die ersten 5 (November 1947, Berlin [Ost]; März 1949, Berlin [Ost]; Dezember 1951, Leipzig; Februar 1954, Görlitz; März 1957, Güstrow) fanden als Deutscher Bauerntag statt. Träger war die Vereinigung der gegenseitigen Bauernhilfe (VdgB). Seit Abschluß der Kollektivierung (1960) werden sie vom Ministerrat der DDR, dem Zentral[S. 150]komitee (ZK) der SED, der Demokratischen Bauernpartei Deutschlands (DBD), der VdgB und dem Nationalrat der Nationalen Front einberufen. Sie tagten zunächst als Deutscher Bauernkongreß (Dezember 1960, Rostock; März 1962, Magdeburg; Februar 1964, Schwerin; Februar 1966, Berlin [Ost]; Juni 1968, Leipzig), dann (Juni 1972, Leipzig; Mai 1982, Berlin [Ost]) als B. der DDR. 1982 fungierte auch die Freie Deutsche Jugend (FDJ) als Mitträger des B. Zwischen dem Beginn (1952) und dem Abschluß der Kollektivierung (1960) organisierte die SED-Führung darüber hinaus 6 Konferenz(en) der Vorsitzenden und Aktivisten der Landwirtschaftlichen Produktionsgenossenschaften (LPG-Konferenzen). Sie dienten der inhaltlichen Ausgestaltung der Kollektivierungspolitik, z.B. durch Beschlüsse über die ersten Musterstatuten für die LPG Typ I bis III, und sollten für die Genossenschaftsbildung mobilisieren (Landwirtschaftliche Betriebsformen). Die seither veranstalteten B. stehen in dieser Tradition. Weshalb zwischen 1972 und 1982 auf die Veranstaltung von B. verzichtet wurde, ist nicht bekannt. Zur Beschlußfassung über neue Musterstatuten für die spezialisierten LPG Pflanzen- und Tierproduktion traten 1977 aber 2 Zentrale Konferenzen von Delegierten aus beiden Bereichen zusammen, die einstimmige Voten für die Satzungen und ergänzende Betriebsordnungen abgaben. Während die Delegierten der ersten 5 Bauerntage von Vertreterversammlungen der VdgB bestimmt wurden, werden sie seit 1960 von Kreisbauernkonferenzen gewählt. Diese Gremien benennen seit 1966 zugleich die Mitglieder der (Kreis-)Räte für Landwirtschaft und Nahrungsgüterwirtschaft (RLN). Entsprechende Gremien bestehen auch auf Bezirksebene. Der erstmals 1966 vom IX. B. gewählte (zentrale) RLN (damals noch Landwirtschaftsrat) übte bis 1972 die Funktionen des (1962 aufgelösten) Ministeriums für Landwirtschaft. Erfassung und Forstwirtschaft aus. Nach der Neubildung einer zentralen Landwirtschaftsadministration (Ministerium für Land-, Forst- und Nahrungsgüterwirtschaft [MfLFN]) 1972 wurden seine Aufgaben auf die eines Beratungsgremiums reduziert. Auf dem XII. B. fanden Neuwahlen zum zentralen RLN nicht mehr statt. Einen Bedeutungsverlust erfuhren offenbar auch die RLN der Bezirke. Auf der Kreisebene wurden sie dagegen reaktiviert — im Zusammenhang mit der Korrektur der strikten Spezialisierungspolitik der 70er Jahre (Agrarpolitik). Seit 1962 wurden wiederholt Entscheidungen der B. als Beschlüsse des Ministerrats im Gesetzblatt der DDR verkündet. Allerdings veröffentlichen die Veranstalter seit 1960 regelmäßig vor Kongreßbeginn Entschließungsentwürfe oder andere Dokumente, die den Tenor der Diskussion und die Entscheidungen präjudizieren. [S. 151]Den Delegierten des XII. B. (Mai 1982) lag der Entwurf des neuen LPG-Gesetzes vor. Er wurde zustimmend diskutiert und einstimmig gebilligt. Vom Ministerrat der Volkskammer zugeleitet, wurde das Gesetz im Juli 1982 verabschiedet. Die eher repräsentativen Kongresse bilden den Abschluß von Mobilisierungskampagnen im Kongreßvorfeld. In diesen versucht die Parteiführung, ihre jeweilige agrarpolitische Konzeption zu vermitteln, gelangt aber auch durch die Aufforderung zur Diskussion aktueller ökonomischer oder organisatorischer Probleme zu zusätzlichen Informationen über die Situation der Landwirtschaft. Zugleich bietet die Zusammensetzung der B. (überwiegend Funktionsträger) Gewähr sowohl für die Durchsetzung seiner Beschlüsse gegenüber der Landbevölkerung wie für ihre Beachtung in den regionalen Leitungsgremien des Staatsapparats und der Landwirtschaftsbetriebe. Anhang Fundstelle: DDR Handbuch. 3., überarbeitete und erweiterte Auflage, Köln 1985: S. 149–151 Bauaufsicht, Staatliche A, B, C, D, E, F, G, H, I, J, K, L, M, N, O, P, Q, R, S, T, U, V, W, Z Bausoldaten

Siehe auch: Bauernkongreß der DDR: 1975 1979 Bauernkongreß, Deutscher: 1960 1962 1963 1965 1966 Deutscher Bauernkongreß: 1969 1975 1979 Konferenzen von Delegierten aus Betrieben und Verwaltungen der Landwirtschaft. Auf ihnen soll die Agrarpolitik der Partei- und Staatsführung propagiert, diskutiert und formal legitimiert werden. Veranstaltungen mit dieser Zielrichtung werden in der SBZ/DDR seit 1947 unter wechselnden Bezeichnungen abgehalten, die letzte als XII.…

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Handelsorganisation (HO) (1985)

Die volkseigene HO ist die führende Organisation des Einzelhandels der DDR. Als staatliches Unternehmen repräsentiert sie die gesellschaftlich höchste Eigentumsform vor der genossenschaftlichen (Konsumgenossenschaften) und vor dem privaten und Kommissionshandel (Binnenhandel, III.). Von Anfang an hatte die HO nicht nur Verteilungsfunktionen, sondern auch weitergehende ökonomische und politische Aufgaben zu erfüllen. Gegründet wurde sie am 20. 10. 1948, zu einem Zeitpunkt, als in dem volkseigenen Sektor der Industrie schon fast die Hälfte der Produktion erzeugt wurde. Im Binnenhandel überwog dagegen noch der private Betrieb — neben dem damals noch recht kleinen genossenschaftlichen Sektor. Mit der Schaffung der staatlichen HO-Betriebe sollte der volkseigene Charakter des Binnenhandels gestärkt und der Widerspruch in den Eigentumsformen zwischen Produktion und Handel beseitigt oder wenigstens gemildert werden. Die HO-Läden waren anfangs die einzigen Verkaufsstellen, die knappe Waren zu stark überhöhten Preisen frei verkaufen durften, während die übrigen Handelseinrichtungen nur rationierte Waren zu verbilligten Preisen abgaben. Die Politik der gespaltenen Preise wurde 1958 aufgegeben und ein einheitliches Preisniveau eingeführt, wodurch die HO die Sonderfunktion der zusätzlichen Kaufkraftabschöpfung einbüßte. Planungstechnisch war der Zeitpunkt für die Schaffung der HO günstig gewählt. Mit dem Beginn des ersten Zweijahrplanes am 1. 1. 1949 war die DDR endgültig zum zentralen planwirtschaftlichen System übergegangen. Den staatlichen Planungsorganen standen mit der Existenz der HO-Betriebe nunmehr auch im Verteilungsbereich staatliche Betriebe zur Verfügung, was die Planung und den Planvollzug zweifellos erleichterte. Während in der frühen Nachkriegszeit der konsumgenossenschaftliche Handel deutlich gegenüber dem privaten Handel bevorzugt worden war, wurde nach 1949 die volkseigene HO die am stärksten geförderte und staatlich begünstigte Einzelhandelseinrichtung. Dementsprechend konnte sie ihren Umsatz sowohl absolut als auch im Vergleich zu den anderen Handelsorganisationen laufend erhöhen (vgl. Binnenhandel, Tabelle 1). Die neueste Entwicklung ist allerdings eher durch eine gewisse Annäherung der beiden Vertriebsformen HO und KG gekennzeichnet. Abgesehen von der regionalen Arbeitsteilung, die — seit 1953 — den Konsumgenossenschaften überwiegend die Versorgung der Landbevölkerung, der HO diejenige der Städte zuweist, werden heute die Gemeinsamkeiten der beiden Vertreter des „sozialistischen Einzelhandels“ stärker betont als die noch bestehenden Unterschiede. Die Einzelhandelsverkaufsstellen der HO sind den Bezirksdirektionen des volkseigenen Einzelhandels unterstellt, die vom Rat des Bezirkes, Abt. Handel und Versorgung, angeleitet werden. Über den Bezirksdirektionen wirkt zentral koordinierend die Hauptdirektion des volkseigenen Einzelhandels, die dem Ministerium für Handel und Versorgung unterstellt ist. Fundstelle: DDR Handbuch. 3., überarbeitete und erweiterte Auflage, Köln 1985: S. 590 Handelsfondsabgabe A, B, C, D, E, F, G, H, I, J, K, L, M, N, O, P, Q, R, S, T, U, V, W, Z Handelsrecht

Die volkseigene HO ist die führende Organisation des Einzelhandels der DDR. Als staatliches Unternehmen repräsentiert sie die gesellschaftlich höchste Eigentumsform vor der genossenschaftlichen (Konsumgenossenschaften) und vor dem privaten und Kommissionshandel (Binnenhandel, III.). Von Anfang an hatte die HO nicht nur Verteilungsfunktionen, sondern auch weitergehende ökonomische und politische Aufgaben zu erfüllen. Gegründet wurde sie am 20. 10. 1948, zu einem Zeitpunkt, als in dem…

DDR A-Z 1985

Mietrecht (1985)

Siehe auch das Jahr 1979 Mit dem Begriff Miete wird in der DDR nur noch die im zweiten Kapitel (§§ 94–132) des dritten Teils des Zivilgesetzbuches (ZGB) vom 19. 6. 1975 (GBl. I, S. 465) geregelte „Wohnungsmiete“ bezeichnet. Dagegen ist die Sachmiete unter der Bezeichnung „Ausleihdienst“ in einem eigenen Abschnitt geregelt (§§ 217–224 ZGB) und von der Wohnungsmiete getrennt. Das M. knüpft an das in der Verfassung (Art. 37) gewährleistete Recht auf Wohnraum an, das durch staatliche Förderung des Wohnungsbaus und Erhaltung vorhandenen Wohnraums sowie durch die öffentliche Kontrolle über die Verteilung des Wohnraums verwirklicht werden soll. Das M. regelt nicht nur die Beziehungen zwischen Mieter und Vermieter, sondern auch die zwischen Mietergemeinschaften (Mietermitverwaltung, Hausgemeinschaften) und Vermietern und diejenigen zwischen den Mietern. Das M. ist vom Grundsatz der staatlichen Wohnraumlenkung beherrscht (§ 96 ZGB). Danach ist Voraussetzung für die Begründung eines Mietverhältnisses die Zuweisung des Wohnraums durch das Wohnraumlenkungsorgan (§ 99 ZGB) (Bau- und Wohnungswesen). Die Zuweisung verpflichtet Vermieter und Mieter, einen Mietvertrag zu schließen, durch den das Mietverhältnis in der Regel zustande kommt. Unterbleibt der Abschluß des Vertrages, so kann das Wohnraumlenkungsorgan den Vertragsabschluß ersetzen und den Inhalt des Vertrages verbindlich festlegen (§ 100 ZGB). Der Vermieter ist zur Gebrauchsüberlassung der Wohnung an den Mieter und zu ihrer Instandhaltung verpflichtet. Hauptpflicht des Mieters ist die Zahlung des Mietpreises, der staatlich festgesetzt wird, jedoch als vertraglich vereinbart gilt. Die Wohnung ist dem Mieter im renovierten Zustand zu übergeben. Die während der Mietzeit notwendig werdenden Renovierungen obliegen dem Mieter; eine generelle Pflicht des Mieters, die Wohnung bei Beendigung des Mietverhältnisses zu renovieren, besteht dagegen nicht. Bei baulichen Maßnahmen, durch die die Nutzungsmöglichkeiten des Mieters beeinträchtigt werden, können die Rechte und Pflichten aus dem Mietvertrag zeitweilig abgeändert werden. Bauliche Veränderungen durch den Mieter bedürfen der Zustimmung des Vermieters, wobei das Gesetz den Vermieter zur Zustimmung verpflichtet (notfalls durch Gerichtsurteil), wenn die bauliche Veränderung zu einer im gesellschaftlichen Interesse liegenden Verbesserung der Wohnung führt (§ 111 ZGB). Unter der gleichen Voraussetzung entfällt auch bei einer ohne Zustimmung des Vermieters durch den Mieter vorgenommenen baulichen Veränderung die Pflicht des Mieters zur Wiederherstellung des ursprünglichen Zustandes (§ 112 II ZGB). In der Absicht, die Mieter zur Pflege, Instandhaltung, Modernisierung, Verschönerung sowie Verwaltung der Wohnhäuser heranzuziehen, sollen Mietergemeinschaften gebildet werden, die mit den Vermietern entsprechende Verträge abschließen. Da es sich um Angelegenheiten handelt, die zum Pflichtenkreis des Vermieters gehören, entbindet die Übernahme von Mitwirkungsaufgaben durch die Mietergemeinschaften den Vermie[S. 888]ter nicht von seinen Pflichten. Die Mietergemeinschaften handeln deshalb insoweit als Vertreter des Vermieters. Eine wesentliche Aufgabe der Mietergemeinschaften ist die Erziehung der Mieter zur Einhaltung ihrer vertraglichen Pflichten, insbesondere die Erziehung säumiger Zahler. Eine Beendigung des Mietverhältnisses gegen den Willen des Mieters ist nur aufgrund eines Gerichtsurteils wegen gröblicher Vertragsverletzung, gröblicher Belästigung anderer Hausbewohner, wegen Eigenbedarfs des Vermieters und bei Werkswohnungen bei Beendigung des Arbeitsverhältnisses möglich. Umgekehrt kann der Mieter das Mietverhältnis jederzeit mit einer zweiwöchigen Frist kündigen. Außerdem kann das Mietverhältnis jederzeit durch Parteivereinbarung beendet werden (§ 120 ZGB). Bei Ableben des Mieters können im Haushalt lebende Familienangehörige in den Mietvertrag eintreten, sofern das Wohnraumlenkungsorgan nicht anders verfügt (§ 125 ZGB). Besondere Bestimmungen widmet das ZGB dem Wohnungstausch, der Untermiete, den Mietverhältnissen für Wochenendhäuser, Zimmern für Erholungszwecke und Garagen, Werkswohnungen und Gewerberäumen. Hinsichtlich der Nutzungsverhältnisse über Wohnungen von Arbeiterwohnungsbaugenossenschaften (AWG) wird auf die einschlägigen Spezialregelungen verwiesen. Fundstelle: DDR Handbuch. 3., überarbeitete und erweiterte Auflage, Köln 1985: S. 887–888 Mietermitverwaltung A, B, C, D, E, F, G, H, I, J, K, L, M, N, O, P, Q, R, S, T, U, V, W, Z Mikroelektronik

Siehe auch das Jahr 1979 Mit dem Begriff Miete wird in der DDR nur noch die im zweiten Kapitel (§§ 94–132) des dritten Teils des Zivilgesetzbuches (ZGB) vom 19. 6. 1975 (GBl. I, S. 465) geregelte „Wohnungsmiete“ bezeichnet. Dagegen ist die Sachmiete unter der Bezeichnung „Ausleihdienst“ in einem eigenen Abschnitt geregelt (§§ 217–224 ZGB) und von der Wohnungsmiete getrennt. Das M. knüpft an das in der Verfassung (Art. 37) gewährleistete Recht auf Wohnraum an, das durch staatliche…

DDR A-Z 1985

Subjektiver Faktor (1985)

Siehe auch die Jahre 1975 1979 SF. und „objektive Bedingungen“ sind allgemeine Kategorien des Historischen Materialismus und bezeichnen die Beziehungen zwischen der bewußten Tätigkeit des Menschen und den äußeren Bedingungen, unter denen sich der Prozeß der Veränderung der Gesellschaftsstruktur durch den Menschen vollzieht. Als SF. in der Entwicklung der Gesellschaft wird die bewußte Tätigkeit des Menschen, der sozialen Klassen, Schichten, Gruppen (als Träger eines bestimmten Handlungsgeschehens), aber auch ihr Bewußtsein über ihr Tun, ihr Wollen, ihre Energie, zugleich ihre Organisiertheit und die von ihnen geschaffenen Organisationsformen (Parteien, Verbände usw.) bezeichnet, die notwendig für die Lösung der historischen Aufgaben sind. Es wird im Marxismus-Leninismus zwischen SF. als einer Erscheinung des gesellschaftlichen Überbaus und als einem Subjekt (Klassen, Schichten, Gruppen, Individuen) unterschieden, das als entscheidender Faktor der sozialen Beziehungen und der Produktion zur gesellschaftlichen Basis gehört. Dem SF. wird im „realen Sozialismus“ wachsende Bedeutung zugewiesen, die in dessen Besonderheit gegenüber früheren Gesellschaftsformationen liege: mit der Eroberung der politischen Macht durch das Proletariat umfaßt der SF. nicht nur die Partei der Arbeiterklasse und den Staat, sondern alle Werktätigen. So entstehe erstmals in der Geschichte die reale Möglichkeit, die Entwicklung der Gesellschaft in Übereinstimmung mit den erreichten objektiven Bedingungen zu bringen und auf der Grundlage der im Sozialismus wirkenden und erkannten Gesetze die gesamtgesellschaftliche Entwicklung bewußt zu lenken. Zentrum des SF ist die politische Organisation der sozialistischen Gesellschaft. Sie bilde als Kernstück des politischen Überbaus ein vielgliedriges, einheitliches gesellschaftliches Gesamtsubjekt, das im Sinne der relativen Eigenständigkeit der Politik aktiv die Umgestaltung der ökonomischen, sozialen und politisch-kulturellen Verhältnisse der Gesellschaft vorantreibt; das gleichgerichtete Zusammenwirken unterschiedlicher Sphären des gesellschaftlichen Lebens — die materielle Produktion und das politische System — muß hergestellt werden. Dabei ist die Möglichkeit von Widersprüchen zwischen der ökonomischen Basis und dem politischen System nicht auszuschließen. Wichtigste Elemente der bewußten Lenkung sind die wissenschaftliche Führung und Leitung der Gesellschaft sowie die „richtige“ Organisation der Führungsorgane; sie soll die Möglichkeit voluntaristischer Entscheidungen ausschließen. Die Tätigkeit der Partei, ihre Strategie und Taktik als SF. muß im Einklang mit den als objektiv bezeichneten historischen Gesetzmäßigkeiten stehen, um den historischen Fortschritt nicht zu behindern, den sie zwar nicht aufhalten, dessen konkrete Realisierung sie aber beeinflussen kann. Dieser historische Fortschritt stellt sich über die „richtige“, d.h. dem Entwicklungsniveau der Gesellschaft adäquate Verbindung von zentraler staatlicher Planung und Masseninitiative der Produzenten her. Ein weiteres Wirtschaftswachstum scheint ohne die schöpferische Initiative der Werktätigen nicht möglich. Der innere Zusammenhang von wirtschaftlicher und politischer Initiative im sozialistischen Reproduktionsprozeß erfordert, so wird behauptet, eine bestimmte gesellschaftliche Qualifikation der Werktätigen und ihre Bereitschaft, über die Partei- und Gewerkschaftsorganisationen diesen Prozeß zu beeinflussen. [S. 1347]Ergebnisse soziologischer Untersuchungen z.B. zur Plandiskussion und zur Neuererbewegung (Soziologie und Empirische Sozialforschung) weisen auf diesen Zusammenhang hin. Zwar wird auch zugestanden, daß das fachliche und politisch-ideologische Niveau der Produzenten sie befähige, umfassender und aktiver an der Leitung von Wirtschaftsprozessen teilzunehmen, gleichzeitig wird aber auch argumentiert, daß der wissenschaftlich-technische Fortschritt eine wesentlich höhere Qualifikation erfordere, die Rolle der Wissenschaftler und Wirtschaftsleiter wachse und somit der Tendenz einer stärkeren Einbeziehung der Werktätigen in den Prozeß der Entscheidungsfindung entgegenstehe. Der Ausdruck „subjektiv“ ist nicht gleichbedeutend mit „willkürlich“ oder „subjektivistisch“. Einzelne Vertreter des Marxismus-Leninismus wenden sich gegen eine Überbetonung des SF. ohne genügende Berücksichtigung der als letztlich bestimmend angesehenen objektiven Bedingungen. Eine Absolutierung des SF. steht nach dieser Auffassung dem Verständnis von Freiheit entgegen, die nicht als abstrakte Wahlfreiheit, sondern als gesellschaftliche Kategorie, als bewußte Herrschaft des Menschen über die Natur und die sozialen Prozesse, d.h. als Möglichkeit der Realisierung des geschichtlichen Fortschritts begriffen wird. In der DDR bewegt sich die philosophische Debatte darum, wie sich der Stoffwechsel mit der Natur und seine historisch-spezifischen (hier: sozialistischen) sozialökonomischen Formen zueinander verhalten und welche Rolle das Subjekt in diesem Prozeß spielt, nach wie vor zwischen den beiden Polen einer idealistischen Überhöhung des Subjekts und einer tendenziellen Entsubjektivierung der materiellen Grundlagen des Geschichtsprozesses. Unbestritten ist aber, daß die subjektive Seite aller Lebensprozesse immer mehr zu einem qualitativ veränderten Wachstumsfaktor der Lebensformen und -weise in einer sozialistischen Gesellschaft geworden ist. Fundstelle: DDR Handbuch. 3., überarbeitete und erweiterte Auflage, Köln 1985: S. 1346–1347 Streik A, B, C, D, E, F, G, H, I, J, K, L, M, N, O, P, Q, R, S, T, U, V, W, Z Subjektivismus

Siehe auch die Jahre 1975 1979 SF. und „objektive Bedingungen“ sind allgemeine Kategorien des Historischen Materialismus und bezeichnen die Beziehungen zwischen der bewußten Tätigkeit des Menschen und den äußeren Bedingungen, unter denen sich der Prozeß der Veränderung der Gesellschaftsstruktur durch den Menschen vollzieht. Als SF. in der Entwicklung der Gesellschaft wird die bewußte Tätigkeit des Menschen, der sozialen Klassen, Schichten, Gruppen (als Träger eines bestimmten…

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Produktionsverhältnisse (1985)

Siehe auch die Jahre 1953 1954 1956 1958 1959 1960 1962 1963 1965 1966 1969 1975 1979 Bezeichnung für die Gesamtheit der Beziehungen, die die Menschen notwendigerweise in den Bereichen der Produktion, des Austausches und der Verteilung des gesellschaftlichen Produkts (Gesamtprodukt, Gesellschaftliches) eingehen. Die P. gelten als die grundlegenden gesellschaftlichen Verhältnisse und bestimmen die jeweils besondere Form der gesellschaftlichen Produktion und Reproduktion (Produktionsweise). Ihr Wesen werde bestimmt durch die Eigentumsverhältnisse (Eigentum). Der Begriff P. wird nicht nur als formaljuristische Kategorie verstanden, sondern auch als soziologische, wie die folgende Aufzählung der wichtigsten Merkmale zeigt: 1. Die Beziehungen zwischen den Menschen in ihrer Bestimmtheit durch das Eigentum an den Produktionsmitteln und der damit verbundene Charakter der Arbeit; daraus ergebe sich die Stellung der Klassen, Schichten und sozialen Gruppen zueinander (Klasse/Klassen, Klassenkampf); 2. die Formen der gesellschaftlichen Arbeitsteilung, die Verteilung der Produktionsmittel und der gesellschaftlichen Arbeit auf die verschiedenen Bereiche der Volkswirtschaft sowie der Organisation der Produktion; 3. die Leitungsbeziehungen in der gesellschaftlichen Produktion, in denen die Einheit des arbeitsteiligen Produktionsprozesses verwirklicht werde; 4. die verschiedenen Formen des Austausches der Arbeit oder der Produkte zwischen den Produzenten; 5. die gesellschaftlichen Formen der Verteilung des gesellschaftlichen Gesamtprodukts und der Materiellen Interessiertheit an der Entwicklung und Nutzung der Produktivkräfte. In der Politischen Ökonomie werden vor allem zwei Haupttypen von P. behandelt. Der eine beruhe auf dem Privateigentum an Produktionsmitteln. Er sei durch Ausbeutung und Unterdrückung der unmittelbaren Produzenten und durch die daraus resultierenden unversöhnlichen Klassengegensätze und Klassenkämpfe gekennzeichnet, da wesentliche Teile des von allen erzeugten gesellschaftlichen Gesamtprodukts privat angeeignet würden und — wie auch die Produktionsmittel — der privaten Verfügung unterlägen. Die so beschriebenen P. sollen sich von der Sklaverei über den Feudalismus bis zum Kapitalismus, wo die antagonistischen (d.h. innerhalb des gegebenen Systems unauflösbaren) Klassengegensätze ihre höchste Zuspitzung erfahren hätten (Widerspruch), entwickelt haben. Im revolutionären Prozeß der Beseitigung des kapitalistischen Privateigentums an den Produktionsmitteln entstehe der andere Typ von P., der auf gesellschaftlichem Eigentum beruhe und den feindlichen Gegensatz der Klassen beseitige, da in ihm die gesellschaftliche Produktion nicht den Gesetzen der Ausbeutung, sondern den Regeln der gegenseitigen Hilfe und Zusammenarbeit tendenziell folge. Die P. sollen sich in wechselseitigem Zusammenhang mit und in Abhängigkeit von den Produktivkräften entwickeln. Die historisch-konkrete Form der P. werde durch das jeweilige Niveau der Produktivkräfte bestimmt, auf das sie hemmend oder fördernd einwirken. Produktivkräfte und P. bilden in ihrer Einheit die Produktionsweise. Die sozialistischen P. werden von der Politischen Ökonomie als die adäquaten Entwicklungsformen der modernen Produktivkräfte angesehen, da sie auf der Identität von Produzent und Eigentümer im gesellschaftlichen Maßstab beruhen und somit dem ständig steigenden Grad der Vergesellschaftung der Produktion gerecht würden. Daher seien die durch die Dynamik der Produktivkräfte auftretenden gesellschaftlichen Widersprüche nichtantagonistischer Natur und könnten durch Vervollkommnung der P. innerhalb der sozialistischen Produktionsweise gelöst werden. Als Beleg dafür wird heute z.B. angeführt, daß die Bildung und Ausgestaltung der Kombinate in Industrie und Bauwesen (Betriebsformen und Kooperation) Ausdruck von Produktivkräften und P. gleichermaßen seien. Die planmäßige Entwicklung der sozialistischen Produktionsverhältnisse sei mit der weiteren Vergesellschaftung der Produktion (vor allem durch Arbeitsteilung, Konzentration, Kooperation und Kombination der Produktion auch über Ländergrenzen hinweg) verbunden, ferner mit dem Wachstum des Volkseigentums bei Verstärkung seiner bestimmenden Funktion im Wirtschaftsprozeß, mit der zunehmenden Reife des genossenschaftlichen Eigentums und der schrittweisen Annäherung und Verflechtung beider Eigentumsformen, mit der Vervollkommnung der Verteilungsverhältnisse, mit der Erhöhung des Lebensniveaus des Volkes sowie mit der Herausbildung der Sozialistischen ➝Lebensweise. Fundstelle: DDR Handbuch. 3., überarbeitete und erweiterte Auflage, Köln 1985: S. 1051 Produktionsprozeß A, B, C, D, E, F, G, H, I, J, K, L, M, N, O, P, Q, R, S, T, U, V, W, Z Produktionsweise

Siehe auch die Jahre 1953 1954 1956 1958 1959 1960 1962 1963 1965 1966 1969 1975 1979 Bezeichnung für die Gesamtheit der Beziehungen, die die Menschen notwendigerweise in den Bereichen der Produktion, des Austausches und der Verteilung des gesellschaftlichen Produkts (Gesamtprodukt, Gesellschaftliches) eingehen. Die P. gelten als die grundlegenden gesellschaftlichen Verhältnisse und bestimmen die jeweils besondere Form der gesellschaftlichen Produktion und Reproduktion…

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Heimatgeschichte (1985)

Siehe auch die Jahre 1965 1966 1969 1975 1979 H. ist Teil der Regionalgeschichte; beide Begriffe werden aber in der DDR häufig synonym verwendet. Ausgehend von lokalen und regionalen Traditionen, Bräuchen, geschichtlichen Ereignissen (mit den Schwerpunkten: Traditionen und Geschichte der örtlichen Arbeiterbewegung sowie Geschichte seit 1945), hat die H. zur Herausbildung und Pflege eines sozialistischen Heimatgefühls beizutragen. Dieses soll sich vom „bürgerlichen“ vor allem dadurch unterscheiden, daß „Heimat“ und „H.“ in das Gesamt der jeweiligen DDR-Situation (Patriotismus) und das offizielle Verständnis deutscher Geschichte (Nationale Geschichtsbetrachtung) eingebunden werden. — Im Rahmen der Aufgabe der Geschichtswissenschaft, die „Gesetzmäßigkeiten des historischen Entwicklungsprozesses zu erforschen“, hat die H. „das Wirksamwerden dieser Gesetzmäßigkeiten im regionalen Bereich sowie diejenigen regionalgeschichtlichen Entwicklungen oder Ereignisse, welche die nationale oder internationale Entwicklung stimuliert, modifiziert oder gehemmt haben“, zu untersuchen (Karl Czok, Forschungen zur Regionalgeschichte, in: Zeitschrift für Geschichtswissenschaft, Sonderband 1980, S. 720). Träger der örtlichen, ehrenamtlichen H.-Forschung waren bis 1979 vor allem die Arbeitsgemeinschaften Natur und Heimat des Kulturbundes der DDR (KB), insbesondere deren Fachrichtung H. und Ortschronik. Die Fachrichtungen H./Ortschronik, Kulturgeschichte/Volkskunde, Ur- und Frühgeschichte, Numismatik und kulturhistorische Zinnfiguren wurden am 17. 1. 1979 in Berlin zu einer eigenen Gesellschaft für H. im Rahmen des KB zusammengefaßt. Sie hat nach ihrer Satzung die Aufgabe, „heimatgeschichtliche Erscheinungen und Prozesse, insbesondere die revolutionären und anderen progressiven Traditionen zu erforschen und zu propagieren, das historische Selbstverständnis der Bevölkerung unseres Landes erweitern und ihr Geschichtsbewußtsein allseitig ausprägen zu helfen“ (Magdeburger Blätter 1982, Magdeburg 1982, S. 83). Auf ihrer 1. Zentralen Delegiertenkonferenz am 23./24. 11. 1981 in Neubrandenburg wählte die Gesellschaft für H. einen 44 Mitglieder zählenden Zentralvorstand und bestätigte Prof. Dr. Willibald Gutsche (SED) als Vorsitzenden; die Mitgliederzahl wurde mit etwa 22.000 angegeben. Bei der Historikergesellschaft der DDR besteht seit 1966 eine Fachkommission Regionalgeschichte (Vors.: Prof. Dr. Karl Czok, Leipzig). 1981 wurde im Zentralinstitut für Geschichte der Akademie der Wissenschaften der DDR (AdW) eine von Prof. Dr. Gutsche geleitete Forschungsstelle für Regionalgeschichte eingerichtet. Politische Anleitungsfunktionen hat ferner die Abteilung Geschichte der örtlichen Arbeiterbewegung und Betriebsgeschichte des Instituts für Marxismus-Leninismus beim ZK der SED (IML). In den regionalen Untergliederungen der Gesellschaft für H. sind neben interessierten Bürgern vor allem Lehrer, aber auch Fachhistoriker an der H.-Forschung beteiligt. Eine besonders enge Zusammenarbeit besteht mit den Kommissionen zur Erforschung der Geschichte der örtlichen Arbeiterbewegung der SED, den Kommissionen für Betriebsgeschichte, den Schulen und den Heimatmuseen. Ein Arbeitsschwerpunkt der Mitglieder der Gesellschaft für H. auf örtlicher Ebene ist deren Beteiligung an den von den Gemeinden zu führenden Ortschroniken. Die Ortschroniken umfassen eine zeitlich und systematisch geordnete Sammlung von Dokumenten und Materialien zur politischen, ökonomischen, sozialen und kulturellen Entwicklung, über Veränderungen in Natur und Umwelt des jeweiligen Dorfes bzw. der Stadt. (1982 hatte jede 3. Gemeinde in der DDR eine solche Chronik.) Studien zur H. werden von Archiven, Heimatmuseen, Räten der Kreise und Gemeinden, den Bezirksverbänden der Gesellschaft für H. usw. teils in regelmäßig erscheinenden Reihen oder Zeitschriften, teils als einzeln veröffentlichte Monographie herausgegeben. In diesen Veröffentlichungen leben auch die Bezeichnungen und landsmannschaftlichen Traditionen der alten Länder Thüringen, Brandenburg, Mecklenburg. Sachsen usw. fort, wobei die aus ihnen entstandenen jetzigen (Verwaltungs-)Bezirke zusammenarbeiten (z.B. die seit 1954 erscheinenden „Sächsischen Heimatblätter“, Dresden, für die Bezirke Dresden, Karl-Marx-Stadt und Leipzig). Fundstelle: DDR Handbuch. 3., überarbeitete und erweiterte Auflage, Köln 1985: S. 598 Hauswirtschaft, Persönliche A, B, C, D, E, F, G, H, I, J, K, L, M, N, O, P, Q, R, S, T, U, V, W, Z Herabwürdigung, Öffentliche

Siehe auch die Jahre 1965 1966 1969 1975 1979 H. ist Teil der Regionalgeschichte; beide Begriffe werden aber in der DDR häufig synonym verwendet. Ausgehend von lokalen und regionalen Traditionen, Bräuchen, geschichtlichen Ereignissen (mit den Schwerpunkten: Traditionen und Geschichte der örtlichen Arbeiterbewegung sowie Geschichte seit 1945), hat die H. zur Herausbildung und Pflege eines sozialistischen Heimatgefühls beizutragen. Dieses soll sich vom „bürgerlichen“ vor allem dadurch…

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Demokratischer Frauenbund Deutschlands (DFD) (1985)

Siehe auch: Demokratischer Frauenbund Deutschlands: 1963 Demokratischer Frauenbund Deutschlands (DFD): 1965 1966 1969 1975 1979 Einheitliche Massenorganisation der Frauen der DDR; vereint Frauen aller Bevölkerungskreise, unabhängig von Parteizugehörigkeit und Weltanschauung: die hauptamtlichen Funktionäre sind allerdings überwiegend SED-Mitglieder. In der Volkskammer der DDR stellt der DFD eine eigene Fraktion (35 Mitgl.). Hervorgegangen aus den am 30. 10. 1945 gegründeten antifaschistischen Frauenausschüssen; am 8. 3. 1947 in Berlin (Ost) gegr. (8. März = Internationaler Frauentag; im August 1910 während der II. Internationalen Sozialistischen Frauenkonferenz in Kopenhagen auf Antrag von Clara Zetkin als internationaler Kampftag der Frauen für Gleichberechtigung, Frieden und Sozialismus proklamiert). In der Bundesrepublik Deutschland wurde der DFD am 8. 3. 1950 gegr., am 10. 4. 1957 jedoch in der Folge des KPD-Verbots ebenfalls als eine verfassungswidrige Organisation verboten. Mindestalter für den Beitritt zum DFD ist nach deren Statut das vollendete 18. Lebensjahr. Der Mitgliederbestand des DFD hat sich — nach über einem Jahrzehnt der Stagnation — 1982 geringfügig auf 1.441.375 erhöht; das entspricht rd. 21 v.H. der weiblichen Bevölkerung der DDR über 18 Jahre. Auch in der Sozial- und Altersstruktur haben sich in den letzten Jahren kaum Veränderungen ergeben: 1982 waren 72,9 v.H. der Mitglieder berufstätig und 27,1 v.H. Hausfrauen; knapp ein Drittel der Mitglieder (31,5 v.H.) gehört zur mittleren Altersgruppe der 35- bis unter 50jährigen, 22,6 v.H. sind unter 35 Jahre alt, 45,9 v.H. 50 Jahre und älter. Der Aufbau des DFD gestaltet sich nach dem Territorialprinzip entsprechend dem der SED: 17.528 Gruppen (1982) in Wohngebieten und Gemeinden, fast 500 Ortsorganisationen, 241 Kreis-, Stadtbezirks- und Stadtorganisationen, 15 Bezirksorganisationen sowie die zentralen Leitungsorgane. Struktur der zentralen Organe: Der Bundeskongreß (höchstes Organ) tagt — entgegen dem vorgesehenen Rhythmus von 4 Jahren — in zunehmend größeren Zeitabständen: 8. Kongreß im Juni 1964, 9. Kongreß im Juni 1969, 10. Kongreß im Februar 1975, 11. Kongreß im März 1982; außerdem wurden der 8. und 9. Bundeskongreß in der erweiterten Form eines 1. und 2. Frauenkongresses der DDR durchgeführt. Der Bundeskongreß wählt den Bundesvorstand, die Vorsitzende und stellv. Vorsitzenden. Der Bundesvorstand (höchstes leitendes Organ zwischen den Kongressen) tagt in der Regel alle 4 Monate; er wählt aus seiner Mitte das Präsidium (verantwortliches Organ zwischen den Tagungen des Bundesvorstandes) und das Sekretariat (operatives Organ des Bundesvorstandes, wird von der Vorsitzenden geleitet). Vorsitzende des Bundesvorstandes des DFD ist seit dem 11. 9. 1953 Ilse Thiele (SED). Funktionärorgan des DFD: „Lernen und Handeln“ (erscheint monatlich). Zu den Aufgaben des DFD gehören: Politisch-ideologische Arbeit unter den Frauen, Heranführung der Frauen aller Bevölkerungsschichten an die aktive Mitwirkung im gesellschaftlichen Leben; Gewinnung der Frauen für die Arbeit in der Produktion; Erleichterung des Lebens der werktätigen Frau. Seit dem 1. Frauenkongreß 1964 geht die Aktivität des DFD weit über den Rahmen der Organisation hinaus und konzentriert sich besonders auf die nichtorganisierten und nichtberufstätigen bzw. teilzeitbeschäftigten Frauen im Wohngebiet, insbesondere aus den mittelständischen (Handwerk, Gewerbetreibende) und christlichen Bevölkerungsschichten, sowie auf die jüngeren Frauen. Entsprechend sind die spezifischen Aufgabenschwerpunkte abgesteckt: Festigung der „sozialistischen Überzeugungen“ dieser Frauen, ihre Einbeziehung in das gesellschaftlich-politische Leben der Wohngebiete und Gewinnung für eine berufliche Tätigkeit (zumeist im sozialen und Dienstleistungsbereich), Entlastung der werktätigen Mütter durch weiteren Ausbau und Verbesserung von Kindergarten- und Dienstleistungseinrichtungen. Angesichts zunehmender volkswirtschaftlicher Probleme (personelle und materielle Verknappung) wird der DFD in den letzten Jahren verstärkt als Hilfspotential zur Erfassung ökonomischer Ressourcen und zur Erbringung gesellschaftlicher Arbeitsleistungen eingesetzt. Zu den Arbeitsformen des DFD, die speziell für seinen Aufgabenkatalog entwickelt wurden, gehören: Schulung der Frauen in den seit 1967 auf Ortsebene entstandenen „Frauenakademien“ in Form von Vortragsreihen zu bestimmten politisch-ideologischen, kulturellen und hauswirtschaftlichen Themen mit dem Ziel ihrer nachfolgenden Eingliederung in den Produktionsprozeß; im 14. Studienjahr 1980/81 wurden mit dieser Form politischer Massenarbeit in über 5.000 Vortragszyklen rd. 150.000 Frauen erfaßt, darunter zunehmend junge Mütter, die von ihrem Babyjahr Gebrauch machen. Der besseren Erfassung der jungen, (vorübergehend) nicht berufstätigen Mütter sowie der Frauen aus den mittelständischen Bevölkerungsschichten dienen neuerdings öffentliche Frauenversammlungen, an denen 1981 über 3 Mill. Besucher teilnahmen. Primär als familien- und bevölkerungspolitische Maßnahme (zunehmende Scheidungshäufigkeit bei gleichzeitigem Geburtenrückgang als Folge der Doppelbelastung berufstätiger Mütter) richtete der DFD seit Ende 1971 zur beratenden Unterstützung berufstätiger Mütter sowie zur Vorbereitung junger Menschen auf Ehe und Familie „Beratungszentren für Haushalt und Familie“ in den Bezirks- und Kreisstädten ein. Sie haben sich inzwischen zu Einrichtungen praxisorientierter Haushalts-, Säuglingspflege- und Eheberatung entwickelt; ihre Zahl ist mit 209 (1983) in den letzten Jahren so gut wie konstant geblieben (Bevölkerung; Familie). [S. 268]Zu den internationalen Aktivitäten des DFD gehören: Seit 18. 5. 1948 ist der DFD Mitglied der Internationalen Demokratischen Frauenföderation (IDFF); die DFD-Vors. Ilse Thiele (SED) ist seit Oktober 1964 Vizepräsidentin der IDFF. Dem „Internationalen Komitee für die UNO-Dekade der Frau 1976–1985“, das als Nachfolgeorganisation aus dem von der IDFF vom 20. bis 24. 10. 1975 in Berlin (Ost) durchgeführten „Weltkongreß der Frauen“ hervorging, gehört Ilse Thiele ebenfalls als stellvertretende Vors. an. Der DFD unterhält zu 140 Frauenorganisationen in 90 Ländern (1982) — zumeist Mitgliederorganisationen der IDFF — direkte Kontakte. Fundstelle: DDR Handbuch. 3., überarbeitete und erweiterte Auflage, Köln 1985: S. 267–268 Demokratische Bauernpartei Deutschlands (DBD) A, B, C, D, E, F, G, H, I, J, K, L, M, N, O, P, Q, R, S, T, U, V, W, Z Demokratischer Zentralismus

Siehe auch: Demokratischer Frauenbund Deutschlands: 1963 Demokratischer Frauenbund Deutschlands (DFD): 1965 1966 1969 1975 1979 Einheitliche Massenorganisation der Frauen der DDR; vereint Frauen aller Bevölkerungskreise, unabhängig von Parteizugehörigkeit und Weltanschauung: die hauptamtlichen Funktionäre sind allerdings überwiegend SED-Mitglieder. In der Volkskammer der DDR stellt der DFD eine eigene Fraktion (35 Mitgl.). Hervorgegangen aus den am 30. 10. 1945 gegründeten…

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Gesellschaft für Sport und Technik (GST) (1985)

Siehe auch: Gesellschaft für Sport und Technik: 1958 1959 1960 1962 1963 1965 1966 Gesellschaft für Sport und Technik (GST): 1969 1975 1979 Sport und Technik, Gesellschaft für: 1953 1954 Sport und Technik, Gesellschaft für (GST): 1956 1958 1959 1960 1962 1963 1965 1966 Massenorganisation zur vormilitärischen und wehrsportlichen Erziehung und Ausbildung der Jugendlichen in der DDR. Die GST wurde 1952 gegründet; als Vorbild gilt die „Freiwillige Unionsgesellschaft zur Förderung der Land-, Luft- und Seestreitkräfte“ (DOSAAF) in der UdSSR. Im Rahmen der sozialistischen Wehrerziehung bereitet die GST die Jugendlichen im vorwehrpflichtigen Alter ab 14 Jahren, und zwar insbesondere die 16- bis 18jährigen, auf den Wehrdienst vor. Seit ihrem VII. Kongreß im Juni 1982 soll sich die GST verstärkt auch der vormilitärischen Ausbildung älterer Jugendlicher zuwenden. Dies steht im Zusammenhang mit der in den nächsten Jahren rückläufigen Zahl an Wehrpflichtigen, die die DDR zur zunehmenden Einberufung auch der älteren Jahrgänge zwingt. Die GST, die „sozialistische Wehrorganisation“ der DDR, ist Hauptträger der vormilitärischen Ausbildung der Jugendlichen, zugleich bietet sie den Bürgern auch vielfältige Möglichkeiten zu wehrsportlicher Betätigung und damit zur Entwicklung und Erhaltung der Wehrfähigkeit. Ihre gesamte Tätigkeit soll sich auf die Anforderungen und Aufgaben konzentrieren, die der Landesverteidigung, insbesondere der Nationalen Volksarmee (NVA), im Interesse der militärischen Sicherung der sozialistischen Gesellschaftsordnung in der DDR gestellt werden. Die GST arbeitet unter Führung der SED eng mit den bewaffneten und anderen staatlichen Organen sowie mit Parteien und Massenorganisationen zusammen. Sie untersteht dem Ministerium für Nationale Verteidigung. Die Zuweisung von Verantwortungs- und Aufgabenbereichen an die GST ist abgestimmt mit den wehrerzieherischen Aufgaben der Freien Deutschen Jugend (FDJ), der Schulen (Einheitliches sozialistisches Bildungssystem) und anderer Träger der Wehrerziehung. Die GST ist nach den Prinzipien des Demokratischen Zentralismus aufgebaut. Territorial gliedert sie sich unterhalb der zentralen Ebene in Bezirks- und Kreisorganisationen; im Organisationsbereich des Kreises werden in Betrieben, Verwaltungen, Schulen, Hochschulen und Wohngebieten Grundorganisationen gebildet. Höchstes Organ der GST ist der Kongreß. Er legt die grundsätzlichen Aufgaben fest, beschließt das Statut (das z. Z. gültige Statut wurde auf dem V. Kongreß der GST vom 14. bis 16. 9. 1972 in Dresden verabschiedet) und wählt den Zentralvorstand. Zwischen den Kongressen ist der Zentralvorstand das höchste Gremium; er wählt aus seiner Mitte zur Leitung der Arbeit zwischen den Tagungen des Vorstands das Sekretariat. Diese Organisationsstruktur der Zentrale gilt im wesentlichen entsprechend für die Bezirks- und Kreisorganisationen. Die Ausbildungsarbeit findet in den Grundorganisationen statt, deren Umfang sich nach der jeweiligen Größe der Betriebe, Lehrstätten usw. richtet. Die Grundorganisationen gliedern sich wiederum in bestimmte Sektionen, die die Spezialausbildung auf die künftige Waffengattung hin durchführen. Bis zum Ende des Ausbildungsjahres 1981/82 gliederte sich die 2jährige vormilitärische Ausbildung der GST in die vormilitärische Grundausbildung (1. Jahr) und die vormilitärische Ausbildung für die Laufbahnen der Nationalen Volksarmee (2. Jahr). Seit dem Beginn des Ausbildungsjahres 1982/83 führt die GST die vormilitärische Grundausbildung als selbständigen Ausbildungsabschnitt nicht mehr durch, sondern konzentriert sich ausschließlich auf die vormilitärische Laufbahnausbildung. Diese erfolgt für die Laufbahnen Mot.-Schützen, Militärkraftfahrer, Tastfunker, Fernschreiber, Matrosenspezialisten, Militärflieger, Fallschirmjäger und Taucher. Die nunmehr 2jährige vormilitärische Laufbahnausbildung, in der die „politisch-moralische Erziehung“, die Vermittlung vormilitärischer Kenntnisse und Fertigkeiten sowie die körperliche Ertüchtigung miteinander verbunden werden sollen, wird stärker noch als früher armeebezogen durchgeführt; dabei hat die praktische Ausbildung eindeutig an Bedeutung gewonnen. Die vormilitärische Ausbildung der GST ist fester Bestandteil der Lehrpläne der Erweiterten Oberschulen und Hochschulen wie auch der Ausbildungspläne der Lehrlinge in Betrieben und Verwaltungen. Die Ausbildung erfolgt sowohl im Unterricht als auch in der Freizeit. Gute Erfahrungen hat die GST offensichtlich mit der seit einigen Jahren in vielen Kreisorganisationen praktizierten „monatlichen Ausbildung an einem Tag“ gemacht: Diese Form bietet — zusammen mit längeren Lehrgängen an den zentralen und örtlichen Ausbildungslagern der GST — die Möglichkeit, insbesondere auch die Lehrlinge in Betrieben und Verwaltungen in [S. 548]eine straff organisierte vormilitärische Ausbildung einzubinden. Da die Leistungen während der GST-Ausbildung in die Beurteilung der Schüler und Lehrlinge einfließen, wird eine sehr hohe Beteiligung der Jugendlichen an der vormilitärischen Ausbildung erreicht. Die Mädchen werden im Rahmen der GST auf die Zivilverteidigung (Sanitätsausbildung) vorbereitet, können auf Wunsch aber auch das Ausbildungsprogramm für Jungen absolvieren. Attraktiv ist die GST für die Jugendlichen insbesondere dadurch, daß in ihren Lagern verschiedene Berechtigungsnachweise erworben werden können — vom Führerschein bis zum Flugschein, und zwar vor Vollendung des 18. Lebensjahres und ohne die sonst üblichen langen Wartefristen. Von 1979 bis 1981 erwarben z.B. ca. 175.000 Mädchen und Jungen die Fahrerlaubnis für Kleinkrafträder und fast 200.000 die Fahrerlaubnis für Krafträder. Die GST bietet ihren Mitgliedern ein breit gefächertes Wehrsportprogramm. Gegenwärtig gibt es die Wehrsportarten: Modellsport (Auto-, Schiffs- und Flugmodellsport), Seesport, Tauchsport, Flug- und Fallschirmsprungausbildung, Sportschießen, Motorsport, Nachrichtensport und — als neueste Wehrsportart — Wehrkampfsport. Die GST widmet sich dabei der Pflege sowohl des Massen- als auch des Leistungssports. Ihre Wehrspartakiaden werden auf Kreisebene jährlich, auf der Bezirksebene alle 2 Jahre und auf der Ebene der Republik alle 5 Jahre durchgeführt. Den Angehörigen der NVA und sonstiger bewaffneter Organe der DDR vergleichbar besitzen die Mitglieder der GST Dienstuniformen, Kampf- und Arbeitsanzüge. Ihre Bewaffnung beschränkt sich auf Kleinkaliberwaffen. Kombattantenstatus haben die GST-Mitglieder nicht. Die GST zählt gegenwärtig (1982) ca. 600.000 Mitglieder und ca. 19.000 Organisationseinheiten. Vorsitzender ist Günter Kutzschebauch (SED). An Agitations- und Propagandamaterialien gibt die GST regelmäßig heraus: „S und T. Sport und Technik. Das wehrpolitische Jugendmagazin der GST“, „Funkamateur“, „Flieger-Revue“, „modellbau heute“, „Visier“, „poseidon“ (militärpolitische Zeitschriften mit Magazincharakter für die vormilitärische Laufbahnausbildung und für die Wehrsportarten), „konkret“ und das Mitteilungsblatt „Motorsport“ (Presseorgane für die Funktionäre und Ausbilder der GST). Als höchste Auszeichnung vergibt die GST die „Ernst-Schneller-Medaille“ in Gold, Silber und Bronze. Fundstelle: DDR Handbuch. 3., überarbeitete und erweiterte Auflage, Köln 1985: S. 547–548 Gesellschaft für kulturelle Verbindungen mit dem Ausland A, B, C, D, E, F, G, H, I, J, K, L, M, N, O, P, Q, R, S, T, U, V, W, Z Gesellschaft „Neue Heimat“, „Vereinigung in der DDR für Verbindungen mit Bürgern deutscher Herkunft im Ausland“

Siehe auch: Gesellschaft für Sport und Technik: 1958 1959 1960 1962 1963 1965 1966 Gesellschaft für Sport und Technik (GST): 1969 1975 1979 Sport und Technik, Gesellschaft für: 1953 1954 Sport und Technik, Gesellschaft für (GST): 1956 1958 1959 1960 1962 1963 1965 1966 Massenorganisation zur vormilitärischen und wehrsportlichen Erziehung und Ausbildung der Jugendlichen in der DDR. Die GST wurde 1952 gegründet; als Vorbild gilt die „Freiwillige Unionsgesellschaft zur…

DDR A-Z 1985

Staatssekretariat für Arbeit und Löhne (1985)

Siehe auch die Jahre 1975 1979 Das StAL. bereitet als Organ des Ministerrats dessen Beschlüsse auf dem Gebiet von Arbeit und Löhnen sowie in weiten Teilen des sozialpolitischen Bereichs vor und koordiniert und kontrolliert deren Durchführung. Im August 1972 erhielt das bisherige Staatliche Amt für Arbeit und Löhne die Stellung eines Staatssekretariats. Es wird von einem Staatssekretär nach dem Prinzip der Einzelleitung geleitet, der sich in Grundsatzfragen mit dem Kollegium des StAL., dem seine Stellvertreter, andere leitende Mitarbeiter und die Direktoren der unterstellten Forschungseinrichtungen angehören, berät (vgl. Statut des StAL. vom 13. 6. 1973 in: GBl. I, S. 369). Für seine Aufgabengebiete hat das StAL. ein Vorschlagsrecht gegenüber der Staatlichen Plankommission. Es unterstützt die Minister, die Leiter zentraler Staatsorgane und die Räte der Bezirke bei der Durchführung der Beschlüsse und koordiniert deren Tätigkeit auf dem Gebiet von Arbeit und Löhnen. Die Ämter für Arbeit und Löhne der Räte der Bezirke werden vom StAL. angeleitet und kontrolliert, die Berufung bzw. Abberufung ihrer Direktoren bedarf seiner Zustimmung. Das StAL. ist gehalten, bei der Ausarbeitung seiner Beschlußvorlagen und Entscheidungen die Hinweise und Vorschläge des Bundesvorstandes des Freien Deutschen Gewerkschaftsbundes (FDGB) zu berücksichtigen. Das StAL. hat folgende Aufgabengebiete: 1. Erschließung von Arbeitskräftereserven; Entwicklung bzw. Unterstützung der Einführung rationeller Arbeitsverfahren insbesondere der Wissenschaftlichen ➝Arbeitsorganisation (WAO), der Arbeitsnormung und der Arbeitsklassifizierung; 2. Ausarbeitung von Vorschlägen für die staatliche Lohn- und Prämienpolitik (Lohnformen und Lohnsystem) zur Stimulierung hoher Leistungen und für die Gestaltung der Einkommensrelationen zwischen den verschiedenen Beschäftigtengruppen; alle tarifvertraglichen Festlegungen bedürfen seiner Zustimmung; 3. Perspektivische Arbeit auf dem Gebiet der Rentenversicherung und der materiellen Versorgung im Fall der Arbeitsunfähigkeit (Sozialversicherungs- und Versorgungswesen); 4. Verbesserung der Arbeitsbedingungen für die berufstätigen Frauen; 5. Ausarbeitung von Rechtsvorschriften für die Planung, Bildung und Verwendung der Kultur- und Sozialfonds der VEB; 6. Ausarbeitung von Grundsätzen für die Gestaltung der Arbeitszeit- und Arbeitspausenregelungen sowie für den Erholungsurlaub; 7. Entwicklung und Unterstützung des Arbeitsschutzes, der Planung der Arbeitsschutztechnik, -kleidung und -mittel; 8. Weiterentwicklung des Arbeitsrechts und Einflußnahme auf seine einheitliche Anwendung; in Zusammenarbeit mit dem Bundesvorstand des FDGB Festlegung der Grundsätze für den Inhalt und den Abschluß von Rahmenkollektivverträgen, Tarifverträgen und Betriebskollektivverträgen; 9. Leitung und Koordinierung der Forschung auf dem Gebiet der Arbeitswissenschaften, des Arbeitsrechts und des Arbeitsschutzes; das Zentrale Forschungsinstitut für Arbeit (ZFA) und das Zentralinstitut für Arbeitsschutz (ZIAS), Dresden, sind ihm unterstellt; 10. Einflußnahme auf die Aus- und Weiterbildung von arbeitswissenschaftlichen Hoch- und Fachschulkadern; Unterstützung der Weiterbildungsarbeit der Kammer der Technik (KDT) in diesem Bereich; 11. Zusammenarbeit in eigenen Aufgabengebieten im Rahmen des Rates für Gegenseitige Wirtschaftshilfe (RGW); Leitung der Mitarbeit der DDR in der Internationalen Arbeitsorganisation (ILO). Das StAL. gibt „Verfügungen und Mitteilungen“ her[S. 1301]aus, die der Zeitschrift „Arbeit und Arbeitsrecht“ beiliegen. Staatssekretär ist seit 1977 Wolfgang Beyreuther (Mitgl. der ZK der SED und des Ministerrates der DDR). Fundstelle: DDR Handbuch. 3., überarbeitete und erweiterte Auflage, Köln 1985: S. 1300–1301 Staatssekretär für Kirchenfragen A, B, C, D, E, F, G, H, I, J, K, L, M, N, O, P, Q, R, S, T, U, V, W, Z Staatssekretariat für Berufsbildung

Siehe auch die Jahre 1975 1979 Das StAL. bereitet als Organ des Ministerrats dessen Beschlüsse auf dem Gebiet von Arbeit und Löhnen sowie in weiten Teilen des sozialpolitischen Bereichs vor und koordiniert und kontrolliert deren Durchführung. Im August 1972 erhielt das bisherige Staatliche Amt für Arbeit und Löhne die Stellung eines Staatssekretariats. Es wird von einem Staatssekretär nach dem Prinzip der Einzelleitung geleitet, der sich in Grundsatzfragen mit dem Kollegium des StAL.,…

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Kabarett (1985)

Siehe auch die Jahre 1958 1959 1960 1962 1963 1965 1966 1969 1975 1979 [S. 697]Als politisches K. erfährt diese Kunstgattung, in der Formen der Literatur, der Musik und des Theaters vereint sind, in der DDR starke Aufmerksamkeit. Dies gilt in besonderer Weise für das Laien-K. Hauptmerkmale des K. sind die Satire, aber auch der Zynismus, die Ironie und die verschiedensten Ausdrucksmittel des Humors. Aufgrund der Bedingungen der sozialistischen Produktionsverhältnisse wird dem K. eine neue Qualität zugesprochen. „Die gleichen Ziele wie die sozialistische Gesellschaft verfolgend, weiß es im Gegensatz zum westdeutschen Kabarett und zum bürgerlichen Kabarett der Vergangenheit nicht nur, wogegen, sondern auch wofür es auftritt.“ So werde es „zu einem wichtigen Instrument sozialistischer Bewußtseinsbildung“ (Kulturpolitisches Wörterbuch, 2. Aufl., Berlin [Ost] 1978, S. 326). In den „Hauptaufgaben für das Laienkabarett in den Jahren 1971–1975“, erarbeitet vom wissenschaftlich-künstlerischen Beirat für Volkskunst beim Ministerium für Kultur, wird als das Hauptziel des K. die Mithilfe bei der Gestaltung des sozialistischen Menschenbildes angeführt. Der Beitrag des K. „… besteht hauptsächlich in der satirischen bzw. humoristischen Beleuchtung von subjektiver Nichterfüllung gesellschaftlicher Erfordernisse, beabsichtigt als produktive Kritik, die Denkanstöße und Handlungsimpulse zur weiteren Vervollkommnung des Menschen gibt“. Zu diesem Zweck wird auf das notwendige Einverständnis zwischen Publikum und K. hingewiesen. „Bei beiden ist das Vergnügen an den Meisterungsmöglichkeiten des menschlichen Schicksals durch die Gesellschaft (Brecht) entwickelt, der Zuschauer findet seine Sache auf der Bühne behandelt, und beide genießen den Spaß an der Veränderung.“ Demgegenüber ist die Auseinandersetzung mit dem „Klassenfeind“ so scharf wie möglich zu führen. Einige Themenbereiche dürfen von den K. nicht behandelt werden. Verboten sind z.B. Witze über die oberste Partei- und Staatsführung, die Freundschaft zur UdSSR, die Nationale Volksarmee und die „Staatsgrenze West“ der DDR. Zu den bekanntesten der Berufs-K. gehören in Berlin (Ost) „Die Distel“, in Leipzig die „Pfeffermühle“, in Dresden die „Herkuleskeule“, in Halle die „Kiebitzensteiner“ und in Gera das „Fettnäpfchen“. Die Zahl der Laien-K. ist seit 1970 sprunghaft gestiegen (1981: geschätzt rd. 600, ohne die Pionier-K.-Gruppen). Zu den führenden Laienensembles zählen: die „academixer“ der Karl-Marx-Universität Leipzig, „die taktlosen“ am Haus der Gewerkschaften in Halle und die „Hinterwäldler“, das K. am Haus des Lehrers in Suhl. Die Zentrale Arbeitsgemeinschaft (ZAG) K. beim Zentralhaus für Kulturarbeit setzt sich mit den Entwicklungsproblemen im Bereich des K. auseinander und wirkt über die Bezirkskabinette für Kulturarbeit und die Bezirksarbeitsgemeinschaften auf die Arbeit der Laien-K. ein. Seine Hauptaufgaben sieht die ZAG in der Durchsetzung eines neuen Ensembletyps, in dem die K.-Mitglieder von der gleichen politisch-ideologischen Programmkonzeption ausgehen. Wichtige Einrichtungen der Qualifizierung sind: die Spezialschule (für K.-Leiter, einschl. der Leiter von Pionier-K.), Weiterbildungsseminare, Meisterkurse (für besonders befähigte Absolventen bzw. Leiter von Spitzengruppen) sowie die Arbeit in Beispiel- und Förderergruppen. Der Information und dem Leistungsanreiz dienen weiterhin auf Kreis-, Bezirks- und zentraler Ebene durchgeführte Werkstatt-Tage und Leistungsvergleiche. Fachorgan für das Laientheater und K. ist die Zeitschrift „szene“ des Zentralhauses für Kulturarbeit (zweimonatlich bis Mitte 1973, seither vierteljährlich). Fundstelle: DDR Handbuch. 3., überarbeitete und erweiterte Auflage, Köln 1985: S. 697 Justitiar A, B, C, D, E, F, G, H, I, J, K, L, M, N, O, P, Q, R, S, T, U, V, W, Z Kaderpolitik

Siehe auch die Jahre 1958 1959 1960 1962 1963 1965 1966 1969 1975 1979 [S. 697]Als politisches K. erfährt diese Kunstgattung, in der Formen der Literatur, der Musik und des Theaters vereint sind, in der DDR starke Aufmerksamkeit. Dies gilt in besonderer Weise für das Laien-K. Hauptmerkmale des K. sind die Satire, aber auch der Zynismus, die Ironie und die verschiedensten Ausdrucksmittel des Humors. Aufgrund der Bedingungen der sozialistischen Produktionsverhältnisse wird dem K. eine…

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Sozialpolitik (1985) Siehe auch das Jahr 1979 I. Definition S. wird in der DDR seit den 60er und 70er Jahren nach Inhalt und Umfang recht unterschiedlich verstanden: Einerseits wird der Begriff auf das klassische Gebiet der sozialen Sicherung eingeengt und werden darunter Maßnahmen gefaßt, „die auf die Gewährleistung der sozialen Sicherheit und auf die Milderung bzw. Beseitigung von sozialen Härtefällen gerichtet sind“; andererseits neigen zahlreiche Autoren in der DDR, insbesondere im politischen Umfeld, zu einer leerformelhaften Ausweitung des Begriffs. S. wird z.B. als Maßnahmenkomplex definiert, der „die soziale Lage der Gesamtheit bzw. der einzelnen Menschengruppen“ betrifft, oder als Tätigkeit „auf sozialem Gebiet“ begriffen. Die Diskussion über eine fruchtbare Abgrenzung des Begriffs ist nicht abgeschlossen. „Nach wie vor gibt es unterschiedliche Auffassungen darüber, ob S. mit Gesellschaftspolitik gleichzusetzen sei, ob sie einen eigenständigen Bereich bzw. nur einen Aspekt der Politik darstelle oder ob sie sich auf Verteilungspolitik beschränke“ (G. Winkler, Zur höheren Qualität der Verbindung von Soziologie und Sozialpolitik, in: Jahrbuch für Soziologie und Sozialpolitik, Berlin [Ost] 1980, S. 24). II. Funktion im Marxismus-Leninismus S. hatte in der DDR lange Zeit mit massiven ideologischen Vorbehalten zu kämpfen. Nach Auffassung der in der DDR vertretenen Version des Marxismus-Leninismus war sie im Sozialismus überflüssig, wenn nicht sogar sinnwidrig. Erst in den 60er und 70er Jahren hat sich ein Einstellungswandel vollzogen. An die Stelle kategorischer Ablehnung ist ein „Alleinvertretungsanspruch“ getreten, der in der These gipfelt, „echte“ S. sei nur im Sozialismus möglich. A. Legitimationsprobleme und ideologischer Wandel 1. Noch in den 50er Jahren wurde S. in der DDR als „dem Sozialismus wesensfremd“ abgelehnt. Aus der systemstabilisierenden Funktion der S. in den nichtsozialistischen westlichen Industrieländern wurde gefolgert, daß sie ein kapitalismusimmanentes Strukturelement, ein spezifisches Phänomen des kapitalistischen Systems sei. Die offizielle Lehre hing damit der traditionellen, aus den politischen Kämpfen der deutschen und internationalen Arbeiterbewegung stammenden Auffassung an, S. sei letztlich nur ein besonders perfides Instrument zur Ablenkung der Arbeiterklasse von ihren eigentlichen, [S. 1213]revolutionären Interessen; sie kuriere nur an den Symptomen einer durch und durch kranken Gesellschaftsordnung, anstatt diese Gesellschaft von Grund auf umzuwandeln. S. gehört in dieser Vorstellung zum Überbau einer überholten Gesellschaftsordnung, deren Grundwiderspruch die Probleme erst schafft, die zum Aufgabenfeld der S. gehören. Daraus wurde der Schluß gezogen, S. gehe mit der Gesellschaftsordnung unter, die gezwungen ist, eine solche Politik zur Verschleierung ihrer Widersprüche einzusetzen. Diese grundsätzliche Einstellung hatte praktische Konsequenzen. Obwohl beispielsweise die Reorganisation des Systems sozialer Sicherheit in der DDR in diese Zeit fällt, verschwand nach Verabschiedung der „Sozialpolitischen Richtlinien“ der SED (1946) (Dokumente der SED, Bd. I, Berlin [Ost] 1951, S. 139–148) der Begriff S. für etwa 15 Jahre nahezu vollständig aus dem offiziellen Sprachgebrauch von Wissenschaft und Politik. Als wissenschaftliche Disziplin existierte S. nicht. Wie Helga Ulbricht, die sich als erste wieder Mitte der 60er Jahre wissenschaftlich mit den Möglichkeiten und Aufgaben einer S. in der DDR befaßte, rückblickend feststellt, wurde in der DDR bis Ende der 50er Jahre „die Notwendigkeit oder auch die Existenz einer sozialistischen S. verneint, obwohl ihre praktische Handhabung seit Kriegsende das Gegenteil bewies“ (Aufgaben der sozialistischen S. bei der Gestaltung der sozialen Sicherheit in der DDR, Habilitationsschrift, Leipzig 1965, S. 62). In den 60er Jahren lösten sich die ideologischen Vorbehalte mehr und mehr auf. Indem S. in dieser Zeit vor allem als eine Politik der sozialen Sicherung aufgefaßt wurde, die darüber hinaus allenfalls noch Probleme bearbeitet, die als Relikte der kapitalistischen Vergangenheit interpretiert werden konnten, stand zumindest ihre Existenzberechtigung nicht länger in Frage. Die Abgrenzung zur kapitalistischen S. wurde mit der These vollzogen, daß es „echte“ S. im Kapitalismus nicht geben könne, daß S. von Ansatz, Motivation und Zielsetzung her dem kapitalistischen System „wesensfremd“ sei. Nach wie vor verhinderten jedoch „eingeengte traditionelle Auffassungen über Wesen und Ziele der S. im Sinne der Wohlfahrts- und Fürsorgepolitik“ (G. Winkler, Zur höheren Qualität der Verbindung von Soziologie und S., a.a.O., S. 27) eine theoretische Grundlegung sozialistischer S. 2. Für die Notwendigkeit einer S. im Sozialismus sprechen grundsätzliche Argumente. Es besteht offenbar unabhängig vom Gesellschaftssystem ein Bedarf an sozialpolitischer Einflußnahme, die allerdings eine systemspezifische Ausformung erfährt. Es fallen beispielsweise im Verlauf des Lebenszyklus oder schicksalsbedingt individuelle Bedürftigkeit und Leistungsfähigkeit auseinander. Angesichts fehlender oder nicht hinreichender Rückgriffsmöglichkeiten auf individuelles Sicherungsvermögen oder auf die Leistungsfähigkeit kleinerer „sozialer Netze“ sind gesellschaftliche Sicherungseinrichtungen im großen Stil erforderlich. Auch und gerade bei gesamtgesellschaftlicher Planung muß also ein System institutionalisiert werden, in dem über Umfang sowie über absolutes und relatives Niveau von sozialen Sicherungsleistungen entschieden wird. Darüber hinaus treten auch im Sozialismus soziale Probleme insofern auf, als bestimmte, auf die Erfüllung gesellschaftlich notwendiger Funktionen (wie Steuerungs- und Ordnungsleistungen, Bewältigung von Knappheit usw.) ausgerichtete Verteilungsbedingungen in mehr oder weniger scharfen Widerspruch zu anerkannten Wertvorstellungen, wie z.B. dem Gleichheitspostulat, treten. Kein Gesellschaftssystem kann sich mit der Verteilung von Lebenslagen und Lebenschancen nach einem einheitlichen Kriterium, z.B. nach dem Leistungsprinzip, begnügen. Sogar bei einem konzeptionell ausgewogenen System mehrerer Verteilungsprinzipien wird es immer Bürger geben, die nicht die Lebensbedingungen erreichen, die ihnen nach den vorherrschenden gesellschaftlichen Vorstellungen von Gerechtigkeit zukommen. Dies kann an der Unvollkommenheit des Verteilungssystems, aber auch an der Unfähigkeit der Betroffenen liegen, ihre Bedürfnisse anzumelden und durchzusetzen. 3. Im Zuge der Ende der 60er Jahre einsetzenden Diskussion um die Grundlagen einer sozialistischen S. wird die Existenz von sozialen Problemen auch in der DDR anerkannt, allerdings unter der Einschränkung, daß es sich hierbei ausschließlich um Probleme „nicht-antagonistischen Charakters“ handele (Widerspruch). Es wird jedoch eingeräumt, daß solche Fragen nicht nur punktuell und temporär auftreten, sondern durchaus einen ständigen Bedarf an sozialpolitischer Einflußnahme auslösen, da sie entweder als Folgen des sozialen Wandels oder als unerwünschte Nebeneffekte planvollen Handelns in anderen Politikbereichen „ständig neu aus dem Prozeß der gesellschaftlichen Veränderung geboren werden“ (G. Tietze). Damit ist im wesentlichen eine ideologische Kehrtwendung vollzogen, die es erlaubt, der S. einen neuen Stellenwert in der praktischen Gesellschaftspolitik der SED-Führung zuzuweisen. Dieser Einstellungswandel ist zu Beginn der 70er Jahre praktisch abgeschlossen — zu einer Zeit also, in der in der Bundesrepublik Deutschland die sozialliberale Koalition unter dem Stichwort Reformpolitik sozialpolitische Zielsetzungen in das Zentrum ihrer politischen Programmatik rückte. Daß es in der DDR vor allem auch darum ging, die sozial-integrativen Möglichkeiten der S. zu nutzen, ist bereits aus der Rede des Ersten Sekretärs des ZK der SED, E. Honecker, auf dem VIII. Parteitag der Sozialistischen Einheitspartei Deutschlands [S. 1214](SED) (1971) erkennbar. Die S. erscheint seitdem der DDR-Führung als ein geeignetes Instrument, den aus dem Vergleich mit der Entwicklung des Lebensstandards in der Bundesrepublik entstehenden Erwartungsdruck aufzufangen und der Bevölkerung der DDR unmittelbar greifbare Erfolge des sozialistischen Systems vorzuweisen (z.B. mit der Kampagne: „Die zweite Lohntüte“, mit der die Bedeutung des zusätzlichen Einkommens für den Bürger durch die staatliche Subventionierung von Tarifen, Dienstleistungen und Waren des Grundbedarfes herausgestellt wird). Für die politische Führung liegt allerdings die grundsätzliche Problematik darin, daß sie sich der über sozialpolitische Maßnahmen erreichbaren Loyalität nicht dauerhaft sicher sein kann. Die verstärkte Nutzung der S. als „Legitimationsersatz“ (P. C. Ludz) birgt die Gefahr, daß Erwartungshaltungen bestärkt, Anspruchsniveaus verschoben und ausbleibende Erfolge bei einer zunehmenden Sensibilisierung gegenüber sozialen Problemen der Parteiführung wiederum unmittelbar angelastet werden. Andererseits verbreitert eine aktive S. zunächst die Palette der politischen Aktionsmöglichkeiten und erlaubt eine differenziertere Gesellschaftspolitik, als sie in der DDR der 60er Jahre möglich war. B. Einheit von Wirtschafts- und Sozialpolitik Die konkreten politischen Maßnahmen der 70er Jahre stellen keinen völligen Kurswechsel in dem Sinne dar, daß die S. nun gezielt als ein Instrument der Einebnung sozialer Unterschiede oder zur Etablierung eines sozialistischen Wohlfahrtsstaates eingesetzt würde. Zu hohe Erwartungen werden stets mit dem Hinweis auf die sog. Einheit von Wirtschafts- und S. im Sozialismus gedämpft. Mit dieser, vor allem seit dem IX. Parteitag der SED (1976) propagierten Formel wird in der DDR eine „Wirtschafts- und S. aus einem Guß“ gefordert. Da die Notwendigkeit einer Koordinierung aller Politikbereiche, also auch der Wirtschafts- und S. unter planwirtschaftlichen Bedingungen selbstverständlich ist, drängt sich die Frage nach der Funktion des propagandistischen Aufwands auf. Einheit von Wirtschafts- und S. meint demnach nicht nur ein koordiniertes Miteinander, sondern ein konditionales Abhängigkeitsverhältnis der einzelnen politischen Bereiche. Wirtschaftlicher Fortschritt wird als Voraussetzung des sozialen Fortschritts verstanden, sozialer Fortschritt als Voraussetzung und Stimulus für wirtschaftliche Erfolge angesehen. Das Prinzip der Einheit von Wirtschafts- und S. verkümmert im politischen Alltag allerdings zu der trivialen, in der DDR als „wichtige Lebenserfahrung unseres Volkes“ verkündeten These, „daß nur das verbraucht werden kann, was vorher erarbeitet wurde“ (Bericht des ZK der SED an den IX. Parteitag, in: ND 19. 5. 1976, S. 6). Sozialpolitische Maßnahmen sollen vor allem die für das „Wachstum der Produktion unerläßlichen Initiativen der Werktätigen stimulieren, um so mehr, wenn sie von zielgerichteter ideologischer Arbeit begleitet werden, um jedem den engen Zusammenhang zwischen eigener Leistung und wachsendem Lebensstandard voll bewußtzumachen und so seinen Leistungswillen noch zu fördern“ (H. Miethe/H. Milke, Die Einheit von Wirtschafts- und Sozialpolitik, in: Einheit 10/1976, S. 1160). III. Ansätze zu einer marxistisch-leninistischen S.-Konzeption Bis in die Mitte der 60er Jahre beschränkte sich die wissenschaftliche Beschäftigung mit einer sozialistischen S. in der DDR auf einige eher praxisorientierte Aufsätze und vereinzelte deskriptive Arbeiten vor allem zu Sozialversicherungsfragen. Die Gesamtproblematik wurde erstmals differenzierter und grundsätzlicher in Helga Ulbrichts Habilitationsschrift aus dem Jahre 1965 abgehandelt. Auf breiterer Basis ist die Forschung erst nach dem VII. Parteitag der SED (1967) vorangetrieben worden. In den entsprechenden Fachzeitschriften erschienen in zunehmender Zahl theoretische Arbeiten (u.a. von G. Schmunk, G. Tietze, M. Thürling, G. Winkler), die zur Veröffentlichung einer ersten Monographie (1972) und eines Lehrbuches zur S. (1975) führten. Die Diskussion wurde vor allem von Vertretern bzw. aus dem Umkreis des FDGB geführt, der sich ganz besonders um den Aufbau der jungen Disziplin bemühte. An der Hochschule des FDGB „Fritz Heckert“ in Bernau (Freier Deutscher Gewerkschaftsbund (FDGB), V.) wurden Arbeits- und Forschungsgruppen, ein Institut sowie ein Lehrstuhl für S. (Leitung: G. Tietze) gegründet. Auch der Bundesvorstand des FDGB richtete eine Abteilung S. ein und hielt bereits 1969 in Bernau eine Konferenz ab, auf der eine zusammenfassende Darstellung sozialpolitischer Fragen unter besonderer Berücksichtigung der Rolle der Gewerkschaften vorgenommen wurde. Parallel dazu begann die Auseinandersetzung mit der S. der „sozialreaktionären Koalition“ in der Bundesrepublik (G. Thude, G. Tittel, Brühl/Schneider). Auf Beschluß des Politbüros des ZK der SED ist Anfang 1974 ein Wissenschaftlicher Rat für S. und Demographie (Wissenschaftliche Räte) gegründet worden, der einen Teil des gestiegenen Informations- und Beratungsbedarfs decken soll. Der Vorsitzende des Rates, Prof. Dr. Gunnar Winkler, wurde zum Leiter des 1978 gegründeten Instituts für Soziologie und S. an der Akademie der Wissenschaften der DDR (AdW) berufen. Das Institut gibt seit 1980 ein Jahrbuch für Soziologie und S. heraus. A. Inhalt und Hauptaufgaben Definitionen des Inhalts der sozialistischen S., die vor allem Ende der 60er und Anfang der 70er Jahre [S. 1215]in der DDR recht differenziert diskutiert worden sind, gehen von Grundgedanken der sozialistischen Reproduktions-Theorie aus. Die S. gestaltet danach den „dialektischen Wechselprozeß“ subjektiver Bedürfnisse und objektiver Arbeits- und Lebensbedingungen der Menschen nach Maßgabe des gesellschaftlichen Gesamtinteresses bei jeweils ausgewählten sozialen Gruppen. Als „Klassenpolitik der Arbeiter-und-Bauern-Macht“ soll sich die S. nicht auf die Beeinflussung und Befriedigung beliebiger Bedürfnisse der Menschen richten, sondern auf „die Entwicklung und Befriedigung ihrer Bedürfnisse und Interessen nach Maßstab des gesellschaftlichen Gesamtinteresses“ (G. Tietze). S. zielt also letztlich auf „die Verwirklichung des von der Arbeiterklasse und den Klassikern des Marxismus-Leninismus entworfenen Bildes vom Sozialismus“ (J. Bernard). Von der Gesellschaftspolitik unterscheidet sie sich nach Auffassung von G. Tietze dadurch, daß sie nicht alle sozialen Prozesse regelt, sondern sich auf die „Gestaltung der Beziehungen ausgewählter sozialer Gruppen beschränkt, für die differenzierte Maßnahmen der Anerkennung, Förderung und Sicherung notwendig sind“. Dabei stellen sich die folgenden Hauptaufgabenbereiche: 1. Sicherung der einfachen und einer dem Stand der Produktivkräfte entsprechenden erweiterten Reproduktion des Individuums, insbesondere seiner Arbeitskraft, 2. Sicherung der einfachen und möglichst auch der erweiterten Reproduktion der Bevölkerung und damit des gesamtgesellschaftlichen Arbeitsvermögens, 3. Behebung und Milderung sozialer Unterschiede, die aus abweichendem Verhalten entstehen, 4. Milderung wirtschaftlicher Ungleichheit, soweit sie nicht aus dem Leistungsprinzip zu rechtfertigen ist, 5. Gewährleistung eines gleichwertigen Reproduktionseffektes bei Vorliegen ungleicher Arbeits- und Lebensbedingungen. Ad 1. Der erste Aufgabenkomplex zielt auf die Sicherung eines „sozialen Minimums“ für alle Bürger. Dazu zählt die rechtliche Sicherung von Mindestbedingungen in den Gestaltungsbereichen Arbeit, Gesundheit, Wohnung, Erziehung und Bildung usw., die Gewährung von Mindesteinkommen (Mindestlohn; Renten) sowie die unentgeltliche oder subventionierte Bereitstellung von Gütern des Grundbedarfs. Besonderes Gewicht kommt der Aufgabe zu, die Wahrnehmung des Rechts auf Arbeit zu ermöglichen, die z.B. durch Krankheit, Alter, Invalidität oder familiäre Belastungen eingeschränkt sein kann. Solchen Einschränkungen sollen Maßnahmen des Gesundheits- oder Arbeitsschutzes, der Rehabilitation oder der Unterstützung berufstätiger Mütter entgegenwirken (Gesundheitswesen). Ad 2. Zu dem zweiten Aufgabenkomplex zählen spezifische bevölkerungspolitische Maßnahmen zur „Herausbildung und Förderung einer stabilen Zwei- bis Drei-Kinder-Familie“ wie Geburtenbeihilfen, Kredite zu vergünstigten Bedingungen an junge Eheleute sowie die besondere Förderung berufstätiger Mütter (Schwangerschaftsurlaub, monatlicher Hausarbeitstag, verlängerter Erholungsurlaub, Anrechnungszeiten in der Sozialversicherung usw.) (Familie; Frauen, II. u. III.). Ad 3. Die hier genannten Aufgaben entstehen „aus Verhaltensweisen von Menschen, die nicht der gesellschaftlichen Norm entsprechen“ (H. Ulbricht, Aufgaben der sozialistischen Sozialpolitik, a.a.O. S. 132), die beispielsweise nicht arbeitswillig oder in anderer Weise straffällig geworden sind (Asoziales Verhalten). Dadurch werden Maßnahmen eingliedernden, betreuenden und fürsorgenden Charakters notwendig, wie Jugendhilfe, Gefährdetenfürsorge, Gefangenenfürsorge und Resozialisierung (Strafvollzug). Ad 4. Maßnahmen zur Milderung wirtschaftlicher Ungleichheit zielen auf Unterschiede, die aus einer ungenügenden Anwendung des Leistungsprinzips entstehen oder aus einer ungerechtfertigten oder schematischen Anwendung dieses Prinzips (z.B. auf Beschränkt- oder Nicht-Leistungsfähige) resultieren. Ad 5. Die Herstellung eines gleichwertigen Reproduktionseffektes erfordert schließlich Maßnahmen zum Ausgleich von Belastungsunterschieden, wie sie sich insbesondere aus höheren Arbeitsbelastungen (Sonderleistungen für berufstätige Mütter, Schichtarbeiter, Arbeitsrecht, VII. u. XI.), höheren wirtschaftlichen und sozialen Belastungen (Förderungsmaßnahmen für kinderreiche Familien, alleinstehende Eltern, Ausbildungsförderung; Kinderbeihilfen) oder aus besonderen sozialen Schwächen (Tagesstätten für behinderte Kinder, Behindertenwerkstätten, Pflegegeld) ergeben. B. Leitbild und Prinzipien Bei der Wahrnehmung dieser Aufgaben gehen die politischen Organe in der DDR erklärtermaßen von Prinzipien aus, die einen dominierenden Einfluß des gesellschaftspolitischen Leitbildes für die Ausgestaltung der S. belegen. Verbindliches Leitbild ist das von den Klassikern des Marxismus-Leninismus, d.h. faktisch das von der SED entworfene Bild von einer sozialistischen Gesellschaft. Konstitutive Elemente dieses Leitbildes sind folgende Vorstellungen, die in der DDR als „unantastbare Grundlagen der sozialistischen Gesellschaftsordnung“ (Art. 2 Abs. 2 Verfassung der DDR) verstanden werden und sich verkürzt mit folgenden Grundsätzen wiedergeben lassen: (1) Grundsatz der Wissenschaftlichkeit und Parteilichkeit des Marxismus-Leninismus, (2) Grundsatz des Interpretations- und Führungsmonopols der Partei der Arbeiterklasse, d.h. der SED, (3) Grundsatz der umfassenden Interessenidentität im Sozialismus und des Primats des gesellschaftlichen Gesamtinteresses, (4) Grundsatz der Notwendigkeit zentraler Leitung und Planung der gesamtgesellschaftlichen Entwicklung nach dem Prinzip des Demokratischen Zentralismus, (5) Grundsatz vom Primat der Arbeit und des veränderten Charakters der Arbeit unter sozialistischen Produktionsverhältnissen, (6) Grundsatz der umfassenden Solidarität im Sozialismus. Aus dem Dogmatismus des Leitbildes, seinem Anspruch auf Wissenschaftlichkeit und Universalität ergibt sich für die S. in der DDR im Grundsatz ein Pluralismusverbot hinsichtlich Träger und Zielvorstellungen. Sozialistische S. ist auch gegenüber anderen politischen Aktionsbereichen weder konzeptionell noch organisatorisch autonom, sondern nur „relativ selbständig“ denkbar. Dies kommt auch in der Widerspiegelung der Leitbildnormen auf der Ebene sozialpolitischer Gestaltungsprinzipien zum Ausdruck; es handelt sich im einzelnen um: (1) das Prinzip der Parteilichkeit und Klassengebundenheit einer marxistisch-leninistischen S., [S. 1216](2) das Prinzip der Einheitlichkeit und Differenziertheit sozialistischer Gesamt- und S., (3) das Prinzip der Einheit von ökonomischem und sozialem Fortschritt, (4) das Prinzip der Übereinstimmung von politisch- wirtschaftlicher und wissenschaftlich-technischer Entwicklung und Verbesserung der Arbeits- und Lebensbedingungen, (5) das Prinzip der zentralen staatlichen Leitung und Planung in allen Grundfragen der sozialistischen S. und ihrer eigenverantwortlichen Durchsetzung durch die Betriebe, örtlichen Staatsorgane und gesellschaftlichen Kräfte (Selbstverwaltung), (6) das Prinzip der organischen Verbindung der Verteilung nach der Arbeitsleistung und der Befriedigung von Bedürfnissen aus gesellschaftlichen Konsumtionsfonds, (7) das Prinzip der gesellschaftlichen Sorge um den Menschen und der Solidarität bei der Lösung sozialpolitischer Aufgaben und Maßnahmen, (8) das Prinzip der Rationalität und Effektivität in der sozialistischen S. Die Dominanz des Leitbildes zeigt sich in diesem Zusammenhang auch darin, daß die S. auf denselben Grundlagen und mit gleichen Prinzipien wie die Gesamtpolitik des sozialistischen Staates operiert. Es ist von daher konsequent, wenn Lehrbücher aus der DDR als „entscheidende Basis für die marxistisch-leninistische S.“ ausschließlich die bereits aufgeführten konstitutiven Elemente des Leitbildes nennen, nämlich „die Herrschaft der Arbeiterklasse unter Führung ihrer marxistisch-leninistischen Partei“, „das sozialistische Eigentum an den Produktionsmitteln“ sowie „den demokratischen Zentralismus bei der Leitung und Planung von Staat und Wirtschaft“. IV. Praktische Ausgestaltung Schwerpunkte der praktischen S. lagen in der unmittelbaren Nachkriegszeit zunächst auf der Behebung der Kriegsfolgen und dem Aufbau bzw. der Reorganisation des Sozialleistungssystems. Im Vordergrund standen zunächst allgemeine Schutz- und Versorgungsmaßnahmen auf einem niedrigen Leistungsstand. Daneben wurden mit Sonderleistungen für bestimmte „staatstragende“ und wirtschaftlich wichtige Gruppen der Bevölkerung strukturpolitische Ziele verfolgt. In der Folgezeit lag das Schwergewicht auf gesundheits-, bildungs- und vor allem beschäftigungspolitischen Zielen (Arbeitskräfte). Seitdem die Vollbeschäftigungsgrenze erreicht ist, also nahezu die gesamte arbeitsfähige Bevölkerung in der DDR im Produktionsprozeß steht, wird mit Nachdruck die sog. Intensivierung und Rationalisierung verfolgt, wobei insbesondere der Schichtarbeit eine steigende Bedeutung beigemessen wird. Sozialpolitische Maßnahmen unterstützen diese Politik durch gezielte Begünstigungen und Anreize. Das Hauptgewicht der sozialpolitischen Programme in den 70er Jahren lag zunächst auf bevölkerungspolitischen Maßnahmen, die vor allem mit gezielten Erleichterungen für werktätige Mütter (Mutterschutz/Fürsorge für Mutter und Kind), mit Krediten an junge Eheleute und Geburtenbeihilfen dem seit 1969 zu beobachtenden Rückgang der Bevölkerung entgegenwirken sollten. Inwieweit inzwischen wieder höhere Geburtenzahlen in der DDR diesem Maßnahmenkatalog zuzuschreiben sind und ob damit der rückläufigen Bevölkerungsentwicklung auf Dauer Einhalt geboten ist, wird in der (westlichen) bevölkerungswissenschaftlichen Diskussion kontrovers eingeschätzt. Für den Zeitraum bis 1990 gilt als sog. Kernstück der S. das bereits 1973 verkündete Wohnungsbauprogramm (Bau- und Wohnungswesen). A. Besonderheiten des bestehenden Systems Charakteristisch für die derzeit praktizierte S. ist eine umfassende Basissicherung über eine ausgebaute Schutzgesetzgebung im Arbeitsrecht, IX., eine staatliche Lohnpolitik (Lohnformen und Lohnsystem) vor dem Hintergrund einer Arbeitsmarktordnung ohne autonome Tarifpartner, freies Organisationsrecht und Arbeitskampfrecht (Streik), eine umfassende soziale Sicherung bei Ausfall des Erwerbseinkommens (Sozialfürsorge; Sozialversicherungs- und Versorgungswe[S. 1217]sen), eine staatliche Preispolitik (Preissystem und Preispolitik) sowie ein breites Angebot öffentlicher Güter und Dienstleistungen (Öffentliche ➝Sozialleistungen). Da der Staat auf die Primärverteilung, z.B. über das Instrument der Lohnpolitik, einen sehr starken Einfluß ausübt, entfällt die Notwendigkeit für einen Teil der in den entwickelten nicht-sozialistischen Gesellschaftssystemen inzwischen üblichen monetären Transfers. Versorgungs- und Verteilungsziele werden darüber hinaus bevorzugt über Realtransfers, d.h. über — in der Regel unentgeltliche — Sach- und Dienstleistungen verfolgt. Dies bietet sich schon deshalb an, weil der sozialistische Staat für die Lebenslage der Bevölkerung relevante Bereiche wie Bau- und Wohnungswesen; Gesundheitswesen; Einheitliches sozialistisches Bildungssystem usw. direkt kontrolliert. Gegenüber der S. in der Bundesrepublik Deutschland ist für das System der sozialen Sicherung in der DDR kennzeichnend: a) die eindeutige Dominanz zentralstaatlicher Instanzen (Bedeutungslosigkeit des Subsidiaritätsprinzips), b) die starke Einbeziehung der Betriebe und der Gewerkschaften (Freier Deutscher Gewerkschaftsbund [FDGB]) in die organisatorische Abwicklung der sozialen Sicherung, c) eine deutliche Hinwendung zum Versorgungsprinzip und entsprechende Aushöhlung des Versicherungsprinzips, d) eine besondere Betonung der Prophylaxe sowie e) das Fehlen einer unabhängigen Sozialgerichtsbarkeit. Im Gegensatz zum organisatorisch zersplitterten System der sozialen Sicherung in der Bundesrepublik Deutschland sind alle öffentlich-rechtlichen Versicherungsträger in einer Einheitsversicherung zusammengefaßt, die sich zu einem wesentlichen Teil über den Staatshaushalt finanziert. Auslösung und Bemessung der Leistungen stehen weniger unter dem Gesichtspunkt einer versicherungsrechtlichen Anspruchsgrundlage (Kausalprinzip) und dem der dafür erbrachten Beiträge als unter dem Aspekt einer von seiten des Staates angestrebten Versorgungssituation (Finalprinzip). Systemschwächen wie mangelhafte Transparenz, Unabgestimmtheit mehrerer Leistungsarten mit der Folge von Systemlücken oder auch Leistungskumulationen treten von daher kaum auf. Die fehlende Anbindung bestimmter Transfers, insbesondere der Renten, an die allgemeine Einkommensentwicklung (Dynamisierung) führte in der Vergangenheit zu einer gewissen Benachteiligung der Empfänger dieser Sozialeinkommen gegenüber den noch im Arbeitsleben stehenden Teilen der Bevölkerung; dies hat sich auch durch einige Ad-hoc-Anpassungen der Leistungen in den letzten Jahren nicht grundsätzlich geändert. B. Bewertung Dem Versuch einer Bewertung der S. in der DDR sind enge Grenzen gesetzt. Es stellt sich nicht nur die grundsätzliche Frage nach der Angemessenheit der angelegten Kriterien. Eine empirisch ausgerichtete Forschung stößt darüber hinaus gerade in diesem Bereich auf weitere systembedingte Barrieren. Der fehlenden Partizipation der Bevölkerung an sozialpolitischen Entscheidungen entspricht eine weitgehende Unzugänglichkeit der relevanten und eine grobe Unzulänglichkeit der verfügbaren Daten. Sozialpolitische Problemfelder werden einerseits von einer gezielten Agitation und Propaganda überspielt, andererseits bereits auf der Ebene wissenschaftlicher Forschung (Soziologie und Empirische Sozialforschung) in der DDR kaum ausgeleuchtet. Auch die Analyse rechtlicher Regelungen hilft kaum weiter, solange über ihre praktische Umsetzung wenig bekannt ist. Die Beantwortung sozialpolitischer Fragestellungen setzt eine „soziale Berichterstattung“ voraus, die in der DDR aufgrund einer generell sehr geringen Erfahrungsoffenheit des Systems nicht existiert. Von daher fehlt auch die in westeuropäischen Industriestaaten sich inzwischen entwickelnde Wirkungsforschung als Grundlage einer Erfolgsanalyse sozialpolitischer Programme. Da damit auch Möglichkeiten einer gezielteren Leitung und Planung sozialer Prozesse (Sozialplanung) vergeben werden, fordern inzwischen auch Wissenschaftler in der DDR verstärkte Forschungsanstrengungen in diesem Bereich, insbesondere hinsichtlich des Aufbaus eines Systems sozialer Indikatoren. Die DDR-Forschung muß sich aber vorläufig noch auf die Analyse eines unvollständigen Mosaiks von Einzelerfahrungen, auf Mutmaßungen über die Effekte institutioneller Regelungen sowie auf Ideologiekritik beschränken. Ideologiekritik ist beispielsweise gegenüber der in der DDR verbreiteten Vorstellung angebracht, die zunehmende Verteilung über die Gesellschaftliche ➝Konsumtion sei bereits mit einer wachsenden Durchsetzung des Bedürfnisprinzips im Sozialismus gleichzusetzen, die nahtlos zu kommunistischen Verteilungsverhältnissen führe. Zum einen ist es ein wichtiger und von der marxistisch-leninistischen Ideologie häufig verwischter Unterschied, ob nach (individuellen) Bedürfnissen oder nach (staatlich normiertem) Bedarf verteilt wird. Zum anderen ist ohne detaillierte Verteilungsanalysen nicht auszumachen, ob die tatsächliche Begünstigung (Inzidenz) nach der Bedürfnisintensität oder aber durch die jeweilige praktische Ausgestaltung der Leistungsabgabe stillschweigend nach anderen Kriterien erfolgt. In der Vergangenheit ist in Anbetracht der empfindlichen Knappheit an Arbeitskräften vor allem den Zielen der staatlichen Arbeitskräftepolitik hohe Priorität eingeräumt worden. Unterscheidet man [S. 1218]z.B. hinsichtlich ihrer Zugehörigkeit zum gesellschaftlichen Arbeitsvermögen die Gruppen der: (1) Aktiven, (2) Noch-Nicht-Aktiven, (3) aus gesellschaftlich erwünschten Gründen (Mutterschaft, Studium) vorübergehend Inaktiven, (4) aus gesellschaftlich tolerierten Gründen (Krankheit) vorübergehend Inaktiven, (5) dauerhaft Inaktiven und untersucht, inwieweit und in welcher Form ihnen jeweils Leistungen der S. zugute kommen, so ergibt sich kurz umrissen folgendes Bild: Die Versorgung der dauerhaft Inaktiven erfolgt für die Bevölkerungsmehrheit auf relativ niedrigem Niveau und wird der gesellschaftlichen Wohlstandsentwicklung nur zögernd angepaßt. Die Mehrzahl der Maßnahmen zeigt die Tendenz, die in der Beschäftigung stehende Bevölkerung im Produktionsprozeß zu halten und für vorübergehend Nicht-Beschäftigte Anreize zur möglichst unverzüglichen Wiederaufnahme der Beschäftigung zu bieten. Dies kommt u.a. zum Tragen in: a) einer Festsetzung des Mindestbruttolohnes in deutlichem Abstand zur durchschnittlichen Altersrente, b) der fehlenden Anrechnung von im Ruhestand zusätzlich erzielten Arbeitseinkommen auf die Höhe der Altersversorgung sowie c) der Tatsache, daß grundsätzlich Nicht-Erwerbsfähigkeit eine Voraussetzung zum Bezug von Hinterbliebenen- und Kriegsbeschädigtenrenten darstellt. Umfang und Qualität der sozialen Sicherung sind generell sehr eng mit der Stellung im Produktionsprozeß verknüpft. Dies kommt auch formal darin zum Ausdruck, daß das Sozialversicherungsrecht in seinen Grundsätzen im Arbeitsgesetzbuch geregelt ist. In der DDR-Forschung ist diese Art der Ausgestaltung als „wachstums- oder produktivitätsorientiert“ bezeichnet worden. Darunter wird allgemein eine Politik verstanden, die im Konflikt zwischen gesellschaftspolitischen Zielen wie sozialer Sicherheit oder sozialer Gleichheit einerseits und dem Wachstumsziel andererseits dem letzteren den Vorrang einräumt. Für die dominierende Rolle wirtschaftspolitischer Ziele in der praktischen S. der SED-Führung gibt es bis in die jüngste Zeit zahlreiche Belege. Die S. hat sich ganz überwiegend auf Aufgaben konzentriert, mit denen gleichzeitig eine Sicherung und Förderung der wirtschaftlichen Grundlagen bewirkt und die Wirtschaftsplanung erleichtert werden sollte. Das Gleichheitsziel hat eine untergeordnete Rolle gespielt. S. ist vor allem als Schutz- und Sicherungspolitik, dagegen kaum als Ausgleichspolitik betrieben worden. Darüber hinaus hat die Anreizfunktion der S. eine wachsende Bedeutung. Angesichts der auch für die DDR-Wirtschaft in den 80er Jahren enger werdenden Wachstumsspielräume ist für die zukünftige S. eine Fortführung dieses Kurses zu erwarten. Wolf Rainer Leenen Literaturangaben Lampert, H., u. F. Schubert: Sozialpolitik V: In der Deutschen Demokratischen Republik, in: Handwörterbuch der Wirtschaftswissenschaft (HdWW). Bd. 7. Stuttgart/New York usw.: Verlagsgemeinschaft Fischer, Mohr usw. 1977. Leenen, W. R.: Zur Frage der Wachstumsorientierung der marxistisch-leninistischen Sozialpolitik in der DDR. Berlin (West): Duncker & Humblot 1977. (Volkswirtschaftliche Schriften. 261.) Mitzscherling, P.: Zweimal deutsche Sozialpolitik. Hrsg. Deutsches Institut f. Wirtschaftsforschung. Berlin (West): Duncker & Humblot 1978. (Sonderheft 123.) Sozialpolitik, Betrieb, Gewerkschaften. Berlin (Ost). Tribüne 1972. Marxistisch-leninistische Sozialpolitik. Autorenkollektiv u. Ltg. v. Günter Schmunk (u.a.). Berlin (Ost): Tribüne 1975. Theorie und Praxis der Sozialpolitik in der DDR. Berlin (Ost): Akademie-Verl. 1979. Anhang Fundstelle: DDR Handbuch. 3., überarbeitete und erweiterte Auflage, Köln 1985: S. 1212–1218 Sozialplanung A, B, C, D, E, F, G, H, I, J, K, L, M, N, O, P, Q, R, S, T, U, V, W, Z Sozialstruktur

Sozialpolitik (1985) Siehe auch das Jahr 1979 I. Definition S. wird in der DDR seit den 60er und 70er Jahren nach Inhalt und Umfang recht unterschiedlich verstanden: Einerseits wird der Begriff auf das klassische Gebiet der sozialen Sicherung eingeengt und werden darunter Maßnahmen gefaßt, „die auf die Gewährleistung der sozialen Sicherheit und auf die Milderung bzw. Beseitigung von sozialen Härtefällen gerichtet sind“; andererseits neigen zahlreiche Autoren in der DDR, insbesondere…

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Sozialdemokratismus (1985)

Siehe auch die Jahre 1954 1956 1958 1959 1960 1962 1963 1965 1966 1969 1975 1979 Ursprünglich von Lenin geprägter Begriff zur Kennzeichnung der Politik der Sozialdemokratischen Partei Deutschlands (SPD). Nach 1945 wurde er von der Sozialistischen Einheitspartei Deutschlands (SED) zunächst verwendet, um Abweichungen eigener Parteimitglieder — vor allem ehemaliger SPD-Mitglieder — von der Linie der Parteiführung anzuprangern (Kleinbürgertum; Revisionismus). Nach dem Juni-Aufstand 1953 wurden oppositionelle Strömungen in der Gesamtgesellschaft (Opposition und Widerstand) häufig mit dem Vorwurf des S. belegt, darüber hinaus aber auch die Politik der SPD in der Bundesrepublik Deutschland, deren ideologische Diversion als einer der Hauptgründe für die Ereignisse des 17. 6. 1953 dargestellt wurde. Nach dem Abklingen dieser Auseinandersetzungen wurde das Schlagwort des S. in größerem Umfange erst wieder in Zusammenhang mit dem „Prager Frühling“ 1968 benutzt sowie im Zuge der danach einsetzenden Phase der Entspannungspolitik als Versuch der Abgrenzung gegenüber den für die Sicherheit der eigenen Ordnung als gefährlich erachteten Ideen des Demokratischen ➝Sozialismus (DS.). Mit dem wirtschaftlichen Aufschwung in der DDR nach dem VIII. Parteitag der SED (1971) führten eine gewisse Stabilisierung des Systems und die außenpolitische Neuorientierung im Vorfeld der KSZE auch zu begrifflichen Neu- bzw. Umformulierungen in der ideologischen Auseinandersetzung mit dem Ergebnis, daß seit 1973 der polemische Begriff des S. weitgehend durch die Formel des Sozialreformismus ersetzt worden ist. Auch hat die wissenschaftliche Beschäftigung mit dem S. in der DDR seither an Ernsthaftigkeit und Differenziertheit gewonnen. Mit S. bzw. Sozialreformismus bezeichnet die SED heute vorrangig die gegenwärtige Politik der SPD in der Bundesrepublik Deutschland, wie sie in den unterschiedlichen Ansätzen des DS. (bzw. des synonym gebrauchten Begriffes der „sozialen Demokratie“) zum Ausdruck kommt. Wenn auch die Kritik gegenüber dem S. im einzelnen differenzierter geworden ist, wird doch gegenüber allen Formen des S. einheitlich der Vorwurf erhoben, daß sie als untauglicher Versuch eines Dritten Weges durch ihre Beschränkung auf den Reformismus zumindest objektiv die Rolle des „Arztes am Krankenbett des Kapitalismus“ darstellten und so letztlich das Überleben des Imperialismus sicherten. Dabei wird der Diskussion um die Grundwerte des DS. auch eine direkt gegen die DDR gerichtete Funktion (Antikommunismus) unterstellt: „Die sozialdemokratische ‚Grundwerte‘-Propaganda erfüllt eine doppelte Aufgabe: den Kapitalismus auf seiner staatsmonopolistischen Stufe zwar als verbesserungsbedürftig, aber wandlungsfähig, also erhaltenswert, darzustellen; und den in den Ländern der sozialistischen Staatengemeinschaft realisierten Sozialismus als in angeblicher Demokratiefeindlichkeit erstarrt und abstoßend, also nicht erstrebenswert zu diffamieren“ (Klassenkampf und Demokratie, Berlin [Ost] 1982, S. 88). Als grundsätzlicher Mangel der Konzeptionen des DS. wird geltend ge[S. 1155]macht, daß Begriffe wie „Freiheit, Gerechtigkeit und Solidarität … von den materiellen Bedingungen ihrer Verwirklichung, den Eigentums- und Machtverhältnissen“ abstrahierten (ebd.). Speziell „rechten“ Vertretern des DS. wird der Vorwurf des Opportunismus gemacht. Ihr Ziel sei es, „eine möglichst konfliktfreie Entwicklung des staatsmonopolistischen Kapitalismus zu gewährleisten, die Demokratiebestrebungen der Werktätigen zu kanalisieren und große Teile der werktätigen Bevölkerung für die Erhaltung und ‚Verbesserung‘ des staatsmonopolistischen Systems zu gewinnen“ (ebd., S. 87). Sofern Vorstellungen des DS. die Vergesellschaftung eines Teils der Produktionsmittel beinhalten, werden diese in der aktuellen Situation relativ positiv bewertet: „Der positive Ansatz dieser Forderungen besteht in ihrem antimonopolistisch-demokratischen Inhalt; sie kann insofern in der gegenwärtigen Etappe den Kampf um die Erweiterung der Einflußmöglichkeiten demokratischer Kräfte im staatlichen Bereich fördern“ (ebd., S. 90). Letztlich seien sie jedoch unzureichend, da sie „die Demokratisierung des politischen Systems nur als quantitatives Problem begriffen … Die Begrenztheit dieser Forderungen, die an den bestehenden — monopolkapitalistischen — Staat gerichtet werden, rührt (ferner) daher, daß die Kräfte, die diese Forderung stellen, den Klassencharakter dieses Staates nicht erkennen und — damit in Zusammenhang — die Möglichkeiten der bürgerlichen Demokratie und ihrer Gesetzgebung überschätzen“ (ebd., S. 90 f.). Politik; Staatslehre. Fundstelle: DDR Handbuch. 3., überarbeitete und erweiterte Auflage, Köln 1985: S. 1154–1155 Sozialdemokratische Partei Deutschlands (SPD) A, B, C, D, E, F, G, H, I, J, K, L, M, N, O, P, Q, R, S, T, U, V, W, Z Sozialfürsorge

Siehe auch die Jahre 1954 1956 1958 1959 1960 1962 1963 1965 1966 1969 1975 1979 Ursprünglich von Lenin geprägter Begriff zur Kennzeichnung der Politik der Sozialdemokratischen Partei Deutschlands (SPD). Nach 1945 wurde er von der Sozialistischen Einheitspartei Deutschlands (SED) zunächst verwendet, um Abweichungen eigener Parteimitglieder — vor allem ehemaliger SPD-Mitglieder — von der Linie der Parteiführung anzuprangern (Kleinbürgertum; Revisionismus). Nach dem Juni-Aufstand 1953…

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Landtechnik (1985)

Siehe auch die Jahre 1962 1963 1965 1966 1969 1975 1979 Die L. beruht auf dem Einsatz von Fahrzeugen, Förderanlagen, Maschinen und Geräten zur Mechanisierung und (Teil-)Automatisierung landwirtschaftlicher Produktionsverfahren. Sie dient der Entlastung der Arbeitskräfte von körperlich schwerer Arbeit und ermöglicht eine intensivere Nutzung der natürlichen bzw. biologischen Ressourcen. Beide Wirkungsrichtungen führen zur Erhöhung der Arbeitsproduktivität. Unter Berufung auf K. Marx wird davon ausgegangen, daß der Einsatz der Technik in der Landwirtschaft zu vergleichbaren Rationalisierungserscheinungen wie in anderen Volkswirtschaftszweigen führt. Um die Kollektivierungsbemühungen zu unterstützen, wurde bis 1960 der Einsatz der L. in den privaten bäuerlichen Betrieben weitgehend verhindert, jedoch nach Abschluß der Kollektivierung die Betriebsstruktur auf das technisch maximal Mögliche ausgerichtet (Agrarpolitik). Die Entwicklung und der Einsatz der L. zeichnen sich durch folgende Merkmale aus: 1. Es wird für jede Maschine unter Beachtung der vom Produkt gesetzten Grenzen die maximale technische Leistungsfähigkeit angestrebt (PS- bzw. kW-Leistung, Arbeitsbreite, Geschwindigkeit, Förderleistung usw.). 2. Arbeitsteiligen Konstruktionen wird der Vorzug vor Funktionskombinationen gegeben. 3. Auf absetzige Verfahren wird zugunsten von Fließverfahren (Parallelverfahren) verzichtet. 4. Daraus folgt, daß die Maschinen grundsätzlich nicht einzeln eingesetzt werden können, sondern daß in der Regel mehrere Spezialmaschinen, Fahrzeuge usw. zusammenwirken, die gemeinsam ein Maschinensystem ergeben. 5. Da die Leistungsfähigkeit der verschiedenen zu einem Maschinensystem gehörenden Spezialmaschinen häufig nicht übereinstimmt, wird die Anzahl der Maschinen und der Fahrzeuge ihrer Kapazität entsprechend aufeinander abgestimmt. Auf diese Weise entstehen Maschinenkomplexe. 6. Um die optimale Zuordnung zu ermöglichen, wird die leistungsfähigste Maschine des Systems zur „Schlüsselmaschine“ bestimmt, deren technische Daten bestimmend für die Entwicklung und den Einsatz aller anderen Maschinen des Systems sind. 7. Für jedes Produktionsverfahren wird nach dem unter 1–6 geschilderten System nur eine technische Lösung entwickelt. [S. 784]8. Die Entwicklung und Produktion der L. verlaufen in „technischen Generationen“, die durchschnittlich in 10jährigen Intervallen einander folgen. 9. Im Bestreben, große einheitlich planbare Serien zu entwickeln, wird eine arbeitsteilige Produktion innerhalb der RGW-Staaten angestrebt. Gleichzeitig ist man um die weitgehende Standardisierung der Bauteile bemüht. Die Versorgung der Landwirtschaft mit landtechnischem Gerät erfolgt aufgrund der Bedarfsmeldung der Betriebe. Die Bedarfsmeldung muß mit der Entwicklungskonzeption, d.h. mit dem geplanten Produktionsprogramm des Betriebes, übereinstimmen und ist mit dem Rat des Kreises abzustimmen. Die Aufgaben des Maschinenhandels obliegen dem VEB agrotechnik (Leipzig), der nach Auflösung des Staatlichen Komitees für Landtechnik und materiell-technische Versorgung (SKL) im Januar 1975 in das mit Wirkung vom 1. 7. 1978 neugegründete VEB Kombinat Fortschritt Landmaschinen Neustadt in Sachsen eingegliedert wurde. Er fungiert gleichzeitig als Leitbetrieb für die in 14 Bezirken bestehenden Handelsbetriebe agrotechnik, denen 1975 insgesamt 37 Handelszentren zugeordnet waren. Gleichzeitig wurde für den Import bzw. Export von Landmaschinen, von Anlagen des Land- und Nahrungsgütermaschinenbaus und von Ersatzteilen der Außenhandelsbetrieb „AHB Fortschritt Landmaschinen Export/Import Volkseigener Außenhandelsbetrieb der DDR“ (Berlin [Ost]) gegründet. Mit der Gründung des VEB Kombinats Fortschritt am 1. 7. 1978 wurden alle bisher selbständigen Betriebe und Kombinate der L. (VEB Kombinat Nagema, VEB Weimar Kombinat, VEB Kombinat Impulsa Elsterwerda usw. einschließlich der wichtigsten Zulieferbetriebe) mit insgesamt 79 Betrieben und rd. 60.000 Beschäftigten organisatorisch unter einem Dach zusammengefaßt. Das Kombinat soll die Funktionen eines Generalauftragnehmer (GAN) bzw. Hauptauftragnehmers (HAN) übernehmen und umfaßt die wichtigsten Kapazitäten der Forschung, Entwicklung, der Technologie und Produktion sowie des Absatzes (s. o.) und des Kundendienstes. Für die Koordination der verschiedenen Produktions- und Funktionsaufgaben wurden 8 Betriebe innerhalb des Kombinates zu Leitbetrieben bestimmt. Das Kombinat untersteht dem Ministerium für allgemeinen Maschinen-, Landmaschinen- und Fahrzeugbau und hat alle wesentlichen Funktionen des SKL (s. o.) übernommen. Die landtechnische Versorgung der Landwirtschaft ist nichtsdestotrotz häufig unzureichend; es fehlt vor allem an Ersatzteilen. Hierzu tragen die steigenden Exportverpflichtungen der Landmaschinenindustrie sowie die zunehmende Importabhängigkeit bei. Andererseits wurden bei der Planung des Maschinenbedarfs zu hohe Erwartungen in die Vorteile der industriemäßig organisierten Agrarproduktion gesetzt, die nicht zu einer Einsparung, sondern zu einem erheblichen Mehrbedarf an Maschinen geführt hat. Als typische Indikatoren für die Mechanisierung der Pflanzenproduktion dürfen die Lkw- und Motorausstattung angesehen werden. Die zunehmende Differenz zwischen Traktoren-PS und Motor-PS je 100 ha LN ergibt sich aus dem zunehmenden Lkw-Einsatz und aus der Verwendung selbstfahrender Erntemaschinen. Die Mechanisierung der tierischen Produktion verlief bisher bedeutend langsamer. Der Wert der Maschinen, Ausrüstungen, Anlagen und Fahrzeuge stieg von 9,4 Mrd. Mark (1967) auf 37,0 Mrd. Mark bzw. um 394 v.H. im Jahr 1981 (= 6.260 Mark/ha LN). Als Ergebnis der großbetrieblichen Organisation der Landwirtschaft und der Einsatzformen der Technik kann der Investitionsaufwand relativ gering gehalten werden. (Die Maschinenpreise liegen seit der Agrarpreisreform 1984 [Agrarpreissystem] durchschnittlich um 15 bis 30 v.H. über den Preisen, die 1984 in der Bundesrepublik Deutschland gezahlt wurden.) Die Ausdehnung der Betriebsgrößen hat aber zu steigenden Transportleistungen und in Verbindung mit der Spezialisierung zu erhöhten Bereitstellungskosten geführt. Die knappe Ausstattung hat zwar Maschinenleistungen zur Folge, die weit über der Abschreibungsschwelle liegen, sie verursacht jedoch zugleich hohe Instandhaltungs- und Reparaturleistungen (jährlich rd. 555 Mark/ha LN). Zur Wahrnehmung der Reparaturleistungen wurden die 20 Landtechnischen Instandsetzungswerke (LTI) 1977 zu 15 Kombinaten der Landtechnischen Instandhaltung und materiell-technischen Versorgung (KLI) umgebildet, die gemeinsam mit den 156 Kreisbetrieben für L. (KfL) 1983 rd. 72.000 Mitarbeiter beschäftigten. Fundstelle: DDR Handbuch. 3., überarbeitete und erweiterte Auflage, Köln 1985: S. 783–784 Landfunkordnung A, B, C, D, E, F, G, H, I, J, K, L, M, N, O, P, Q, R, S, T, U, V, W, Z Landwirtschaft

Siehe auch die Jahre 1962 1963 1965 1966 1969 1975 1979 Die L. beruht auf dem Einsatz von Fahrzeugen, Förderanlagen, Maschinen und Geräten zur Mechanisierung und (Teil-)Automatisierung landwirtschaftlicher Produktionsverfahren. Sie dient der Entlastung der Arbeitskräfte von körperlich schwerer Arbeit und ermöglicht eine intensivere Nutzung der natürlichen bzw. biologischen Ressourcen. Beide Wirkungsrichtungen führen zur Erhöhung der Arbeitsproduktivität. Unter Berufung auf K. Marx…

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Enteignung (1985)

Siehe auch die Jahre 1956 1958 1959 1960 1962 1963 1965 1966 1969 1975 1979 Als E. gilt in der DDR der für gemeinnützige Zwecke auf der Grundlage eines Gesetzes vorgenommene Entzug von Eigentumsrechten (Art. 16 Verf.). Von ihr wird die zum Zweck der Umwälzung der politischen, gesellschaftlichen und ökonomischen Verhältnisse erfolgte Sozialisierung begrifflich unterschieden. Diese Unterscheidung wurde jedoch nicht von vornherein getroffen, vielmehr hat man sich bei der Durchführung dieser Umwälzung häufig des Mittels der — kollektiven oder individuellen — E. bedient. In der ersten Zeit nach Beendigung des II. Weltkrieges wurden Sozialisierungen als E. vielfach unter dem Gesichtspunkt einer Entmachtung der Ausbeuterklasse und einer Bestrafung wirklicher oder angeblicher Kriegsverbrecher unmittelbar auf Veranlassung der sowjetischen Besatzungsmacht durchgeführt. Die wichtigsten E.-Maßnahmen waren hier die 1945 auf der Grundlage von Länderverordnungen eingeleitete Bodenreform (Agrarpolitik, III. A.), durch die alle privaten landwirtschaftlichen Betriebe mit über 100 ha entschädigungslos enteignet wurden; ferner die auf der Grundlage des Befehls Nr. 124 der SMAD vom 30. 10. 1945 und des Befehls Nr. 64 vom 17. 4. 1948 erfolgte Beschlagnahme der wichtigsten Industrie- und Gewerbebetriebe und ihre Überführung in Volkseigentum. In Sachsen wurde am 30. 6. 1946 ein „Volksentscheid über die entschädigungslose E. der sequestierten Betriebe der Kriegsverbrecher und aktiven Faschisten“ durchgeführt. Durch fast gleichlautende Ländergesetze vom Mai/Juni 1947 wurden alle Bodenschätze, Bergwerksbetriebe sowie Heil- und Mineralquellen gegen teilweise Entschädigung zugunsten des jeweiligen Landes enteignet; ebenfalls durch Ländergesetze (von 1946) die meisten Lichtspieltheater, durch Verordnungen der Deutschen Wirtschaftskommission (von 1949) die Energiebetriebe und die Apotheken (Wirtschaft, I. B.). Auch die in politischen Strafverfahren häufig verhängte Vermögenseinziehung ist gezielt als Maßnahme zur wirtschaftlichen Entmachtung politischer Gegner benutzt worden. In den Kriegsverbrecherprozessen und in zahlreichen politischen Strafverfahren nach Art. 6 der Verfassung von 1949 (Boykott-, Kriegs- und Mordhetze), der Kontrollratsdirektive 38 (Friedensgefährdung) sowie in zahlreichen Wirtschaftsstrafverfahren sind über die Verhängung der Vermögenseinziehung als Nebenstrafe E. von „Klassenfeinden“ im großen Stil vorgenommen worden. Planmäßige E. des Privateigentums sind ferner durch steuerliche Maßnahmen (Steuern) und im Wege des Konkursverfahrens betrieben worden. E.-Charakter haben auch viele Maßnahmen gegenüber Flüchtlingsvermögen und den Vermögenswerten von Westdeutschen, West-Berlinern und Ausländern (Treuhandvermögen). Von dieser E.-Praxis wich die rechtliche Regelung der E. seit der Verfassung von 1949 ab. Nach Art. 23 Verf. 1949 durften E. nur auf gesetzlicher Grundlage vorgenommen werden und grundsätzlich gegen angemessene Entschädigung erfolgen, soweit das Gesetz nichts anderes bestimmte. Im Streitfall wurde wegen der Höhe der Entschädigung der Rechtsweg vor den ordentlichen Gerichten eröffnet. Die meisten der tatsächlichen E. unter der Geltung der Verfassung von 1949 wurden jedoch unter Umgehung dieser Bestimmung und unter Heranziehung anderer Rechtsinstitute vorgenommen. Nur wenige E.-Gesetze sahen von vornherein Entschädigungen vor. Teilweise wurden Entschädigungsregelungen erst jahrelang nach erfolgter E. erlassen. Nachdem in der DDR die Sozialisierung im wesentlichen abgeschlossen und das sozialistische Eigentum durch die Verfassung von 1968 zur Grundlage der Eigentumsordnung erklärt worden ist, wird auch die E. enger interpretiert. Sie ist nach Art. 16 Verf. nur für gemeinnützige Zwecke auf gesetzlicher Grundlage gegen angemessene Entschädigung zulässig und darf nur erfolgen, wenn auf andere Weise der angestrebte gemeinnützige Zweck nicht erreicht werden kann. Gesetzliche Grundlagen für E. sind z.B. das Aufbaugesetz vom 6. 9. 1950 (GBl., S. 965), das Entschädigungsge[S. 358]setz vom 25. 4. 1960 (GBl. I, S. 257), das Atomenergiegesetz vom 28. 3. 1962 (GBl. I, S. 47), das Wassergesetz vom 17. 4. 1963 (GBl. I, S. 77) und das Verteidigungsgesetz vom 13. 10. 1978 (GBl. I, S. 377) und die hierzu erlassene Leistungsverordnung vom 26. 7. 1979 (GBl. I, S. 265). Vermögenseinziehungen im Zusammenhang mit Strafverfahren gemäß §§ 56, 57 StGB vom 12. 1. 1968 (GBl. I, S. 1) werden hingegen nicht als E. angesehen. Fundstelle: DDR Handbuch. 3., überarbeitete und erweiterte Auflage, Köln 1985: S. 357–358 Energiewirtschaft A, B, C, D, E, F, G, H, I, J, K, L, M, N, O, P, Q, R, S, T, U, V, W, Z Entfremdung

Siehe auch die Jahre 1956 1958 1959 1960 1962 1963 1965 1966 1969 1975 1979 Als E. gilt in der DDR der für gemeinnützige Zwecke auf der Grundlage eines Gesetzes vorgenommene Entzug von Eigentumsrechten (Art. 16 Verf.). Von ihr wird die zum Zweck der Umwälzung der politischen, gesellschaftlichen und ökonomischen Verhältnisse erfolgte Sozialisierung begrifflich unterschieden. Diese Unterscheidung wurde jedoch nicht von vornherein getroffen, vielmehr hat man sich bei der Durchführung dieser…

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Wissenschaftlich-technische Revolution (WTR) (1985)

Siehe auch: Wissenschaftlich-technische Revolution: 1966 Wissenschaftlich-technische Revolution (WTR): 1975 1979 1. Zum Begriff. Bezeichnung für eine „qualitativ neue Etappe in der Entwicklung der Produktivkräfte“, mit der die „Gesamtheit der revolutionären Veränderungen in den gegenständlichen Grundlagen der produzierenden und der nichtproduzierenden Bereiche“ erfaßt werden soll (Wörterbuch des Wissenschaftlichen Kommunismus, Berlin [Ost] 1982, S. 417). Dabei soll die WTR nicht „als eine Vielzahl isolierter, punktueller Veränderungen gesehen werden“, vielmehr durchdringe sie „alle Bereich des gesellschaftlichen Lebens. Sie wirkt auf die materielle Produktion, die individuelle und Gesellschaftliche ➝Konsumtion, das Transportwesen, die Informationsmittel, das Militärwesen, auf die Innen- und Außenpolitik und die internationalen Beziehungen der Völker ein.“ Demnach beeinflußt die WTR „das Leben der Menschen, verändert ihre Arbeit, ihre Freizeit, ihre Bildung, Kultur und Lebensweise“ (Kleines Politisches Wörterbuch, 3., überarb. Aufl., Berlin [Ost] 1978, S. 1031). Der Beginn der WTR (dieser Begriff wurde ursprünglich von dem englischen marxistischen Wissenschaftshistoriker John Desmond Bernal [1901–1971] geprägt) wird heute in der DDR mit Mitte der 50er Jahre angegeben, als die Fortschritte in der naturwissenschaftlichen Forschung zunehmend zu neuen technischen Produktionsverfahren führten und allmählich die Folgewirkungen dieser Veränderungen in Umrissen sichtbar wurden. Bereits zuvor hatte in den westlichen Industriestaaten eine Diskussion um Automation, Atomenergie, elektronische Datenverarbeitung, Kybernetik usw. eingesetzt, die z. T. unter der Fragestellung: „Gibt es eine zweite industrielle Revolution?“ geführt wurde. 2. Inhalte und Folgen der Wissenschaftlich-technischen Revolution. Nach marxistisch-leninistischer Auffassung ist mit der WTR die Wissenschaft zur „unmittelbaren Produktivkraft“ geworden. In dieser geänderten Bedeutung von Wissenschaft, die sich für alle wissenschaftlichen Einzeldisziplinen nachweisen lasse, und deren Zusammenwirken über die Grenzen der Einzelwissenschaften hinaus notwendig mache, werden das entscheidende Merkmal und die ausschlaggebende Triebkraft der WTR gesehen. In der Diskussion um die technischen, ökonomischen und gesellschaftlichen Auswirkungen der WTR werden vor allem folgende Problembereiche thematisiert: [S. 1525]a) Die Ergebnisse der wissenschaftlichen Forschung vergegenständlichen sich direkt in neuen Produktionsmitteln, Produktionsverfahren und Technologien; umgekehrt werden auch die Wissenschaften unmittelbar inhaltlich und organisatorisch von den Bedürfnissen und Erfahrungen der Produktion geprägt; b) eines der wichtigsten Ergebnisse der neuen Rolle der Wissenschaft im Produktionsprozeß ist die Ablösung der bisherigen Maschinentechnik durch die Automatisierung der Fertigungsprozesse. Die Kontrolle und Regelung der Produktion erfolgt zunehmend durch kybernetische Steuerungssysteme (Kybernetik), angewandte Elektronische ➝Datenverarbeitung (EDV) usw. (Industrierobotertechnik; Mikroelektronik); c) die natürlichen Rohstoffe werden durch künstliche Werkstoffe und Werkstoffkombinationen, die in dieser physikalischen und chemischen Beschaffenheit in der Natur nicht vorkommen, abgelöst; d) nicht nur die Naturkräfte werden durch die Wissenschaft beherrschbar, sondern auch die rationelle Organisation der Arbeit selbst ist zum Gegenstand spezieller Wissenschaften geworden. Damit werden auch die Gesellschaftswissenschaften unmittelbar produktiv und verschmelzen teilweise mit den Naturwissenschaften, beispielsweise in den technischen und technologischen Wissenschaften. Wissenschaftliche ➝Arbeitsorganisation (WAO) bestimmt die Formen der gesellschaftlichen Arbeitsteilung, die Verwendung der gesellschaftlichen Arbeitskräftefonds und des Arbeitsablaufes; e) die Stellung des Menschen in der Produktion unterliegt einem grundlegenden Wandel. Der Mensch tritt neben den Fertigungsprozeß; er wird von schwerer und repetitiver Handarbeit und schematisch-geistigen Tätigkeiten befreit; f) zugleich wachsen aber die Anforderungen an das Bildungsniveau. Einmal erreichte berufliche Qualifikation bedarf der ständigen Erneuerung und Erweiterung; g) die Wissenschaft, zum wichtigsten Instrument zur Steigerung der Arbeitsproduktivität geworden, schafft die Möglichkeit, die gesellschaftlich notwendige Arbeitszeit zu verkürzen, und damit die materiellen Voraussetzungen für die Aneignung von weitergehenden kulturellen und technischen Fähigkeiten durch die Gesellschaftsmitglieder. Die Aufhebung des Unterschiedes zwischen geistiger und körperlicher Arbeit, nach marxistisch-leninistischer Auffassung eine der Voraussetzungen für die angestrebte klassenlose, kommunistische Gesellschaft, werde damit möglich; h) die gestiegene Arbeitsproduktivität erweitert den Bereich der Freizeit. Freizeit wird zu einem eigenen Politikbereich; i) die zentrale Bedeutung, die der Entwicklung der Wissenschaften in der WTR zugemessen wird, die außerordentlichen Aufwendungen, die moderne Forschungen erfordern, und deren Orientierung an langfristigen Zielvorstellungen, machen die Einbeziehung der Wissenschaften in die volkswirtschaftliche Planung notwendig. Wissenschaftsplanung und -organisation werden zu einem Kernstück der Gesellschaftsplanung. Wissenschaft selbst wird darüber hinaus zunehmend zu einem Gegenstand eigener Forschungen in Form der Wissenschaftswissenschaft. 3. Politische Aspekte der Wissenschaftlich-technischen Revolution. Nach Auffassung des Marxismus-Leninismus vollzieht sich die WTR in allen entwickelten Industriegesellschaften unabhängig von deren Gesellschaftsordnung. Er geht jedoch davon aus, daß die WTR in kapitalistischen Systemen deren ökonomische Krisenanfälligkeit und die in ihnen als gegeben angenommenen gesellschaftlichen Gegensätze verschärft und daher die Umwandlung dieser Gesellschaften in sozialistische beschleunigt. Nur in sozialistischen Systemen, wie sie in den Mitgliedstaaten des Rates für Gegenseitige Wirtschaftshilfe (RGW) bestehen, könne die WTR sich voll auch in ihren positiven Möglichkeiten entfalten. Im Prozeß der WTR würden die ökonomischen, technischen, kulturellen und sozialen Grundlagen für die kommunistische Gesellschaft geschaffen. Darüber hinaus erfordere die WTR eine die nationalen Grenzen überschreitende Kooperation zwischen den sozialistischen Staaten des RGW, sie fördere die „sozialistische Integration“ und habe diese für ihren weiteren erfolgreichen Verlauf zur Voraussetzung. Das Konzept der WTR hat sich erst in langwierigen Auseinandersetzungen nicht zuletzt mit westlichen soziologischen Theorien und Konzeptionen über die Entwicklungsperspektiven der Industriegesellschaften, die Folgen der Automatisierung und der Anwendung der Kybernetik, die Möglichkeit konvergierender Entwicklungstendenzen in hochindustrialisierten Gesellschaften mit unterschiedlicher Eigentumsordnung (Konvergenztheorie) Ende der 50er, Anfang der 60er Jahre durchgesetzt. Maßgebend für die Widerstände gegen die Auffassung von der WTR als eines revolutionären Prozesses war vor allem die Befürchtung, daß die bestehenden politischen Strukturen in Frage gestellt und die Systemunterschiede verwischt werden könnten. Für das Akzeptieren des Konzepts der WTR sprachen letztlich die nicht zu leugnenden qualitativen Besonderheiten der zu beobachtenden Veränderungen im wissenschaftlichen und gesellschaftspolitischen Bereich. Zudem bot das WTR-Konzept Zukunftshoffnungen an, die aus dem bis dahin vorherrschenden Verständnis des Marxismus-Leninismus nicht zu gewinnen waren: Die WTR verspricht einen konkreten Weg zur Annäherung an die Zukunftsgesellschaft, läßt einen kontrollierten Wandel des eigenen Systems zu und ermöglicht gewisse Formen der ökonomischen, technischen und wissenschaftlichen Kooperation mit kapitalistischen Staaten, ohne die Systemunterschiede im Grundsätzlichen preiszugeben. Die besonders in der DDR in den 60er Jahren, während der Wirtschaftsreform (Neues Ökonomisches System [NÖS]) zu beobachtende, im nachhinein häufig naiv anmutende Hoffnung auf rasche Ergebnisse der WTR, von der die kurzfristige Lösung aller offenen Probleme erwartet wurde, ist seit dem VIII. Parteitag der SED (1971) einer nüchterneren und problemorientierteren Sicht gewichen. Die Vorrangstellung der Intelligenz, als der soziologischen Trägerin der „Hauptproduktiv[S. 1526]kraft“ Wissenschaft, wurde durch eine stärkere sozialpolitische Orientierung auf die Bedürfnisse der breiten Massen beschnitten, das Bildungsprogramm an die volkswirtschaftlichen Notwendigkeiten und Möglichkeiten angeglichen, die Investitionsvorhaben stärker an einem technisch-evolutionären Fortschritt orientiert. Die ungewollten Folgen der WTR (Umweltschutz, Arbeitsschutz, Monotonieprobleme am Arbeitsplatz, zunehmende Differenzierung der gesellschaftlichen Strukturen usw.) nehmen einen immer größeren Raum in den Diskussionen um die WTR ein und sind ein Hinweis, daß die sich aus diesem Wandlungsprozeß ergebenden Konflikte deutlicher in das Blickfeld geraten sind. Angesichts der schwieriger gewordenen wirtschaftlichen Lage, dem fortbestehenden Mangel an Arbeitskräften, der sich verschärfenden Konkurrenzsituation auf dem Weltmarkt usw. gilt jedoch die Beschleunigung des wissenschaftlich-technischen Fortschritts als vorrangiges Ziel der Wirtschafts- und Gesellschaftspolitik der Partei- und Staatsführung der DDR. Bereits das Parteiprogramm der SED von 1976 sieht daher in der „organischen Verbindung der Errungenschaften der wissenschaftlich-technischen Revolution mit den Vorzügen des Sozialismus … eine entscheidende Bedingung“ für die Herstellung einer leistungsfähigen, materiell-technischen Basis für die „entwickelte sozialistische Gesellschaft“. Der X. Parteitag der SED (1981) hat die Bedeutung der WTR erneut unterstrichen: „Nun sind die Möglichkeiten der wissenschaftlich-technischen Revolution unmittelbar zur Hauptreserve für Leistungswachstum und Effektivität unserer Volkswirtschaft geworden.“ Besondere Hoffnungen setzt die SED hierbei auf die Mikroelektronik. Auf dem gleichen Parteitag übernahm der 1. Sekretär der SED-Bezirksleitung Erfurt, Gerhard Müller, eine Wettbewerbslosung als beispielhaft: „Die Mikroelektronik — das ist unsere Barrikade der Revolution in den 80er Jahren.“ Zugleich hat eine gewisse Korrektur der politischen Linie nach dem VIII. Parteitag der SED (1971) stattgefunden: Die Rolle der Intelligenz, insbesondere der im Bereich der Forschung „schöpferisch“ Tätigen ist als entscheidend unterstrichen worden. Fundstelle: DDR Handbuch. 3., überarbeitete und erweiterte Auflage, Köln 1985: S. 1524–1526 Wissenschaftlicher Rat für die wirtschaftswissenschaftliche Forschung bei der AdW A, B, C, D, E, F, G, H, I, J, K, L, M, N, O, P, Q, R, S, T, U, V, W, Z Wissenschaftlich-technischer Vorlauf

Siehe auch: Wissenschaftlich-technische Revolution: 1966 Wissenschaftlich-technische Revolution (WTR): 1975 1979 1. Zum Begriff. Bezeichnung für eine „qualitativ neue Etappe in der Entwicklung der Produktivkräfte“, mit der die „Gesamtheit der revolutionären Veränderungen in den gegenständlichen Grundlagen der produzierenden und der nichtproduzierenden Bereiche“ erfaßt werden soll (Wörterbuch des Wissenschaftlichen Kommunismus, Berlin [Ost] 1982, S. 417). Dabei soll die WTR nicht…

DDR A-Z 1985

Infiltration (1985)

Siehe auch die Jahre 1953 1954 1956 1958 1959 1960 1962 1963 1965 1966 1969 1975 1979 1. Entwicklung bis zu den 70er Jahren. Seit dem VII. Weltkongreß der Komintern (1935) in Moskau ist es Bestandteil kommunistischer Bündnispolitik, durch I. Einfluß auf nichtkommunistische Organisationen und Parteien zu nehmen. I. meint hier sowohl massive Werbungs- und Überzeugungsarbeit für die eigenen politischen Vorstellungen als auch Auslösung und (versuchte) Steuerung politischer Aktionen der infiltrierten Organisationen. Der SED-Führung kam es nach 1946 — und später unter den Bedingungen der Hallstein-Doktrin — darauf an, auch mit den Mitteln der I. ihre außenpolitische Isolierung zu durchbrechen und möglichst viele nichtkommunistische Gruppen im Ausland und in der Bundesrepublik Deutschland zu Aktionen für die diplomatische Anerkennung der DDR zu gewinnen. Die Sozialistische Einheitspartei Deutschlands (SED), die Kommunistische Partei Deutschlands (KPD)/Deutsche Kommunistische Partei (DKP) und deren Massenorganisationen (Freie Deutsche Jugend [FDJ]; Freier Deutscher Gewerkschaftsbund [FDGB]; Demokratischer Frauenbund Deutschlands [DFD] u.a.m.) bedienten sich zu diesem Zweck unterschiedlicher Methoden; sie reichten von mannigfaltigen Komiteegründungen als propagandistisch-politische Organisationskerne größerer Bewegungen (Freundschaftsgesellschaften und Friedenskomitees) über die Bildung von Arbeitsgemeinschaften für verschiedene berufliche oder soziale Gruppen (z.B. Arbeitsgemeinschaften ehemaliger Offiziere), Studiengesellschaften bzw. Vereinigungen für Intellektuelle (z.B. Komitee zum Studium der gesellschaftlichen Verhältnisse und ihrer Veränderung in Westdeutschland), der Durchführung von periodischen Konferenzen und Aktionen (z.B. Aktion gegen Remilitarisierung, Deutsche Arbeiterkonferenzen) bis zur Gründung sog. Sammlungsbewegungen (z.B. ADF, DFU), in denen Kommunisten nach ihrem Verständnis von Volksfront eine entscheidende [S. 618]Rolle spielten und erhebliche materielle, vor allem organisatorische Hilfe leisteten. Die SED-Führung bediente sich zu diesen Zwecken eines umfangreichen Apparates, der unter Leitung der Westabteilung beim Zentralkomitee (ZK) der SED die gesamte kommunistische I. in der Bundesrepublik Deutschland kontrollierte. Diese Abteilung lenkte zahlreiche Instrukteure in die Bundesrepublik Deutschland, die in allen Fragen der I. gegenüber der KPD Weisungs- und Kontrollfunktionen ausübten. Die Einrichtung des Freiheitssenders 904 — Standort bei Magdeburg/DDR — diente der I.-Propaganda und der Anleitung der KPD-Kader in der Bundesrepublik Deutschland. Der Soldatensender 935 war auf die I. der Bundeswehr spezialisiert. Der KPD/DKP fiel die Aufgabe der Koordinierung, Durchführung und Umsetzung der gesamten I. in der Bundesrepublik zu, die von der SED weitgehend auch finanziert worden ist. Im Mittelpunkt der I.-Bemühungen stand der Versuch, durch aktive Arbeit in den Gewerkschaften sowie durch Aktionsangebote an den Arbeitnehmerflügeln der Sozialdemokratischen Partei Deutschlands (SPD) die Aktionseinheit der Arbeiterklasse zu schaffen, die Voraussetzung für gesellschaftspolitische Veränderungen in der Bundesrepublik Deutschland sein sollte. Die halbjährlich durchgeführten Arbeiterkonferenzen in der DDR, die Herausgabe von zahlreichen Betriebszeitungen für Großbetriebe in der Bundesrepublik Deutschland, Begegnungen von Gewerkschaftern aus beiden Teilen Deutschlands und vor allem die aktive Mitarbeit in gewerkschaftlichen Organisationen und Betriebsräten sollten diesem Ziel dienen. Aber auch die Jugendverbände, insbes. die Arbeiterjugend und kooperationsbereite Gruppen des Bürgertums waren Ziel der I. 2. I. in der Gegenwart. Nach Abschluß der Verträge mit der UdSSR und Polen im Jahr 1970, des Viermächte-Abkommens über Berlin vom September 1971 und des Grundlagenvertrages vom Dezember 1972, der damit in Zusammenhang stehenden ideologischen Abgrenzung der SED gegenüber Einflüssen aus der Bundesrepublik, mit der Verkündung der These von zwei deutschen Nationen (Nation und nationale Frage) sowie der internationalen Anerkennung der DDR (Diplomatische Beziehungen) und ihrer Aufnahme in die UNO, hat die SED ihr I.-Konzept geändert: a) Die Gründung einer legalen kommunistischen Partei, der DKP im Jahre 1968, ihrer Jugendorganisation, der SDAJ, und ihres Studentenverbandes, des MSB „Spartakus“, ermöglichte politische Kontakte in aller Öffentlichkeit. Der Freiheitssender 904 und der Soldatensender 935 wurden stillgelegt; die Abhängigkeit der DKP von der SED blieb in finanzieller Hinsicht zwar bestehen, das Instrukteurwesen jedoch wurde durch offizielle Konsultationen zwischen beiden Parteispitzen ersetzt. b) Die Komiteebewegungen, Vereinigungen und die periodischen Konferenzen, vor allem auf gewerkschaftlichem Sektor, konnten zugunsten einer Verstärkung der Öffentlichkeitsarbeit der DKP aufgelöst bzw. umfunktioniert werden. Die auf internationaler Ebene arbeitenden Freundschaftsgesellschaften, Friedenskomitees usw. blieben zwar bestehen, jedoch änderte sich ihr Aufgabenbereich: Die in ihnen tätigen Kräfte brauchten sich nicht mehr für die internationale Anerkennung der DDR einzusetzen; jetzt hatten und haben sie vor allem — meist im Rahmen offizieller Institutionen — das Herrschafts- und Gesellschaftssystem der DDR als „fortschrittlich“, „friedliebend“, „antiimperialistisch“ zu propagieren. c) Zahlreiche regionale DKP-Zeitungen (Blinkfüer, Hamburg; Tatsachen, Ruhrgebiet; offen und frei, Baden-Württemberg; Die andere Zeitung, Frankfurt/Main u.a.) wurden zugunsten der aufwendigen UZ („Unsere Zeitung“), die ab 1. 10. 1973 als Tageszeitung der DKP erscheint, eingestellt. Der Druck von DKP-Materialien in der DDR wurde aufgegeben; statt dessen wurden zahlreiche Verlage in der Bundesrepublik Deutschland gegründet, die zwar von der DDR finanzielle Zuschüsse (u.a. durch Anzeigen) erhalten, sich aber auch um Rentabilität bemühen müssen (Röderberg Verlag, Frankfurt/Main, Verlag Marxistische Blätter GmbH, Frankfurt/Main, Pahl-Rugenstein-Verlag, Düsseldorf, u.a.). Gegenwärtig kann davon ausgegangen werden, daß der Tatbestand der I. auf folgende Tätigkeitsbereiche anzuwenden ist: a) Die Anleitung, Kontrolle und Teilfinanzierung der DKP durch die Westabteilung beim ZK der SED als Garantie für die Sicherung des Einflusses der SED auf die DKP. b) Durchführung von Einzelberatungen und -besprechungen in der DDR anstelle der bis dahin üblichen Großveranstaltungen: SED, FDGB und FDJ sowie andere Massenorganisationen laden mit den Kommunisten sympathisierende Gewerkschaftler und Angehörige sozialistisch orientierter nichtkommunistischer Jugend- und Studentengruppen zu Gesprächen in die DDR ein. Die Teilnehmer aus dem Bundesgebiet werden dabei nicht nur politisch umworben, sondern auch angehalten, Stimmungsberichte aus Gewerkschaften und Jugendorganisationen zu geben. Zwischen der zentralen FDJ-Leitung und einigen Jugendorganisationen in der Bundesrepublik sind inzwischen auch Vereinbarungen über den Austausch von Delegationen und die „Zusammenarbeit“ auf verschiedenen Gebieten unterzeichnet worden. c) Die Unterstützung der DKP und ihrer Hilfsorganisationen durch die SED vollzieht sich u.a. im Rahmen des Patenschaftssystems der SED, wonach jeweils SED-Bezirksleitungen DKP-Bezirke betreuen. Die DKP ist dafür verantwortlich, nach sorgfältig zwischen den Parteileitungen abgestimmten Programmen zahlreiche Delegationen in die DDR zu entsenden: Neben reinen Parteigruppen der DKP reisen Studentendelegationen, denen DKP-Sympathisanten angehören, und Arbeiterdelegationen in die DDR. d) Zahlreiche aus der DDR in die Bundesrepublik einreisende Funktionäre („Reisekader“) nennen als Auftraggeber Kultur- und Bildungseinrichtungen oder [S. 619]gewerkschaftliche Organisationen in der DDR. Insgesamt treten in jedem Jahr rd. 1000 Funktionäre aus der DDR auf einigen hundert Veranstaltungen in der Bundesrepublik Deutschland auf. e) Auch die Anwerbung sog. Einflußagenten geht weiter. Hier handelt es sich um den Versuch, bekannte Personen des öffentlichen Lebens für die Propagierung des Herrschafts- und Gesellschaftssystems der DDR und ihrer „Friedenspolitik“ zu gewinnen. f) Es gibt Versuche der SED, über die DKP und ihre Unter- bzw. Tarnorganisationen im Sinne von I. auch auf die Friedensbewegung in der Bundesrepublik Deutschland Einfluß zu gewinnen. Die Heterogenität dieser Bewegung, aber auch die trotz Massenarbeitslosigkeit unverändert geringe Glaubwürdigkeit der westdeutschen orthodoxen Kommunisten setzen diesem Unterfangen objektive Grenzen. Stichhaltige Anzeichen dafür, daß — abgesehen von Randgruppen — die Friedensbewegung in der Bundesrepublik effektiv aus der DDR gesteuert oder auch nur in erheblichem Maße finanziert wird, gibt es nicht (Ministerium für Staatssicherheit). Nach der Unterzeichnung des Grundlagenvertrages werden die offiziellen Kontakte zur DKP und die Verbreitung von propagandistischer und wissenschaftlicher Literatur aus der DDR (entweder durch Direktbezug oder den Lizenzbuchhandel) immer wichtigere Formen der I. In einigen erziehungswissenschaftlichen Bereichen und auf dem Gebiet preiswerter Wörterbücher und Lexika (der Philosophie, der Soziologie, der Psychologie) sind marxistisch-leninistisch orientierte Autoren aus der DDR an Universitäten und Schulen der Bundesrepublik Deutschland bereits stark vertreten. Die Wirkungen dieser I.-Formen sind nicht abzuschätzen. Fundstelle: DDR Handbuch. 3., überarbeitete und erweiterte Auflage, Köln 1985: S. 617–619 Industrievertrieb A, B, C, D, E, F, G, H, I, J, K, L, M, N, O, P, Q, R, S, T, U, V, W, Z Information

Siehe auch die Jahre 1953 1954 1956 1958 1959 1960 1962 1963 1965 1966 1969 1975 1979 1. Entwicklung bis zu den 70er Jahren. Seit dem VII. Weltkongreß der Komintern (1935) in Moskau ist es Bestandteil kommunistischer Bündnispolitik, durch I. Einfluß auf nichtkommunistische Organisationen und Parteien zu nehmen. I. meint hier sowohl massive Werbungs- und Überzeugungsarbeit für die eigenen politischen Vorstellungen als auch Auslösung und (versuchte) Steuerung politischer Aktionen der…

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Verband der Kleingärtner, Siedler und Kleintierzüchter der DDR (VKSK) (1985)

1959 gegründete Massenorganisation der Kleingärtner, Siedler und Kleintierzüchter. Bereits 1954 waren die bis dahin bestehenden — teilweise vom Freien Deutschen Gewerkschaftsbund (FDGB) angeleiteten — örtlichen Kleingarten- und Siedlervereine sowie die Tierzuchtsparten zu Kreisverbänden zusammengefaßt worden (GBl. 1954, Nr. 46), aus denen dann der VKSK hervorging. Der Beschluß des Sekretariats des ZK der SED vom 3. 8. 1977 (Neuer Weg 1977, H. 18, S. 815 ff.) legt den VKSK in seiner Tätigkeit vorrangig auf folgende Aufgaben fest: „… Erweiterung der Möglichkeiten einer sinnvollen Freizeitgestaltung und körperlich aktive Erholung für viele Werktätige … Erhaltung und Verschönerung der Umwelt.“ An gleicher Stelle wird die Bedeutung der von den Mitgliedern erbrachten und zukünftig zu erbringenden Leistungen bei der Erzeugung von Obst, Gemüse, Honig, Eiern, Fleisch, Fellen usw. hervorgehoben. Die bestehenden Kleingartenanlagen sollen erhalten und neue — vor allem in und für Berlin (Ost), andere Großstädte und „Arbeiterzentren“ — geschaffen werden. Zu diesem Zweck sollen — in den angrenzenden Kreisen — überwiegend Flächen verwendet werden, die nicht oder nur unter erschwerten Bedingungen land- bzw. forstwirtschaftlich zu bewirtschaften sind und deren Nutzung als Kleingarten- oder Siedlerland wenigstens für 20–30 Jahre gewährleistet ist. Bei der Vergabe derartiger neuer Stellen sollen „Familien von Arbeitern, von Werktätigen mit erschwerten Arbeitsbedingungen sowie … kinderreiche Familien“ bevorzugt berücksichtigt werden. Hervorgehoben wird der Wert der Kleingartensiedlungen als Naherholungsgebiete bzw. öffentlich zugängliche Grünanlagen in den Städten. Einrichtungen, die diesen Ansprüchen nicht genügen, sollen in den nächsten Jahren entsprechend verbessert werden. — Diese Aufgabenstellungen des Sekretariatsbeschlusses waren Grundlage für den Beschluß des Präsidiums des Ministerrats vom 15. 9. 1972 über „Aufgaben und Maßnahmen zur Förderung der Tätigkeit des VKSK der DDR und der Initiative seiner Mitglieder“, auf dessen Grundlage 1981 erstmals von allen Räten der Kreise für den Fünfjahrplanzeitraum 1981–1985 Konzeptionen für die Entwicklung der Kleingartenanlagen und die Förderung der Kleintierzucht und -haltung beschlossen wurden. 1982 betrug die Zahl der Kleingartenanlagen, die dem VKSK unterstanden, rd. 8.000 mit rd. 50.000 ha, die von 685.778 Familien genutzt wurden. Im laufenden Fünfjahrplanzeitraum sollen weitere 75.000 Kleingärten geschaffen werden. Der VKSK führt eine umfangreiche fachliche und politische Schulungsarbeit durch und stützt sich dabei auf 2.912 Kultur- und Spartenheime. [S. 1404]Darüber hinaus organisiert der Verband Lehrschauen und Fachausstellungen. Die ökonomische Bedeutung der Kleinproduzenten ist erheblich: 1981 sollen sie — bezogen auf die entsprechende Gesamtproduktion in der DDR — u.a. 28,8 v.H. des Gemüses, 50,7 v.H. des Obstes, 47,2 v.H. der Eier, 99,8 v.H. des Kaninchenfleisches, 98 v.H. des Honigs erzeugt haben. Nicht unwesentlich ist auch der Anfall an Rohfellen u.a. aus der Pelztierzucht. — Mit Hilfe eines dichten Netzes von Abnahme- und Aufkaufstellen sollen wachsende Anteile insbesondere der Obst- und Gemüseproduktion dem Handel für die allgemeine Versorgung der Bevölkerung zugeführt werden. 1983 war vorgesehen, daß die Mitglieder des VKSK rd. 300.000 t Obst und Gemüse an den Handel verkaufen (1982: 165.000 t Obst, 125.000 t. Gemüse, 16.000t Kaninchenfleisch, 3.500 t Honig). Die Mitgliedschaft im VKSK ist grundsätzlich mit dem vollendeten 18., bei Zustimmung der Erziehungsberechtigten auch bereits mit dem 14. Lebensjahr möglich. Grundeinheiten des VKSK sind die Sparten, die ihrerseits in Kreisverbänden, diese zu Bezirksverbänden zusammengefaßt sind. Alle 5 Jahre tagt der Verbandstag, der den Zentralvorstand wählt. Auf dem 5. Verbandstag (Karl-Marx-Stadt, 4./5. 6. 1982) wurden Herbert Uhlendahl (SED) als Vorsitzender und Erwin Wegner (SED) als 1. Sekretär des Zentralvorstandes in ihren Funktionen bestätigt. Als Zeitschrift des Verbandes erscheint 2mal monatl. „Garten und Kleintierzucht“ mit 4 unterschiedlichen Ausgaben. Der VKSK ist Teil der Nationalen Front der DDR. Er arbeitet auf lokaler Ebene eng mit den Räten der Gemeinden, Städte und Kreise zusammen. Diese sind dafür verantwortlich, daß den Verbandsmitgliedern Baumaterialien, Jungpflanzen und -tiere sowie entsprechende Dünge- und Futtermittel zur Verfügung gestellt werden. Auf zentraler Ebene besteht eine enge Kooperation mit dem Ministerium für Handel und Versorgung und dem Ministerium für Land-, Forst- und Nahrungsgüterwirtschaft (MfLFN). Die zentrale Anleitung von seiten der SED erfolgt durch den Sekretär des ZK für Landwirtschaft, Werner Felfe, bzw. die ihm unterstellten Abteilungen des ZK der SED. Der VKSK gliedert sich in Fachsparten (nicht identisch mit den erwähnten, als „Sparten“ bezeichneten Grundorganisationen). 1982 hatte er 1,214 Mill. Mitglieder (darunter 317.187 Frauen), davon waren 89,5 v.H. Kleingärtner (1,048 Mill.). Ferner gehörten dem VKSK an: 59.054 Rassegeflügel-, 30.679 Rassekaninchen-, 3.903 Edelpelztier-, 18.638 Rassehunde- und Rassekatzen-, 8.076 Ziegen- und Milchschaf-, 16.263 Ziergeflügel- und Exotenzüchter sowie 33.558 Imker. (Die Gesamtmitgliederzahl enthält Doppelzählungen, da man je nach seinen Interessen Mitglied mehrerer Fachsparten sein kann.) — Der 5. Verbandstag (1982) beschloß die Bildung einer neuen Fachsparte für Wochenendsiedler, d.h. für solche Mitglieder, die ihre Grundstücke lediglich sonnabends und sonntags nutzen und — ohne Obst- bzw. Gemüsegärtner zu sein — vor allem ihre Flächen als Naturgärten gestalten sollen (1982: 9.472 Mitgl. in 135 Sparten). Es handelt sich bei dieser organisatorischen Maßnahme um den Versuch, die Besitzer bzw. Pächter von „Datschen“ (nach dem russ. Wort „dača“ für Waldparzelle, Landhaus für den Sommeraufenthalt, gebildetes Lehnwort), deren Zahl in den 70er Jahren stark zugenommen hat, in den Verband einzubeziehen. Fundstelle: DDR Handbuch. 3., überarbeitete und erweiterte Auflage, Köln 1985: S. 1403–1404 Verband der Film- und Fernsehschaffenden der DDR A, B, C, D, E, F, G, H, I, J, K, L, M, N, O, P, Q, R, S, T, U, V, W, Z Verband der Komponisten und Musikwissenschaftler der DDR (VKM)

1959 gegründete Massenorganisation der Kleingärtner, Siedler und Kleintierzüchter. Bereits 1954 waren die bis dahin bestehenden — teilweise vom Freien Deutschen Gewerkschaftsbund (FDGB) angeleiteten — örtlichen Kleingarten- und Siedlervereine sowie die Tierzuchtsparten zu Kreisverbänden zusammengefaßt worden (GBl. 1954, Nr. 46), aus denen dann der VKSK hervorging. Der Beschluß des Sekretariats des ZK der SED vom 3. 8. 1977 (Neuer Weg 1977, H. 18, S. 815 ff.) legt den VKSK in seiner…

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Kunsthandel (1985)

Im K. der DDR dominieren neben dem Direktverkauf des einzelnen Künstlers an private Käufer 2 staatlich organisierte Hauptformen: 1. der Staatliche K. des VEH Bildende Kunst und Antiquitäten, dessen Generaldirektor seinen Sitz in Berlin (Ost) hat, und 2. der Genossenschaftliche K. in Gestalt von Verkaufsgenossenschaften des Verbandes Bildender Künstler (VBK) der DDR. Darüber hinaus erfolgt ein Teil des Umsatzes — vor allem auf dem Sektor Kunsthandwerk — über Buchhandlungen, Einrichtungshäuser und Spezialgalerien (z.B. „Wort und Werk“ in Leipzig) des Staatlichen Handels. Der Staatliche und der Genossenschaftliche K. stehen im Dienst der sozialistischen Kulturpolitik und sollen dazu beitragen, die Werktätigen zu „sozialistischen Persönlichkeiten“ mit „kulturvoller Lebensweise“ (Lexikon der Kunst, Bd. II, Seemann Verlag, Leipzig 1971, S. 793) heranzubilden. Um den seit den ausgehenden 60er Jahren anwachsenden Bedarf an künstlerischen und kunsthandwerklichen Produktionen für eine anspruchsvolle Wohnkultur zu befriedigen, richtete der Staatliche K. vor allem in den größeren Städten der DDR Verkaufsgalerien (seit 1975 bisher 25 Galerien) ein, die neben einem ständigen Verkaufsangebot (vor allem originale Grafik, Poster und Kunsthandwerk) auch thematisch fixierte Verkaufsausstellungen organisieren. Diese Galerien des Staatlichen K. dürfen sowohl an inländische wie auch an ausländische Kunden Ware verkaufen, wobei die devisentechnische Abwicklung [S. 777]großer Käufe von der Zentrale des VEH Bildende Kunst und Antiquitäten in Berlin (Ost) vorgenommen wird. Der Kulturfonds der DDR hat bei allen Verkaufsausstellungen und Auktionen des Staatlichen K. ebenso wie die DDR-Museen ein grundsätzliches Vorkaufsrecht. Kunstwerke, deren Entstehungsdatum vor 1945 liegt, sind als bedeutendes Kulturgut vom Export ausgeschlossen; Ausnahmegenehmigungen kann nur das Ministerium für Kultur erteilen. Das kommerzielle Exportmonopol des Staatlichen K. schließt die Organisation von Ausstellungen zur zeitgenössischen DDR-Kunst im westlichen Ausland ein. Die Ausstellungspräsenz der DDR auf der westlichen Kunstszene hat seit der Teilnahme an der Kasseler documenta 6/1977 ständig zugenommen (1981: Musée Nationale de la Ville de Paris; 1982: Kunstmarkt Basel, Biennale Venedig; daneben seit 1976 eine Reihe von Einzel- und Gruppenausstellungen in Galerien und Museen der Bundesrepublik einschließlich Berlin [West]). Viel diskutiert wurde vor allem die von der bundesrepublikanischen Kunstzeitschrift „Art“ mit dem Staatlichen K. organisierte Tourneeausstellung „Zeitvergleich — Malerei und Grafik aus der DDR“, die durch mehrere Museen der Bundesrepublik 1983/84 wanderte. Für derartige Veranstaltungen übernimmt der Staatliche K. zumeist auch die bildliche und textliche Kataloggestaltung. Ebenso übernimmt der Staatliche K. die Honorarverteilung aus den Kunstverkäufen, wobei die Künstler den aus den Westexporten auf sie entfallenden Honoraranteil nur teilweise in Devisen erhalten. Die 25 Verkaufsgalerien des Staatlichen K. haben sich z.T. ein durchaus eigenes Leistungsprofil über ihre fachberatende Verkaufstätigkeit hinaus geschaffen. So konnte die Leipziger Galerie am Sachsenplatz (seit Frühjahr 1984 geschlossen, das künstlerische Inventar wurde ins Museum überführt) durch ihre gezielte Ausstellungspraxis und Ankaufspolitik wesentliche Anstöße zur Rezeption und Wiederentdeckung der Bauhaus-Kunst der 20er Jahre in der DDR geben. Andere Galerien (wie z.B. die wegen ihres zu liberalen Programms 1981/82 geschlossene Ostberliner Galerie „Arkade“) zeichnen sich durch sorgfältige Katalogpublikationen (auch Œuvreverzeichnisse) aus, wobei editorisch wichtige Einzelleistungen in Ergänzung zur Tätigkeit der Museen im Bereich der nicht-gegenständlichen Kunstproduktion der DDR und in der Aufarbeitung von Künstlern aus den 20er Jahren erbracht worden sind. Zu den bekanntesten Galerien des Staatlichen K. gehören neben den bereits genannten: Studio Galerie, Galerie Unter den Linden und Galerie im Alten Museum, Berlin (Ost); Kunstgalerie Budyšin, Cottbus; Galerie Carl Blechen und Neue Dresdner Galerie, Dresden; Galerie erph, Erfurt; Galerie Gallus, Frankfurt/Oder; Galerie am Markt, Gera; Galerie am Schönhof, Görlitz; Galerie am Hansaring, Halle; Greifen-Galerie, Greifswald; Galerie im Stadthaus, Jena; Galerie Schmidt-Rottluff, Karl-Marx-Stadt; Kleine Galerie, Magdeburg; Galerie am Boulevard, Rostock; Galerie am Dom, Schwerin; Galerie im Steinweg, Suhl. Diese Galerien organisieren öffentliche Gespräche mit Künstlern und Kunstwissenschaftlern; sie übernehmen ferner die künstlerische Ausstattung von Gesellschaftsbauten. Der Genossenschaftliche K. des VBK unterhält ungefähr 200 Galerien, die z.T. unter der Leitung von Kunstwissenschaftlern stehen. Ähnlich wie die Galerien des Staatlichen K. erarbeitet der Genossenschaftliche K. Kataloge, veranstaltet Galeriegespräche usw. Alle Galerien (die des Staatlichen und des Genossenschaftlichen K.) leisten in Ergänzung zu den Museen eine breite Öffentlichkeitsarbeit und sind daher auch an Wochenenden und Feiertagen geöffnet. Viele dieser Galerien organisieren Führungen für Arbeitsbrigaden aus Betrieben und Schülergruppen. Das Preissystem für Ölgemälde und Plastiken ist durch den verstärkten K. mit dem Westen in jüngster Zeit dem stark gestaffelten westlichen Preisniveau angepaßt worden, während die Preisskala für originale Grafik so gestaltet ist, daß sich breite Bevölkerungskreise grafische Blätter leisten können. Seit der Errichtung der Galerien des Staatlichen K. hat sich das stilistische Erscheinungsbild der Bildenden Kunst in der DDR auch im Hinblick auf eine nichtgegenständliche Kunstproduktion (gefördert durch wohnkulturelle Bedürfnisse) merklich ausgeweitet. Fundstelle: DDR Handbuch. 3., überarbeitete und erweiterte Auflage, Köln 1985: S. 776–777 Kultur- und Sozialfonds A, B, C, D, E, F, G, H, I, J, K, L, M, N, O, P, Q, R, S, T, U, V, W, Z Künstler-Agentur der DDR

Im K. der DDR dominieren neben dem Direktverkauf des einzelnen Künstlers an private Käufer 2 staatlich organisierte Hauptformen: 1. der Staatliche K. des VEH Bildende Kunst und Antiquitäten, dessen Generaldirektor seinen Sitz in Berlin (Ost) hat, und 2. der Genossenschaftliche K. in Gestalt von Verkaufsgenossenschaften des Verbandes Bildender Künstler (VBK) der DDR. Darüber hinaus erfolgt ein Teil des Umsatzes — vor allem auf dem Sektor Kunsthandwerk — über Buchhandlungen,…

DDR A-Z 1985

Nation und nationale Frage (1985)

Siehe auch: Deutschlandplan des Volkes: 1962 1963 1965 1966 1969 1975 1979 Deutschlandpolitik: 1963 1965 1966 1969 Deutschlandpolitik der SED: 1975 1979 Gesamtdeutsche Arbeit: 1958 1959 1960 1962 1963 1965 1966 Nationales Dokument: 1963 1965 1966 1969 1975 1979 Nation und nationale Frage: 1975 1979 Spaltung und Wiedervereinigung Deutschlands: 1962 1963 1965 1966 Wiedervereinigung: 1958 1959 1960 1962 1963 1965 1966 Seit ihrem VIII. Parteitag im Juni 1971 vertritt die SED die Ansicht, daß die NF. auf deutschem Boden endgültig von der Geschichte „entschieden“ sei. Honecker erklärte vor dem Parteitag, man müsse bei der Einschätzung der NF. „von ihrem Klasseninhalt ausgehen“: Während in der Bundesrepublik Deutschland die „bürgerliche Nation“ fortbestehe, deren Wesen durch den „unversöhnlichen Klassenwiderspruch zwischen der Bourgeoisie und den werktätigen Massen“ bestimmt werde, entwickle sich in der DDR die „sozialistische Nation“. Im Grundlagenvertrag zwischen der Bundesrepublik Deutschland und der DDR 1972 konnte eine gemeinsame Deutung der NF. nicht mehr gefunden werden. Die Bundesregierung hielt an ihrer Überzeugung fest, daß die Einheit der N. ein verbindendes Element zwischen den Deutschen in beiden Staaten sei. Dem widersprach die DDR. Beide Seiten kamen schließlich überein, den Vertrag unbeschadet ihrer unterschiedlichen Auffassungen „zu grundsätzlichen Fragen, darunter zur nationalen Frage“ abzuschließen. Wenn Repräsentanten der Sozialistischen Einheitspartei Deutschlands (SED) schließlich betonten, es gäbe „nicht zwei Staaten einer Nation, sondern zwei Nationen in Staaten verschiedener Gesellschaftsordnung“ (A. Norden, Fragen des Kampfes gegen den Imperialismus, Berlin [Ost] 1972, S. 22), so stand diese Interpretation der NF. in klarem Gegensatz zu der von der SED bis 1969 eingenommenen Position. Während der ersten zwei Jahrzehnte der Geschichte der DDR versicherte die SED stets, daß die Wiederherstellung des einheitlichen deutschen Nationalstaates ein wichtiges Ziel ihrer Politik sei: „Wir sind für die Einheit Deutschlands, weil die Deutschen im Westen unserer Heimat unsere Brüder sind, weil wir unser Vaterland lieben, weil wir wissen, daß die Wiederherstellung der Einheit Deutschlands eine unumstößliche historische Gesetzmäßigkeit ist und jeder zugrunde gehen wird, der sich diesem Gesetz entgegenzustellen wagt.“ (W. Ulbricht in seinem Schlußwort auf dem IV. SED-Parteitag 1954) Im Dezember 1960 bezeichnete Ulbricht vor dem Zentralkomitee (ZK) der SED die Ansicht, daß zwei deutsche N. entstehen könnten, als „falsche Perspektive“. Im Mittelalter habe es geschehen können, daß sich vom Körper der deutschen N. einzelne Glieder lösten und zu selbständigen N. wurden. Sobald sich jedoch erst einmal eine moderne N. herausgebildet habe, sei „trotz vorübergehender Spaltung die Wiederherstellung der Einheit der Nation historisch unvermeidlich“. In den 50er Jahren bediente sich die DDR des Attributs „national“ häufig zur Charakterisierung wesentlicher Elemente und Institutionen ihrer Politik (Nationale Front der DDR; Nationale Geschichtsbetrachtung seit 1952; Nationale Volksarmee (NVA); Nationales Aufbauwerk [NAW]). Bei der Definition des Begriffs N. folgte sie zunächst der Begriffsbestimmung Stalins aus dem Jahre 1913: „Eine Nation ist eine historisch entstandene stabile Gemeinschaft von Menschen, entstanden auf der Grundlage der Gemeinschaft der Sprache, des Territoriums, des Wirtschaftslebens und der sich in der [S. 925]Gemeinschaft der Kultur offenbarenden psychischen Wesensart.“ (Stalin in „Marxismus und nationale Frage“) Seit 1962 ist diese Definition Stalins mehrfach als formal und abstrakt kritisiert worden, ohne daß es jedoch der SED gelang, eine neue verbindliche Kurzformel zu finden. In der „Einheit“ (Heft 5, 1962) bezweifelte A. Kosing die Verwendbarkeit der zuvor stets als verbindlich anerkannten Begriffsbestimmung Stalins mit dem Hinweis darauf, daß N. auf bestimmten sozialökonomischen Grundlagen gewachsen seien und daß im Osten und Westen unterschiedliche Entwicklungsstufen existierten. Die Schlußfolgerung, in Deutschland entstünden mithin zwei N., lehnte Kosing indessen ab. Nachdem Ulbricht 1962 — nach der amerikanisch-sowjetischen Konfrontation in der Kuba-Frage — einen „nationalen Kompromiß“ zur Lösung der NF. der Deutschen auf der Grundlage Friedlicher Koexistenz zwischen beiden Staaten empfohlen hatte, ohne den Inhalt eines solchen Kompromisses näher zu erläutern, versicherte die SED in ihrem auf dem VI. Parteitag im Januar 1963 verabschiedeten Programm, sie halte „unverrückbar an ihrem Ziel, der Wiederherstellung der nationalen Einheit Deutschlands“, fest. Historische Mission der Partei sei es, durch die „umfassende Verwirklichung des Sozialismus“ in der DDR eine feste Grundlage dafür zu schaffen, daß „in ganz Deutschland die Arbeiterklasse die Führung übernimmt, die Monopolbourgeoisie auch in Westdeutschland entmachtet und die nationale Frage im Sinne des Friedens und des gesellschaftlichen Fortschritts gelöst wird“. Auch die Verfassung der DDR von 1968 ging in ihrer Präambel und vor allem in den Artikeln 1 und 8 von der Existenz einer deutschen N. in zwei Staaten aus. Nachdem in den 60er Jahren insbesondere sowjetische Ideologen versucht hatten, die von Stalin genannten Kriterien einer N. zu verfeinern und durch weitere Begriffsmerkmale zu ergänzen, ohne daß ihnen eine neue verbindliche Definition gelang, bemühte sich die SED um eine genauere Unterscheidung verschiedener Typen von N.: 1. „Bürgerliche N.“, die — wie die britische und die französische — bereits in einer „vorkapitalistischen“ Periode entstanden seien, 2. „sozialistische N.“ in der Sowjetunion und in den nach 1945 entstandenen Volksdemokratien, 3. aus kolonialer Abhängigkeit befreite N. in Asien und Afrika, 4. die durch „imperialistische Mächte im Bund mit der einheimischen Reaktion“ gespaltenen N. in Deutschland, Korea und Vietnam (E. Hühns, Heimat — Vaterland — Nation, Berlin [Ost] 1969). In der zweiten Hälfte der 60er Jahre legte die SED ferner zunehmend Wert auf eine Unterscheidung der Begriffe „N.“, „Staatsvolk“ und „Bevölkerung“. Die letztere Bezeichnung wurde im Hinblick auf die mehr als 2 Mill. West-Berliner Bürger verwendet, um nicht der Entscheidung darüber vorzugreifen, ob Berlin (West) als eigener Staat mit voller Völkerrechtssubjektivität anzusehen sei. Die Bewohner der Bundesrepublik Deutschland einerseits, die der DDR andererseits wurden dagegen jeweils als voneinander völlig unabhängige „Staatsvölker“ bezeichnet — 1967 kodifizierte die DDR ein spezifisches Staatsangehörigkeitsrecht aller DDR-Bürger (einschließlich derer, die nach 1949 ohne Genehmigung das Territorium der DDR und Berlin-Ost verlassen hatten). Dennoch hielt die Partei noch bis 1969 daran fest, daß die Deutschen in beiden Staaten zu einer N. gehörten. Anfang 1970 vollzog die SED in der NF. einen abrupten Kurswechsel. Er stellte eine Reaktion auf die Deutschlandpolitik der Bundesregierung dar, die sich in der Regierungserklärung des Kabinetts Brandt-Scheel die Formel „Zwei Staaten — eine Nation“ zu eigen gemacht hatte, sie aber zugleich gegen das Begehren der DDR nach ausdrücklicher Anerkennung ihrer Völkerrechtssubjektivität ins Feld führte, und zudem aus der These vom Fortbestand der N. sowie der fortbestehenden Vier-Mächte-Verantwortung für Deutschland als Ganzes ihre Forderung nach besonderen innerdeutschen Beziehungen ableitete. Die im Art. 1 der Verfassung vom April 1968 enthaltene Charakterisierung der DDR als „sozialistischer Staat deutscher Nation“ wurde seitdem im politischen Sprachgebrauch durch die Bezeichnung „sozialistischer deutscher Nationalstaat“ ersetzt. Die im Widerspruch zur neuen Interpretation der NF. stehenden Verfassungsnormen wurden schließlich von der Volkskammer mit Wirkung vom 7. 10. 1974 abgeschafft: Als „ein sozialistischer Staat der Arbeiter und Bauern“ (Art. 1) will die DDR nunmehr verstanden werden. Aus der Präambel der Verfassung wurde der Hinweis auf die Verantwortung für den zukünftigen Weg der „ganzen deutschen Nation“ entfernt. Der 2. Absatz des Art. 8, der die „schrittweise Annäherung der beiden deutschen Staaten bis zu ihrer Vereinigung auf der Grundlage der Demokratie und des Sozialismus“ postulierte, wurde ersatzlos gestrichen. Für die Führung der DDR stellte die 1969/70 eingeleitete neue Ostpolitik der sozialliberalen Bundesregierung insofern eine ernste Herausforderung dar, als sie ihr eigenes Bemühen um die Herausbildung eines spezifischen DDR-Staatsbewußtseins durch intensivere Kontakte und Kommunikationsmöglichkeiten zwischen den Deutschen in beiden Staaten behindert und gefährdet sah. Zudem meinte die SED, in dem Rückgriff der Bundesregierung auf die ursprünglich auch von ihr gebrauchte Formel „Zwei Staaten — eine Nation“ ein Instrument zur fortgesetzten Einwirkung auf die innere Entwicklung der DDR sehen zu müssen, obwohl ein solcher Anspruch von der Bundesrepublik nicht geltend gemacht wurde. Im Grundlagenvertrag (Art. 6) war festgelegt worden, daß sich die Hoheitsgewalt jedes der beiden Staaten auf sein Staatsgebiet beschränkt und die Unabhängigkeit und Selbständigkeit beider in inneren und äußeren Angelegenheiten zu respektieren ist. Trotzdem fühlte sich die SED durch die Ost- und Deutschlandpolitik der Bundesregierung in die Defensive gedrängt, die ihren deutlichsten Ausdruck in der Politik der Abgrenzung der DDR findet. Nach Auffassung der SED-Führung läßt derzeit kein Kriterium den Schluß zu, daß eine einheitliche deutsche N. bestünde — weder existiere ein gemeinsames Territorium beider Staaten noch eine gemeinsame Wirtschaft. [S. 926]Auch ein drittes Kriterium — die Gemeinsamkeit bestimmender psychischer und moralischer Eigenschaften — verweise auf diametrale Unterschiede in den Lebensgewohnheiten und Denkweisen der Bürger beider Staaten. Eine gemeinsame Kultur existiere nicht mehr („Denn die herrschende Kultur ist stets die Kultur der herrschenden Klasse“, so A. Norden a.a.O., S. 23), von geschichtlicher Gemeinsamkeit könne angesichts des abweichenden Geschichtsverständnisses ebenfalls nicht mehr gesprochen werden. Schließlich lasse auch die gemeinsame deutsche Sprache keinen Schluß auf den Fortbestand einer N. zu: Deutsch werde in Österreich sowie in Teilen der Schweiz, Luxemburgs und Ostfrankreichs gesprochen, ohne daß daraus die Zugehörigkeit zur deutschen N. abzuleiten sei. Zwar dürfen nach Meinung der SED ethnische Besonderheiten nicht übersehen werden; sie könnten jedoch nicht das Wesen einer N. bestimmen — als das Bestimmende gilt vielmehr die Klassenstruktur, die sozialökonomische Gestalt einer Gesellschaft: „Nationen sind in erster Linie das Resultat grundlegender ökonomischer und sozialer Entwicklungsprozesse und geschichtlicher Klassenkämpfe.“ (H. Axen, Zur Entwicklung der sozialistischen Nation in der DDR, Berlin [Ost] 1973, S. 16) Diese Anfang der 70er Jahre vollzogene Umdeutung der NF. ist in breiten Schichten der Bevölkerung der DDR auf Unverständnis und Widerspruch gestoßen — teilweise sogar bei Mitgliedern der SED, die viele Jahre lang in einer ganz anderen Konzeption geschult worden waren. Im Anschluß an die von der Volkskammer am 7. 10. 1974 beschlossene Verfassungsänderung hielt E. Honecker eine Erläuterung für geboten. Auf der 13. Tagung des ZK der SED erklärte er im Dezember 1974: „Unser sozialistischer Staat heißt Deutsche Demokratische Republik, weil ihre Staatsbürger der Nationalität nach in der übergroßen Mehrheit Deutsche sind … Staatsbürgerschaft — DDR, Nationalität — deutsch. So liegen die Dinge.“ (ND 13. 12. 1974) Das auf dem IX. Parteitag im Mai 1976 verabschiedete Parteiprogramm der SED beschreibt die „sozialistische Nation“ als „eine von antagonistischen Widersprüchen freie, stabile Gemeinschaft freundschaftlich verbundener Klassen und Schichten, die von der Arbeiterklasse und ihrer marxistisch-leninistischen Partei geführt wird. Sie umfaßt das Volk der Deutschen Demokratischen Republik und ist gekennzeichnet durch den souveränen Staat auf deren Territorium.“ In der DDR wachse ein „sozialistisches Nationalbewußtsein, in dem sich sozialistischer Patriotismus und proletarischer Internationalismus organisch verbinden“. Auf die Bedeutung der NF. im Verständnis der SED hat schließlich im Jahr 1976 A. Kosing in einer umfangreichen Studie hingewiesen: „Das Problem der Nation ist so für uns zu einem wichtigen Feld des ideologischen Klassenkampfes geworden.“ (A. Kosing, Nation in Geschichte und Gegenwart, Berlin [Ost] 1976, S. 16) Die sozialistische N. in der DDR, deren Herausbildung nach Kosing bereits Mitte der 50er Jahre begann, und die „kapitalistische Nation in der BRD“ seien „Entwicklungsformen entgegengesetzter ökonomischer Gesellschaftsformationen“ (a.a.O., S. 99), sie ließen sich nicht vereinigen. Vergleiche mit anderen geteilten Ländern wie Korea und Vietnam hält der Autor nicht für zulässig. Während in diesen außereuropäischen Ländern ein Vereinigungsprozeß möglich bleibe, habe die DDR erkannt, daß ihre „frühere Zielsetzung, die beiden deutschen Staaten zu vereinigen und in einem längeren Entwicklungsprozeß zu einer einheitlichen sozialistischen deutschen Nation zu gelangen, durch die Gestaltung der realen geschichtlichen Bedingungen, durch den Verlauf des Klassenkampfes im nationalen wie internationalen Maßstab gegenstandslos und irreal“ geworden sei (a.a.O., S. 107). Ein „Nachweis der relativen ethnischen Homogenität der sozialistischen Nation in der DDR und der kapitalistischen Nation in der BRD“ zeige nur ihre „gemeinsame geschichtliche Herkunft“, beweise aber nichts hinsichtlich einer „sogenannten Einheit der gegensätzlichen sozialen Organismen“ (a.a.O., S. 146). Kosing legte großen Wert auf die Unterscheidung von N. und Nationalität: „Die sozialistische Nation in der DDR und die kapitalistische Nation in der BRD unterscheiden sich nicht ihrer ethnischen Charakteristik, ihrer Nationalität nach, sondern ihren sozialen Grundlagen und Inhalten nach, weil es sich um zwei qualitativ verschiedene historische Typen der Nation handelt.“ (a.a.O., S. 179) Die Frage, ob zu einem späteren Zeitpunkt — nach einem Sieg der „sozialistischen Revolution“ in der Bundesrepublik Deutschland — wieder eine einheitliche, dann „sozialistische deutsche N.“ entstehen könnte, wollte Kosing „weder positiv noch negativ beantworten. Das wird von geschichtlichen Bedingungen abhängen, die heute niemand vorhersagen kann. Möglich ist verschiedenes.“ (a.a.O., S. 305 f.) Im Entwurf des ZK-Berichts an den IX. Parteitag der SED (1976) war zunächst ein Abschnitt über die Perspektiven zweier N. — einer bürgerlichen und einer sozialistischen — und ihre mögliche Vereinigung im Sozialismus enthalten. In der veröffentlichten Endfassung des Berichts fehlte dieser Aspekt. Bei der Vorbereitung des X. Parteitages der SED (1981) erklärte Honecker: „… wenn der Tag kommt, an dem die Werktätigen der Bundesrepublik an die sozialistische Umgestaltung der Bundesrepublik Deutschland gehen, dann steht die Frage der Vereinigung beider deutscher Staaten vollkommen neu.“ (ND 16. 2. 1981) Ein am 10. 10. 1983 im ND veröffentlichter Brief Honeckers an Bundeskanzler Kohl endete mit der Feststellung, die DDR schließe sich der Forderung nach einem atomwaffenfreien Europa „im Namen des deutschen Volkes“ an. Auch andere Äußerungen von Sprechern der SED lassen es als nicht ausgeschlossen erscheinen, daß die DDR in einer veränderten und für sie günstigeren Situation einen Rückgriff auf die „nationale“ Argumentation der 50er und 60er Jahre als Mittel einer offensiven Deutschlandpolitik neu entdeckt. Vorerst jedoch bereitet es der SED erhebliche Mühe, die seit Anfang der 70er Jahre gewandelte Interpretation der NF. im eigenen Herrschaftsbereich und auf interna[S. 927]tionaler Ebene zu begründen und zu verteidigen. Deutschlandpolitik der SED; Nationalismus; Staatsbürgerschaft. Fundstelle: DDR Handbuch. 3., überarbeitete und erweiterte Auflage, Köln 1985: S. 924–927 Nahrungsgüterwirtschaft A, B, C, D, E, F, G, H, I, J, K, L, M, N, O, P, Q, R, S, T, U, V, W, Z National-Demokratische Partei Deutschlands (NDPD)

Siehe auch: Deutschlandplan des Volkes: 1962 1963 1965 1966 1969 1975 1979 Deutschlandpolitik: 1963 1965 1966 1969 Deutschlandpolitik der SED: 1975 1979 Gesamtdeutsche Arbeit: 1958 1959 1960 1962 1963 1965 1966 Nationales Dokument: 1963 1965 1966 1969 1975 1979 Nation und nationale Frage: 1975 1979 Spaltung und Wiedervereinigung Deutschlands: 1962 1963 1965 1966 Wiedervereinigung: 1958 1959 1960 1962 1963 1965 1966 Seit ihrem VIII. Parteitag im Juni 1971…

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Agrar-Industrie-Vereinigung (AIV) (1985)

Siehe auch das Jahr 1979 Die AIV faßt Betriebe der Landwirtschaft und Industrie in einer Organisationsform zusammen, in der auf kooperative Weise in der Regel juristisch selbständige Betriebe unterschiedlicher Eigentumsformen zusammenarbeiten. Die AIV gilt als folgerichtige Weiterentwicklung der Produktionsverhältnisse in der sozialistischen Landwirtschaft (Agrarpolitik). Die AIV sind eine konsequente Fortentwicklung des Kooperationswesens in der Landwirtschaft der DDR (Kooperation in der Landwirtschaft). Einer AIV gehören z. Z. (1984) im allgemeinen 8–12 Betriebe an, davon meist 4–6 LPG oder VEG Pflanzenproduktion, ein Agrochemisches Zentrum, eine Meliorationsgenossenschaft sowie — je nach Produktionseinrichtung — ein oder mehrere Verarbeitungsbetriebe (Landwirtschaftliche Betriebsformen). Industriebetriebe, deren Verarbeitungskapazitäten die Rohstoffproduktion einer AIV weit übertreffen (z.B. Zuckerfabriken oder Großmühlen), werden nicht in AIV einbezogen. Auch Kreisbetriebe für Landtechnik sind nicht Mitgliedsbetriebe, da ihnen übergeordnete Funktionen — auch außerhalb der agrarindustriellen Kooperation — zugewiesen werden. Die erste AIV wurde nach dem IX. Parteitag der SED (1976) gebildet. 1983 gab es 14 AIV, die meistens auch über die politisch-organisatorischen Grenzen (Kreise und Bezirke) hinaus wirken. Ziel der Tätigkeit der AIV ist die bessere Auslastung der Grundfonds sowie die Senkung von Produktionskosten durch eine übergreifende Abstimmung von Leitung und Planung. Die AIV ist ein rechtsfähiges Organ, arbeitet nach dem Prinzip der wirtschaftlichen Rechnungsführung und besitzt eine wirtschaftsleitende Funktion gegenüber den kooperierenden Betrieben und Genossenschaften. Diese entsenden Vertreter in die Delegiertenversammlung, die ihrerseits den Beirat der AIV wählt. Ihm [S. 13]gehören in der Regel an: der Leiter der AIV und sein Stellvertreter, der Hauptbuchhalter, der Parteisekretär der AIV, die über eine eigene Parteiorganisation verfügt, die Direktoren der VEG und die Vorsitzenden der LPG Pflanzenproduktion. Der Direktor des Kreisbetriebes für Landtechnik nimmt mit beratender Stimme teil. Beschlüsse müssen einstimmig gefaßt werden. Für die fachliche Koordinierung können für einzelne Haupterzeugnisse — in der Regel für einen begrenzten Zeitraum — Kommissionen gebildet werden. Fundstelle: DDR Handbuch. 3., überarbeitete und erweiterte Auflage, Köln 1985: S. 11, 13 Agrar-Industrie-Komplex (AIK) A, B, C, D, E, F, G, H, I, J, K, L, M, N, O, P, Q, R, S, T, U, V, W, Z Agrarpolitik

Siehe auch das Jahr 1979 Die AIV faßt Betriebe der Landwirtschaft und Industrie in einer Organisationsform zusammen, in der auf kooperative Weise in der Regel juristisch selbständige Betriebe unterschiedlicher Eigentumsformen zusammenarbeiten. Die AIV gilt als folgerichtige Weiterentwicklung der Produktionsverhältnisse in der sozialistischen Landwirtschaft (Agrarpolitik). Die AIV sind eine konsequente Fortentwicklung des Kooperationswesens in der Landwirtschaft der DDR (Kooperation in…

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Bauakademie der DDR (1985)

Siehe auch: Bauakademie der DDR: 1975 1979 Bauakademie, Deutsche: 1953 1954 1956 1958 1959 1960 1962 1963 1965 1966 Deutsche Bauakademie: 1975 1979 Deutsche Bauakademie (DBA): 1969 Die B. (ehemals: Deutsche Bauakademie/DBA) ist die zentrale wissenschaftliche Einrichtung für Architektur und Bauwesen in der DDR mit Sitz in Berlin (Ost). Sie wurde durch Gesetz vom 6. 9. 1950 als Nachfolgerin des Instituts für Bauwesen der Akademie der Wissenschaften und des Instituts für Städtebau und Hochbau der Deutschen Wirtschaftskommission mit 5 Instituten und 3 Meisterwerkstätten gegründet und untersteht dem Ministerium für Bauwesen (Statut: GBl. I, 1973, Nr. 8). Zu den Aufgaben der B. gehören: Prognose der Entwicklung des Bauwesens; Methodik der Bauplanung; Grundlagen- und angewandte Forschung unter besonderer Berücksichtigung der Grundsätze des ökonomischen, industrialisierten und rationalisierten Bauens; Materialforschung; Typisierung und Systematisierung, experimentelles Bauen; Anwendung neuer Methoden; die Diskussion konzeptioneller Fragen der Architekturtheorie und -geschichte; internationale Standardisierung und Integration; Weiterbildung der Führungskader des Bauwesens; Dokumentation und Information. [S. 149]Die Geschichte der B. spiegelt zugleich die Geschichte der Architektur in der DDR wider. Der erste Präsident der DBA, Kurt Liebknecht, orientierte die Architektur der DDR stark an sowjetischen Vorbildern („sozialistischer Inhalt — nationale Form“ / Karl-Marx-Allee [Berlin/Ost, seinerzeit: Stalinallee] I. Bauabschnitt) und kritisierte die funktionelle Architektur als inhuman (Funktionalismus). An seine Stelle traten 1961 Gerhard Kosel und 1965 Werner Heynisch. Unter ihrer Präsidentschaft wurde das Bauwesen der DDR noch einmal grundlegend verändert. Heynisch hat vor allem dem Ingenieur- und Industriebau mit zum Durchbruch verholfen und 1966 das Institut für Städtebau und Architektur reorganisiert. Die B. wird von einem Präsidenten geleitet, der auf Vorschlag des Ministers für Bauwesen vom Vorsitzenden des Ministerrates der DDR ernannt wird. Ihm zur Seite stehen der 1. Stellvertreter und Wissenschaftliche Direktor sowie die Vizepräsidenten (zugleich Direktoren eines Instituts der B.). Die B. hat ordentliche (max. 25), Mitglieder im Kandidatenstand (max. 30) und korrespondierende Mitglieder. Die ordentlichen Mitglieder und Kandidaten bilden das Plenum der B.; sie arbeiten innerhalb der B. in Fachbereichen (Sektionen) und erhalten eine Dotation. Das Plenum berät über grundsätzliche Probleme des Bauwesens; die Sektionen sind Arbeitsgremien des Plenums, die sich noch einmal in Fachgruppen unterteilen. Es gibt die Sektionen: Ökonomie, Städtebau und Architektur, ingenieurtheoretische Grundlagen, Projektierung und Rechentechnik, Tiefbau, Wohn- und Gesellschaftsbau, Industriebau, Landwirtschaftsbau, technische Gebäudeausrüstung, ingenieurtechnische Grundlagen (die Sektion ingenieurtechnische Grundlagen z.B. hat 10 Fachgruppen für Baumechanik, Brandschutz, Akustik, Sicherheit u.a.). Die Forschungsarbeit wird hauptsächlich in den von den Vizepräsidenten geleiteten Instituten geleistet: im Zentralinstitut Einheitssystem Bau, im Institut für Städtebau und Architektur, in den Instituten für Ingenieur- und Tiefbau, für Industriebau, für Wohnungs- und Gesellschaftsbau, für landwirtschaftliche Bauten, für Technologie und Mechanisierung, für Projektierung und Standardisierung, für Baustoffe oder für Heizungs-, Lüftungs- und Sanitärtechnik. Den Instituten sind Werkstätten angegliedert, die als besonders vorbildlich geltende Beispiele des Bauwesens erarbeiten und verwirklichen sowie neue Technologien und Werkstoffe experimentell erproben sollen. Die B. unterhält mit der „Bauinformation“ in Berlin (Ost) die Zentrale Informationseinrichtung für Wissenschaft und Technik im Bauwesen. Als Leitstelle koordiniert die „Bauinformation“ die Information und Dokumentation des gesamten Fachbereichs, auch der Baukombinate, und bietet ein Dokumenten-Recherchesystem für Fachliteratur und für technische Vorschritten und Normen, einen Patentinformationsdienst mit Erfindungsbeschreibungen aus 12 Staaten (darunter auch die Bundesrepublik Deutschland), eine Sammlung von Baufotos und -filmen sowie eine Fachbibliothek. Die „Bauinformation“ gibt regelmäßig Informationsschriften über Bauforschung, -recht und -praxis heraus und veranstaltet ständig wechselnde Bauausstellungen. Die B. hat Promotionsrecht und verleiht akademische Grade (Dr.-Ing.) sowie Auszeichnungen (z.B. die Ehrenplakette „Für hervorragende Leistungen in der Bauforschung“). Präsident: Prof. Dr. sc. techn. Hans Fritsche (seit 1977), Vizepräsident für Forschung und Planung: Ulrich Hofmann, Vizepräsident und Direktor des Instituts für Städtebau und Architektur: Ule Lammert. Fundstelle: DDR Handbuch. 3., überarbeitete und erweiterte Auflage, Köln 1985: S. 148–149 Bargeldumlauf A, B, C, D, E, F, G, H, I, J, K, L, M, N, O, P, Q, R, S, T, U, V, W, Z Bauaktivs

Siehe auch: Bauakademie der DDR: 1975 1979 Bauakademie, Deutsche: 1953 1954 1956 1958 1959 1960 1962 1963 1965 1966 Deutsche Bauakademie: 1975 1979 Deutsche Bauakademie (DBA): 1969 Die B. (ehemals: Deutsche Bauakademie/DBA) ist die zentrale wissenschaftliche Einrichtung für Architektur und Bauwesen in der DDR mit Sitz in Berlin (Ost). Sie wurde durch Gesetz vom 6. 9. 1950 als Nachfolgerin des Instituts für Bauwesen der Akademie der Wissenschaften und des Instituts für…

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Schulordnung (1985)

Die VO über die Sicherung einer festen Ordnung an den allgemeinbildenden polytechnischen Oberschulen — Schulordnung — vom 29. 11. 1979 (GBl. I, S. 433), die die vorangegangene S. vom 20. 10. 1967 abgelöst hat, gilt sowohl für die zehnklassige allgemeinbildende polytechnische Oberschule und für die Erweiterte Oberschule (Normalschulen) als auch für die Sonderschulen und die Spezialschulen. Sie legt fest, daß die Bildungs- und Erziehungsarbeit auf der Grundlage der jeweils gültigen Stundentafeln, Lehrpläne, Lehrbücher und anderer staatlicher Dokumente erfolgt und daß alle Lehrer und Erzieher verpflichtet sind, durch die gewissenhafte Erfüllung der in diesen Dokumenten festgelegten Aufgaben solche Voraussetzungen zu schaffen, daß jeder Schüler das Ziel der jeweiligen Klasse und der Schule erreichen könne. Die Schule wird durch einen Direktor geleitet. Er ist verpflichtet, die Beschlüsse der SED sowie die einschlägigen Rechtsvorschriften durchzuführen und für die Qualität, Planmäßigkeit und Kontinuität der Bildungs- und Erziehungsarbeit sowie für die Ordnung und Sicherheit an der Schule verantwortlich. Zu diesem Zwecke sind insbesondere der Arbeitsplan der Schule, die Klassenleiterpläne, der Stundenplan und der Zeitplan für die außerunterrichtliche Bildungs- und Erziehungsarbeit auszuarbeiten und einzuhalten. Schulen mit Schulhort und Schulinternat sollen bei der Ausarbeitung der Pläne die Aufgaben und Probleme der Hort- bzw. Internatserziehung berücksichtigen. Der Direktor soll an seiner Schule ein einheitlich handelndes Pädagogenkollektiv entwickeln und führen. Er hat sich dabei auf die Schulparteiorganisation der SED und die Schulgewerkschaftsorganisation zu stützen. Ferner ist der Direktor verpflichtet, während des gesamten Schuljahres den Unterricht, die außerunterrichtliche Tätigkeit, die Arbeit im Schulhort und im Schulinternat zu kontrollieren und zu analysieren; er soll regelmäßig hospitieren und die Hospitationen mit den Lehrern, Erziehern und Betreuern auswerten. Den Direktor unterstützen in verschiedenen Funktionen die Schulleitung, die stellvertretenden Direktoren, die Hort- bzw. Internatleiter und auch der Pädagogische Rat. Der Schulleitung, die vom Direktor ernannt wird, gehören an voll ausgebauten Oberschulen mindestens der Stellvertr. des Direktors, der Stellvertr. des Direktors für außerunterrichtliche Arbeit, der Leiter des Schul[S. 1139]hortes, eventuell der Leiter des Schulinternats, der Lehrer für Berufsberatung (und polytechnischen Unterricht) sowie der Beauftragte des Patenbetriebes (Patenschaften) für den polytechnischen Unterricht an. Den Pädagogischen Rat, die Vollversammlung aller Lehrer und Erzieher einer Oberschule und beratendes Organ des Direktors, bilden die Schulleitung, alle Lehrer und Erzieher sowie die Freundschaftspionierleiter (Pionierorganisation „Ernst Thälmann“) und der Vorsitzende des Elternbeirates (Elternhaus und Schule). Die Ergebnisse der Beratungen des Pädagogischen Rates werden in Empfehlungen zusammengefaßt, die jedoch der Bestätigung durch den Direktor bedürfen und durch die die persönliche Verantwortung und damit auch die Entscheidung des Direktors nicht aufgehoben werden. Über die Grundorganisationen der Pionierorganisation „Ernst Thälmann“ und der Freien Deutschen Jugend (FDJ) sollen sich auch die Schüler in umfassender Weise an der Gestaltung des Schullebens beteiligen. Die Hauptaufgabe aller Lehrer ist nach der S. die Erteilung eines wissenschaftlichen, parteilichen und lebensverbundenen Unterrichts. Um die Kontinuität des Unterrichtsprozesses zu sichern, jede Unterrichtsstunde rationell zu gestalten und hohe Bildungs- und Erziehungsergebnisse zu erzielen, soll der Unterricht sorgfältig geplant und vorbereitet und entsprechend zielstrebig durchgeführt werden. Die Entwicklung und Festigung eines sozialistischen Schülerkollektivs wird als eine wesentliche Aufgabe, aber auch Bedingung einer erfolgreichen Bildungs- und Erziehungsarbeit an der Schule angesehen, an der alle Pädagogen, die sozialistische Kinder- und Jugendorganisation (Pioniere und FDJ) und die anderen an der Bildung und Erziehung mitwirkenden gesellschaftlichen Kräfte beteiligt sind. Die S. regelt auch die Pflichten und die Rechte der Schüler. So hat jeder Schüler die Pflicht, fleißig und gewissenhaft zu lernen und sich für eine gute Lern- und Arbeitsatmosphäre im Kollektiv einzusetzen. Außerdem sollen sich die Schüler gegenüber den Lehrern, Erziehern und anderen erwachsenen Personen sowie im Schülerkollektiv höflich und anständig benehmen sowie gegenseitige Rücksichtnahme und Hilfsbereitschaft üben. Ferner verpflichtet die S. die Schüler dazu, den Unterricht und andere schulische Veranstaltungen regelmäßig und pünktlich zu besuchen (Schulpflicht), die für den Unterricht benötigten Materialien bereit zu halten und ihre Hausaufgaben sorgfältig anzufertigen, die Hausordnung einzuhalten, das gesellschaftliche Eigentum zu achten, es sorgsam zu behandeln und sich im Schulgebäude sowie außerhalb der Schule diszipliniert zu verhalten, den Forderungen des Direktors, der Lehrer, Erzieher und Betreuer zu erfüllen und deren Anweisungen zu befolgen. Für Schüler, die ihre Aufgaben und Pflichten im Unterricht, in der außerunterrichtlichen Tätigkeit und in der gesellschaftlichen Arbeit besonders gut erfüllen, sind Belobigungen und Auszeichnungen vorgesehen, und zwar die Anerkennung vor der Klasse durch den unterrichtenden Lehrer, das Lob vor der Klasse durch den Klassenleiter, das Lob beim Fahnenappell durch den Direktor, die Auszeichnung mit Urkunden und Diplomen sowie die Auszeichnung mit der „Gotthold-Ephraim-Lessing-Medaille“. Schüler, die wiederholt ohne triftige Gründe den Unterricht oder andere obligatorische Schulveranstaltungen versäumen, ihre Lernpflichten vernachlässigen, die Disziplin und Ordnung mißachten, gegen die Hausordnung der Schule verstoßen oder die Ehre des Schulkollektivs verletzen, erhalten als Schulstrafen eine Verwarnung vor der Klasse durch den unterrichtenden Lehrer, einen Tadel vor der Klasse durch den Klassenleiter, einen Verweis vor dem Schulkollektiv durch den Direktor oder die Umschulung in eine andere Bildungseinrichtung durch den zuständigen Schulrat auf Antrag des Direktors. In der EOS kann darüber hinaus der Ausschluß aus der Schule verfügt werden. Die körperliche Züchtigung ist untersagt, desgleichen die Bestrafung von Schülern durch zusätzliche Hausaufgaben und Nachsitzen. Fundstelle: DDR Handbuch. 3., überarbeitete und erweiterte Auflage, Köln 1985: S. 1138–1139 Schulen der sozialistischen Arbeit A, B, C, D, E, F, G, H, I, J, K, L, M, N, O, P, Q, R, S, T, U, V, W, Z Schulpflicht

Die VO über die Sicherung einer festen Ordnung an den allgemeinbildenden polytechnischen Oberschulen — Schulordnung — vom 29. 11. 1979 (GBl. I, S. 433), die die vorangegangene S. vom 20. 10. 1967 abgelöst hat, gilt sowohl für die zehnklassige allgemeinbildende polytechnische Oberschule und für die Erweiterte Oberschule (Normalschulen) als auch für die Sonderschulen und die Spezialschulen. Sie legt fest, daß die Bildungs- und Erziehungsarbeit auf der Grundlage der jeweils gültigen…

DDR A-Z 1985

Werkzeugmaschinenbau (1985)

Siehe auch die Jahre 1969 1975 1979 Entsprechend der Industriezweigsystematik der DDR ab 1968 ein Industriezweig des Industriebereichs Maschinen- und Fahrzeugbau, der alle Betriebe zum Bau, zur Reparatur und Montage von spanabhebenden und kaltumformenden Werkzeugmaschinen sowie von Scheren- und Schmiedeausrüstungen umfaßt. Die Bruttoproduktion des W. stieg von 1970 bis 1982 um das 2,89fache (zum Vergleich: die industrielle Bruttoproduktion stieg im gleichen Zeitraum nur um das 1,86fache). Bis Ende 1967 gehörte der W. zum Industriezweig Schwermaschinenbau im Industriebereich Metallverarbeitende Industrie. Der W. umfaßte damals ca. 70 Betriebe mit etwa 30.000 Beschäftigten. Gegenwärtig (1981) gehören zum Industriezweig W. 65 Volkseigene Betriebe, die in 4 Kombinaten mit insgesamt 81.000 [S. 1477]Beschäftigten zusammengefaßt sind. Im Rahmen der 1969/70 verfolgten strukturpolitischen Konzeption, strukturbestimmende Bereiche zusammenzufassen, wurden aus den Betrieben der ehemaligen VVB Werkzeugmaschinenbau folgende Kombinate gebildet: W.-Kombinat „Fritz Heckert“. Karl-Marx-Stadt; Werkzeugkombinat, Schmalkalden; W.-Kombinat „7. Oktober“, Berlin; Kombinat Umformtechnik „Herbert Warnke“, Berlin. 1981 stammten 40 v.H. aller in der DDR gefertigten Werkzeugmaschinen aus den Betrieben des VEB W.-Kombinat „Fritz Heckert“. Das Kombinat umfaßt 17 Produktionsbetriebe, 1 Projektierungsbetrieb und das Forschungszentrum des W. in Karl-Marx-Stadt. Insgesamt sind 27.000 Werktätige in diesem Kombinat beschäftigt. Die 4 Kombinate unterstehen dem Ministerium für Werkzeug- und Verarbeitungsmaschinenbau. Nach Angaben des „American Machinist“ bestritt die DDR 1976 5,6 v.H. der Weltproduktion an Werkzeugmaschinen (13,26 Mrd. US-$) und 10,8 v.H. des Weltwerkzeugmaschinenexports (5,57 Mrd. US-$) und lag damit an fünfter bzw. zweiter Stelle in der Länderrang[S. 1478]folge. Aufgrund der zwischenzeitlich gesunkenen internationalen Wettbewerbsfähigkeit dürfte der DDR-W. zu Beginn der 80er Jahre nur noch den neunten Rang in der Weltproduktion und den sechsten Rang beim Weltexport einnehmen. Drei Faktoren könnten hierzu beigetragen haben: 1. Die RGW-Partner — Hauptabnehmer von DDR-Werkzeugmaschinen — haben in den letzten Jahren verstärkt ihre Kapazitäten für Standardwerkzeugmaschinen ausgebaut, so daß sie ihre Einfuhren aus der DDR drosseln konnten. 2. Werkzeugmaschinen aus der DDR können heute nicht mehr wie in den 70er Jahren im Qualitätsvergleich mit Produkten aus westlichen Ländern bestehen. Der DDR-W. dürfte primär bei der Weiterentwicklung der numerischen Steuerungen den internationalen Anschluß verloren haben. 3. Sehr viele DDR-Werkzeugmaschinen sind — gemessen am internationalen Maßstab — zu schwer. Ca. 80 v.H. der Gesamtproduktion des DDR-W. werden exportiert. Hauptabnehmer der Werkzeugmaschinen aus der DDR ist die UdSSR; mit Abstand folgen die übrigen RGW-Länder. Weniger als 15 v.H. der gesamten Werkzeugmaschinenausfuhren der DDR gehen in westliche Industrieländer. Die vorstehenden Tabellen ermöglichen einen Vergleich des DDR-W. mit dem der Bundesrepublik Deutschland. Hierbei ist zu beachten, daß der Werkzeugbau in der Bundesrepublik Deutschland nicht wie in der DDR dem W. zugerechnet wird. Maschinenbau. Anhang Fundstelle: DDR Handbuch. 3., überarbeitete und erweiterte Auflage, Köln 1985: S. 1476–1478 Werktätiger A, B, C, D, E, F, G, H, I, J, K, L, M, N, O, P, Q, R, S, T, U, V, W, Z Wertpapiere

Siehe auch die Jahre 1969 1975 1979 Entsprechend der Industriezweigsystematik der DDR ab 1968 ein Industriezweig des Industriebereichs Maschinen- und Fahrzeugbau, der alle Betriebe zum Bau, zur Reparatur und Montage von spanabhebenden und kaltumformenden Werkzeugmaschinen sowie von Scheren- und Schmiedeausrüstungen umfaßt. Die Bruttoproduktion des W. stieg von 1970 bis 1982 um das 2,89fache (zum Vergleich: die industrielle Bruttoproduktion stieg im gleichen Zeitraum nur um das…

DDR A-Z 1985

Jugend (1985) Siehe auch die Jahre 1962 1963 1965 1966 1969 1975 1979 I. Begriff, Umfang, Zusammensetzung Die Begriffe J. und Jugendlicher werden mit unterschiedlicher Bedeutung verwendet. Sprachgebrauch und Strafrecht unterscheiden zwischen den bis zu 13jährigen Kindern, den 14- bis unter 18jährigen Jugendlichen und den Erwachsenen von 18 Jahren und älter (den Status des Heranwachsenden von 18 bis unter 21 Jahren gibt es im Strafrecht der DDR nicht). Arbeitsrecht und Zivilrecht treffen eine weitere Unterteilung bei der Vollendung der Schulpflicht und des 16. Lebensjahres. Das Volljährigkeitsalter liegt seit 1950, das aktive Wahlrecht seit 1949 bei 18 Jahren. Die Altersgrenze für das passive Wahlrecht wurde 1968 für die Wahlen zu den örtlichen Volksvertretungen, 1974 generell von 21 auf 18 Jahre herabgesetzt (Verfassung; Wahlen). Demgegenüber gilt das J.-Gesetz der DDR für die Gesamtheit der 14- bis unter 25jährigen. Die gesetzliche Ausweitung der Kategorie J. auf volljährige, großenteils berufstätige und verheiratete Bürger wird damit gerechtfertigt, „daß mit dem vollendeten 25. Lebensjahr wesentliche Prozesse der Herausbildung von Persönlichkeitsmerkmalen eines jungen Staatsbürgers abgeschlossen“ seien. Bis zu diesem Zeitpunkt seien „wesentliche weltanschauliche Positionen geformt, sozialistische Einstellungen zur Arbeit ausgebildet, grundlegende persönliche, das weitere Leben tief beeinflussende Entscheidungen von gesellschaftlicher Bedeutung gefallen (Bildung, Beruf, politische Organisierung, Armeedienst, Familiengründung u.a.)“ (W. Ternick: Jung sein bei uns. Berlin [Ost] 1981, S. 29). Beim J.-Verband der DDR, der Freien Deutschen Jugend (FDJ), waren und sind stets etwa 5 v.H. der Mitglieder sogar älter als 24. Bei den Jugendbrigaden und anderen J.-Kollektiven ist der Anteil der über 24jährigen teilweise noch höher und kann bis zu 50 v.H. ausmachen. Die Zahl der Kinder, Jugendlichen und Jungerwachsenen entwickelte sich wie folgt: Die Zahl der Kinder nimmt seit 1967 ab. Der Anstieg der Geburtenzahl seit 1975 konnte diese Entwicklung vorerst nicht aufhalten. Die Zahl der Jugendlichen hatte 1962 mit 0,67 Mill. ihr Minimum erreicht, stieg anschließend mit Unterbrechungen bis 1978 (1,149 Mill.) und ist seitdem rückläufig. Die Zahl der Jungerwachsenen fiel bis 1967 auf 1,32 Mill. und steigt seitdem. Insgesamt geht die Zahl der unter 25jährigen seit 1950 zurück. Nur in den Jahren 1967 bis 1972 gab es einen leichten Wiederanstieg. Der Anteil dieser Altersgruppe an der Gesamtbevölkerung (Bevölkerung) betrug am 31. 12. 1980 36 v.H. Zu diesem Zeitpunkt setzte sich die Kinderbevölkerung etwa je zur Hälfte aus den noch nicht Schulpflichtigen (48 v.H.) und den Schülern der Klassen 1 bis 7 (52 v.H.) zusammen. Von den 3,01 Mill. Jugendlichen und Jungerwachsenen waren 0,76 Mill. (25,3 v.H.) Schüler der Klassen 8 bis 12; 0,49 Mill. (16,3 v.H.) Lehrlinge (einschl. Teilausbildung); 0,22 Mill. (7,2 v.H.) Studenten. Die übrigen 1,54 Mill. (51,2 v.H.) waren fast ausnahmslos berufstätig oder leisteten ihren Wehrdienst. Der weibliche Anteil an der Kinder- und Jugendbevölkerung betrug 48,7 v.H. (gegenüber 53,1 v.H. an [S. 684]der Gesamtbevölkerung). Die Heirat ist gem. § 5 Familiengesetzbuch (Familienrecht) von 18 Jahren an möglich. Am 31. 12. 1980 waren von den Männern von 18 bis unter 25 Jahren ledig 76,8 v.H., verheiratet 22,0 v.H., geschieden 1,2 v.H. Von den Frauen dieser Altersgruppe waren ledig 54,0 v.H., verheiratet 43,5 v.H., geschieden 2,5 v.H. II. Jugendpolitik, Ziele, Grundlagen Die J. auf die künftigen Aufgaben vorzubereiten und sie in die Gesellschaft zu integrieren, ist das Ziel der weite Bereiche der Bildungs-, Wirtschafts-, Sozial-, Kultur-, Gesundheits-, Wehr-, Kriminal- u.a. Politik umfassenden J.-Politik. Nach in der DDR vorherrschendem Verständnis ist sie „die Politik, die den Platz und die Aufgaben der Jugend und des sozialistischen Jugendverbandes bei der weiteren Gestaltung der entwickelten sozialistischen Gesellschaft sowie die Verantwortung der Gesellschaft für die kommunistische Erziehung der Jugend analysiert und bestimmt“ und hieraus Einzelmaßnahmen ableitet (Kleines Politisches Wörterbuch, Berlin [Ost], 3. Aufl. 1978, S. 414 f.). Die Ansprüche der J.-Politik der DDR beruhen auf der marxistisch-leninistischen Theorie einerseits und der von ihr geleiteten Analyse der konkreten gesellschaftlichen Situation andererseits. Danach wird die erzieherische Funktion des sozialistischen Staates als eine seiner wichtigsten bezeichnet; die Interessen der J. gelten als in denen von Staat und Gesellschaft aufgehoben bzw. als mit ihnen identisch. Jeglicher Generationenkonflikt sei „aufgrund der Übereinstimmung in den grundlegenden Lebensinteressen und der gemeinsamen sozialistischen Ideale“ ausgeschlossen (Siegfried Lorenz in der Volkskammer anl. der Beratung des 3. J.-Gesetzes. Junge Welt 18. Jg. 1974, Nr. 26 B, S. 4). Damit ist J. (in erster Linie) „allseitig zu beeinflussender“ Erziehungsgegenstand, wobei sich die ihr gestellten Aufgaben aus den gesamtgesellschaftlichen Zielen ergeben, der Beitrag der J. zur Lösung ihrer Aufgaben jedoch in jugendspezifischer Weise, in eigenen Formen und mit eigenen Methoden geleistet werden kann und soll. Die Grundsätze der J.-Politik der SED sind im Jugendgesetz zusammengefaßt. Das Gesetz über die Teilnahme der J. an der Gestaltung der entwickelten sozialistischen Gesellschaft und über ihre allseitige Förderung in der DDR (J.-Gesetz) vom 28. 1. 1974 (GBl. I, S. 45) löste das am 8. 5. 1964 in Kraft getretene Gesetz über die Teilnahme der J. der DDR am Kampf um den umfassenden Aufbau des Sozialismus und die allseitige Förderung ihrer Initiative bei der Leitung der Volkswirtschaft und des Staates, in Beruf und Schule, bei Kultur und Sport ab, dessen Vorgänger das Gesetz über die Teilnahme der J. am Aufbau der DDR und die Förderung der J. in Schule und Beruf, bei Sport und Erholung vom 8. 2. 1950 war. Ziel des (3.) J.-Gesetzes ist die „Förderung der Jugend“ und die „Gewährleistung ihrer Teilnahme an der Gestaltung der entwickelten sozialistischen Gesellschaft“. Es weist in seinen 10 Abschnitten den Hauptgruppen der J.-Bevölkerung, den Berufstätigen, den Schülern, den Lehrlingen, den Studenten und den Soldaten, Reservisten und in der vormilitärischen Ausbildung Befindlichen sowie den verantwortlichen Leitern der Staats- und Wirtschaftsorgane und der FDJ Rechte und Pflichten zu. Schwerpunkte des Gesetzes sind: 1. Die Erziehung der J. zu „sozialistischen Persönlichkeiten“ (Persönlichkeitstheorie, sozialistische), gekennzeichnet durch Wissen und Können, sowie durch eine Reihe näher angegebener staatsbürgerlicher, sozialer und Arbeitstugenden, 2. der Beitrag der J. zur Steigerung der Arbeitsproduktivität in speziellen „jugendgemäßen“ Kooperationsformen. Diese Zielsetzungen sind gekoppelt 3. mit einer Reihe sozial-, gesundheits- und bildungspolitischer Maßnahmen, die der J. zugute kommen sollen, und 4. einer Erweiterung der Zuständigkeiten der FDJ als Vertretung der J. in Schule, Hochschule, Betrieb und Staat. Das Gesetz weist der J.-Organisation der SED eine zentrale Rolle in der J.-Politik zu. Es spiegelt die Schwerpunkte der Politik der DDR seit dem VIII. Parteitag der SED wider (verstärkte Zusammenarbeit mit der UdSSR, verbesserte Versorgung der Bevölkerung, Verstärkung der politisch-ideologischen Erziehung) und setzt den Staatsratsbeschluß vom 31. 3. 1967 „Jugend und Sozialismus“ sowie eine Reihe von Einzelregelungen außer Kraft, wahrt jedoch den Rahmen des Kommuniqués des Politbüros des ZK der SED zu Problemen der J. in der DDR: „Der Jugend Vertrauen und Verantwortung“ (J.-Kommuniqué vom 21. 3. 1963). Die darin enthaltenen Vorstellungen zur Förderung des Leistungsstrebens, zur politisch-ideologischen Erziehung, zur Erhöhung der schulischen und beruflichen Anforderungen, zu den Aufgaben der staatlichen und Wirtschaftsleiter gegenüber der J., zu den Problemen der in der Landwirtschaft Tätigen, zur Freizeitgestaltung sowie zur J.-Forschung und zur wissenschaftlichen Begründung der jugendpolitischen Maßnahmen bilden Grundlage und Richtschnur auch des 3. J.-Gesetzes der DDR. Die Leitung der staatlichen Aufgaben der J.-Politik liegt „in Durchführung der Beschlüsse der Partei der Arbeiterklasse im Auftrag der Volkskammer“ beim Ministerrat und dessen Amt für Jugendfragen beim Ministerrat. Auf örtlicher und regionaler Ebene sind die Volksvertretungen bzw. die staatlichen und Wirtschaftsleitungen in Abstimmung mit den vorschlags- und kontrollberechtigten FDJ-Leitungen für die Planung, Durchführung und Kontrolle der jugendpolitischen Maßnahmen verantwortlich. [S. 685]<III. Beteiligung der Jugend am öffentlichen Leben> Als Erfolg der J.-Politik gilt die Teilnahme der J. am öffentlichen Leben auf der Grundlage des auf 18 Jahre festgelegten Mündigkeits- und Wahlberechtigungsalters und des vorwiegend über die Mitarbeit in der FDJ angebotenen Kontroll-, Mitsprache- und Vertretungsrechts im politisch-staatlichen und wirtschaftlichen Bereich, dessen formale Voraussetzung die Bestimmung des Art. 20,3 der Verfassung ist. Dort heißt es: „Die Jugend wird in ihrer gesellschaftlichen und beruflichen Entwicklung besonders gefördert. Sie hat alle Möglichkeiten, an der Entwicklung der sozialistischen Ordnung verantwortungsbewußt teilzunehmen.“ So waren 1981 (8. Wahlperiode) jünger als 25 Jahre: 46 (9,2 v.H.) der Abgeordneten der Volkskammer und 550 (17,3 v.H.) der Abgeordneten der Bezirkstage und der Stadtverordnetenversammlung von Berlin (Ost). Jünger als 25 Jahre waren 1979: 5.534 (21,8 v.H.) der Abgeordneten der Kreistage und Stadtverordnetenversammlungen der Stadtkreise, 1195 (20,7 v.H.) der Abgeordneten der Stadtbezirksversammlungen, 22.863 (13,4 v.H.) der Abgeordneten der Gemeindevertretungen und der Stadtverordnetenversammlungen der kreisangehörigen Städte. 48.703 (12,7 v.H.) der Mitglieder der 51.304 Kommissionen der örtlichen Volksvertretungen waren jünger als 25. 1982 waren 8,6 v.H. aller Bürgermeister unter 30 Jahre alt, 3.000 der insgesamt 51.700 Schöffen Jugendliche. Daneben gilt die Mitwirkung der J. in den Gremien des Freien Deutschen Gewerkschaftsbundes (FDGB) (1982: 5.390 J.-Kommissionen mit 30.754 — nur z.T. jugendlichen — Mitgliedern), in den Ausschüssen der Nationalen Front der DDR (1982: 17.800 Ausschüsse mit 350.000 Mitgliedern, davon 40.000 unter 26 Jahren), in den FDJ-Kontrollposten und insbesondere in Produktion und Wettbewerb (s.u.) als Einlösung des Verfassungsgebots verantwortlicher Mitgestaltung beim Aufbau einer sozialistischen Gesellschaft. Auch die Zugehörigkeit von (1982) 20.000 jungen DDR-Bürgern im Alter von 18 bis 25 Jahren zu den Reihen der 158.000 Freiwilligen Helfer der Deutschen Volkspolizei (DVP) wird als „Ausdruck der sozialistischen Demokratie“ (JW 25./26. 9. 1982, S. 3) begriffen. IV. Bildungspolitik Als Erfolge der J.-Politik gelten ferner: 1. Beseitigung von Bildungsbarrieren durch die Schaffung der Einheitsschulen und von Zentralschulen auf dem Lande und die Einführung der obligatorischen 10klassigen allgemeinbildenden polytechnischen Oberschule (Einheitliches sozialistisches Bildungssystem). 2. Abbau der beruflichen Benachteiligung der Mädchen und Frauen. V. Jugend in Ausbildung und Beruf Zu den Gebieten der J.-Politik zählen auch: J.-Arbeitsschutz, J.-Förderungsplan und der Beitrag der J. zur Steigerung der Arbeitsproduktivität. Auf arbeitsrechtlichem Gebiet konkretisierte sich die J.-Politik der SED zunächst in dem bereits im Arbeitsgesetz vom 19. 4. 1950 niedergelegten und in Art. 24 der Verfassung von 1968 i. d. F. vom 7. 10. 1974 ebenfalls enthaltenen Prinzip, daß Jugendliche das Recht auf gleichen Lohn für gleiche Arbeitsleistung haben. Ferner gelten für Jugendliche besondere Arbeitsschutzanordnungen und Arbeitszeitregelungen (Arbeitsrecht). Bedeutsamer sind die über diese Maßnahmen hinausgehenden Bestimmungen zur beruflichen Ausbildung und vor allem die spezifischen Förderungsmaßnahmen, die im J.-Gesetz und im Arbeitsgesetzbuch (AGB) angeordnet werden. In jährlich zwischen Betriebsgewerkschaftsleitung (BGL) und Betriebsleiter unter aktiver Beteiligung der FDJ im Rahmen des Betriebskollektivvertrages (BKV) abzuschließenden J.-Förderungsplänen, die zugleich eine Reihe betrieblicher und staatlicher Maßnahmen zugunsten der J. enthalten (Weiterqualifizierung, J.- und Sporteinrichtungen usw.), soll die J. angehalten werden, ihren Beitrag zur Steigerung der Arbeitsproduktivität zu leisten. VI. Jugendförderung Die J.-Förderungspläne wurden am 4. 2. 1954 durch die 5. AO zum (1.) J.-Gesetz von 1950 eingeführt. Sollten sie anfänglich der beruflichen und kulturellen Förderung der J. dienen, so bestimmte die AO des 1. Stellv. des Ministerrates für den J.-Förderungsplan im Jahre 1963, es sei die Arbeit in Jugendbrigaden, J.-Abteilungen, J.-Schichten und anderen ständigen und zeitweiligen J.-Kollektiven die „beste, tausendfach bewährte Form für die Förderung der Initiative und für die sozialistische Entwicklung unserer Jugend“. Der J.-Förderungsplan beruht seit seiner Verkündung auf § 55 des J.-Gesetzes. Alljährlich wird die Rahmen-VO der Regierung, die auch die Finanzierung des J.-Förderungsplans ordnet, ergänzt durch örtliche J.-Förderungspläne in den Betrieben, LPG, Städten und Gemeinden. Daran wirken neben der FDJ die Volksvertretungen, Betriebsleitungen, die Leitungen des FDGB, des DTSB und der GST mit. Die J.-Förderungspläne sind Teil der Gesamtplanung der Betriebe, Kreise und Gemeinden. Allerdings werden sie z.T. immer noch als bloßes „Anhängsel“ der Planung betrachtet. In seinem kleineren Teil dient der J.-Förderungsplan der beruflichen und kulturellen Förderung der J., in der Hauptsache jedoch ist er ein Finanzierungsinstrument wirtschaftlicher Erfordernisse innerhalb des sozialistischen Wettbewerbs in den Betrieben. Als Teil der Wirt[S. 686]schaftspläne der Betriebe sowie überregionaler Produktionsobjekte (z.B. „Erdgastrasse“ oder 1974 „FDJ-Aufgebot DDR 30“) besitzen die J.-Förderungspläne rein ökonomischen Charakter. Der J.-Förderungsplan regelt insbesondere die Teilnahme der J. am Sozialistischen Wettbewerb in speziellen, „jugendgemäßen“ Formen. Das „Konto junger Sozialisten“ gehört zu den J.-Förderungsplänen. VII. Berufswettbewerb und Masseninitiativen Bestandteil des sozialistischen Wettbewerbs ist der von der Betriebsleitung und der Berufsschule in Zusammenarbeit mit FDJ und FDGB organisierte Berufswettbewerb der Lehrlinge. Seine Ziele sind der nachweisbare Erwerb guter beruflicher Kenntnisse und Fertigkeiten, die abrechenbare Mitarbeit an der Erreichung der betrieblichen Planziele und „gesellschaftliches Verhalten und gesellschaftliche Tätigkeit“ auf der Basis der schulischen Lehrpläne, der betrieblichen Planung und der Zielsetzungen und Vorgaben der FDJ. Hervorragende Leistungen werden durch staatliche Auszeichnungen anerkannt. Die Gesamtheit der Lehrlinge nimmt am Berufswettbewerb teil. Bestandteil des sozialistischen Wettbewerbs sind die von der FDJ ausgelösten ökonomischen Masseninitiativen. So war es das Ziel der FDJ, im Planjahr 1984 99,5 Mill. Arbeitsstunden einzusparen, 1,97 Mrd. Mark Nutzen in der FDJ-Aktion „Materialökonomie“ zu erwirtschaften, 484.000 Tonnen Schrott und 99.000 Tonnen Altpapier der Wiederverarbeitung zuzuführen, 15.600 Wohnungen zu modernisieren und in der Landwirtschaft die Futterkosten um 63 Mill. Mark zu senken. Der nach Umfang und Bedeutung wichtigste Bestandteil des Beitrags der J. zur Lösung der betrieblichen und der gesamtgesellschaftlichen Aufgaben ist die Arbeit in den J.-Kollektiven, die als Jugendbrigaden (Jugendobjekte) bezeichnet werden, sowie die Beteiligung an der Neuererbewegung (Sozialistischer Wettbewerb) in jugendspezifischen Formen (Messe der Meister von Morgen [MMM]). VIII. Sozialpolitische Maßnahmen Als Erfolge der sozialistischen J.-Politik gelten ferner die sozialpolitischen Maßnahmen zur Förderung junger Ehen, für Studenten und Lehrlinge sowie für junge Mütter wie: Geburtenbeihilfe, Arbeitszeit- und Urlaubsregelung, Gewährung von Krediten und der mit der Geburt von Kindern verbundene Krediterlaß, Schulspeisung, Stipendien für 90 v.H. der Studenten, Internatsplätze und finanzielle Förderung für Studentinnen mit Kind. Ferner die Maßnahmen und Erfolge auf dem Gebiete des Sports, der Wehrerziehung und der Kulturpolitik (Ausbildungsförderung). IX. Jugendweihe und Arbeiterweihe Alle Maßnahmen der J.-Politik im Bildungs- und Ausbildungssektor, in der Arbeitswelt, auf dem Gebiet der Sozial-, Sport-, Wehr- und Kulturpolitik sind eng verknüpft mit dem Grundziel der „Entwicklung und Festigung des sozialistischen Bewußtseins“. Dieser Zielsetzung dienen auch 2 spezielle Formen politisch-moralischer Erziehung: die Jugendweihe und die sog. Arbeiterweihe. Markiert die J.-Weihe die „Aufnahme in das aktive gesellschaftliche Leben“, so wird z.B. seit dem Jahr 1973 in zunächst einzelnen Betrieben der Deutschen Post im Bezirk Neubrandenburg auch die Aufnahme der Lehrlinge in das Betriebskollektiv in „würdiger Form gestaltet“. Seit dem gemeinsamen Beschluß des Zentralkomitees der SED, des Ministerrats der DDR, des Bundesvorstandes des FDGB und des Zentralrats der FDJ vom 7. 12. 1976 über Fragen der Berufsbildung, der auch „von neuen Traditionen bei der Aufnahme der jungen Facharbeiter in die Arbeitskollektive“ spricht, hat sich die Zahl der Arbeiterweihen stark erhöht. Das Facharbeiterzeugnis, der erste Arbeitslohn, der Betriebsausweis, gelegentlich auch ein Satz Werkzeuge und eine Urkunde über die Zugehörigkeit zur Arbeiterklasse werden in einer Feierstunde, die teilweise nach sowjetischem Vorbild als Arbeiterweihe bezeichnet wird, von Aktivisten oder Arbeiterveteranen überreicht. Die jungen Facharbeiter geloben, „durch ihre Arbeitstaten den revolutionären Arbeitsruhm des Betriebes (Kombinates, der Brigade usw.) zu mehren“. So meldet der Bezirk Neubrandenburg, daß im Jahr 1976 44 v.H. und 1977 bereits 85 v.H. aller auslernenden Lehrlinge an Arbeiterweihen teilgenommen hätten. Mit Hilfe dieser Weihen sucht die SED die Herausbildung sozialistischen Bewußtseins bei den Jugendlichen zu fördern und damit das Hauptziel ihrer politisch-ideologischen Erziehung in den Schulen und Universitäten sowie den Schulungsveranstaltungen von FDJ und JP zu unterstützen. Die hohe Zahl der Ehescheidungen, zunehmender Alkoholmißbrauch Jugendlicher, die Jugendhilfe und die Kriminalität der J. sowie der hohe Stellenwert, der der Erziehung zu bewußter Disziplin beigemessen wird, deuten auf ungelöste Probleme in der J.-Politik der SED-Führung hin. Arnold Freiburg Literaturangaben Freiburg, Arnold, u. Christa Mahrad: FDJ. Der soz. Jugendverband der DDR. Opladen: Westdeutscher Verl. 1982. Friedrich, Walter: Jugend und Jugendforschung. Berlin (Ost): Deutscher Verl. d. Wissenschaften 1976. Gert, Werner: Jugend im Großbetrieb. Berlin (Ost): Deutscher Verl. d. Wissenschaften 1979. [S. 687]Grandke, Anita: Junge Leute in der Ehe. Berlin (Ost): Staatsverl. d. DDR 1977. (Recht in unserer Zeit. 6.) Jugend im doppelten Deutschland. Hrsg. Walter Jaide und Barbara Hille. Opladen: Westdeutscher Verl. 1977. Mehlhorn, Gerlinde, u. Hans-Georg Mehlhorn: Junge Neuerer im Prisma der Forschung. Berlin (Ost): Dietz 1982. Starke, Kurt: Jugend im Studium. Berlin (Ost): Deutscher Verl. d. Wissenschaften 1979. Ternick, Wolfgang: Jung sein bei uns. Berlin (Ost): Staatsverl. d. DDR 1981. (Recht in unserer Zeit. 36.) <LI>Wörterbuch zur sozialistischen Jugendpolitik. Berlin (Ost): Dietz 1975. Fundstelle: DDR Handbuch. 3., überarbeitete und erweiterte Auflage, Köln 1985: S. 683–687 Jüdische Gemeinden A, B, C, D, E, F, G, H, I, J, K, L, M, N, O, P, Q, R, S, T, U, V, W, Z Jugendaustausch, Innerdeutscher

Jugend (1985) Siehe auch die Jahre 1962 1963 1965 1966 1969 1975 1979 I. Begriff, Umfang, Zusammensetzung Die Begriffe J. und Jugendlicher werden mit unterschiedlicher Bedeutung verwendet. Sprachgebrauch und Strafrecht unterscheiden zwischen den bis zu 13jährigen Kindern, den 14- bis unter 18jährigen Jugendlichen und den Erwachsenen von 18 Jahren und älter (den Status des Heranwachsenden von 18 bis unter 21 Jahren gibt es im Strafrecht der DDR nicht). Arbeitsrecht und Zivilrecht…

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Personenstandswesen (1985)

Siehe auch die Jahre 1958 1959 1960 1962 1963 1965 1966 1969 1975 1979 Nach dem Gesetz über das P. (Personenstandsgesetz) vom 4. 12. 1981 (GBl. I, S. 421) (zuvor: Gesetz über das P. vom 16. 11. 1956 — GBl. I, S. 1283 — i. d. F. des Änderungsgesetzes vom 13. 10. 1966 — GBl. I, S. 87) sind für die Durchführung der Aufgaben des P. das Ministerium des Innern (MdI), der Magistrat von Berlin (Ost) (Berlin, XVII.) und die Räte der Bezirke sowie die Räte der Kreise, Städte, Stadtbezirke und Gemeinden (Örtliche Organe der Staatsmacht) verantwortlich. Bei den Räten der Kreise bestehen Urkundenstellen, bei den Räten der Städte, Stadtbezirke und Gemeinden Standesämter. In staatlichen Einrichtungen des Gesundheitswesens oder in Einrichtungen des staatlichen Bestattungswesens können Nebenstellen der Standesämter eingerichtet werden. Die Standesämter nehmen Anzeigen über Geburten und Sterbefälle sowie Anträge auf Eheschließung entgegen und nehmen Eheschließungen vor. Sie beurkunden den Personenstand durch Eintragungen in das Geburten-, Ehe- und Sterbebuch (Personenstandsbücher). Den Urkundenstellen obliegt die Weiterführung der von den Standesämtern nach Ablauf eines Kalenderjahres übergebenen Personenstandsbücher. Die Standesämter und Urkundenstellen sind berechtigt, entsprechend den Bestimmungen des Personenstandsgesetzes Personenstandsurkunden (Geburts-, Heirats- oder Sterbeurkunden) auszustellen, die die gleiche Beweiskraft haben wie die Eintragungen in den Personenstandsbüchern (Freiwillige Gerichtsbarkeit). Nach internen Weisungen erhalten Bewohner der Bundesrepublik Deutschland einschließlich Berlin (West) keine Personenstandsurkunden, wenn erkennbar ist, daß diese zum Zwecke des Lastenausgleichs oder der Wiedergutmachung benötigt werden. Es ist deshalb zweckmäßig, bei der Anforderung von Personenstandsurkunden den Zweck darzulegen. Auf Anforderung der Standesämter in der Bundesrepublik Deutschland sind verschiedentlich Personenstandsurkunden durch die Organe der DDR zugeschickt worden. Das Standesamt~I in 104 Berlin, Rückerstraße 8, besitzt Standesamts-Zweitbücher aus den Gebieten östlich der Oder und Neiße. Fundstelle: DDR Handbuch. 3., überarbeitete und erweiterte Auflage, Köln 1985: S. 981 Personenkult A, B, C, D, E, F, G, H, I, J, K, L, M, N, O, P, Q, R, S, T, U, V, W, Z Persönlichkeitstheorie, Sozialistische

Siehe auch die Jahre 1958 1959 1960 1962 1963 1965 1966 1969 1975 1979 Nach dem Gesetz über das P. (Personenstandsgesetz) vom 4. 12. 1981 (GBl. I, S. 421) (zuvor: Gesetz über das P. vom 16. 11. 1956 — GBl. I, S. 1283 — i. d. F. des Änderungsgesetzes vom 13. 10. 1966 — GBl. I, S. 87) sind für die Durchführung der Aufgaben des P. das Ministerium des Innern (MdI), der Magistrat von Berlin (Ost) (Berlin, XVII.) und die Räte der Bezirke sowie die Räte der Kreise, Städte, Stadtbezirke und…

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Renten (1985)

Siehe auch die Jahre 1953 1954 1956 1958 1959 1960 1962 1963 1965 1966 1969 1975 1979 1. Entwicklung und rechtliche Grundlagen. Jeder Sozialversicherte der DDR hat Anspruch auf R. im Alter und bei Invalidität, für die Folgen von Arbeitsunfällen oder von anerkannten Berufskrankheiten. Anspruch auf R. haben außerdem Hinterbliebene eines Sozialversicherten. Ein höherer R.-Anspruch kann durch eine Freiwillige Zusatzrentenversicherung (Sozialversicherungs- und Versorgungswesen, VII.) bei der Sozialversicherung (SV) erworben werden. In besonderen Fällen besteht zusätzlich ein Anspruch auf Pflegegeld. Das bis in die zweite Hälfte der 60er Jahre hinein geltende R.-Recht gestattete den Rentnern in der DDR nur eine bescheidene Lebensführung. Ende 1967 lag die durchschnittliche Alters- und Invaliden-R. bei nur ca. 165 Mark monatlich. Zum 1. 7. 1968 wurde ein neues R.-Recht mit neuen Berechnungsgrundlagen eingeführt, das allen nach dem 1. 7. 1968 zugehenden Neurentnern eine mehr als ein Drittel höhere R. festsetzte. Der große Bestand der Altrentner mußte sich zunächst mit einigen geringfügigen Erhöhungen begnügen. Die unterschiedliche Höhe von Alt- und Neu-R. wurde erst mit Wirkung zum 1. 9. 1972 grundsätzlich beseitigt. Weitere Leistungsverbesserungen in den Jahren 1972, 1973, 1976 und 1979 hatten insbesondere die dreimalige Erhöhung der Mindest-R. zum Gegenstand. Aus Gründen der Übersichtlichkeit ist das R.-Recht der Sozialpflichtversicherung nochmals neu gefaßt worden: Seit dem 1. 1. 1980 gilt die (1.) VO über die Gewährung und Berechnung von Renten der Sozialpflichtversicherung — Rentenverordnung — mit ihrer 1. Durchführungsbestimmung (GBl. I, 1979, S. 401–422). Zum 1. 12. 1984 (in einigen Punkten erst zum 1. 12. 1985) wird eine 2. Renten-VO der Sozialpflichtversicherung in Kraft treten (GBl. I, 1984, S. 281). Sie hat Leistungsverbesserungen — insbesondere eine abermalige Erhöhung der Mindest-R. — zum Inhalt. Die (1.) Renten-VO der Sozialpflichtversicherung von 1979 behält aber hinsichtlich der Grundsätze für die Gewährung und Berechnung von Renten der Pflichtversicherung weiterhin Gültigkeit. 2. Die Rentenarten. Altersrenten werden grundsätzlich nach mindestens 15jähriger versicherungspflichtiger Tätigkeit (einschließlich der Zeiten einer freiw. R.-Versicherung bei der SV) und Erreichen der Altersgrenze (Männer 65, Frauen 60 Jahre) gewährt. Allerdings erhalten Frauen, a) die mehr als 2 Kinder geboren oder erzogen haben, für das 3. und jedes weitere Kind, und jene, b) die wegen Betreuung eines ständig pflegebedürftigen Angehörigen nicht arbeiten konnten, für je 4 Pflegejahre jeweils 1 Jahr auf die geforderte Vorversicherungszeit angerechnet. Vom 1. 12. 1985 an sollen die Jahre für die Betreuung eines ständig pflegebedürftigen Angehörigen voll als versicherungspflichtige Tätigkeit anerkannt werden. Für Frauen, die 5 und mehr Kinder geboren haben, besteht seit dem 1. 7. 1973 Anspruch auf Alters-(oder Invaliden-)R. (seit dem 1. 12. 1979 270 Mark; ab 1. 12. 1984 300 Mark), auch wenn die geforderte Vorversicherungszeit nicht erreicht wird. Eine ähnliche Regelung, die auf Ausgleich der durch [S. 1118]Mutterschaft und Kindererziehung bedingten Nachteile gerichtet ist, findet sich bei der Ermittlung der für die R.-Berechnung wichtigen Versicherungszeiten: Frauen erhalten für jedes vor R.-Beginn geborene oder vor Vollendung des 8. Lebensjahres a) an Kindes Statt angenommene Kind, b) aufgenommene Stiefkind und jedes Enkelkind (nach dem Tod der Mutter) und jedes c) aufgenommene Pflegekind, wenn später die Annahme an Kindes Statt erfolgte, eine Zurechnungszeit von einem Jahr. (Bei 3 und mehr Kindern soll die Zurechnungszeit vom 1. 12. 1984 für jedes Kind 3 Jahre betragen.) Frauen werden als weitere Zurechnungszeiten angerechnet nach einer versicherungspflichtigen Tätigkeit von mindestens 20 Jahren 1 Jahr, 25 Jahren 2 Jahre, 30 Jahren 3 Jahre, 35 Jahren 4 Jahre und 40 und mehr Jahren 5 Jahre. Einschließlich der Zurechnungszeiten, zu denen auch Jahre der Arbeitslosigkeit vor 1946 zählen und sieben Zehntel der Bezugszeit der wegen Invalidität oder eines Körperschadens von wenigstens zwei Dritteln gewährten R. (ab 1. 12. 1985 sollen diese Bezugszeiten nicht mehr zu sieben Zehntel, sondern in vollem Umfang berücksichtigt werden), darf die anrechenbare Versicherungszeit 50 Jahre nicht übersteigen. Die monatliche Alters-R. errechnet sich aus 1. einem Festbetrag von 110 Mark (ab 1. 12. 1985 140 Mark), 2. einem Steigerungsbetrag in Höhe von 1 v.H. des Durchschnittverdienstes für jedes Jahr einer versicherungspflichtigen Tätigkeit und für die Zurechnungszeiten und 0,85 v.H. der insgesamt zur (früheren) freiwilligen R.-Versicherung der SV gezahlten Beiträge. Als Durchschnittsverdienst gilt grundsätzlich der in den letzten 20 Kalenderjahren vor Beendigung der letzten versicherungspflichtigen Tätigkeit — frühestens ab 1946 — erzielte beitragspflichtige monatliche Durchschnittsverdienst, der wegen der bestehenden Beitragsbemessungsgrenze von 600 Mark diese nicht überschreiten kann (Sozialversicherungs- und Versorgungswesen, IV.). Die Alters-R. werden nach unten durch Mindestrenten begrenzt. Sie betragen für Anspruchsberechtigte mit weniger als 15 Arbeitsjahren (versicherungspflichtige Zeiten und Zurechnungszeiten) 270 Mark (ab 1. 12. 1984 300 Mark), mit wenigstens 15 Arbeitsjahren 280 Mark (ab 1. 12. 1984 310 Mark); danach erhöht sich die Mindest-R. in Abständen von 5 weiteren Arbeitsjahren um jeweils 10 Mark, und erreicht bei 45 und mehr Arbeitsjahren den Höchstbetrag von 340 Mark (ab 1. 12. 1984 370 Mark). Invalidenrenten werden bei Invalidität gewährt. Sie liegt vor, wenn durch Krankheit, Unfall oder sonstige geistige oder körperliche Schädigung das Leistungsvermögen und der Verdienst um mindestens zwei Drittel gemindert sind und die Minderung des Leistungsvermögens in absehbarer Zeit nicht durch Heilbehandlung behoben werden kann. Empfänger eines Blinden- oder Sonderpflegegeldes gelten als invalide. R.-Anspruch besteht grundsätzlich nur dann, wenn die Invalidität während einer — mindestens 5jährigen ununterbrochenen — versicherungspflichtigen Tätigkeit oder in den darauf folgenden 2 Jahren eintritt und in der vorher bis zum 16. Lebensjahr zurückreichenden Zeit mindestens zur Hälfte Versicherungspflicht bestand sowie auch die für die Alters-R. geforderten Vorversicherungszeiten erfüllt sind; die (Hoch-)Schulausbildung muß beendet sein. Seit dem 1. 7. 1973 erhalten auch solche DDR-Bürger, die wegen Invalidität keine Berufstätigkeit aufnehmen und sich keinen R.-Anspruch erwerben konnten, vom vollendeten 18. Lebensjahr an für die Dauer der Invalidität eine R. von zur Zeit 270 Mark (ab 1. 12. 1984 300 Mark). Die Invaliden-R. werden grundsätzlich wie Alters-R. berechnet. Dies gilt auch für die wegen Arbeitslosigkeit, Mutterschaft und Invaliditäts-, Unfall- und Kriegsbeschädigtenrentenbezuges gewährten Zurechnungszeiten, wobei die Obergrenze von dem zwischen der Vollendung des 16. Lebensjahres und dem Eintritt der Invalidität liegenden Zeitraum gesetzt wird. Darüber hinaus werden 70 v.H. der zwischen dem R.-Beginn und der Vollendung des 65. Lebensjahres liegenden Zeit als Zurechnungszeit berücksichtigt. Vom 1. 12. 1984 soll die Zeit zwischen dem R.-Beginn und der Vollendung des 65. Lebensjahres zu 100 v.H. als Zurechnungszeit anerkannt werden; allerdings dürfen die Zeit der versicherungspflichtigen Tätigkeit und die Zurechnungszeiten insgesamt 50 Jahre nicht überschreiten. Seit September 1972 können Invalidenrentner einen Arbeitsverdienst mindestens bis zur Höhe des jeweiligen Mindestbruttolohnes (z. Z. 400 Mark) erzielen, ohne daß ihnen die Invaliden-R. entzogen wird. Für einen auf Kriegsbeschädigung beruhenden Körperschaden von mindestens zwei Dritteln wird eine Kriegsbeschädigtenrente von monatlich 340 Mark gezahlt (ab 1. 12. 1984 370 Mark) (Kriegsopferversorgung). Zu den Alters-, Invaliden- und Kriegsbeschädigten-R. wird ggf. ein Ehegattenzuschlag von 100 Mark (ab 1. 12. 1985 150 Mark) und ein Kinderzuschlag von 45 Mark gezahlt (Kinderbeihilfen). Anspruch auf Ehegattenzuschlag besteht grundsätzlich für Ehegatten ohne eigene R., die älter als 60 bzw. 65 Jahre oder invalide sind oder als Ehefrauen ein Kind unter 3 oder 2 Kinder unter 8 Jahren haben. Anspruch auf Kinderzuschlag besteht für leibliche oder an Kindes Statt angenommene Kinder sowie grundsätzlich für alle unterhaltenen Stief-, Enkel- und Pflegekinder mindestens bis zum vollendeten 16. Lebensjahr bzw. bei Ausbildungsunfähigkeit bis zum 18. Lebensjahr. Bis zur Beendigung der Lehrausbildung wird dann gezahlt, wenn das Lehrverhältnis unmittelbar im Anschluß an die Schulentlassung oder vor Vollendung des 18. Lebensjahres beginnt. Für die Dauer eines (Fach-)Hochschulstudiums wird Kinderzuschlag gewährt, wenn die Ausbildung unmittelbar im Anschluß an die Schulentlassung, ein Lehrverhältnis, ein Vorpraktikum oder vor Vollendung des 25. Lebensjahres aufgenommen wird (Ausbildungsförderung). Anspruch auf Unfall-Rente besteht für den Versicherten, der durch Arbeitsunfall oder Berufskrankheit einen Körperschaden von mindestens 20 v.H. erlitten hat. Die Unfall-R. erreicht bei einem Körperschaden von 100 v.H. zwei Drittel des letzten beitragspflichtigen [S. 1119]Verdienstes. Wegen der Leistungsbemessungsgrenze von 600 Mark kann die Unfallrente höchstens 400 Mark betragen. Bei geringerem Invaliditätsgrad werden entsprechende Teil-R. gezahlt. Hinzu treten monatliche Festbeträge von 80 Mark sowie ggf. Ehegattenzuschlag (s. Alters-R.) bei einem Körperschaden von zwei Dritteln und mehr (Mindest-R.: 340 Mark; ab 1. 12. 1984 370 Mark) und von 20 Mark bei einem Körperschaden zwischen 50 und 66⅔ v.H.; ggf. wird Kinderzuschlag in Höhe von 10 v.H. der Unfall-R. (ohne Festbeträge) bei einem Körperschaden von wenigstens 50 v.H. gewährt; er erhöht sich um einen Betrag von 20 Mark bei einem Körperschaden von zwei Dritteln und mehr. Die Gesamthöhe des Kinderzuschlages muß sich mindestens auf 45 Mark belaufen. Hinterbliebenenrenten werden gezahlt, wenn der Verstorbene die finanziellen Aufwendungen für die Familie überwiegend erbracht und zum Zeitpunkt seines Todes die Voraussetzungen zum Bezug einer Alters-, Invaliden- oder Kriegsbeschädigten-R. erfüllt hatte bzw. der Versicherte an den Folgen eines Arbeitsunfalls oder einer Berufskrankheit verstorben ist. Anspruch auf Witwen-(Witwer-)R. entsteht grundsätzlich jedoch erst bei Erreichen der Altersgrenze, bei Invalidität der Witwe (des Witwers) oder dann, wenn die überlebende Ehefrau 1 Kind unter 3 Jahren oder 2 Kinder unter 8 Jahren hat. Seit Juli 1973 erhalten auch Witwen bzw. Witwer, die noch nicht 60 bzw. 65 Jahre alt sind, eine monatliche R. von 270 Mark (ab 1. 12. 1984 300 Mark) für die Dauer von 2 Jahren („Übergangsrente“); von den Personen im Erwerbsalter erhalten ansonsten nur noch Unfallwitwen eine Rente in Höhe von 20 v.H. des beitragspflichtigen monatlichen Durchschnittsverdienstes des Verstorbenen, also allenfalls 120 Mark. Die Witwen-(Witwer-)R. wird von den Ansprüchen des Versicherten abgeleitet und beträgt grundsätzlich für Ehepartner 60 v.H. der R. des Verstorbenen (ohne Zuschläge), mindestens aber 270 Mark (ab 1. 12. 1984 300 Mark) monatlich. Die R. für Halbwaisen (leibliche oder an Kindes Statt angenommene Kinder) liegen bei 30 v.H. (mindestens 100 Mark; ab 1. 12. 1984 130 Mark) und für Vollwaisen bei 40 v.H. (mindestens 150 Mark; ab 1. 12. 1984 180 Mark) der R. des Verstorbenen (ohne Zuschläge); die Bezugsdauer entspricht der für Kinderzuschläge. Die Gesamthöhe der R. für mehrere Hinterbliebene darf die R. des Verstorbenen (einschl. Zuschläge) nicht übersteigen. Mindest-R. sind jedoch in voller Höhe zu zahlen. Abweichend hiervon betragen die R. an die Hinterbliebenen eines durch Unfall Verstorbenen bei Witwen 40 v.H. des Durchschnittsverdienstes des Verstorbenen, zuzüglich eines monatlichen Zuschlages von 70 Mark, mindestens 270 Mark (ab 1. 12. 1984 300 Mark), bei Halbwaisen 20 v.H. des Durchschnittsverdienstes zuzüglich 25 Mark, bei Vollwaisen 30 v.H. zuzüglich 35 Mark, mindestens 100 bzw. 150 Mark (ab 1. 12. 1984 130 bzw. 180 Mark) monatlich. Eine „Unterhaltsrente“ erhalten unterhaltsberechtigte geschiedene Ehegatten beim Tode des zur Unterhaltszahlung verurteilten geschiedenen Ehegatten in Höhe des gerichtlich festgesetzten Unterhaltsbetrages (höchstens 270 Mark), wenn sie die für den Bezug einer Witwen-(Witwer-)R. grundsätzlich erforderlichen Voraussetzungen erfüllen und keine eigene R. beziehen. 3. Sonderregelungen. Für einen Teil der R.-Bezieher — Angehörige bestimmter Berufsgruppen oder in Anerkennung besonderer Leistungen — gelten günstigere Regelungen. Mitarbeiter des Gesundheits- und Sozialwesens, die ununterbrochen mindestens 10 Jahre in Einrichtungen des Gesundheits- und Sozialwesens eine versicherungspflichtige Tätigkeit ausgeübt haben, erhalten für jedes Jahr ihrer dortigen Tätigkeit einen Steigerungsbetrag bei der Berechnung der Alters- bzw. Invaliden-R. von 1,5 v.H. (statt 1 v.H.). Angehörige der Kampfgruppen der Arbeiterklasse bzw. ihre Hinterbliebenen bekommen Zuschläge zu den Alters-, Invaliden- und Unfall-R. (bei Körperschaden von zwei Dritteln und mehr) in Höhe von 100 Mark (Witwen 60 Mark, Vollwaisen 40 Mark, Halbwaisen 30 Mark) dann, wenn sie den Kampfgruppen mindestens 25 Jahre angehört haben oder wegen eines Einsatzunfalles oder nach 20jähriger Zugehörigkeit wegen gesundheitlicher Untauglichkeit ausscheiden mußten. Weitere Sonderregelungen gelten für die Alters- und Invaliden-R. der Bergleute. Außer einer Bergmannsalters-R. und einer Bergmannsinvaliden-R., die mit einem höheren Prozentsatz des Durchschnittsverdienstes als Steigerungsbetrag (2 v.H.) berechnet wird, gibt es eine Bergmanns-Voll-R. für Bergleute, die das 50. Lebensjahr vollendet haben, mindestens 25 Jahre bergbaulich versichert und während dieser Zeit mindestens 15 Jahre unter Tage tätig waren, sowie eine Bergmanns-R. für Bergleute, die mindestens 5 Jahre bergbaulich versichert waren und ihre bisherige bergmännische Tätigkeit wegen Berufsunfähigkeit nicht mehr ausüben können. Allerdings werden in der bergbaulichen Versicherung höhere Abgaben von den Bergbaubetrieben entrichtet (22,5 v.H. des Bruttoentgeltes von den Betrieben, 10 v.H. von den Versicherten). Bedienstete der Polizei, des Militärs, der Zollverwaltung, der Reichsbahn, der Post und Beschäftigte im Bereich der Volksbildung erhalten R., die über den allgemeinen SV-R. liegen, obwohl der Beitragssatz für Versicherte und Arbeitgeber der gleiche ist wie für die anderen Sozialversicherten. Anerkannte „Kämpfer gegen den Faschismus“ bzw. „Verfolgte des Faschismus“ erhalten vom Erreichen der jeweils um 5 Jahre vorgezogenen Altersgrenze an oder bei Invalidität eine Ehrenpension (siehe unten). Außerdem wird ihnen eine Alters- oder Invaliden-R. in Höhe von 350 Mark gewährt, die sich allerdings auf 240 Mark vermindert, wenn auch noch Anspruch auf Altersversorgung der Intelligenz besteht. Besondere Intelligenz-R. erhalten Führungskräfte in wissenschaftlichen, künstlerischen, pädagogischen und medizinischen Einrichtungen durch VO vom 12. 7. 1951 (GBl. S. 675) bei Invalidität oder Alter in Höhe von 60 bis 80 v.H. des letzten Gehalts (höchstens 800 Mark) neben den grundsätzlich nur aus den Steigerungsbeträgen errechneten SV-R.; beide R. dürfen jedoch 90 v.H. [S. 1120]des Arbeitseinkommens nicht übersteigen. Während diese R. aus dem Staatshaushalt finanziert werden, beruhen die Zusatz-R. an die „Technische Intelligenz“ durch VO vom 17. 8. 1950 (GBl. S. 844) auf Beiträgen der Betriebe an die Staatliche Versicherung der DDR und werden in unbegrenzter Höhe neben den SV-R. gezahlt. Die Witwen erhalten generell 50 v.H., Waisen, Halbwaisen und Personen, für die der Versicherte unterhaltspflichtig war, bis zur Vollendung des 18. Lebensjahres oder solange sie sich in der Ausbildung befinden, 25 v.H. der Intelligenz-R. In geringem Umfang werden Zusatz-R. an Arbeitnehmer in Schwerpunktbetrieben in Höhe von 5 v.H. des monatlichen Nettoverdienstes der letzten 5 Jahre, wenigstens 10 Mark, gezahlt. Eine eigene, überwiegend aus Beiträgen finanzierte Zusatzversorgung besteht seit dem 1. 1. 1959 außerdem für freipraktizierende Ärzte und Zahnärzte. Sie erhebt die Beiträge, solange die Versicherten überhaupt kassenärztlich tätig sind, und sie gewährt bei Erreichung der Altersgrenze oder bei dauernder Invalidität eine einheitliche R. von 600 Mark monatlich unter Anrechnung der R. aus der SV, also ohne Berücksichtigung der Beitragszeiten und -beträge. Weitere Zusatz-R. sind die staatlichen Ehrenpensionen für besonders verdiente Bürger, die neben den SV-R. gewährt werden. Sie betragen 600–1500 Mark monatlich. Ehepartner oder Lebenskameraden erhalten 60 v.H., Halbwaisen 10 v.H. und Vollwaisen 25 v.H. des dem verstorbenen Pensionsberechtigten zuerkannten Betrages (GBl., 1952, S. 823). Für Ehrenpensionen, die an „Kämpfer gegen den Faschismus“ und „Verfolgte des Faschismus“ sowie deren Hinterbliebene gezahlt werden, gelten z. T. abweichende Regelungen (Wiedergutmachung). Eine Beamtenversorgung kennt die DDR nicht. 4. Die soziale Lage von Rentnern in der DDR. Die Höhe der R.-Einkommen in der DDR ist vergleichsweise niedrig (Sozialleistungen, Öffentliche) — u.a. auch deshalb, weil die Möglichkeit des Bezuges mehrerer SV-R. sehr begrenzt ist. So erhält eine Witwe mit eigenem R.-Anspruch nur die höhere R. voll, die andere lediglich zu 25 v.H. (ohne Zuschläge). Bei gleichzeitigem Anspruch auf Alters-R., Invaliden-R. und Kriegsbeschädigten-R. wird nur die höhere, bei Zusammentreffen mit einer Unfall-R. die niedrigere nur zu 50 v.H., gezahlt. Die niedrige SV-R. beträgt mindestens 50 Mark. Dies gilt nicht für Unfall-R. bei einem Körperschaden von weniger als zwei Dritteln, Bergmanns-R. und Unfallwitwen-R. in Höhe von 20 v.H. des beitragspflichtigen Durchschnittsverdienstes des Verstorbenen. Zuschläge für Kinder und den Ehegatten werden nur im Zusammenhang mit einer R.-Leistung gezahlt. Der Durchschnitt der Alters-R. in der DDR liegt auch unter Berücksichtigung der durch die staatliche Subventionierung des Grundbedarfs für Rentnerhaushalte höheren Kaufkraft der Mark der DDR erheblich unter dem in der Bundesrepublik Deutschland. Die zwischen 270 und 340 Mark (ab 1. 12. 1984 300 und 370 Mark) liegenden Mindest-R. gewährleisten für jeden lediglich eine Grundversorgung. Durch die Umgestaltung der Freiwilligen Zusatzrentenversicherung, die praktisch einer Aufhebung der Beitragsbemessungsgrenze von 600 Mark gleichkommt, wird allmählich eine Verbesserung der Altersversorgung für das Gros der DDR-Rentner möglich. Doch erhält auch ein 1980 berenteter DDR-Versicherter, der seit 1960 bei einem gleichbleibenden Monatsverdienst von 1000 Mark seit 1971 monatlich 40 Mark an die Freiwillige Zusatzrentenversicherung gezahlt hatte, nach einem vollen Arbeitsleben keine höhere Altersversorgung (SV-R. und Zusatzrente) als maximal 600 Mark. Die Verbesserung der Einkommenslage von Rentnern hat nicht zuletzt zu einem starken Rückgang der Berufstätigkeit von Altersrentnern (Mitte der 70er Jahre 600.000) auf derzeit 370.000 (ca. 14 v.H. der Altersrentner) geführt. Da der Staat jedoch aufgrund des immer noch herrschenden Arbeitskräftemangels an einer Weiterbeschäftigung von Rentnern stark interessiert ist, versucht er durch eine Reihe von Vergünstigungen hierfür Anreize zu schaffen: Unabhängig von der durch die Weiterbeschäftigung erzielten Höhe des Einkommens wird Altersrentnern ihre R. voll ausgezahlt. Die R. unterliegt keinerlei Abzügen, während Lohn oder Gehalt zwar versteuert, hierauf aber keine Sozialversicherungsbeiträge mehr geleistet werden müssen. Für Invalidenrentner gelten im Prinzip die gleichen Regelungen, jedoch bleibt die R. nur dann abzugsfrei, wenn das durch Erwerbstätigkeit erzielte Einkommen den Mindestlohn (400 Mark) bzw. ein Drittel des vor der Invalidität erzielten Lohnes nicht übersteigt. Das durchschnittliche Einkommen von Rentnerhaushalten in der DDR und in der Bundesrepublik Deutschland wurde unlängst vom Deutschen Institut für Wirtschaftsforschung in Berlin (West) errechnet und dabei für alle Rentnerhaushalte in der DDR ein monatliches Durchschnittseinkommen, ohne Einkünfte aus Erwerbstätigkeit, von 560 Mark im Jahre 1982 (1960: 220 Mark) ermittelt. In der Bundesrepublik Deutschland lag das Einkommen in gleichartigen Haushalten 1982 bei 2.037 DM (1960: 504 DM). Die Relationen im Einkommen von DDR-Rentnern zu westdeutschen Rentnerhaushalten (1960: 44 zu 100; 1982: 28 zu 100) haben sich somit nominal stark verschoben. Die hohen Preissteigerungen in der Bundesrepublik haben die Kaufkraft der westdeutschen Einkommen aber deutlich beeinträchtigt (Lebensstandard). Fundstelle: DDR Handbuch. 3., überarbeitete und erweiterte Auflage, Köln 1985: S. 1117–1120 Rentabilität A, B, C, D, E, F, G, H, I, J, K, L, M, N, O, P, Q, R, S, T, U, V, W, Z Rentenversicherung, Freiwillige

Siehe auch die Jahre 1953 1954 1956 1958 1959 1960 1962 1963 1965 1966 1969 1975 1979 1. Entwicklung und rechtliche Grundlagen. Jeder Sozialversicherte der DDR hat Anspruch auf R. im Alter und bei Invalidität, für die Folgen von Arbeitsunfällen oder von anerkannten Berufskrankheiten. Anspruch auf R. haben außerdem Hinterbliebene eines Sozialversicherten. Ein höherer R.-Anspruch kann durch eine Freiwillige Zusatzrentenversicherung (Sozialversicherungs- und Versorgungswesen, VII.) bei der…

DDR A-Z 1985

Antisemitismus (1985)

Siehe auch die Jahre 1960 1962 1963 1965 1966 1969 1975 1979 Mit der Beseitigung der wirtschaftlichen und gesellschaftlichen Wurzeln des Faschismus gilt offiziell auch der A. in der DDR als überwunden. Berichte über antisemitische Äußerungen und Handlungen in der DDR erscheinen nicht in der Presse. Die DDR erkennt keine Folgeverantwortung für deutsche Verbrechen an Juden während des Dritten Reiches für außerhalb ihres Staatsgebietes lebende Personen an und leistet auch keine Wiedergutmachung an Israel oder internationale jüdische Organisationen. Ein im November 1976 seitens der Zentralleitung des Komitees der Antifaschistischen Widerstandskämpfer der New Yorker „Konferenz über jüdische Ansprüche gegenüber Deutschland“ unterbreitetes DDR-Angebot, „bedürftigen Bürgern der USA jüdischen Glaubens, die vom Naziregime verfolgt wurden, aus humanitären Gründen einmalig eine finanzielle Unterstützung“ zu gewähren (ND 23. 11. 1976), lehnten diese Konferenz und Nahum Goldmann als Leiter des Genfer Büros für die jüdischen Wiedergutmachungsansprüche wegen der geringen Summe von 1 Mill. Dollar als nicht ernstzunehmen ab. Die DDR verfolgt eine „antizionistische Politik“. In den Auseinandersetzungen im Nahen Osten nimmt sie eindeutig Partei für die palästinensischen Befreiungsorganisationen und gegen Israel. Sog. zionistische Veröffentlichungen können in der DDR nicht erscheinen; auch Sprecher der Jüdischen Gemeinden der DDR haben distanzierende Erklärungen zu Problemen des Zionismus abgegeben. Der Schriftsteller Stephan Heym hat 1982 auf antisemitische Gefühle in der DDR-Bevölkerung hingewiesen, die aber wegen der geringen Zahl jüdischer Bürger kaum zum Tragen kämen. In den Jahren zuvor hatten Kirchenvertreter mehrfach antisemitische Vorfälle beklagt. 1975 widersprachen die evangelischen Bischöfe als einzige in der DDR öffentlich der UNO-Verurteilung des Zionismus als Rassismus. 1978 forderte die Synode des evangelischen Kirchenbundes die Christen dazu auf, darauf zu achten, „wo heute in unserer Mitte Menschen Opfer von Vorurteilen werden“, und erklärte: „Berechtigte Kritik an der Politik des heutigen Staates Israel darf nicht als eine Quelle oder als Vorwand zu neuem A. mißbraucht werden.“ (epd 28. 9. 1978) Kirchen. Fundstelle: DDR Handbuch. 3., überarbeitete und erweiterte Auflage, Köln 1985: S. 50 Antikommunismus A, B, C, D, E, F, G, H, I, J, K, L, M, N, O, P, Q, R, S, T, U, V, W, Z Apotheken

Siehe auch die Jahre 1960 1962 1963 1965 1966 1969 1975 1979 Mit der Beseitigung der wirtschaftlichen und gesellschaftlichen Wurzeln des Faschismus gilt offiziell auch der A. in der DDR als überwunden. Berichte über antisemitische Äußerungen und Handlungen in der DDR erscheinen nicht in der Presse. Die DDR erkennt keine Folgeverantwortung für deutsche Verbrechen an Juden während des Dritten Reiches für außerhalb ihres Staatsgebietes lebende Personen an und leistet auch keine…