DDR A-Z 1985

Dienstleistungsbetriebe (DLB) des Außenhandels (1985)

Siehe auch: Dienstleistungsbetriebe: 1969 1975 1979 DLB des Außenhandels sind mit ihrem Vermögen haftende juristische Personen in der Rechtsform eines VEB oder einer GmbH (die Rechtsform „GmbH“ ändert nichts an den Eigentumsverhältnissen, vgl. dazu Aktiengesellschaften), die nach dem Prinzip der wirtschaftlichen Rechnungsführung arbeiten und innerhalb der Außenwirtschaftsorganisation in Wahrung des staatlichen Außenhandelsmonopols dem Ministerium für Außenhandel unterstellt sind. Ihre Dienste, die sie im Rahmen eines zentral festgelegten Leistungsprogrammes sowohl den Außenhandelsbetrieben (AHB) als auch ausländischen Kunden anbieten, umfassen Tätigkeiten der Vermittlung, Vorbereitung, Durchführung und Kontrolle bei Außenhandelsgeschäften. Aus der Sicht der DDR haben sich in notwendiger Entsprechung zur Spezialisierung und Konzentration der Produktion auch in der Zirkulationssphäre, die den Außenhandel umfaßt, Konzentrationsprozesse vollzogen, die unter Ausnutzung der Arbeitsteilung, d.h. der Spezialisierung auf Teilfunktionen der Zirkulation, zur Herausbildung von DLB für Marktforschung, Werbung, Warenkontrolle und technische, technologische und wirtschaftliche Beratung (einschließlich des Lizenzhandels, Lizenzen) geführt haben. Sie lassen sich in 3 Untergruppen gliedern: Zu den zentralen Organen und Einrichtungen des Außenhandels zählen u.a. die DLB iberma, intercontrol und Interwerbung. Die iberma GmbH, Gesellschaft für internationale Wirtschafts- und Marktberatung, berät alle am Außenhandel beteiligten Organe und Betriebe bei der Marktbearbeitung (einschließlich der Fragen der Absatz- und Bezugsorganisation). So betreibt sie u.a. Marktforschung auf den Auslandsmärkten im Auftrag von Außenhandels- und Exportbetrieben und nimmt über Marktstudien Einfluß auf die Gestaltung der Pläne Wissenschaft und Technik (Planung, II. E.) und auf die Verbesserung der Qualität von Exporterzeugnissen. Die intercontrol GmbH, Warenkontrollgesellschaft der DDR, hat im Gesamtsystem der Qualitätssicherung (Qualität der Erzeugnisse) durch kommerzielle Warenkontrolle für den Bereich der Außenwirtschaft die Aufgabe übernommen, im Auftrag in- oder ausländischer Handelspartner am vereinbarten Kontrollort die Einhaltung vertraglich vereinbarter Gütestandards bei Im- und Exportwaren zu überprüfen. Für diese Tätigkeit unterhält sie neben ihrer Zentrale in Berlin (Ost) Zweigbüros an allen für ihre Tätigkeit relevanten Orten in der DDR, entsendet Kontrollpersonal ins Ausland bzw. arbeitet mit internationalen Kontrollgesellschaften zusammen. Die dabei erbrachten Leistungen reichen von der Qualitäts- und Quantitätskontrolle bis zu Probenanalysen in eigenen Laboratorien, zur Fertigungsaufsicht und zu Montagekontrollen. Die im Ergebnis ausgestellten Kontrollzertifikate dienen als Grundlage für die Vertragsabwicklung. Zu den Hauptaufgaben der 1957 gegründeten Interwerbung GmbH, Gesellschaft für Werbung und Auslandsmessen der DDR, gehören die Vermittlung von Werbeaufträgen für die Exportindustrie der DDR im Ausland, die Organisation von Kollektivbeteiligungen und Einzelausstellungen der AHB auf internationalen Messen sowie die außenwirtschaftliche Öffentlichkeitsarbeit. Für Werbemaßnahmen ausländischer Partner in der DDR hat Interwerbung aufgrund staatlicher AO vom 23. 7. 1968, mit Ausnahme der vom Leipziger Messeamt durchgeführten Werbeaktivitäten, ein Monopol. Mit der Steigerung des Exports kompletter Anlagen, d.h. einer durch ihre technische Kompliziertheit und hohen Kooperationsgrad gekennzeichneten Warenart, hat im Außenhandel der DDR das Engineering und damit eine spezielle Gruppe von DLB an Bedeutung gewonnen. Dies gilt nicht nur für das Engineering als Verkaufsmethode, sondern auch als Form des Exports technologischen Wissens unabhängig von der Lieferung von Anlagen. Die Verbreitung des Engineering wurde zusätzlich sowohl durch die verstärkten Bemühungen um die Wirtschaftsintegration innerhalb des Rates für Gegenseitige Wirtschaftshilfe (RGW) als auch durch die Beteiligung der DDR am Aufbau nationaler Wirtschaften in Entwicklungsländern gefördert. Dabei hat die quantitative und qualitative Zunahme der Beratungs-, Planungs- und Projektierungsleistungen im Anlagenexport zu einer Spezialisierung und Verselbständigung dieser Funktionen geführt, die nun von besonderen DLB wahrgenommen werden. Angesichts der sozialistischen Produktionsverhältnisse (staatliches Eigentum an Produktionsmitteln und zentrale staatliche Planung) wurde die Konzentration knapper Beratungsressourcen in einer der beiden Hauptformen des Engineering, den Consulting-Engineering-Büros, begünstigt. Sie arbeiten unabhängig von Produzenten und Lieferanten und nach festen Gebührensätzen. Ein Vertreter dieser Gruppe von DLB ist der 1980 gegründete VEB Industrie-Consult Berlin mit Zweigbüros in verschiedenen Teilen der DDR. Er wird als Beratungsgesellschaft tätig u.a. bei Investitionen im Bereich des Schwermaschinen- und Anlagenbaus, bei der Errichtung von Gießereien, Zement- und Tagebauanlagen, Walz- und Kraftwerken usw. Die Beratungsleistungen umfassen im Stadium der Vorbereitung von Investitionen sowohl Produkt- und Marktuntersuchungen, Infrastruktur- und Standortuntersuchungen als auch Wirtschaftlichkeits- und Durchführbarkeitsstudien sowie die Ausarbeitung von Ausschreibungsunterlagen, die Beurteilung von Offerten und die Erarbeitung von Vertragsentwürfen. Im Stadium der Realisierung von Projekten berät Industrie-Consult in Fragen der Projektierung, des Know-how und der benötigten Lizenzen, überwacht und kontrolliert die Konstruktion, Herstellung und Erprobung von Anlagenteilen und be[S. 309]rät schließlich bei der Auswahl und Ausbildung von Betriebspersonal. Einen fast identischen Katalog von Dienstleistungen erbringt der VEB agro-consult dresden auf dem Gebiet der Land- und Nahrungsgüterwirtschaft. Dieser Betrieb konzentriert sich dabei auf die technische und wirtschaftliche Beratung bei der Lieferung und Erstellung von Getreideverarbeitungsanlagen, von Einrichtungen für den Pflanzenanbau und die Tierzucht (einschließlich der Bewässerungs- und Abwasserproblematik), die Produktion von Säuglingsnahrung in Entwicklungsländern sowie die Erschließung und Nutzung von Anbauflächen. Aufgabe des 1980 gegründeten DLB intercoop, Volkseigener Außenhandelsbetrieb der DDR, sind die Entsendung von Regierungs- und anderen Beratern sowie von Spezialisten und die Vermittlung von Leistungen der beruflichen Aus- und Weiterbildung. Dies geschieht in Durchführung von völkerrechtlichen Verträgen über die wissenschaftlich-technische und kulturell-wissenschaftliche Zusammenarbeit mit Entwicklungsländern und ausgewählten sozialistischen Ländern sowie in Realisierung von Verpflichtungen, die die DDR im Rahmen ihrer Mitgliedschaft in Spezialorganisationen und Organen der UNO über die Entsendung von UNO-Experten und über die Vermittlung von Leistungen der Aus- und Weiterbildung eingegangen ist (Außenpolitik, V., Außenpolitik, VI.; Entwicklungshilfe). Eine spezielle Form der DLB bilden die Vertretergesellschaften. Ihre Hauptaufgabe besteht darin, in Wahrnehmung der Interessen ausländischer Handelspartner Geschäftsabschlüsse mit AHB der DDR zu vermitteln sowie im Rahmen genau definierter Warenbranchen Export- und Importvertretungen zu übernehmen. Beispiel hierfür ist der DLB Baltica, Außenhandelsvertretungen und Unternehmensberatungen GmbH. Sein Wirkungsbereich liegt im Schiffbau, der See- und Hafenwirtschaft (Verkehrswesen, IV.) sowie der Hochseefischerei (Fischwirtschaft) und reicht von Schiffsausrüstungen, Decksmaschinen und Schiffsantriebsanlagen über Fischbe- und -verarbeitungsanlagen für die Hoch-, Küsten- und Binnenschiffahrt sowie Investitionsgüter für Werften bis zur Brennschneidetechnik. — In ähnlicher Weise betätigt sich im Bereich des Chemie-, Agrar- und Metallurgie-Exports/Imports der DLB Camet, Industrievertretungen und Beratungen. Fundstelle: DDR Handbuch. 3., überarbeitete und erweiterte Auflage, Köln 1985: S. 308–309 Dienstleistungsbetriebe (DLB) A, B, C, D, E, F, G, H, I, J, K, L, M, N, O, P, Q, R, S, T, U, V, W, Z DIN (Deutsche Industrie-Norm)

Siehe auch: Dienstleistungsbetriebe: 1969 1975 1979 DLB des Außenhandels sind mit ihrem Vermögen haftende juristische Personen in der Rechtsform eines VEB oder einer GmbH (die Rechtsform „GmbH“ ändert nichts an den Eigentumsverhältnissen, vgl. dazu Aktiengesellschaften), die nach dem Prinzip der wirtschaftlichen Rechnungsführung arbeiten und innerhalb der Außenwirtschaftsorganisation in Wahrung des staatlichen Außenhandelsmonopols dem Ministerium für Außenhandel unterstellt sind.…

DDR A-Z 1985

Sozialversicherungs- und Versorgungswesen (1985) Siehe auch die Jahre 1953 1954 1956 1958 1959 1960 1962 1963 1965 1966 1969 1975 1979 I. Grundlagen Art. 35 Abs. 3 der Verfassung der DDR legt fest: „Auf der Grundlage eines sozialen Versicherungswesens werden bei Krankheit und Unfällen materielle Sicherheit, unentgeltliche ärztliche Hilfe, Arzneimittel und andere medizinische Sachleistungen gewährt.“ Die Art. 36 und 38 garantieren die Fürsorge der Gesellschaft im Alter und bei Invalidität [S. 1227]sowie die spezielle medizinische Betreuung, materielle und finanzielle Unterstützung bei Geburten und die Gewährung von Kindergeld. Infolge der umfassenden Versicherungspflicht in der DDR werden diese Postulate im Rahmen der Sozialversicherung (S.) zu verwirklichen versucht. Ihre Leistungen werden durch Zusatz- und Sonderleistungen, vor allem Renten sowie Beihilfen und Unterstützungen aus allgemeinen Haushaltsmitteln (Geburtenbeihilfen; Kinderbeihilfen; Sozialfürsorge) ergänzt. Die S. erfüllt eine Reihe von Aufgaben im Auftrag des Staates; so hat sie u.a. die Betreuung der früheren Beamten, der Kriegsopfer, der Verfolgten und ihrer Hinterbliebenen übernommen (Beamtenversorgung; Kriegsopferversorgung; Wiedergutmachung). II. Entwicklung Beim Wiederaufbau eines Sozialleistungssystems spielte der Freie Deutsche Gewerkschaftsbund (FDGB) vom Beginn an eine wichtige Rolle. Schon auf seinem Gründungskongreß (Februar 1946) wurde beschlossen, eine Einheitsversicherung anzustreben, die alle Versicherungszweige grundsätzlich in einem Versicherungsträger vereinen und einen einheitlichen und alle Risiken abdeckenden Beitrag erheben sollte. Noch im gleichen Jahr wurden nach diesen Grundsätzen in den 5 Ländern der SBZ S.-Anstalten errichtet. Am 28. 1. 1947 erließ die SMAD den Befehl Nr. 28 über die „Einführung eines einheitlichen Systems und von Maßnahmen zur Verbesserung der S. in der SBZ“ (Arbeit und Sozialfürsorge, 1947, S. 92), der als Anlage u.a. die grundlegende Verordnung über die S. (VSV) enthielt; die Aufgaben der Träger waren damit ebenso vereinheitlicht wie das Leistungsrecht. Durch die VO über die S. vom 26. 4. 1951 (GBl., S. 325) wurde die Verantwortung für die Leitung und die Kontrolle der S. dem FDGB übergeben. Die 5 S.-Anstalten der Länder wurden zu einer einheitlichen „Sozialversicherung, Anstalt des öffentlichen Rechts“ (mit einer Zentralverwaltung, Landes- und Kreisgeschäftsstellen) vereinigt, die vom Zentralrat der S. geleitet wurde; er wurde gesetzlicher Vertreter der S. und ihr oberstes Organ. Räte der S. entstanden in den Ländern bzw. später in den Bezirken und den Kreisen. Sie waren nun ausschließliche Organe des FDGB, deren Mitglieder von der Gewerkschaft eingesetzt wurden, die ihrerseits bei ihren Vorständen „Abteilungen für S.“ einrichtete. Die Dreiteilung (Räte, FDGB-Abteilungen, Verwaltungen) erwies sich bald als hinderlich. Um sie abzuschaffen und den FDGB zum alleinigen Träger der S. zu erheben, mußten die nicht dem FDGB unterstehenden Versichertengruppen (Selbständige, Handwerker usw.) ausgegliedert werden. Dies geschah durch VO vom 2. 3. 1956. Ihre Versicherung ging — bei Beitragserhöhung — auf die Deutsche Versicherungs-Anstalt (DVA) über. Unmittelbar darauf wurde die Zentralverwaltung der S. mit der Abt. S. des FDGB-Vorstandes zur „Verwaltung der Sozialversicherung des Bundesvorstandes des FDGB“ vereinigt. Die S.-Verwaltungsstellen wurden FDGB-Abteilungen, die Räte für S. beibehalten. Die Entwicklung zu einer auf zwei Trägern ruhenden Einheitsversicherung fand ihren vorläufigen Abschluß 1959: Die Mitglieder der Produktionsgenossenschaften wurden der DVA zugeordnet. Das Leistungsrecht der Arbeiter und Angestellten wurde nach den Grundsätzen des Gesetzbuchs der Arbeit vom 12. 4. 1961 (GBl. I, S. 27) weiterentwickelt. Am 21. 12. 1961 faßte die VO über die S. der Arbeiter und Angestellten u.a. das bis dahin geltende komplizierte Beitrags- und Leistungsrecht (mit Ausnahme des Rentenrechts) in übersichtlicher Form zusammen. Dagegen galten die rechtlichen Grundlagen für die Versicherten der DVA, die zum 1. 1. 1969 in Staatliche Versicherung der DDR umbenannt wurde, grundsätzlich weiter. Durch VO vom 15. 3. 1968 wurde schließlich das Rentenrecht umgestaltet und durch die Renten-VO vom 4. 4. 1974 (GBl. I, S. 201) erneut novelliert. Auch die 1968 eingeführte Freiwillige Zusatzrentenversicherung bei der S. wurde zum 1. 3. 1971 umgestellt. Sie ergänzt das System der Altersversorgung (siehe #807#vii. VII.). Im Anschluß an die Neuformulierung der Grundsätze des Arbeits- und Sozialrechts im Arbeitsgesetzbuch vom 16. 6. 1977 (GBl. I, S. 185) (Arbeitsrecht), wurde das Beitrags- und Leistungsrecht der S. in 4 VO neu gefaßt. In je einer VO ist seither das Beitrags- und Leistungsrecht (mit Ausnahme des Rentenrechts) der S. der Arbeiter- und Angestellten (GBl. I, 1977, S. 373) und der S. bei der Staatlichen Versicherung (GBl. I, 1978, S. 1) geregelt. Für beide Versicherungsträger gelten gleichermaßen die Renten-VO der Sozialpflichtversicherung (GBl. I, 1979, S. 401) und die VO über die freiwillige Zusatzrentenversicherung (GBl. I, 1977, S. 395). Zum 1. 12. 1984 (in einigen Punkten erst zum 1. 12. 1985) wird eine 2. Renten-VO der Sozialpflichtversicherung in Kraft treten (GBl. I, 1984, S. 281). Sie hat Leistungsverbesserungen zum Inhalt. Die (1.) Renten-VO von 1979 behält aber hinsichtlich der Grundsätze für die Gewährung und Berechnung von Renten der Pflichtversicherung weiterhin Gültigkeit. III. Organisation Die S. in der DDR besteht aus zwei Trägern: der S. beim Bundesvorstand des FDGB und der S. bei der Staatlichen Versicherung der DDR. A. Organisation der S. des FDGB Die S. der Arbeiter und Angestellten ist nach Art. 45 Abs. 3 der Verfassung durch die Gewerkschaften [S. 1228]„auf der Grundlage der Selbstverwaltung der Versicherten“ zu leiten. Die Gewerkschaften „nehmen an der umfassenden materiellen und finanziellen Versorgung und Betreuung der Bürger bei Krankheit, Arbeitsunfall, Invalidität und im Alter teil“. Die Leitung der S. der Arbeiter und Angestellten erfolgt durch den Bundesvorstand sowie die Bezirks-, Kreis- und Stadtvorstände des FDGB; die Zentralvorstände sowie die Bezirks- und Kreisvorstände der Industriegewerkschaften/Gewerkschaften; die Betriebsgewerkschaftsleitungen. Den jeweiligen Leitungsgremien des FDGB sind Räte für Sozialversicherung zugeordnet. Es handelt sich dabei um beratende Organe mit der Aufgabe, die Tätigkeit der Gewerkschaftsvorstände bzw. der Betriebsgewerkschaftsleitungen auf dem Gebiet der S. zu unterstützen. Daneben gibt es auf der Ebene der Bezirke, Kreise bzw. Städte und Betriebe Kurkommissionen, die über die Vergabe von Kuren entscheiden. Bei den Räten der S. in den Betrieben können zur Lösung spezieller Aufgaben Arbeitsgruppen für Krankenbetreuung, Renten und für Finanzen/Kontrolle gebildet werden. Zu den Aufgaben des Rates für S. im Betrieb, an dessen Spitze ein Mitglied der Betriebsgewerkschaftsleitung steht, gehören die Anleitung und Kontrolle der Bevollmächtigten für S. Die Bevollmächtigten sind gewählte Gewerkschaftsfunktionäre, die innerhalb der einzelnen betrieblichen Gewerkschaftsgruppen für den Bereich S. zuständig sind. Während auf der Ebene des Bundesvorstandes sowie der Bezirks-, Kreis- bzw. Stadtvorstände grundlegende und überregionale/überbetriebliche Planungs-, Leitungs- und Kontrollfunktionen wahrgenommen werden, organisieren und führen auf der Betriebsebene die Betriebsgewerkschaftsleitungen mit ihren Räten, Kommissionen und Bevollmächtigten für S. die unmittelbare soziale Betreuung der in den volkseigenen Betrieben und Verwaltungen Beschäftigten und ihrer Familienangehörigen durch; sie sollen zugleich dem Mißbrauch sozialer Leistungen entgegenwirken. Für die Geschäftstätigkeit der S. ist die Verwaltung der S. bei den Vorständen des FDGB zuständig. Sie ist juristische Person und gliedert sich in die Verwaltung der S. des Bundesvorstandes sowie die Verwaltung der Bezirks-, Kreis- und Stadtvorstände des FDGB, die Verwaltung der S. des Zentralvorstandes der Industriegewerkschaft Wismut (Uranbergbau). Die Verwaltungen der S. des FDGB unterstehen auf den verschiedenen Ebenen jeweils der Leitung eines Direktors. Die Direktoren werden vom Bundesvorstand bzw. von den Bezirks-, Kreis- und Stadtvorständen berufen und sind diesen rechenschaftspflichtig. Die kurzfristigen Barleistungen (Krankengeld, Schwangerschafts- und Wochenhilfe, Sterbegeld) werden zumeist durch die Lohnbüros der Betriebe ausgezahlt. — Die Versicherten der S. beim FDGB, die keinem oder nur sehr kleinen Betrieben angehören, sowie die Rentner u.ä. werden direkt von den Verwaltungen der S. bei den FDGB-Kreisvorständen betreut, die auch zur Prüfung der betrieblichen S.-Einrichtungen berechtigt sind. Die Beschäftigten der Deutschen Reichsbahn (DR) und der Deutschen Post (Post- und Fernmeldewesen) erhalten ebenfalls Leistungen durch die S. beim FDGB, doch wird ihre Altersversorgung durch eigene Versorgungskassen durchgeführt. B. Organisation der Sozialversicherung bei der Staatlichen Versicherung der DDR Für die Pflicht- und die Freiwillige Zusatzrentenversicherung derjenigen, die nicht Arbeiter oder Angestellte sind (Mitglieder von Genossenschaften und Rechtsanwaltskollegien, selbständige Gewerbetreibende, freiberuflich Tätige usw.) ist die S. bei der Staatlichen Versicherung der DDR zuständig. Sie gliedert sich in die Hauptverwaltung (HV), in Bezirks- und Kreisdirektionen z. T. mit Kreisstellen. Der Hauptdirektor der Staatlichen Versicherung wird vom Vorsitzenden des Ministerrats auf Vorschlag des Ministers der Finanzen berufen und abberufen; er ist dem Minister der Finanzen gegenüber für die gesamte Tätigkeit der Staatlichen Versicherung rechenschaftspflichtig. Der Hauptdirektor beruft die Bezirksdirektoren, diese die ihnen unterstehenden Kreisdirektoren und jene die Leiter von Kreisstellen. (Vgl. VO über das Statut der Staatlichen Versicherung der DDR vom 19. 11. 1968, GBl. II, Nr. 120.) Wie alle Staatsfunktionäre gelten auch die Leitungskader der Staatlichen Versicherung als „Beauftragte der Arbeiterklasse“ und unterliegen den Grundsätzen der Kaderpolitik. Bei der HV sowie den Bezirks- und Kreisdirektionen bestehen ehrenamtliche Beiräte für S. (BfS.). Deren Mitglieder werden auf Vorschlag von staatlichen Organen bzw. gesellschaftlichen Organisationen und von Produktionsgenossenschaften aus dem Kreis der Pflichtversicherten vom jeweiligen Direktor der Staatlichen Versicherung berufen; dabei sollen alle Versichertengruppen, insbesondere die Mitglieder der Produktionsgenossenschaften, angemessen berücksichtigt werden. Die BfS. haben unterstützende und beratende Aufgaben; sie sollen sich bei ihrer Arbeit auf Hinweise und Vorschläge der Versicherten stützen. Im übrigen vollzieht sich die Tätigkeit der Staatlichen Versicherung auf der Grundlage staatlicher Gesetze und Verordnungen, die denen der S. der Arbeiter und Angestellten gleichen. — Die Leistungsgewährung erfolgt vielfach unmittelbar durch die Produktionsgenossenschaften und kooperativen Einrichtungen, sonst durch die Kreisdirektionen bzw. -stellen. [S. 1229]<C. Regelung von Streitfällen> Zwar sind die rechtlichen Grundlagen der S. Teil des Arbeitsgesetzbuches der DDR, doch sind zur Regelung von Streitfällen nicht die Arbeitsgerichte bzw. die Konfliktkommissionen zuständig, sondern eigene Beschwerdekommissionen (BK.) für Sozialversicherung des FDGB bzw. der Staatlichen Versicherung der DDR. BK. des FDGB bestehen bei den Kreis- und Bezirksvorständen sowie beim Bundesvorstand. Die Mitglieder dieser Kommissionen werden von den Einzelgewerkschaften aus dem Kreis der Versicherten vorgeschlagen. Sie sollen über ausreichende Erfahrungen auf dem Gebiet der S. verfügen, als aktive Gewerkschafter das Vertrauen der Mitglieder haben und — bei den territorialen BK. — aus den wichtigsten Industriebetrieben des Zuständigkeitsbereichs der Kommission kommen. Nachdem die Kandidaten in Gewerkschaftsmitglieder- bzw. Vertrauensleutevollversammlungen „vorgestellt“ worden sind, werden sie von den jeweils zuständigen Kreis-, Bezirks- bzw. vom Bundesvorstand des FDGB für einen mit der Wahlperiode der wählenden Leitung identischen Zeitraum gewählt. Der Kreisbeschwerdekommission (KBK.) gehören mindestens 7, der Bezirksbeschwerdekommission (BBK.) mindestens 10, der Zentralen Beschwerdekommission (ZBK.) mindestens 14 Mitglieder an. KBK. entscheiden in einer Besetzung von 3, die BBK. in einer Besetzung von 5, die ZBK. von 7 Mitgliedern (vgl. Beschluß … zur Richtlinie über die Wahl, Aufgaben und Arbeitsweise der Beschwerdekommissionen für Sozialversicherung des Freien Deutschen Gewerkschaftsbundes vom 21. 2. 1978, GBl. I, Nr. 8, S. 109). Die BK. sollen a) durch die Entscheidung von Streitfällen den Versicherten die Gewährung der diesen zustehenden Leistungen sowie eine einheitliche Anwendung der Rechtsvorschriften sichern; b) den Versicherten während des Verfahrens den Inhalt und die sozialpolitischen Zielstellungen der Rechtsvorschriften erläutern; c) das „verantwortungsbewußte Verhalten zur Sozialversicherung“ fördern und damit „die Erkenntnis der Einheit von Rechten und Pflichten“ vertiefen; d) auf die Beseitigung von zu Streitfällen führenden Ursachen hinwirken und die Werktätigen über andere mögliche Ansprüche aufklären. Streitfälle können u.a. sein: Gewährung bzw. Nichtgewährung von Rentenleistungen, Sach- und Geldleistungen der S. (nicht jedoch Kuren); Anerkennung bzw. Nichtanerkennung von Arbeitsunfällen und Berufskrankheiten; Streitfälle aus der Freiwilligen Zusatzversicherung; Gewährung bzw. Nichtgewährung der Versorgung für Mitarbeiter der Deutschen Reichsbahn und der Deutschen Post (nicht jedoch die Feststellung von Dienstzeiten); Rückforderung zu Unrecht gewährter Geld- und Sachleistungen der S.; Rückforderungen überzahlter Renten- und Versorgungsleistungen; fehlerhafte Berechnungen und Auszahlungen von Geldleistungen durch Betriebe; Erteilung unrichtiger Verdienst- und anderer Bescheinigungen sowie das Nichteinhalten von Meldefristen durch Betriebe; Gewährung von Leistungen im Zusammenhang mit Arbeitsunfällen und Berufskrankheiten, die durch Verletzung der einschlägigen Bestimmungen durch die Betriebe entstanden sind. Alle Bescheide der Verwaltungen der S. des FDGB können vor der KBK. durch Einspruch innerhalb einer 2-Wochen-Frist angefochten werden. Einspruch kann vom Werktätigen, der Betriebsgewerkschaftsleitung, der Verwaltung der S. (als Beteiligten) sowie vom Staatsanwalt eingelegt werden. Grundsätzlich sind die KBK. erste Instanz. Gegen ihre Entscheidungen kann in der 2-Wochen-Frist bei der jeweils zuständigen BBK. Einspruch eingelegt werden. Die Entscheidung der BBK. ist endgültig. — Die ZBK. ist für die korrekte und einheitliche Auslegung bzw. Anwendung der rechtlichen Bestimmungen verantwortlich. Zu diesem Zweck kann sie auf Antrag des Vorsitzenden des Bundesvorstandes des FDGB, des Generalstaatsanwaltes oder ihres eigenen Vorsitzenden rechtskräftige Entscheidungen von KBK. und BBK. innerhalb eines Jahres nach Eintreten der Rechtskraft aufheben (Kassation). Die ZBK. kann in den von ihr annullierten Fällen selbst entscheiden oder — wenn weitere Tatsachenermittlungen notwendig sind — mit entsprechender maßgeblicher rechtlicher Beurteilung die Angelegenheit an die KBK. und BBK. zurückverweisen. Die Versicherten selbst können sich lediglich mit Eingaben an die ZBK. wenden, ohne daß diese damit zu einer Wiederaufnahme eines Verfahrens zwingend veranlaßt werden könnte. Diesen Gewerkschaftsorganen in Aufbau und Aufgaben vergleichbar sind die Beschwerdekommissionen für Sozialversicherung bei der Staatlichen Versicherung der DDR. Sie werden von den bereits erwähnten BfS. aus dem Kreis der Pflichtversicherten gewählt, wobei etwa ⅔ der Mitglieder aus den Produktionsgenossenschaften kommen sollen. IV. Finanzierung Soweit die sozialen Leistungen nicht unmittelbar aus dem Staatshaushalt finanziert werden, gehen sie auf Mittel der S. zurück. Zwar ist auch der Haushalt der S. Bestandteil des Staatshaushalts, doch bilden die beiden S.-Träger S.-Fonds, die nur zweckgebunden verwendet werden dürfen. Allerdings hat dies lediglich fiskalische Bedeutung. Denn die einer Versicherung entsprechende Orientierung der Beiträge am Ausgabevolumen in der S. fehlt weitgehend: Sie hat von Beginn an Beiträge erhoben, deren Berechnungsmodus und Höhe trotz zunehmender Ausgaben nur unwesentlich geändert worden sind. Sie war [S. 1230]deshalb mehr und mehr auf Zuschüsse aus dem Staatshaushalt angewiesen. Die S. (einschl. Sonderversorgungseinrichtungen) hatte 1983 Ausgaben in Höhe von 30,5 Mrd. Mark; dem standen nur 16,6 Mrd. Mark Einnahmen gegenüber (darunter Beiträge der Beschäftigten 7,2 Mrd. Mark, Betriebsanteil 9,4 Mrd. Mark); die Differenz (13,9 Mrd. Mark) mußte durch Zuschüsse aus dem Staatshaushalt gedeckt werden. Der einheitliche Beitrag von Arbeitern und Angestellten für alle S.-Leistungen — mit Ausnahme der auf Betriebsunfällen und Berufskrankheiten begründeten — beträgt seit 1978 10 v.H. des beitragspflichtigen Arbeitsverdienstes bis zu 600 Mark monatlich. Hinzu kommt der Beitragsanteil des Betriebes von 12,5 v.H. (im Bergbau 22,5 v.H.). Bis Ende 1977 hatte der Beitragssatz der Betriebe bei 10 bzw. 20 v.H. gelegen. Die Anhebung der betrieblichen Beitragsteile ist die Konsequenz aus der Übernahme des bisherigen Lohnausgleichs im Krankheitsfall durch die S. Für die bei der Staatlichen Versicherung Versicherten gelten Beitragssätze in unterschiedlicher Höhe. Mitglieder der Produktionsgenossenschaften des Handwerks wie auch die Mitglieder landwirtschaftlicher Produktionsgenossenschaften (einschließlich der Kooperativen Einrichtungen der Landwirtschaft) und der übrigen Produktionsgenossenschaften (z.B. Fischer, Gärtner) zahlen 10 v.H. des beitragspflichtigen Einkommens. Der Beitragsanteil der Genossenschaften selbst beträgt seit 1978 12,5 v.H. Bei den Kollegien der Rechtsanwälte (Rechtsanwaltschaft, 1) und den Kollegien Bildender Künstler sieht die Beitragsregelung Sätze von je 10 v.H. für die Mitglieder und die Kollegien vor. Für die übrigen Versicherten der Staatlichen Versicherung (selbständige Handwerker, Inhaber von Gewerbebetrieben, freiberuflich Tätige und andere selbständig Tätige sowie deren ständig mitarbeitende Ehegatten), die wie vor der Neuregelung ein Krankengeld in Höhe von 50 v.H. der beitragspflichtigen Durchschnittseinkünfte erhalten, gilt weiterhin der Beitragssatz von 20 v.H. Die Beiträge werden für die Versicherten der S. beim FDGB, für die Genossenschaftsmitglieder und die Mitglieder der Kollegien von den Betrieben bzw. Genossenschaften oder Kollegien berechnet und von ihnen an die Räte der Kreise (Abt. Finanzen) abgeführt; sie setzen ihrerseits die Beiträge für die übrigen Versicherten der Staatlichen Versicherung fest und ziehen sie ein. Für Studenten der Hoch- und Fachschulen, Empfänger von Sozialunterstützung und Insassen von Alters- und Pflegeheimen werden Pauschalbeiträge aus dem Staatshaushalt entrichtet. Neben den eigentlichen S.-Beiträgen wird von den Betrieben eine besondere Unfallumlage erhoben, deren Höhe sich nach der Lohnsumme und nach den Unfallgefahren des jeweiligen Betriebes richtet. Sie beträgt 0,3–3,0 v.H. der Bemessungsgrundlage des beitragspflichtigen Einkommens. Schließlich gehen in die S.-Fonds zunehmend Beiträge aus der Freiwilligen Zusatzrentenversicherung (FZR) ein (s. #807#vii. VII.): 1980 waren mehr als 75 v.H. aller beitrittsberechtigten Arbeiter und Angestellten und etwa 83 v.H. der beitrittsberechtigten Genossenschaftsmitglieder gleichzeitig Mitglieder der FZR. 15 v.H. der Beitragseinnahmen der S. beim FDGB beruhten 1980 auf freiwilligen Beiträgen (1971: 3 v.H.) und 18 v.H. der Beitragseinnahmen der S. bei der Staatlichen Versicherung (1971: 2 v.H.). Dennoch müssen die Ausgaben der S. 1984 (Plan) zu 46 v.H. aus dem Staatszuschuß finanziert werden. Er wird vor Beginn des Planjahres festgelegt und den Kreisverwaltungen als Normativ vorgegeben. Nichtverbrauchte Haushaltsmittel werden dem Reservefonds zugeführt, aus dessen Mitteln die innerhalb eines Fünfjahrplans eintretenden Schwankungen ausgeglichen werden sollen. V. Umfang der Versicherungspflicht Die dominierende Rolle der S. im System der sozialen Sicherung der DDR erklärt sich aus der umfassenden Versicherungspflicht. Von ihr sind — im wesentlichen — lediglich befreit gelegentlich Tätige mit geringfügigem Einkommen (insges. nicht mehr als 75 Mark monatl. bzw. 900 Mark jährl.) und Mitglieder religiöser Orden sowie Ausländer, die zur Aus- und Weiterbildung beschäftigt sind und nur eine Beihilfe zum Lebensunterhalt beziehen. Seit 1971 sind auch die Selbständigen, die mehr als 5 Personen beschäftigen, pflichtversichert. Aufgrund eines Vertrages zwischen dem Bund der Evangelischen Kirchen in der DDR und der Staatlichen Versicherung der DDR wurden mit Wirkung vom 1. 1. 1980 auch die Pfarrer und Kirchenbeamten in die S. einbezogen; über die Einbeziehung der Diakonissen wird z. Z. (Mitte 1983) noch verhandelt (Diakonie; Kirchen). Ca. 88 v.H. der Bevölkerung werden von der S. beim FDGB und rd. 12 v.H. von der S. bei der Staatlichen Versicherung betreut. VI. Leistungen Die Leistungen der S. bestehen a) im Krankheitsfalle aus freier ärztlicher und zahnärztlicher Behandlung, Krankengeld, auch für die Zeit der Behandlung in einem Krankenhaus oder Sanatorium; b) aus Schwangerschafts-, Wochenhilfe und Mütterunterstützung (Mutterschutz/Fürsorge für Mutter und Kind); c) aus Bestattungshilfe (Sterbegeld); d) aus Renten bei Invalidität, im Alter, für die Folgen von Arbeitsunfällen und bei anerkannten Berufskrankheiten und für Hinterbliebene; e) aus Pflegegeld; f) aus Unterstützung bei Pflege kranker Kinder; g) aus kostenloser Versorgung mit Arz[S. 1231]neien, Heil- und Hilfsmitteln (einschließlich Zahnersatz); h) aus der Gewährung von Kuren. Die ehemaligen Beamten und Berufssoldaten sowie deren Hinterbliebene werden von der S. mitversorgt; grundsätzlich entsprechen die Leistungen denen der S. (Beamtenversorgung; Kriegsopferversorgung). Für bestimmte Bevölkerungsgruppen (z.B. Verfolgte des Nationalsozialismus, Bergleute, Beschäftigte im Gesundheits- und Sozialbereich, Beschäftigte im Volksbildungswesen, Eisenbahner, Postbedienstete und Angehörige der Intelligenz) gibt es Sonderregelungen bei der Altersversorgung, die teils durch die S., teils aus betrieblichen oder Staatshaushaltsmitteln finanziert werden (Renten; Wiedergutmachung). Schließlich gibt es eine Anzahl besonderer Familienleistungen (Ehegattenzuschläge, Kinderbeihilfen, Geburtenbeihilfen), Leistungen der Sozialfürsorge für Bedürftige sowie Stipendien und Ausbildungsbeihilfen (Ausbildungsförderung). Unter den Leistungen dominieren somit die Sach- und Barleistungen der S. Sachleistungen werden gewährt zur Erhaltung und Wiederherstellung der Gesundheit und Leistungsfähigkeit sowie bei Mutterschaft, Geldleistungen bei vorübergehender, verminderter oder fehlender Arbeits- bzw. Erwerbsfähigkeit und fehlender Erwerbsmöglichkeit, sei es durch Krankheit (auch der Kinder), bei Quarantäne, wegen Unfalls, bei Mutterschaft oder bei Erreichen der Altersgrenze. Die Gestaltung der S.-Leistungen läßt deutliche Grundzüge erkennen: Voraussetzungen und Umfang der Leistungen sind so geformt, daß sie der (Wieder-)Aufnahme einer Arbeit förderlich und ihrer Aufgabe hinderlich sind. Ihr Ausmaß erstreckt sich bei den Sachleistungen — die grundsätzlich auch den Familienangehörigen der Versicherten zustehen — auf alles Notwendige, bei der Gewährung von Renten auf das — angesichts der hohen Rentnerzahl — verteilungspolitisch für vertretbar Gehaltene. Die sonstigen Sozialleistungen begünstigen entweder besonders qualifizierte oder privilegierte Gruppen oder folgen bevölkerungs- und gesundheitspolitischen Intentionen, wie die Familienleistungen. Hinzu treten in geringem Umfang Fürsorgeleistungen. Unübersehbar ist jedoch, daß mit der wirtschaftlichen Konsolidierung seit 1971 die ehedem vorwiegend „produktionsorientierte“ Sozialpolitik der DDR neue Züge anzunehmen beginnt. So sind in den letzten Jahren neben die bisher im wesentlichen vom Leistungsprinzip bestimmten Leistungen allmählich solche getreten, die leistungsunabhängigen, d.h. eher sozialen und humanitären Charakter tragen, vor allem im Gefolge der Beschlüsse des VIII. und IX. Parteitages der SED über neue sozialpolitische Maßnahmen. Damit ist auch eine spürbare Verbesserung der Lage der bisher im Schatten der Wohlstandsmehrung stehenden Rentenempfänger einhergegangen, mag auch ihr Lebensniveau, gemessen an dem der Berufstätigen, noch deutlich zurückbleiben. Ob insgesamt der hier dargestellte Kurs angesichts zunehmender (welt-)wirtschaftlicher Schwierigkeiten auch für die DDR seit dem Ende der 70er Jahre durchgehalten werden kann, bleibt abzuwarten. VII. Freiwillige Zusatzrentenversicherung (FZR) Die Mitte 1968 eingeführte freiwillige Versicherung auf Zusatzrente ist zum 1. 3. 1971 zu einer neuen FZR umgestaltet worden. Weitere Veränderungen sind 1977 wirksam geworden. Nunmehr dürfte die FZR ihre für längere Zeit gültige Form erhalten haben. Sie ist Bestandteil der S. und inzwischen nahezu zu einer Pflichtversicherung geworden. Die Leistungen der FZR (erhöhtes Krankengeld, Zusatzrente) werden von den Verwaltungen der S. des FDGB, den Betrieben und den Kreisdirektionen der Staatlichen Versicherung der DDR ausgezahlt. Die gegenwärtig erreichbare höchste Altersrente der Sozialpflichtversicherung von 410 Mark monatlich (ab 1. 12. 1985 440~Mark) erklärt sich u.a. aus der in der DDR niedrigen Beitragsbemessungsgrenze von 600 Mark. Mit zunehmendem, allgemeinem Anstieg der Einkommen mußte eine sich ständig vergrößernde Kluft zu den Geldleistungen der S. bei den Beschäftigten entstehen, deren Verdienst 600 Mark überstieg. Die Freiwillige Zusatzrentenversicherung (FZR) trägt nunmehr dazu bei, die Relation zwischen dem Arbeitseinkommen und bestimmten Geldleistungen der S. (Renten, Krankengeld) günstiger zu gestalten. Mehr als 75 v.H. aller beitragsberechtigten Arbeiter und Angestellten sind inzwischen der FZR beigetreten, zu der ein Beitrag von jeweils 10 v.H. von den Versicherten und Betrieben — bezogen auf die über 600 Mark liegenden Arbeitseinkünfte — abzuführen ist. Die 1971 in der FZR auf 1200 Mark monatlich bzw. die auf 14.400 Mark jährlich festgesetzte Beitragsbemessungsgrenze ist für die Arbeiter und Angestellten sowie die Genossenschaftsmitglieder zum Beginn des Jahres 1977 aufgehoben worden. Seitdem können für das gesamte Einkommen Beiträge entrichtet werden. Für freiberuflich Tätige und Selbständige gilt die Beitragsbemessungsgrenze von 14.400 Mark Jahreseinkommen dagegen weiter; sie zahlen einen Beitrag von 20 v.H. ihrer zwischen 7.200 und 14.400 Mark liegenden Jahreseinkünfte. Sind 25 Jahre Beiträge entrichtet worden, entfällt künftig vom 26. Jahr an der Beitragsanteil der Versicherten, während die Betriebe ihren Beitragsanteil weiter entrichten müssen. Für freiberuflich Tätige und Selbständige ermäßigt sich der Satz nach 25 Jahren auf 10 v.H. Gleichartige Beitragsregelung und hohe Mitglieder[S. 1232]zahl unterstreichen den Charakter der FZR als einer Quasi-Pflichtversicherung ebenso wie die Abhängigkeit der Gewährung bestimmter Krankengeldzahlungen von einer Mitgliedschaft zur FZR. Deshalb werden Pflichtversicherung zur S. und FZR auch offiziell als Einheit betrachtet. Die Wahl einer derartigen Form der verstärkten Beteiligung — anstelle einer Anhebung der Beitragsbemessungsgrenze — erklärt sich u.a. aus der Tatsache, daß bei dieser Regelung die Belastung der S. durch steigende Ansprüche relativ langsam wächst und ihr zunächst Beitragsmehreinnahmen von mehr als 2,3 Mrd. Mark (1980) gegenüberstehen. Die Mehrleistungen bestehen in einem erhöhten Krankengeld und der Zusatzrente. Die Höhe der monatlichen Zusatzaltersrente errechnet sich aus der Anzahl der FZR-Beitragsjahre und einem Beitragswert in Höhe von 2,5 v.H. des 600 Mark monatlich übersteigenden Durchschnittseinkommens. Sind z.B. für 20 Jahre aufgrund eines Durchschnittsverdienstes von 1000 Mark Beiträge entrichtet worden, so errechnet sich eine monatliche Zusatzrente von 20 × 0,025 × 400 = 200 Mark. Ähnlich wird die Zusatzinvalidenrente ermittelt. Die abgeleitete Witwenrente liegt bei 60 v.H., die Vollwaisenrente bei 40 v.H. und die Halbwaisenrente bei 30 v.H. Zweifellos wird die FZR langfristig zu einer verbesserten Altersversorgung in der DDR führen. An weitergehende Regelungen ist nicht gedacht, wie der Leiter der Abt. Sozialpolitik im Staatssekretariat für Arbeit und Löhne, Dr. Hans Rühl, anläßlich der Einführung der FZR erklärte (vgl. Arbeit und Arbeitsrecht, H. 6, 1971, S. 167 ff.): „In den nächsten Jahrzehnten wird die Rentenversorgung für Verdienste über 600 Mark monatlich (und damit über den Rahmen der Versorgung aus der Pflichtversicherung) nur noch über die freiwillige Zusatzrentenversicherung erfolgen.“ Dieser Weg sei „… eine prinzipielle Entscheidung von Partei, Regierung und Gewerkschaften. Sie gibt für die Entwicklung der Renten der Werktätigen mit einem Einkommen von mehr als 600 Mark in den nächsten Jahrzehnten eine klare Orientierung.“ Heinz Vortmann Literaturangaben Arbeitsrecht. Lehrbuch. Autorenkollektiv unter Ltg. v. Frithjof Kunze u. Wera Thiel. Berlin (Ost): Staatsverl. d. DDR 1983. Handbuch des Bevollmächtigten für Sozialversicherung. Hrsgg. v. Bundesvorstand des FDGB, überarb. v. Jürgen Teichmüller u. Erich Weigel. 10. Aufl. Berlin (Ost): Tribüne 1982. Lexikon der Wirtschaft. Versicherung. Sach-, Haftpflicht- und Personenversicherung, Sozialversicherung. 2., überarb. Aufl. Berlin (Ost): Die Wirtschaft 1982. Mitzscherling, Peter: Zweimal deutsche Sozialpolitik. Berlin: Duncker & Humblot 1978. (Deutsches Institut für Wirtschaftsforschung. Sonderheft 123.) Rentenrecht. Textausgabe mit Anm. und Sachreg. Hrsgg. v. Staatssekretariat für Arbeit und Löhne. 3., überarb. Aufl. Berlin (Ost): Staatsverl. d. DDR 1983. Ruß, Werner: Die Sozialversicherung in der DDR. Eine Untersuchung unter bes. Berücksichtigung der Zielsetzungen der marxistisch-leninistischen Sozialpolitik. 2., erg. u. akt. Aufl. Frankfurt a. M.: Fischer 1981. Thude, Günter, und Herbert Püschel: ABC der Sozialversicherung. 5. Aufl. Berlin (Ost): Tribüne 1983. Die staatliche Versicherung in der DDR. Sach-, Haftpflicht- und Personenversicherung. Hrsgg. v. Heinrich Bader. 3., überarb. Aufl. Berlin (Ost): Die Wirtschaft 1980. Vortmann, Heinz: Grundzüge der sozialen Sicherung in der DDR, in: Die Angestelltenversicherung. Hrsg.: Bundesversicherungsanstalt für Angestellte Berlin. 7/1981, S. 313–317. <LI>Weser, Horst: Versicherungs- und Beitragsrecht der Sozialversicherung in der DDR. Berlin: Verl. d. Bundesversicherungsanstalt für Angestellte Berlin 1979. Fundstelle: DDR Handbuch. 3., überarbeitete und erweiterte Auflage, Köln 1985: S. 1226–1232 Sozialstruktur A, B, C, D, E, F, G, H, I, J, K, L, M, N, O, P, Q, R, S, T, U, V, W, Z Soziologie und Empirische Sozialforschung

Sozialversicherungs- und Versorgungswesen (1985) Siehe auch die Jahre 1953 1954 1956 1958 1959 1960 1962 1963 1965 1966 1969 1975 1979 I. Grundlagen Art. 35 Abs. 3 der Verfassung der DDR legt fest: „Auf der Grundlage eines sozialen Versicherungswesens werden bei Krankheit und Unfällen materielle Sicherheit, unentgeltliche ärztliche Hilfe, Arzneimittel und andere medizinische Sachleistungen gewährt.“ Die Art. 36 und 38 garantieren die Fürsorge der Gesellschaft im Alter und bei…

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Grundrechte, Sozialistische (1985)

Siehe auch: Grundrechte: 1959 1960 1962 1963 1965 1966 Grundrechte, Sozialistische: 1969 1975 1979 Die SG. werden aus den ideologischen Prämissen des Marxismus-Leninismus abgeleitet. Nach ihnen stimmen die gesellschaftlichen und die persönlichen Interessen im Sozialismus grundsätzlich überein. Diese Interessenharmonie wird gegenwärtig allerdings nicht mehr als eine absolute in dem Sinn angesehen, daß gelegentliche Interessenkonflikte persönlicher Art völlig ausgeschlossen wären. Die SG. werden als weitgehend verwirklichte Aufgabe betrachtet; an ihrer Vervollkommnung werde unablässig gearbeitet. Der einzelne soll sich freiwillig in die sozialistische Gesellschaft einordnen; dabei soll die Freiwilligkeit durch erzieherische Einwirkung gefördert werden. Letztlich muß aber jeder Interessenkonflikt zugunsten der gesellschaftlichen Interessen gelöst werden, deren jeweiliger Inhalt von der SED-Führung kraft ihres Erkenntnismonopols verbindlich interpretiert wird. Vor diesem ideologischen Hintergrund wird die soziale Funktion der SG. sichtbar. Sie sollen der Vergesellschaftung des Menschen dienen, die Integration des Individuums in das Kollektiv bewirken und den einzelnen zum Einsatz für die von der SED festgelegten Aufgaben des sozialistischen Aufbaus mobilisieren. Die Grundrechtsdogmatik hat die allgemeinen ideologischen Aussagen in bezug auf die Integrations- und Mobilisierungsfunktion der SG. präzisiert. Im einzelnen hat sie folgende Thesen entwickelt: 1. Die Grundrechte (G.) sind zwar subjektive Rechte, aber keine Rechte gegen den Staat. Sie sollen keine „Freiheit vom Staat“, sondern eine „Freiheit zum Staat“ gewähren, die auf der „Einsicht in die Notwendigkeiten der gesellschaftlichen Entwicklung“ beruht. 2. G. und Grundpflichten bilden eine untrennbare Einheit. Dies bedeutet, daß eine allgemeine Verpflichtung besteht, von den SG. zum Wohle der sozialistischen Gesellschaft aktiv Gebrauch zu machen. Auf diese Weise werden die G. von Betätigungsmöglichkeiten in Betätigungszwänge umgedeutet. [S. 585]3. Die SG. gewinnen ihren Inhalt aus ihrer gesellschaftlichen Zweckbestimmung. Somit bilden die von der SED verbindlich festgelegten gesellschaftlichen Interessen die immanente Schranke aller G. Dies bedeutet für die Freiheit der Meinungsäußerung etwa folgendes: „Für antisozialistische Hetze und Propaganda, im besonderen für ideologische Diversion des imperialistischen Gegners, kann es in der sozialistischen Gesellschaft keine Freiheit geben, weil diese gegen die Freiheit gerichtet sind, die sich die Werktätigen im Sozialismus errungen haben“ (Staatsrecht der DDR. Lehrbuch, Berlin [Ost] 1977, S. 203). Diese SG.-Konzeption ist mit der im Völkerrecht vorherrschenden Idee angeborener und unveräußerlicher, sich allein aus der Würde des Menschen herleitender Menschenrechte schon deshalb nicht vereinbar, weil sie die G. als Bürgerrechte betrachtet, deren Geltungsgrundlage das staatlich gesetzte Recht ist. Trotzdem hat die DDR, wie die anderen Staaten des sowjetischen Hegemonialbereichs, die beiden UN-Menschenrechtskonventionen vom 19. 12. 1966 — den Internationalen Pakt über bürgerliche und politische Rechte (in Kraft seit 23. 3. 1976) und den Internationalen Pakt über wirtschaftliche, soziale und kulturelle Rechte (in Kraft seit 3. 1. 1976) —, denen die klassische Menschenrechtsauffassung zugrunde liegt, am 14. 1. 1974 ratifiziert (GBl. II, S. 58 bzw. 106). Hiernach ist die DDR völkerrechtlich verpflichtet, die im erstgenannten Pakt aufgeführten Menschenrechte und Grundfreiheiten zu achten und allen Menschen in ihrem Herrschaftsbereich zu gewährleisten sowie schrittweise alle geeigneten Maßnahmen zu ergreifen, um die volle Verwirklichung der im zweiten Pakt genannten Rechte zu erreichen. Die DDR behauptet, diese Verpflichtungen bereits erfüllt zu haben. Die Bezeichnung der SG. als Menschenrechte hält sie mit der Begründung für möglich, daß die SG. „in besonderer Weise zum Ausdruck bringen, daß der Mensch im Mittelpunkt aller gesellschaftlichen und staatlichen Bemühungen steht“ (Staatsrecht der DDR, a.a.O., S. 184). Die einzelnen SG. sind in der Verfassung von 1968 niedergelegt, die anläßlich der Verfassungsrevision von 1974 insofern keine Änderungen erfahren hat. An ihrer Spitze steht ein allgemeines Mitbestimmungs- und Mitgestaltungsrecht, zu dessen Gewährleistung in Art. 21 Abs. 2 verschiedene Formen der politischen Partizipation aufgeführt werden (Wahlen, Mitwirkung am staatlichen und gesellschaftlichen Leben, Rechenschaftspflicht der staatlichen und wirtschaftlichen Organe, Willensäußerung mittels der gesellschaftlichen Organisationen, Eingaben, Volksabstimmungen). Alle übrigen G. können aus diesem grundlegenden Teilhaberecht abgeleitet werden und besitzen im Verhältnis zu ihm geringere Bedeutung. Den zweiten Komplex bilden die sozialen G., zu denen die Rechte auf Arbeit (Art. 24), auf Bildung und Teilnahme am kulturellen Leben (Art. 25, 26), auf Freizeit und Erholung (Art. 34), auf Schutz der Gesundheit und Arbeitskraft (Art. 35), auf Fürsorge (Art. 36) und auf Wohnraum (Art. 37) gehören. An die Verkündung dieser G. schließt sich jeweils eine Aufzählung von materiellen Garantien an, deren Realitätsgehalt von der Leistungsfähigkeit und Leistungswilligkeit des Staates abhängt. Der rechtliche Gehalt dieser G. ergibt sich aus den Einzelregelungen des Arbeits-, Sozial-, Kultur- und Wohnungsrechts. Ein Streikrecht existiert nicht. Von den Freiheitsrechten stehen die politischen Rechte an erster Stelle: die Freiheit der Meinungsäußerung, der Presse, des Rundfunks und des Fernsehens (Art. 27), die Versammlungsfreiheit (Art. 28) und die Vereinigungsfreiheit (Art. 29). Alle diese Rechte stehen unter einem Verfassungsvorbehalt, der sich praktisch in den allgemein gehaltenen Bestimmungen des politischen Strafrechts und in den durch Sondergesetze festgelegten Einschränkungen auswirkt. Die persönlichen Freiheitsrechte umfassen die Freiheit der Persönlichkeit (Art. 30), das Post- und Fernmeldegeheimnis (Art. 31), die Freizügigkeit innerhalb des Staatsgebiets der DDR (Art. 32), die Unverletzlichkeit der Wohnung (Art. 37 Abs. 3), die Gewissens- und Glaubensfreiheit (Art. 20 Abs. 1 Satz 2) sowie das Recht, sich zu einem religiösen Glauben zu bekennen und religiöse Handlungen auszuüben (Art. 39 Abs. 1). Eine Auswanderungsfreiheit ist nicht vorgesehen. Die meisten dieser G. stehen unter einem Gesetzesvorbehalt, so daß ihr Umfang hauptsächlich den einschlägigen Vorschriften des Straf-, Strafprozeß-, Polizei-, Unterbringungs- und Sicherheitsrechts zu entnehmen ist. Die justiziellen G. sind außerhalb des G.-Katalogs geregelt. In diesen Zusammenhang gehören das Prinzip „nulla poena sine lege“, das Schuldprinzip und das Verbot rückwirkender Strafgesetze (Art. 99), das „Habeas-corpus-Prinzip“ (Art. 100), der Grundsatz des gesetzlichen Richters und das Verbot von Ausnahmegerichten (Art. 101), der Anspruch auf rechtliches Gehör und das Recht auf Verteidigung (Art. 102). Die Einzelheiten ergeben sich aus dem Strafprozeß- und Gerichtsverfassungsrecht (Gerichtsverfassung; Strafrecht). Schutzrechte persönlicher Natur sind der Anspruch der DDR-Bürger auf Rechtsschutz bei Aufenthalt außerhalb der DDR und das Auslieferungsverbot (Art. 33). Ausländern kann aus politischen Gründen Asyl gewährt werden (Art. 23 Abs. 3). Zu erwähnen sind auch das Eingaberecht (Art. 103) und die Staatshaftung (Art. 104). Schutzcharakter haben auch verschiedene Einrichtungsgarantien. Zu ihnen zählen die Institute von Ehe, Familie und Mutterschaft, die zusammen mit dem Mutter- und Kinderschutz sowie dem Erziehungsrecht der Eltern gewährleistet werden (Art. 38). Außerhalb des G.-Teils werden das persönliche Eigentum, das Erbrecht, das Urheber- und Erfinderrecht garantiert (Art. 11). Freilich unterliegen diese Vermögensrechte starken Einschränkungen. Der Gleichheitsgrundsatz ist für alle G. maßgebend. Als besondere Ausprägungen der allgemeinen Rechtsgleichheit werden ein Differenzierungsverbot hinsichtlich bestimmter Merkmale (Nationalität, Rasse, weltanschauliches und religiöses Bekenntnis, soziale Herkunft und Stellung) ausgesprochen und die Gleichberechtigung von Mann und Frau festgelegt (Art. 20). [S. 586]Neben den G. statuiert die Verfassung Grundpflichten. Diese werden in der Regel als Korrelat zu bestimmten G. formuliert. Dies ist der Fall bei der Verwirklichung des allgemeinen Mitbestimmungs- und Mitgestaltungsrechts (Art. 21 Abs. 3), der Pflicht zum Dienst und zu Leistungen für die Verteidigung der DDR (Art. 23 Abs. 1), der Pflicht zur Arbeit (Art. 24 Abs. 2), der Schulpflicht und der Pflicht zum Erlernen eines Berufs (Art. 25 Abs. 4) sowie bei der Erziehungspflicht der Eltern (Art. 38 Abs. 4). Gelegentlich werden auch außerhalb des G.-Katalogs selbständige Grundpflichten festgelegt, wie z.B. die Pflicht, das sozialistische Eigentum zu schützen und zu mehren (Art. 10 Abs. 2). Im Schrifttum der DDR wird zwischen politischen, ideologischen, ökonomischen und juristischen Garantien der G. unterschieden. Unter politischen Garantien versteht man das bestehende politische System, namentlich die führende Rolle der SED. Mit ideologischen Garantien bezeichnet man die Verbindlichkeit der marxistisch-leninistischen Weltanschauung. Die ökonomischen Garantien werden in der vorhandenen Wirtschaftsordnung erblickt, wobei das sozialistische Eigentum an den Produktionsmitteln und das System der Leitung und Planung der Volkswirtschaft besonders hervorgehoben werden. Den juristischen Garantien wird die geringste Aufmerksamkeit gewidmet. Ein spezifischer G.-Schutz ist nicht vorgesehen. Eine Verfassungs- und Verwaltungsgerichtsbarkeit besteht nicht. Die Möglichkeiten des Rechtsschutzes sind im wesentlichen auf Eingaben und Beschwerden innerhalb der aktiven Verwaltung beschränkt. In Ermangelung eines effektiven Rechtsschutzes spielen die SG. in der Rechtspraxis kaum eine Rolle. Ihre Bedeutung liegt vornehmlich auf propagandistischem Gebiet. In der Rechtsprechung werden die G.-Artikel der Verfassung selten herangezogen und dann auch nur beiläufig erwähnt. Fundstelle: DDR Handbuch. 3., überarbeitete und erweiterte Auflage, Köln 1985: S. 584–586 Grundorganisationen der SED A, B, C, D, E, F, G, H, I, J, K, L, M, N, O, P, Q, R, S, T, U, V, W, Z Grundstoffindustrie

Siehe auch: Grundrechte: 1959 1960 1962 1963 1965 1966 Grundrechte, Sozialistische: 1969 1975 1979 Die SG. werden aus den ideologischen Prämissen des Marxismus-Leninismus abgeleitet. Nach ihnen stimmen die gesellschaftlichen und die persönlichen Interessen im Sozialismus grundsätzlich überein. Diese Interessenharmonie wird gegenwärtig allerdings nicht mehr als eine absolute in dem Sinn angesehen, daß gelegentliche Interessenkonflikte persönlicher Art völlig ausgeschlossen wären.…

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Agrarwissenschaften (1985)

Siehe auch die Jahre 1975 1979 1. Wissenschaftsgebiete. Die A. befassen sich mit der Erforschung und Lehre der natürlichen, technischen und ökonomischen Bedingungen der landwirtschaftlichen Produktion. Die A. umfassen eine Vielzahl unterschiedlicher selbständiger Disziplinen der naturwissenschaftlichen Grundlagenfächer, der technischen Wissenschaften und der Gesellschaftswissenschaften. Die landtechnischen Disziplinen entwickelten sich als Spezialbereiche der Technikwissenschaften und als neue Erfordernisse der agrarischen Wissenschaften. Die aus den Naturwissenschaften Biologie, Chemie, Physik u.a. entstandenen Fachdisziplinen sind z.B. Acker- und Pflanzenbau, Pflanzen- und Tierernährung, Pflanzen- und Tierzucht; die aus den technischen Disziplinen hervorgegangenen landwirtschaftlichen Gebiete sind u.a. Landtechnik, Landwirtschaftliches Bauwesen, Meliorationstechnik. Der gesellschaftswissenschaftliche Bereich umfaßt Agrargeschichte, Agrarrecht, Agrar- und Ernährungswirtschaft, Agrarsoziologie, Agrarökonomie u.a. Institutionen der A. sind landwirtschaftliche Sektionen der Universitäten, landwirtschaftliche Hochschulen, staatliche Akademien und Gesellschaften sowie Institute und Forschungsanstalten. Wesensmerkmal der A. in der DDR ist die enge Verknüpfung der wissenschaftlichen Forschung mit der landwirtschaftlichen Praxis, wie auch die Lehrtätigkeit häufig mit der Tätigkeit in landwirtschaftlichen Betrieben verbunden sein kann. Zwei Disziplinen aus dem gesellschaftswissenschaftlichen Bereich sind besonders hervorzuheben: Agrarökonomie und Agrarsoziologie. Diese Disziplinen haben in der Agrarpolitik der Sozialistischen Einheitspartei Deutschlands (SED) für die Realisierung ihrer gesellschaftspolitischen Zielvorstellungen auf dem Land im allgemeinen und die Landwirtschaft im speziellen besondere Bedeutung. a) Agrarökonomie (Aö.): Nach DDR-Verständnis sind die Grundlagen der sozialistischen Aö. von K. Marx und F. Engels geschaffen und von W. I. Lenin weiterentwickelt worden. Aus Erfahrungen und Ergebnissen der UdSSR entstand in der DDR eine Aö., die sich voll und ganz auf die Klassiker des Marxismus-Leninismus stützt. Die Aö. als Zweig der politischen Ökonomie umfaßt heute sowohl die Ökonomie der Landwirtschaft (innerhalb der Volkswirtschaft) als auch die Sozialistische Betriebswirtschaftslehre (SBWL) für Landwirtschaftsbetriebe. Gemeinsame Aufgabe beider Wissenschaftszweige ist die Erforschung und Lehre der ökonomischen Gesetzmäßigkeiten bei der Planung, Leitung und Organisation der Wirtschaftsabläufe innerhalb der Landwirtschaft bzw. deren Betriebe. Ziel der Forschungstätigkeiten ist die Erarbeitung wissenschaftlicher Grundlagen einer effektiven und nutzbringenden Nahrungsgüterproduktion. Im Hinblick auf die volkswirtschaftliche Bedeutung der Aö. sollen mit ihrer Hilfe Grundlagen für die Leitung und Planung des Sektors Landwirtschaft innerhalb des Agrar-Industrie-Komplexes (AIK) erarbeitet werden, die den effektivsten Einsatz der verfügbaren Produktionsmittel ermöglichen. Für die im engeren Sinne betriebliche Aö. ist im Verlauf der verschiedenen Kollektivierungsphasen der Landwirtschaft die betriebswirtschaftliche Orientierung der landwirtschaftlichen [S. 30]Betriebsformen ständig verändert worden. In Zielsetzung und Methode unterscheidet sich die betriebliche Aö. dabei nicht wesentlich von der sozialistischen Betriebswirtschaftslehre. Im Wissenschaftlichen Rat für gesellschaftliche und ökonomische Fragen des volkswirtschaftlichen Agrar-Industrie-Komplexes werden Forschungsergebnisse beraten und mit anderen Gebieten verglichen bzw. verallgemeinert. Der Wissenschaftliche Rat hat seinen Sitz an der Parteihochschule „Karl Marx“ beim ZK der SED. b) Agrarsoziologie (As.): Die As. ist ein Teilbereich der marxistisch-leninistischen Soziologie (Soziologie und Empirische Sozialforschung, IV. D.). Die As. erforscht die soziale Entwicklung auf dem Lande und in der Landwirtschaft unter besonderer Berücksichtigung der gesellschaftlichen Zielstellung der Überwindung der wesentlichen Unterschiede zwischen Stadt und Land. Die As. untersucht die Wechselbeziehungen zwischen wissenschaftlich-technischen, wirtschaftlichen, sozialen und geistig-kulturellen Entwicklungen der zunehmend industriemäßig produzierenden Landwirtschaft sowie der in ihr tätigen Landbevölkerung und deren veränderte Lebensweise (Lebensweise, Sozialistische). 2. Forschungsorganisation. a) Akademie der Landwirtschaftswissenschaften der DDR (AdL). Durch Beschluß des Ministerrates vom 11. 1. 1951 wurde die Deutsche Akademie der Landwirtschaftswissenschaften zu Berlin (DAL) gegründet; seit 1972 trägt sie ihren jetzigen Namen. Die AdL ist die zentrale Forschungseinrichtung für die Landwirtschafts- und Forstwissenschaften der DDR. Sie untersteht dem Ministerium für Land-, Forst- und Nahrungsgüterwirtschaft (MfLFN). Die Organe der AdL sind der Präsident, das Präsidium, das Plenum (Vollversammlung der Akademiemitglieder) und die Sektionen. Die Sektionen entsprechen den einzelnen Wissenschaftszweigen; in ihnen arbeiten in der Regel Wissenschaftler, Praktiker sowie Vertreter der SED und der Massenorganisationen zusammen. Zur AdL gehören 2 Forschungszentren, 20 Institute sowie weitere Einrichtungen (z.B. Lehr- und Versuchsgüter mit rd. 35.000 ha LN). Die AdL hat rd. 10.000 Beschäftigte, von denen etwa 2.000 Wissenschaftler sind. Die AdL plant und koordiniert die Forschung in den A. mit den anderen Akademien, den Universitäten und Hochschulen sowie mit benachbarten Einrichtungen anderer Wirtschafts- und Wissenschaftszweige. Die AdL ist die zentrale Leitinstitution für die Zusammenarbeit auf dem Gebiet der A. mit anderen Staaten. Sie dient ferner als Zentraleinrichtung zur Auswertung und Sammlung internationaler Forschungsergebnisse. — Als Leiteinrichtung im Bereich Informationssammlung und -vermittlung verfügt die AdL über das Institut für landwirtschaftliche Information und Dokumentation (ILID). Dieses Institut gliedert sich in die Abteilungen Information, Dokumentation, Publikation und in die landwirtschaftliche Zentralbibliothek. Das ILID gibt produktionsorientierte Informationsreihen sowie Referatekarteien heraus. Außerdem veröffentlicht das ILID das 1953 von der DAL gegründete „Landwirtschaftliche Zentralblatt“. Das ILID arbeitet eng mit AGRO-INFORM, dem internationalen Informationssystem auf dem Gebiet der Land- und Forstwirtschaft (1964 für die Mitgliedsländer des RGW mit Sitz in Moskau gegründet) zusammen. Für hervorragende wissenschaftliche Leistungen verleiht die AdL die „Erwin-Baur-Medaille“. b) Universitäten und Hochschulen. Agrarwissenschaftliche Sektionen existieren an den Universitäten zu Berlin, Dresden, Halle, Jena, Leipzig und Rostock. Den Sektionen gehören je nach den in ihnen vertretenen Schwerpunkten in Forschung und Lehre spezielle Institute an: z.B. für Pflanzen- bzw. Tierproduktion, für das Veterinärwesen, für Agrartechnik, für Lebensmitteltechnologie, für Ernährungswissenschaften. Insgesamt gibt es ca. 100 derartige Institute. Die Universität Leipzig ist darüber hinaus auf die tropische und subtropische Landwirtschaft spezialisiert. Studenten aus Entwicklungsländern werden vornehmlich an der Universität Halle ausgebildet. Die Hochschulen für landwirtschaftliche Produktionsgenossenschaften in Meißen bzw. für Landwirtschaft und Nahrungsgüterwirtschaft in Bernburg bilden vor allem Fach- und Führungskader aus. Insgesamt sind an den Universitäten und Hochschulen rd. 8.000 Studierende in den agrarwissenschaftlichen Disziplinen eingeschrieben. Die jährlichen Absolventenzahlen betragen: rd. 600 in der Pflanzen- bzw. Tierproduktion und für die Agrartechnik; rd. 180 in der Lebensmitteltechnologie; rd. 40 im Veterinärwesen. Während die agrarwissenschaftlichen Einrichtungen an den Universitäten dem Ministerium für Hoch- und Fachschulwesen zugeordnet sind, unterstehen die beiden Hochschulen in Bernburg und Meißen dem Ministerium für Land-, Forst- und Nahrungsgüterwirtschaft. c) Agrarwissenschaftliche Gesellschaft der DDR (AwG, auch AwiG). Diese Organisation wurde am 12. 10. 1960 als Deutsche Agrarwissenschaftliche Gesellschaft gegründet; ihren heutigen Namen erhielt sie 1971. Die AwG besitzt Untergliederungen in den Bezirken und Kreisen; daneben bestehen auf allen Ebenen des Organisationsaufbaues Fachkommissionen. Der alle 5 Jahre stattfindende Kongreß der AwG wird auf Bezirksdelegiertenkonferenzen vorbereitet. Die SED nutzt die AwG, um die in dieser Organisation zusammengefaßten Hoch- und Fachschulkader sowie Spezialisten der Land-, Forst- und Nahrungsgüterwirtschaft für ihre agrarpolitischen Ziele zu gewinnen. Die AwG ist darüber hinaus ein wichtiges Instrument zur Weiterqualifizierung der in der Landwirtschaft praktisch Tätigen. Diesem Ziel dienen zeitweilige Arbeitsgemeinschaften, Exkursionen in Mustereinrichtungen, Einzelvorträge und Seminare. Die AwG hat über 50.000 Mitglieder und mehr als 450 Arbeitsgemeinschaften. d) Sonstige Einrichtungen der A.: 1. Das 1975 vom Ministerrat der DDR bestätigte Institut für Ökonomik der Landwirtschaft und Nahrungsgüterwirtschaft (1972 als Institut für Agrarökonomik gegründet) ist eine zentrale wissenschaftliche Einrichtung des MfLFN. Das Institut erforscht grundlegende Probleme der Weiter[S. 31]entwicklung der Land- und Nahrungsgüterwirtschaft. Im Mittelpunkt seiner Forschungsaktivitäten stehen die ökonomischen Wechselbeziehungen und die Auswirkungen des Übergangs zur industriemäßig betriebenen Landwirtschaft, sowie die Steigerung der Effektivität mit Hilfe neuer Organisationsformen und verbesserter Produktionsverfahren. Weiter befaßt sich dieses Institut allgemein mit der Erhöhung der Arbeitsproduktivität und mit der Ausgestaltung der ökonomischen Beziehungen in und zwischen den Landwirtschaftsbetrieben. Als Einrichtung des Ministeriums kann dieses Institut andere wissenschaftliche Einrichtungen ebenso wie gesellschaftliche Organisationen zur Mitwirkung bei der Lösung von gemeinsam interessierenden Aufgaben heranziehen. 2. Andere Institute und Forschungseinrichtungen (wie z.B. Institute für bodenkundliche Untersuchungen oder für die Futtermittelforschung), die regelmäßig oder auch nur zeitweise für die A. und die Überführung von deren Ergebnissen in die Produktion tätig sind, unterstehen dem Ministerium für Bezirksgeleitete Industrie und Lebensmittelindustrie, da es sich bei ihnen vielfach um Einrichtungen der Bezirke handelt. 3. Forstwissenschaftliche Einrichtungen. Forst- und Holzwirtschaft. 4. Der Propagierung und Verbreitung von Forschungsergebnissen der A. dienen u.a. auch die Landwirtschafts- und Gartenbauausstellung der DDR (LuG; agra) sowie die Internationale Gartenbauausstellung der DDR (iga). Fundstelle: DDR Handbuch. 3., überarbeitete und erweiterte Auflage, Köln 1985: S. 29–31 Agrarsteuern A, B, C, D, E, F, G, H, I, J, K, L, M, N, O, P, Q, R, S, T, U, V, W, Z Akademie der Künste der DDR (AdK)

Siehe auch die Jahre 1975 1979 1. Wissenschaftsgebiete. Die A. befassen sich mit der Erforschung und Lehre der natürlichen, technischen und ökonomischen Bedingungen der landwirtschaftlichen Produktion. Die A. umfassen eine Vielzahl unterschiedlicher selbständiger Disziplinen der naturwissenschaftlichen Grundlagenfächer, der technischen Wissenschaften und der Gesellschaftswissenschaften. Die landtechnischen Disziplinen entwickelten sich als Spezialbereiche der Technikwissenschaften und…

DDR A-Z 1985

Verfassung (1985) Siehe auch: Verfassung: 1953 1954 1956 1958 1959 1960 1962 1963 1965 1966 1969 1975 1979 Verfassung und Verwaltung: 1953 1954 1956 Die V. vom 6. 4. 1968 bezeichnet die DDR als sozialistischen Staat. Sie ist die zweite V. der DDR. [S. 1410]Mit Wirkung vom 7. 10. 1974 erging zu ihr ein Gesetz zur Ergänzung und Änderung (GBl. I, S. 425, Neufassung GBl. I, S. 432). I. Entwicklung Die erste V. war mit der Konstituierung der DDR am 7. 10. 1949 in Kraft gesetzt worden. Sie wies Strukturelemente und -prinzipien eines parlamentarisch-demokratischen Systems mit föderalistischen und rechtsstaatlichen Zügen auf, bekannte sich jedoch bereits zum Prinzip der Gewaltenkonzentration, indem sie die Volkskammer zum höchsten Organ erklärte. Die V. enthielt den Grundsatz der Volkssouveränität und einen Grundrechtskatalog. An der Gesetzgebung war auch die Länderkammer als Vertretung der Länder, wenn auch nur schwach, beteiligt. Von den üblichen parlamentarisch-demokratischen Regeln wich die Bestimmung ab, daß die Regierung, deren Ministerpräsident von der stärksten Fraktion zu benennen war, unter Beteiligung aller Fraktionen der Volkskammer gebildet werden sollte, jedoch konnte sich eine Fraktion, wenn sie es wollte, dem Wortlaut der V. nach von der Regierungsbildung ausschließen. Wegen der Blockpolitik (Bündnispolitik) wurde von dieser Ausnahme jedoch niemals Gebrauch gemacht. Staatsoberhaupt war der Präsident der Republik. Die Unabhängigkeit der Richter wurde ebenso garantiert, wie die Selbstverwaltung der Gemeinden gewährleistet wurde. Die V. von 1949 hat unter ihrer Geltung den Aufbau einer sozialistischen Staatsordnung nicht verhindert. Einige ihrer Strukturprinzipien, wie das Prinzip der Gewaltenkonzentration, das Fehlen einer V.-Gerichtsbarkeit, aber auch ihre Bestimmungen zur Eigentumsordnung, haben diese Entwicklung begünstigt, weshalb sich auf der Basis dieser V. einer antifaschistisch-demokratischen Ordnung eine sozialistische Umwälzung vollziehen konnte. Diese Umwälzung vollzog sich außerhalb und zum Teil gegen die V. von 1949. Nur dreimal wurde die V. von 1949 ergänzt oder geändert. 1955 wurde sie um Vorschriften über den Wehrdienst erweitert, 1958 wurde die Länderkammer abgeschafft. 1960 wurde der Staatsrat geschaffen, während gleichzeitig das Amt des Präsidenten der Republik beseitigt wurde. Im übrigen vollzog sich die Entwicklung zunächst außerhalb der Gesetze. Mit der Verwaltungsneugliederung wurde 1952 indessen eine Entwicklung eingeleitet, durch die die V.-Urkunde mehr und mehr durch andere gesetzliche Bestimmungen abgelöst wurde und so einer neuen materiellen Rechts-V. Platz machte, die bereits die Strukturelemente und -prinzipien des sozialistischen Staates aufwies. Diese Strukturelemente sind: 1. die führende Rolle der marxistisch-leninistischen, also kommunistischen Partei, die in kritischer Sicht als deren Suprematie zu bezeichnen ist, weil sie ein Herrschaftsverhältnis begründet; 2. das sozialistische Eigentum an den Produktionsmitteln, das sozialistische Produktions- oder Eigentumsverhältnisse schuf, und 3. auf dessen Grundlage die planmäßige Leitung aller Lebensvorgänge unter der Suprematie der SED. Die Strukturprinzipien sind: 1. die Gewalteneinheit und 2. der demokratische Zentralismus. Aus diesen Grundlagen und Grundsätzen folgt ein bestimmtes Verhältnis des einzelnen zum ganzen, das durch den Begriff „sozialistisches Persönlichkeitsrecht“ charakterisiert wird, für das auch der Begriff „sozialistisches Grundrecht“ (Grundrechte, Sozialistische) verwendet wird. II. Die Grundlagen der sozialistischen Gesellschafts- und Staatsordnung A. Die Strukturelemente und -prinzipien der Verfassung Die V. von 1968 transformiert im Abschnitt~I das im Zuge der V.-Entwicklung entstandene materielle V.-Recht in formelles V.-Recht. Die Strukturelemente und -prinzipien eines sozialistischen Staates bilden die politischen Grundlagen der DDR. Die „führende Rolle“ der marxistisch-leninistischen Partei als Vortrupp der Arbeiterklasse — ihre Suprematie — kommt in Art. 1 Abs. 1 Satz 2 zum Ausdruck, wonach die DDR die politische Organisation der Werktätigen in Stadt und Land sei, die gemeinsam unter Führung der Arbeiterklasse und ihrer marxistisch-leninistischen Partei den Sozialismus verwirkliche. Die marxistisch-leninistische Partei der DDR ist die Sozialistische Einheitspartei Deutschlands (SED), wenn sie auch in der V. nicht mit ihrem Namen genannt ist. Im Licht dieser besonderen Stellung der SED ist auch Art. 2 Satz 1 zu lesen. Nach ihm wird alle politische Macht in der DDR von den „Werktätigen“, also nicht vom „Volke“ ausgeübt. Unter den Werktätigen werden freilich nicht nur die Angehörigen der Arbeiterklasse verstanden, sondern auch die Genossenschaftsbauern, die Angehörigen der Intelligenz und andere soziale Gruppen und Schichten — vorausgesetzt, daß sie sich als im festen Bündnis mit der Arbeiterklasse befindlich betrachten. Die V. versteht daher unter „Werktätigen“ nicht nur die in Betrieben und Verwaltung Beschäftigten, wie das Arbeitsrecht, sondern die „Bürger“, diese jedoch eingeordnet in die Klassenstruktur der Gesellschaft der DDR, wie sie von den politisch Verantwortlichen in der DDR gesehen wird. Art. 2 Abs. 2 bezeichnet das feste Bündnis der Arbeiterklasse mit der Klasse der Genossenschaftsbauern, den Angehörigen der Intelligenz und den anderen Schichten des Volkes als eine unantastbare Grundlage der sozialistischen Gesellschaftsordnung. Allerdings ist im Verlauf der V.-Änderung [S. 1411]vom 7. 10. 1974 der Abs. 4 des Art. 2 ersatzlos gestrichen worden. In ihm war die „Übereinstimmung … der Interessen der Werktätigen … mit den gesellschaftlichen Erfordernissen“ zur „wichtigsten Triebkraft der sozialistischen Gesellschaft“ erklärt worden. Den darin zum Ausdruck kommenden „harmonistischen“ Vorstellungen von der „sozialistischen Menschengemeinschaft“ (Geschichte der DDR, IV.) — von Ulbricht geprägte Formel zur Beschreibung des Zustandes der Gesellschaft in der DDR — wurde damit auch verfassungsrechtlich eine Absage erteilt, nachdem sie schon 1971 von der SED faktisch aufgegeben worden war. Die Übereinstimmung der individuellen und kollektiven Interessen mit den gesellschaftlichen Erfordernissen wird dagegen wiederum in § 3 ZGB (Zivilrecht) als Gegenstand der Sicherung, hier durch das Zivilrecht, bezeichnet. Durch die V.-Novelle von 1974 wurde die durch den VIII. Parteitag der SED (1971) gestellte „ökonomische Hauptaufgabe“ (die weitere Erhöhung des materiellen und kulturellen Lebensniveaus des Volkes auf der Grundlage eines hohen Entwicklungstempos der sozialistischen Produktion, der Erhöhung der Effektivität, des wissenschaftlich-technischen Fortschritts und des Wachstums der Arbeitsproduktivität) in Art. 2 Abs. 1 Satz 3 konstitutionell festgeschrieben. In der DDR sind zwar außer der SED auch andere Parteien zugelassen (Demokratische Bauernpartei Deutschlands [DBD], Christlich-Demokratische Union Deutschlands [CDU], Liberal-Demokratische Partei Deutschlands [LDPD], National-Demokratische Partei Deutschlands [NDPD]). Da die politischen Parteien als Ausdruck der fortbestehenden Klassenstruktur angesehen werden, die Klassen in einer sozialistischen Gesellschaft aber eng miteinander verbunden sind, stehen die Parteien im Sinne der Blockpolitik nicht unverbunden nebeneinander. Nach Art. 3 findet das Bündnis aller Kräfte des Volkes in der Nationalen Front der DDR seinen organisierten Ausdruck. In ihr vereinigen die Parteien und Massenorganisationen alle Kräfte des Volkes zum gemeinsamen Handeln für die Entwicklung der Gesellschaft. Als eine weitere unantastbare Grundlage der Gesellschaftsordnung der DDR bezeichnet Art. 2 Abs. 2 das sozialistische Eigentum an den Produktionsmitteln. Seine Existenz wird für die Garantie gehalten, daß es in der DDR keine der Arbeiterklasse feindlich gegenüberstehenden Klassen, also Kapitalisten oder Großgrundbesitzer, mehr gibt. Ohne sozialistisches Eigentum an den Produktionsmitteln wäre das Klassenbündnis in der DDR, das alle sozialen Gruppen und Schichten umfaßt, nicht denkbar. Vor allem ist das sozialistische Eigentum Grundlage für die Volkswirtschaft der DDR (Art. 9 Abs. 1). Die dritte unantastbare Grundlage der sozialistischen Gesellschaftsordnung ist nach Art. 2 Abs. 2 die Leitung und Planung der gesellschaftlichen Entwicklung nach den fortgeschrittensten Erkenntnissen der Wissenschaft. Kernstück der Leitung und Planung ist jedoch die Volkswirtschaft, die in Art. 9 Abs. 3 ausdrücklich als sozialistische Planwirtschaft bezeichnet wird. Sache des sozialistischen Staates ist es, das Währungs- und Finanzsystem festzulegen (Finanzsystem; Währung/Währungspolitik). Abgaben und Steuern dürfen nur auf der Grundlage von Gesetzen erhoben werden (Art. 9 Abs. 4). Außenwirtschaft und Außenhandel sowie die Valutawirtschaft werden zum staatlichen Monopol erklärt (Art. 9 Abs. 5). Das Prinzip der Gewaltenkonzentration ist in Art. 5 ausgedrückt, wonach die Bürger der DDR ihre politische Macht durch demokratisch gewählte Volksvertretungen (Wahlen) ausüben. Die Volksvertretungen werden als die Grundlage des Systems der Staatsorgane bezeichnet. Sie sollen ihre Tätigkeit auf die aktive Mitgestaltung der Bürger an der Vorbereitung, Durchführung und Kontrolle ihrer Entscheidungen stützen. Ausdruck der Gewaltenkonzentration ist das Fehlen einer V.-Gerichtsbarkeit, durch die unter anderem die Verfassungsmäßigkeit der Gesetze und anderer Rechtsvorschriften (Gesetzgebung) geprüft werden könnte. Über Zweifel an der Verfassungsmäßigkeit von Rechtsvorschriften aller Formen, also auch der von ihr erlassener Gesetze, entscheidet allein die Volkskammer. Da nicht anzunehmen ist, daß diese sich selbst korrigieren will, ist davon auszugehen, daß die von der Volkskammer erlassenen Gesetze nach ihrer Ansicht verfassungskonform sind. Damit kann aus der einfachen Gesetzgebung die Erkenntnis darüber gewonnen werden, wie im Selbstverständnis der Inhaber der politischen Gewalt in der DDR die V. interpretiert wird. Das Prinzip des Demokratischen Zentralismus wird in Art. 47 Abs. 2 als die Grundlage genannt, auf der sich die „Souveränität des werktätigen Volkes“ verwirkliche. Es wird als das tragende Prinzip des Staatsaufbaus bezeichnet. Nach Art. 17 soll die DDR Wissenschaft, Forschung und Bildung fördern sowie mittels des Einheitlichen sozialistischen Bildungssystems allen Bürgern eine den ständig steigenden gesellschaftlichen Erfordernissen entsprechende hohe Bildung sichern. Nach Art. 18 gehört auch die sozialistische Nationalkultur zu den Grundlagen der sozialistischen Gesellschaft. Der DDR wird aufgetragen, die sozialistische Kultur zu fördern und zu schützen sowie die „imperialistische Unkultur“ zu bekämpfen (Kulturpolitik). B. Außenpolitische Bestimmungen Art. 6 Abs. 1 enthält die entscheidende außenpolitische Maxime. Danach hat die „DDR getreu den [S. 1412]Interessen des Volkes und den internationalen Verpflichtungen auf ihrem Gebiet den deutschen Militarismus und Nazismus ausgerottet. Sie betreibt eine dem Frieden und dem Sozialismus, der Völkerverständigung und der Sicherheit dienende Außenpolitik.“ Das Verhältnis zur Sowjetunion und zu den anderen sozialistischen Staaten legt Art. 6 Abs. 2 fest. In seiner ursprünglichen Fassung hatte die DDR „entsprechend den Prinzipien des sozialistischen Internationalismus die allseitige Zusammenarbeit und Freundschaft mit der Union der Sozialistischen Sowjetrepubliken und den anderen sozialistischen Staaten“ zu pflegen und zu entwickeln. Nach der Änderung der V. von 1974 ist die DDR „für immer und unwiderruflich mit der Union der Sozialistischen Sowjetrepubliken verbündet. Das enge und brüderliche Bündnis mit ihr garantiert dem Volk der Deutschen Demokratischen Republik das weitere Voranschreiten auf dem Wege des Sozialismus und des Friedens.“ Das Lehrbuch „Staatsrecht der DDR“ (Berlin [Ost], 1977, S. 40) bezeichnet das immerwährende und unwiderrufliche Bündnis mit der UdSSR als ein Wesensmerkmal der DDR. Wegen der politischen Machtverhältnisse bedeutet das Bündnis mit der Sowjetunion für die DDR einerseits die Garantie ihrer Existenz, andererseits faktisch die völlige Abhängigkeit von der UdSSR. Die DDR wird als ein untrennbarer Bestandteil der sozialistischen Staatengemeinschaft bezeichnet. Sie soll getreu den Prinzipien des Proletarischen ➝Internationalismus zu deren Stärkung beitragen, die Freundschaft, die allseitige Zusammenarbeit und den gegenseitigen Beistand mit allen Staaten der sozialistischen Gemeinschaft pflegen und entwickeln. Ferner soll nach Art. 6 die DDR die Staaten und Völker, die gegen den Imperialismus und sein Kolonialregime für nationale Freiheit und Unabhängigkeit kämpfen, in ihrem Ringen um gesellschaftlichen Fortschritt unterstützen. Schließlich soll sie für die Verwirklichung der Prinzipien der Friedlichen Koexistenz eintreten und auf der Grundlage der Gleichberechtigung und gegenseitigen Achtung die Zusammenarbeit mit allen Staaten pflegen und sich für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa, für eine stabile Friedensordnung in der Welt und für allgemeine Abrüstung einsetzen. In diesem Zusammenhang wird bestimmt, daß militaristische und revanchistische Propaganda in jeder Form, Kriegshetze und Bekundung von Glaubens-, Rassen- und Völkerhaß als Verbrechen geahndet werden. C. Staatsgebiet und Landesverteidigung Nach Art. 7 Abs. 1 haben die Staatsorgane die territoriale Integrität der DDR und die Unverletzlichkeit ihrer Staatsgrenzen einschließlich ihres Luftraums und ihrer Territorialgewässer sowie den Schutz und die Nutzung des Festlandsockels zu gewährleisten. Art. 7 Abs. 2 Satz 1 bestimmt, daß die DDR die Landesverteidigung sowie den Schutz der sozialistischen Ordnung und des friedlichen Lebens der Bürger organisiert. Im folgenden Satz wird als Aufgabe der Nationalen Volksarmee und der anderen Organe der Landesverteidigung der Schutz der sozialistischen Errungenschaften des Volkes gegen alle Angriffe von außen bezeichnet. D. Außenpolitische Maximen und Völkerrecht Nach Art. 8 sind die allgemein anerkannten, dem Frieden und der friedlichen Zusammenarbeit der Völker dienenden Regeln des Völkerrechtes für die Staatsmacht und jeden Bürger verbindlich. In diesem Zusammenhang wird angekündigt: „Die Deutsche Demokratische Republik wird niemals einen Eroberungskrieg unternehmen oder ihre Streitkräfte gegen die Freiheit eines anderen Volkes einsetzen.“ E. Einheit Deutschlands In Art. 1 wurde in der ursprünglichen Fassung die DDR als sozialistischer Staat deutscher Nation bezeichnet. Nach Art. 8 Abs. 2 a. F. sollten die Herstellung und Pflege normaler Beziehungen und die Zusammenarbeit der beiden deutschen Staaten auf der Grundlage der Gleichberechtigung ein nationales Anliegen der DDR sein. Ferner hieß es, daß die DDR und ihre Bürger die „Überwindung der vom Imperialismus der Deutschen Nation aufgezwungenen Spaltung Deutschlands, die schrittweise Annäherung der beiden deutschen Staaten bis zur ihrer Vereinigung auf der Grundlage der Demokratie und des Sozialismus“ erstreben. Im Zuge der Abgrenzungspolitik wurde etwa ab 1970 behauptet, in der DDR bilde sich eine eigene sozialistische Nation heraus. Deshalb wurden anläßlich der V.-Änderung von 1974 alle Hinweise auf die deutsche Nation, das Wort „Deutschland“ sowie das Gebot, nach der Vereinigung beider deutscher Staaten zu streben, aus dem Text der V. gestrichen. Nunmehr wird die DDR in Art. 1 der revidierten Verfassung als „sozialistischer Staat der Arbeiter und Bauern“ (in der alten Fassung „… deutscher Nation“) bezeichnet (Abgrenzung; Deutschlandpolitik der SED; Nation und nationale Frage). Indessen enthält die V. kein Wiedervereinigungs- oder Vereinigungsverbot. In amtlichen Veröffentlichungen wird — in letzter Zeit sogar häufiger — vom „deutschen Boden“, ja vom „deutschen Volk“ gesprochen — ein Zeichen dafür, daß auch bei den Verantwortlichen in der DDR das Gefühl der Zusammengehörigkeit nicht verloren gegangen ist. F. Hauptstadt, Staatsflagge, Staatswappen Art. 1 bezeichnet Berlin als Hauptstadt der DDR und nimmt keine Rücksicht darauf, daß nur der [S. 1413]Ostteil der Stadt — im Widerspruch zum Viermächte-Status ganz Berlins — faktisch vollständig in die DDR eingegliedert wurde. Ferner legt derselbe Artikel die Staatsflagge (Flagge) und das Staatswappen (Wappen) fest. III. Bürger und Gemeinschaften in der sozialistischen Gesellschaft Die Stellung der Bürger und Gemeinschaften in der sozialistischen Gesellschaft wird durch die Grundlagen der in der V. festgelegten Ordnung bestimmt. Jedem Bürger der DDR werden nach Art. 20 Abs 1, unabhängig von seiner Nationalität, seiner Rasse, seinem weltanschaulichen oder religiösen Bekenntnis, seiner sozialen Herkunft und Stellung die gleichen Rechte und Pflichten zugebilligt. Der Gleichheit des Gesetzes entspricht die Gleichheit aller Bürger vor dem Gesetz. Besonders betont wird die Gleichberechtigung von Mann und Frau und ihre gleiche Rechtsstellung in allen Bereichen des gesellschaftlichen, staatlichen und persönlichen Lebens. Die Förderung der Frau, besonders in der beruflichen Qualifizierung, wird als gesellschaftliche und staatliche Aufgabe bezeichnet (Frauen). Die Jugend soll in ihrer gesellschaftlichen und beruflichen Entwicklung besonders gefördert werden. Ihr wird die Möglichkeit versprochen, an der Entwicklung der sozialistischen Gesellschaftsordnung verantwortungsbewußt teilzunehmen (Jugend). Als allen anderen Rechten zugrundeliegendes Grundrecht wird das Recht, das politische, wirtschaftliche, soziale und kulturelle Leben der sozialistischen Gemeinschaft und des sozialistischen Staates umfassend mitzugestalten, verstanden (Art. 21 Abs. 1). Damit wird, auch in Verbindung mit Art. 5 Abs. 2 Satz 2, ein konsultatives Element in die V. eingeführt, ohne daß dieses damit freilich zu einem Strukturprinzip der V. würde. Im einzelnen werden aufgeführt: das Recht der Gleichbehandlung unabhängig von Nationalität, Rasse, weltanschaulichem und religiösem Bekenntnis sowie sozialer Herkunft und Stellung, Gewissens- und Glaubensfreiheit (Art. 20 Abs. 1), Wahlrecht (Art. 21 Abs. 2 und Art. 22), Recht auf Arbeit, das aus dem Recht auf einen Arbeitsplatz und dessen freier Wahl entsprechend den gesellschaftlichen Erfordernissen und der persönlichen Qualifikation sowie auf Lohn nach Qualität und Quantität der Arbeit besteht (Art. 24) (Arbeitsrecht), Recht auf Bildung, das die Möglichkeit des Übergangs zur nächsthöheren Bildungsstufe bis zu den höchsten Bildungsstätten, den Universitäten und Hochschulen, entsprechend dem Leistungsprinzip, den gesellschaftlichen Erfordernissen und unter Berücksichtigung der Sozialstruktur der Bevölkerung, das Recht der Jugendlichen auf Erlernung eines Berufs sowie das Recht auf Teilnahme am kulturellen Leben einschließt (Art. 25, 26) (Einheitliches sozialistisches Bildungssystem; Kulturpolitik), Recht auf freie und öffentliche Meinungsäußerung sowie die Freiheit der Presse, des Rundfunks und des Fernsehens (Art. 27), Recht auf friedliche Versammlung (Art. 28), Vereinigungsrecht (Art. 29). Recht auf Freizügigkeit innerhalb des Staatsgebietes der DDR (Art. 32), Anspruch auf Rechtsschutz durch die Organe der DDR und Auslieferungsverbot (Art. 33), Recht auf Freizeit und Erholung (Art. 34), Recht auf Schutz der Gesundheit und der Arbeitskraft (Art. 35), Recht auf Fürsorge der Gesellschaft im Alter und bei Invalidität (Art. 36), Recht auf Wohnraum entsprechend den volkswirtschaftlichen Möglichkeiten und örtlichen Bedingungen (Art. 37), das Recht, sich zu einem religiösen Glauben zu bekennen und religiöse Handlungen auszuüben (Art. 39 Abs. 1), für Bürger der DDR sorbischer Nationalität das Recht zur Pflege ihrer Muttersprache und Kultur (Art. 40). Ferner werden die Persönlichkeit und die Freiheit jedes Bürgers der DDR für unantastbar erklärt. Einschränkungen sind nur im Zusammenhang mit strafbaren Handlungen oder einer Heilbehandlung zulässig und müssen gesetzlich begründet sein. Dabei dürfen die Rechte solcher Bürger nur insoweit eingeschränkt werden, als dies gesetzlich zulässig und unumgänglich ist (Strafrecht). Zum Schutze seiner Freiheit und der Unantastbarkeit seiner Persönlichkeit hat ferner jeder Bürger den Anspruch auf die Hilfe der staatlichen und der gesellschaftlichen Organe (Art. 30). Das Post- und Fernmeldegeheimnis wird für unverletzbar erklärt. Sie dürfen jedoch auf gesetzlicher Grundlage eingeschränkt werden, wenn es die Sicherheit des Staates oder eine strafrechtliche Verfolgung erfordern (Art. 31). Ehe, Familie, Mutterschaft sind unter den besonderen Schutz des Staates gestellt. Jeder Bürger der DDR hat das Recht auf Achtung, Schutz und Förderung seiner Ehe und Familie. Mutter und Kind genießen den besonderen Schutz des sozialistischen Staates (Art. 38) (Familienrecht; Schwangerschaftsunterbrechung). Die den Bürgern zugesagten Grundrechte werden durch die Grundlagen der Staats- und Gesellschaftsordnung inhaltlich bestimmt und zugleich beschränkt. Soweit etwa dem Bürger klassische Freiheitsrechte wie die Meinungsfreiheit, die Versammlungsfreiheit und die Vereinigungsfreiheit versprochen sind, darf er diese, wie in der V. in den Art. 27 bis 29 ausdrücklich gesagt ist, nur den Grundsätzen der V. gemäß oder im Rahmen der Grundsätze und Ziele der V. oder zu dem Zweck, seine Interessen in Übereinstimmung mit den Grundsätzen und Zielen der V. zu verwirklichen, ausüben. Im Grundrechtsverständnis der DDR wird zuweilen jedes Grundrecht mit einer entsprechenden Grundpflicht gekoppelt. Das Mutterrecht aller politischen [S. 1414]Grundrechte, das Recht auf Mitgestaltung, wird bereits in der V. (Art. 21 Abs. 3) als hohe moralische Verpflichtung für jeden Bürger gekennzeichnet und als Pflicht interpretiert, alle geistigen und körperlichen Kräfte zur Verwirklichung der sozialistischen Gesellschafts- und Staatsordnung einzusetzen. Die Verwirklichung der sozialen Grundrechte ist an die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit des Staates gebunden. Welcher Anteil am Nationaleinkommen in Form sozialer Leistungen gewährt wird, ist außerdem in der DDR eine politische Entscheidung, die nicht als Kompromiß zwischen widerstreitenden Interessen zustande kommt, sondern allein von der politischen Führungskraft der SED gefällt wird. In kritischer Sicht fehlt den Grundrechten eine ausreichende Garantie für ihre Durchsetzung. Nach Art. 19 garantiert zwar die DDR allen Bürgern die Ausübung ihrer Rechte und ihre Mitwirkung an der Leitung der gesellschaftlichen Entwicklung. Sie verspricht auch, die sozialistische Gesetzlichkeit und die Rechtssicherheit zu gewährleisten. Achtung und Schutz der Würde und Freiheit der Persönlichkeiten werden zum Gebot für alle staatlichen Organe, alle gesellschaftlichen Kräfte und jeden einzelnen Bürger erklärt (Art. 19 Abs. 1 und 2), jedoch stellt die Rechtsordnung der DDR keine geeigneten Mittel wie etwa eine V.-Gerichtsbarkeit oder eine Verwaltungsgerichtsbarkeit zur Verfügung und kennt auch keine Zuständigkeit der ordentlichen Gerichtsbarkeit für Streitigkeiten zwischen dem einzelnen und den Staatsorganen (Gerichtsverfassung; Grundrechte, Sozialistische). Den Kirchen und anderen Religionsgemeinschaften wird zugestanden, ihre Angelegenheiten zu ordnen und ihre Tätigkeit auszuüben, jedoch nur „in Übereinstimmung mit der Verfassung und den gesetzlichen Bestimmungen der DDR“ (Art. 39 Abs. 2). Die sozialistischen Betriebe, Städte, Gemeinden und Gemeindeverbände werden als eigenverantwortliche Gemeinschaften im Rahmen der zentralen staatlichen Leitung und Planung bezeichnet, in denen die Bürger arbeiten und ihre gesellschaftlichen Verhältnisse gestalten. Sie sollen die Wahrnehmung der Grundrechte der Bürger, die wirksame Verbindung der persönlichen mit den gesellschaftlichen Interessen sowie ein vielfältiges gesellschaftlich-politisches und kulturell-geistiges Leben sichern. Sie werden ausdrücklich unter den Schutz der V. gestellt. Eingriffe in ihre Rechte sollen nur auf der Grundlage von Gesetzen erfolgen dürfen (Art. 41). Indessen werden im einfachen Gesetzesrecht kaum Konsequenzen aus dem Charakter der genannten Einheiten als eigenverantwortliche Gemeinschaften der Bürger gezogen. Insbesondere ist der Rahmen der zentralen staatlichen Leitung und Planung so eng, daß eine Selbstverwaltung im hergebrachten Sinn nicht festgestellt werden kann. Ein Novum der V. von 1968 war, den Einzelgewerkschaften, vereinigt im Freien Deutschen Gewerkschaftsbund (Freier Deutscher Gewerkschaftsbund [FDGB]), eine verfassungsrechtliche Grundlage zu geben (Art. 44 u. 45). Der FDGB wird als die umfassende Klassenorganisation der Arbeiterklasse bezeichnet. Die Gewerkschaften sollen die Interessen der Arbeiter, Angestellten und Angehörigen der Intelligenz durch umfassende Mitbestimmung in Staat, Wirtschaft und Gesellschaft wahrnehmen. Sie werden als unabhängig bezeichnet, niemand soll sie in ihrer Tätigkeit einschränken oder behindern dürfen. Die V. räumt den Gewerkschaften umfangreiche Befugnisse ein. So sollen sie an der Gestaltung der sozialistischen Gesellschaft, an der Leitung und Planung der Volkswirtschaft, an der Verwirklichung der wissenschaftlich-technischen Revolution, an der Entwicklung der Arbeits- und Lebensbedingungen, des Gesundheits- und Arbeitsschutzes, der Arbeitskultur, des kulturellen und sportlichen Lebens der Werktätigen maßgeblich teilnehmen. Sie haben das Recht, über alle die Arbeits- und Lebensbedingungen der Werktätigen betreffenden Fragen mit staatlichen Organen, mit Betriebsleitungen und anderen wirtschaftsleitenden Organen Vereinbarungen abzuschließen. Sie sollen auch aktiven Anteil an der Gestaltung der sozialistischen Rechtsordnung nehmen und besitzen das Recht der Gesetzesinitiative sowie der gesellschaftlichen Kontrolle über die Wahrung der gesetzlich garantierten Rechte der Werktätigen. Schließlich leiten die Gewerkschaften die Sozialversicherung der Arbeiter und Angestellten (Arbeitsrecht; Mitbestimmungs-, Mitgestaltungs-, Mitwirkungsrechte; Sozialversicherungs- und Versorgungswesen). In kritischer Sicht muß die Stellung des FDGB als einer von der SED geführten Massenorganisation in Betracht gezogen werden. Sie ist das Unterpfand dafür, daß die dem FDGB übertragenen umfangreichen Befugnisse nur im Sinn der Partei- und damit auch der Staatsführung ausgeübt werden können. Schließlich regelt die V. in diesem Zusammenhang auch die Stellung der landwirtschaftlichen Produktionsgenossenschaften (Art. 46), die als freiwillige Vereinigungen der Bauern zur gemeinsamen sozialistischen Produktion, zur ständig besseren Befriedigung ihrer materiellen und kulturellen Bedürfnisse und zur Versorgung des Volkes und der Volkswirtschaft bezeichnet werden. Sie sollen durch ihre Organisationen und ihre Vertreter in den Staatsorganen aktiv an der staatlichen Leitung und Planung der gesellschaftlichen Entwicklung teilnehmen. Der Staat wird verpflichtet, den landwirtschaftlichen Produktionsgenossenschaften die sozialistische Großproduktion auf der Grundlage fortgeschrittener Wissenschaft und Technik zu ermöglichen. Die gleichen Grundsätze gelten für die sozialistischen Produktionsgenossenschaften der Fischer, der Gärt[S. 1415]ner und der Handwerker. Für ihre Stellung im gesamtgesellschaftlichen System gilt das für den FDGB Festgestellte entsprechend (Gartenbau; Handwerk; Landwirtschaft). IV. Aufbau und System der staatlichen Leitung Die V. legt Aufbau und System der staatlichen Leitung fest, als deren tragendes Prinzip die „Souveränität des werktätigen Volkes“ auf der Grundlage des demokratischen Zentralismus bezeichnet wird. Im einzelnen legt sie die Stellung, die Aufgaben und Kompetenzen von Volkskammer, Staatsrat, Ministerrat sowie der örtlichen Volksvertretungen und ihrer Organe (Räte und Kommissionen) (Bezirk; Gemeinde; Kreis) fest (Gesetzgebung). Art. 5 Abs. 3 bestimmt, daß zu keiner Zeit und unter keinen Umständen andere als die verfassungsmäßig vorgesehenen Organe staatliche Macht ausüben dürfen. Die Ausübung der staatlichen Macht liegt also allein bei den genannten Staatsorganen. Von der staatlichen Macht ist aber die politische Macht zu unterscheiden, als deren Träger das werktätige Volk unter Führung der Arbeiterklasse und ihrer marxistisch-leninistischen Partei im Bündnis mit den anderen sozialen Klassen und Schichten gilt. Träger der politischen Macht ist die SED. Als politische Führungskraft bestimmt sie, wie die staatliche Macht ausgeübt wird. Das geschieht, indem sie als die führende Kraft der in der Nationalen Front zusammengefaßten Parteien und Massenorganisationen die Zusammensetzung der Volkskammer und der örtlichen Volksvertretungen mittels der Wahlen bestimmt. Zwar sind nicht alle Mitglieder der Volksvertretungen Mitglieder der SED, jedoch gewährleistet das Auswahlsystem, daß sich auch Nicht-SED-Mitglieder loyal gegenüber Partei- und Staatsführung verhalten. Da die Volksvertretungen die personelle Zusammensetzung der anderen Organe zu bestimmen haben, kann die SED über diese auch den Staatsrat, den Ministerrat, die örtlichen Räte sowie die Rechtsprechungsorgane vom Obersten Gericht abwärts (Gerichtsverfassung; Rechtswesen) kontrollieren, indem sie diese Organe mit Parteimitgliedern oder ihr genehmen Personen besetzen läßt (Kaderpolitik; Nomenklatur). Alle Inhaber von Funktionen in den Staatsorganen sind der SED verpflichtet, die damit unmittelbar auf die Staatsorgane einwirken kann und nicht den Weg über die Volksvertretungen zu nehmen braucht. Nach der V. ist zwar die Volkskammer das oberste staatliche Machtorgan der DDR, die in ihren Plenarsitzungen über die Grundfragen der Staatspolitik zu entscheiden hat. Auch wird hervorgehoben, daß sie das einzige verfassungs- und gesetzgebende Organ der DDR ist und daß niemand ihre Rechte einschränken darf. Ihre Kompetenzen sind dementsprechend weit gefaßt, ihre Rolle in der V.-Wirklichkeit ist jedoch stark eingeschränkt. Der Staatsrat sollte bis zur V.-Änderung von 1974 als Organ der Volkskammer zwischen deren Tagungen alle grundsätzlichen Aufgaben erfüllen, die sich aus den Gesetzen und Beschlüssen der Volkskammer ergeben. Der Vorsitzende des Staatsrates hatte eine hervorgehobene Stellung. Bis zum Jahre 1971 wurden die Ämter des Ersten Sekretärs des ZK der SED und des Vorsitzenden des Staatsrates in Personalunion wahrgenommen. Nach der — zeitweiligen — Auflösung dieser Personalunion mit der Wahl Erich Honeckers zum Ersten Sekretär des ZK der SED war bereits ein faktischer Funktionsverlust des Staatsrates und seines Vorsitzenden zu beobachten. Die V.-Änderung von 1974 trug dem Rechnung. Der Staatsrat nimmt nach Art. 66 n. F. nunmehr nur noch die Aufgaben wahr, die ihm durch die V. sowie die Gesetze und Beschlüsse der Volkskammer übertragen sind, ist also nicht mehr ein die Volkskammer zwischen ihren Tagungen in der Ausübung der ihr zustehenden Funktionen vertretendes Organ. Vor allem ist die Funktion des Staatsrates als kollektives Staatsoberhaupt nunmehr stärker ausgeprägt. Der Funktionsverlust des Staatsrates wurde auch nicht aufgeholt, nachdem der seit dem IX. Parteitag der SED mit dem Titel „Generalsekretär des ZK der SED“ versehene Erich Honecker am 29. 10. 1976 zum Vorsitzenden des Staatsrates gewählt worden war. Im Unterschied hierzu hat der Ministerrat eine Stärkung erfahren. Seine Stellung war ursprünglich in der V. nur sehr summarisch beschrieben (Art. 78 bis 80). Diese V.-Artikel wurden ergänzt und neu interpretiert durch das Gesetz über den Ministerrat der Deutschen Demokratischen Republik vom 16. 10. 1972 (GBl. I, S. 253). Der Ministerrat wird darin wieder als die Regierung der DDR bezeichnet, die für die einheitliche Durchsetzung der grundsätzlichen Beschlüsse der Parteiführung auf allen staatlichen Ebenen verantwortlich ist. Der Ministerrat ist damit wieder ein operatives Führungsorgan geworden, dessen Kompetenz alle Bereiche staatlicher Politik umfaßt. Nur hinsichtlich der Verteidigung ist diese beschränkt, denn der Ministerrat hat nur die ihm übertragenen, also nicht alle Verteidigungsaufgaben der DDR durchzuführen. Die V.-Änderung des Jahres 1974 erhob diese Regelung durch eine Neufassung der Art. 76–80 in V.-Rang. Durch das Ministerratsgesetz von 1972 gewann der Vorsitzende des Ministerrates eine hervorgehobene Stellung. So ist er u.a. jetzt berechtigt, den Mitgliedern des Ministerrates und den Leitern der anderen Staatsorgane Weisungen zu erteilen und deren Durchführung zu kontrollieren. [S. 1416]Er ist auch für die Anleitung und Kontrolle der Vorsitzenden der Räte der Bezirke verantwortlich und befugt, den Vorsitzenden der Räte der Bezirke Weisungen zu erteilen. Da der Vorsitzende des übergeordneten örtlichen Rates dem Vorsitzenden des nachgeordneten örtlichen Rates ebenfalls Weisungen erteilen kann, besteht eine Leitungslinie vom Vorsitzenden des Ministerrates bis zum Vorsitzenden des Rates der kleinsten Gemeinde. Diese Stellung des Vorsitzenden des Ministerrates ist auch nach der V.-Änderung von 1974 nur Bestandteil des einfachen Gesetzesrechtes geblieben. Im Ministerratsgesetz von 1972 wurde auch die Suprematie der SED unterstrichen. An sieben Stellen wird die führende Rolle der SED oder der Arbeiterklasse hervorgehoben; jedoch wurde diese Betonung der Suprematie der SED gegenüber dem Ministerrat auch mit dem Änderungsgesetz 1974 nicht Bestandteil des V.-Textes. Auch für die Stellung und die innere Ordnung der örtlichen Volksvertretungen und ihrer Organe gibt die V. nur Rahmenbestimmungen. Im einzelnen sollten die Aufgaben und Befugnisse der örtlichen Volksvertretungen, ihrer Abgeordneten, Kommissionen und ihrer Räte in den Bezirken, Kreisen, Städten, Stadtbezirken, Gemeinden und Gemeindeverbänden durch Gesetz festgelegt werden. Das erfolgte durch das Gesetz über die örtlichen Volksvertretungen und ihre Organe in der Deutschen Demokratischen Republik vom 12. 7. 1973 (GBl. I, S. 313) (Bezirk; Gemeinde; Gemeindeverband; Kreis). V. Sozialistische Gesetzlichkeit und Rechtspflege Zur Sozialistischen Gesetzlichkeit und Rechtspflege legt die V. einige Grundsätze fest. So sollen nach Art. 87 Gesellschaft und Staat die Gesetzlichkeit durch die Einbeziehung der Bürger und ihrer Gemeinschaften in die Rechtspflege und in die gesellschaftliche und staatliche Kontrolle über die Einhaltung des sozialistischen Rechts gewährleisten (Gesellschaftliche Gerichte; Gerichtsverfassung; Rechtswesen). Nach Art. 88 soll die Verantwortlichkeit aller leitenden Mitarbeiter in Staat und Wirtschaft gegenüber den Bürgern durch ein System der Rechenschaftspflicht gewährleistet werden (Rechenschaftslegung). Art. 89 legt fest, daß die Gesetze und anderen allgemein verbindlichen Rechtsvorschriften im Gesetzblatt und anderweitig veröffentlicht werden müssen; Rechtsvorschriften der örtlichen Volksvertretungen sollen in „geeigneter Form“ veröffentlicht werden (Gesetzgebung). Art. 90–102 befassen sich mit dem Rechtswesen (Richter; Staatsanwaltschaft). Art. 103 (früher Art. 103–105) regelt das Eingabe- und Beschwerdewesen (Eingaben). Art. 104 legt die Staatshaftung für Schäden fest, die einem Bürger an seinem persönlichen Eigentum durch gesetzliche Maßnahmen von Mitarbeitern der Staatsorgane zugefügt werden (Staatshaftung). VI. Schlußbestimmungen Nach Art. 105 ist die V. unmittelbar geltendes Recht. Nach Art. 106 kann die V. nur durch Gesetz der Volkskammer geändert werden, das den Wortlaut der V. ausdrücklich ändert oder ergänzt. VII. Würdigung Die V. ist in allen ihren Teilen so gestaltet, daß sie trotz des Festhaltens an einem formellen Mehrparteiensystem die Herrschaft der SED, deren Suprematie, sichert. Schon die Kritik daran wird als verfassungswidrig angesehen und mit Sanktionen, insbesondere des politischen Strafrechts (VI.) belegt. Gegen diese Wertung wendet sich das Lehrbuch „Staatsrecht der DDR“ (Berlin [Ost], 1977, S. 107) mit dem Vorwurf, die Staatsrechtswissenschaftler in der Bundesrepublik Deutschland entwürfen ein nach Maßstäben der bürgerlichen V.-Lehre zurechtgestutztes Bild der sozialistischen V. und der V.-Wirklichkeit in der DDR. Demgegenüber kann darauf verwiesen werden, daß auch oppositionelle Kreise in der DDR, die sich selbst als Kommunisten bezeichnen (Bahro, Biermann, Havemann, Manifest einer SED-Opposition, das, Anfang 1978 veröffentlicht, zwar von nicht geklärter Herkunft ist, dessen Inhalt aber dem entsprechen dürfte, was von oppositionellen Kommunisten in der DDR gedacht wird), die Kritik teilen. Siegfried Mampel Literaturangaben Brunner, Georg: Einführung in das Recht der DDR. 2., neubearb. u. erw. Aufl. München: Beck 1979. (Schriftenreihe der Juristischen Schulung. 29.) Mampel, Siegfried: Die sozialistische Verfassung der Deutschen Demokratischen Republik. Kommentar. 2., völlig neubearb. u. erw. Aufl. Frankfurt a. M.: Metzner 1982. <LI>Staatsrecht der DDR. Lehrbuch. Hrsg. Akad. f. Staats- und Rechtswiss. der DDR.) Berlin (Ost): Staatsverl. d. DDR 1977. Fundstelle: DDR Handbuch. 3., überarbeitete und erweiterte Auflage, Köln 1985: S. 1409–1416 Vereinigung Organisationseigener Betriebe (VOB) A, B, C, D, E, F, G, H, I, J, K, L, M, N, O, P, Q, R, S, T, U, V, W, Z Verkaufsnormen

Verfassung (1985) Siehe auch: Verfassung: 1953 1954 1956 1958 1959 1960 1962 1963 1965 1966 1969 1975 1979 Verfassung und Verwaltung: 1953 1954 1956 Die V. vom 6. 4. 1968 bezeichnet die DDR als sozialistischen Staat. Sie ist die zweite V. der DDR. [S. 1410]Mit Wirkung vom 7. 10. 1974 erging zu ihr ein Gesetz zur Ergänzung und Änderung (GBl. I, S. 425, Neufassung GBl. I, S. 432). I. Entwicklung Die erste V. war mit der Konstituierung der DDR am 7. 10. 1949 in Kraft gesetzt…

DDR A-Z 1985

Feierabendarbeit (1985)

Siehe auch die Jahre 1969 1975 1979 [S. 378]Freiwillige bezahlte Arbeitsleistungen, die von vollbeschäftigten Arbeitern und Angestellten außerhalb ihres bestehenden Arbeitsverhältnisses oder von Bürgern aus der nichtberufstätigen Bevölkerung unter Leitung der staatlichen Organe und Einrichtungen geleistet werden. Im Gegensatz zur früheren Regelung (AO über die Vergütung von F. in den Betrieben, staatlichen Organen und Einrichtungen vom 23. 10. 1967 — GBl. II, S. 746) ist seit dem Beschluß zur Durchsetzung von Ordnung und Disziplin bei Leistung zusätzlicher Arbeit in Betrieben, staatlichen Organen und Einrichtungen vom 4. 2. 1970 (GBl. II, S. 133) den Betrieben und sozialistischen Genossenschaften untersagt, zusätzliche Arbeit im Rahmen von F. und ähnlichen Formen durchzuführen. Gesetzliche Grundlage ist jetzt der Beschluß zur Erhöhung von Ordnung und Disziplin sowie zur Durchsetzung einer straffen Kontrolle bei Leistung zusätzlicher Arbeit vom 14. 8. 1975 (GBl. I, S. 631). Er verpflichtet die Leiter staatlicher und wirtschaftsleitender Organe, Kombinate, Betriebe und Einrichtungen, durch Maßnahmen zur weiteren Intensivierung der Produktion und die Förderung der Masseninitiative der Werktätigen im sozialistischen Wettbewerb sowie die volle rationelle Nutzung des zur Verfügung stehenden Arbeitszeitfonds die Voraussetzungen dafür zu schaffen, daß die Planaufgaben in der gesetzlichen Arbeitszeit erfüllt werden. Zusätzliche Arbeitsleistungen dürfen nur im Rahmen von Überstunden erbracht werden, sofern sie über die gesetzliche Arbeitszeit hinausgehen. „Sozialistische Hilfe“ zwischen den Betrieben, staatlichen Organen und Einrichtungen ist auf vertraglicher Grundlage durchzuführen. Hierbei sollen die einschlägigen Bestimmungen über die vorübergehende Übertragung einer anderen Arbeit beachtet werden (Arbeitsrecht, IV. 4.). Freiwillige bezahlte Tätigkeit von Werktätigen außerhalb bestehender Arbeitsverhältnisse und von Genossenschaftsmitgliedern ist nur unter bestimmten, im einzelnen aufgeführten Voraussetzungen zulässig. Die Bestimmungen des Gesundheits- und Arbeitsschutzes sowie des Brandschutzes sollen konsequent durchgesetzt werden. Die wichtigste Ausnahme gilt für den Baubereich. Es gilt dafür die AO über die Zulässigkeit, Vergütung und Kontrolle von zusätzlicher Arbeit bei der Vorbereitung und Durchführung von Baumaßnahmen vom 25. 8. 1975 (GBl. I, S. 632). Darin ist im einzelnen geregelt, für welche Baumaßnahmen zusätzliche Arbeit erlaubt ist. Die Vergütung erfolgt nach in einer Anlage zur AO festgelegten Stundenverrechnungssätzen. Sonn- und Feiertagszuschläge sind zu zahlen. Die Vergütung ist lohnsteuerfrei und unterliegt nicht der Beitragspflicht zur Sozialversicherung. Für die stunden- und tageweise Beschäftigung zur Durchführung von Baumaßnahmen geringen Umfangs von Handwerkern und anderen Gewerbetreibenden, die Mitglied der Handwerkskammer oder der Industrie- und Handelskammer sind, gilt die Vereinbarung zwischen dem Bundesvorstand des FDGB und den Handwerkskammern der Bezirke, der Handwerkskammer Groß-Berlin, den Industrie- und Handelskammern der Bezirke und der Industrie- und Handelskammer Groß-Berlin vom 1. 3. 1973 mit ähnlichem Inhalt. Dienstleistungen, die von Privatleuten für persönliche Zwecke, z.B. Reparaturen im Haushalt oder Eigenheimbau in Anspruch genommen werden, fallen nicht unter den Geltungsbereich der genannten Bestimmungen und Vereinbarungen. Das gilt auch für die organisierte Aufbauarbeit im Rahmen des Nationalen Aufbauwerkes (NAW). Fundstelle: DDR Handbuch. 3., überarbeitete und erweiterte Auflage, Köln 1985: S. 378 Familienrecht A, B, C, D, E, F, G, H, I, J, K, L, M, N, O, P, Q, R, S, T, U, V, W, Z Feiern, Sozialistische

Siehe auch die Jahre 1969 1975 1979 [S. 378]Freiwillige bezahlte Arbeitsleistungen, die von vollbeschäftigten Arbeitern und Angestellten außerhalb ihres bestehenden Arbeitsverhältnisses oder von Bürgern aus der nichtberufstätigen Bevölkerung unter Leitung der staatlichen Organe und Einrichtungen geleistet werden. Im Gegensatz zur früheren Regelung (AO über die Vergütung von F. in den Betrieben, staatlichen Organen und Einrichtungen vom 23. 10. 1967 — GBl. II, S. 746) ist seit dem…

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Operationsforschung (1985)

Siehe auch die Jahre 1969 1975 1979 Bei der O. handelt es sich um verschiedene Planungs- und Optimierungsmethoden, die in den USA speziell im militärischen Bereich während des II. Weltkrieges entwickelt und unter der Bezeichnung „Operations Research“ bekannt wurden. Im Laufe der Zeit hat sich hieraus eine interdisziplinäre Forschungsrichtung entwickelt, die im deutschsprachigen Raum auch als Entscheidungsforschung, Unternehmensforschung oder Optimierungskunde bezeichnet wird. Sie bedient sich der Entwicklung und Anwendung mathematischer, mathematisch-statistischer und logistischer Verfahren, um quantifizierte Entscheidungsunterlagen für diejenigen Fälle zu liefern, in denen bei einer Mehrzahl von Handlungsmöglichkeiten die optimale ausgewählt werden soll. In der DDR befaßte man sich mit einzelnen Verfahren der O. seit Anfang der 60er Jahre. Nach dem VII. Parteitag der SED im Jahre 1967 erfuhr die O. eine starke staatliche Förderung und gewann als eine Methode der Sozialistischen Wirtschaftsführung vor allem in Verbindung mit der Sozialistischen Betriebswirtschaftslehre und der (bis zum VIII. Parteitag der SED im Jahr 1971 noch existierenden) marxistisch-leninistischen Organisationswissenschaft an Bedeutung. Sie ist neben der Wissenschaftlichen ➝Arbeitsorganisation (WAO), der Kybernetik und der Elektronischen ➝Datenverarbeitung (EDV) Teil der Sozialistischen Leitungswissenschaft. O., nach Honecker anläßlich des VIII. Parteitages der SED (1971), bedeutet „Anwendung wissenschaftlicher Methoden und Verfahren zur Untersuchung ökonomischer, technologischer und auch gewisser gesellschaftlicher Prozesse, ihrer Organisation und Verhaltensweise, mit dem Ziel, optimale Lösungen zu erreichen“. In den 60er Jahren ist eine Vielzahl von Standardmodellen der O. theoretisch ausgearbeitet und sowohl für die Qualifizierung verschiedener Planentscheidungen in zentralen staatlichen Organen als auch in VVB, Kombinaten und Betrieben eingesetzt worden. Ihre praktische Wirksamkeit wurde bisher jedoch als „zu gering“ erachtet. Daher forderte man z.B. in der Direktive zum Fünfjahrplan 1971–1975 für die Grundlagenforschung die Entwicklung anwendungsreifer Lösungsverfahren. Die besondere Zielstellung für die gesamtwirtschaftliche Anwendung der O. auf der Grundlage der Forschungs- und Entwicklungsergebnisse besteht vor allem darin, einen optimalen Beitrag zur Verwirklichung der Hauptaufgaben auch des neuen Fünfjahrplanes für 1981–1985 zu leisten. Darüber hinaus enthält das Komplexprogramm des RGW Festlegungen, die dazu beitragen sollen, die Effektivität von Leitungsfunktionen in den RGW-Ländern durch gemeinsame Forschungen und Entwicklungen auf dem Gebiet der O. zu erhöhen. [S. 954]Die O. ist in der Regel Teil der Grundausbildung der Grundstudienrichtung „Wirtschaftswissenschaften“. Fundstelle: DDR Handbuch. 3., überarbeitete und erweiterte Auflage, Köln 1985: S. 953–954 Ökonomisches System des Sozialismus (ÖSS) A, B, C, D, E, F, G, H, I, J, K, L, M, N, O, P, Q, R, S, T, U, V, W, Z Opportunismus

Siehe auch die Jahre 1969 1975 1979 Bei der O. handelt es sich um verschiedene Planungs- und Optimierungsmethoden, die in den USA speziell im militärischen Bereich während des II. Weltkrieges entwickelt und unter der Bezeichnung „Operations Research“ bekannt wurden. Im Laufe der Zeit hat sich hieraus eine interdisziplinäre Forschungsrichtung entwickelt, die im deutschsprachigen Raum auch als Entscheidungsforschung, Unternehmensforschung oder Optimierungskunde bezeichnet wird. Sie bedient…

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Wissenschaftlich-technische Zusammenarbeit (WTZ) (1985)

Siehe auch die Jahre 1969 1975 1979 1. Zwei- und mehrseitige Zusammenarbeit. Bezeichnung für den entgeltlichen oder kostenlosen Austausch von wissenschaftlich-technischen Informationen, von Produktions-Know-how und von Naturwissenschaftlern und Technikern zwischen Mitgliedsländern des Rates für Gegenseitige Wirtschaftshilfe (RGW). Über den reinen Austausch hinausgehend, wird seit Beginn der 70er Jahre unter WTZ generell die Koordinierung, Kooperation und gemeinsame Durchführung von Forschungsarbeiten verstanden. Sie wird als eine der Integrationsformen angesehen, in denen sich die sozio-ökonomische und politisch-institutionelle Annäherung der RGW-Mitgliedstaaten vollziehen soll. Die anderen Integrationsformen stellen nach diesem Verständnis die wirtschaftliche, partei- und außenpolitische sowie ideologisch-theoretische und kulturelle Zusammenarbeit dar. Auch Beziehungen zu wissenschaftlichen Einrichtungen außerhalb der Mitgliedstaaten des RGW, etwa zu wissenschaftlich-technischen Spezialorganisationen der Vereinten Nationen sowie zu Forschungsprojekten der UNESCO, werden gelegentlich als WTZ bezeichnet. Im einzelnen beinhaltet WTZ: a) die Überlassung wissenschaftlich-technischer Dokumentation über bestimmte Produktionsanlagen und Fertigungsverfahren, worunter Zeichnungen, Spezifikationen, Wartungs-, Bedienungs- und Montageanleitungen, Ersatzteilkataloge und Reparaturvorschriften verstanden werden, b) die Überlassung von Unterlagen über erfolgreich abgeschlossene Forschungs- und Entwicklungsaufgaben, c) die Übernahme der Ausbildung von technischen Fachkräften des Partnerstaates in den eigenen Industriebetrieben und wissenschaftlichen Einrichtungen, d) die Entsendung von Fachkräften zur technischen Hilfeleistung beim wirtschaftlichen, vor allem industriellen Aufbau in das Land des Vertragspartners und e) die internationale bi- und multilaterale Zusammenarbeit in der Grundlagen-Forschung, der angewandten Forschung sowie der Entwicklung und Konstruktion. Dies eröffnet ein Spektrum der WTZ von gegenseitigen Informationen und Konsultationen in wissenschaftlich-technischen Fragen über die gemeinsame Prognose, Planung und Durchführung von Forschung bis hin zur gemeinsamen kommerziellen Verwertung von Forschungsergebnissen. WTZ berührt die Außenwirtschaftsbeziehungen (Außenwirtschaft und Außenhandel), insbesondere in den Fragen des Lizenzhandels (Lizenzen), der [S. 1527]Spezialisierung und der Standardisierung der Produktion sowie gemeinsamer Investitionen. An seiner praktischen Gestaltung sind neben den Leitungen der Ministerien und Ämter die Führungskräfte von bedeutenderen wissenschaftlichen Einrichtungen der Akademien, Universitäten und Hochschulen, von größeren und exportintensiven Kombinaten sowie auch Außenhandelsbetriebe (AHB) beteiligt. 2. Entwicklung. Der zunächst nur zweiseitige Austausch setzte bilaterale Abkommen voraus. Das 1. Abkommen über WTZ wurde 1951 mit der Sowjetunion geschlossen. Zur Beschleunigung des gegenseitigen Entscheidungsprozesses bei Austauschgesuchen sowie zur allgemeinen Förderung der WTZ bildete die DDR mit den Partnerstaaten in den 60er Jahren eine Reihe zweiseitiger Institutionen: a) Paritätische Kommission für ökonomische und WTZ der DDR und der UdSSR; b) Gemeinsamer deutsch-tschechoslowakischer Austausch für wirtschaftliche und WTZ; c) Deutsch-polnischer Ausschuß für wirtschaftliche und WTZ; d) Deutsch-ungarischer Ausschuß für wirtschaftliche und WTZ; e) Gemeinsame Regierungskommission für wirtschaftliche Zusammenarbeit zwischen der DDR und der Sozialistischen Republik Rumänien; f) Deutsch-bulgarischer Ausschuß für WTZ; g) Deutsch-jugoslawisches Komitee für wirtschaftliche und WTZ; h) Ständige Kommission für WTZ zwischen der DDR und der Volksrepublik China; i) Ständige Kommission für WTZ zwischen der DDR und der Demokratischen Republik Vietnam. Die WTZ erfolgt auf der Grundlage der zweiseitigen Freundschaftsverträge und auf der Ebene des RGW (Außenpolitik). Im RGW wurden neben den bestehenden branchenbezogenen Ständigen Kommissionen 3 Komitees für die Zusammenarbeit auf den Gebieten der Wissenschaft und Technik, der „materiell-technischen Versorgung“ und der Planung mit Sitz in Moskau geschaffen. Diese Gremien versuchen, Forschungs- und Entwicklungsvorhaben innerhalb und zwischen den beteiligten RGW-Staaten aufeinander abzustimmen, wobei sowohl Aspekte wirtschaftlicher Rationalität als auch politische Erwägungen — vor allem der sowjetischen Blockpolitik — ausschlaggebend sind. Die zunächst bestehende Regelung, daß der wissenschaftlich-technische Austausch grundsätzlich kostenlos erfolgen sollte, führte tendenziell zur Benachteiligung der weiterentwickelten Industriestaaten DDR und ČSSR, deren wissenschaftlich-technisches Potential von den übrigen RGW-Mitgliedsländern weitgehend genutzt werden konnte. Sie erleichterte auch den Mißbrauch ausgetauschter Informationen. Aufgrund der überlassenen Dokumentationen wurden in den Partnerländern gleichartige Produktionsstätten aufgebaut, die nicht nur den eigenen Markt belieferten, sondern auch eine Konkurrenz für den Ursprungsbetrieb auf anderen Außenmärkten bedeuteten. Im Hinblick auf das Innovationstempo war bedeutsam, daß ausschließlich bereits bestehende Erfindungen, Verfahren und Erfahrungen („altes Wissen“) ausgetauscht wurden. Die 1966 einsetzende Wendung brachte die Kommerzialisierung der WTZ. Darüber hinaus wurde nun auch die Abstimmung laufender Forschungs- und Entwicklungsarbeiten vertraglich mit erfaßt. Mit der Übertragung des bisher lediglich innerstaatlich angewandten geschäftsförmigen Vertrages auf die zwischenstaatlichen Beziehungen im Jahr 1970 wurde die WTZ auch rechtlich auf die Koordinierung, Kooperation und gemeinsame Durchführung von Forschungsarbeiten ausgeweitet. Damit wurden erste Schritte zur bilateralen und multilateralen Gewinnung „neuen Wissens“ unternommen. Im „Komplexprogramm zur weiteren Vertiefung und Verbesserung bei der Zusammenarbeit und Entwicklung der sozialistischen ökonomischen Integration der RGW-Mitgliedsstaaten“ aus dem Jahre 1971, in dem 1972 getroffenen RGW-Beschluß zu den „Organisatorisch-methodischen, ökonomischen und rechtlichen Grundlagen der WTZ der Mitgliedsländer des RGW und der Tätigkeit der RGW-Organe auf diesem Gebiet“ sowie in den inzwischen entworfenen Musterverträgen wurden die Inhalte, Formen sowie planungs- und finanztechnischen Regelungen der WTZ für die nächsten 10–20 Jahre näher bestimmt. In den 70er Jahren wurden weitere RGW-Regelungen hinsichtlich der WTZ getroffen und von der DDR übernommen, die neben allgemeinen Bedingungen für die Liefer- und Leistungsbeziehungen auch solche der Standardisierung, Spezialisierung und Zusammenarbeit in der Produktion, des Erfindungs- und Patentwesens, der Gründung internationaler ökonomischer Organisationen und der Schiedsgerichtsbarkeit gesetzlich festlegen. Das Komplexprogramm fixiert 18 Themenbereiche für die bilaterale bzw. multilaterale Forschung und Entwicklung. Darunter fallen Forschungen auf den Gebieten der Biophysik, der Kybernetik, der Entwicklung neuer Kunststoffe, der Nutzung mineralischer Ressourcen, der Rechentechnik und der Gewinnung von Kernenergie. Die Konkretisierung und Aufnahme neuer Themen erfolgen in Regierungs- und Ressortabkommen, in interministeriellen Vereinbarungen sowie in Verträgen und zentral bestätigten Vereinbarungen zwischen den direkt betroffenen Einrichtungen (Institute bzw. Betriebe). Sollten zunächst möglichst breite Bereiche der naturwissenschaftlich-technischen Forschung in die WTZ einbezogen werden, so stehen seit 1975 Bemühungen im Vordergrund, die WTZ als „Wachstums- und Intensivierungsfaktor“ auf Themengebiete mit besonderer Bedeutung für das wirtschaftliche Wachstum der beteiligten Staaten zu konzentrieren. Auch die Gesellschaftswissenschaften werden verstärkt zur WTZ aufgefordert, was zunächst zu einer stärkeren Institutionalisierung auch zuvor schon bestehender internationaler Kontakte führte, so in 1972 und 1976 gegründeten „Gemeinsamen Kommissionen“ von Philosophen und Soziologen sowie von Ökonomen der DDR und der UdSSR und in den regelmäßigen Zusammenkünften der Akademiepräsidenten und der Univer[S. 1528]sitätsrektoren interessierter RGW-Mitgliedstaaten. Die Zahl der gesellschaftswissenschaftlichen Publikationen, die von international zusammengesetzten Autorengruppen verfaßt werden, stieg seitdem an. Die Konzeption, die WTZ insbesondere in den Wachstumsindustrien — das sind vor allem die Chemische Industrie, die Elektrotechnische und elektronische Industrie und der Werkzeugmaschinenbau — zu forcieren, ist bereits bei der zweiseitigen Koordinierung der Fünfjahrpläne 1976–1980 der RGW-Mitgliedsländer verfolgt und bei der Abstimmung der Pläne 1981–1985 fortgesetzt worden. Die multilateral vereinbarte Gründung von Gemeinschaftsprojekten fand im Jahr 1975 im „abgestimmten Plan mehrseitiger Integrationsmaßnahmen der Mitgliedsländer des RGW für 1976–1980“ seinen Niederschlag. Mit der Verabschiedung dieses Planes wurde die bis dahin übliche Methode der zweiseitigen Abstimmung erstmals aufgegeben. Der Plan sieht die Verbindung von WTZ, internationaler Produktionsspezialisierung (im Maschinenbau und der chemischen Industrie) und gemeinsamen Investitionen zur Rohstoff- und Energieversorgung (Gesamtumfang rd. 9 Mrd. Transfer-Rubel) vor. Entsprechend konzentrieren sich die WTZ-Themen auf Entwicklungen zur rentableren Gewinnung und Nutzung von Rohstoffen und Brennstoffen, zum Pflanzenschutz, zur Ernährungswirtschaft und zur Anwendung biomedizinischer Verfahren. Zur Ergänzung des „abgestimmten Planes“ werden seit 1977 besondere Zielprogramme für die genannten Schwerpunktthemen sowie für die Entwicklung des Transportwesens und der Konsumgüterindustrie in den beteiligten RGW-Mitgliedstaaten im Zeitraum bis 1990 erarbeitet. Ein Generalabkommen über die Modernisierung der Energieverbundsysteme ist bereits im Jahr 1977 unterzeichnet worden. Die in den Zielprogrammen enthaltenen Maßnahmen ergeben bereits ⅔ der vom zentralen Komitee für WTZ des RGW, Moskau, gebilligten rd. 200 Probleme, die die Hauptrichtungen der Zusammenarbeit bis 1990 festlegen. Unter ihnen erhielten die Themen des Zielprogrammes „Energie, Brennstoffe, Rohstoffe“ 1980 die allgemeine Priorität. In der Praxis ist eine gewisse Verlagerung der WTZ-Aktivitäten vom bilateralen Austausch zu zwei- oder mehrseitigen Gemeinschaftsprojekten eingetreten. Entsprechend soll der Exportanteil derjenigen Güter der DDR, die von der internationalen Zusammenarbeit erfaßt werden, von 1 v.H. im Jahr 1970 auf 31 v.H. im Jahr 1981 gestiegen sein. Neben der Zusammenarbeit in der Grundlagenforschung sowie der angewandten Forschung und Konstruktion stehen dabei der Ausbau von internationalen Informationssystemen sowie Spezialisierungen in der Aus- und Weiterbildung von Forschungspersonal im Vordergrund (Information). Für die Verrechnung der Aufwendungen der an der WTZ beteiligten Staaten werden verschiedene Vertragstypen benutzt, vor allem Verträge über wissenschaftlich-technische Leistungen und Nutzung von Lizenzen. Auch die grenzüberschreitende Auftragsforschung wird im Rahmen der in den 70er Jahren vereinbarten Regelungen des RGW abgewickelt. Die bisher durchgeführten WTZ-Maßnahmen werden als Schritte auf dem Weg zu einer arbeitsteilig organisierten internationalen Infrastruktur auf naturwissenschaftlich-technischem Gebiet gesehen. Die Etablierung supranationaler Planungs- und Leitungsorgane des RGW wird gegenwärtig offiziell nicht angestrebt. Statt dessen soll ein Netz bilateraler und multilateraler Fachkontakte und Beziehungen geschaffen werden. Die Zahl der direkt zusammenarbeitenden Forschungsstätten, Projektierungs- und Konstruktionsbüros erhöhte sich in den 70er Jahren von 1300 auf 3.000. Insgesamt wurden 16.000 Forschungsarbeiten abgeschlossen, aus denen 1600 neue Maschinen, Geräte und Vorrichtungen, 1200 neue oder weiterentwickelte Technologien sowie 1300 neue Materialien und Präparate hervorgingen. a) Internationale Koordinierungszentren. Wichtige Forschungseinrichtungen einzelner Staaten werden auf der Grundlage zwischenstaatlicher Verträge damit beauftragt, die Forschung in einer Disziplin, einem Forschungszweig oder zu einem wichtigen wissenschaftlichen oder technologischen Problem international zu koordinieren. Von den insgesamt 56 Zentren (1979) residieren 33 in der UdSSR, 4 in der DDR: Kombinat Luft- und Kältetechnik, Dresden (Schutz der Atmosphäre), VEB Petrolchemisches Kombinat, Schwedt (Treibstoff und Ölzusätze), Institut für Düngungsforschung der Akademie der Landwirtschaftswissenschaften, Leipzig (Düngemittel), und Forschungszentrum für Tierproduktion derselben Akademie, Dummerstorf (Viehzucht). b) Internationale Institute. Als Forschungseinrichtungen der Organe des RGW bestehen das Internationale Institut für Standardisierung sowie für ökonomische Probleme des sozialistischen Weltsystems, beide in Moskau. Zwischenstaatlich vereinbart und von den beteiligten Staaten finanziell getragen werden das Vereinigte Institut für Kernforschung, Dubna/UdSSR, und das Internationale Forschungsinstitut für Leitungsprobleme, Moskau. Durch Vereinbarung und Finanzierung der Akademien entstanden Laboratorien und Zentren für Weiterbildung: das Internationale Laboratorium für starke Magnetfelder und tiefe Temperaturen, Breslau (1968), das Gemeinsame Laboratorium für Bohrlochspülungen und -zemente, Câmpina/Rumänien (1975), das Internationale Mathematische Zentrum „Stefan Banach“ zur Weiterbildung wissenschaftlicher Kader, Warschau (1972), das Internationale Zentrum der Akademien sozialistischer Länder zur Weiterbildung wissenschaftlicher Kader am Minsker Institut für Wärme- und Stoffaustausch (1973), das Internationale Zentrum für Elektronenmikroskopie beim AdW-Institut für Festkörperphysik und Elektronenmikroskopie, Halle (1975). c) Zusammenarbeit DDR–UdSSR. Wichtigster WTZ-Partner der DDR ist die UdSSR; sie verfügt über etwa 80 v.H. des Forschungspotentials der Mitgliedstaaten des RGW. Gemessen am sowjetischen Forschungsaufwand beträgt der im internationalen Vergleich recht hohe Aufwand der DDR nur 7–8 v.H. Aus diesen Angaben kann dennoch nicht unmittelbar geschlossen werden, daß die DDR auf allen Gebieten von der [S. 1528]UdSSR abhängig sei. Eine derartige Abhängigkeit besteht jedoch auf jeden Fall auf den Gebieten, in denen sich die Sowjetunion — nicht zuletzt aus machtpolitischen Gründen — die forschungspolitische Dominanz vorbehalten hat: Atom- und Raumfahrtforschung, Luftfahrt und Nachrichtentechnik und in bestimmtem Umfang auch bei der Elektronischen ➝Datenverarbeitung (EDV). Angesichts der Wissenschaftspotentiale und der Tatsache, daß schon in der Zwischenkriegszeit zwischen dem damaligen Deutschen Reich und der Sowjetunion rege wissenschaftliche Kontakte bestanden, sind die zwischen der DDR und der UdSSR erzielten Austauschquoten nicht sonderlich groß. Zwischen 1951 und 1971 lieferte die UdSSR technische Dokumentationen zu rd. 5.000 Themen und erhielt solche zu rd. 3.000 Themen. Im gleichen Zeitraum entsandte die UdSSR 8.000 Fachkräfte aller Gebiete und empfing 12.000 Wissenschaftler und Techniker aus der DDR. Mit dem sich ausweitenden und strukturell zugunsten veredelter Produkte verschiebenden Außenhandel verstärkte sich in den 70er Jahren die WTZ. Langfristige Spezialisierung und Lieferbeziehungen erlauben der DDR die rentable Großserienfertigung, insbesondere im Schienenfahrzeug- und Schiffbau sowie bei der Fertigung von Schmiede- und Umformausrüstungen. Ein 1979 zwischen beiden Staaten vereinbartes „Programm der Spezialisierung und Kooperation der Produktion bis 1990“ soll helfen, auf 36 Gebieten durch WTZ und Produktionsvereinbarungen weitere Möglichkeiten einer rentableren Nutzung wissenschaftlicher und produktionstechnischer Kapazitäten zu erkunden. So wurde 1981 die Zusammenarbeit in der Forschung und der Produktion auf dem Gebiet der Robotertechnik vereinbart. Besondere Aufmerksamkeit wird den zeitweiligen Forschergruppen gewidmet, die sich aus Wissenschaftlern, Projektanten und Konstrukteuren beider Staaten zusammensetzen. 1974 bestanden 25 solcher Gruppen. Leistungen mit internationalem Niveau wurden für die chemische Industrie, besonders das „Polymir 50“ genannte Verfahren zur Gewinnung von Hochdruckpolyäthylen, für die Mikroelektronik und die Weltraumforschung erzielt. d) Institutionen. Neben den Leitungsgremien des RGW und den bilateralen, paritätischen Kommissionen haben sich folgende Institutionen der WTZ herausgebildet: 1. Zeitweilige internationale Forschergruppenbei nationalen Einrichtungen. So arbeiteten im Jahr 1975 in der chemischen Forschung und Entwicklung insgesamt 25 deutsch-sowjetische Forschungsgruppen, davon 12 in der DDR und 13 in der UdSSR. 2. Internationale Wissenschafts- und Produktionsstättenfür die gemeinsame Forschung und Entwicklung, die Fertigung, z. T. den Absatz neuer Verfahren und Erzeugnisse. Gegründet wurden: Intertalonpribor (Meßgeräte), Moskau (1972); Interatominstrument (kerntechnische Geräte) Warschau (1972); Interkomponent (elektronische Bauelemente), Warschau (1973); Interatomenergo (Kernkraftwerke), Moskau (1973); Intertextilmasch (Textilmaschinen), Moskau (1973); Interchimwolokno (Chemiefasern), Bukarest (1974). 3. Zwischenstaatliche Organisationen mit gemeinsamen Leitungsgremienauf dem Gebiet der Weltraumforschung. Gegründet wurden: Interkosmos (Weltraumforschung), Moskau (1970); Intersputnik (Nachrichtenwesen), Moskau (1971). 4. Bilaterale und multilaterale Konferenzen. Der gegenseitigen Information, Beratung sowie Koordinierung und Organisation der WTZ dienen die in jährlichen oder längeren Abständen einberufenen Sitzungen und Konferenzen der paritätischen Regierungsausschüsse, der gemeinsamen Kommissionen der Gesellschaftswissenschaftler sowie der Vertreter der Akademien der Wissenschaften. Internationale ➝Wirtschaftsverträge. Fundstelle: DDR Handbuch. 3., überarbeitete und erweiterte Auflage, Köln 1985: S. 1526–1528 Wissenschaftlich-technischer Vorlauf A, B, C, D, E, F, G, H, I, J, K, L, M, N, O, P, Q, R, S, T, U, V, W, Z Wohnbezirk

Siehe auch die Jahre 1969 1975 1979 1. Zwei- und mehrseitige Zusammenarbeit. Bezeichnung für den entgeltlichen oder kostenlosen Austausch von wissenschaftlich-technischen Informationen, von Produktions-Know-how und von Naturwissenschaftlern und Technikern zwischen Mitgliedsländern des Rates für Gegenseitige Wirtschaftshilfe (RGW). Über den reinen Austausch hinausgehend, wird seit Beginn der 70er Jahre unter WTZ generell die Koordinierung, Kooperation und gemeinsame Durchführung von…

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Amnestie (1985)

Siehe auch die Jahre 1960 1962 1963 1965 1966 1969 1975 1979 Das A.- und Begnadigungsrecht wird vom Staatsrat ausgeübt (Art. 74 Abs. 2 der Verfassung, in der Fassung vom 7. 10. 1974). Seit dem aus Anlaß der Gründung der DDR erlassenen Gesetz zur Gewährung von Straffreiheit vom 11. 11. 1949, das Freiheitsstrafen bis zu 6 Monaten betraf, sind bis 1964 in fast regelmäßigen Abständen Häftlinge aufgrund von 9 Begnadigungsaktionen oder A. vorzeitig aus der Haft entlassen worden. Allein von der Gnadenaktion des damals dafür zuständigen Präsidenten der DDR vom 7. 10. 1951 wurden ca. 20.000 Häftlinge betroffen. Spätere Entlassungsaktionen erstreckten sich auch auf politische Gefangene. Bis auf den Staatsrats-Beschluß vom 1. 10. 1960, insoweit durch diesen bestimmte Strafen erlassen wurden, gehen alle diese Entlassungsaktionen nur auf allgemeine Gnadenakte des Präsidenten bzw. Staatsrats der DDR zurück. Sie begründeten keinen Anspruch auf Begnadigung, sondern machten diese von einer besonderen Prüfung des Einzelfalles abhängig. Nach dem A.-Erlaß des Staatsrats vom 3. 10. 1964 konnten Strafen auf dem Gnadenwege erlassen werden, wenn die Verurteilten aufgrund ihres Gesamtverhaltens die Gewähr dafür boten, daß sie künftig die sozialistische Gesetzlichkeit einhalten werden (GBl. I, S. 135). Deshalb sind nur wenige politische ➝Häftlinge in den Genuß dieses Gnadenaktes gelangt. Aufgrund des Beschlusses des Staatsrats vom 6. 10. 1972, der nur in den DDR-Zeitungen, nicht aber im Gesetzblatt veröffentlicht worden ist, sind lt. ADN „25.351 politische und kriminelle Straftäter aus dem Strafvollzug und 6.344 Personen aus der Untersuchungshaft entlassen“ worden, 2.087 von ihnen in die Bundesrepublik Deutschland. Die aus Anlaß des 30. Jahrestages der DDR erlassene A. des Staatsrats vom 24. 9. 1979 (GBl. I, S. 281) galt — im Gegensatz zu der von 1972 — nur für Personen, die bereits rechtskräftig verurteilt worden waren, und zwar vor dem 7. 10. 1979. Ausgenommen von der A. waren wegen NS- und Kriegsverbrechen, anderer schwerer Verbrechen, insbesondere wegen Gewaltverbrechen oder Militärspionage Verurteilte sowie Personen, die mehrfach mit Freiheitsstrafe vorbestraft waren. Nicht amnestiert wurden auch wegen „staatsfeindlichen Menschenhandels“ nach § 105 StGB, also wegen Fluchthilfe verurteilte Häftlinge. Wie bei der A. 1972 wurden auch bei dieser A. die nicht verbüßten Strafen nicht erlassen, sondern nur auf Bewährung ausgesetzt. Bei einer innerhalb von 3 Jahren erfolgten erneuten Verurteilung zu einer Freiheitsstrafe war die nicht vollstreckte Strafe zu vollziehen. Soweit sie nicht aus dem Bundesgebiet oder Berlin (West) stammten, wurden die Häftlinge in die DDR entlassen. Erst nach langen Bemühungen durften zahlreiche der aus politischen Gründen verurteilten Amnestierten in den folgenden Jahren aus der DDR ausreichen. Spezielle A. für Flüchtlinge enthalten das Gesetz zur Regelung von Fragen der Staatsbürgerschaft vom 16. 10. 1972 (GBl. I, S. 265) und die VO zu Fragen der Staatsbürgerschaft der DDR vom 21. 6. 1982 (GBl. I, S. 418), durch die Bürgern der DDR, die vor dem 1. 1. 1972 bzw. 1. 1. 1981 die DDR ohne Genehmigung verlassen haben, die Staatsbürgerschaft der DDR aberkannt worden ist. Diesem Personenkreis wurde „wegen des ungenehmigten Verlassens der DDR“ (Republikflucht) Straffreiheit gewährt. Fundstelle: DDR Handbuch. 3., überarbeitete und erweiterte Auflage, Köln 1985: S. 43 Amateurfunk A, B, C, D, E, F, G, H, I, J, K, L, M, N, O, P, Q, R, S, T, U, V, W, Z Amortisationen

Siehe auch die Jahre 1960 1962 1963 1965 1966 1969 1975 1979 Das A.- und Begnadigungsrecht wird vom Staatsrat ausgeübt (Art. 74 Abs. 2 der Verfassung, in der Fassung vom 7. 10. 1974). Seit dem aus Anlaß der Gründung der DDR erlassenen Gesetz zur Gewährung von Straffreiheit vom 11. 11. 1949, das Freiheitsstrafen bis zu 6 Monaten betraf, sind bis 1964 in fast regelmäßigen Abständen Häftlinge aufgrund von 9 Begnadigungsaktionen oder A. vorzeitig aus der Haft entlassen worden. Allein von der…

DDR A-Z 1985

Frauenkommission (1985)

Ehrenamtliche Kommission der Betriebsgewerkschaftsleitung (BGL) oder bei dem Vorstand einer Landwirtschaftlichen Produktionsgenossenschaft zur Vertretung der sozialen Interessen, zur vollen wirtschaftlichen und gesellschaftlichen Einbeziehung und zur ideologisch-politischen Erziehung der berufstätigen Frauen. Bis zu den Gewerkschaftswahlen 1981/82 hießen die F. Frauenausschüsse. Die F. wurden nach mancherlei Versuchen in den vorangegangenen Jahren durch Beschluß des Politbüros des ZK der SED vom 8. 1. 1952 als selbständige Organe unter unmittelbarer politisch-organisatorischer Verantwortung der Partei in allen Betrieben und Institutionen gebildet. Der FDGB übernahm aufgrund eines erneuten Politbürobeschlusses (15. 12. 1964) am 15. 1. 1965 die F. als Teile seiner Betriebsgewerkschaftsorganisation (BGO). Im Unterschied zu anderen Kommissionen werden die Mitglieder der F. jedoch direkt in Frauenvollversammlungen (in Großbetrieben auf Delegiertenkonferenzen) durch die weiblichen FDGB-Mitglieder vor der Neuwahl der BGL gewählt. Die Kandidatenaufstellung erfolgt in Absprache mit der amtierenden BGL; die Vorsitzende der F. wird auf die Vorschlagsliste für die neuzuwählende BGL gesetzt. In Großbetrieben soll die Vorsitzende der F. zu den von Arbeitsverpflichtungen freigestellten Mitgliedern der BGL gehören. Bei den Gewerkschaftswahlen 1976/77 wurde den BGO mit einem Frauenanteil von über 70 v.H. erstmals freigestellt, ob noch ein F. gewählt werden soll. Diese Bestimmung ist Bestandteil der Satzung des FDGB von 1977 geworden; in ihr kommt zum Ausdruck, daß in den gewählten (nicht in den hauptamtlichen) Vorständen Frauen fast entsprechend ihrem Anteil an der Mitgliedschaft vertreten sind (1982: Anteil der Frauen an der Mitgliedschaft des Freien Deutschen Gewerkschaftsbundes [FDGB] 52 v.H., an den gewählten FDGB-Funktionären in den BGO 50,9 v.H.). Voraussetzung für die Wahl einer F. ist im übrigen, daß die BGO wenigstens 30 Frauen unter ihren Mitgliedern zählt. — In der F. sollen möglichst alle weiblichen Beschäftigungsgruppen, insbesondere aber Produktionsarbeiterinnen vertreten sein. Vorgesehen sind monatlich eine Sitzung der F. sowie jährlich zwei von der BGL einzuberufende Frauenversammlungen, auf denen über Vorhaben und Arbeitsergebnisse der F. berichtet wird sowie Vorschläge für deren weitere Tätigkeit gemacht werden können. Schwerpunkte der Arbeit der F. sind: 1. Politisch-ideologische Förderung der Leistungsbereitschaft der Frauen; Heranbildung der Frauen zu sozialistischen Persönlichkeiten (Persönlichkeitstheorie, sozialistische). 2. Ausarbeitung von Plänen zur Aus- und Weiterbildung sowie zum qualifikationsgerechten Einsatz der weiblichen Beschäftigten unter besonderer Berücksichtigung der sich aus der Anwendung neuer Techniken im Arbeitsprozeß ergebenden Veränderungen in den Arbeitsanforderungen. 3. Verbesserung der Arbeits- und Lebensbedingungen (insbes. Kontrolle über die Einhaltung der gesetzlichen Gesundheits- und Arbeitsschutzbestimmungen; Vorschläge zur Verbesserung der regionalen Infrastruktur: Handel, Versorgung, Dienstleistungen, Berufsverkehr). 4. Vertretung der Interessen der berufstätigen Mütter (Ausbau der betrieblichen Kinderkrippen und Kindergärten, Betreuung während des Wochenurlaubs und des „Babyjahres“ Mutterschutz/Förderung von Mutter und Kind], Vergrößerung der Zahl der Kuren der Sozialversicherung für Mütter mit mehreren Kindern). Die F. haben das Recht, Kritik zu üben, Vorschläge zu machen und Empfehlungen auszusprechen. Die Werkleiter bzw. deren Beauftragte haben die Arbeit der F. durch Auskünfte zu unterstützen und müssen über getroffene oder unterlassene Maßnahmen aufgrund von Vorschlägen der F. diesen Rechenschaft ablegen. Wichtiges Instrument der F. ist der jährliche Frauenförderungsplan, der als Teil des Betriebskollektivvertrages (BKV) von der Werkleitung, der BGL und deren Kommissionen ausgearbeitet wird. In dem Frauenförderungsplan finden sich zu allen Aufgabengebieten der F. entsprechende Festlegungen, insbesondere zur Aus- und Weiterbildung, zum Arbeitseinsatz von Frauen, nachdem diese entsprechende berufliche Qualifikatio[S. 451]nen erlangt haben, und zum Ausbau der betrieblichen Sozialeinrichtungen. Als Auswirkung der genannten Möglichkeit, in Betrieben mit über 70 v.H. weiblichen Beschäftigten auf F. zu verzichten, ist die Zahl der F. rückläufig: 1973: 13.162 (104.311 Mitgl.); 1976: 10.074 (80.968 Mitgl.); 1982: 9.736 (77.548 Mitgl.). Bei den LPG, in denen es als Genossenschaften keine Gewerkschaftsorganisationen gibt, werden F. analog zum Wahlverfahren der gewerkschaftlichen F. als Kommissionen des LPG-Vorstandes gewählt und haben vergleichbare Rechte und Pflichten (Frauen). Fundstelle: DDR Handbuch. 3., überarbeitete und erweiterte Auflage, Köln 1985: S. 450–451 Frauenbrigaden A, B, C, D, E, F, G, H, I, J, K, L, M, N, O, P, Q, R, S, T, U, V, W, Z Freie Berufe

Ehrenamtliche Kommission der Betriebsgewerkschaftsleitung (BGL) oder bei dem Vorstand einer Landwirtschaftlichen Produktionsgenossenschaft zur Vertretung der sozialen Interessen, zur vollen wirtschaftlichen und gesellschaftlichen Einbeziehung und zur ideologisch-politischen Erziehung der berufstätigen Frauen. Bis zu den Gewerkschaftswahlen 1981/82 hießen die F. Frauenausschüsse. Die F. wurden nach mancherlei Versuchen in den vorangegangenen Jahren durch Beschluß des Politbüros des ZK der…

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Staatssekretär für Kirchenfragen (1985)

Siehe auch: Amt für Kirchenfragen: 1969 Kirchenfragen, Amt für: 1962 1963 1965 1966 Kirchenfragen, Staatssekretariat für: 1958 1959 1960 Staatssekretär für Kirchenfragen: 1969 Staatssekretariat für Kirchenfragen: 1975 1979 Die Funktion eines StK. wurde nach entsprechenden Vorbildern in der Sowjetunion und anderen osteuropäischen Staaten 1957 vom Ministerrat der DDR geschaffen. Über ihn und die ihm beigegebene Behörde, die in den letzten Jahren personell verstärkt wurde, müssen seitdem alle Verhandlungen und Kontakte zwischen den Leitungen der in der DDR wirkenden Kirchen und Religionsgemeinschaften und den zentralen staatlichen Organen laufen. Unmittelbare Gespräche mit einzelnen Ministerien sind nicht möglich, jedoch vermittelt der StK. seit Ende der 70er Jahre gelegentlich sogenannte Sachgespräche zwischen leitenden Kirchenvertretern und Beauftragten von Fachministerien. Auch das Grundsatzgespräch zwischen dem Staatsratsvorsitzenden Honecker und der Leitung des evangelischen Kirchenbundes vom 6. 3. 1978 ist vom StK. vorbereitet worden. Während der StK. dem Vorsitzenden des Ministerrates, also nicht dem Innenministerium, zugeordnet ist, liegt in den Bezirken, Kreisen und Städten die Zuständigkeit für die Beziehungen zu den Kirchen und Religionsgemeinschaften bei dem jeweiligen Stellvertretenden Ratsvorsitzenden für Inneres. Zum StK. sind bisher regelmäßig verdiente SED-Funktionäre berufen worden, die als frühere KPD-Mitglieder unter nationalsozialistischer Herrschaft verfolgt waren und im KZ oder der Illegalität Erfahrungen im Widerstand gesammelt und dabei auch Beziehungen zum christlichen Widerstand gewonnen haben. Auf den ersten Amtsinhaber Werner Eggerath folgte 1960 bis zu seinem Tode 1979 Hans Seigewasser, danach Klaus Gysi. Das einflußarme Amt des Stellvertreters fiel CDU-Funktionären zu, bis 1977 Fritz Flint, seitdem Hermann Kalb. Aufgabe des StK. ist neben der Regelung administrativer Probleme für die Kirchen (z. B. Genehmigung von Auslandsreisen für Kirchenvertreter), den Kirchen gegenüber die Politik der SED und des Staates zu vertreten. Gleichzeitig vermittelt er kirchliche Wünsche zu den Fachressorts und nimmt Beschwerden entgegen. Soweit zu erkennen ist, hat der StK. jedoch keinen gesicherten Einfluß auf Inhalt und Formulierung von Gesetzen und Verordnungen, die, wie etwa die Veranstaltungsverordnung, kirchliche Tätigkeit unmittelbar betreffen. Die Kirchenpolitik der DDR wird von der Arbeitsgruppe Kirchenfragen beim ZK der SED vorbereitet und kontrolliert. Ihr Leiter war bis 1977 Willi Barth, seitdem Rudi Bellmann. Diese Arbeitsgruppe unterstand dem ZK-Sekretär für Sicherheit, Paul Verner, der [S. 1300]1971 mit einer Grundsatzrede zur Kirchenpolitik hervorgetreten und in den letzten Jahren gelegentlich auch selber Kirchenvertretern gegenüber tätig geworden ist. Seit dem Ausscheiden Verners aus dem Politbüro des ZK der SED sowie aus dem Sekretariat des Zentralkomitees (ZK) der SED 1984 dürfte diese Zuständigkeit an Egon Krenz übergegangen sein. Zudem haben sowohl Walter Ulbricht wie Erich Honecker der Kirchenpolitik stets besondere Bedeutung zugemessen. Vor diesem Hintergrund erscheint der StK. eher als ausführendes Organ der Kirchenpolitik denn als politisches Entscheidungsorgan. Doch gilt es als sicher, daß das persönliche Ansehen der Staatssekretäre Seigewasser und Gysi in der Partei ihnen Einfluß auch auf die Entscheidungsfindung in kirchenpolitischen Grundsatzfragen gegeben hat und gibt. Mit der Berufung Eggeraths begann 1957 zunächst eine Periode des verschärften Konflikts zwischen Staat und evangelischer Kirche. Nach dem Abbruch der Regierungsbeziehungen zur (gesamtdeutsch-organisierten) EKD versuchte Eggerath, die einzelnen Landeskirchen gegeneinander auszuspielen. Auch sein Nachfolger Seigewasser lehnte es zunächst ab, Beziehungen zu der Gesamtvertretung der evangelischen Landeskirchen in der DDR zu unterhalten, und trat in öffentlichen Reden mit scharfer Kritik an den Kirchenleitungen hervor, die an der Zugehörigkeit zur EKD festhielten. Nach der Lösung der 8 Landeskirchen von der EKD und der Gründung des Kirchenbundes 1969 bemühte sich Seigewasser jedoch ebenso wie sein Nachfolger Gysi um eine Besserung und Versachlichung des Verhältnisses. Die propagandistische Wirksamkeit des jeweiligen StK. trat zugunsten eines gewissen Werbens um Verständnis für die notwendige Eigenständigkeit der Kirchen und die Zusammenarbeit von Staat und Kirche in den Hintergrund. Während die evangelischen Bischöfe den StK. als Repräsentanten der Regierung und damit als Verhandlungspartner anerkennen und bei ihm auf die Einhaltung der von Honecker im Gespräch mit dem Vorstand des Kirchenbundes am 6. 3. 1978 zugesicherten Gleichberechtigung und Gleichachtung der Christen drängen, sind die katholischen Bischöfe hier zurückhaltend. Sie verhandeln nur über Beauftragte des Vorsitzenden der Berliner Bischofskonferenz mit dem StK. und sind insbesondere bemüht, Fragen der kirchlichen Jurisdiktion, des Verhältnisses zur katholischen Kirche in der Bundesrepublik Deutschland und der Kontakte zum Vatikan oberhalb der Ebene des StK. unter direkter Einschaltung des Politbüros der SED zu behandeln. Fundstelle: DDR Handbuch. 3., überarbeitete und erweiterte Auflage, Köln 1985: S. 1299–1300 Staatsreserven A, B, C, D, E, F, G, H, I, J, K, L, M, N, O, P, Q, R, S, T, U, V, W, Z Staatssekretariat für Arbeit und Löhne

Siehe auch: Amt für Kirchenfragen: 1969 Kirchenfragen, Amt für: 1962 1963 1965 1966 Kirchenfragen, Staatssekretariat für: 1958 1959 1960 Staatssekretär für Kirchenfragen: 1969 Staatssekretariat für Kirchenfragen: 1975 1979 Die Funktion eines StK. wurde nach entsprechenden Vorbildern in der Sowjetunion und anderen osteuropäischen Staaten 1957 vom Ministerrat der DDR geschaffen. Über ihn und die ihm beigegebene Behörde, die in den letzten Jahren personell verstärkt wurde,…

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Geschlechtserziehung (1985)

Siehe auch die Jahre 1975 1979 Die menschlichen Beziehungen zwischen den Mitgliedern der sozialistischen Gesellschaft sollen nach den Prinzipien der Sozialistischen ➝Moral gestaltet werden. Diese Forderung gilt auch für die Beziehungen zwischen den Geschlechtern. Lange Zeit teils tabuisiert, teils auf sozialistisch-puritanische Verhaltensregeln und rein biologische „Aufklärung“ reduziert, wird in jüngster Zeit der G. der Kinder und Jugendlichen größere Aufmerksamkeit geschenkt, wobei auch die anfänglich vermiedenen Begriffe Sexualerziehung, „Sexualpädagogik“, „Sexualverhalten“, „Sexualität“ usw. verwendet werden. „Sozialistische“ G. soll die Heranwachsenden befähigen, durch die Beziehungen und in den Beziehungen zum anderen Geschlecht eine „sinnvolle und glückhafte Steigerung ihres Daseins“ zu finden, wozu es der Anerziehung von Einstellungen und Verhaltensweisen bedarf, die durch Verantwortung für die Entwicklung des Partners und für die eigene Entwicklung gekennzeichnet sind. Sie sollen damit in die Lage versetzt werden, die eigenen Kinder auf die Begegnung mit dem anderen Geschlecht sinnvoll vorzubereiten und sie dazu mit dem notwendigen Wissen um die eigene Geschlechtlichkeit und die Eigenarten des anderen Geschlechts vertraut zu machen. Sozialistische G. bezieht sich also auf alle Verhaltens- und Erlebnisweisen des Menschen, welche die Beziehungen zur eigenen Geschlechtlichkeit und zum anderen Geschlecht betreffen, d.h. auf die erotischen und die sexuellen ebenso wie auf die allgemein-sozialen. G. ist zwar die gemeinsame Aufgabe von Familie, Schule, Jugendorganisationen und anderen gesellschaftlichen Erziehungskräften, erfolgt jedoch weitgehend im Rahmen der Schule; sie ist nicht nur die Aufgabe eines Unterrichtsfaches, besonders des Biologieunterrichts der Klasse 8, sondern soll auch die Möglichkeiten verschiedener anderer Fächer, und zwar von der Klasse 1 an, nutzen, besonders des Literatur- und des gesellschaftswissenschaftlichen Unterrichts. Eine wichtige Zielstellung der sozialistischen G. ist es ferner, die Heranwachsenden zu befähigen, sich „von überlebten spätbürgerlichen Moralauffassungen, schädlichen Umwelteinflüssen und unmoralischen Gewohnheiten und Verhaltensweisen abzugrenzen“. Zwei besondere Schwerpunkte bilden die G. der älteren Schüler und Lehrlinge sowie die sexualpädagogische Befähigung der Eltern; zu letzterem werden die für Kinder altersdifferenzierten „Merkblätter für Eltern“ (A: 4–10 J.; B: 10–14 J.; C: 14–18 J.) des Deutschen Hygiene-Museums Dresden verwendet. Für die Vermittlung entsprechender Kenntnisse im Rahmen der G. der 3- bis 18jährigen besteht folgendes 23 Themen umfassendes und in 4 Themenkomplexe gegliedertes sexualpädagogisches (Maximal- bzw. Optimal-) Programm: A. Gesellschaftlich-moralische Probleme: sozialistische Gesellschaft-Ehe und Familie, sozialistische Moral und Geschlechterbeziehungen; B. Allgemeine Probleme der Geschlechterbeziehungen und des Geschlechtslebens: die Beziehungen zwischen Eltern und Kind in der Familie, Herkunft, Entstehung und Geburt des Kindes, die geschlechtliche Reifung im Kindes- und Jugendalter, die sexuelle Reifung, zur Frage der Enthaltsamkeit, die Beziehungen zwischen Jungen und Mädchen, Freundschaft und Liebe, die psychologische Einheit des Menschen im Geschlechtsbereich, männliche und weibliche Sexualität; C. Anatomie und Physiologie des Geschlechtslebens: Bau und Funktion der Geschlechtsorgane, Menstruation und Menstruationshygiene (nur für Mädchen), Zeugung und Empfängnis, Empfängnisverhütung, Schwangerschaftsprobleme, Geburt und Fehlgeburt, Masturbationsprobleme (nur für Jungen); D. Abwegigkeiten und Spezialprobleme: Sittlichkeitsvergehen an Kindern, Abwegigkeiten des Sexualverhaltens (Homosexualität, Päderastie, Sadismus, Masochismus), Geschlechtskrankheiten, Impotenz, Frigidität. Bei der G. in der DDR ist man bemüht, sich von 2 extremen Auffassungen zu lösen, sowohl von der Auffassung, daß eine wirksame Politisch-Ideologische bzw. Staatsbürgerliche ➝Erziehung eine gezielte Vorbereitung der Kinder und Jugendlichen auf die Begegnung mit dem anderen Geschlecht und der eigenen Geschlechtlichkeit überflüssig mache, als auch von der Auffassung, daß eine spezifische Sexualaufklärung allein ausreiche, um auf diese Begegnungen vorzubereiten. Intention und Realisation klaffen auch auf diesem Erziehungsgebiet teilweise noch recht weit auseinander und sind in hohem Maße von den Eigenheiten der jeweils unterrichtenden Personen abhängig. Für DDR-Verhältnisse ausgesprochen offen und unvoreingenom[S. 546]men unterrichtet ein 1982 im Bibliographischen Institut Leipzig erschienenes Jugendlexikon über dieses Gebiet (Jugendlexikon. Jugend zu zweit. Leipzig 1982). Fundstelle: DDR Handbuch. 3., überarbeitete und erweiterte Auflage, Köln 1985: S. 545–546 Geschichte der DDR A, B, C, D, E, F, G, H, I, J, K, L, M, N, O, P, Q, R, S, T, U, V, W, Z Gesellschaft für Deutsch-Sowjetische Freundschaft (DSF)

Siehe auch die Jahre 1975 1979 Die menschlichen Beziehungen zwischen den Mitgliedern der sozialistischen Gesellschaft sollen nach den Prinzipien der Sozialistischen ➝Moral gestaltet werden. Diese Forderung gilt auch für die Beziehungen zwischen den Geschlechtern. Lange Zeit teils tabuisiert, teils auf sozialistisch-puritanische Verhaltensregeln und rein biologische „Aufklärung“ reduziert, wird in jüngster Zeit der G. der Kinder und Jugendlichen größere Aufmerksamkeit geschenkt, wobei…

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Handwerkskammern der Bezirke (1985)

Siehe auch: Handwerkskammern: 1958 1959 1960 1962 1963 1965 1966 1969 Handwerkskammern der Bezirke: 1975 1979 Bis 1946 bestanden die H. in der SBZ in ihrem traditionellen Aufbau weiter. Nach befohlener Auflösung bzw. Reorganisation der Innungen und H. auf der Basis des SMAD-Befehls 161 vom 27. 5. 1946 durften die H. bis zur Neuschaffung der 5 Landes-H. weiterarbeiten. An die Stelle der Innungen traten unselbständige Fachabteilungen und Berufsgruppen bei den H. Die Organe der H. wurden mit SED-Mitgliedern besetzt. Im Zuge der Verwaltungsreform von 1952 wurden durch VO (GBl., 1953, S. 942) die 5 Landes-H. in 14 Bezirks-H. sowie die H. „Groß-Berlin“ umgewandelt. Ein verbindliches Musterstatut löste das dem SMAD-Befehl 161 beigefügte Statut ab. Die Aufsicht über die H. führen die Räte der Bezirke. Ausführende Organe der H. in den Kreisen sind die Kreisgeschäftsstellen. Neben der politischen Aufgabe, den Staat bei der Einbeziehung des Handwerks in den sozialistischen Aufbau zu unterstützen, oblag den H. die wichtige Funktion der Auftrags- und Materialplanung, die ihnen jedoch 1958 durch VO (GBl. I, S. 143) entzogen wurde. Mit der gleichen VO wurden die bis dahin nur den H. rechenschaftspflichtigen Kreisgeschäftsstellen auch den Räten der Kreise unterstellt. Die Lehrlingsausbildung und die Facharbeiterprüfung (Gesellenprüfung) liegen bereits seit Anfang der 50er Jahre in den Händen des Ministeriums für Volksbildung. Die H. wirken lediglich bei der Ausarbeitung von Berufsbildern und Ausbildungsunterlagen mit. Auf das Meisterstudium und die Meisterprüfung hatten die H. noch weitgehend Einfluß. Ab 1. 9. 1975 gilt eine neue Ausbildungs-AO für „Meister des Handwerks“ (GBl. I, 1975, S. 173), nach der den H. nur noch beratende Funktionen zukommen. Durch die Novellierung des Musterstatuts von 1953 im Februar 1973 (GBl. I, S. 126) sind die H. nun auch de jure den Räten der Bezirke unterstellt. Von den 3 Organen der H. und Kreisgeschäftsstellen, Vorstand, Präsidium und Bezirksdelegiertenkonferenz, blieb nur noch der Vorstand als Leitungsorgan bestehen. Alle seine Mitglieder und der Vorsitzende werden nunmehr vom Rat des Bezirkes bzw. des Kreises berufen. Bis zur Novellierung wählte die Bezirksdelegiertenkonferenz die Mitglieder des Vorstandes nach einem festen Schlüssel. Neben der Hauptaufgabe, die Erfüllung der Pläne sowie die Einhaltung der Qualität und Preise zu kontrollieren, sind die H. nach dem neuen Statut verpflichtet, private Handwerker und Gewerbetreibende für die genossenschaftliche Arbeit zu gewinnen. Durch die Förderungspolitik im Handwerk seit 1976 kommt den H. wieder verstärkte Bedeutung zu. Neben den selbständigen Handwerkern und Gewerbetreibenden, die in der Handwerks- und Gewerberolle eingetragen werden, sind die PGH und deren Mitglieder sowie die Einkaufs- und Liefergenossenschaften (ELG) Mitglieder der H. Entsprechend führen die H. das Verzeichnis der PGH und ELG, die Kartei der PGH-Mitglieder sowie die Handwerks- und Gewerberolle. Die H. sind Tarifpartner der Gewerkschaften des Freien Deutschen Gewerkschaftsbundes (FDGB) für die Beschäftigten im privaten Handwerk. Fundstelle: DDR Handbuch. 3., überarbeitete und erweiterte Auflage, Köln 1985: S. 954 Handwerk A, B, C, D, E, F, G, H, I, J, K, L, M, N, O, P, Q, R, S, T, U, V, W, Z Handwerkssteuer

Siehe auch: Handwerkskammern: 1958 1959 1960 1962 1963 1965 1966 1969 Handwerkskammern der Bezirke: 1975 1979 Bis 1946 bestanden die H. in der SBZ in ihrem traditionellen Aufbau weiter. Nach befohlener Auflösung bzw. Reorganisation der Innungen und H. auf der Basis des SMAD-Befehls 161 vom 27. 5. 1946 durften die H. bis zur Neuschaffung der 5 Landes-H. weiterarbeiten. An die Stelle der Innungen traten unselbständige Fachabteilungen und Berufsgruppen bei den H. Die Organe der H.…

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Akademie für Ärztliche Fortbildung (1985)

Siehe auch: Akademie für ärztliche Fortbildung: 1965 1966 Akademie für Ärztliche Fortbildung: 1962 1963 1969 1975 1979 Akademie für Sozialhygiene: 1965 1966 Akademie für Sozialhygiene, Arbeitshygiene und Ärztliche Fortbildung: 1956 1958 1959 1960 1962 1963 Unter diesem Namen sind 1970 3 der 4 Zentralinstitute zusammengefaßt worden, in die die 1948 gegründete Akademie für Sozialhygiene, Arbeitshygiene und Ärztliche Fortbildung 1960 aufgeteilt worden war; nur das Zentralinstitut für Arbeitsmedizin ist selbständig geblieben (Arbeitshygiene), das Institut für Sozialhygiene und Organisation des Gesundheitsschutzes ist 1976 erneut verselbständigt worden. Die A. untersteht dem Ministerium für Gesundheitswesen. Nach ihrem Statut (15. 12. 1971) ist die A. „Leitinstitut für die Weiterbildung der im Gesundheits- und Sozialwesen tätigen Hochschulkader“ (d. s. die berufstätigen Hochschulabsolventen). Im einzelnen soll die A. 1. die Bildungsinhalte für die Leitungs- und Hochschulkader erarbeiten, 2. Qualifizierungsmaßnahmen für diese Kader zentral durchführen, 3. dezentrale Qualifizierungsmaßnahmen koordinieren, 4. die Weiterbildung der Ärzte und Zahnärzte fachlich und methodisch anleiten und koordinieren sowie eine hohe Qualität der obligatorischen Fortbildung für Ärzte sichern und dafür Referentenmaterial herausgeben, 5. Lehrmaterialien und Lehrmittel erarbeiten, 6. die Berufsausbildung und die Weiterbildung der Fachschulkader (d. s. die berufstätigen Fachschulabsolventen oder Mittleren medizinischen Fachkräfte) im Gesundheits- und Sozialwesen unterstützen. 7. wissenschaftliche Grundlagen zur Entwicklung der Berufs- und Qualifikationsstruktur im Gesundheits- und Sozialwesen erarbeiten, 8. philosophische und wissenschafts-theoretische Grundlagen von Medizin und Biologie und deren Anwendung im Gesundheitsschutz und Beiträge zur Theorie der Medizin erarbeiten. Ihre zentrale Forschungsaufgabe sieht sie in der wissenschaftlichen Grundlegung der medizinischen Wissenschaft und Praxis in der entwickelten sozialistischen Gesellschaft. Die A. ruft die in der Ausbildung (Weiterbildung) zum Facharzt oder Fachzahnarzt stehenden Ärzte periodisch — nach Fachgebieten getrennt — zu ein- oder mehrwöchigen Seminaren zusammen und überwindet so die Schwierigkeit (der meisten Industrieländer, auch des Westens), während einer notwendigerweise im wesentlichen an Kranken in der angewandten Medizin sich vollziehenden Ausbildung das erforderliche theoretische und Systemwissen zu vermitteln. Außerdem hält die A. gesonderte Seminare für die Leitenden Ärzte an Krankenhäusern u. dgl. ab, die als Weiterbildungsleiter tätig sind. Sie hält damit die Facharztausbildung auf einheitlichem Niveau, auch hinsichtlich der Didaktik. Die A. ist schließlich für die Prüfung verantwortlich, mit der jede Facharztausbildung abgeschlossen wird. Sie bildet dafür Bezirkskommissionen. Für leitende Kader, also Leitende Ärzte u.a. in den medizinischen Einrichtungen, organisiert die A. ein postgraduales Studium, gleichfalls in Seminarform. Seit 1981 wird ein postgraduales Studium auch den Mitarbeitern des Gesundheitswesens mit anderer als medizinischer Hochschulausbildung angeboten. [S. 34]Der Fortbildung der Fachärzte und Fachzahnärzte dienen thematisch ausgerichtete Seminare einwöchiger Dauer sowie Gruppenhospitationen bei Einrichtungen des Gesundheitswesens mit jeweils etwa 20 Teilnehmer. Zudem unterhält die A. in den Bezirken Bezirksakademien, in denen für die Fortbildung der Ärzte und Zahnärzte kurze Seminare und (in Zusammenarbeit mit dem Institut für die Weiterbildung Mittlerer medizinischer Berufe in Potsdam) Lehrgänge für die theoretischen Abschnitte im Fernstudium zur Qualifizierung (Weiterbildung) der Fachschulkader oder Mittleren medizinischen Berufe abgehalten werden. Leiter der A. ist der Rektor. Er wird auf 3 Jahre vom Wissenschaftlichen Rat gewählt, einem Kollegium aus „hervorragenden Hochschullehrern und Wissenschaftlern“, das dem Rektor als „kollektives wissenschaftliches Beratungsorgan“ zur Seite steht. Allgemeines Beratungs- und Kontrollorgan des Rektors ist ein Gesellschaftlicher Rat, wie er an den Universitäten und Hochschulen existiert. Die A. ist in Sektionen gegliedert. Diese haben (insgesamt 31) Lehrstühle für die hauptamtlichen Dozenten, die zumeist im Rang eines Ordentlichen Professors stehen. Außerdem wirken an der A. als nebenamtliche Dozenten Hochschullehrer der Universitäten und Medizinischen Akademien sowie „hervorragende Ärzte und Wissenschaftler, die in Einrichtungen des Gesundheitswesens eine leitende Funktion ausüben“ (1980: 136 bzw. 187 derartige Mitarbeiter). Rektor ist Prof. Dr. sc. med. Konstantin Spieß (bis Jahresmitte 1982 einer der Stellvertreter des Ministers für Gesundheitswesen). Sitz: Berlin-Lichtenberg. Gesundheitswesen, VI. A. Fundstelle: DDR Handbuch. 3., überarbeitete und erweiterte Auflage, Köln 1985: S. 33–34 Akademie der Wissenschaften der DDR (AdW) A, B, C, D, E, F, G, H, I, J, K, L, M, N, O, P, Q, R, S, T, U, V, W, Z Akademie für Gesellschaftswissenschaften beim ZK der SED (AfG)

Siehe auch: Akademie für ärztliche Fortbildung: 1965 1966 Akademie für Ärztliche Fortbildung: 1962 1963 1969 1975 1979 Akademie für Sozialhygiene: 1965 1966 Akademie für Sozialhygiene, Arbeitshygiene und Ärztliche Fortbildung: 1956 1958 1959 1960 1962 1963 Unter diesem Namen sind 1970 3 der 4 Zentralinstitute zusammengefaßt worden, in die die 1948 gegründete Akademie für Sozialhygiene, Arbeitshygiene und Ärztliche Fortbildung 1960 aufgeteilt worden war; nur das…

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Antikommunismus (1985)

Siehe auch das Jahr 1979 Etwa seit den 70er Jahren steht A. in der marxistisch-leninistischen Weltanschauung der DDR für die Ideologie und Politik des kapitalistisch-imperialistischen Gegners. Unter den Bedingungen der welthistorischen Auseinandersetzung zwischen Sozialismus/Kommunismus und Imperialismus/Kapitalismus findet, so die herrschende Lehre, ein pausenloser, zeitweise aggressiv geführter ideologisch-politischer Kampf zwischen den beiden Lagern statt. Politischen Ideenbildungen und politischen Handlungen des gegnerischen Lagers wird unterstellt, daß sie in der Furcht vor dem Kommunismus wurzeln und deshalb die sozialistisch-kommunistischen Staaten, Gesellschaften und Bewegungen als Feinde betrachten. Ferner wird behauptet, daß die Gegenseite zu ihrer Verteidigung ihre gesamte ökonomische, wissenschaftlich-technische und militärische Macht einsetze. Ideologie und Politik des A. werden vor allem der Bundesrepublik Deutschland und den USA zugeschrieben und insbesondere bei den im politischen Spektrum rechts stehenden Gruppierungen, aber auch bei den jeweiligen Regierungen diagnostiziert. Auf den verschiedensten Wegen, vor allem über westliche Rundfunk- und Fernsehsendungen, gelange der A. auch in die DDR; dementsprechend müsse er zusätzlich im Innern bekämpft werden. A. ist für die SED im wesentlichen ein allgemeiner Oberbegriff, mit dem letztlich alle — im übrigen durchaus differenziert bezeichneten und kritisierten — Ideen, Ideologien und Handlungen des jeweiligen Gegners als feindlich gekennzeichnet werden. Demzufolge trifft eine entsprechende Anklage so gut wie alle diejenigen, die der Abweichungen bezichtigt werden. Im weltpolitischen Kontext bemühen sich die kommunistischen Parteien um eine flexible Verwendung der Bezeichnung A., um ihre Bündnispolitik nicht zu gefährden. Um den „Stoß gegen den Hauptfeind, gegen die gefährlichste politisch-ideologische Tendenz der Bourgeoisie zu führen“, sollen die „weniger gefährlichen“ isoliert oder sogar als „Verbündete“ gewonnen werden. Theoretisch wird diese Strategie und Taktik u.a. mit der Auffassung begründet, daß „die Bourgeoisie als Klasse äußerst heterogen zusammengesetzt“ sei. Die in ihr vorhandenen „Tendenzen und Richtungen [seien] zwar alle nichtkommunistisch, aber nicht alle [S. 50]offen antikommunistisch oder gar militant antikommunistisch“ (Antikommunismus heute. Die Krise der imperialistischen Strategie zu Beginn der achtziger Jahre und der Antikommunismus in Ideologie und Politik, Berlin [Ost] 1981, S. 6 f.). Als spezielle, besonders „krasse Erscheinungsform“ des A. gilt der Antisowjetismus, also ein A., der sich gegen die Sowjetunion als Modell und als führende Macht im kommunistischen Lager richtet. Abgrenzung; Außenpolitik; Konvergenztheorie; Maoismus; Marxismus-Leninismus; Opportunismus; Revisionismus. Fundstelle: DDR Handbuch. 3., überarbeitete und erweiterte Auflage, Köln 1985: S. 49–50 Antifaschistisch-demokratische Ordnung A, B, C, D, E, F, G, H, I, J, K, L, M, N, O, P, Q, R, S, T, U, V, W, Z Antisemitismus

Siehe auch das Jahr 1979 Etwa seit den 70er Jahren steht A. in der marxistisch-leninistischen Weltanschauung der DDR für die Ideologie und Politik des kapitalistisch-imperialistischen Gegners. Unter den Bedingungen der welthistorischen Auseinandersetzung zwischen Sozialismus/Kommunismus und Imperialismus/Kapitalismus findet, so die herrschende Lehre, ein pausenloser, zeitweise aggressiv geführter ideologisch-politischer Kampf zwischen den beiden Lagern statt. Politischen Ideenbildungen…

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Errungenschaften, Sozialistische (1985)

Siehe auch: Errungenschaften: 1958 1959 1960 1962 1963 1965 1966 Errungenschaften, Sozialistische: 1969 1975 1979 Als SE. werden die Maßnahmen bezeichnet, die seit 1945 in der SBZ/DDR z.T. zunächst mit Zustimmung der Bevölkerung durchgeführt wurden und zu einer nahezu vollständigen Umgestaltung aller politischen und gesellschaftlichen Lebensbereiche geführt haben. Im weiteren Sinne wird darunter der Aufbau einer sozialistischen Herrschafts- und Gesellschaftsordnung unter Führung der Partei der Arbeiterklasse, der Sozialistischen Einheitspartei Deutschlands (SED), verstanden, in der die Ausbeutung des Menschen durch den Menschen abgeschafft worden und ein neuer Typ sozialer Beziehungen entstanden sei (Lebensweise, sozialistische). Im engeren Sinne werden dazu vor allem die Bodenreform und seit 1960 die Einführung sozialistischer Produktionsverhältnisse auf dem Lande, die sozialistische Planwirtschaft, die Reformen des Schulwesens (Einheitliches sozialistisches Bildungssystem), der Universitäten und Hochschulen, des Justiz- und Gesundheitswesens und des Staatsapparates gezählt (Geschichte der DDR). Folge dieser umfassenden Neuordnung der politischen und gesellschaftlichen Verhältnisse seien eine stetige Steigerung des materiellen Lebensstandards sowie eine quantitative und qualitative Ausweitung der Gesellschaftlichen ➝Konsumtion verbunden mit der Gewährleistung eines hohen Grades an sozialer Sicherheit. Da der Staat hohe Subventionen im sozialen und infrastrukturellen Bereich aufwende, komme der Bürger in den Genuß niedriger Wohnungsmieten und Verkehrstarife sowie u.a. der Leistungen eines für ihn nahezu kostenlosen Gesundheits- und Ausbildungswesens. Im politisch-propagandistischen Sprachgebrauch der DDR ist in den letzten Jahren die allgemeine Formel von den SE. zugunsten konkreter Hinweise auf die Vorzüge der sozialistischen Gesellschaftsordnung (Sozialistische Grundrechte) in den Hintergrund getreten, da von der Bevölkerung vor allem die ihre sozialen Lebensbedingungen bestimmenden SE. überwiegend [S. 365]und gelegentlich vordergründig mit dem — höheren — Lebensstandard und dem Konsumgüterangebot in der Bundesrepublik Deutschland verglichen werden. Von wenigen Ausnahmen abgesehen, z.B. dem verfassungsrechtlich garantierten Recht auf Arbeit und der — freilich von wirtschaftlichen Sachzwängen geförderten — formal weitgehend realisierten Gleichberechtigung der Frauen, werden gegenwärtig die SE. von der Bevölkerung nicht in dem von der SED gewünschten Sinne, d.h. als gesellschaftlicher Fortschritt, gesehen, sondern bestenfalls als systemtypische Merkmale ihres Herrschaftssystems hingenommen. Der Hinweis auf die SE. ist jedoch nach wie vor Bestandteil der Abgrenzungspolitik der SED gegenüber der Bundesrepublik Deutschland. Zur Rechtfertigung dieser Politik werden sie daher von der SED-Propaganda auch weiterhin herangezogen (Abgrenzung). Fundstelle: DDR Handbuch. 3., überarbeitete und erweiterte Auflage, Köln 1985: S. 364–365 Ernst-Moritz-Arndt-Universität Greifswald A, B, C, D, E, F, G, H, I, J, K, L, M, N, O, P, Q, R, S, T, U, V, W, Z Erzeugnisgruppen

Siehe auch: Errungenschaften: 1958 1959 1960 1962 1963 1965 1966 Errungenschaften, Sozialistische: 1969 1975 1979 Als SE. werden die Maßnahmen bezeichnet, die seit 1945 in der SBZ/DDR z.T. zunächst mit Zustimmung der Bevölkerung durchgeführt wurden und zu einer nahezu vollständigen Umgestaltung aller politischen und gesellschaftlichen Lebensbereiche geführt haben. Im weiteren Sinne wird darunter der Aufbau einer sozialistischen Herrschafts- und Gesellschaftsordnung unter Führung…

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Demokratischer Frauenbund Deutschlands (DFD) (1985)

Siehe auch: Demokratischer Frauenbund Deutschlands: 1963 Demokratischer Frauenbund Deutschlands (DFD): 1965 1966 1969 1975 1979 Einheitliche Massenorganisation der Frauen der DDR; vereint Frauen aller Bevölkerungskreise, unabhängig von Parteizugehörigkeit und Weltanschauung: die hauptamtlichen Funktionäre sind allerdings überwiegend SED-Mitglieder. In der Volkskammer der DDR stellt der DFD eine eigene Fraktion (35 Mitgl.). Hervorgegangen aus den am 30. 10. 1945 gegründeten antifaschistischen Frauenausschüssen; am 8. 3. 1947 in Berlin (Ost) gegr. (8. März = Internationaler Frauentag; im August 1910 während der II. Internationalen Sozialistischen Frauenkonferenz in Kopenhagen auf Antrag von Clara Zetkin als internationaler Kampftag der Frauen für Gleichberechtigung, Frieden und Sozialismus proklamiert). In der Bundesrepublik Deutschland wurde der DFD am 8. 3. 1950 gegr., am 10. 4. 1957 jedoch in der Folge des KPD-Verbots ebenfalls als eine verfassungswidrige Organisation verboten. Mindestalter für den Beitritt zum DFD ist nach deren Statut das vollendete 18. Lebensjahr. Der Mitgliederbestand des DFD hat sich — nach über einem Jahrzehnt der Stagnation — 1982 geringfügig auf 1.441.375 erhöht; das entspricht rd. 21 v.H. der weiblichen Bevölkerung der DDR über 18 Jahre. Auch in der Sozial- und Altersstruktur haben sich in den letzten Jahren kaum Veränderungen ergeben: 1982 waren 72,9 v.H. der Mitglieder berufstätig und 27,1 v.H. Hausfrauen; knapp ein Drittel der Mitglieder (31,5 v.H.) gehört zur mittleren Altersgruppe der 35- bis unter 50jährigen, 22,6 v.H. sind unter 35 Jahre alt, 45,9 v.H. 50 Jahre und älter. Der Aufbau des DFD gestaltet sich nach dem Territorialprinzip entsprechend dem der SED: 17.528 Gruppen (1982) in Wohngebieten und Gemeinden, fast 500 Ortsorganisationen, 241 Kreis-, Stadtbezirks- und Stadtorganisationen, 15 Bezirksorganisationen sowie die zentralen Leitungsorgane. Struktur der zentralen Organe: Der Bundeskongreß (höchstes Organ) tagt — entgegen dem vorgesehenen Rhythmus von 4 Jahren — in zunehmend größeren Zeitabständen: 8. Kongreß im Juni 1964, 9. Kongreß im Juni 1969, 10. Kongreß im Februar 1975, 11. Kongreß im März 1982; außerdem wurden der 8. und 9. Bundeskongreß in der erweiterten Form eines 1. und 2. Frauenkongresses der DDR durchgeführt. Der Bundeskongreß wählt den Bundesvorstand, die Vorsitzende und stellv. Vorsitzenden. Der Bundesvorstand (höchstes leitendes Organ zwischen den Kongressen) tagt in der Regel alle 4 Monate; er wählt aus seiner Mitte das Präsidium (verantwortliches Organ zwischen den Tagungen des Bundesvorstandes) und das Sekretariat (operatives Organ des Bundesvorstandes, wird von der Vorsitzenden geleitet). Vorsitzende des Bundesvorstandes des DFD ist seit dem 11. 9. 1953 Ilse Thiele (SED). Funktionärorgan des DFD: „Lernen und Handeln“ (erscheint monatlich). Zu den Aufgaben des DFD gehören: Politisch-ideologische Arbeit unter den Frauen, Heranführung der Frauen aller Bevölkerungsschichten an die aktive Mitwirkung im gesellschaftlichen Leben; Gewinnung der Frauen für die Arbeit in der Produktion; Erleichterung des Lebens der werktätigen Frau. Seit dem 1. Frauenkongreß 1964 geht die Aktivität des DFD weit über den Rahmen der Organisation hinaus und konzentriert sich besonders auf die nichtorganisierten und nichtberufstätigen bzw. teilzeitbeschäftigten Frauen im Wohngebiet, insbesondere aus den mittelständischen (Handwerk, Gewerbetreibende) und christlichen Bevölkerungsschichten, sowie auf die jüngeren Frauen. Entsprechend sind die spezifischen Aufgabenschwerpunkte abgesteckt: Festigung der „sozialistischen Überzeugungen“ dieser Frauen, ihre Einbeziehung in das gesellschaftlich-politische Leben der Wohngebiete und Gewinnung für eine berufliche Tätigkeit (zumeist im sozialen und Dienstleistungsbereich), Entlastung der werktätigen Mütter durch weiteren Ausbau und Verbesserung von Kindergarten- und Dienstleistungseinrichtungen. Angesichts zunehmender volkswirtschaftlicher Probleme (personelle und materielle Verknappung) wird der DFD in den letzten Jahren verstärkt als Hilfspotential zur Erfassung ökonomischer Ressourcen und zur Erbringung gesellschaftlicher Arbeitsleistungen eingesetzt. Zu den Arbeitsformen des DFD, die speziell für seinen Aufgabenkatalog entwickelt wurden, gehören: Schulung der Frauen in den seit 1967 auf Ortsebene entstandenen „Frauenakademien“ in Form von Vortragsreihen zu bestimmten politisch-ideologischen, kulturellen und hauswirtschaftlichen Themen mit dem Ziel ihrer nachfolgenden Eingliederung in den Produktionsprozeß; im 14. Studienjahr 1980/81 wurden mit dieser Form politischer Massenarbeit in über 5.000 Vortragszyklen rd. 150.000 Frauen erfaßt, darunter zunehmend junge Mütter, die von ihrem Babyjahr Gebrauch machen. Der besseren Erfassung der jungen, (vorübergehend) nicht berufstätigen Mütter sowie der Frauen aus den mittelständischen Bevölkerungsschichten dienen neuerdings öffentliche Frauenversammlungen, an denen 1981 über 3 Mill. Besucher teilnahmen. Primär als familien- und bevölkerungspolitische Maßnahme (zunehmende Scheidungshäufigkeit bei gleichzeitigem Geburtenrückgang als Folge der Doppelbelastung berufstätiger Mütter) richtete der DFD seit Ende 1971 zur beratenden Unterstützung berufstätiger Mütter sowie zur Vorbereitung junger Menschen auf Ehe und Familie „Beratungszentren für Haushalt und Familie“ in den Bezirks- und Kreisstädten ein. Sie haben sich inzwischen zu Einrichtungen praxisorientierter Haushalts-, Säuglingspflege- und Eheberatung entwickelt; ihre Zahl ist mit 209 (1983) in den letzten Jahren so gut wie konstant geblieben (Bevölkerung; Familie). [S. 268]Zu den internationalen Aktivitäten des DFD gehören: Seit 18. 5. 1948 ist der DFD Mitglied der Internationalen Demokratischen Frauenföderation (IDFF); die DFD-Vors. Ilse Thiele (SED) ist seit Oktober 1964 Vizepräsidentin der IDFF. Dem „Internationalen Komitee für die UNO-Dekade der Frau 1976–1985“, das als Nachfolgeorganisation aus dem von der IDFF vom 20. bis 24. 10. 1975 in Berlin (Ost) durchgeführten „Weltkongreß der Frauen“ hervorging, gehört Ilse Thiele ebenfalls als stellvertretende Vors. an. Der DFD unterhält zu 140 Frauenorganisationen in 90 Ländern (1982) — zumeist Mitgliederorganisationen der IDFF — direkte Kontakte. Fundstelle: DDR Handbuch. 3., überarbeitete und erweiterte Auflage, Köln 1985: S. 267–268 Demokratische Bauernpartei Deutschlands (DBD) A, B, C, D, E, F, G, H, I, J, K, L, M, N, O, P, Q, R, S, T, U, V, W, Z Demokratischer Zentralismus

Siehe auch: Demokratischer Frauenbund Deutschlands: 1963 Demokratischer Frauenbund Deutschlands (DFD): 1965 1966 1969 1975 1979 Einheitliche Massenorganisation der Frauen der DDR; vereint Frauen aller Bevölkerungskreise, unabhängig von Parteizugehörigkeit und Weltanschauung: die hauptamtlichen Funktionäre sind allerdings überwiegend SED-Mitglieder. In der Volkskammer der DDR stellt der DFD eine eigene Fraktion (35 Mitgl.). Hervorgegangen aus den am 30. 10. 1945 gegründeten…

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Zentralinstitut für Sozialistische Wirtschaftsführung beim ZK der SED (ZSW) (1985)

Siehe auch: Zentralinstitut für Sozialistische Wirtschaftsführung: 1966 Zentralinstitut für Sozialistische Wirtschaftsführung beim ZK der SED: 1969 1975 1979 Gegr. November 1965; Sitz: Berlin-Rahnsdorf (Ost), Direktor seit 1965: Prof. Dr. Helmut Koziolek (Mitgl. des ZK der SED). Stellvertreter: Gerd Friedrich und Willi Kunz. 1. Aufgaben. a) Das ZSW sollte zum Zeitpunkt seiner Gründung die Wirtschaftsreformen des Neuen Ökonomischen Systems (NÖS) theoretisch unterstützen und den leitenden Wirtschaftsfunktionären die benötigten Kenntnisse in Weiterbildungsveranstaltungen vermitteln. Auch nach Beendigung der Reformphase 1970/71 liegt das Schwergewicht der Tätigkeit des ZSW in der wirtschaftswissenschaftlichen Forschung und der Weiterbildung. Darüber hinaus berät es die politischen Führungsgremien (Ministerrat; Politbüro des ZK der SED; Sekretariat des Zentralkomitees (ZK) der SED) bei der Vorbereitung grundsätzlicher wirtschaftspolitischer Entscheidungen sowie bei der Ausarbeitung der Methoden sozialistischer Wirtschaftsführung. b) Koordinierung der Lehr- und Forschungsarbeit auf dem Gebiet der Sozialistischen Wirtschaftsführung auf der Grundlage des zentralen Plans der gesellschaftswissenschaftlichen Forschung. c) Weiterbildung von Nomenklaturkadern (Kaderpolitik; Nomenklatur) des Zentralkomitees (ZK) der SED und des Ministerrats (darunter Minister, Staatssekretäre, Vors. und stellv. Vors. von Bezirkswirtschaftsräten (BWR) und Bezirksplankommissionen, Kombinatsdirektoren, insbesondere aus den Bereichen Industrie, Bauwesen und Verkehrswesen, Binnenhandel und Außenwirtschaft) in Lehrgängen von ca. 4 Wochen. Die Weiterbildung von Nachwuchskadern erfolgt in Halbjahreslehrgängen. Daneben gibt es Wochenendtagungen, die ebenfalls der Weiterqualifizierung leitender Wirtschaftsfunktionäre dienen (ca. 40–60 Teilnehmer); diese sind als „Rahnsdorfer Gespräche“ bekannt geworden. Diese Weiterbildungsveranstaltungen erfolgen in Zusammenarbeit mit den Industrieministerien sowie den Instituten für sozialistische Wirtschaftsführung an den Universitäten und Hochschulen. Für diesen Bereich ist das ZSW Leitinstitut. — Die Teilnahme an den Weiterbildungsveranstaltungen erfolgt auf der Grundlage der kaderpolitischen Richtlinien des ZK der SED. d) Im Rahmen der wirtschaftswissenschaftlichen Forschung nimmt das ZSW wichtige Koordinierungsfunktionen wahr. Sein Direktor, Helmut Koziolek, ist zugleich Vors. des Wissenschaftlichen Rates für die wirtschaftswissenschaftliche Forschung bei der AdW. Dem ZSW unmittelbar zugeordnet ist der WR für Fragen der Leitung der Wirtschaft sowie der WR zu Fragen der sozialistischen ökonomischen Integration. Besonders eng arbeitet das ZSW mit der Akademie für Gesellschaftswissenschaften beim ZK der SED (AfG), mit der AdW und der Parteihochschule „Karl Marx“ beim ZK der SED (PHS) zusammen. International kooperiert das ZSW mit vergleichbaren Einrichtungen in anderen sozialistischen Ländern und mit den Forschungsinstituten des Rates für Gegenseitige Wirtschaftshilfe (RGW). 2. Organisationsstruktur. Das ZSW ist nach dem Abteilungs- und Sektorenprinzip gegliedert. Es bestehen u.a. Abteilungen für: Operation Research; Leitung und Planung; Elektronische ➝Datenverarbeitung (EDV); Wirtschaftsrecht; Prognostik; Information und Dokumentation; Sozialistische Wirtschaftsführung; Betriebspädagogik; marxistisch-leninistische Organisationswissenschaften. In einer besonderen Abteilung werden westliche Managementmethoden analysiert. Das ZSW hat seit seiner Gründung Promotionsrecht; es gibt eine eigene Schriftenreihe („Zur sozialistischen Wirtschaftsführung“) heraus. Fundstelle: DDR Handbuch. 3., überarbeitete und erweiterte Auflage, Köln 1985: S. 1539 Zentralinstitut für Schweißtechnik (ZIS) A, B, C, D, E, F, G, H, I, J, K, L, M, N, O, P, Q, R, S, T, U, V, W, Z Zentralisation

Siehe auch: Zentralinstitut für Sozialistische Wirtschaftsführung: 1966 Zentralinstitut für Sozialistische Wirtschaftsführung beim ZK der SED: 1969 1975 1979 Gegr. November 1965; Sitz: Berlin-Rahnsdorf (Ost), Direktor seit 1965: Prof. Dr. Helmut Koziolek (Mitgl. des ZK der SED). Stellvertreter: Gerd Friedrich und Willi Kunz. 1. Aufgaben. a) Das ZSW sollte zum Zeitpunkt seiner Gründung die Wirtschaftsreformen des Neuen Ökonomischen Systems (NÖS) theoretisch unterstützen und den…

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Produktionsverhältnisse (1985)

Siehe auch die Jahre 1953 1954 1956 1958 1959 1960 1962 1963 1965 1966 1969 1975 1979 Bezeichnung für die Gesamtheit der Beziehungen, die die Menschen notwendigerweise in den Bereichen der Produktion, des Austausches und der Verteilung des gesellschaftlichen Produkts (Gesamtprodukt, Gesellschaftliches) eingehen. Die P. gelten als die grundlegenden gesellschaftlichen Verhältnisse und bestimmen die jeweils besondere Form der gesellschaftlichen Produktion und Reproduktion (Produktionsweise). Ihr Wesen werde bestimmt durch die Eigentumsverhältnisse (Eigentum). Der Begriff P. wird nicht nur als formaljuristische Kategorie verstanden, sondern auch als soziologische, wie die folgende Aufzählung der wichtigsten Merkmale zeigt: 1. Die Beziehungen zwischen den Menschen in ihrer Bestimmtheit durch das Eigentum an den Produktionsmitteln und der damit verbundene Charakter der Arbeit; daraus ergebe sich die Stellung der Klassen, Schichten und sozialen Gruppen zueinander (Klasse/Klassen, Klassenkampf); 2. die Formen der gesellschaftlichen Arbeitsteilung, die Verteilung der Produktionsmittel und der gesellschaftlichen Arbeit auf die verschiedenen Bereiche der Volkswirtschaft sowie der Organisation der Produktion; 3. die Leitungsbeziehungen in der gesellschaftlichen Produktion, in denen die Einheit des arbeitsteiligen Produktionsprozesses verwirklicht werde; 4. die verschiedenen Formen des Austausches der Arbeit oder der Produkte zwischen den Produzenten; 5. die gesellschaftlichen Formen der Verteilung des gesellschaftlichen Gesamtprodukts und der Materiellen Interessiertheit an der Entwicklung und Nutzung der Produktivkräfte. In der Politischen Ökonomie werden vor allem zwei Haupttypen von P. behandelt. Der eine beruhe auf dem Privateigentum an Produktionsmitteln. Er sei durch Ausbeutung und Unterdrückung der unmittelbaren Produzenten und durch die daraus resultierenden unversöhnlichen Klassengegensätze und Klassenkämpfe gekennzeichnet, da wesentliche Teile des von allen erzeugten gesellschaftlichen Gesamtprodukts privat angeeignet würden und — wie auch die Produktionsmittel — der privaten Verfügung unterlägen. Die so beschriebenen P. sollen sich von der Sklaverei über den Feudalismus bis zum Kapitalismus, wo die antagonistischen (d.h. innerhalb des gegebenen Systems unauflösbaren) Klassengegensätze ihre höchste Zuspitzung erfahren hätten (Widerspruch), entwickelt haben. Im revolutionären Prozeß der Beseitigung des kapitalistischen Privateigentums an den Produktionsmitteln entstehe der andere Typ von P., der auf gesellschaftlichem Eigentum beruhe und den feindlichen Gegensatz der Klassen beseitige, da in ihm die gesellschaftliche Produktion nicht den Gesetzen der Ausbeutung, sondern den Regeln der gegenseitigen Hilfe und Zusammenarbeit tendenziell folge. Die P. sollen sich in wechselseitigem Zusammenhang mit und in Abhängigkeit von den Produktivkräften entwickeln. Die historisch-konkrete Form der P. werde durch das jeweilige Niveau der Produktivkräfte bestimmt, auf das sie hemmend oder fördernd einwirken. Produktivkräfte und P. bilden in ihrer Einheit die Produktionsweise. Die sozialistischen P. werden von der Politischen Ökonomie als die adäquaten Entwicklungsformen der modernen Produktivkräfte angesehen, da sie auf der Identität von Produzent und Eigentümer im gesellschaftlichen Maßstab beruhen und somit dem ständig steigenden Grad der Vergesellschaftung der Produktion gerecht würden. Daher seien die durch die Dynamik der Produktivkräfte auftretenden gesellschaftlichen Widersprüche nichtantagonistischer Natur und könnten durch Vervollkommnung der P. innerhalb der sozialistischen Produktionsweise gelöst werden. Als Beleg dafür wird heute z.B. angeführt, daß die Bildung und Ausgestaltung der Kombinate in Industrie und Bauwesen (Betriebsformen und Kooperation) Ausdruck von Produktivkräften und P. gleichermaßen seien. Die planmäßige Entwicklung der sozialistischen Produktionsverhältnisse sei mit der weiteren Vergesellschaftung der Produktion (vor allem durch Arbeitsteilung, Konzentration, Kooperation und Kombination der Produktion auch über Ländergrenzen hinweg) verbunden, ferner mit dem Wachstum des Volkseigentums bei Verstärkung seiner bestimmenden Funktion im Wirtschaftsprozeß, mit der zunehmenden Reife des genossenschaftlichen Eigentums und der schrittweisen Annäherung und Verflechtung beider Eigentumsformen, mit der Vervollkommnung der Verteilungsverhältnisse, mit der Erhöhung des Lebensniveaus des Volkes sowie mit der Herausbildung der Sozialistischen ➝Lebensweise. Fundstelle: DDR Handbuch. 3., überarbeitete und erweiterte Auflage, Köln 1985: S. 1051 Produktionsprozeß A, B, C, D, E, F, G, H, I, J, K, L, M, N, O, P, Q, R, S, T, U, V, W, Z Produktionsweise

Siehe auch die Jahre 1953 1954 1956 1958 1959 1960 1962 1963 1965 1966 1969 1975 1979 Bezeichnung für die Gesamtheit der Beziehungen, die die Menschen notwendigerweise in den Bereichen der Produktion, des Austausches und der Verteilung des gesellschaftlichen Produkts (Gesamtprodukt, Gesellschaftliches) eingehen. Die P. gelten als die grundlegenden gesellschaftlichen Verhältnisse und bestimmen die jeweils besondere Form der gesellschaftlichen Produktion und Reproduktion…

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Urania (Gesellschaft zur Verbreitung wissenschaftlicher Kenntnisse) (1985)

Siehe auch: Gesellschaft zur Verbreitung wissenschaftlicher Kenntnisse: 1956 1958 1959 1960 1962 1963 1965 1966 1969 1975 1979 Urania: 1966 1969 Urania (Gesellschaft zur Verbreitung wissenschaftlicher Kenntnisse): 1975 1979 Verbreitung wissenschaftlicher Kenntnisse, Gesellschaft zur: 1956 Gesellschaftliche Organisation zur Popularisierung von Ergebnissen aus allen Gebieten der Wissenschaften und zur propagandistischen Unterstützung der jeweils gegebenen politischen Schwerpunktaufgaben. Die U. wurde am 17. 6. 1954 in Anlehnung an das Vorbild der sowjetischen Allunionsgesellschaft zur Verbreitung politischer und wissenschaftlicher Kenntnisse gegründet. Anknüpfend an den von Prof. Julius Schasel 1924 in Jena gegründeten linkssozialistischen freidenkerischen Bildungsverein „U. / Freies Bildungsinstitut e. V.“ (mit Zeitschrift U. und gleichnamigem Verlag; 1933 aufgelöst und verboten) nahm die GzVwK. auf ihrem 4. Kongreß 1966 ihren jetzigen Namen an. Mitglieder der U. sind Angehörige der Intelligenz und erfahrene Praktiker, die sich verpflichten, ihre Kenntnisse in populärwissenschaftlichen Vorträgen einem breiten Interessentenkreis zu vermitteln. Höchstes Organ der U. ist der alle 5 Jahre tagende Kongreß (VII. Kongreß der U. 29. 6.–1. 7. 1981), der das Präsidium wählt. Präsident ist Prof. Dr. Ing., Dr. h.c. Eberhard Leibnitz (SED). Die U. untergliedert sich weiter in Bezirks- und Kreisorganisationen mit den entsprechenden Leitungsgremien. — Seit 1981 verleiht die U. für „hervorragende Verdienste bei der Propagierung wissenschaftlicher Erkenntnisse“ die „Ernst-Haeckel-Medaille“ (E. H. 1834–1919, Naturwissenschaftler und Begründer des Monismus). In größeren Betrieben der Industrie und Landwirtschaft sowie an den Universitäten, Hoch- und Fachschulen bestehen Mitgliedergruppen (Mitte 1981: 1143). Beim Präsidium der U. arbeiten über 20 zentrale Sektionen bzw. Arbeitsgruppen, die in ihrer Aufgabenstellung der Unterteilung der Gesellschafts- und Naturwissenschaften bzw. gewissen politischen Schwerpunkten folgen (z.B. Agrarwissenschaften, Astronomie, Biologie, Internationale Fragen, Militärpolitik, Staats- und Rechtswissenschaft). Diese leiten ihrerseits die entsprechenden Einrichtungen auf Bezirks- und Kreisebene an, organisieren den Erfahrungsaustausch und versorgen sie mit Informationsmaterial. Konferenzen und wissenschaftliche Kolloquien sind die bevorzugten Formen, in denen die U. die eigenen Mitglieder/Referenten weiterbildet. Die U. arbeitet mit ausländischen Organisationen vergleichbarer Aufgabenstellung, insbesondere mit deren populärwissenschaftlichen Verlagen zusammen. Vom 23. bis 25. 9. 1975 fand in Moskau die I. Internationale wissenschaftlich-methodische Konferenz der GzVwK. der sozialistischen Länder statt. Die U. gibt in ihrem Verlag U. (von 1976 bis 1981: 440 Titel mit einer Auflage von 8,8 Mill. Bänden) die Jahrbücher „U.-Universum“ (seit 1954) und „Wissenschaft und Menschheit“ (seit 1965; zusammen mit dem Moskauer Verlag „Snanije“) sowie die populärwissenschaftliche Monatszeitschrift „U.“ (seit August 1947; mit dem Kulturbund der DDR [KB]) heraus. In den Massenmedien ist die U. u.a. mit den Sendereihen „Neue Fernseh-U.“ (seit 1974; 1. Prog.) und „Wissenschaft im Meinungsstreit“ (seit 1977; Radio DDR II) vertreten. Bis Anfang 1981 gestaltete die U. fast 350 Sendungen im Fernsehen und Rundfunk der DDR; Mitschnitte der Sendungen werden im Vortragsangebot der U. verwendet. Die Tätigkeit der U. versteht sich als ein Beitrag zur sozialistischen Allgemeinbildung, als „populärwissenschaftliche Propaganda“. Diesem Zweck dient die Vermittlung parteilicher Informationen über die Entwicklungen im In- und Ausland ebenso wie die Verbreitung neuester wissenschaftlicher und technischer Erkenntnisse unter dem Gesichtspunkt ihrer Anwendbarkeit in der Produktion. Die U. bestreitet mit ihren Veranstaltungen weitgehend das allgemeinbildende Angebot der Volkshochschulen und nimmt Aufgaben in der Erwachsenenbildung wahr (Einheitliches sozialistisches Bildungssystem, XII.). Die U. leistet ihre Arbeit in Form von Vorträgen, Kursen, Aussprachen, Exkursionen und Ausstellungen. Sie stützt sich dabei auf Vortragszentren, Betriebs- und Dorfakademien sowie auf die Kultur- und Klubhäuser. Über ein Fünftel der Veranstaltungen der U. finden auf den Dörfern und in landwirtschaftlichen Betrieben statt; rd. ein Viertel aller U.-Veranstaltungen ist für Jugendliche bestimmt. Über die Zusammenarbeit mit dem Freien Deutschen Gewerkschaftsbund (FDGB) wurde 1972 eine schriftliche Vereinbarung getroffen, die beide Organisationen zur gegenseitigen Unterstützung bei der politisch-ideologischen Arbeit in den Betrieben verpflichtet. Diesem Ziel dienen regelmäßige Konsultationen zwischen den Verbandsleitungen auf den verschiedenen Stufen, in denen im übrigen auch der jeweils andere Verband personell vertreten sein soll. Vergleichbare Vereinbarungen bestehen mit der Freien Deutschen Jugend (FDJ), dem Demokratischen Frauenbund Deutschlands (DFD) sowie der Volkssolidarität (Vorträge für ältere Bürger in Altenheimen usw.). Die Zahl der Veranstaltungen stieg von 227.459 im Jahr 1970 mit über 7,8 Mill. Teilnehmern auf 384.607 im Jahr 1982, die von rd. 12 Mill. Teilnehmern besucht wurden. Die Mitgliederzahlen stiegen von 28.160 (1971), 33.675 (1975) und rd. 36.000 (1977) auf 48.600 (Mitte 1981) und 1983 auf 50.913. Fundstelle: DDR Handbuch. 3., überarbeitete und erweiterte Auflage, Köln 1985: S. 1400 Uranbergbau A, B, C, D, E, F, G, H, I, J, K, L, M, N, O, P, Q, R, S, T, U, V, W, Z Urheberrecht

Siehe auch: Gesellschaft zur Verbreitung wissenschaftlicher Kenntnisse: 1956 1958 1959 1960 1962 1963 1965 1966 1969 1975 1979 Urania: 1966 1969 Urania (Gesellschaft zur Verbreitung wissenschaftlicher Kenntnisse): 1975 1979 Verbreitung wissenschaftlicher Kenntnisse, Gesellschaft zur: 1956 Gesellschaftliche Organisation zur Popularisierung von Ergebnissen aus allen Gebieten der Wissenschaften und zur propagandistischen Unterstützung der jeweils gegebenen politischen…

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Ministerium für Land-, Forst- und Nahrungsgüterwirtschaft (MfLFN) (1985)

Siehe auch: Ministerium für Land-, Forst- und Nahrungsgüterwirtschaft: 1975 1979 Ministerium für Landwirtschaft, Erfassung und Forstwirtschaft: 1960 Ministerium für Landwirtschaft, Erfassung und Forstwirtschaft (MfLEF): 1962 1963 Das MfLFN ist das zentrale Leitungsorgan des Ministerrates der DDR für die Bereiche Landwirtschaft, Forst- und Holzwirtschaft und Nahrungsgüterwirtschaft. In seiner gegenwärtigen Form besteht das MfLFN seit dem 1. 1. 1973. Es wurde aus der Produktionsleitung des (zentralen) Rates für Landwirtschaftliche Produktion und Nahrungsgüterwirtschaft (RLN[Z]) gebildet, Minister ist Bruno Lietz (SED), 1. stellv. Minister und Staatssekretär ist Dr. Wilhelm Cesarz, SED. 1. Entwicklung. Nach Abschluß der Kollektivierung in der Landwirtschaft (1960) wurde das bis zum 7. 2. 1963 tätige Ministerium für Landwirtschaft, Erfassung und Forstwirtschaft aufgelöst und im Zusammenhang mit der Einführung des Neuen Ökonomischen Systems (NÖS) zum Landwirtschaftsrat umgebildet. Seine Auflösung wurde mit der administrativen Arbeitsweise begründet, die auf die Leitung einer noch weitgehend im privaten Eigentum befindlichen Landwirtschaft ausgerichtet gewesen sei. Die Aufgabe des 1963 gegründeten Landwirtschaftsrates wurde auf die Entwicklung der Produktionsbedingungen und der Produktionsverhält[S. 906]nisse beschränkt, während für die Erfassung bzw. den Aufkauf landwirtschaftlicher Produkte beim Ministerrat ein spezielles Staatliches Komitee eingerichtet wurde. Die Besonderheit des Landwirtschaftsrates bestand darin, daß Praktiker und Wissenschaftler zu seinen Mitgliedern berufen bzw. auf den Bauernkongressen aufgrund einer Einheitsliste der Parteien, Massenorganisationen und Regierungsorgane gewählt wurden. Die unmittelbaren Leitungsaufgaben des Landwirtschaftsrates wurden von seiner Produktionsleitung wahrgenommen, der die Räte und Produktionsleitungen der Bezirke und Kreise unterstellt waren. Die jeweiligen Produktionsleiter waren zugleich die Vorsitzenden der Landwirtschaftsräte auf den verschiedenen Leitungsebenen. Mit dem Übergang zum Ökonomischen System des Sozialismus (ÖSS) wurden nach dem VII. Parteitag der SED (1967) bzw. dem X. Deutschen Bauernkongreß die Landwirtschaftsräte auf allen Verwaltungsebenen (Ministerrat, Bezirk, Kreis) zu Räten für Land-, Forst- und Nahrungsgüterwirtschaft umgebildet. Diese Neuorganisation war vor allem durch die Wiedereingliederung des Staatlichen Komitees für Aufkauf und Verarbeitung gekennzeichnet und stand in engem Zusammenhang a) mit der Entwicklung vertikaler Kooperationsbeziehungen zwischen Landwirtschafts- und Verarbeitungsbetrieben und b) mit der Ablösung des doppelten Preissystems (Agrarpolitik; Kooperation in der Landwirtschaft). Auf Bezirksebene wurden die Volkseigenen Erfassungs- und Aufkaufbetriebe und die Betriebe der Nahrungsgüterwirtschaft (Agrar-Industrie-Komplex [AIK]) zu Kombinaten (für Fleisch, Getreide, Geflügel) vereinigt und dem RLN der Bezirke unterstellt. Im Zeichen der allgemeinen Rezentralisation nach dem VIII. Parteitag der SED (1971) bzw. dem XI. Bauernkongreß der DDR (1972) erfolgte eine weitere Umbildung der landwirtschaftlichen Leitungsorgane, in deren Folge der Rat für Landwirtschaftliche Produktion und Nahrungsgüterwirtschaft von der Produktionsleitung getrennt und zu einem Beratungsgremium des Ministerrates herabgestuft wurde. Aus der bisherigen Produktionsleitung entstand das MfLFN. Die Trennung zwischen RLN und Produktionsleitungen wurde im Jahr 1975 auf Bezirks- und Kreisebene nachvollzogen (GBl. I, S. 449). Im gleichen Jahr wurden ferner die Staatlichen Komitees für Landtechnik und materiell-technische Versorgung (SKL), für Aufkauf und Verarbeitung landwirtschaftlicher Produkte (SKAV) sowie für Forstwirtschaft (SKF) aufgelöst (GBl. I, 1975, S. 139 u. 449) und in das M. eingegliedert. Die VVB Forstwirtschaft war bereits 1974 aufgelöst (GBl. I, S. 347) und an deren Stelle waren 1975 bei den Bezirken Abteilungen Forstwirtschaft eingerichtet worden. Gleichzeitig wurden bei den Räten der Bezirke und der Kreise die Produktionsleitungen für Landwirtschaft und Nahrungsgüterwirtschaft zu Abteilungen Landwirtschaft und Nahrungsgüterwirtschaft umgebildet (GBl. I, 1975, S. 449) (Rat für Landwirtschaft und Nahrungsgüterwirtschaft). Die Aufgaben der VVB Binnenfischerei übernahmen die Wirtschaftsräte der Bezirke. 2. Aufgaben. In Zusammenhang mit dieser bisher letzten Reorganisation erhielt das M. ein neues Statut (GBl. I, S. 753), in dem ihm folgende Aufgabenbereiche übertragen wurden: die Leitung und Planung der Produktion und Verarbeitung pflanzlicher und tierischer Produkte einschl. der Forschung und Züchtung, des Pflanzenschutzes und des Veterinärwesens (Tierärzte), der Forstwirtschaft, des Landbaus und des Meliorationsbaus (Meliorationen), der Mechanisierung der Pflanzen- und Tierproduktion einschl. des Anlagenbaus und der Instandhaltung der Landtechnik, des Jagdwesens (Jagd), der Pferdezucht und des Rennsports, die Kontrolle über die Durchführung der Planaufgaben mit dem Ziel der bedarfsgerechten Versorgung der Bevölkerung sowie der Erfüllung der Exportaufgaben bei gleichzeitiger Vertiefung der Zusammenarbeit mit den anderen RGW-Staaten, die Kontrolle über den Faktoreinsatz und dessen Effizienz, die Kontrolle der gesellschaftlichen Entwicklung der Klasse der Genossenschaftsbauern und der Genossenschaftsbetriebe im Rahmen der Bündnispolitik (Agrarpolitik). 3. Organe. a) Zur Durchführung dieser Aufgaben sind beim MfLFN folgende Abteilungen eingerichtet worden (Stand Ende 1979): Abteilung Produktion und Verarbeitung pflanzlicher Erzeugnisse, Bereich tierische Produktion und Verarbeitung, Abteilung Fischwirtschaft, Abteilung Milchwirtschaft, Hauptabteilung Forstwirtschaft, Abteilung Meliorationsbau und Landbau, Abteilung Instandhaltung und Anlagenbau, Abteilung Chemisierung und Meliorationsnutzung. b) Dem M. unterstehen für Zwecke der Forschung, Lehre und Ausbildung die Akademie der Landwirtschaftswissenschaften (AdL) der DDR (Agrarwissenschaften) (Zusammenarbeit mit der Akademie der Wissenschaften [AdW] und den Universitäten und Hochschulen), Spezialforschungseinrichtungen der Nahrungsgüterwirtschaft (Getreideforschung, Milchforschung usw.), Hochschulen in Meißen und Bernburg, das Institut für Ökonomik der Landwirtschaft und Nahrungsgüterwirtschaft, der VEB Datenverarbeitung der Land-, Forst- und Nahrungsgüterwirtschaft, die Zentralstelle für Preise der Landwirtschaft und Nahrungsgüterwirtschaft (Agrarpreissystem), die Landwirtschaftsausstellung in Leipzig (Landwirtschafts- und Gartenbauausstellung der DDR [LuG; agra]) und die Internationale Gartenbauausstellung der DDR (iga) in Erfurt. c) Zur Durchführung bzw. Wahrnehmung der Leitungsaufgaben verfügt das MfLFN über folgende zentral geleitete Organe, Kombinate und Betriebe: VVB, Kombinate und Betriebe der Landwirtschaft (VVB Saat- und Pflanzgut, VVB Tierzucht, VE Kombi[S. 907]nat Industrielle Tierproduktion, VEB Projektierung und Bauleitung der Akademie der Landwirtschaftswissenschaften der DDR, Zentralstelle für Pferdezucht beim MfLFN), VE Kombinate und Betriebe der Nahrungsgüterwirtschaft (VE Kombinat Zucker, VE Kombinat Stärke und Kartoffelveredelung, VE Kombinat Kühl- und Lagerwirtschaft, VE Kombinat Aufbereitung tierischer Rohstoffe und Pelztierprodukte, VEB Material-technische Versorgung der Nahrungsgüterwirtschaft, VEB Zentrales Projektierungsbüro der Nahrungsgüterwirtschaft, VEB Schlacht- und Verarbeitungskombinat Eberswalde/Britz), VEB, Kombinate und Betriebe der Landtechnik (VEB Landtechnische Instandsetzung, VEB Ausrüstungskombinat für Rinderanlagen, Nauen, VEB Kombinat für Gartenbautechnik, Berlin [Ost], VEB Meliorationsmechanisierung, Dannenwalde, VEB Ausrüstungen, Agrochemische Zentren, Leipzig), Einrichtungen des Landbaus und des Meliorationsbaus (VEB Landbauprojekt Potsdam, VEB Spezialbaubetrieb der Landwirtschaft und Nahrungsgüterwirtschaft, Friedersdorf, VEB Ingenieurbüro für Meliorationen, Bad Freienwalde), Einrichtungen der Forstwirtschaft (VEB Kombinat Forsttechnik Waren, VEB Forstprojektierung Potsdam, VEB Ingenieurbüro, Potsdam, Staatlicher Forstwirtschaftsbetrieb Eberswalde des Instituts für Forstwissenschaften Eberswalde). Weiter sind dem MfLFN entsprechend dem Prinzip der doppelten Unterstellung folgende Bezirksgeleitete Organe, Kombinate und Betriebe zugeordnet: Betriebe der Landwirtschaft (Volkseigene Güter, VEB Binnenfischerei, VEB Organische Düngestoffe, VEB Trockenfutterproduktion, sonstige volkseigene Betriebe der Landwirtschaft), Kombinate und Betriebe der Nahrungsgüterwirtschaft (VEB Kombinat Fleischwirtschaft, Vereinigung zur Lenkung der milchverarbeitenden Industrie bzw. Kombinate Milchwirtschaft, VEB Kombinat Getreidewirtschaft, VEB Geflügelwirtschaft), Kombinate und Betriebe der Landtechnik (VEB Kombinat für Landtechnische Instandhaltung, VEB Kombinat für materiell-technische Versorgung, VEB Landtechnischer Anlagenbau), Kombinate und Betriebe des Land- und Meliorationsbaus (VEB Meliorationskombinate bzw. VEB Meliorationsbau, VEB Landbaukombinate), Betriebe der Forstwirtschaft (Staatliche Forstwirtschaftsbetriebe). Ferner ist der Minister nach dem Musterstatut des MfLFN (§ 12) befugt, die Leiter der Abteilungen für Landwirtschaft und Nahrungsgüterwirtschaft bei den Räten der Bezirke direkt anzuleiten bzw. Weisungen zu erteilen. Das gleiche Recht steht diesen Leitern gegenüber den Leitern bei den Räten der Kreise zu. 4. Koordinierungsbeziehungen des MfLFN. Sie bestehen zur Bank für Landwirtschaft und Nahrungsgüterwirtschaft (BLN), zum Ministerium für Bezirksgeleitete Industrie und Lebensmittelindustrie, zum Ministerium für Handel und Versorgung sowie zum Ministerium für Umweltschutz und Wasserwirtschaft. Fundstelle: DDR Handbuch. 3., überarbeitete und erweiterte Auflage, Köln 1985: S. 905–907 Ministerium für Kultur A, B, C, D, E, F, G, H, I, J, K, L, M, N, O, P, Q, R, S, T, U, V, W, Z Ministerium für Leichtindustrie

Siehe auch: Ministerium für Land-, Forst- und Nahrungsgüterwirtschaft: 1975 1979 Ministerium für Landwirtschaft, Erfassung und Forstwirtschaft: 1960 Ministerium für Landwirtschaft, Erfassung und Forstwirtschaft (MfLEF): 1962 1963 Das MfLFN ist das zentrale Leitungsorgan des Ministerrates der DDR für die Bereiche Landwirtschaft, Forst- und Holzwirtschaft und Nahrungsgüterwirtschaft. In seiner gegenwärtigen Form besteht das MfLFN seit dem 1. 1. 1973. Es wurde aus der…

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Staatliches Filmarchiv (1985)

Siehe auch: Filmarchiv: 1969 Filmarchiv, Staatliches: 1966 Staatliches Filmarchiv: 1969 1975 1979 Errichtet am 1. 10. 1955, nachdem 1954 die Übergabe der 1945 von der Sowjetunion beschlagnahmten Bestände des ehemaligen Reichsfilmarchivs eingeleitet worden war. Das StF. sollte nach seinem Gründungsstatut „die bedeutendsten Filme der westdeutschen und internationalen Produktion erwerben und konservieren“, und erhält ferner eine Kopie jedes in der DDR hergestellten Films. Mit der Änderung des Statutes vom 12. 6. 1968 (GBl. III, S. 28) hat das Archiv nunmehr „das gesamte nationale Filmschaffen der Deutschen Demokratischen Republik sowie die wichtigsten Werke der internationalen Filmproduktion zu sammeln und die Filme zu konservieren, zu erfassen und wissenschaftlich zu bearbeiten“. Daneben soll es „seine Bestände für Film- und Fernsehproduktionen in der Deutschen Demokratischen Republik, die durch eine kritische Verarbeitung des Archivmaterials zur Entwicklung eines sozialistischen Bewußtseins beitragen, und für fortschrittliche Produktionen des Auslandes nutzbar“ machen. Mit etwa 8.000 Spiel- und über 30.000 Dokumentar- und Kurzfilmen sowie Wochenschauen ist das StF. heute eines der größten Filmarchive der Welt. Es kauft jährlich bis zu 500 Filme an, konserviert alle Nitrofilme unter erheblichem Aufwand durch Umkopierung, sammelt aber auch Fachliteratur, Drehbücher, Dekorationsentwürfe, Plakate, Filmprogramme, ältere Filmgeräte und sonstiges filmgeschichtliches Material. Verwertet wird das Filmmaterial u.a. in Dokumentarfilmen der DEFA (u.a. „Du und mancher Kamerad“, „Das russische Wunder“) und Fernsehsendungen. Alte Filme aus den Beständen des Archivs werden verliehen an das Fernsehen und die Filmklubs (rd. 400 Titel aus aller Welt für etwa 2.000 Veranstaltungen pro Jahr) sowie an Interessenten anderer Staaten im Austausch mit dortigen Filmarchiven, u.a. für die Veranstaltung von Retrospektiven auf Filmfestivals. Regelmäßige Vorführungen von Archivfilmen (etwa 900 pro Jahr) durch den zum StF. gehörenden Filmdienst CAMERA (gegr. 1963) finden statt im Ost-Berliner Filmtheater Babylon, im Leipziger Filmkunsttheater Casino, im Dresdener Filmtheater Prager Straße, im Rostocker Filmtheater Metropol, im Karl-Marx-Städter Studiokino, im Hallenser Studiokino und im Potsdamer Filmmuseum der DDR, das 1981 im dortigen restaurierten ehemaligen Marstall eingerichtet wurde. Das StF. gibt dazu vierteljährlich Programmhefte heraus und stellt den Filmklubs Einführungsmaterial zur Verfügung. Es bringt auch filmwissenschaftliche Publikationen heraus. Das StF. ist seit 1956 Mitglied der Internationalen Föderation der Filmarchive (FIAF). Fundstelle: DDR Handbuch. 3., überarbeitete und erweiterte Auflage, Köln 1985: S. 1268 Staatliches Amt für technische Überwachung A, B, C, D, E, F, G, H, I, J, K, L, M, N, O, P, Q, R, S, T, U, V, W, Z Staatliches Komitee für Aufkauf und Verarbeitung landwirtschaftlicher Erzeugnisse (SKAV)

Siehe auch: Filmarchiv: 1969 Filmarchiv, Staatliches: 1966 Staatliches Filmarchiv: 1969 1975 1979 Errichtet am 1. 10. 1955, nachdem 1954 die Übergabe der 1945 von der Sowjetunion beschlagnahmten Bestände des ehemaligen Reichsfilmarchivs eingeleitet worden war. Das StF. sollte nach seinem Gründungsstatut „die bedeutendsten Filme der westdeutschen und internationalen Produktion erwerben und konservieren“, und erhält ferner eine Kopie jedes in der DDR hergestellten Films. Mit der…

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Philatelie (1985)

Siehe auch die Jahre 1958 1959 1960 1962 1963 1965 1966 1969 1975 1979 Gilt seit 1949 als eines der „Hauptarbeitsgebiete“ des Kulturbundes der DDR (KB) und soll „entgegen den Auffassungen vieler Individualisten von einem Nur-Hobby zu einer echten politischen Aufgabe werden“. Seit 1969 ist der Philatelistenverband der DDR im Rahmen des KB für philatelistische Belange (grafische Gestaltung der Marken, Organisation von Ausstellungen und Tauschveranstaltungen usw.) zuständig. Über Auflagenhöhe, Aufdruckwerte und Serienumfang entscheidet jedoch das Ministerium für Post- und Fernmeldewesen. Hier wird der Verband nur beratend tätig. Ihm gehören rd. 70.000 Mitgl. in 1500 Arbeits- und Betriebsarbeitsgemeinschaften an. Bei der Deutschen Post sind mehr als 500.000 Abonnenten von Sammlerbriefmarken registriert. In den letzten 10 Jahren sind jährlich rd. ein Dutzend Sammlungen aus der DDR in mehr als 20 Ländern gezeigt worden, wo sie zahlreiche begehrte Preise erhielten. Die gesellschaftliche Bedeutung des Philatelistenverbandes der DDR ist auch daraus zu ersehen, daß er jährlich rd. 18.000 Veranstaltungen mit mehr als einer halben Million Besuchern organisiert. Der Handel mit Marken „antidemokratischen“ Charakters ist verboten. Markentausch mit dem Ausland und der Bundesrepublik Deutschland ist nur mit Genehmigung des KB erlaubt. Er darf ausschließlich über eine Tauschkontrollstelle und nur bis zu einem Markenwert von 600 Mark erfolgen. Zuwiderhandlungen werden als Verstöße gegen das Devisengesetz geahndet. Die Deutsche Post der DDR zieht aus der Ph. jährlich mehr als 12 Mill. Mark an konvertibler Währung, indem sie einzelne Werte von Briefmarkenserien als sog. Sperrwerte oder „gebundene Werte“ in verminderter Auflage herausbringt und nur gegen Sammler-Ausweis abgibt bzw. — größtenteils — im Briefmarkenhandel des westlichen Auslandes absetzt. Wegen dieser Praxis und der Nichtbekanntgabe der Auflagenhöhe, insbesondere der im Westen auftauchenden „Sperrwerte“, wird die Briefmarken-Politik der Deutschen Post von westlichen Philatelistenverbänden als unseriös bezeichnet. Kritisiert wird in diesem Zusammenhang auch die für das Postgebiet DDR zu große Zahl von Sonderemissionen (1981: 28 mit insgesamt 90 Einzelwerten; Bundesrepublik einschl. Berlin-West 39/58) und die Höhe der Zuschlagswerte, die häufig mehr als die international üblichen 50 v.H. betragen. Zur Briefmarkenpolitik der DDR gehört in ständig wachsendem Umfang der Druck von regulären Umlaufwerten für Befreiungsbewegungen wie der PLO und befreundeter Länder wie der VDR Jemen. Inwieweit dies auf kommerzieller Basis oder im Rahmen [S. 984]der Politik der „antiimperialistischen Solidarität“ als unentgeltliche Hilfeleistungen erfolgt, läßt sich im Einzelfall nicht genau feststellen. Am 1. 3. 1978 ist eine AO über den Handel mit Sammlerbriefmarken, philatelistischem Material und Zubehör ergangen (GBl. I, S. 105), die den Einzel- und Großhandel mit Sammlerbriefmarken regelt. Für den Großhandel ist ausschließlich der VEB Ph. zuständig. Die Sammelwerte des In- und Auslandes (einschl. der Bundesrepublik Deutschland) sind im „Lipsia“-Katalog aufgeführt. Zeitschrift: „sammler-expreß.“ Fundstelle: DDR Handbuch. 3., überarbeitete und erweiterte Auflage, Köln 1985: S. 983–984 Pflichtversicherung A, B, C, D, E, F, G, H, I, J, K, L, M, N, O, P, Q, R, S, T, U, V, W, Z Pionierorganisation „Ernst Thälmann“

Siehe auch die Jahre 1958 1959 1960 1962 1963 1965 1966 1969 1975 1979 Gilt seit 1949 als eines der „Hauptarbeitsgebiete“ des Kulturbundes der DDR (KB) und soll „entgegen den Auffassungen vieler Individualisten von einem Nur-Hobby zu einer echten politischen Aufgabe werden“. Seit 1969 ist der Philatelistenverband der DDR im Rahmen des KB für philatelistische Belange (grafische Gestaltung der Marken, Organisation von Ausstellungen und Tauschveranstaltungen usw.) zuständig. Über…

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Journalismus (1985)

Siehe auch die Jahre 1975 1979 1. Begriff und Funktion des J. Berufliche Tätigkeit für Presse, Nachrichtenagentur, Rundfunk, Fernsehen; ursprünglich nur für den Pressebereich gebraucht. Der Begriff J. ist vom Begriff Publizistik nicht scharf zu trennen. Dieser gilt im weiteren Sinne für alle gesellschaftspolitischen Veröffentlichungen, auch in Büchern, Broschüren, Flugblättern usw. Er wird in der DDR vor allem verwandt für die „gesellschaftspolitische Kampfliteratur“ (literarische Publizistik), ebenso spricht man von Dokumentarfilm- und Bildpublizistik. Von den Medienpolitikern der SED wird J. definiert als Institution des politischen Überbaus. Unterschieden wird zwischen bürgerlichem und sozialistischem J. Der sozialistische J. wird verstanden als „massenwirksamstes Instrument“ der Sozialistischen Einheitspartei Deutschlands (SED), der anderen Parteien und gesellschaftlichen Organisationen sowie des sozialistischen Staates zur Entwicklung des gesellschaftlichen ➝Bewußtseins, als ein „entscheidendes politisches Machtinstrument“. Er sammelt und verbreitet gesellschaftliche Informationen, die „erforderlich und geeignet“ sind, das bewußte, klassenmäßige Verhalten des Volkes, seiner Klassen (Klasse/Klassen, Klassenkampf) und Schichten zu entwickeln, und vermittelt die „dafür notwendigen Argumentationen“ (Agitation und Propaganda; Medienpolitik). Der Journalist ist in diesem Verständnis Partei- oder Staatsfunktionär, der mit jornalistischen Mitteln an der Leitung ideologischer Prozesse teilnimmt. „Ein sozialistischer Journalist ist ein Funktionär der Partei und unserer Gesellschaft, der mit seinen spezifischen Waffen … seine Funktion als kollektiver Organisator wahrnimmt“ (W. Lamberz, VDJ-Vorstandstagung, Juni 1976). 2. Verband der Journalisten der DDR (VDJ). Der VDJ ist die zuständige Berufsorganisation der Journalisten. Er wurde 1946 als Verband der deutschen Presse (VDP) gegründet (I. Delegierten-Konferenz 1947). Bis Juli 1953 (IV. Delegierten-Konferenz des VDP) gehörte der Verband dem Freien Deutschen Gewerkschaftsbund (FDGB) an. Auf der VI. Delegierten-Konferenz wurde der VDP in Verband der Deutschen Journalisten (VDJ) umbenannt und erhielt auf dem IX. Kongreß des VDJ (1972) seinen jetzigen Namen. Vorsitzender des Verbandes ist seit Januar 1981 Eberhard Heinrich (Kandidat des Zentralkomitees (ZK) der SED). 1982 zählte der VDJ rd. 8.400 Mitgl. (von diesen arbeiteten u.a. 50 v.H. bei Tages-, Wochen- oder Monatszeitungen sowie Fachzeitschriften; knapp 18 v.H. beim ADN, im Rundfunk und beim Fernsehen; 8 v.H. waren Betriebszeitungs- und Betriebsfunkredakteure; 8 v.H. freischaffende Journalisten). [S. 682]Der VDJ ist nach dem Prinzip des Demokratischen Zentralismus organisiert. Seine leitenden Organe sind der — jetzt alle 5 Jahre stattfindende — Kongreß, der Zentralvorstand, das Präsidium und das Sekretariat. Bezirksverbände des VDJ als Untergliederung bestehen in allen Bezirken der DDR. Die untersten Verbandseinheiten sind die territorialen Gebietsgruppen sowie betriebliche Redaktions- bzw. Verlagsgruppen. Entsprechend den fachlichen Aufgaben bestehen auf allen Ebenen des Organisationsaufbaus Sektionen, z.B. 20 Sekt. im Ostberliner BV. (1984). Nach dem XI. Kongreß des VDJ (10./11. 6. 1982) berief das Präsidium eine Reihe von Kommissionen (K.), die von Präsidiumsmitgliedern geleitet werden. Sie sollen durch Analysetätigkeit, Problemdiskussionen, den Austausch von Erfahrungen usw. die Arbeit des Zentralvorstandes sowie der Bezirksverbände verbessern helfen. Es bestehen folgende K.: K. journalistische Schaffensfragen; K. Aus- und Weiterbildung; K. internationale Beziehungen; K. Wirtschaftsjournalisten; K. Bildjournalismus; K. Betriebszeitungsredakteure; K. Staat und Recht/Kommunalpolitik; K. Öffentlichkeitsarbeit; K. Veteranenarbeit; K. Organisationspolitik. — Der Zentralvorstand gibt als Monatszeitschrift die „Neue Deutsche Presse“ (NDP) heraus. Hauptaufgaben des VDJ sind die politisch-ideologische Erziehung und die fachliche Qualifizierung (Weiterbildung) der Journalisten. Besondere Aufgaben nimmt der VDJ in Hinblick auf die Rekrutierung des journalistischen Nachwuchses wahr. Im Ergebnis des XI. Kongresses verabschiedete das Präsidium des VDJ am 27. 9. 1982 eine neue „Ordnung für das Volontariat“. Das Volontariat hat das Ziel, den journalistischen Nachwuchs in den Redaktionen zu erproben und auf das Hochschulstudium vorzubereiten. — Der VDJ versteht sich als eine „Kampfabteilung an der ideologischen Front des Sozialismus“, als „ein zuverlässiger Mitstreiter der Partei der Arbeiterklasse unseres sozialistischen Staates“ (Entschließung des IX. Kongresses, Juni 1972, Neue Deutsche Presse, Nr. 14/1972). Der VDJ ist seit September 1949 Mitglied der (kommunistischen) Internationalen Organisation der Journalisten (IOJ) mit Sitz in Prag. Als Auszeichnungen werden an Journalisten u.a. die „Franz-Mehring-Ehrennadel“ und seit 1973 der „Journalistenpreis des FDGB“ verliehen. Dem VDJ ist die 1956 gegründete Fachschule für Journalistik in Leipzig unterstellt; die Absolventen führen nach 3jährigem Studium (in Internatskursen kombiniert mit Fernstudium) die staatlich anerkannte Berufsbezeichnung „Journalist“. Ebenso unterhält der VDJ seit 1963 die „Schule der Solidarität“ im Internationalen Institut für Journalistik „Werner Lamberz“ in Berlin (Ost). An ihr werden „fortschrittliche“ Journalisten vor allem aus Staaten der Dritten Weh ausgebildet (1963–1984 über 700 Journalisten aus mehr als 40 Ländern, darunter vielfach Mitglieder von „Befreiungsbewegungen“, z.B. der PLO, der SWAPO und der ANC). Der Diplomabschluß dieses Instituts wird von den Mitgliedsverbänden der IOJ anerkannt. 3. Wissenschaftliche Journalistenausbildung. Die einzige wissenschaftliche Ausbildungsstätte für Journalisten („journalistische Kader“) in der DDR ist die Sektion Journalistik an der Karl-Marx-Universität Leipzig, die im Januar 1951 als Institut für Publizistik und Zeitungswissenschaft an der Universität Leipzig gegründet wurde, ab September 1954 Fakultät für Journalistik der Karl-Marx-Universität hieß und im Verlauf der 3. Hochschulreform in Sektion umbenannt wurde. Sie ist seit 1973 in Wissenschaftsbereiche (z.B. journalistischer Arbeitsprozeß) und in Fachgebiete (z.B. Leitung und Planung sozialistischer Tageszeitungen) untergliedert. Als Zweig der marxistisch-leninistischen Gesellschaftswissenschaften ist die „sozialistische Journalistik“ eine gesellschaftswissenschaftliche Disziplin. Gegenstand von Lehre und Forschung sind Geschichte sowie Theorie und Praxis der Massenmedien. Untersucht werden u.a. aus marxistisch-leninistischer Sicht die „Gesetzmäßigkeiten innerhalb der Medien“, „der Beitrag der Journalistik zur Veränderung der gesellschaftlichen Wirklichkeit“ und „die Methoden der Menschenführung und der Leitungstätigkeit der Partei der Arbeiterklasse mittels der journalistischen Massenmedien“. Als Begründer der sozialistischen Journalistik gelten Marx, Engels und Lenin. Das 4jährige Studium wird mit einer Abschluß-Diplomarbeit und der Verleihung des Titels „Diplom-Journalist“ abgeschlossen. Die Sektion verfügt ferner über das Promotionsrecht A und B. Voraussetzung für die Zulassung zum Studium ist u.a. ein 1jähriges Volontariat bei einer Zeitung, einer Pressestelle, bei Rundfunk oder Fernsehen. Ein Studium in anderen Fachrichtungen (Sektionen) kann bis zur Hälfte der vorgeschriebenen Studienzeit angerechnet werden. In jedem Studienjahr müssen Praktika sowie das Lehrfach „Mündliche Argumentation“ absolviert werden. Die Sektion gibt die wissenschaftlichen Hefte „Theorie und Praxis des sozialistischen Journalismus“ heraus. Fundstelle: DDR Handbuch. 3., überarbeitete und erweiterte Auflage, Köln 1985: S. 681–682 Jazz A, B, C, D, E, F, G, H, I, J, K, L, M, N, O, P, Q, R, S, T, U, V, W, Z Jüdische Gemeinden

Siehe auch die Jahre 1975 1979 1. Begriff und Funktion des J. Berufliche Tätigkeit für Presse, Nachrichtenagentur, Rundfunk, Fernsehen; ursprünglich nur für den Pressebereich gebraucht. Der Begriff J. ist vom Begriff Publizistik nicht scharf zu trennen. Dieser gilt im weiteren Sinne für alle gesellschaftspolitischen Veröffentlichungen, auch in Büchern, Broschüren, Flugblättern usw. Er wird in der DDR vor allem verwandt für die „gesellschaftspolitische Kampfliteratur“ (literarische…

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Demokratische Bauernpartei Deutschlands (DBD) (1985)

Siehe auch: Demokratische Bauernpartei Deutschlands: 1965 1966 1969 1975 1979 Am 29. 4. 1948 gegründete und am 16. 6. 1948 durch die SMAD zugelassene Partei. Die DBD, bei deren Gründung ehemalige KPD- bzw. SED-Funktionäre eine maßgebliche Rolle spielten, versteht sich als Bündnispartner der Sozialistischen Einheitspartei Deutschlands (SED) und sieht ihre Aufgabe darin, die Bauern im Verein mit den Arbeitern für den Aufbau des Sozialismus zu gewinnen (Bündnispolitik). Die DBD, die im Frühjahr 1960 aktiv an der Kollektivierungskampagne in der Landwirtschaft teilnahm, setzt sich für die Durchführung der Agrarpolitik der SED ein. Innerhalb des Staatsapparates hat sie die spezifischen Interessen der bäuerlichen Bevölkerung in die politische Entscheidungsfindung mit einzubringen. Besondere Bedeutung kommt ihr bei der Vorbereitung der Bauernkongresse der DDR zu. 1982 waren die 103.000 Mitglieder, davon 30 v.H. Frauen, in 6.300 Grundeinheiten organisiert. 21.000 Mitgl. sind Abgeordnete und Nachfolgekandidaten in den Volksvertretungen : der Volkskammer gehören 52 Abgeordnete an. Wie jede der 4 Blockparteien stellt auch die DBD einen Stellv. des Vorsitzenden des Staatsrates (Dr. Ernst Mecklenburger) sowie ein weiteres Mitgl. dieses Gremiums (Werner Seifert) und ein Mitgl. des Ministerrates, das zugleich Stellv. des Vors. des Ministerrates ist (Dr. Hans Reichelt, Minister für Umweltschutz und Wasserwirtschaft). Aufbau und Tätigkeit der Partei beruhen auf dem Demokratischen Zentralismus. Höchstes Organ ist der alle 5 Jahre tagende Parteitag, der den Parteivor[S. 267]stand wählt. Dieser wählt aus seiner Mitte das Präsidium, das für die Leitung der Partei zwischen den Sitzungen des Parteivorstandes verantwortlich ist, und bestätigt das Sekretariat. Auf dem XI. Parteitag (5.–7. 5. 1982) wurde Dr. Ernst Mecklenburger zum Vorsitzenden gewählt, nachdem Ernst Goldenbaum, der dieses Amt seit der Parteigründung innehatte, nicht mehr kandidierte. Zentralorgan: „Bauern-Echo“. Funktionärszeitschrift: „Der Pflüger“. Parteien. Fundstelle: DDR Handbuch. 3., überarbeitete und erweiterte Auflage, Köln 1985: S. 266–267 Demokratie, Sozialistische A, B, C, D, E, F, G, H, I, J, K, L, M, N, O, P, Q, R, S, T, U, V, W, Z Demokratischer Frauenbund Deutschlands (DFD)

Siehe auch: Demokratische Bauernpartei Deutschlands: 1965 1966 1969 1975 1979 Am 29. 4. 1948 gegründete und am 16. 6. 1948 durch die SMAD zugelassene Partei. Die DBD, bei deren Gründung ehemalige KPD- bzw. SED-Funktionäre eine maßgebliche Rolle spielten, versteht sich als Bündnispartner der Sozialistischen Einheitspartei Deutschlands (SED) und sieht ihre Aufgabe darin, die Bauern im Verein mit den Arbeitern für den Aufbau des Sozialismus zu gewinnen (Bündnispolitik). Die DBD, die im…

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Berufskrankheiten (1985)

Definition und Bewertung von B. unterscheiden sich in der DDR nicht grundsätzlich von dem, was seit 1920 im Deutschen Reich entwickelt und seit 1945 in der Bundesrepublik Deutschland weitergeführt worden ist. Die Vorschriften über die Verhütung und das Verfahren zu Erfassung, Begutachtung und Anerkennung sind 1981 neu gefaßt bzw. neu geregelt worden (VO über die Verhütung, Meldung und Begutachtung von B. vom 26. 2. 1981 — GBl. I, 1981, S. 137). Als B. gilt eine Krankheit, die „durch arbeitsbedingte Einflüsse bei der Ausübung bestimmter beruflicher Tätigkeiten bzw. Arbeitsaufgaben hervorgerufen“ worden ist, nur, wenn sie „in der Liste der B. genannt ist“. Die Liste wird vom Ministerium für Gesundheitswesen „in Übereinstimmung mit dem Bundesvorstand des Freien Deutschen Gewerkschaftsbundes (FDGB)“ herausgegeben. Sie ist mit der 1. DB zur o.g. VO veröffentlicht worden (1. DB zur VO … — Liste der B. vom 21. 4. 1981 — GBl. I, 1981, S. 139). Sie ist ebenso aufgebaut wie die Liste der B. nach dem 3. Buch der RVO in der Bundesrepublik, weicht aber im einzelnen nicht unerheblich ab. Sie umfaßt 93 Krankheiten oder Krankheitsursachen. B. unterliegen einer Meldepflicht. Empfänger der Anzeige ist die Arbeitshygiene-Inspektion beim Rat des Kreises bzw. des Bezirkes (Arbeitshygiene). Diese veranlaßt die Begutachtung. Die Entscheidung über die Anerkennung einer B. und über die Höhe des Körperschadens liegt bei der Verwaltung der Sozialversicherung des FDGB, für Genossenschaftsangehörige (Genossenschaften) und für Selbständige (Freie Berufe; Handwerk; Landwirtschaft, I. C.) bei der zuständigen Dienststelle der Staatlichen Versicherung. Bei Arbeitsunfähigkeit als Folge einer B. (wie auch eines Arbeitsunfalles) gelten zwar generell die Regelungen der Krankenversicherung (Sozialversicherungs- und Versorgungswesen, VI.), jedoch wird Arbeitern, Angestellten und Genossenschaftsbauern Krankengeld in voller Höhe des durchschnittlichen Nettoverdienstes für die gesamte Dauer der Arbeitsunfähigkeit gezahlt; Selbständige hingegen erhalten nur Krankengeld wie bei sonstiger Arbeitsunfähigkeit. Anspruch auf Rente besteht bei einem Körperschaden von 20 v.H. und darüber; bei einem Körperschaden von 100 v.H. beträgt die Unfallrente zwei Drittel des letzten beitragspflichtigen Verdienstes, höchstens jedoch 400 Mark; dazu treten Zuschläge bei schweren Schäden u.a. (Renten/Altersversorgung). Besondere Vorschriften der B.-VO gelten der Beschäftigung bei B., der Verhütung von Verschlimmerung, der Mitwirkung der Betriebsärzte und den Eingriffsbefugnissen der Arbeitshygiene-Inspektion. Gesundheitswesen. Fundstelle: DDR Handbuch. 3., überarbeitete und erweiterte Auflage, Köln 1985: S. 192 Berufsberatung und Berufslenkung A, B, C, D, E, F, G, H, I, J, K, L, M, N, O, P, Q, R, S, T, U, V, W, Z Besatzungspolitik

Definition und Bewertung von B. unterscheiden sich in der DDR nicht grundsätzlich von dem, was seit 1920 im Deutschen Reich entwickelt und seit 1945 in der Bundesrepublik Deutschland weitergeführt worden ist. Die Vorschriften über die Verhütung und das Verfahren zu Erfassung, Begutachtung und Anerkennung sind 1981 neu gefaßt bzw. neu geregelt worden (VO über die Verhütung, Meldung und Begutachtung von B. vom 26. 2. 1981 — GBl. I, 1981, S. 137). Als B. gilt eine Krankheit, die „durch…

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Bücheraustausch (1985)

Siehe auch: Bücheraustausch: 1979 Bücher-Austausch: 1966 1969 1975 Der Literaturaustausch zwischen der Bundesrepublik Deutschland und der DDR geht einerseits (im Rahmen des Innerdeutschen Handels [IDH]) über den Buchhandel, andererseits (vorwiegend in west-östlicher Richtung) als Geschenkverkehr vor sich. Literatur aus der DDR ist in der Bundesrepublik Deutschland über jede Buchhandlung zu beziehen. Lizenzverträge zwischen Verlagen in der Bundesrepublik und der DDR können dem Buchexport aus der DDR entgegenstehen. (1981 wurden nach Angaben des Börsenvereins des Deutschen Buchhandels in Frankfurt/Main 374 Lizenzen von Verlagen aus der Bundesrepublik Deutschland erworben und 335 an diese vergeben.) Wer Literatur und sonstige Druckerzeugnisse aus der Bundesrepublik Deutschland, Berlin (West) und dem westlichen Ausland unmittelbar empfangen will, bedarf einer Sondergenehmigung des Ministeriums für Kultur, die Institutionen und einzelnen Bürgern bei nachgewiesenem Bedarf für ein bestimmtes Fachgebiet, eine bestimmte Literaturgattung oder einzelne Druckerzeugnisse auf Widerruf oder zeitlich begrenzt erteilt werden kann (AO des Min. für Kultur vom 13. 6. 1963). Ein Perspektivprogramm für die ideologische und kulturpolitische Arbeit auf dem Gebiet der Literatur, des Verlagswesens und der Literaturverbreitung von 1965 forderte eine außerordentliche Steigerung des Buch-Exports. Diese Forderung hat auch heute noch Gültigkeit. Voraussetzung dazu wären neben der Attraktivität der Produktion wirksame Schritte zur Befreiung des Bücheraustausches mit der Bundesrepublik Deutschland und dem westlichen Ausland von einengenden Vorschriften. Der Geschenkverkehr soll laut Erklärung des damaligen Staatssekretärs E. Wendt vom Januar 1964 durch die oben zitierte AO nicht betroffen sein. Bücher und Druckschriften sollen niemals in anderen Geschenksendungen beigepackt, sondern gesondert versandt werden. Welche Literatur von allen Geschenksendungen auch nach den eingetretenen Erleichterungen im Nichtkommerziellen ➝Warenverkehr ausgeschlossen bleibt, ist aus dem Merkblatt „Hinweise für Geschenksendungen in die DDR und nach Berlin (Ost)“, hrsg. vom Gesamtdeutschen Institut, Bundesanstalt für gesamtdeutsche Aufgaben, zu entnehmen, das auf allen Postämtern der Bundesrepublik erhältlich ist. Die Bezüge und Lieferungen im innerdeutschen Handel mit Gegenständen des Buchhandels hatten 1982 folgenden wertmäßigen Umfang (ohne Geschenksendungen, in Mill. DM): Fundstelle: DDR Handbuch. 3., überarbeitete und erweiterte Auflage, Köln 1985: S. 246 Brigadetagebuch A, B, C, D, E, F, G, H, I, J, K, L, M, N, O, P, Q, R, S, T, U, V, W, Z Buchexport

Siehe auch: Bücheraustausch: 1979 Bücher-Austausch: 1966 1969 1975 Der Literaturaustausch zwischen der Bundesrepublik Deutschland und der DDR geht einerseits (im Rahmen des Innerdeutschen Handels [IDH]) über den Buchhandel, andererseits (vorwiegend in west-östlicher Richtung) als Geschenkverkehr vor sich. Literatur aus der DDR ist in der Bundesrepublik Deutschland über jede Buchhandlung zu beziehen. Lizenzverträge zwischen Verlagen in der Bundesrepublik und der DDR können dem…

DDR A-Z 1985

1985: S

Saalebrücke Sächsische Akademie der Wissenschaften zu Leipzig (SAW) Sachversicherung Schauprozesse Scheckverfahren Schießbefehl Schiffbau Schnelle Medizinische Hilfe Schriftstellerverband der DDR Schulen der genossenschaftlichen Arbeit Schulen der sozialistischen Arbeit Schulordnung Schulpflicht Schund- und Schmutzliteratur Schwangerschaftsverhütung und -unterbrechung Schwerindustrie Schwermaschinen- und Anlagenbau Seefahrtsamt der DDR Seefunk Seenotrettungsdienst Seerecht Seestraßenordnung Sekretariat des Zentralkomitees (ZK) der SED Sektierertum Selbstbestimmung Selbstkosten Selbstverwaltung Sicherheitspolitik Signierliste Sorben (Minderheitenpolitik) Souveränität Sowjetische Besatzungszone (SBZ) Sowjetisches Militärtribunal (SMT) Sozialdemokratische Partei Deutschlands (SPD) Sozialdemokratismus Sozialfürsorge Sozialindikatoren Sozialismus, Demokratischer Sozialistische Betriebswirtschaftslehre Sozialistische Einheitspartei Deutschlands (SED) Sozialistische Einheitspartei Westberlins (SEW) Sozialistische Gesetzlichkeit Sozialistischer Wettbewerb Sozialistisches Weltsystem Sozialistische Wirtschaft Sozialistische Wirtschaftsführung Sozialleistungen, Öffentliche Sozialplanung Sozialpolitik Sozialstruktur Sozialversicherungs- und Versorgungswesen Soziologie und Empirische Sozialforschung Sparen Sparkassen Sparkaufbrief Sparkonten Sparrentenversicherung Spartakiaden Spedition Sperrkonten Sport Sprache Staatliches Amt für Atomsicherheit und Strahlenschutz der DDR Staatliches Amt für technische Überwachung Staatliches Filmarchiv Staatliches Komitee für Aufkauf und Verarbeitung landwirtschaftlicher Erzeugnisse (SKAV) Staatliches Komitee für Forstwirtschaft (SKF) Staatliches Komitee für Landtechnik und materiell-technische Versorgung (SKL) Staatliche Versicherung der DDR Staatsanwaltschaft Staatsapparat Staatsarchive Staatsbank Staatsbewußtsein, sozialistisches Staatsbürgerschaft Staatsfunktionär Staatshaftung Staatshaushalt Staatslehre Staatsrat Staatsreserven Staatssekretär für Kirchenfragen Staatssekretariat für Arbeit und Löhne Staatssekretariat für Berufsbildung Staatssekretariat für Körperkultur und Sport Staatssekretariat für westdeutsche Fragen Staatssekretariat mit eigenem Geschäftsbereich Staatsverbrechen Städtebau Städtepartnerschaft Städte- und Gemeindetag der DDR Standardisierung Ständige Kommission für die friedliche Nutzung der Atomenergie Sterbegeld Steuerberater Steuern Strafensystem Strafrecht Strafregister Strafverfahren Strafvollstreckung Strafvollzug Straßenbenutzungsgebühren Straßenverkehrsrecht Streik Subjektiver Faktor Subjektivismus Syndikalismus System der fehlerfreien Arbeit System/Systemtheorie

Saalebrücke Sächsische Akademie der Wissenschaften zu Leipzig (SAW) Sachversicherung Schauprozesse Scheckverfahren Schießbefehl Schiffbau Schnelle Medizinische Hilfe Schriftstellerverband der DDR Schulen der genossenschaftlichen Arbeit Schulen der sozialistischen Arbeit Schulordnung Schulpflicht Schund- und Schmutzliteratur Schwangerschaftsverhütung und -unterbrechung Schwerindustrie Schwermaschinen- und Anlagenbau Seefahrtsamt der DDR Seefunk …

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Kaufkraft (1985)

Siehe auch die Jahre 1962 1963 1965 1966 1969 1975 1979 Mit Hilfe von Warenkorbvergleichen läßt sich die Relation der K. der Mark der DDR zur K. der DM für einen bestimmten Haushaltsverbrauch ermitteln. Unterschiede im Sortiment, in der Qualität und Verfügbarkeit der Waren können dabei allerdings nur unzureichend berücksichtigt werden. Vom Deutschen Institut für Wirtschaftsforschung, Berlin (West), wurden wiederholt K.-Vergleiche für einen Arbeitnehmerhaushalt (4 Personen) mit durchschnittlicher Verbrauchsstruktur und einen Rentnerhaushalt (2 Personen) mit einem stärker auf den lebensnotwendigen Bedarf abgestellten Verbrauch vorgenommen. Infolge von Einkommenserhöhungen und qualitativen sowie quantitativen Verbesserungen der Güterversorgung — sowohl in der DDR als auch in der Bundesrepublik Deutschland — hat sich im Laufe der Zeit die Zusammensetzung der Warenkörbe deutlich verändert. Die nach den jeweiligen Verbrauchsverhältnissen in der DDR für 1960, 1969, 1977 und 1983 zusammengestellten Warenkörbe der Arbeitnehmerhaushalte erforderten — bewertet zu laufenden Preisen — für den gleichen Ver[S. 712]brauch 1960 und 1969 um 30 v.H. bzw. 13 v.H. höhere Beträge in Mark der DDR, als dafür in der Bundesrepublik Deutschland (in DM) zu zahlen waren; 1977 und 1983 waren dagegen 11 v.H. bzw. 19 v.H. weniger Mark als DM aufzuwenden. Die K. der Mark betrug somit für den „DDR-Warenkorb“ 1960: 77 v.H., 1969: 89 v.H., 1977: 112 v.H. und 1983: 124 v.H. der K. der DM in der Bundesrepublik. Dabei differierte die relative K. bei den Ausgaben für die einzelnen Waren und Leistungsgruppen stark. Wird ein „Bundesrepublik-Warenkorb“ zugrunde gelegt, der dem in Warenauswahl und z.T. auch in Mengen sehr viel reichhaltigeren westdeutschen Verbrauch entspricht, errechnen sich als durchschnittliche K. der Mark in der DDR für 1960: 75 v.H., 1969: 83 v.H., 1977: 88 v.H. und für 1983: 87 v.H. der K. der DM. Die relative K. der Mark ist also erheblich niedriger, wenn sie nach einem westdeutschen Warenkorb ermittelt wird, d.h. sie sinkt mit wachsenden Verbrauchsansprüchen. Dieser grundsätzlichen K.-Tendenz entsprechend ist die relative K. der Mark der DDR bei dem in stärkerem Maße auf den lebensnotwendigen Bedarf begrenzten Verbrauch der 2-Personen-Rentnerhaushalte höher. Für sie betrug die K. der Mark in der DDR nach der Verbrauchsstruktur der K. der DM im Bundesgebiet. Zu beachten bleibt allerdings, daß für diesen Vergleich für die Bundesrepublik Deutschland nur ein Rentnerhaushalt herangezogen werden konnte, dessen Einkommen weit unter dem Durchschnitt liegt. Im Mittel der nach Verbrauchsstrukturen der Bundesrepublik und der DDR berechneten Paritäten (gekreuzter Warenkorb) stieg die relative K. der Mark in Arbeitnehmerhaushalten erheblich und erreichte 1960: 76 v.H., 1969: 86 v.H., 1977: 100 v.H. und 1983: 106 v.H. Eine ähnliche Entwicklung vollzog sich bei den Rentnern. Hier betrug die K. der Mark — gemessen an der K. der DM — 1966: 93 v.H., 1969: 105 v.H., 1977: 115 v.H. und 1983: 127 v.H. Die Daten zeigen, daß sich die K. der Mark gemessen an der DM beständig erhöht hat; dies war zum größten Teil die Folge des verhältnismäßig stabilen Preisniveaus in der DDR auf der einen Seite und der nicht unbeträchtlichen Steigerungen der DM-Preise auf der anderen. Im Spätherbst 1979 hat die DDR ihre bisherige Verbraucherpreispolitik aufgegeben; insbesondere der gehobene Bedarf hat sich erheblich verteuert. Deshalb war danach vorübergehend eine relative Verschlechterung der K. der Mark eingetreten (Preissystem und Preispolitik). Von der Höhe der K.-Paritäten der Währungseinheiten darf nicht auf ein entsprechendes Niveau der Lebenshaltung geschlossen werden. Entscheidend für den Lebensstandard — soweit er vom privaten Verbrauch abhängt — sind neben den Preisen die Einkommen. Die K.-Verbesserungen der Mark gegenüber der DM reichten wegen der stärker gestiegenen nominalen Einkommen in der Bundesrepublik Deutschland jedoch nicht aus, um den Abstand der Realeinkommen (um K.-[S. 713]Unterschiede bereinigte Nettoeinkommen) in der DDR zu denen der Bundesrepublik zu verringern; der Rückstand ist sogar größer geworden. Anhang Fundstelle: DDR Handbuch. 3., überarbeitete und erweiterte Auflage, Köln 1985: S. 711–713 Kauffonds der Bevölkerung A, B, C, D, E, F, G, H, I, J, K, L, M, N, O, P, Q, R, S, T, U, V, W, Z Kinderbeihilfen

Siehe auch die Jahre 1962 1963 1965 1966 1969 1975 1979 Mit Hilfe von Warenkorbvergleichen läßt sich die Relation der K. der Mark der DDR zur K. der DM für einen bestimmten Haushaltsverbrauch ermitteln. Unterschiede im Sortiment, in der Qualität und Verfügbarkeit der Waren können dabei allerdings nur unzureichend berücksichtigt werden. Vom Deutschen Institut für Wirtschaftsforschung, Berlin (West), wurden wiederholt K.-Vergleiche für einen Arbeitnehmerhaushalt (4 Personen) mit…

DDR A-Z 1985

Sozialleistungen, Öffentliche (1985)

Siehe auch: Öffentliche Sozialleistungen: 1969 1975 1979 I. Definition und Abgrenzung ÖS. sind Geldleistungen (auch Einkommensübertragungen, Sozialeinkommen) oder Sachleistungen, die von (halb-)öffentlichen Versicherungs- oder Versorgungseinrichtungen bzw. Körperschaften in gesetzlich bezeichnetem bzw. begrenztem Umfang gewährt werden und deren Ziel darin besteht, heilende oder verhütende ärztliche Behandlung zu gewähren oder bei — auch teilweisem — Verlust des Arbeitseinkommens bzw. im Alter oder nach dem Tod des Ernährers den Lebensunterhalt zu garantieren oder Personen mit Familienangehörigen Zusatzeinkommen zu verschaffen. ÖS. sind in der DDR vor allem die Leistungen der Sozialversicherung (SV) des Freien Deutschen Gewerkschaftsbundes (FDGB), der SV bei der Staatlichen Versicherung der DDR, der Versorgungseinrichtungen für Bedienstete von Bahn und Post sowie der Nationalen Volksarmee, der Volkspolizei und des Zolls, die Zusatzversorgung für Angehörige der Intelligenz, die Ehrenpensionen an Verfolgte des Faschismus und Kämpfer gegen den Faschismus sowie an besonders verdiente Staatsbürger (Kriegsopferversorgung; Renten; Sozialversicherungs- und Versorgungswesen; Wiedergutmachung). Weitere ÖS. sind die staatlichen Geburtenbeihilfen, die Kinderbeihilfen, Ehegattenzuschläge, Stipendien und Erziehungsbeihilfen (Ausbildungsförderung), die Kriegsinvalidenrenten, die Leistungen der Sozialfürsorge, auch an Tuberkulosekranke, Rückkehrer und Angehörige von Wehrpflichtigen. Leistungen der Volkssolidarität (VS) und Leistungen aus den Kultur- und Sozialfonds (Kulturfonds) der Betriebe (z.B. Werkküchenessen) sind nicht ÖS. Die Zuordnung der Zusatzversorgung für Angehörige der technischen Intelligenz ist strittig; da sie aus Betriebsmitteln finanziert wird, bleibt sie in der statistischen Betrachtung im allgemeinen unberücksichtigt. Die Verwaltungskosten gelten als ÖS. II. Entwicklung und Struktur Die ÖS. (auch als Sozialaufwand bezeichnet) hatten 1981 ein Volumen von 31,6 Mrd. Mark. Nicht darin enthalten sind die aus dem Staatshaushalt finanzier[S. 1210]ten Sachleistungen; ihre Höhe läßt sich wegen der unzureichenden Datenlage nicht genau berechnen. Nach überschlägigen Schätzungen dürften sie sich derzeit in einer Größenordnung von rd. 2 bis 3 Mrd. Mark bewegen. In der hier verwendeten Abgrenzung (ohne die aus dem Staatshaushalt bezahlten Sachleistungen) hat sich der Sozialaufwand von 1950 bis 1981 mehr als versechsfacht. Das ist zurückzuführen auf eine zunehmende Zahl von Leistungsempfängern, auf Leistungsverbesserungen und auf eine Erweiterung der Leistungsarten. Gut 70 v.H. aller ÖS. waren 1981 Einkommensübertragungen; die verbleibenden knapp 30 v.H. entfielen auf Sachleistungen. Die wichtigsten Barleistungen (Sozialeinkommen) sind Renten, Krankengeld, Barleistungen bei Mutterschaft und Kindergeld. Der mit Abstand größte Einzelposten besteht aus Rentenzahlungen; sie haben allein einen Anteil von 50 v.H. an den gesamten ÖS. Die Sachleistungen setzen sich im wesentlichen zusammen aus Kosten der ambulanten ärztlichen Behandlung, der Krankenhausbehandlung, Arzneien, Heil- und Hilfsmittel, Kuren sowie Teilen der staatlichen Sozialfürsorge (einschl. der Finanzierung von Einrichtungen wie Altersheimen und Pflegeheimen). Hinsichtlich der Trägerschaft der Leistungen dominiert die Sozialversicherung beim FDGB; zu ihren Lasten gingen 1981 knapp 80 v.H. der Ausgaben. 11 v.H. der Aufwendungen trug die Sozialversicherung bei der Staatlichen Versicherung und 9 v.H. der Staatshaushalt direkt. In der Entwicklung der Sozialeinkommen geht der Anteil der Kriegsfolgeleistungen ständig zurück, doch wird dieser Rückgang durch die Zunahme der Einkommensübertragungen an Erwerbsunfähige und Alte mehr als ausgeglichen. Für Renten (einschl. Kriegsopferversorgung) wurden — gerechnet je Einwohner im Rentenalter — ausgegeben (in Mark): Ursache der trotz mehrfacher Rentenerhöhungen dennoch vergleichsweise niedrigen Renten ist eine Sozialpolitik, die die für ÖS. nur begrenzt verfügbaren Mittel so einsetzt, daß sie der Planerfüllung optimal dienen, d.h. der (Wieder-)Aufnahme einer Arbeit förderlich und ihrer Aufgabe hinderlich sind. Die Einkommen der Rentner werden in Zukunft wieder hinter der Entwicklung der Arbeitseinkommen zurückbleiben, weil das Rentenrecht keine „Rentendynamisierung“ vorsieht. Entscheidend für die künftige Entwicklung der ÖS. wird das Wirtschaftswachstum sein. Heinz Vortmann Literaturangaben Vortmann, Heinz: Einkommensumverteilung als Instrument der Sozialpolitik in der DDR. Hrsg.: Deutsches Institut für Wirtschaftsforschung. Berlin: Duncker & Humblot 1975. (Vierteljahreshefte zur Wirtschaftsforschung. 3/75.) Anhang Fundstelle: DDR Handbuch. 3., überarbeitete und erweiterte Auflage, Köln 1985: S. 1209–1210 Sozialistisches Weltsystem A, B, C, D, E, F, G, H, I, J, K, L, M, N, O, P, Q, R, S, T, U, V, W, Z Sozialplanung

Siehe auch: Öffentliche Sozialleistungen: 1969 1975 1979 I. Definition und Abgrenzung ÖS. sind Geldleistungen (auch Einkommensübertragungen, Sozialeinkommen) oder Sachleistungen, die von (halb-)öffentlichen Versicherungs- oder Versorgungseinrichtungen bzw. Körperschaften in gesetzlich bezeichnetem bzw. begrenztem Umfang gewährt werden und deren Ziel darin besteht, heilende oder verhütende ärztliche Behandlung zu gewähren oder bei — auch teilweisem — Verlust des Arbeitseinkommens…

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Kybernetik (1985)

Siehe auch die Jahre 1963 1965 1966 1969 1975 1979 Der K. standen die Parteiideologen der Sozialistischen Einheitspartei Deutschlands (SED) lange Zeit ablehnend gegenüber. Diese Ablehnung hatte ihren Grund in dem vermeintlichen Anspruch der K., allgemeine Gesetzmäßigkeiten in Natur, Technik und Gesellschaft entdecken und erklären zu können. Eine Wissenschaft mit einem derartig universellen Gültigkeitsanspruch, die ähnliche Aufgaben wie der Marxismus-Leninismus als „wissenschaftliche Weltanschauung“ zu lösen vorgab, konnte nur als eine Konkurrenzwissenschaft eingestuft werden. Da sie ferner nicht ohne weiteres mit der orthodoxen Lehre vereinbar schien, mußte sie als schlechthin falsch gelten. So wurde noch 1952 die K. als eine „kapitalistische Pseudowissenschaft“, als eine „Wissenschaft der Obskuranten“ abgestempelt. Erst nach dem Tode Stalins, etwa seit 1954, vollzog sich auch in der DDR mit der Aufgabe der starren dogmatischen Haltung gegenüber der K. ein Wandel. Die Diskussionen wandten sich Mitte der 50er Jahre Versuchen zu, die K. selbst und die in ihr verwendeten Begriffe neu zu bestimmen und dem Marxismus-Leninismus anzupassen. Trotzdem scheiterten in dieser Anfangsphase erste Versuche, die K. insbesondere für die Volkswirtschaft nutzbar zu machen. Die ideologischen Bedenken gegen die K. als Wissenschaft wurden vollends erst 1960/61 zurückgestellt, wesentlich deshalb, weil man aufgrund der angespannten wirtschaftlichen Lage hoffte, mit Hilfe der K. das wirtschaftliche Planungssystem zu verbessern. In der DDR wandte sich vor allem der Technikphilosoph und Systemtheoretiker G. Klaus der K. und ihren Anwendungsproblemen zu. Er versuchte u.a. die Aussagen der K. mit zentralen Axiomen und Postulaten des Dialektischen Materialismus zu vereinen, um sie so in [S. 780]das marxistische Weltbild integrieren zu können. Klaus arbeitete zwischen dem von Marx, Engels und Lenin entwickelten Kategoriengebäude der Dialektik und der K. Gemeinsamkeiten heraus und interpretierte Teile der marxistischen Lehre neu. Der theoretische Durchbruch der K. als eines neuen Forschungsgebiets kündigte sich auf der im April 1961 veranstalteten Gründung der „Kybernetik-Philosophie-Gesellschaft“ an. Für die weitere Durchsetzung kybernetischer Vorstellungen in der DDR lieferte dann u.a. das 1961 von Klaus verfaßte Buch „Kybernetik in philosophischer Sicht“ die notwendige ideologische Absicherung. Im Jahr 1961 wurde schließlich eine Kommission für K. bei der Akademie der Wissenschaften der DDR (AdW) gegründet. In den Jahren 1962–1968 kam es zu einer Reihe von Aktivitäten, die die K. „aufwerten“ und popularisieren sollten. Hervorzuheben ist vor allem die K.-Konferenz im Oktober 1962 zum Thema „Die Bedeutung der K. für Wissenschaft, Technik und Wirtschaft in der DDR“ mit Beteiligung von Wissenschaftlern aus anderen RGW-Ländern. Zur Rationalisierung der Wirtschaft kündigte der Erste Sekretär der SED, Ulbricht, den Einsatz der K. und der Elektronischen ➝Datenverarbeitung auf der 2. ZK-Tagung im November 1962 an. Auf dem VI. Parteitag der SED (1963) erfuhr die K. im Zuge umfangreicher Reformvorschläge zur Wirtschaftsplanung und -verwaltung besondere Beachtung, So enthielt das auf diesem Parteitag verabschiedete Parteiprogramm mehrere grundsätzliche Aussagen über die Rolle und Bedeutung von K. und elektronischer Datenverarbeitung für die Durchführung der neuen Wirtschaftspolitik. Dieser politisch-ideologischen Leitlinie folgend, zeigte sich auch auf dem VII. Parteitag der SED im April 1967 das Bestreben von Partei- und Wirtschaftsführung, die K. auch weiterhin als Instrument des Planungssystems einzusetzen. Die zunehmende Bedeutung der K. machte jedoch um 1968 aufgrund enttäuschter Erwartungen bei der Verwirklichung des Neuen Ökonomischen Systems (NÖS) einer distanzierteren Betrachtungsweise Platz. Gleichwohl entwickelte sich die K. für andere sozialwissenschaftliche Disziplinen zu einem unentbehrlichen Instrument. Ihre Anwendungsmöglichkeiten in der marxistisch-leninistischen Organisationswissenschaft wurden ebenso wie ihre Bedeutung im Rahmen der Sozialistischen Betriebswirtschaftslehre herausgestellt. Im Zuge der auf dem VIII. Parteitag der SED im Juni 1971 beschlossenen stark modifizierten polit-ökonomischen „Generallinie“ wurden auch neue ordnungspolitische Prioritäten gesetzt. Die SED-Führung glaubte, einen Trend zur Entideologisierung, ja Entdogmatisierung wichtiger Wissenschaftsbereiche festzustellen. Das Politbüromitglied K. Hager machte auf diesbezügliche Gefahren aufmerksam: „So wichtig Kybernetik und Systemtheorie sind und bleiben, so können wir natürlich nicht zulassen, daß sie an die Stelle des Dialektischen und Historischen Materialismus, der politischen Ökonomie des Sozialismus, des wissenschaftlichen Kommunismus oder auch der sozialistischen Leitungswissenschaft treten.“ Seine Kritik an der Systemtheorie gipfelte in der Warnung vor der Gefahr, daß „die Sprache einer Spezialwissenschaft die politische Sprache einer Partei wird“ und daß die Partei damit aufhöre, „eine marxistisch-leninistische Partei zu sein“ (K. Hager, Einheit Nr. 11/1971, S. 1215). Diese Kritik machte den Bruch mit den bisher auch von der Parteiführung vertretenen Positionen besonders deutlich. K., Informationswissenschaft und [[Operationsforschung wurden in ihrer politisch-ideologischen Bedeutung stark reduziert und auf den Status von instrumentellen Hilfswissenschaften zurückgestuft. Aufgrund dieser neuen Einschätzung spielte seitdem in der Gesellschaftspolitik der SED die K. nur noch eine relativ untergeordnete Rolle. Gelegentliche offiziöse Aussagen zeigen jedoch, daß die neue Parteiführung unter Honecker auf eine kontrollierte Anwendung der K. nicht zu verzichten gedenkt. So soll nach den von der SED auf dem IX. Parteitag (1976) festgelegten Beschlüssen u.a. die mathematisch-kybernetische Grundlagenforschung der Akademie der Wissenschaften der DDR weiterhin eine beachtliche Rolle spielen (Mathematik). Information. Fundstelle: DDR Handbuch. 3., überarbeitete und erweiterte Auflage, Köln 1985: S. 779–780 Kurorte A, B, C, D, E, F, G, H, I, J, K, L, M, N, O, P, Q, R, S, T, U, V, W, Z Laienkunst

Siehe auch die Jahre 1963 1965 1966 1969 1975 1979 Der K. standen die Parteiideologen der Sozialistischen Einheitspartei Deutschlands (SED) lange Zeit ablehnend gegenüber. Diese Ablehnung hatte ihren Grund in dem vermeintlichen Anspruch der K., allgemeine Gesetzmäßigkeiten in Natur, Technik und Gesellschaft entdecken und erklären zu können. Eine Wissenschaft mit einem derartig universellen Gültigkeitsanspruch, die ähnliche Aufgaben wie der Marxismus-Leninismus als „wissenschaftliche…

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Gesellschaftsordnung (1985)

Siehe auch die Jahre 1975 1979 Unter G. wird die Gesamtheit der sozialen Beziehungen zwischen den Menschen und deren Organisationen verstanden. Nach marxistisch-leninistischer Auffassung bildet die jeweilige Produktionsweise die Grundlage des gesellschaftlichen Lebens. Die Produktionsweise ist die dialektische Einheit von Produktivkräften und Produktionsverhältnissen. Die Produktivkräfte bestimmen das Verhältnis der Menschen zu Natur und Gesellschaft; zu ihnen werden einerseits die Arbeitsmittel, andererseits die Menschen mit ihren Arbeitsfertigkeiten und Produktionserfahrungen sowie neuerdings auch die Wissenschaft mit der auf ihren Erkenntnissen beruhenden Technologie und Organisation der Produktion gezählt. Als Produktionsverhältnisse werden die wirtschaftlichen Beziehungen zwi[S. 552]schen den Menschen bezeichnet, die im Prozeß der Güterproduktion und -verteilung entstehen. Hierbei wird dem Verhältnis der Menschen zu den Produktionsmitteln, also den Eigentumsverhältnissen, besondere Bedeutung beigemessen, die für die Klassenstruktur der Gesellschaft entscheidend sein sollen. Die Gesamtheit der Produktionsverhältnisse bildet die ökonomische Basis, die den politisch-rechtlichen und ideologischen Überbau der jeweiligen G. bestimmt. Der Historische Materialismus behauptet, daß es objektive Gesetze der gesellschaftlichen Entwicklung gebe, denen zufolge eine historische Abfolge von verschiedenen ökonomischen Gesellschaftsformationen die Menschheitsgeschichte charakterisiere. Die marxistisch-leninistische Formationslehre unterscheidet 5 Gesellschaftsformationen: 1. Urgesellschaft. Sie ist eine klassenlose Gesellschaft, für die die Primitivität der Produktivkräfte, die wenig entwickelte Arbeitsteilung und das gesellschaftliche Eigentum an den Produktionsmitteln kennzeichnend sind. 2. Sklavenhaltergesellschaft. Für sie ist der antagonistische Gegensatz von 2 Hauptklassen, der Sklavenhalter und der Sklaven, charakteristisch, dessen ökonomische Grundlage das Privateigentum der Sklavenhalter an den Produktionsmitteln sowie an den unmittelbaren Produzenten, den Sklaven, ist. 3. Feudalismus. Der antagonistische Grundwiderspruch besteht hier zwischen den Feudalherren und den Leibeigenen. Die Produktionsverhältnisse beruhen auf dem Privateigentum der Feudalherren an den Produktionsmitteln, insbesondere am Grund und Boden, und auf der persönlichen Abhängigkeit der Leibeigenen von den Feudalherren, die einem beschränkten Eigentumsverhältnis gleicht. 4. Kapitalismus. Der grundlegende Klassengegensatz zwischen den Kapitalisten (Bourgeoisie) und der Arbeiterklasse (Proletariat) beruht auf dem Privateigentum der Kapitalisten an den Produktionsmitteln und der wirtschaftlichen Abhängigkeit der Arbeiter. Die Arbeiter sind zwar im Rechtssinn unabhängig, sie müssen aber ihre Arbeitskraft an den Kapitalisten verkaufen und geraten so in ein wirtschaftliches Abhängigkeitsverhältnis. Seit Lenin wird die Endphase des Kapitalismus als Imperialismus bezeichnet, für den insbesondere die beherrschende Rolle der Monopole charakteristisch ist und der als „parasitärer, faulender und sterbender“ Kapitalismus eine allgemeine Krise der kapitalistischen Produktionsweise offenbare. 5. Sozialismus/Kommunismus. Nach Marx folgt auf den Kapitalismus der Kommunismus, wobei er einmal beiläufig von 2 Entwicklungsphasen der kommunistischen G. sprach. Lenin bezeichnete später die erste Phase als „Sozialismus“, die zweite als „Kommunismus“. Der wichtigste Unterschied zwischen den beiden Phasen besteht darin, daß im Sozialismus das Leistungsprinzip gilt und miteinander befreundete Klassen (insbesondere Arbeiterklasse und Genossenschaftsbauern) existieren, zwischen denen nichtantagonistische Gegensätze bestehen können, während der Kommunismus eine klassenlose Gesellschaft auf der Basis des Bedürfnisprinzips darstellt. Als treibende Kraft der gesellschaftlichen Entwicklung betrachtet der Historische Materialismus den Widerspruch zwischen den Produktivkräften und den Produktionsverhältnissen sowie die darauf beruhenden Klassengegensätze. Wenn diese Widersprüche innerhalb einer Gesellschaftsformation ein Höchstmaß erreichen, schlägt die Quantität in Qualität um, und es findet eine Revolution statt, die die nächste Gesellschaftsformation herbeiführt. So vollzieht sich der Übergang vom Kapitalismus zum Sozialismus auf dem Wege der sozialistischen Revolution. Fortan kann allerdings nicht mehr der Widerspruch die treibende Kraft der gesellschaftlichen Entwicklung sein, da antagonistische Klassengegensätze nicht mehr bestehen und die nichtantagonistischen Gegensätze immer geringer werden. Allerdings hat das verstärkte Auftreten realer Widersprüche in allen gesellschaftspolitischen Bereichen zu einer Neubelebung der Widerspruchsdiskussion auch in der DDR geführt. Als Haupttriebkraft wird nunmehr das Klassenbündnis bezeichnet. Die Einordnung der DDR in das geschilderte Entwicklungsschema bereitet manche Schwierigkeiten. Die Periodisierung der eigenen Geschichte ist durch Unklarheiten und rückwirkende Uminterpretationen gekennzeichnet. Bis 1951/52 bzw. nach neuerer Auffassung bis 1949 (Gründung der DDR) soll eine „antifaschistisch-demokratische Ordnung“ bestanden haben, in der die „demokratisch-revolutionäre Umwälzung“ der Gesellschaft erfolgt sei. Der nunmehr beginnende sozialistische Aufbau ist in der Folgezeit verschiedentlich unterteilt und benannt worden. Eine entscheidende Zäsur bilden die Jahre 1961/63. Bis zu diesem Zeitpunkt sollen die „sozialistischen Produktionsverhältnisse gesiegt“ haben oder die „Grundlagen des Sozialismus geschaffen“ worden sein. Ob es sich bei diesen Einteilungen um zwei „Hauptperioden“ der DDR-Geschichte oder nur „Etappen“ der einheitlichen „Übergangsperiode vom Kapitalismus zum Sozialismus“ handelt, ist ungeklärt. Der nächste Abschnitt der Entwicklung wurde zunächst als „umfassender Aufbau des Sozialismus“ (1963) und dann als „Gestaltung des entwickelten gesellschaftlichen Systems des Sozialismus“ (1967) bezeichnet. Hinter der letzteren Bezeichnung verbarg sich eine vom VII. Parteitag der SED inaugurierte, vom kybernetischen Systemdenken geprägte Konzeption des Sozialismus als einer länger andauernden, „relativ selbständigen Gesellschaftsformation“ mit ihr eigentümlichen Gesetzmäßigkeiten. Diese auf eine Aufwertung der DDR abzielende ideologische Neuerung des damaligen 1. Sekretärs des ZK der SED W. Ulbricht stellte eine Abweichung von der offiziellen Lehre der KPdSU dar und ist mit dem Sturz ihres Schöpfers in Mißkredit geraten. Sie wurde Anfang 1971 als fehlerhaft zurückgenommen, und der wenig später einberufene VIII. Parteitag der SED proklamierte die „entwickelte sozialistische Gesellschaft“ als die auch heute noch richtige Zustandsbezeichnung der DDR. Wann dieser Zustand eingetreten sei, wird nicht allgemein verbindlich gesagt. [S. 553]Es besteht aber die Neigung, die 60er Jahre als die „beginnende Errichtung“ und die 70er Jahre als die „Gestaltung“ der entwickelten sozialistischen Gesellschaft zu qualifizieren (Geschichte der Deutschen Demokratischen Republik, Berlin [Ost] 1981, S. 15). Jedenfalls wird seit 1971 im Gegensatz zur späten Ulbricht-Ära und in Übereinstimmung mit der sowjetischen Interpretation des Marxismus-Leninismus davon ausgegangen, daß Sozialismus und Kommunismus zwei Phasen einer einheitlichen Gesellschaftsformation bilden, die nicht durch starre Grenzen voneinander getrennt sind, sondern allmählich ineinander übergehen. Fundstelle: DDR Handbuch. 3., überarbeitete und erweiterte Auflage, Köln 1985: S. 551–553 Gesellschaftliche Tätigkeit A, B, C, D, E, F, G, H, I, J, K, L, M, N, O, P, Q, R, S, T, U, V, W, Z Gesellschaftswissenschaften

Siehe auch die Jahre 1975 1979 Unter G. wird die Gesamtheit der sozialen Beziehungen zwischen den Menschen und deren Organisationen verstanden. Nach marxistisch-leninistischer Auffassung bildet die jeweilige Produktionsweise die Grundlage des gesellschaftlichen Lebens. Die Produktionsweise ist die dialektische Einheit von Produktivkräften und Produktionsverhältnissen. Die Produktivkräfte bestimmen das Verhältnis der Menschen zu Natur und Gesellschaft; zu ihnen werden einerseits die…

DDR A-Z 1985

Zivilrecht (1985) Siehe auch die Jahre 1965 1966 1969 1975 1979 I. Begriff und Gegenstand Das Z. ist ein eigenständiges Rechtsgebiet innerhalb der einheitlichen sozialistischen Rechtsordnung der DDR. Es regelt Beziehungen, die von den Bürgern zur Befriedigung ihrer materiellen und kulturellen Bedürfnisse mit Betrieben sowie untereinander eingegangen werden, und dient dem Schutz des sozialistischen Eigentums sowie des Eigentums der Bürger. Die Bestimmungen des Z. beruhen auf dem Prinzip der Einheit von Rechten und Pflichten und der Übereinstimmung von persönlichen Interessen mit den gesellschaftlichen Erfordernissen. Sie räumen den Bürgern auf der Basis der vorgegebenen sozialistischen gesellschaftlichen Verhältnisse sowie der gesetzlich vorgesehenen Möglichkeiten das Recht ein, ihre persönlichen Verhältnisse zu gestalten. Im Rahmen ihrer Versorgungsaufgaben gegenüber der Bevölkerung nehmen auch Betriebe als juristische Personen am Z.-Verkehr teil. Das gleiche gilt für staatliche Organe und Einrichtungen, gesellschaftliche und andere rechtlich selbständige Organisationen und Vereinigungen. Entsprechend der marxistisch-leninistischen Gesellschafts- und Wirtschaftstheorie wird das Z. nicht mehr als Privatrecht verstanden und bildet nicht mehr das rechtliche Kernstück des Wirtschaftssystems. Die Rechtsbeziehungen der sozialistischen Betriebe untereinander werden nicht durch das Z., sondern durch das Wirtschaftsrecht geregelt; die Bestimmungen des Z. finden hierauf allenfalls subsidiäre Anwendung. Auch sonst finden zivilrechtliche Bestimmungen in anderen Rechtsbereichen Anwendung, sofern diese keine speziellen Regelungen enthalten. [S. 1554]<II. Entwicklung und Normenmaterie> Der Kernbereich des Z. der DDR ist im Zivilgesetzbuch (ZGB) vom 19. 6. 1975 (GBl. I, S. 465) kodifiziert, das am 1. 1. 1976 in Kraft getreten ist. Das ZGB hat das Bürgerliche Gesetzbuch (BGB) von 1896 abgelöst, das zusammen mit einer Reihe reichsrechtlicher Gesetze zivilrechtlichen Charakters bis 1975 auch in der DDR formell fortgegolten hat (zu den aufgehobenen Rechtsvorschriften siehe § 15 EGZGB vom 19. 6. 1975, GBl. I, S. 517). Das ZGB ist grundsätzlich auch auf die bei seinem Inkrafttreten bestehenden Z.-Verhältnisse anzuwenden, soweit nicht das Einführungsgesetz zum ZGB ausdrücklich Ausnahmen vorsieht, was nur in wenigen Fällen geschieht. Trotz der Fortgeltung des BGB und anderer reichsrechtlicher Bestimmungen auch in der DDR bis 1975 hat das Z. zwischenzeitlich durch Gesetzgebungsakte und Rechtsprechung erhebliche Veränderungen erfahren. Wichtige, die Substanz des Z. betreffende Rechtsakte, die z. T. wieder aufgehoben wurden, zum Teil aber auch weitergelten, waren: das Gesetz über die Herabsetzung des Volljährigkeitsalters vom 17. 5. 1950 (GBl. I, S. 437); das Gesetzbuch der Arbeit vom 12. 4. 1961 (GBl. I, S. 27), durch das die Bestimmungen des BGB über den Dienstvertrag (§§ 611 ff.) für das Arbeitsrecht gegenstandslos wurden; die Grundstücksverkehrsverordnung vom 11. 1. 1963 (GBl. II, S. 159); das Familiengesetzbuch vom 20. 12. 1965 (GBl. I, 1966, S. 19) mit Änderungen des Erbrechts des Ehegatten und des nichtehelichen Kindes; das Vertragsgesetz vom 25. 2. 1965 (GBl. I, S. 107), durch das weite Teile des Schuldrechts des BGB für den sozialistischen Sektor gegenstandslos wurden; die Verordnung über die Lenkung des Wohnraumes vom 14. 9. 1967 (GBl. II, S. 733), durch die das Mietrecht des BGB mit einem verwaltungsrechtlichen Zuweisungsverfahren gekoppelt wurde. Bedeutung für das Z. hatte auch die Verfassung vom 6. 4. 1968 (GBl. I, S. 199), deren grundlegende Bestimmungen zum Eigentum (Art. 9–16) die zwischenzeitlich erfolgte Umgestaltung der Eigentumsordnung sanktionierten und damit zugleich den Rahmen für die Interpretation der eigentumsrechtlichen Regelungen des BGB absteckten. Darüber hinaus unterlagen jedoch auch alle übrigen Normen des Z. grundsätzlich einer veränderten Auslegbarkeit unter dem Gesichtspunkt der Sozialistischen Gesetzlichkeit und der für die politische Ordnung der DDR geltenden gesellschaftspolitischen Wertmaßstäbe. Im Ergebnis galt daher auch schon vor der Aufhebung des BGB in der DDR ein anderes Z. als in der Bundesrepublik Deutschland. Die erklärte Absicht, das BGB durch ein eigenes Zivilgesetzbuch abzulösen, bestand seit 1958 (V. Parteitag der SED). Dieses sollte nach der ursprünglichen Planung am 1. 1. 1962 in Kraft treten. Dieser Termin konnte vor allem wegen zwischenzeitlicher konzeptioneller Änderungen des Z. nicht eingehalten werden. Im Laufe der Jahre sind mehrere Entwürfe ausgearbeitet worden, jedoch nicht zur Ausführung gekommen. Das verabschiedete ZGB beruht auf einem Entwurf, der der Volkskammer im September 1974 vorgelegt, sodann von dieser dem Rechtsausschuß zur Einarbeitung vorgeschlagener Änderungen zugeleitet und nach erneuter Einbringung am 19. 6. 1975 verabschiedet wurde. Keiner der Entwürfe ist veröffentlicht worden. III. Das ZGB von 1975 A. Gliederung Das ZGB besteht aus 480 Paragraphen, es ist damit die kürzeste aller bekannten Z.-Kodifikationen (auch im Vergleich mit sozialistischen Staaten). Es ist in 7 Teile gegliedert: 1. Grundsätze des sozialistischen Z.; 2. Das sozialistische Eigentum und das persönliche Eigentum; 3. Verträge zur [S. 1555]Gestaltung des materiellen und kulturellen Lebens; 4. Nutzung von Grundstücken und Gebäuden zum Wohnen und zur Erholung; 5. Schutz des Lebens, der Gesundheit und des Eigentums vor Schadenszufügung; 6. Erbrecht; 7. Besondere Bestimmungen für einzelne Z.-Verhältnisse. Mit dieser Gliederung verläßt das ZGB das traditionelle, von der Pandektenwissenschaft beeinflußte Aufbauschema westeuropäischer, aber auch sozialistischer (UdSSR, Polen, Ungarn) Zivilgesetzbücher, das an unterscheidbaren Gegenständen (Personen, Sachen, Verträgen) und systematisch aufeinander bezogenen Rechtsinstituten orientiert ist. Der für die Gliederung des ZGB (im Anschluß an das tschechoslowakische ZGB von 1964) maßgebliche Ordnungsgesichtspunkt ist die sachliche Zusammengehörigkeit sozialer Tatbestände (Lebensbereiche). Auffallendstes Ergebnis ist das Fehlen von geschlossenen Teilen, die dem „Allgemeinen Teil“ und dem „Sachenrecht“ des BGB entsprechen würden. Die vergleichbaren Bestimmungen sind auf die verschiedenen Teile des ZGB unter dem Gesichtspunkt ihrer sachlichen Zugehörigkeit verteilt. Die hinter dem Verzicht auf einen „Allgemeinen Teil“ stehende Absicht, den hohen Abstraktionsgrad des BGB zu vermeiden und eine größere Verständlichkeit der Z.-Normen für Laien zu erzielen, kann nur teilweise als gelungen bezeichnet werden, da auch das ZGB ohne allgemeine Bestimmungen von hoher Abstraktion, wenn auch an anderer Stelle, nicht auskommt. Im Ergebnis stellt das ZGB einen Kompromiß zwischen den beiden Aufbauprinzipien dar. Am klarsten durchgeführt ist die Gliederung nach Lebensbereichen bei den Teilen 4 (Nutzungsverhältnisse), 5 (Schadensersatzrecht) und 6 (Erbrecht), während der umfangreichste Teil 3 (Verträge zur Gestaltung des materiellen und kulturellen Lebens) zwar von der Überschrift her eine scheinbare Klammer unter dem Aspekt realer Zusammengehörigkeit erhalten hat, in Wirklichkeit aber ein „Schuldrecht“ im herkömmlichen Sinne darstellt. Keines der beiden genannten Aufbauprinzipien wird im 7. Teil (Besondere Bestimmungen über einzelne Z.-Verhältnisse) sichtbar, wo mit der nicht überzeugenden Begründung, atypische Fallregelungen zusammenfassen zu wollen, allgemeine, schuldrechtliche und sachenrechtliche Bestimmungen ohne sachlichen und systematischen Zusammenhang geregelt sind. B. Konzeption des ZGB Obwohl das ZGB eine Z.-Konzeption realisiert, die die Anwendbarkeit des Z. auf die Rechtsverhältnisse der Bürger beschränkt und Betriebe am Z.-Verkehr nur insoweit teilnehmen läßt, als sie Rechtsverhältnisse mit Bürgern eingehen, ergibt sich aus der Wirklichkeit eine Umkehr der Problemlage. Angesichts der bestehenden sozialistischen Produktionsverhältnisse müssen die Bürger die Masse der über das Z. abzuwickelnden Versorgungsbeziehungen mit Betrieben des sozialistischen Sektors (Kauf, Miete, Dienstleistungen usw.) oder gar Staatsorganen (Bodennutzung) eingehen, während das Rechtsverhältnis zwischen Bürgern eine geringere Rolle spielt. Das Z. ist daher in erster Linie Versorgungsrecht, nämlich das rechtliche Instrumentarium zur Realisierung der staatlichen Versorgungspolitik gegenüber der Bevölkerung, soweit diese nicht über andere Instrumentarien abgewickelt wird. Die vorgegebene ökonomische und reale Ungleichheit der Partner in den meisten Z.-Verhältnissen versucht das ZGB durch einen bewußten Verzicht auf den für das herkömmliche Z. charakteristischen Grundsatz der formalen Gleichheit der Partner auszugleichen. Dies findet darin seinen Ausdruck, daß die Verpflichtung der Betriebe zur Erfüllung ihrer Versorgungsaufgaben gegenüber der Bevölkerung auch im ZGB ausgesprochen wird (§ 10), daß für sie im Rahmen dieser Aufgaben eine generelle Pflicht zum Vertragsabschluß (Kontrahierungszwang) festgelegt wird (§ 12), daß ihnen zusätzliche Pflichten bei besonderen Vertragsverhältnissen auferlegt werden (so etwa beim Kauf eine Informations- und Beratungspflicht), daß für sie im Vertragsrecht weitgehende Garantiepflichten und im Schadensersatzrecht strengere Verantwortungskriterien gelten als für Bürger. Inwieweit all diese Bestimmungen, die das ZGB insgesamt verbraucherfreundlich erscheinen lassen, ausreichen, die Gefahren einer faktischen Monopolstellung der Betriebe zu neutralisieren, muß angesichts andauernder Versorgungsengpässe in der Praxis, die eine tatsächliche Geltendmachung der Konsumentenrechte häufig nicht sinnvoll erscheinen lassen, zweifelhaft bleiben. Unter dem Gesichtspunkt der Versorgungsfunktion des Z. sind auch die unter Berufung auf das Recht auf Mitwirkung (§ 9) für einige Z.-Verhältnisse vorgesehenen gesellschaftlichen Beteiligungsformen zu sehen, so im Mietrecht die Mietergemeinschaften, die insbesondere Eigeninitiative bei der Instandhaltung der Häuser entwickeln sollen, und im Kaufrecht die Kundenbeiräte und Ausschüsse, die beratend und kontrollierend tätig werden sollen. C. Staatliche Einwirkungen Entsprechend der Instrumentalfunktion des Z. bei der Planung und Leitung gesellschaftlicher Prozesse sind in das ZGB eine Reihe von Instrumentarien aufgenommen worden, die eine Lenkung und Kontrolle von Z.-Verhältnissen durch den Staat oder gar seine Beteiligung an ihnen gewährleisten sollen. So verpflichtet § 13 jedermann, „die gesellschaftlichen Erfordernisse zu berücksichtigen“ und „die Regeln des sozialistischen Zusammenlebens einzuhalten“. § 15 bestimmt, daß Rechte „entsprechend ihrem gesellschaftlichen Inhalt und ihrer Zweckbestimmung auszuüben“ sind, und erklärt eine den „Grundsätzen der sozialistischen Moral“ widersprechende Rechtsverfolgung für unzulässig. Diesen allgemeinen Generalklauseln des Ordre public steht eine Vielzahl weiterer Gemeinwohlfloskeln im Zusammenhang mit konkreten Regelungen zur Seite, die bei der Anwendung und Auslegung der Bestimmungen zu beachten sind. Einige Rechtsgeschäfte bedürfen zu ihrer Gültigkeit einer staatlichen Genehmigung. Dies gilt vornehmlich für Grundstücksgeschäfte (einschließlich des Kaufpreises, der Einräumung eines Vorkaufsrechts, eines Wege- und Überfahrtrechts, eines Nutzungsrechts an land- und forstwirtschaftlich nicht genutzten Bodenflächen sowie der Bestellung und Abtretung einer Hypothek), aber auch z.B. für den Erbschaftserwerb durch einen Betrieb oder durch eine Organisation und die Vereinbarung einer Zahlung in fremder Währung. Eng hiermit verbunden ist die Bindung der Vertragspartner an die staatlichen Güte-, Sicherheits-, Schutz- und Preisvorschriften, die grundsätzlich Vertragsinhalt sind (§§ 61, 62). Eine Sonderform der Genehmigungspflicht sieht das Mietrecht vor. Mietverhältnisse können nur auf der Grundlage staatlicher Zuweisung von Wohnraum geschlossen werden, und auch die Vereinbarung des Mietpreises beruht auf staatlicher Festsetzung (§§ 99, 103). Bei einigen Rechtsgeschäften verzichtet das ZGB auf zivilrechtliche Formen ihrer Begründung und ersetzt sie durch verwaltungsrechtliche. So werden die Rechtsinstitute „Verleihung von Nutzungsrechten an volkseigenen Grundstücken“ (§§ 287–290) und „Persönliche Nutzung genossenschaftlich genutzten Bodens“ (§§ 291–294) nicht durch Vertrag, sondern durch Verleihung bzw. Zuweisung, also [S. 1556]durch Verwaltungsakt, begründet. Dementsprechend kann das Nutzungsrecht unter bestimmten Voraussetzungen auch wieder durch Verwaltungsakt entzogen werden (Bodenrecht). Die Entstehung eines Z.-Verhältnisses aufgrund staatlichen Antrages bzw. einer Rechtsvorschrift ist auch bei der Bestellung einer Aufbauhypothek und der Einrichtung eines Kontos möglich. Schließlich kennt das ZGB eine Reihe von Fällen, in denen der Staat in die Rechte eines Z.-Subjekts eintritt. Dies gilt insbesondere für die Einziehung des zu Unrecht Erlangten bei nichtigen Verträgen (§ 69 II), ferner aber auch im Hinblick auf Aneignungsrechte des Staates (bei Grundstücksaufgabe, herrenlosen Sachen von erheblichem gesellschaftlichem Wert, nicht abgeholten Fundsachen, Schatzfund, Entzug des Nutzungsrechts an volkseigenen Grundstücken). Schließlich ist der Staat gesetzlicher Erbe, wenn keine Erben bis zur dritten Ordnung vorhanden sind (§ 369). IV. Inhaltliche Schwerpunkte und Besonderheiten Trotz grundlegender Unterschiede der Funktion und Konzeption des ZGB im Vergleich zum BGB werden von ihm im wesentlichen die gleichen Rechtsfragen, zuweilen unter anderer Kennzeichnung, andersartiger Zuordnung oder andersartiger Anwendbarkeit und schließlich häufig in geringerer rechtlicher Ausformung, behandelt. Dabei enthält das ZGB eine Reihe von Regelungen, die Ergebnisse der wissenschaftlichen Diskussion und der Rechtsprechung zum BGB verwerten und die als Weiterentwicklungen und zum Teil auch als Verbesserungen des bisherigen Z. angesehen werden können. A. Allgemeine Regeln Der Verzicht auf einen „Allgemeinen Teil“ hat zu einer Verlagerung zahlreicher allgemeiner Regeln in den Rahmen der allgemeinen schuldrechtlichen Bestimmungen geführt. Daneben finden sich allgemeine Regeln vor allem im 1. und 7. Teil des ZGB. Die Rechtsfähigkeit (§ 6) wird den Bürgern in generell und gegenständlich beschränkter Weise gewährt. Bei der Geschäftsfähigkeit („Handlungsfähigkeit“, §§ 50–52) setzt das ZGB die Grenze der Geschäftsunfähigkeit auf 6 Jahre herunter und führt für Jugendliche, die das 16. Lebensjahr vollendet haben, eine volle Geschäftsfähigkeit hinsichtlich eigener Mittel ein. Das ZGB verzichtet auf die komplizierte und für den Laien schwer zugängliche Unterscheidung zwischen allgemeinen Bestimmungen für Willenserklärungen und Verträge einerseits und Schuldverhältnissen aus Verträgen andererseits, sondern orientiert sich von vornherein an der Figur des Vertrages als dem wichtigsten Rechtsgeschäft bei der Gestaltung zivilrechtlicher Verhältnisse, und es erstreckt die Geltung der allgemeinen Vertragsbestimmungen auch auf einseitige Rechtsgeschäfte und andere nicht durch Verträge begründete Rechte und Pflichten. Bestimmungen über juristische Personen enthält das ZGB nicht mehr. Das Vereinsrecht ist in der VO vom 6. 11. 1975 (GBl. I, S. 723) geregelt (Freiwillige Gerichtsbarkeit); für Stiftungen gibt es einstweilen keine Nachfolgeregelungen. Soweit juristische Personen unter der Bezeichnung Betriebe im ZGB angesprochen sind, beziehen sich die betreffenden Regelungen auf deren Teilnahme am Z.-Verkehr. Bei den Bestimmungen über die Verjährung (§§ 472–480) ist die Verkürzung der längsten Verjährungsfristen von 30 auf 10 Jahre am auffallendsten. B. Sachenrecht An sachenrechtlichen Materien finden sich im ZGB über mehrere Teile verstreut Bestimmungen zum Eigentum (§§ 17–42, 295–311), über Nutzungsrechte an fremden Grundstücken (§§ 287–294, 321–322), über das Nachbarrecht (§§ 316–320) und über Grundpfandrechte (§§ 452–459) (Hypothek). Obwohl das sozialistische Eigentum nicht Gegenstand der Regelung durch das Z. ist, findet es in einigen Bestimmungen des ZGB wegen seiner grundlegenden Bedeutung für die gesamte Eigentums- und Z.-Ordnung Berücksichtigung. Von praktischer Bedeutung für das Z. sind insbesondere Schutzbestimmungen zugunsten des sozialistischen Eigentums, insbesondere ein Veräußerungs-, Pfändungs-, Belastungs- und Ersitzungsverbot, aber auch die Formulierung einer generellen Rechtsgrundlage für individuelle oder kollektive Nutzungsberechtigungen von Bürgern an sozialistischem Eigentum auf der Basis von Z.-Verhältnissen (§ 21). Das als Bodennutzungsinstitut geregelte persönliche Eigentum an Grundstücken und Gebäuden (§§ 295–311) enthält die wichtigsten Bestimmungen zum Immobiliarsachenrecht. Das ZGB hält zwar an dem Grundsatz fest, daß das Gebäudeeigentum dem Grundeigentum folgt, es enthält aber in § 295 II eine generelle Durchbrechungsermächtigung und dazu einige spezielle Ausnahmeregelungen. Der Grundstücksverkehr unterliegt einer strengen staatlichen Kontrolle (Grundeigentum). Neben dem persönlichen Grundstückseigentum werden auch andere sachenrechtlich bestimmte Bodennutzungsverhältnisse, Mitbenutzungsrechte und das Nachbarrecht als Rechtsinstitute des Bodenrechts behandelt. Von den Grundpfandrechten ist lediglich die Sicherungshypothek übriggeblieben. C. Schuldrecht 1. Allgemeine Bestimmungen Das ZGB gewährt für die Bürger den Grundsatz der Vertragsfreiheit (§ 8), der sich jedoch im wesentlichen auf die Abschlußfreiheit und die Typenwahl [S. 1557]bezieht. Dagegen ist die Gestaltungsfreiheit weitgehend dadurch eingeschränkt, daß staatliche Güte-, Sicherheits- und Schutzvorschriften grundsätzlich Vertragsinhalt sind (§ 61) und Vereinbarungen über den Preis den gesetzlichen Preisbestimmungen entsprechen müssen (§ 62). Allgemeine Geschäftsbedingungen sind nur zulässig, wenn sie als Rechtsvorschriften erlassen worden sind; sie müssen außerdem von den Benutzern in geeigneter Form bekanntgemacht werden (§ 46). In der Praxis spielt eine größere Anzahl „Allgemeiner Bedingungen“ für verschiedene Versorgungs- und Dienstleistungsbereiche eine große Rolle und ergänzt das oft lückenhafte Gesetzesrecht. Weiterentwicklungen von Rechtsprechung und Lehre zum BGB nimmt das ZGB insofern auf, als es die Institute des Wegfalls der Geschäftsgrundlage (§ 78), der positiven Vertragsverletzung und des vorvertraglichen Verschuldens (culpa in contrahendo) (§ 92) regelt. 2. Besonderes Schuldrecht Bei den einzelnen Vertragstypen (Verträge, Zivilrechtliche) ist eine Anpassung in Bezeichnung und Ausgestaltung an zeitgemäße Lebensvorgänge durch Konkretisierung und Aufgliederung von im BGB sehr abstrakt angelegten Vertragstypen erfolgt. Eine Anzahl der Vertragstypen des BGB sind entfallen, einige sind in anderen Teilen des ZGB untergebracht worden, wie die Pacht, die in einer Restsubstanz als Kleingartenpacht den Bodennutzungsverhältnissen (4. Teil) zugeordnet wurde, und die Bürgschaft, die bei den Sicherungsrechten (7. Teil) geregelt ist. Die wichtigsten und auch von ihrem Regelungsumfang her bedeutsamsten Vertragstypen sind die Wohnungsmiete (Mietrecht) und der Kauf (§§ 133–161), bei dem die Unterscheidung von Verpflichtungs- und Erfüllungsgeschäft fortgefallen und die Gewährleistungsrechte des Käufers durch eine gesetzliche Gebrauchswertgarantie mit grundsätzlich unabdingbaren Garantieansprüchen abgelöst worden ist. Dabei liegen die Akzente auf einem kostenlosen Nachbesserungsanspruch und direkten vertraglichen Ansprüchen auch gegen den Produzenten. 3. Schadensrecht Das Schadensrecht ist in einem eigenen (5.) Teil des ZGB geregelt, der daneben nur noch die wegen des Fortfalls des Abstraktionsprinzips bedeutungslos gewordene ungerechtfertigte Bereicherung und den Fund enthält. Das Schadensrecht gilt für vertragliche und außervertragliche Ansprüche; ihm sind Ansprüche aus Persönlichkeitsverletzungen (§ 327), auf Unterlassung und Beseitigung rechtswidriger Störungen (§ 328) und aus Immissionen (§ 329) vorangestellt. Das Schadensrecht basiert auf einer generellen Anspruchsgrundlage (§ 330) und dem Verschuldensgrundsatz mit umgekehrter Beweislast und unterschiedlichen Zurechnungskriterien für Bürger und Betriebe (§§ 333, 334). Die Gefährdungshaftung ist in das ZGB integriert und in Form generalisierter und offener Tatbestände geregelt (§§ 344, 345). Schädigungen durch staatliches Handeln werden nach den Bestimmungen der Staatshaftung abgewickelt. D. Erbrecht Das Erbrecht weist in Systematik und Anlage von allen Teilen des ZGB noch die stärksten Ähnlichkeiten mit dem BGB auf. Inhaltlich ist es von der Konzeption der Familienversorgung bestimmt, was insbesondere in der Privilegierung des überlebenden Ehegatten und in einer Beschränkung der testamentarischen Erbfolge im Falle des Vorhandenseins naher unterhaltsberechtigter Verwandter des Erblassers durch einen großen Pflichtteil seinen Ausdruck findet. Das ZGB hat die noch in § 9 EGFGB enthaltenen erbrechtlichen Beschränkungen des nichtehelichen Kindes (Familienrecht) gegenüber seinem Vater beseitigt. Klaus Westen Literaturangaben Kommentar zum Zivilgesetzbuch der Deutschen Demokratischen Republik vom 19. Juni 1975 und zum Einführungsgesetz zum Zivilgesetzbuch der Deutschen Demokratischen Republik vom 19. Juni 1975, hrsgg. v. Ministerium der Justiz, Berlin (Ost), Staatsverlag der DDR 1983. Zivilrecht. Lehrbuch. Bde. I u. II. Autorenkoll. u. Ltg. v. J. Göring u. M. Posch. Berlin (Ost): Staatsverlag der DDR 1981. <LI>Das neue Zivilrecht der DDR nach dem Zivilgesetzbuch von 1975. Hrsg.: K. Westen. Baden-Baden: Nomos 1977. Fundstelle: DDR Handbuch. 3., überarbeitete und erweiterte Auflage, Köln 1985: S. 1553–1557 Zivilprozeß A, B, C, D, E, F, G, H, I, J, K, L, M, N, O, P, Q, R, S, T, U, V, W, Z Zivilverteidigung

Zivilrecht (1985) Siehe auch die Jahre 1965 1966 1969 1975 1979 I. Begriff und Gegenstand Das Z. ist ein eigenständiges Rechtsgebiet innerhalb der einheitlichen sozialistischen Rechtsordnung der DDR. Es regelt Beziehungen, die von den Bürgern zur Befriedigung ihrer materiellen und kulturellen Bedürfnisse mit Betrieben sowie untereinander eingegangen werden, und dient dem Schutz des sozialistischen Eigentums sowie des Eigentums der Bürger. Die Bestimmungen des Z. beruhen auf dem…

DDR A-Z 1985

IX. Westdevisen als Nebenwährung in der DDR

Geldtheorie und Geldpolitik (1985) I. Geld --- Grundlage einer zweckmäßigen Wirtschaftsorganisation Wie in allen auf Arbeitsteilung, Spezialisierung und Tauschhandel aufbauenden Wirtschaftsordnungen ist auch in der DDR das Geld ein unverzichtbarer Bestandteil der dort praktizierten sowjet-sozialistischen Zentralplanwirtschaft. Als Bewertungsmittel [S. 488]und Maßstab der Preise (Preissystem und Preispolitik) ist das Geld die Grundlage einzelwirtschaftlicher und gesamtwirtschaftlicher Wirtschaftsrechnungen und Effizienzmessungen. Die meisten Leistungsanforderungen, die den Planträgern (Betriebe, Kombinate) von den Wirtschaftsführungen diktiert werden, werden in Geldeinheiten ausgedrückt (Planziele in Wertgrößen). Durch Geldversprechungen (Geldprämien; Lohnformen und Lohnsystem) wird die Leistungsbereitschaft der einzelnen Erwerbstätigen und die der Betriebsbelegschaften stimuliert. Mit Hilfe des Geldes kontrollieren die Betriebsleitungen und die Wirtschaftsverwaltungen Produktionsleistungen, wird die Entlohnung der Produzenten vorgenommen und die Verteilung des Volkseinkommens gemäß den staatlich fixierten Prioritäten organisiert. Nahezu der gesamte Leistungsaustausch zwischen den Wirtschaftseinheiten (Produktionsbetrieben, privaten Haushalten, Staatsorganen) wird mit Unterstützung des Geldes abgewickelt. Sämtliche Wirtschaftseinheiten legen einen Teil ihres disponiblen Umlaufvermögens (kurzfristig transformierbares Wirtschaftskapital) in monetären Aktiva an (Bargeldhorte, Kassenmittel, Bankguthaben). II. Die Marxsche Voraussage über den Untergang des Geldes im Sozialismus/Kommunismus Im Gegensatz zu dieser vielfältigen Nutzung des Geldes in der DDR und in den anderen sowjet-sozialistischen Staaten hatten Marx und Engels prophezeit, daß das Geld in einer sozialistischen/kommunistischen Wirtschaftsordnung (Periodisierung) keine Existenzberechtigung mehr besitzen würde und untergehen werde. Nach der Errichtung kommunistischer Produktionsverhältnisse könnten die Menschen ohne die Dienste des Geldes auskommen, da unter den dann gegebenen Produktionsbedingungen an die Stelle der „Warenproduktion“ für zumeist anonyme Verbraucher eine gezielte Produktion für im voraus bekannte Bedürfnisse und Abnehmer treten würde. Außerdem garantiere die kommunistische Produktionsweise, weil sie die kapitalistische „Ausbeutung“ überwunden habe (Wert- und Mehrwerttheorie), eine derart hohe Produktivität, daß eine volle Bedarfsdeckung sämtlicher Bedarfsträger gesichert werden könne. Da in der neuen Wirtschaftsordnung alle individuelle Arbeit stets zugleich auch gesellschaftlich nützliche Arbeit sei, müsse ihre gesellschaftliche Anerkennung nicht mehr — wie in der kapitalistischen Warenwirtschaft — erst über eine Bewertung in Geld und durch einen Tauschakt auf dem Markt gesucht werden. Marx schreibt hierzu: „Das Geldkapital fällt bei gesellschaftlicher Produktion fort. Die Gesellschaft verteilt Arbeitskraft und Produktionsmittel in die verschiedenen Geschäftszweige. Die Produzenten mögen meinetwegen papierne Anweisungen erhalten, wofür sie den gesellschaftlichen Konsumtionsvorräten ein ihrer Arbeitszeit entsprechendes Quantum entziehen. Diese Anweisungen sind kein Geld. Sie zirkulieren nicht.“ (K. Marx, „Das Kapital“, Bd. II, Berlin [Ost] 1961. S. 359 f.; ferner: K. Marx, „Kritik des Gothaer Programms“, in: K. Marx u. F. Engels, Ausgewählte Schriften in 2 Bänden, 2. Bd., Berlin [Ost] 1958, S. 15 ff.; F. Engels, in: „Herrn Eugen Dührings Umwälzungen der Wissenschaft“, Berlin [Ost] 1971, S. 264, 288) Erste notwendige, jedoch keineswegs hinreichende Voraussetzungen, um eine derartige unmittelbare Bedarfsdeckungswirtschaft zu errichten, sind: a) die restlose Beseitigung des Privateigentums an den Produktionsmitteln, damit die Planungszentrale der Gesellschaft die totale Verfügungsgewalt über alle ökonomischen Ressourcen erhält (Eigentum); b) die lückenlose „gesellschaftliche Planung“ aller ökonomischen Aktivitäten in der Volkswirtschaft. Dazu gehört u.a., daß alle wirtschaftlichen Unternehmungen der arbeitsteilig produzierenden Wirtschaftseinheiten (Produktionsinitiativen, Investitionsvorhaben, Rationalisierungsmaßnahmen usw.) ohne das Dazwischentreten des Marktes ex ante, also vor Beginn der folgenden Wirtschaftsperioden (Realisierungsetappen) fugenlos miteinander koordiniert werden müssen. Selbst unter diesen Voraussetzungen bleibt noch eine Reihe von ökonomischen Grundproblemen bestehen, ohne deren Lösung es nicht möglich ist, eine zentralistisch gelenkte naturale Bedarfsdeckungswirtschaft aufzubauen. Zu diesen zählen vor allem: a) eine ausreichende Information der Wirtschafts- und Planbehörden über die Bedürfnisse der Konsumenten und Investoren, die Beschaffenheit der Produktionsfunktionen und die Menge der einsetzbaren Produktionsfaktoren; b) die Bewertung aller angemeldeten Bedürfnisse nach ihrer Dringlichkeit und die Aufstellung eines dementsprechenden volkswirtschaftlichen Prioritätenprogramms; c) die Stimulierung einer hohen Leistungsbereitschaft aller Werktätigen und deren Erziehung zu Produzenten, deren Verhalten im planbestimmten Arbeitsprozeß durch das ökonomische Prinzip bestimmt wird; d) eine umfassende und sachgerechte Kontrolle über die Erfüllung der im vorhinein festgelegten Leistungsanforderungen und Planziele; e) die Verbindung der Planerfüllungskontrolle mit einem System von erzieherisch wirkenden Sanktionen, damit Versuche, vom vollzugsverbindlichen Wirtschaftsplan abzuweichen oder den Arbeitseinsatz zu verringern, rechtzeitig unterbunden werden. Um das Geld überflüssig zu machen, müssen die Planbehörden ferner sämtliche Produktionsziele bei Endprodukten natural planen (in Gramm, Tonnen, Hektolitern, Quadratmetern, Stück usw.). Entsprechend den jeweils gewünschten Produktionsmengen an Fertigwaren ist jeweils anhand der Produktions[S. 489]funktionen dieser Erzeugnisse ebenfalls in Naturaleinheiten zu berechnen, welche Mengen an Einsatzfaktoren zu ihrer Herstellung benötigt werden. Abschließend sind die Faktorenzuteilung auf die Produktionsorganisationen sowie die Bereitstellung der benötigten Verkehrsleistungen unter Verwendung naturaler Maßeinheiten zu planen und zu organisieren. — Um eine bedarfsgerechte, effiziente und in sich konsistente Wirtschaftsplanung aufzubauen, reicht jedoch eine stets aktualisierte Kenntnis der Wirtschaftsverwaltung über die jeweils gegebenen Produktionsbedingungen nicht aus. Diese muß vielmehr, um die Wohlfahrtsgewinne für die Gesellschaft abschätzen zu können, auch die Möglichkeiten und Risiken des technischen Fortschritts zutreffend im voraus beurteilen können, damit sie diese bei der Planung berücksichtigen kann. Marx, Engels, Lenin waren und die heutigen Vertreter ihrer Lehre sind immer noch davon überzeugt, daß eine vollkommene Information der Planer, Produzenten und Investoren in hochindustrialisierten, vollentfalteten kommunistischen Volkswirtschaften erreichbar ist, ohne daß für die notwendige Informationsvermittlung Bar- und Giralgeld, Güterpreise, Tarife, Gebühren, Kredite, Zinsen, Rabatte, Skonti, Löhne, Abschreibungen, Geldsteuern u.a. monetäre Größen als Informationsträger benötigt werden. Dementsprechend heißt es in dem für die Kommunistische Partei der Sowjetunion (KPdSU) und die Sozialistische Einheitspartei Deutschlands (SED) seinerzeit gleichermaßen verbindlichen Lehrbuch: „Warenproduktion, Wertgesetz und Geld werden erst in den höheren Phasen des Kommunismus absterben. Um jedoch die Voraussetzungen für das Absterben der Warenproduktion und Warenzirkulation in der höheren Phase des Kommunismus zu schaffen, müssen in der Periode des Aufbaus der kommunistischen Gesellschaft das Wertgesetz und die Ware-Geld-Beziehungen entwickelt und ausgenutzt werden.“ (Politische Ökonomie. Lehrbuch, Berlin [Ost] 1960, S. 605) Wie jedoch in der kommunistischen Praxis ein Informationssystem konstruiert sein müßte, damit es ergiebig und reibungsfrei arbeitet, und wie eine bedarfsorientierte naturale Volkswirtschaftsplanung und -lenkung organisiert sein soll, die eine allen anderen Wirtschaftsordnungen überlegene Effizienz und Konsistenz gewährleistet, dafür finden sich bei den Vertretern des Marxismus-Leninismus (Politische Ökonomie) nur wenige und zudem fragmentarische Hinweise. Allerdings haben sich diese Voraussagen aufgrund der bisherigen, bitteren geschichtlichen Erfahrungen bereits weitgehend als unzutreffend erwiesen. Ihre Verwirklichung wird nunmehr auf eine ferne „kommunistische“ Zukunft verschoben; als konkretes, zeitbezogenes Wirtschaftsprogramm gilt statt dessen, daß für den Aufbau einer leistungsstarken sozialistischen Industriewirtschaft (materiell-technische Basis des Kommunismus) zunächst einmal die vielfältigen instrumentellen Vorzüge der Warenproduktion, der Wertrechnung, des Tauschhandels und des Geldes für eine effiziente Wirtschaftslenkung entwickelt und ausgenutzt werden müssen. Der sowjetische Geldtheoretiker Kronrod gibt hierfür folgende Begründung: „Die Grundfrage der Geldtheorie im Sozialismus ist … die Frage, weshalb die sozialistischen Produktionsverhältnisse notwendig in der dinglichen Geldform erscheinen, oder … welche spezifische objektive Ursache in den ökonomischen Beziehungen des Sozialismus die Notwendigkeit der Geldform bedingt … Marx und Engels waren der Meinung, daß mit dem Sieg des Sozialismus die Warenproduktion beseitigt würde … Für jede Warenproduktion, [also] auch für die auf dem gesellschaftlichen Eigentum beruhende Warenproduktion besonderer Art [im Sozialismus], ist die Darstellung des Produktes als Ware, die eine Verdoppelung der Warenwelt in Waren und Geld erfordert, ein objektives Gesetz … Historische Verhältnisse, die Marx und Engels nicht voraussehen konnten, bedingten die Ausnutzung der Ware-Geld-Form im Sozialismus.“ (J. A. Kronrod, Das Geld in der sozialistischen Gesellschaft. Theoretischer Grundriß, Berlin [Ost] 1963, S. 163, 181) Weder in der Sowjetunion nach Überwindung der Wirren des Kriegskommunismus (Oktober 1917 bis März 1921) noch in der DDR nach 1949 sind Wirtschaftsordnungen errichtet worden, in denen durch Wirtschaftsbehörden vor Beginn jeder Wirtschaftsperiode die gesamte Produktion, die Verteilung und die Verwendung von Gütern und Dienstleistungen ausschließlich natural geplant worden sind. Abgesehen von einem in der Spätphase des Kriegskommunismus unternommenen Versuch der Bolschewiki, das Geld zu liquidieren und eine Naturalwirtschaft aufzubauen, der nach kurzer Zeit infolge des entstandenen Wirtschaftschaos abgebrochen werden mußte, sind sowohl die Volkswirtschaft der Sowjetunion als auch die der DDR als Geldwirtschaften konstruiert. In allen Zentralplanwirtschaften sowjetischen Typs werden vielmehr die Produktion und Verteilung nur für eine ausgewählte, zahlenmäßig stark begrenzte Gruppe von volkswirtschaftlich wichtigsten Erzeugnissen natural geplant (Planung von Aufkommen und Verteilung der bilanzierungspflichtigen Produkte in Material-, Ausrüstungs- und Konsumgüterbilanzen; Planung, VI. B.). Diese höchst unvollkommene und begrenzte naturale Planung der Volkswirtschaft ist — neben anderen Gründen — dafür verantwortlich, daß die Zentralplanwirtschaften zur Ergänzung und Verbesserung ihrer naturalen Prozeßsteuerung eine Vielzahl von monetären Lenkungsinstrumenten einsetzen müssen. Auch die seit Beginn der 60er Jahre in den europäischen Mitgliedsländern des Rates für Gegensei[S. 490]tige Wirtschaftshilfe (RGW) durchgeführten „Reformen zur Rationalisierung des Wirtschaftsmechanismus“ waren ausdrücklich darauf ausgerichtet, die Effizienzverluste einzudämmen oder zu beseitigen, die durch die starre, administrative Befehlswirtschaft mit ihren naturalwirtschaftlichen Lenkungsformen verursacht wurden. So sollte das Lenkungs- und Planungsinstrumentarium der Wirtschaftsführungen durch Remonetarisierung antriebsstärker, zielkonformer und leistungsfähiger gemacht werden (Einführung von monetären Regulatoren bzw. „Hebeln“) (Neues Ökonomisches System [NÖS]). III. Der Einfluß der Marxschen Geldlehre auf die Geldpolitik der sowjet-sozialistischen Staaten und die partielle Abkehr von ihren geldtheoretischen Aussagen Obwohl sich die Prophezeiungen der Begründer des Marxismus-Leninismus nicht erfüllt haben, nach denen mit dem „Sieg der sozialistischen Produktionsverhältnisse“ das Geld arbeitslos werden würde und daher abgeschafft werden könne, ist in allen sowjet-sozialistischen Staaten die Marxsche Geldlehre noch immer die Grundlage der Geldtheorie (Gt.) und Geldpolitik (Gp.). Allerdings besteht dabei eine der Merkwürdigkeiten der marxistisch-leninistischen Gt. und Gp. darin, daß ihr konkreter Inhalt nicht durch Merkmale geprägt wird, die nach Marx für ein sozialistisches/kommunistisches Gesellschafts- und Wirtschaftssystem kennzeichnend sein sollen. Sieht man von den stark ideologisch geprägten Elementen der Wesenserklärung des Geldes ab, so besteht der sich an Marx anlehnende Inhalt dieser Gt. und Gp. zur Hauptsache aus Einsichten über die Dienste des Geldes und seine Verwendbarkeit als Instrument der Wirtschafts- und Zentralbankpolitik, die sich nicht auf ein alternatives sozialistisches Wirtschaftssystem, sondern auf eine privatwirtschaftlich organisierte (kapitalistische) Wirtschaft und eine marktwirtschaftliche Wirtschaftsordnung beziehen. Da die Marxsche Geldlehre für die Lösung der praktischen Probleme der Geldpolitik in sozialistischen Wirtschaftssystemen keine oder unbrauchbare Antworten gibt, entbrannte unter den marxistischen Theoretikern bereits kurz nach der Oktoberrevolution in Sowjetrußland ein Streit um den Erkenntniswert dieser Theorie und um den Grad ihrer politischen Verwendbarkeit, der bis heute anhält und der auch die Politökonomen in der DDR immer aufs neue beschäftigt. Regelmäßige Anlässe für diesen Streit sind vor allem zwei Fragen: a) In welcher Weise soll die Marxsche Geldlehre am besten uminterpretiert, umgeformt, ergänzt und den realen Verhältnissen in den sowjet-sozialistischen Staaten angepaßt werden, ohne zugleich das gesamte Lehrgebäude der marxistisch-leninistischen Politökonomie in Mißkredit oder gar zum Einsturz zu bringen? b) Auf welchem Wege können am besten die Schwierigkeiten überwunden und die Fehlentwicklungen beseitigt werden, die sich auch durch eine nur partielle Anwendung der Marxschen Geldlehre in der praktischen Wirtschafts- und Gp. ergeben haben? Die besondere Brisanz dieser Debatte ergibt sich aus der Gefahr, daß in ihr ex cathedra eingestanden werden könnte, daß zentrale Aussagen der Marxschen Geldlehre falsch und damit aufzugeben sind. Diese Marxschen Theoreme stehen nämlich in einem engen Zusammenhang mit dessen Arbeitswert- und Mehrwertlehre (Wert- und Mehrwerttheorie), auf der seine Kapitalismuskritik, seine Krisen-, Verelendungs- und Revolutionstheorie beruht. Insofern stellt die Diskussion um die Rolle des Geldes zentrale Teile der marxistisch-leninistischen Politischen Ökonomie und damit des Marxismus-Leninismus überhaupt in Frage. A. Geld als Abbild kapitalistischer Produktions- und Verteilungsverhältnisse Von der Wirtschaftswissenschaft der westlichen Industriestaaten wird heute das Wesen des Geldes allein aus den Funktionen erklärt, die es in den Marktwirtschaften erfüllt. Im Gegensatz zu früher, als einzelne Lehrmeinungen einen der verschiedenen Dienste des Geldes herausgriffen und diesen dann zum wesensbestimmenden Grundzug erklärten, wird heute anerkannt, daß erst die Gesamtheit der spezifischen Funktionen des Geldes dessen Besonderheit und Wesen ausmacht. Nach Marx haben jedoch nicht die funktionalen Probleme, vor denen jede Gesellschaft steht, die eine zweckrationale Organisation ihrer Volkswirtschaft anstrebt, dazu geführt, daß ein so unentbehrliches Instrument wie das Geld entwickelt wurde, um mit seiner Hilfe unzählige komplizierte Wirtschaftsaufgaben (Geld als Instrument zur Verminderung von Informations-, Transaktions- und Anpassungskosten) bewältigen zu können. Nach seiner Auffassung ist das Geld vielmehr eines der Symbole für die Produktionsverhältnisse auf der (historisch befristeten) Entwicklungsstufe der einfachen und der kapitalistischen Warenproduktion (Produktionsweise). Marx liefert daher auch keine funktional begründete Wesenserklärung des Geldes. Wie bei den meisten seiner Analysen, in denen er die Rolle bestimmter ökonomischer Instrumente untersucht, gibt er eine sozialhistorische bzw. sozialphilosophische Deutung dieser Kategorie. Entsprechend beschreibt er das Geld als ein (gegenständliches) Abbild der sich hinter diesem verbergenden gesellschaftlichen Produktionsverhältnisse: „Alle Illusionen des Monetarsystems stammen daher, daß dem Geld nicht angesehen wird, daß es ein gesellschaftliches Produktionsverhältnis darstellt … in der Form eines Naturdings“ (K. Marx, Zur Kritik der Politischen Ökonomie, Berlin [Ost] 1972, S. 30; [S. 491]ferner S. 65 ff.; S. 172). „In Marxscher Sicht [ist somit das Geld grundsätzlich] der dinghafte Niederschlag des gesellschaftlichen Produktionsverhältnisses, der mit der Warenproduktion entstand und mit ihr verschwinden wird“ (B. Fritsch, Die Geld- und Kredittheorie von Karl Marx, Frankfurt a. M. 1968, S. 63). B. Geld als Spezialform einer Ware (Die Entstehung des Geldes) Nach Marx besteht die ursprüngliche und zugleich wichtigste Funktion des Geldes darin, Werte zu messen. Diese Aufgabe übernehmen in den frühen Kulturen bei allmählicher Entfaltung der Tauschwirtschaft Waren, die aufgrund ihrer stofflichen Beschaffenheit für die Rolle eines allgemeinen Wertäquivalents besonders geeignet sind. Solche Waren sind das Gold und das Silber. Diese beiden Edelmetalle besitzen als Geldmedien folgende Vorzüge: Sie sind leicht in proportionale Wertteile aufzuteilen und haben eine hohe Haltbarkeit. Infolge ihres großen spezifischen Gewichts beanspruchen ihr Transport und ihre Lagerung nur wenig Raum. Außerdem sind sie durch eine hohe Seltenheit ausgezeichnet. — Neben diesen überwiegend technischen Vorzügen muß die Geldware Gold oder Silber noch eine weitere Eigenschaft haben, damit sie ihre Rolle als Geld unangefochten ausüben kann. Geldqualität erreicht eine derartige Geldware nämlich erst dann, wenn sie von allen Wirtschaftseinheiten am Markt als universelles Zahlungsmittel anerkannt wird. Sobald diese Übereinkunft unter den Marktparteien eines Wirtschaftsgebietes hergestellt ist (Herausbildung einer spontanen Währungsordnung), erklärt in der Regel der Staat eine bevorzugt als Geld genutzte Geldware in bestimmter äußerer Erscheinungsform (Münz- und Prägefestlegungen) zum gesetzlichen Zahlungsmittel. Nach Marx ist somit Geld in erster Annäherung eine „Ware“. Ihr spezifischer einmaliger „Gebrauchswert“ besteht allein darin, daß sie „stofflicher Träger von Tauschwert“ ist und deshalb auch als Tauschmittel genutzt werden kann. C. Geld als Überbrückungsmittel kapitalistischer Widersprüche und als Maßstab der Warenwerte Nach Marx hat das Geld in einer (kapitalistischen) Warenwirtschaft die Aufgabe, den „inneren Widerspruch“, den jede produzierte Ware in sich trägt, zeitweilig aufzuheben bzw. zu überbrücken. Nach seiner Ansicht ist jede Wirtschaftsordnung, die auf Arbeitsteilung, Tauschhandel und Privateigentum an Produktionsmitteln beruht, dadurch gekennzeichnet, daß die menschliche Arbeit einen Doppelcharakter besitzt. Jede produktive Tätigkeit ist stets sowohl konkret „private“ (individuelle) als auch abstrakt „gesellschaftliche“ Arbeit. Hieraus folgt, daß sich auch die Wertsubstanz jeder Ware aus zwei verschiedenen Wertkategorien zusammensetzt (Doppelnatur der Ware). Jede Ware vereinigt nach Marx in sich einen Wertbestandteil, den er „Arbeitswert“ nennt, und einen Wertbestandteil, den er als „Gebrauchswert“ bezeichnet. Der Arbeitswert einer Ware entspricht der für ihre Herstellung benötigten Arbeitsmenge, gemessen in Zeiteinheiten. Der Gebrauchswert eines Produkts wird dagegen durch den individuellen Nutzen bestimmt, den seine Verwendung beim Käufer stiftet. Beim Leistungs- und Warenaustausch auf dem Markt werden die inneren Gegensätze, die im Kapitalismus die menschliche Arbeit prägen und die Doppelnatur der Waren hervorbringen, aufgehoben. Denn nach der Marxschen Wertlehre ist im Kapitalismus nicht die bei der Herstellung der Waren aufgewendete individuelle Arbeit letztlich für den Wert der Erzeugnisse maßgehend, sondern der Marktwert der Produkte. Erst im Umsatzakt auf dem Markt verschmelzen die beiden Wertkategorien Arbeits- und Gebrauchswert miteinander, weil erst in den Marktvorgängen darüber entschieden wird, welche Menge der für die Herstellung einer Ware aufgewendeten individuellen Arbeitszeit als „gesellschaftlich nützlich und notwendig“ anerkannt wird. Nach Marx bestimmt somit der gesellschaftlich (auf dem Markt) bestätigte (Arbeits-)Wert den Tauschwert der Waren (Preis). Der Gebrauchswert (individueller Nutzwert einer Ware) ist Anlaß für den Tausch; das Geld vereinfacht den Tauschhandel, weil es den Marktparteien einen leichten Vergleich von Tauschalternativen ermöglicht. Nach Marx ist somit das Geld der Ausdruck und das Maß für die in den Waren verkörperte gesellschaftliche Arbeit. Diese Meßfunktion kann Geld nach seiner Auffassung jedoch nur deshalb erfüllen, weil auch der Wert des Geldes selbst (ebenso wie der Wert jeder anderen Ware) durch das Quantum an Arbeitszeit bestimmt wird, das gesellschaftlich zur Herstellung des Geldes als Geldware erforderlich ist: „Die Waren werden nicht durch das Geld kommensurabel. Umgekehrt, weil alle Waren als Werte vergegenständlichte menschliche Arbeit, daher an und für sich kommensurabel sind. können sie ihre Werte gemeinschaftlich in derselben spezifischen Ware messen und diese dadurch in ihr gemeinschaftliches Wertmaß oder Geld verwandeln. Geld als Wertmaß ist notwendige Erscheinungsform des immanenten Wertmaßes der Waren, der Arbeitszeit.“ (K. Marx, Das Kapital, Bd. 1, Berlin [Ost] 1965, S. 109) Obwohl also nach Marx auch das Geld eine Ware ist, unterscheidet es sich von den anderen Waren in einem wesentlichen Punkt. Beim Geld besitzt nur dessen Gebrauchswert gesellschaftliche und wirtschaftliche Bedeutung für die Wirtschaftseinheiten. Dieser einzigartige „Gebrauchswert des Geldes“ besteht darin, Ausdruck des Tauschwertes von Gütern zu sein. Das Geld ist Maßstab der Warenwerte [S. 492]und Ausdrucksmittel der Preise. Die „Ware Geld“ hat somit keine Doppelnatur. Es fehlt ihr der allen anderen Waren innewohnende Widerspruch. Nach Marx verkörpert somit die Geldware als Äquivalentware unmittelbar gesellschaftliche Arbeit. Nur deshalb ist sie unmittelbar und jederzeit mit allen anderen Waren austauschbar. D. Vollwertiges und nicht vollwertiges Geld Nach Marx kann Geld nur dann als Wertmaßstab dienen, wenn es selbst einen eigenen (Stoff-)Wert besitzt (Warengeld). Vollwertiges Geld ist daher nach seiner Auffassung nur eine Gold- oder Silberwährung, weil allein in derartigen Währungseinheiten gesellschaftliche Arbeit unmittelbar verkörpert sei. Da bei jedem Tauschakt stets gleiche Warenwerte ausgetauscht werden, müsse auch das Geld vollwertig sein und daher ein bestimmtes Quantum gesellschaftlicher Arbeit enthalten. Die Anhänger der Marxschen Geldlehre kommen allerdings dann in Schwierigkeiten, wenn sie den Nachweis für diese These auch dann erbringen wollen, wenn statt einer Edelmetallwährung eine Papierwährung die Rolle des Zirkulationsmittels übernommen hat. Weiter stellt sich die Frage, wo denn beim Giralgeld der innere Substanzwert in Form summierter Arbeitsquanten verborgen sei, der doch als Anknüpfungspunkt für die Bewertung von Waren in Geldeinheiten angesehen und als Maßstab für Wertvergleiche zwischen verschiedenen Erzeugnissen dienen soll. Die Frage nach dem Substanzwert der Papiergeldzeichen hatte bereits Marx dadurch zu beantworten versucht, daß er erklärte, anstelle des weiterhin als Geldbasis dienenden Goldes hätten in einigen Volkswirtschaften unterwertige Papiergeldzeichen mittel- oder längerfristig die Rolle des Zirkulationsmittels übernommen (Staatspapiergeld mit Zwangskurs). Diese Entwicklung bedeute jedoch nicht, daß dadurch seine Lehre vom „Geld als Ware“ überholt und entwertet sei, denn die Papiergeldzeichen würden nur deshalb als allgemeines Zahlungsmittel anerkannt, weil sie entweder in Goldmünzen umgetauscht werden könnten oder aber doch ein bestimmtes Quantum an Gold repräsentierten. (Vgl. K. Marx, Zur Kritik der Politischen Ökonomie, in: K. Marx u. F. Engels, Werke, Bd. 13, Berlin [Ost] 1961, S. 94 f.) Mit dem Eintritt in den I. Weltkrieg gaben alle kriegführenden Staaten ihre bis dahin bevorzugte Edelmetallwährung auf und ersetzten diese durch Papiergeldwährungen. Auch nach dem Ende des I. Weltkrieges blieben diese Währungen in nahezu allen Staaten der Welt der vorherrschende Währungstyp. Damit steigerte sich die Beweisnot für die Anhänger der Marxschen Geldlehre. Sie mußten glaubhaft machen, auf welche Weise die Entwicklung des Nominalwertes der emittierten Geldzeichen an die Produktionskostenentwicklung bei der Förderung von Gold/Silber und die jeweils gelagerte Menge dieses Edelmetalls gebunden sei. Zur Verteidigung der Marxschen Auffassungen wurde von ihnen in der Folgezeit vor allem vorgebracht, daß das Papiergeld der modernen Währungen lediglich eine „Stellvertreterfunktion“ für die aus dem Umlauf genommenen Edelmetalle Gold und Silber übernommen habe. Jede Papiergeldwährung bezöge auch weiterhin ihre Denomination (Wertsubstanz; Nennwerthöhe) allein vom Gold (Produktionskosten der Goldförderung; Umfang der Schatzbildung beim Gold). Für diese behauptete Stellvertreterrolle des Papiergeldes haben die marxistischen Politökonomen vor allem folgende Argumente ins Feld zu führen versucht: a) An erster Stelle wurde stets darauf hingewiesen, daß die in vielen kapitalistischen Währungsgesetzen verankerte Golddeckung doch den besten Beweis für die Marxschen Aussagen liefern würde, Grundlage aller Papiergeldwährungen sei das Gold. Tatsache ist jedoch, daß die bis zum II. Weltkrieg allgemein üblichen Golddeckungsvorschriften für das von den westlichen Zentralbanken in Umlauf gebrachte Papiergeld in der Nachkriegszeit nach und nach aufgehoben worden sind (zuletzt von den USA 1968). b) Als Beleg für die Richtigkeit der Marxschen Geldlehre wurde ferner behauptet, die kapitalistischen Staaten hätten nur dadurch die Wertsubstanz ihrer Handelswährungen einigermaßen erhalten können, daß sie den Beschluß faßten, daß die wichtigste Handels-, Kredit- und Reservewährung des internationalen Währungssystems des Westens, der US-Dollar, in Gold eintauschbar sein müsse (vgl. Beschlußteil des internationalen Währungsabkommens von Bretton Woods, USA, vom 23. 7. 1944). Ausgehend von dieser Goldkonvertibilität des US-Dollars und einem von der US-Regierung garantierten festen Goldpreis von 35 Dollar je Feinunze seien dann auch alle anderen kapitalistischen Währungen mit einem stabilen Goldkern ausgestattet worden (Goldparität). Dieser sei zum Ausgangspunkt für die Ermittlung der international akzeptierten Goldparitätskurse geworden. 1971 hob aber die US-Regierung im Zahlungsverkehr zwischen den westlichen Zentralbanken die Goldeinlösungspflicht des US-Dollars endgültig auf, nachdem sie schon vorher mehrfach eingeschränkt worden war. Die Freigabe des Goldpreises durch die amerikanische Regierung, der Abbau der Goldvorräte der Zentralbanken und des Internationalen Währungsfonds (IWF) durch Goldversteigerungen, die Liquidierung der überflüssig gewordenen Goldparitäten der westlichen Währungen, die Abschaffung fester Wechselkurse gegenüber dem US-Dollar und der Übergang zum Blockfloaten vom 13. 3. 1973 an führten dann zu einer nahezu vollständigen Lösung der [S. 493]Währungen der westlichen Marktwirtschaften vom Gold. c) Da damit den unter a) und b) genannten Argumenten der Boden entzogen ist, können die marxistischen Politökonomen heute nur noch ihre These vom Warencharakter des Geldes mit dem Verweis darauf abzustützen versuchen, daß die Zentralbanken der westlichen Welt weiterhin in einem begrenzten Umfang Gold als Währungsreserve einlagern und dieses Edelmetall gelegentlich als internationales Zahlungsmittel annehmen oder einsetzen. E. Das Dogma von der Golddeckung des Geldes in seiner Bedeutung für die Geldtheorie und Geldpolitik sowjetsozialistischer Staaten Die Rolle, die Marx dem Gold bei der Wesensbestimmung des Geldes zugesprochen hat, führte bei der Gestaltung der Geld- und Währungsordnung der sowjetsozialistischen Staaten zu einer Reihe von absurd anmutenden Regelungen. Dazu gehört z.B. die Festlegung eines fiktiven „inneren Goldgehaltes“ der in diesen Staaten umlaufenden Papiergeldzeichen (Goldparität). Noch in der 1. Aufl. des offiziösen „Ökonomischen Lexikons“ der DDR hieß es im Sinne dieser orthodox-marxistischen Lehrmeinung: „Der Wert der Währungseinheit wird vom Wert der Geldware Gold und vom Goldgehalt der Geldeinheit bestimmt. Die Festlegung des Preismaßstabes schließt die juristische Fixierung des Goldgehaltes der Währungseinheit als offiziellen nominellen Goldgehalt (Goldparität) mit ein … Diese Goldparität als amtlicher Goldgehalt einer Währungseinheit stellt zugleich die ‚Valutaparität‘ (Währungsparität) dar, indem nämlich auf der Grundlage des Vergleichs der Goldparität zweier Länder das offizielle Wertverhältnis der beiden Währungen (Paritätskurs) ermittelt wird, um das die effektiven Valutakurse mehr oder weniger schwanken.“ (Ökonomisches Lexikon, Berlin [Ost] 1967, S. 1041) Entsprechend dieser Auffassung wurde beim Aufbau des DDR-eigenen Geldwesens ebenfalls eine fiktive Goldparität der Mark festgelegt. Nach dem amtlichen Ausweis der Staatsbank der DDR soll der Feingoldgehalt einer Mark in den Jahren 1949/50 bis zum Jahre 1971 0,399.902 Gramm betragen haben (Ökonomisches Lexikon, a.a.O., S. 1046). Im Ergebnis der Diskussionen, die während der 50er und der 60er Jahre um den Erkenntniswert der Marxschen Geldlehre geführt wurden, hat sich anscheinend zu Beginn der 70er Jahre auch bei der SED-Führung die Einsicht durchgesetzt, daß man der Mark durch die Dekretierung eines nur auf dem Papier vorhandenen Goldgehaltes keine wirkliche innere Wertsubstanz verleihen kann. Jedenfalls hat die Staatliche Zentralverwaltung für Statistik (Rechnungsführung und Statistik, I., IV.) vom Jahre 1972 an darauf verzichtet, im Statistischen Jahrbuch der DDR den fiktiven Feingoldgehalt der Mark auszuweisen. Die in der marxistisch-leninistischen Gt. und Gp. feststellbare Abkehr von realitätsfernen Dogmen erfolgte jedoch nur stückweise und keineswegs geradlinig. Z.B. weist die sowjetische Regierung nach wie vor für den Rubel einen Feingoldgehalt von 0,987.412 Gramm aus. Darüber hinaus enthält das sowjetische Währungsrecht die Bestimmung, daß 25 v.H. der emittierten und umlaufenden Banknoten durch Gold oder ausländische Devisen gedeckt sein müssen. — Selbst als im Jahre 1964 durch eine multilaterale Vereinbarung der Mitgliedstaaten des Rates für Gegenseitige Wirtschaftshilfe (RGW) die Kunstwährung des Transfer-Rubels geschaffen wurde, führte die seinerzeit sofort für notwendig angesehene ideologische Absicherung der neuen kollektiven Währung ebenfalls dazu, daß dem Transfer-Rubel ein Goldgehalt zudiktiert wurde. Die sowjetische Regierung entschied seinerzeit, daß der Transfer-Rubel den gleichen Goldgehalt haben solle wie die nationale Währungseinheit der UdSSR. Inzwischen erkennt sowohl in der UdSSR als auch in der DDR eine wachsende Zahl von Wirtschaftswissenschaftlern, daß die aus der Marxschen Geldlehre hergeleitete Wertanreicherungskonstruktion für die nationalen Papiergeldzeichen und für das internationale Buchungsgeld im RGW „praktisch bedeutungslos und theoretisch fragwürdig“ ist. So schreibt z.B. Werner Thümmler (Sektion Wirtschaftswissenschaften der Humboldt-Universität Berlin [Ost]): „In der Literatur der sozialistischen Länder … wird in der Regel hervorgehoben, daß die kollektive Währung [d.i. der Transfer-Rubel] ihre Denomination vom Gold erhält und ein bestimmtes Quantum Gold repräsentiert. Dieser Sachverhalt fände im Goldgehalt des transferablen Rubels seinen sichtbarsten Ausdruck. Überprüft man diese Aussagen an der Praxis, also am tatsächlichen Fungieren des transferablen Rubels, so scheinen sie sich nicht zu bestätigen. Angesichts eines seit langem in Gang befindlichen Demonetisierungsprozesses des Goldes … dürfte die Beziehung des transferablen Rubels zum Gold praktisch bedeutungslos und theoretisch fragwürdig sein … Auch die in Form der Goldgehalte formal noch bestehenden Beziehungen der sozialistischen Währungen zum Gold sind faktisch bedeutungslos, da sie keinerlei praktischen Zweck erfüllen. Sie waren für die sozialistischen Volkswirtschaften schon immer entbehrlich, da der Goldgehalt nur dann eine Rolle spielt, wenn eine Konvertierung von Währungen in das Gold praktiziert wird oder vorgesehen ist.“ (W. Thümmler, Geldtheoretische Aspekte der kollektiven Währung der Mitgliedsländer des RGW, transferabler Rubel, in: Wissenschaftliche Zeitschrift der Humboldt-Universität zu Berlin [Ost], Gesellschaftswissenschaftliche Reihe, H. 4/1983, S. 441 f.) [S. 494]Zu den Hauptvertretern dieser Ansichten unter den DDR-Ökonomen gehören neben Thümmler vor allem Ehlert, Hunstock, Kolloch und Tannert. Unter den sowjetischen Wirtschaftswissenschaftlern findet ihre Kritik u.a. bei Nikitin und Schenajew Unterstützung. Die Gegenposition zur Verteidigung der traditionellen marxistischen Lehre vom Geld als Goldware vertreten vor allem Lemmnitz, Richter, Schließer und Schmidt. (Vgl. z.B. A. Lemmnitz, Zum Charakter des Weltgeldes im heutigen Kapitalismus, in: IPW-Berichte, H. 2/1977, S. 20 ff.) Inzwischen läßt sich auch in der offiziellen Gt. und Gp. der DDR eine Annäherung an die Auffassungen der Reformergruppe unter den DDR-Ökonomen feststellen. So ist z.B. der Text des Stichwortes „Währung“ in der 3. Aufl. des „Ökonomischen Lexikons“ völlig neu gefaßt worden. Dort heißt es heute: „Jedes Währungssystem enthält eine Reihe notwendiger organisatorisch-juristischer Regelungen: die Festlegung der Währungseinheit …; die Bestimmung und Festlegung eines Währungskurses …; die Bestimmung der Währungsdeckung, die im Sozialismus eine Warendeckung ist.“ (Ökonomisches Lexikon, 3. Aufl., Bd. Q–Z, Berlin [Ost] 1980, S. 550) Die von nicht mehr haltbaren marxistischen Aussagen gereinigte und der Realität in den sozialistischen Wirtschaftsordnungen angepaßte Wesensbeschreibung des Geldes formuliert Thümmler wie folgt: „Im Verlauf des … Demonetisierungsprozesses des Goldes macht das Kreditgeld einen Wandel vom ursprünglich bloßen Stellvertreter der Goldware zu einer selbständigen Geldform mit eigenen, unverwechselbaren Merkmalen durch … Es bestreitet nicht nur die Zirkulation, sondern verdrängt das Gold auch aus seinen Wertmaßfunktionen. Es kann aber die Funktion eines Maßes der Werte nicht wie das Gold … ausfüllen, da es selbst keinen eigenen (Stoff-)Wert besitzt. Das Kreditgeld ist vielmehr Repräsentant des Wertes der Gesamtheit der produzierten und auszutauschenden Waren. Seine wertmessende Funktion besteht darin, daß es den aliquoten Teil des Wertes der einzelnen Ware am Gesamtwert aller Waren zum Ausdruck bringt und damit die Relationen zwischen den in den einzelnen Waren enthaltenen Werten sichtbar macht … Die Zirkulationsfähigkeit, die Verwendung als Zahlungs- und Akkumulationsmittel, erlangt dieses Geld nicht mehr durch den Wert des Geldstoffes, … [sondern die] gesellschaftliche Anerkennung [wird ihm] durch die Autorität des Staates verliehen.“ (W. Thümmler, a.a.O., S. 442 f.) F. Der Streit um den Geldwert im Sozialismus Die zitierte Thümmlersche Aussage ist Teil und Ergebnis der Auseinandersetzungen der letzten Jahre, in denen die Frage im Mittelpunkt stand, ob das Geld im Sozialismus eine eigene Wertsubstanz haben müsse oder ob der Wert des Geldes mit der Kaufkraft der Währungseinheit identisch sei. Abweichend von der Marxschen Geldlehre vertritt in dieser Frage nunmehr ein Teil der DDR-Ökonomen die Auffassung, daß das Geld im Sozialismus keinen eigenen (Waren- oder Arbeits-)Wert besitze und besitzen müsse. Die erste Aufgabe des Geldes bestehe vielmehr darin, den Wert der gewöhnlichen Waren im Preis auszudrücken (Geld als Maß und Preisausdruck der Warenwerte). Der Wert des Geldes leite sich also aus der Wert- und Preisentwicklung der Waren ab. Ausgehend von der Abhängigkeit des Geldwertes von der Preisentwicklung kommen diese Ökonomen zu dem Ergebnis, daß der Geldwert mit der Kaufkraft der Währungseinheit identisch ist. In Übereinstimmung mit der westlichen Wirtschaftswissenschaft charakterisieren diese Vertreter der marxistisch-leninistischen Politischen Ökonomie daher das Geld als einen Anspruch auf den volkswirtschaftlichen Güterfonds. Diese Auffassung findet ihren Niederschlag in folgenden Formulierungen: „Da der Geldwert wie jede andere Wertbeziehung stets ein Austauschverhältnis zum Inhalt hat, widerspiegelt sich in ihm, wieviel Wertvolumen einer gegebenen Ware zu erbringen ist, um im äquivalenten Austausch den in einer Geldeinheit verkörperten allgemeingültigen Anspruch auf gesellschaftliches Gesamtprodukt bzw. Nationaleinkommen zu erlangen. Insofern ist der Geldwert mit der Kaufkraft der einzelnen Geldeinheit identisch … Im Inland stellt sich der Geldwert in 2 Erscheinungsformen dar: Er tritt 1. als Kaufkraft der Mark im Bevölkerungsbereich auf. Faktisch ist das der reziproke Wert des Indexes der Einzelhandelspreise, der Leistungspreise und der Tarife. Er tritt 2. als Index der Kaufkraft der Mark für Produktionsmittel auf.“ (W. Ehlert, D. Hunstock, K. Tannert [Hrsg.], Geldzirkulation und Kredit in der sozialistischen Planwirtschaft, Berlin [Ost] 1976, S. 41) Derartigen Auffassungen wird von seiten der orthodoxen marxistisch-leninistischen Wirtschaftswissenschaftler in der DDR entgegengehalten, daß das Geld, wenn es nicht mehr Ware mit einem eigenen (inneren) Arbeitswert sei, auch kein „allgemeines Äquivalent“ mehr sein könne. Es verliere also die Fähigkeit, als „objektives“ Maß der Werte und als Maßstab der Preise aufzutreten. Sein sozialökonomischer Inhalt bestehe aber gerade darin, gesellschaftlich nützliche Arbeit in allgemeiner Form zu verkörpern. Sobald dem Geld die Eigenschaft abgesprochen werde, allgemeines Äquivalent zu sein, sei auch sein einmaliger Gebrauchswert aufgehoben, der darin besteht, ein allseitig nutzbares und allgemein akzeptiertes Tauschmittel zu sein. Außerdem könne es dann auch nicht mehr den in einer Warenwirtschaft notwendigen Umschlag der individuellen in gesellschaftlich nützliche Arbeit vermitteln. (Vgl. H. Schmidt, Zu einigen strittigen politökonomi[S. 495]schen Fragen der Geldtheorie im Sozialismus, in: Wirtschaftswissenschaft, H. 3/1980, S. 303 ff.) Unter Rückgriff auf Kernthesen der Marxschen Geldlehre werden die „Reformer“ darauf hingewiesen, daß nach Marx unterwertige Banknoten und Münzen kein wirkliches Geld, sondern lediglich Geld-Zeichen seien. Da diesen Geld-Zeichen die erforderliche innere Wertsubstanz fehle, seien sie nicht in der Lage, das Geld in allen seinen Funktionen zu vertreten, sondern könnten nur dessen Rolle als Zirkulations- und Zahlungsmittel übernehmen. Für die orthodoxen marxistischen Wirtschaftswissenschaftler ist die Leugnung des Warencharakters des Geldes im Sozialismus und die Gleichsetzung des Geldwertes mit der Kaufkraft der Währungseinheit vor allem auch deshalb eine unannehmbare Wissenschaftsposition, weil damit die gesamte Marxsche Genesis des Geldes aus den Widersprüchen der kapitalistischen Warenproduktion und damit letztlich die Marxsche Kapitalismuskritik in Frage gestellt wird. Unbeeindruckt von dem Vorwurf, sie verträten unmarxistische Auffassungen, charakterisieren aber andere DDR-Ökonomen das Geld und den Geldwert im Sozialismus wie folgt: „In der sozialistischen Warenproduktion … [muß das Geld] … die Aufgabe übernehmen, die Zirkulation der Gebrauchswerte zum Endzweck ihrer Verwendung zu bewerkstelligen. Dazu bedarf das Geld bestimmter Eigenschaften, über die es auch dann verfügen kann, wenn es kein Edelmetall ist … Das sozialistische Geld [ist] Papiergeld mit staatlich fixiertem ‚Kurs‘ [Kaufvermögen] … [Es] besitzt Gebrauchswert, weil es das ‚Äquivalent‘ ist, das die Zirkulation der Waren ermöglicht … Obwohl selbst ohne Wert … repräsentiert [es] Wert in dem Maße, indem es Anspruch auf Wert, verkörpert in Waren, ist.“ (D. Fuchs, H. J. Lotze, D. Schellbach, Zu Fragen der Geldtheorie im Sozialismus, in: Wirtschaftswissenschaft, H. 5/1981, S. 551 f.) IV. Die Diskussion um die „Ware-Geld-Beziehungen“ im Sozialismus in ihrer Bedeutung für die Geldtheorie Der Inhalt der Gt. war seit Beginn der 20er Jahre einem fortwährenden Wandel unterworfen. Im Mittelpunkt der heftigen ideologisch-theoretischen Auseinandersetzungen unter den Kommunisten der verschiedenen Richtungen stand und steht die Frage, ob es in einer sowjet-sozialistischen Wirtschaft notwendig und ideologisch zu rechtfertigen sei, Warenproduktion, Warenzirkulation, Geld- und Wertrechnung beizubehalten. Entsprechend den jeweiligen Ergebnissen der ideologischen Richtungskämpfe und der jeweiligen aktuellen ökonomisch-politischen Situation war seit der Oktoberrevolution 1917 die Gp. der UdSSR und seit 1945 auch die der anderen sowjet-sozialistischen Staaten von einem Zickzackkurs gekennzeichnet, der zwischen der Bejahung und Verneinung dieser Notwendigkeiten schwankte. Eine entscheidende Wende leitete Stalin nach 1945 ein. Sie bestand im wesentlichen darin, daß in ihr die bis dahin übliche defensive Argumentation in der marxistisch-leninistischen Wirtschafts- und Gt. gegenüber den „Vertretern der reinen marxistischen Lehre“ und den Gegnern des Marxismus aufgegeben und offensiv eine neue Rechtfertigungstheorie vertreten wurde. Stalin stellte die These auf, daß die sozialistische Umgestaltung der sowjetischen Wirtschaft bereits solche Fortschritte gemacht habe, daß alle Produktionsmittel, die von Staatsbetrieben hergestellt und innerhalb der Staatswirtschaft ausgetauscht werden, ihren Warencharakter verloren hätten. Dies sei die Folge der von der Sowjetmacht durchgesetzten Sozialisierung, da nunmehr bei der Zirkulation von Produktionsmitteln innerhalb der staatseigenen Wirtschaft kein Eigentumswechsel mehr stattfände. Außerdem sei der Einfluß des Wertgesetzes, der im Kapitalismus die Warenproduktion steuern würde, in der Sowjetunion außer Kraft gesetzt worden. Denn hier werde die Erzeugung und Verteilung von Produktionsmitteln streng nach Maßgabe der zentral festgesetzten Prioritäten gelenkt. Aus diesen Gründen hätten die innerhalb der Staatswirtschaft ausgetauschten Materialien und Investitionsgüter eine Wesenswandlung durchgemacht und besäßen „nur noch die äußere Hülle von Waren“. Demgegenüber hätten die Erzeugnisse der Produktionsgenossenschaft den Warencharakter noch beibehalten, da sie nicht unmittelbar als Güter der Gesamtgesellschaft geschaffen würden und beim Verkauf den Eigentümer wechselten. Während Marx eine „Ware“ als ein Gut definiert, das nicht für den eigenen Verbrauch, sondern für den Verkauf an einen anonymen Abnehmer bestimmt ist, schiebt Stalin diese „Entstehungstheorie der Warenproduktion“ beiseite. Nach seiner Auslegung der Marxschen Politischen Ökonomie haben im Sowjetsozialismus nur solche Produkte Warencharakter, die beim Verkauf den Eigentümer wechseln. Dazu zählt er vor allem die industriellen Konsumgüter und die Erzeugnisse der Kolchosen (J. W. Stalin, Die ökonomischen Probleme des Sozialismus in der UdSSR, Moskau 1952, S. 20 ff.). Die groteske Folge dieser Stalinschen Theorieschöpfung war, daß in den sozialistischen Wirtschaftssystemen ab 1952 für die Produktionsmittel zwar einerseits staatlich festgesetzte Preise galten und ihr Verkauf nur gegen Geld möglich war, daß sie aber andererseits im Sinne der Marxschen Wert- und Geldlehre keinerlei Wert mehr besaßen. Bis in die zweite Hälfte der 50er Jahre beschränkte sich der Beitrag der Politökonomen in der DDR zur sozialistischen Gt. im wesentlichen auf eine Nacherzählung der Stalinschen Lehre. Diese Sterilität der [S. 496]wirtschaftswissenschaftlichen Diskussion wurde wesentlich gefördert durch die 1955 veröffentlichte deutsche Ausgabe des parteioffiziellen, in der UdSSR erarbeiteten Lehrbuches „Politische Ökonomie“, das noch stark von den Doktrinen Stalins geprägt war. Über die Vereinbarkeit von Warenproduktion, Wertrechnung und Geld mit einer sowjet-sozialistischen Gesellschafts- und Wirtschaftsordnung heißt es in diesem Buch: „Im Sozialismus ist die Warenproduktion keine gewöhnliche, sondern eine Warenproduktion besonderer Art … Die Produktionsmittel, die innerhalb des Landes auf die staatlichen Betriebe verteilt werden, sind ihrem Wesen nach keine Waren; aber sie behalten die Warenform bei, werden in Geld bewertet, was für die Rechnungslegung und die Kalkulation notwendig ist … Sofern im Sozialismus die Warenproduktion und die Warenzirkulation bestehen, ist auch das Wertgesetz weiter wirksam … Der Wirkungsbereich des Wertgesetzes erstreckt sich im Sozialismus vor allem auf die Warenzirkulation (zwischen verschiedenen Eigentumssektoren), auf den Austausch von Waren — vor allem von Gegenständen des persönlichen Bedarfs“ (Politische Ökonomie. Lehrbuch. Berlin [Ost] 1955, S. 502 f., 506 u. 508). Eine erste geringfügige Bewegung in die wissenschaftlichen Erörterungen brachte die Beteiligung einiger DDR-Ökonomen an der Kontroverse zwischen den beiden sowjetischen Geldtheoretikern S. Atlas und J. Kronrod. Diese stritten sich in den Jahren 1953/54 über die Funktionen, die das Sowjetgeld innerhalb und außerhalb der Staatswirtschaft erfüllt, und über die Frage, ob dem Geld im Nicht-Waren-Bereich (Staatswirtschaft, öffentliche Einrichtungen) die volle Geldqualität zuerkannt werden könne. Atlas vertrat hierzu die Auffassung, daß sich das Geld innerhalb der Staatswirtschaft in ein bloßes Verrechnungsmittel verwandelt habe (Geld minderer Güte aufgrund von Funktionsverlusten), dem für die Steuerung von Produktions- und Austauschprozessen der Staatsbetriebe keine aktive Rolle mehr zukomme. Kronrod widersprach diesen Thesen mit dem Hinweis auf die Einheit und Unteilbarkeit der Funktionen des Sowjetgeldes. Nach seiner Auffassung werde im Sozialismus sowohl im Waren- als auch im Nicht-Waren-Bereich vollwertiges Geld gebraucht und genutzt. In der DDR beteiligten sich vor allem A. Lemmnitz und G. Kohlmey an dieser geldtheoretischen Kontroverse. Sie lehnten die geldtheoretischen Neuerungen von Atlas ab, ohne sich jedoch allen Gegenargumenten Kronrods anzuschließen. (Vgl. A. Lemmnitz, Das Geld und die Funktionen des Geldes im Sozialismus und in der Übergangsperiode vom Kapitalismus zum Sozialismus, Berlin [Ost] 1955, u. G. Kohlmey, Das Geldsystem der DDR, Berlin [Ost] 1956.) Im Zuge der auch in der Politischen Ökonomie ab 1956 eingeleiteten Entstalinisierung wurde die „Zwei-Sphären-Theorie“ Stalins als künstlich und irreführend verurteilt. Statt dessen wurde nach und nach anerkannt, daß auch die von den Staatsbetrieben erzeugten Produktionsmittel Waren seien und als Waren gehandelt würden. Auch ihr Wert werde durch das Wertgesetz bestimmt. Mit dieser Feststellung wurde letztlich auch die These verworfen, daß das Geld in der Staatswirtschaft ein besonders geartetes Geld von minderer Funktionstüchtigkeit sei. Seit Anfang der 60er Jahre werden in der Politökonomie der DDR Warenproduktion, Tauschhandel und Geld nicht mehr als „Muttermale des Kapitalismus“ bezeichnet, die dem Sozialismus wesensfremd seien: „Ware-Geld-Beziehungen sind im Sozialismus … wesentliche Elemente eines planmäßigen Mechanismus, der die Wirtschaft regelt. Durch die Ware-Geld-Beziehungen und den damit verbundenen Markt wird eine … gesellschaftliche Anerkennung der Arbeit als gesellschaftlich notwendige Arbeit ausgeführt.“ (Vgl. den instruktiven Überblicksartikel von M. Braun, in: Wirtschaftswissenschaft, H. 4/1982, S. 568 ff., insbes. S. 583.) Für die Gt., die Gp. und Finanzpolitik der DDR gilt nunmehr seit Beginn der Wirtschaftsreformen in den 60er Jahren die bereits im Mai 1918 von Lenin ausgegebene Losung: Wir „dürfen … nicht vergessen, daß alle unsere radikalen Reformen zum Scheitern verurteilt sind, wenn wir in der Finanzpolitik keine Erfolge haben“ (W. I. Lenin, Werke, Bd. 27, Berlin [Ost] 1960, S. 377). V. Die gegenwärtig geltende Wesensbestimmung des Geldes Nach der heute herrschenden Auffassung in der marxistisch-leninistischen Gt. ist das Geld in den sowjet-sozialistischen Volkswirtschaften nur noch seiner „äußeren Hülle“ nach mit dem Geld in den vorsozialistischen Wirtschaftsordnungen (Gesellschaftsordnung) identisch. In der sozialistischen Wirtschaftsordnung seien seine Zweckbestimmung und die Nutzung seiner Funktionen „von Grund auf“ geändert worden. Dieser Wesenswandel wird mit den Unterschieden begründet, die zwischen einer marktgesteuerten und einer vom Staat zentral gelenkten Warenproduktion und zwischen dem Privateigentum und dem staatlich-sozialistischen Eigentum an den Produktionsmitteln bestehen. Anders als im Kapitalismus dienten die Ware-Geld-Beziehungen im Sozialismus nicht mehr der bestmöglichen Kapitalverwertung zum Vorteil der Kapitaleigentümer, sondern der Herstellung einer ausreichenden Zahl von Gebrauchswerten zum Nutzen aller Gesellschaftsmitglieder. Während die östlichen Geldtheoretiker kritisieren, daß das Geld in den privatwirtschaftlich organisierten Marktwirtschaften des Westens „ein Instrument der Umverteilung und damit der Ausbeutung und [S. 497]zugleich ein Instrument der staatsmonopolistischen Regulierung und Manipulierung zur einseitigen Durchsetzung der Interessen der Monopolbourgeoisie“ sei (Imperialismus), behaupten sie übereinstimmend vom Geld im Sozialismus, daß ihm in dieser Ordnung im Grundsatz jede schädliche Einflußnahme genommen sei und es nur noch gesellschaftlich nützliche Aufgaben erfüllen würde. In der sowjet-sozialistischen Volkswirtschaft sei das Geld ein „Instrument zur bewußten Ausnutzung des Wertgesetzes in der Planung der Volkswirtschaft, der Berechnung, Kontrolle und Verteilung des gesellschaftlichen Gesamtproduktes sowie Maß der Arbeit und des Verbrauches“. Damit das Geld diese von ihm verlangten Dienste übernehmen könne, müsse die Wirtschafts- und Geldpolitik der sozialistischen Regierungen allerdings energisch die Verwirklichung folgender Ziele anstreben: a) die Herstellung der „Planmäßigkeit und Proportionalität“ der verschiedenen Teilströme des Bargeld- und des Giralgeldkreislaufs; b) die Sicherung der Übereinstimmung zwischen den geplanten und den tatsächlichen güterwirtschaftlichen (materiellen) und finanziellen Prozessen bei gegebenen staatlichen Festpreisen; c) die Entwicklung von Orientierungsmarken, anhand derer es möglich ist, eine ökonomisch begründete Geldemission und Geldmengenbestimmung vorzunehmen: d) die Verbesserung der Fähigkeit, den Geldumlauf gemäß den jeweiligen Stabilitätserfordernissen zu regulieren; e) die Gewährleistung eines stets ausgewogenen Verhältnisses von „Kauffonds“ und „Warenfonds“. Über die künftige Rolle des Geldes heißt es in allgemeiner Form in dem auf dem IX. Parteitag angenommenen Parteiprogramm der SED: „Bei der weiteren Vervollkommnung der Leitung, Planung und ökonomischen Stimulierung spielt die bewußte Ausnutzung der Ware-Geld-Beziehungen eine große Rolle. Die Bedeutung des Staatshaushaltes, des Geld- und Kreditwesens sowie des Preissystems für die effektive Produktion und die rationelle Verteilung und Verwendung des gesellschaftlichen Produkts und Nationaleinkommens nimmt zu“ (Programm der Sozialistischen Einheitspartei Deutschlands, Berlin [Ost] 1976, S. 36). VI. Die Funktionen des Geldes Bei Marx lassen sich 5 Grundfunktionen des Geldes unterscheiden; es sind dies die „konkreten Formen“, in denen das Geld entsprechend seiner Zweckbestimmung das nationale und das internationale Wirtschaftsleben mitbestimmt. Nach Ansicht der sozialistischen Geldtheoretiker verwirklicht das Geld in diesen Formen seine Rolle als „allgemeines, Äquivalent“ (Tauschwert) und umlaufendes Tauschmittel. Da die Warenproduktion, der Tauschhandel, die Entlohnung nach der Leistung und die Wertrechnung ebenfalls fundamentale Bestandteile der sowjet-sozialistischen Wirtschaftsordnungen sind, ist es nicht überraschend, daß sich die Grundfunktionen des Geldes in den zentral gelenkten Staatswirtschaften und in den marktwirtschaftlich organi

Geldtheorie und Geldpolitik (1985) I. Geld --- Grundlage einer zweckmäßigen Wirtschaftsorganisation Wie in allen auf Arbeitsteilung, Spezialisierung und Tauschhandel aufbauenden Wirtschaftsordnungen ist auch in der DDR das Geld ein unverzichtbarer Bestandteil der dort praktizierten sowjet-sozialistischen Zentralplanwirtschaft. Als Bewertungsmittel [S. 488]und Maßstab der Preise (Preissystem und Preispolitik) ist das Geld die Grundlage einzelwirtschaftlicher und gesamtwirtschaftlicher…

DDR A-Z 1985

Geschädigte (1985)

Personen, die seit Geburt physisch oder psychisch geschädigt sind oder durch Unfall oder andere Ursachen einen Dauerschaden erlitten haben bzw. an funktionellen Störungen leiden, entsprechend den „Behinderten“ im westdeutschen Sprachgebrauch. Grundsätzliches, Erfassung und Abgrenzung, Schulbildung, Berufsbildung, berufliche (Wieder-) Eingliederung sowie soziale Vergünstigungen sind in 71 „Rechtsvorschriften und anderen Bestimmungen“ geregelt (Schwerbeschädigtenbetreuung und Rehabilitation. Rechtl. Bestimmungen u. Arbeitsmaterialien, hrsgg. v. Min. f. Gesundheitswesen u. v. d. Akad. f. Ärztl. Fortbildg. d. DDR, Berlin [Ost], Staatsverlag, 1981). 1. Der ausgewiesene Umfang des Personenkreises der G. hängt ab von dem seit 100 Jahren zu beobachtenden Krankheitswandel, der Definition, der Erfassung und Betreuung. Unter medizinischem Aspekt gab es 1978 in der DDR 401.619 als „körperbehindert“ erfaßte Kinder und Jugendliche im Alter von 0 bis unter 18 Jahren (9,44 v.H. der Gleichaltrigen), sowie 153.911 (3,57 v.H.) „mit geistigen Störungen“, demnach einen G.-Anteil von 13 v.H. der Kinder- und Jugendbevölkerung. Im Sonderschulwesen (Einheitliches sozialistisches Bildungssystem, VII.) geht man von folgenden Kategorien und Anteilen aus (in v.H. der Schulpflichtigen): Blinde 0,01; Sehschwache 0,05; Gehörlose 0,06; Schwerhörige 0,14; Sprachgestörte 1,0; Körperbehinderte 0,5; schulbildungsfähige Schwachsinnige (Hilfsschulbedürftige) etwa 2,0; schulbildungsunfähige Schwachsinnige (Imbezille und Idioten) 0,5; Verhaltensgestörte etwa 1,0. Unter pädagogischem Aspekt gelten 7 v.H. der schulpflichtigen Bevölkerung als geschädigt, die Sonderschulen besuchen etwa 3 v.H. Die Zahl der G. im Erwachsenenalter bzw. insgesamt betrug 1981 615.000 Körper-G. im berufsfähigen Alter (d.h. ohne Kinder und Altersrentner; 5,8 v.H. dieser Altersgruppe), 340.000 Hörgeschädigte aller Altersstufen (2,03 v.H. der Gesamtbevölkerung), 1982 33.000 Blinde (0,20 v.H.), davon 24.000 Altersrentner, und 60.000 Sehschwache (0,36 v.H.). Einen Beschädigtenausweis (gem. AO Nr. 1 über die Anerkennung als Beschädigter vom 10. 6. 1971 [GBl. II, S. 493] i. d. F. der AO Nr. 2 vom 18. 7. 1979 [GBl. I, S. 315]) hatten 1980 1,3 Mill. Personen, darunter 1,1 Mill. Körper-G. Der Ausweis wird in den 4 Stufen „Beschädigter“, „Schwerbeschädigter“, „Schwerstbeschädigter“ und „Schwerstbeschädigter, der eines ständigen Begleiters bedarf“, an Personen von 14 Jahren und älter, in bestimmten Fällen auch an Kinder, ausgegeben. Da die Ausgabe des Ausweises von Art und Schwere der Schädigung abhängt, ist die Zahl der Ausweisinhaber kleiner als die der G. insgesamt. Bei den erwachsenen, berufstätigen Rehabilitanden, d.h. bei den durch Krankheit oder Unfall G., bei denen eine Rehabilitation nötig und möglich ist, treten derzeit die chronischen Erkrankungen als Schadensursache an die 1. Stelle. Sie machen bei den Männern 50 v.H., bei den Frauen über 80 v.H. aus. 2. Zur Förderung und Betreuung der G. wurde in den 60er Jahren ein umfassendes System der Rehabilitation entworfen und in den 70er Jahren aufgebaut, an dem Medizin, Pädagogik, Sozialpolitik, Ökonomie und Gesellschaftliche Organisationen mitwirken. Aufgaben und Zuständigkeiten verteilen sich wie folgt: Das Gesundheitswesen ist zuständig für: die Früherfassung der G. Es besteht Meldepflicht (AO über die Meldung von Körperbehinderungen usw. vom 12. 5. 1954 [ZBl. S. 194] i. d. F. d. OWG vom 12. 1. 1968 [GBl. I, S. 101]); Sonderkrippen bzw. Krippengruppen für geschädigte Kleinkinder. Die Entscheidung über den Besuch dieser Einrichtungen liegt bei den Eltern; Tagesstätten, Wochenheime, Dauerheime und Plätze in Krankenhäusern für die etwa 20.000 „schulbildungsunfähigen förderungsfähigen Schwachsinnigen“ (= „Geistig Behinderte“ nach westdeutschem Sprachgebrauch) im Alter von 3 bis unter 18 Jahren. Der Besuch dieser Einrichtungen ist freiwillig. 1969 standen 5.019 Plätze zur Verfügung, der Versorgungsgrad lag bei 25 v.H. 1981 gab es 208 Tagesstätten, 56 Wochenheime, 48 Dauerheime und 32 stationäre Einrichtungen an Krankenhäusern mit 13.000 Plätzen, der Versorgungsgrad lag bei 66,5 v.H.; [S. 535] * Abteilungen und Beratungsstellen an Kliniken, Sanatorien und Fachkrankenhäusern zur ambulanten Betreuung vor allem von Sprachgestörten und Hör-G.; das Logopädische Kindersanatorium Thalheim für therapieresistente stotternde Schüler; Rehabilitationszentren zur Berufsausbildung für hochgradig geschädigte Jugendliche und Erwachsene (12 für Körperbehinderte, davon 3 der Inneren Mission [ Caritas; Diakonie ], 2 für Blinde, 1 für Sehschwache); die Einrichtungen der „geschützten Arbeit“ für Rehabilitanden, die wegen ihrer Schädigung oder wegen Fehlens geeigneter Möglichkeiten nicht in den üblichen Arbeitsprozeß eingegliedert werden können (AO zur Sicherung des Rechts auf Arbeit für Rehabilitanden vom 26. 8. 1969 [GBl. II, S. 470] i. d. F. der VO vom 19. 7. 1976 [GBl. I, S. 411]). 1970 gab es 2.200 geschützte Arbeitsplätze. Bis zum 31. 12. 1980 erhöhte sich die Zahl auf 35.123. Nur ein Viertel der Plätze besteht in geschützten Betriebsabteilungen oder geschützten Werkstätten, die übrigen sind Einzel- oder Heimarbeitsplätze. Das wird als unzureichend kritisiert, ebenso das regional, betrieblich und nach Eignung sehr unterschiedliche Platzangebot. Um dem Bedarf zu entsprechen, ist die Zahl der geschützten Arbeitsplätze zu verdoppeln (Arbeit und Arbeitsrecht 1981, H. 6, S. 241–243). Das Volksbildungswesen (Einheitliches sozialistisches Bildungssystem) ist zuständig für: Sonderkindergärten und Vorschulgruppen, deren Besuch freiwillig ist; die (1982) 489 Sonderschulen für die einzelnen Kategorien der G., an denen 59.026 Kinder und Jugendliche ihrer Schulpflicht nachkamen; Sonderschulen und -klassen in Einrichtungen des Gesundheits- und Sozialwesens (für chronisch Kranke und Schwer-G., die Schülerzahl ist oben enthalten); Sonderberufsschulen (für Hilfsschüler und Hör-G.); Sonderpädagogische Beratungsstellen; Sonderklassen an Normalschulen, insbesondere für Verhaltensgestörte und Legastheniker. Die Berufstätigkeit der G. (Einstellung, Arbeitsbedingungen, Entlohnung, Kündigungsschutz usw.) wird durch das Arbeitsgesetzbuch (AGB) (Arbeitsrecht) und zusätzliche spezielle Regelungen abgesichert. Die Rehabilitationskommissionen der Bezirke, Kreise und Betriebe koordinieren die Arbeit der zuständigen Behörden und Einrichtungen, doch haben bei weitem noch nicht alle Betriebe eine solche Kommission. Auch dem Freien Deutschen Gewerkschaftsbund (FDGB) sind Aufgaben zugewiesen (s. NJ 1981, H. 6, S. 258–260). Die Förderung und Betreuung der G. wird unterstützt von der Gesellschaft für Rehabilitation in der DDR, gegründet 1957 als Forschungsgruppe R., seit 1967 Mitglied der Internationalen Gesellschaft für die Rehabilitation Geschädigter (ISRD), dem Blinden- und Sehschwachenverband der DDR (25.000 Mitglieder, 15 Bezirks-, 218 Kreisorganisationen, 250 Zirkel und Interessengemeinschaften, 3.000 ehrenamtliche Betreuer), dem Gehörlosen- und Schwerhörigenverband der DDR (16.200 Mitglieder, 230 Gruppen) und dem Versehrtensportverband des Deutschen Turn- und Sportbundes (DTSB) der DDR (8.500 körperbehinderte, seh- und hörgeschädigte Mitglieder, 255 Sektionen. Bis 1983 sollte in jedem Kreis der DDR eine Sportgruppe gebildet werden). Auch das Deutsche Rote Kreuz (DRK) der DDR und die Volkssolidarität sind mit der Betreuung behinderter bzw. alter Menschen befaßt. 3. Grundprinzip der G.-Politik ist die Gewährleistung des Rechts auf Arbeit auch für diesen Personenkreis. Der Stellenwert der Früherkennung und -erfassung, der Betreuung bereits im Kleinkind- und Vorschulalter sowie der pädagogischen Rehabilitation ist hoch. Das Sonderschulwesen kann als beispielhaft gelten, Lücken bei bestimmten Behinderungsarten wurden in den 70er Jahren geschlossen, andererseits wurde der Anteil der als hilfsschulbedürftig (und damit als „schwachsinnig“) einzustufenden Schüler von 3 auf angemessenere 2 v.H. reduziert. Die berufliche Ausbildung bzw. Rehabilitation wurde in leistungsfähigen Zentren zusammengefaßt. Ein Nachholbedarf besteht dort, wo die Arbeitsfähigkeit nicht, nur eingeschränkt oder nur mit großem Aufwand hergestellt werden kann. Das Programm der Sozialistischen Einheitspartei Deutschlands (SED) vom 22. 5. 1976 stellt auch auf die verbesserte Versorgung, Betreuung und Rehabilitation der Kranken, Invaliden, Alten und G. ab. Seitdem wurde die Betreuung der geistig Behinderten erheblich ausgebaut, die Möglichkeit zu geschützter Arbeit vermehrt (häufig gegen den Widerstand der Betriebe gegen „halbe“ Arbeitskräfte); die finanziellen Zuwendungen wurden erhöht, freilich nur im eher bescheidenen Rahmen des Gesamtsystems der sozialen Sicherung (Sozialversicherung). Fundstelle: DDR Handbuch. 3., überarbeitete und erweiterte Auflage, Köln 1985: S. 534–535 Gesamtprodukt, Gesellschaftliches A, B, C, D, E, F, G, H, I, J, K, L, M, N, O, P, Q, R, S, T, U, V, W, Z Geschichte der DDR

Personen, die seit Geburt physisch oder psychisch geschädigt sind oder durch Unfall oder andere Ursachen einen Dauerschaden erlitten haben bzw. an funktionellen Störungen leiden, entsprechend den „Behinderten“ im westdeutschen Sprachgebrauch. Grundsätzliches, Erfassung und Abgrenzung, Schulbildung, Berufsbildung, berufliche (Wieder-) Eingliederung sowie soziale Vergünstigungen sind in 71 „Rechtsvorschriften und anderen Bestimmungen“ geregelt (Schwerbeschädigtenbetreuung und Rehabilitation.…

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Plastindustrie (1985)

Siehe auch: Plasteindustrie: 1969 Plastindustrie: 1975 1979 Entsprechend der DDR-Industriezweigsystematik ein Zweig der Chemischen Industrie, der die Gesamtheit der Betriebe zur Herstellung von Plasten, Plasthalbzeugen und Plastfertigungserzeugnissen umfaßt. Zur P. wird auch die Herstellung von Elasten (synthetischer Kautschuk usw.), nicht jedoch die Herstellung von Chemiefasern (Chemiefaserindustrie) gerechnet. Zu den Erzeugnissen der P. gehören insbesondere Polymerisationsprodukte (z.B. Polyvenylchlorid) und Kondensationsprodukte (Pheno- und Amino-Plaste). Die P. wurde auf der Verwendung von Inhaltsstoffen der Braunkohle aufgebaut, da eigene Erdölvorkommen weitgehend fehlen. Ausgangsstoff ist das aus Braunkohle gewonnene Kalziumkarbid. In den 70er Jahren war jedoch ein bedeutender Strukturwandel im Rohstoffeinsatz von der Braunkohlen- zur Mineralölverarbeitung festzustellen; vor dem Hintergrund der sprunghaft gestiegenen Rohölpreise erfolgt gegenwärtig jedoch wieder eine verstärkte Hinwendung zur Karbochemie. 1981 produzierte die DDR jährlich karbochemische Produkte in einem äquivalenten Umfang von ca. 7 Mill.~t Erdöl. 1990 soll ein Niveau erreicht werden, das einem Erdölaquivalent von ca. 11 Mill.~t entspricht. Das Produktionsprogramm der P. umfaßt z. Z. rd. 150.000 Erzeugnisse. Daneben produzieren aber Betriebe anderer Industriezweigleitungen und Wirtschaftsräte der Bezirke ca. 100.000 Erzeugnisse ebenfalls nach Technologien der Plast- und Elastverarbeitung. Der Industriezweig fungiert hauptsächlich als Zulieferer für Finalerzeugnisse wie Kraftfahrzeuge, Schienenfahrzeuge, Landmaschinen, Maschinen und Motoren, Tagebauausrüstungen, Krane, Förderanlagen sowie eine Vielzahl industrieller Konsumgüter wie Haushaltsmöbel, Kühlschränke, Rundfunk- und Fernsehgeräte, Haushaltswaschmaschinen und Küchenmaschinen. In diesem Industriezweig arbeiten etwa 32.000 Beschäftigte. Zu den wichtigsten Materialien bei der Plastverarbeitung zählen Thermoplaste, Polyesterharze, Glasseidenerzeugnisse, Polyurithane und Phenolplaste. Zunehmende Bedeutung gewinnen die Polyurithane, Polypropylen und glasfaserverstärkte Polyesterharze. Während die Bruttoproduktion der Chemischen Industrie von 1970 bis 1982 jahresdurchschnittlich um 6,1 v.H. stieg, nahm die P. mit einer Erhöhung ihrer Bruttoproduktion um jahresdurchschnittlich 7,8 v. H. einen stärkeren Aufschwung. Der jahresdurchschnittliche Produktionszuwachs betrug 1961–1965 11 v.H. (Chemiewirtschaft insgesamt: 7,9 v.H.), 1966–1970 12,9 v.H. (7,7 v.H.), 1971–1975 11,7 v.H. (8,3 v.H.), 1976–1980 5,3 v.H. (4,6 v.H.), 1980–1982 4,3 v.H. (4,2 v.H.). In diesen Zahlen zeigt sich ein erheblicher Strukturwandel innerhalb der Chemischen Industrie zugunsten der P. Die Produktion von Plasten und synthetischen Harzen ist von 115.100 t 1960 auf 990.300 t 1982 gestiegen. Sie soll bis 1985 auf 1,3 Mill.~t erhöht werden. In der Erzeugung von Kunststoffen hat die DDR gegenüber den westlichen Ländern einen erheblichen Nachholbedarf. So betrug die Produktion von Plasten und synthetischen Harzen 1979 pro Kopf der Bevölkerung in der DDR 46,5 kg, in der Bundesrepublik Deutschland 119,1 kg. Trotzdem bemüht man sich in der DDR um eine Erhöhung des Einsatzes von Plastformteilen gegenüber Formteilen aus herkömmlichen Materialien. Hierbei werden die Betriebe unterstützt vom Institut für Leichtbau in Dresden, von der Plastlenkstelle des Ministeriums für Materialwirtschaft, der Stahlberatungsstelle in Freiberg und den zuständigen Bereichen des VEB Kombinat Plast- und Elastverarbeitung, Berlin. [S. 1005]Die volkswirtschaftliche Wiederverwendung von Plastabfällen wird seit geraumer Zeit gefordert (vgl. „Anordnung über die Organisation der Planung, Erfassung, Verwertung und Bilanzierung von Thermoplastabfällen“ vom 17. 6. 1981; GBl. I, S. 306–308); seit Mai 1983 wird auch die Sekundärplaste aus den privaten Haushalten erfaßt. 1983 wurden dadurch 1500 t Kunststofflaschen, -behälter usw., überwiegend mit „Netzcontainern“, gesammelt. Das für die Wiederverwendung des „Sekundärrohstoffes Plaste“ zuständige Kombinat Sekundärrohstofferfassung rechnet mit 4.000 t 1984. Fundstelle: DDR Handbuch. 3., überarbeitete und erweiterte Auflage, Köln 1985: S. 1004–1005 Planung A, B, C, D, E, F, G, H, I, J, K, L, M, N, O, P, Q, R, S, T, U, V, W, Z Plenum

Siehe auch: Plasteindustrie: 1969 Plastindustrie: 1975 1979 Entsprechend der DDR-Industriezweigsystematik ein Zweig der Chemischen Industrie, der die Gesamtheit der Betriebe zur Herstellung von Plasten, Plasthalbzeugen und Plastfertigungserzeugnissen umfaßt. Zur P. wird auch die Herstellung von Elasten (synthetischer Kautschuk usw.), nicht jedoch die Herstellung von Chemiefasern (Chemiefaserindustrie) gerechnet. Zu den Erzeugnissen der P. gehören insbesondere…

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Formalismus (1985)

Siehe auch die Jahre 1953 1954 1956 1958 1959 1960 1962 1963 1965 1966 1969 1975 1979 Ursprünglich eine Richtung der russischen Literaturtheorie und Literaturgeschichtsschreibung, die in den 20er Jahren ihre Blütezeit hatte und dann ein Opfer der Stalinschen Kulturpolitik wurde. Hauptvertreter waren Boris Eichenbaum, Roman Jakobson, Viktor Schklowskij und Jurij Tynjanow. Der russische F. hat den New Criticism in den angelsächsischen Ländern wie auch den von Frankreich ausgehenden Strukturalismus beeinflußt. Seit den 30er Jahren ist F. in der offiziellen sowjetischen, später auch in der DDR-Ästhetik ein negativ wertender Begriff. Kunstrichtungen und Kunstwerke werden als „formalistisch“ mit dem Vorwurf abqualifiziert, sie vernachlässigten den (realistischen) Inhalt und verabsolutierten mehr oder weniger die Form. Der F.-Vorwurf wird in der DDR in zweierlei Hinsicht verwandt: gegen Kunstströmungen im Westen und gegen Werke und Auffassungen von Künstlern im eigenen Land. F. in kapitalistischen Ländern zeuge vom Verfall der bürgerlichen Kunst. Der dekadente bürgerliche Künstler, so wird behauptet, zeige die Inhaltsleere der kapitalistischen Gesellschaft, ohne ihre Ursachen kenntlich zu machen. Durch im Einzelfall durchaus gelungene Formgestaltung bei gleichzeitig fehlendem Realismus verschleiere er die Wirklichkeit. Dadurch werde Kunst nicht nur esoterische Liebhaberei einer kleinen volksfremden Schicht, sondern zerstöre sich selbst; denn ihre enthüllende, ihre Erkenntnisfunktion werde mißachtet. Solche Kunst diene der Sache der Reaktion und nicht der des Fortschritts. F. in diesem Sinne wird im Grunde bei allen neueren Kunstströmungen festgestellt: Futurismus, Kubismus, Surrealismus, Expressionismus usw. bis hin zur Pop Art. Als Exponent des F. in Literatur und Literaturtheorie der Bundesrepublik Deutschland wird immer wieder Max Bense angeführt. Der F. in DDR-Sicht braucht allerdings nicht unbedingt auf eine durchgängig reaktionäre Weltanschauung bei einem Künstler hinzuweisen; einer Mode hinterherlaufend, können ihm auch progressive Künstler (Picasso) verfallen. Auf sozialistische Länder angewandt, beinhaltet F. Kritik an Kunstauffassungen, die auf Überresten spätbür[S. 424]gerlicher oder der Übernahme westlicher Stilelemente basieren und so den Kriterien des „sozialistischen Realismus“ nicht genügen. Aber auch „Schwächen“ in den Beziehungen zwischen Inhalt und Form werden mit diesem Begriff belegt. In der Geschichte der Kulturpolitik der DDR ist in den frühen 50er Jahren F. offiziell als Gegenbegriff zu dem des (sozialistischen) Realismus verwandt worden. Formalistische Strömungen in allen Künsten (einschließlich der Architektur) wurden mit der ZK-Entschließung vom März 1951 verdammt. Die schwindende Eindeutigkeit des Begriffs „Sozialistischer Realismus“ hat aber in der Kunst der DDR den Weg zu formalen Experimenten geöffnet und dem F.-Vorwurf einen Teil seiner Schärfe genommen. Ästhetik, I; Bildende Kunst, I; Kulturpolitik, II. Fundstelle: DDR Handbuch. 3., überarbeitete und erweiterte Auflage, Köln 1985: S. 423–424 Fondsbezogener Preis A, B, C, D, E, F, G, H, I, J, K, L, M, N, O, P, Q, R, S, T, U, V, W, Z Formgestaltung, Industrielle

Siehe auch die Jahre 1953 1954 1956 1958 1959 1960 1962 1963 1965 1966 1969 1975 1979 Ursprünglich eine Richtung der russischen Literaturtheorie und Literaturgeschichtsschreibung, die in den 20er Jahren ihre Blütezeit hatte und dann ein Opfer der Stalinschen Kulturpolitik wurde. Hauptvertreter waren Boris Eichenbaum, Roman Jakobson, Viktor Schklowskij und Jurij Tynjanow. Der russische F. hat den New Criticism in den angelsächsischen Ländern wie auch den von Frankreich ausgehenden…

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G. Wirtschaftsleitende spezialisierte Betriebsformen mit überregionaler Bedeutung

Landwirtschaftliche Betriebsformen (1985) Siehe auch die Jahre 1975 1979 I. Grundlagen/Leninscher Genossenschaftsplan Die Agrarpolitik der Sozialistischen Einheitspartei Deutschlands (SED) hat den Leninschen Genossenschaftsplan stets als theoretisches Grundprinzip zur Begründung ihrer Ziele und Maßnahmen bei der Umgestaltung der Landwirtschaft verwendet. Diese Argumentation wurde auch dann aufrechterhalten, wenn es — unter Berufung auf die jeweilige konkrete politische, ökonomische und soziale Situation — zu Wendungen und widersprüchlichen Regelungen in der Agrarpolitik kam. Der Leninsche Genossenschaftsplan zielt auf die Vergesellschaftung der wesentlichen Produktionsmittel in der Landwirtschaft und das Bündnis der Bauern mit der Arbeiterklasse sowie auf die Aufhebung der zwischen diesen beiden Klassen (Klasse/Klassen, Klassenkampf) bestehenden Unterschiede (Bündnispolitik; Genossenschaftsbauer). Auf dem Wege zu diesem Fernziel gilt die Schaffung von Landwirtschaftlichen Produktionsgenossenschaften (LPG) als unumgänglich und notwendig. Diese Genossenschaften fungieren jedoch nur als eine Übergangsstufe zur sozialistischen und schließlich kommunistischen Gesellschaft, in der die Unterschiede in den Lebensbedingungen zwischen Stadt und Land beseitigt sein sollen. Die konkrete Umsetzung der Agrarpolitik der SED auf dem Gebiet der SBZ/DDR hat im Zuge der Entwicklungsetappen zu einer Vielfalt von LB. geführt, die — gemessen an dem bisher vergangenen [S. 802]relativ kurzen historischen Zeitraum — ohne Beispiel ist. In diesem Sachverhalt spiegelt sich nicht nur die schwierige Nachkriegssituation mit Hunderttausenden von Flüchtlingen, zerstörten Gehöften und großen Hungersnöten, sondern vor allem das beharrliche Drängen der SED (vormals KPD) wider, ihre gesellschaftspolitischen Zielsetzungen auf dem Lande zu verwirklichen und der Vervollkommnung des von ihr letztlich angestrebten durchorganisierten Agrar-Industrie-Komplexes (AIK) etappenweise näher zu kommen. Eine Reihe der nachfolgend erwähnten LB. sind seit 1945 wieder verschwunden und nur noch historisch bedeutsam. Dennoch werden sie hier genannt, weil sie sowohl Vorstufen für spätere LB. waren als auch mit ihnen z. T. für die gegenwärtige Entwicklung bedeutsame agrarpolitische, ökonomische, soziologische und technische Erfahrungen gemacht wurden. Die Darstellung der LB. folgt daher im wesentlichen der agrarhistorischen Entwicklung der SBZ/DDR und umfaßt ferner eine Reihe von Betrieben und Einrichtungen, die herkömmlich nicht der Landwirtschaft zugeordnet werden, die aber aufgrund der Ausgestaltung des DDR-Planungssystems diesem Wirtschaftsbereich zuzuordnen sind. II. LB. von der Bodenreform bis zur Kollektivierung (1945--1951) A. Private Landwirtschaftsbetriebe Im Zuge der Bodenreform (Agrarpolitik, III. A.) wurden Großgrundbesitzer mit Betrieben über 100ha Betriebsfläche und Nazi-Aktivisten entschädigungslos enteignet. Dieses Land wurde mit dem Land sog. herrenloser Betriebe (z.B. von Kriegstoten oder Geflüchteten) in einen staatlichen Bodenfonds eingebracht (rd. 3,3 Mill. ha von 14.000 Besitzungen). Die kleinen und mittleren Familienbetriebe blieben von diesen ersten agrarpolitischen Maßnahmen zunächst weitgehend unberührt. Neben den privaten Landwirtschaftsbetrieben bestand eine Reihe von Domänen, Universitäts-, Kirchen- und Industriegütern. Die Kirchengüter verblieben in Kircheneigentum. Die anderen landwirtschaftlichen Großbetriebe wurden zum größten Teil in Volkseigene Güter (VEG) umgewandelt. B. Neubauernbetriebe Aus dem Bodenfonds erhielten mehr als 210.000 Neubauern — zum großen Teil Flüchtlinge aus den deutschen Ostgebieten und ehemalige Fabrikarbeiter — Landzuteilungen von durchschnittlich 8,1 ha LN. Die Neubauern mußten für das erhaltene Land einen Übernahmebeitrag zahlen, der weit unter dem Bodenwert lag und etwa dem Wert einer Jahresernte entsprach. Dieser Übernahmebeitrag konnte auch gestundet werden. Weitere 120.000 bereits bestehende Betriebe bekamen zu Vorzugsbedingungen Land- und Waldzulagen und wurden um durchschnittlich 2,8 ha aufgestockt. Außerdem wurden rd. 180.000 Personen mit durchschnittlich 0,6 ha Gartenland versehen und mehr als 43.000 Bewerber erhielten bisheriges Pachtland (durchschnittlich 1,0 ha) zu eigen. Das Land der Neubauernbetriebe durfte weder ganz noch teilweise geteilt, verpachtet, verkauft oder verpfändet werden. Land geflüchteter Neubauern fiel an den Bodenfonds zurück oder wurde den VEG zugeteilt. Die Neubauernbetriebe hatten also nicht den gleichen Rechtsstatus wie die der Altbauern. Auch war ihre technische Ausstattung, der Viehbesatz usw. z. T. sehr viel schlechter. Die Inhaber der Neubauernstellen bildeten — nicht zuletzt wegen ihrer ökonomischen Schwäche — das wesentliche Rekrutierungsfeld der Genossenschaften in den ersten Jahren der Kollektivierungsphase. C. Volkseigene Güter (VEG) Nach den Bodenreform-Verordnungen vom September 1945 sollte aus dem Bodenfonds „ein Teil des Bodens zur Organisierung von Mustergütern. .. bereitgestellt werden“; diese erhielten die Rechtsform von VEG. Die VEG unterstanden zunächst der Verwaltung der Länder, ab 1949 wurden sie in der Vereinigung Volkseigener Güter (VVG) als einer Anstalt öffentlichen Rechts zentral zusammengefaßt. Ab 1952 erhielt jedes einzelne VEG (ähnlich wie die VEB in Handel und Industrie) den rechtlichen Status einer juristischen Person und damit die eigene Rechtsfähigkeit. Hauptaufgabe der VEG war die Versorgung der Landwirtschaft mit Saat- und Pflanzengut sowie mit Zuchtvieh. In VEG wurden ferner wissenschaftlich-technische JOIN:'wissenschaftlich-technische' wissenschaftlichtechnische Neuerungen erprobt. Daneben haben ihre in Grundorganisationen der SED zusammengefaßten bzw. in den Betriebsgewerkschaftsorganisationen (BGO) des Freien Deutschen Gewerkschaftsbundes (FDGB) organisierten Betriebsleitungen und Belegschaften (sie galten als „Arbeiterklasse auf dem Lande“) in verschiedenen agrarpolitisch wesentlichen Kampagnen eine anleitende und führende Rolle gespielt. Zwischen 1949 und 1960 schwankte die Zahl der VEG zwischen 450 und 750, da in diesem Zeitraum die Zuordnung anderer staatlicher Landwirtschaftsbetriebe (z.B. Versuchsgüter, landwirtschaftliche Einrichtungen von Universitäten und Hochschulen u.a.) zu dieser LB. in sehr wechselvoller Weise erfolgte. Seit Mitte der 60er Jahre sinkt die Zahl der VEG wegen des fortschreitenden Konzentrations- und Kooperationsprozesses beständig ab. 1982 lag die Anzahl der VEG bei 478. Der Flächenanteil der VEG stieg seit 1949 allerdings kontinuierlich, wenn auch insgesamt nur geringfügig. Der Anteil der VEG an der LN der DDR betrug 1984 nur 8 v.H. D. Raiffeisengenossenschaften (R.) Die R., die als traditionelle Selbsthilfeorganisatio[S. 803]nen der Landwirtschaft bereits vor 1933 bestanden und während des Dritten Reiches als Zentralorganisationen mit Pflichtmitgliedschaft geführt wurden, wurden in den Ländern der SBZ bereits im November 1945 erneut zugelassen. Schon 1946 gab es wieder 6.325 Einzelgenossenschaften mit 792.988 Mitgliedern. Mit dem Vorwurf, sie wirtschafteten mit „kapitalistischen Methoden“ und dienten „einseitig den Großbauern“ wurde die Arbeit der R. allerdings bald stark eingeschränkt und schrittweise anderen Einrichtungen übertragen. So übernahmen z.B. die Vereinigung Volkseigener Erfassungs- und Aufkaufbetriebe (VVEAB) den Aufkauf landwirtschaftlicher Produkte, die Vereinigung der gegenseitigen Bauernhilfe (VdgB) sowie die Staatlichen Kreiskontore für landwirtschaftlichen Bedarf die Versorgung der Landwirtschaft mit Produktionsmitteln und die 1950 eingerichtete Deutsche Bauernbank (ab 1963 Landwirtschaftsbank; seit 1968 Bank für Landwirtschaft und Nahrungsgüterwirtschaft [BLN]) das Finanz- und Kreditwesen. 1950 wurden die R. in Bäuerliche Handelsgenossenschaften (BHG) umbenannt und organisatorisch in die VdgB eingegliedert. III. Kollektivierungsphase (1952--1960) Auf der II. Parteikonferenz der SED im Juli 1952 wurde der „planmäßige Aufbau des Sozialismus in der DDR“ beschlossen. Für die Landwirtschaft wurde daraus die Forderung hergeleitet, „die Vorbereitungen dafür durch die Gründung von LPG zu schaffen“. A. Landwirtschaftliche Produktionsgenossenschaften (LPG) Schon vor dieser Parteikonferenz, aber vor allem danach, wurden erste LPG in einer Reihe von Kreisen der DDR gegründet. Wegen der oben beschriebenen wirtschaftlich schwierigen Existenzbedingungen der im Zuge der Bodenreform geschaffenen Neubauerngehöfte setzten sich diese ersten LPG fast ausschließlich aus ehemaligen Neubauern zusammen. Im August 1952 wurden eine VO über die Bestätigung und Registrierung von LPG und im Dezember Musterstatuten sowie eine Musterbetriebsordnung erlassen. Danach waren 3 Typen von LPG möglich: Typ I umfaßte die gemeinsame Nutzung des eigenen und des gepachteten Ackerlandes durch die LPG. Bei den erforderlichen Feldarbeiten war ein festgelegter Arbeitsumfang für die Genossenschaft zu erbringen. Die Bewertung der Arbeit erfolgte in Arbeitseinheiten. Die individuelle Bezahlung erfolgte zu 80 v.H. nach Fläche und Wert des vom einzelnen Genossenschaftsbauern in die LPG eingebrachten Bodens und zu 20 v.H. nach den geleisteten Arbeitseinheiten. Im Typ II brachten die Mitglieder außer dem Ackerland auch die motorischen und tierischen Zugkräfte sowie Maschinen und Geräte zur gemeinsamen Nutzung in die LPG ein. Der Typ II erlangte während der gesamten Kollektivierungsphase keine besondere Bedeutung. Im Typ III wurde der gesamte Grund und Boden, also einschließlich des Grünlandes, des Waldes, der Fischteiche und aller sonstigen Flächen sowie das gesamte Besatzkapital (Maschinen und Geräte, Vieh, Wirtschaftsgebäude) zur gemeinsamen Bewirtschaftung eingebracht. Formell blieben die Eigentumsrechte an den eingebrachten Bodenanteilen bestehen, ebenso blieben das Erb- und Verkaufsrecht — allerdings bei einem Vorkaufsrecht der LPG — für den einzelnen Genossenschaftsbauern gewährleistet. In diesem LPG-Typ erfolgte die Verteilung der Einkünfte zu 20 v.H. nach den eingebrachten Bodenanteilen und zu 80 v.H. nach Arbeitseinheiten. Für die private Nutzung durfte im Typ III und darf heute jedes Genossenschaftsmitglied 0,5 ha LN als Persönliche ➝Hauswirtschaft bewirtschaften, wobei die Bearbeitung außerhalb der genossenschaftlichen Arbeitszeit erfolgen muß. Das Land der persönlichen Hauswirtschaft ist meistens privates Gartenland am eigenen Wohnhaus bzw. ehemaligen Bauernhof. Dieses Land ist verkäuflich und vererbbar. Hauswirtschaften, die von den Genossenschaften Nichtmitgliedern zur persönlichen Nutzung übergeben werden, verbleiben im Verfügungsrecht der Genossenschaften. Grundsätzlich galt für alle LPG-Typen, daß die Haupteinnahmequelle der LPG-Mitglieder die genossenschaftliche Arbeit sein sollte. Aus den ehemals einzeln produzierenden Bauern sollten gemeinschaftlich und zugleich spezialisiert arbeitende Arbeitskollegen werden. Höchstes Organ der LPG ist die Mitgliederversammlung, die auch die Wahl und/oder Abberufung des Vorstandes und des Vorsitzenden vornimmt. Für spezielle Aufgaben können je nach Situation und Erfordernis besondere Kommissionen beim Vorstand gebildet werden. Die verbindlich vorgesehene Revisionskommission zur Finanzkontrolle des Vorstandes und des Vorsitzenden wird von der Mitgliederversammlung gewählt. Das Prinzip der freiwilligen Mitgliedschaft war in den Musterstatuten ausdrücklich festgelegt und bis Ende 1959 auch weitgehend eingehalten worden. In jenem Jahr wurden nach der VI. LPG-Konferenz durch den Ministerrat der DDR jedoch neue Musterstatuten für die LPG erlassen, in denen besondere Maßnahmen zum Übergang der LPG-Typ~I und II zum Typ III, neue Bestimmungen über die Betriebs- und Arbeitsorganisation sowie die Vergütung der Arbeit und das Prämienwesen enthalten waren. Gleichzeitig wurde der Druck auf die noch privat wirtschaftenden Bauern zum Eintritt in die [S. 804]LPG derart verstärkt, daß von einer Phase der Zwangskollektivierung gesprochen werden muß (Agrarpolitik, III. C.). Am Ende der Kollektivierungskampagne im Jahr 1960 waren rd. 85 v.H. der LN der DDR in über 19.000 Genossenschaften mit knapp 1 Mill. Mitgliedern zusammengefaßt. Rd. zwei Drittel der Fläche waren bereits in den LPG Typ III konzentriert. B. Gärtnerische Produktionsgenossenschaften (GPG) Die GPG wurden in ähnlicher Zeitabfolge wie die LPG aufgebaut, jedoch gab es bei ihnen von vorneherein nur einen einheitlichen Organisationstyp. Das GPG-Statut regelt die Mitgliedschaft, die Leitung, die Bodennutzung, die Rechte und Pflichten der Mitglieder, die Verwendung der Produktionsmittel und die Verteilung der Einkünfte. Die GPG produzieren vornehmlich Obst und Gemüse sowie Zierpflanzen. Über Zahl und Umfang der GPG siehe Gartenbau. C. Örtliche Landwirtschaftsbetriebe (ÖLB) Die Auswirkungen der Zwangswirtschaft und der Kollektivierung, Maßregelungen bei der Eintreibung des Ablieferungssolls und anderes führten vor allem in den Jahren 1951–1953 zu einer Massenflucht von Bauern aus der DDR. Die verlassenen Höfe wurden gemäß einer VO vom September 1953 zu ÖLB zusammengefaßt. Je nach Situation wurden die von den ÖLB bewirtschafteten Flächen nach und nach den VEG bzw. LPG zur Nutzung übergeben. D. Sonstige Produktionsgenossenschaften Neben den genannten bestehen eine Reihe weiterer spezialisierter Produktionsgenossenschaften: Produktionsgenossenschaft werktätiger Fischer (PwF), jetzt Produktionsgenossenschaft der Binnenfischerei (PGB); Produktionsgenossenschaft werktätiger Zierfischzüchter (PwZ) (Fischwirtschaft); Produktionsgenossenschaft werktätiger Pelztierzüchter (PwP) (Forst- und Holzwirtschaft); Winzergenossenschaften. E. Private Landwirtschaftsbetriebe Nach Abschluß der Kollektivierungsphase Ende 1960 befanden sich noch 28.238 „übrige Betriebe“ mit zusammen 471.801 ha LN oder 7,3 v.H. der gesamten LN der DDR in Privatbesitz. Neben den Betrieben von Einzelbauern in Splitterlage waren dies vor allem Betriebe des privaten Erwerbsgartenbaus, Haus- und Kleingärten, Baumschulen, Weingärten und private Obstanlagen. Ferner sind kircheneigene Betriebe in diesen Zahlen enthalten. Ende 1960 arbeiteten in diesen Betrieben 55.053 Personen, von denen 20.750 Arbeiter und Angestellte waren. (Die Zahl der Beschäftigten ging bis 1982 auf 14.000 bzw. 7.900 zurück. Die Zahl der Betriebe dürfte in vergleichbarer Weise abgenommen haben: geschätzt rd. 5.000.) IV. Konzentration, Kooperation und Spezialisierung (1960 bis heute) Die Maßnahmen nach Beendigung der Kollektivierung beschränkten sich zunächst auf die Konzentration der vielen, noch verhältnismäßig kleinen LPG. Die durchschnittliche Betriebsgröße der LPG Typ~I bis III stieg von ca. 300 ha im Jahr 1961 auf ca. 600 ha LN im Jahr 1970. Nach Meinung der SED wurde durch die Zusammenlegung von Genossenschaften jedoch noch kein „höheres Niveau der Produktion und der Vergesellschaftung von Produktionsmitteln“ erreicht. Die Konzentration sei lediglich eine Vergrößerung des Umfanges der Zahl der Arbeitskräfte und der Produktionsmittel, bedeute aber nicht deren qualitative Steigerung innerhalb des theoretisch als Entwicklungsziel vorgegebenen Vergesellschaftungsprozesses. Neben Konzentrationsprozessen und Kooperationen zwischen mehreren Genossenschaften waren darüber hinaus zwischenbetriebliche Formen der Zusammenarbeit gefordert, um dadurch zu einer besseren Ausnutzung der Produktionsmittel entsprechend den neuen Betriebsgrößen zu kommen. Die zunächst vornehmlich zwischengenossenschaftliche Zusammenarbeit wurde zunehmend durch Kooperationsmodelle von Betrieben mit unterschiedlichen Eigentumsformen ergänzt bzw. verdrängt (LPG/VEG u.a.), wodurch Mischformen des „sozialistisch-genossenschaftlichen Eigentums“ entstanden. Auf diese Etappe der Konzentration und Kooperation folgte ab 1968 eine Periode der Spezialisierung, in der sich die LB. noch heute befinden. Auf diesem Wege glaubt die DDR, das Endziel einer industriemäßig produzierenden, spezialisierten Pflanzen- und Tierproduktion in einigen Jahrzehnten erreichen zu können. Dieser Prozeß der Konzentration, Kooperation und Spezialisierung ist eine äußerst dynamische Entwicklung mit vielfältigen über- und innerbetrieblichen Organisationsveränderungen bei Ausgliederung oder auch Einverleibung von Aufgabenstellungen, in deren Verlauf die folgenden LB. entstanden, die bis in die Gegenwart das Bild in der Landwirtschaft der DDR prägen: [S. 805]<A. Zwischengenossenschaftliche Einrichtungen (ZGE)> Die ZGE arbeiten in der Regel nicht nach eigenen Musterstatuten, sondern auf der Grundlage von Kooperationsvereinbarungen zwischen mehreren LPG, und haben deshalb keinen eigenen Rechtsstatus. Die ZGE haben eine eigene Leitung, die teils von den beteiligten Genossenschaften berufen wird, teils vom Rat des Kreises eingesetzt wird und diesem gegenüber rechenschaftspflichtig ist. Die Startfinanzierung der ZGE wird von den kooperierenden LPG geleistet, die auch die Beschäftigten der ZGE stellen. Die Entlohnung erfolgt durch die delegierende LPG entsprechend den in den ZGE geleisteten Arbeitseinheiten. Über eigene Angestellte verfügt die ZGE nur auf der Leitungsebene. Ihre Bezahlung erfolgt nach dem für die Landwirtschaft gültigen Rahmenkollektivvertrag (RKV). ZGE gilt als Oberbegriff für folgende 4 LB.: 1. ZGE der Landwirtschaft. Die ersten ZGE der Landwirtschaft wurden 1964 gegründet. Sie waren zunächst kleine Spezialabteilungen von LPG mit durchschnittlich 5 Arbeitskräften. Solche Sondereinheiten bestanden sowohl in der Tier- wie auch in der Pflanzenproduktion. Hierzu zählten und zählen z.B. zwischengenossenschaftlich bewirtschaftete Obstanlagen, Rieselfelder u.a., aber auch gemeinsam betreute Schafherden. ZGE wurden auch in vor- bzw. nachgelagerten Bereichen der landwirtschaftlichen Produktion wie z.B. in Form der agrochemischen Zentren (ACZ) gegründet (vgl. dazu weiter unten). Bis 1975 nahmen sowohl die Zahl der ZGE als auch die der in ihnen Beschäftigten zu. Seitdem sind beide Größen rückläufig. 1982 bestanden 552 ZGE der Landwirtschaft mit 38.375 Berufstätigen. Die ZGE der Landwirtschaft sind eine typische Übergangsform in der agrarstrukturellen Entwicklung der DDR. Ihre Zahl wird weiterhin zurückgehen und ihre Aufgaben weitgehend von spezialisierten Genossenschaften übernommen werden. 2. Zwischengenossenschaftliche Einrichtungen der Waldwirtschaft (ZEW). Die ZEW waren eine sehr frühe Form der zwischengenossenschaftlichen Kooperation, die durch die Kollektivierung des ehemaligen Privatwaldes erforderlich wurde. Ein Teil der LPG-Wälder wurde durch diese ZEW gemeinsam bewirtschaftet. Auf dem Höhepunkt ihrer Entwicklung im Jahre 1973 bestanden 494 ZEW mit 4.267 Berufstätigen. Infolge von Umorganisationen in der Forst- und Holzwirtschaft ist die Bewirtschaftung weiterer genossenschaftlicher Forstflächen zunehmend durch staatliche Forstwirtschaftsbetriebe übernommen worden, so daß die Zahl der ZEW rasch abnahm. 1983 existierten nur noch 16 ZEW mit 156 Beschäftigten. 3. Zwischengenossenschaftliche Einrichtungen der Bauorganisation (ZBO). Die ZBO wurden in den ersten Jahren nach der Kollektivierung als ZGE zur gemeinsamen Durchführung von umfangreicheren Bauvorhaben in der Landwirtschaft errichtet. Die ZBO entstanden häufig durch Kooperation mehrerer LPG-Baubrigaden, die zuvor nur in der jeweiligen eigenen LPG tätig waren. Nachdem 1972 die ZBO ihre Höchstzahl von 461 mit 32.455 Berufstätigen erreicht hatten, sank die Zahl der Betriebe aufgrund zunehmender Konzentration, wohingegen die Beschäftigtenzahl weiterhin anstieg. 1982 gab es 216 ZBO mit 42.013 Beschäftigten. Die Haupttätigkeit der ZBO liegt derzeit auf den Gebieten der Rekonstruktion bzw. Renovierung von Stallbauten sowie deren Neuerrichtung. Die ZBO dürften in ihrer Bedeutung weiterhin zunehmen. 4. Meliorationsgenossenschaften (M). Die ab 1963 gegründeten M. sind Einrichtungen der Wasserwirtschaft (Be- und Entwässerung). Die Aufgaben der M. liegen in der Planung, im Bau und in der Unterhaltung wasserwirtschaftlicher und meliorativer Anlagen. Die M. wurden unter Berücksichtigung der Wassereinzugsgebiete gegründet. Sie führen Meliorations-Kataster, in deren Register- und Kartenwerk Angaben über Ort, Lage, Art, Leistungsfähigkeit u.a. der meliorativen und wasserwirtschaftlichen Anlagen enthalten sind (Meliorationen). Seit 1968 nimmt die Zahl der M. ab, während ihre Beschäftigtenzahl stetig steigt. 1982 bestanden 161 M. mit 15.382 ständig Berufstätigen. Ebenso wie die ZBO werden auch die M. in Zukunft weiterhin ihre Bedeutung behalten. B. Kooperative Einrichtungen (KOE) Die KOE gehen über die Form der zwischengenossenschaftlichen Zusammenarbeit hinaus. An den KOE sind Betriebe unterschiedlicher Eigentumsformen (also LPG, VEG und Mischformen) beteiligt, wodurch nicht zuletzt deren organisatorische und rechtliche Angleichung angestrebt wird. Die KOE arbeiten auf der Grundlage eines speziellen Muster[S. 806]statutes, das nach dem XI. Bauernkongreß der DDR (1972) erlassen wurde. Die KOE sind selbständige Unternehmenseinheiten mit eigenem Rechtsstatus, die ihr Startkapital und eine vorübergehende Anfangsfinanzierung von den beteiligten Betrieben erhalten. Aufbauend auf Erfahrungen, die in Kooperationsgemeinschaften Ende der 60er Jahre gesammelt worden sind, enthalten die Musterstatuten für KOE folgende wesentliche Regelungen: - Der Leiter der KOE wird vom zuständigen Rat des Kreises be- und abberufen; er ist den Staatsorganen gegenüber rechenschaftspflichtig. - Das höchste Gremium der KOE, der Rat, wird aus bevollmächtigten Vertretern der beteiligten Betriebe gebildet. Es gibt in den KOE also keine Mitgliedervollversammlungen wie in den LPG. - Betriebe unterschiedlicher Eigentumsformen können und sollen in den KOE zusammenarbeiten, um einen höheren Vergesellschaftungsgrad der Produktion zu erreichen. - Aus den beteiligten Genossenschaften werden Genossenschaftsmitglieder als Arbeitskräfte aufgrund von Delegierungsvereinbarungen in die KOE entsandt; sie haben damit einen gesonderten arbeitsrechtlichen Status gegenüber den anderen Genossenschaftsmitgliedern. Die delegierten Arbeitskräfte bleiben weiterhin Mitglieder ihrer LPG. Entsprechendes gilt für Arbeiter und Angestellte von VEG. Die Bezahlung der in den KOE Beschäftigten erfolgt in der Regel durch die KOE selbst, wobei im Falle von delegierten Arbeitskräften der gezahlte Lohn den delegierenden Betrieben in Rechnung gestellt wird. Alle anderen in der KOE Beschäftigten werden nach dem für die Landwirtschaft gültigen Rahmenkollektivvertrag (RKV) entlohnt. Auf der Grundlage der KOE-Musterstatuten entstanden im Verlauf der weiteren Spezialisierung folgende LB.: 1. Zwischenbetriebliche Einrichtungen (ZBE). Die einfachste Form der zwischenbetrieblichen Kooperation war die ZBE, die sowohl auf dem Gebiet der Pflanzen- (ZBE [P]) als auch der Tierproduktion (ZBE [T]) zwischen Betrieben unterschiedlicher Eigentumsformen vereinbart werden konnte. Bestimmte Betriebsteile wurden aus mehreren landwirtschaftlichen Unternehmen herausgelöst und zu einer ZBE als spezialisierte Einrichtung der Pflanzen- bzw. der Tierproduktion vereint. Statistisch werden die ZBE Pflanzenproduktion mit den kooperativen Abteilungen Pflanzenproduktion (KAP) gemeinsam erfaßt. 2. Kooperative Abteilung Pflanzenproduktion (KAP). Die KAP entstanden durch Ausgliederung der Pflanzenproduktion aus mehreren LPG oder VEG und deren organisatorische Zusammenführung. Während die ZBE (P) gemäß dem Musterstatut für KOE eine feste rechtliche Einheit bildete, waren die KAP zunächst mehr ein eher loser organisatorischer Verbund, ohne daß die im Musterstatut für KOE enthaltenen Vorgaben immer voll erfüllt wurden, innerhalb dessen die beteiligten Betriebe ihre Pflanzenproduktion gemeinsam planten. Mit Hilfe der KAP wurde die Spezialisierung der landwirtschaftlichen Produktion weiter vorangetrieben. Während die durchschnittliche Betriebsgröße der KAP bei 4.100 ha (1975) lag, stieg der Konzentrationsgrad bei Getreide auf fast 2.000 ha, bei Kartoffeln auf etwa 400 ha und bei Zuckerrüben auf nahezu 250 ha. Mit den KAP und ZBE (P) wurde eine völlig neue Phase der spezialisierten Pflanzenproduktion begonnen. In den Jahren 1977 und 1978 wurden die KAP (und die ZBE [P]) in spezialisierte LPG (P) umgewandelt, mit denen ein noch höherer Spezialisierungsgrad und eine neue eigenständige Rechtsform erreicht wurden. Aus diesem Grund gibt es einen deutlichen Zusammenhang zwischen der Zahl der KAP und ZBE (P) sowie der LPG (P). Existierten 1975 erst 47 LPG (P), dagegen noch 1210 KAP und ZBE (P), hatten sich diese Zahlenverhältnisse 1982 mit 1192 LPG (P) und 20 KAP umgekehrt. 3. KOE Tierproduktion. Die KOE (T) entstanden entweder aus den ZBE (T) oder unmittelbar aus der Herauslösung bestimmter Teile der Tierproduktion aus LPG der Typen~I bis III und deren organisatorischer Zusammenfassung. Ihre organisatorische und funktionale Abgrenzung gegenüber den ZBE (T) ist nicht eindeutig; im wesentlichen sind die KOE (T) dadurch gekennzeichnet, daß es sich um Betriebe mit überdurchschnittlicher Größenordnung und um echte Neugründungen bzw. Neuerrichtungen von Anlagen handelt. Ihre rechtliche Grundlage bildet das Musterstatut für KOE aus dem Jahre 1972. Statistisch wird zwischen beiden Betriebsformen nicht unterschieden, sondern sie werden heute gemeinsam als ZBE (T) erfaßt. Gemäß dieser Zählweise gab es 1975 367~ZBE (T), 1982 nur noch 247. [S. 807]Die Bedeutung der KOE (T) bzw. ZBE (T) geht — vergleichbar der Entwicklung der KAP — zugunsten des Auf- und Ausbaus der spezialisierten LPG (T) zurück. Die Entwicklung der Anteile der KOE (T) am gesamten Viehbestand zeigt die vorstehende Tabelle. C. LPG Pflanzen- und Tierproduktion; LPG (P) und LPG (T) Die Errichtung von KAP und KOE markierte in der ersten Hälfte der 70er Jahre eine bedeutende Entwicklungsetappe in der Umsetzung der Agrartheorie in die Praxis der DDR-Landwirtschaft. Ausgehend von den Erfahrungen mit diesen verschiedenen Kooperationsformen sowie der Trennung der Pflanzen- von der Tierproduktion in selbständige KAP bzw. KOE (T) wurden auf dem IX. Parteitag der SED (1976) weiterführende Beschlüsse über die Aufgaben der Landwirtschaft und Nahrungsgüterwirtschaft gefaßt. In deren Ausführung wurden neue Musterstatuten für LPG (P) sowie LPG (T) vorgelegt und diskutiert. Nach zwei zentralen, zu diesem besonderen Zweck einberufenen Konferenzen von Vertretern bereits in dieser Weise spezialisierten Pflanzen- und Tierproduktionsbetrieben, wurden die Musterstatuten im Juni 1977 verabschiedet und am 28. 7. 1977 durch Beschluß des Ministerrates in Kraft gesetzt. Außerdem wurden neue Musterbetriebsordnungen erlassen. Über die Regelungen der alten LPG-Statuten hinausgehend, bestimmen die neuen Musterstatuten, daß die Mitgliederversammlungen nunmehr Vollversammlungen sind, in denen auch Arbeiter und Angestellte der LPG gleiche Rechte und Pflichten haben wie die Genossenschaftsmitglieder; anstelle von Vollversammlungen auch Delegiertenversammlungen durchgeführt werden können; Brigadeversammlungen zur Vor- und Nachbereitung der Vollversammlung durchgeführt werden sollen; auch Nichtmitglieder in den Vorstand bzw. sogar als Vorsitzende der LPG gewählt werden dürfen; auch Arbeiter und Angestellte das Recht erhalten, eine persönliche ➝Hauswirtschaft zu führen. Hinsichtlich der Leitung bestimmen die Musterstatuten, daß die LPG ihre wirtschaftliche Tätigkeit auf der Grundlage staatlich bestätigter Pläne und mit Hilfe des Abschlusses der für Produktion und Absatz erforderlichen Wirtschaftsverträge gestalten. Die LPG erhalten die staatlichen Pläne von den Abteilungen Landwirtschaft der Räte der Kreise. In Zukunft sollen allerdings die Kooperationsräte wirtschaftsleitende Funktionen erhalten, so daß die wirtschaftliche Rahmenplanung auf diese Gremien übergeht. Die LPG sind in den Kooperationsräten vertreten. Insofern dürfte diese Kompetenzverlagerung den LPG ein größeres Mitspracherecht bei der Erarbeitung der staatlichen Wirtschaftspläne ermöglichen. Die völlige rechtliche Selbständigkeit der LPG soll dabei erhalten bleiben. Die Wirtschaftsverträge im Zuliefer- und Abnahmebereich auf der horizontalen Ebene sind der zweite wesentliche Pfeiler der Wirtschaftstätigkeit der LPG. Diese Wirtschaftsverträge unterliegen den allgemeinen Bestimmungen des Vertragsgesetzes (Wirtschaftsrecht, V. B.). Zwischen den spezialisierten LPG (P) bzw. (T) sind also vertragliche Grundlagen das Gerüst der beiderseitigen Beziehungen. So schließt z.B. die LPG (T) Wirtschaftsverträge mit genauen Daten über Futterlieferungen, -qualitäten, -preise und -mengen mit der LPG (P). Diese wiederum kauft per Wirtschaftsvertrag z.B. Gülle und Mist von der LPG (T). Mit den neuen Musterstatuten wurde schrittweise die Annäherung des Rechtsstatus von Genossenschaftsbauern und Arbeitern eingeleitet. Eine wesentliche Änderung gegenüber dem alten LPG-Statut ist in der allmählichen Angleichung der Arbeitsbedingungen, der Vergütung und der sozialen Sicherung beider Gruppen zu sehen. Genossenschaftsbauern sollen nicht mehr vorwiegend auf der Grundlage von Arbeitseinheiten entlohnt werden, sondern ihr Arbeitseinkommen soll sich in Form und Höhe an dem der LPG-Arbeiter orientieren. Damit sollen auch allmählich die sehr komplizierten und umfangreichen Umrechnungsarbeiten zur Bewertung der Arbeitseinheiten beseitigt werden. Arbeiter und Angestellte in VEG verdienten 1982 monatlich im Durchschnitt 1030 Mark (in der Industrie: 1087 Mark; Genossenschaftsbauern etwa 1000 Mark). Auf der Grundlage der neuen LPG-Statuten lassen sich die LPG heute in folgende LB. einteilen: 1. LPG (P). Die mit den KAP begonnene Konzentration wurde mit den LPG (P) fortgesetzt und vertieft. 1982 wurden über 5,28 Mill. ha LN (oder 85 v.H. der LN) von nur 1119 LPG (P) bewirtschaftet; eine LPG (P) bearbeitete demnach im Durchschnitt rd. 4.700 ha LN. Die Zahl der Beschäftigten belief sich im Durchschnitt je LPG (P) auf etwa 320 Arbeitskräfte. Der Wert der materiellen Fonds betrug je LPG (P) durchschnittlich 19 Mill. Mark. Die einzelnen LPG (P) unterhalten über den Kooperationsrat, in dem neben Vertretern von LPG (T) auch vor- und/oder nachgelagerte Betriebe vertreten sind, vielfältige wirtschaftliche, rechtliche und organisatorische Außenbeziehungen (Kooperation in der Landwirtschaft). Die zukünftige Entwicklung der LPG (P) wird in Richtung einer weiteren Vertiefung dieser Kooperationsbeziehungen gehen. Weiter wird die planmäßige Zusammenarbeit mit z.B. ACZ, KfL und anderen Betrieben sowie die weitere Sammlung von Erfahrungen in der spezialisierten Pflanzenproduktion, insbesondere hinsichtlich der Berücksichtigung biologischer Erfordernisse des Bodens, der Berücksichtigung von Fruchtfolgen und der Diskontinuität des Arbeitsprozesses im Pflan[S. 808]zenbau im Zentrum der Aktivitäten der LPG (P) stehen. Der dadurch erforderliche Austausch von Arbeitskräften bildet einen Schwerpunkt der Arbeit des Kooperationsrates, der u.a. auch als Koordinierungsausschuß der LPG (P) und LPG (T) fungiert. Da eine ganze Reihe von LPG auch Verarbeitungsbetriebe für landwirtschaftliche Erzeugnisse unterhalten, kann mit diesen Abteilungen z. T. ebenfalls ein Ausgleich der Arbeitsspitzen erreicht werden. 2. LPG (T). Die LPG (T) entstanden nach der Bildung der KAP als gesonderte Betriebseinheit. Mit der Ausgliederung der Pflanzenproduktion aus der ehemals alle Betriebszweige umfassenden LPG verblieben die Viehbestände mit Stallbauten und Viehpflegern als „Restbetriebe“. Diese wurden — z. T. tierartenspezifisch, z. T. nach der Zwischenstufe der ZBE (T) bzw. KOE (T) — als neue LPG (T) mit eigenen Statuten errichtet. Bis in die zweite Hälfte der 70er Jahre setzte sich auch im Bereich der Tierproduktion der Konzentrationsprozeß fort; er hat sich jedoch in jüngster Zeit verlangsamt. Bestanden 1975 noch 4.574 LPG (T), so waren es 1982 nur noch 2.830 Betriebe. Sie verfügen kaum noch über eigene LN. 1982 bewirtschafteten alle LPG (T) insgesamt lediglich 64.108 ha Wiesen und Weiden, das sind rd. 23 ha je Betrieb. Die LPG (T) werden als Grundeinheiten einer sich in Entwicklung befindenden industriemäßigen Tierproduktion angesehen. Zwar ist der organisatorische Konzentrationsgrad mit durchschnittlich rd. 1500 Großvieheinheiten je Betrieb beträchtlich, doch haben diese Betriebe in ihrer großen Mehrzahl weder hinsichtlich der Spezialisierung, der Konzentration noch der technischen Ausstattung bisher die Merkmale einer industriemäßigen Tierproduktion. Zukünftiger Schwerpunkt für die LPG (T) wird deren jeweilige Spezialisierung auf bestimmte Tierarten oder Nutzungsrichtungen (z.B. Milch-, Jungtier- oder Mastviehhaltung) sein. Ein großes Problem aller spezialisierten LPG (T) ist die Futterversorgung. Sie bereitet vor allem deswegen erhebliche Schwierigkeiten, weil die Abstimmung mit den Kooperationspartnern in der Praxis häufig erhebliche Mängel aufweist. D. Volkseigene Güter (VEG) Die VEG haben gegenüber den LPG eine völlig andere Leitungsstruktur. Es gibt sowohl VEG, die direkt dem Ministerium für Land-, Forst- und Nahrungsgüterwirtschaft (MfLFN) unterstehen, als auch Betriebe, die von den Räten der Bezirke angeleitet werden. Die VEG spielen für die landwirtschaftliche Gesamtproduktion keine ausschlaggebende Rolle. Die VEG sind — wie die LPG — spezialisiert in VEG (P) und (T). Unter ihnen waren auch schon in der Vergangenheit eine ganze Reihe hochspezialisierter Betriebe. Diese Feststellung trifft vor allem auf nahezu alle Zuchtbetriebe für Saat- und Pflanzgut sowie die Tierzuchtbetriebe zu. Mitte der 70er Jahre wurden die etwa 400 noch gemischt produzierenden VEG im Zuge der Trennung der Pflanzen- von der Tierproduktion ebenfalls spezialisiert. 1982 waren unter den 478 VEG 73 VEG (P) und 319 VEG (T) sowie 86 Betriebe, die den VVB Saat- und Pflanzgut, Tierzucht, industrielle Tierproduktion (ab 1. 1. 1984 VE Kombinat industrielle Tierproduktion), den Instituten der Akademie der Landwirtschaftswissenschaften (Agrarwissenschaft), oder auch den Räten der Bezirke unterstellt sind. Alle VEG zusammen bewirtschafteten 435.104 ha LN, davon die VEG (P) 385.102 ha LN. Die VEG (P) verfügen demnach durchschnittlich über 5.200 ha LN. In den VEG sind rd. 80.000 Arbeiter und Angestellte beschäftigt, die nach dem Rahmenkollektivvertrag (RKV) entlohnt werden. E. Kombinat Industrielle Mast (KIM) Die KIM sind volkseigene, industriemäßig produzierende, spezialisierte staatliche Betriebe der Tierproduktion, deren Aufgaben, Rechte und Pflichten in einer VO aus dem Jahre 1973 festgelegt sind. Diese völlig neuartige LB. entstand aus dem Zusammenschluß von einigen VEG gleicher Produktionsrichtung. In den KIM sollten und sollen Erkenntnisse für die industriemäßig betriebene spezialisierte Tierproduktion gesammelt werden. Die ersten KIM wurden auf Beschluß des Zentralkomitees (ZK) der SED vom Februar 1968 gegründet: VEB KIM Königs Wusterhausen, VEB Rindermast Ferdinandshof, VEB KIM Schweinezucht- und Mastkombinat Eberswalde und VEG Färsenproduktion Lewitz. Inzwischen bestehen 33 KIM, die leitungsmäßig der VVB Industrielle Tierproduktion (ab 1984: VE Kombinat Industrielle Tierproduktion) unterstehen. Die KIM-Betriebe dienen insbesondere der Versorgung von Ballungszentren mit Hühnereiern, Geflügel-, Rind- und Schweinefleisch. Entsprechend sind sie auf die Geflügelwirtschaft und Rindermast sowie die Schweineproduktion konzentriert, also auf Betriebszweige, die relativ flächenunabhängig produzieren. Die wissenschaftlichen Erkenntnisse und die wirtschaftlichen Ergebnisse der VEB Geflügelwirtschaft haben zwischenzeitlich zu einer besonderen Form der vertikalen Kooperation, dem Geflügel-Wirtschaftsverband, geführt. (Über Richtgrößen für den Besatz von KIM-Betrieben: Agrarpolitik, III. E. 2.) Die Unterschiede zwischen der Leitungsstruktur einer LPG (T) und der eines VEB Tierproduktion (VEG und KIM folgen diesen Strukturen) zeigen die nachstehenden Organisationsschemata. Je nach den Gegebenheiten des jeweiligen Betriebes werden diese Grundstrukturen den speziellen Bedingungen angepaßt. [S. 809]<F. Eigenständige vor- bzw. nachgelagerte Betriebe der Landwirtschaft> Die Verstaatlichung aller wesentlichen Bereiche der Volkswirtschaft und die dargestellten Etappen der Konzentration, Kooperation und Spezialisierung in der Landwirtschaft der DDR haben zu einer raschen, teils gewollten, teils unumgänglichen Herausbildung neuer Betriebe und Einrichtungen geführt. Eine Reihe der Aufgaben wird dabei direkt von staatlichen Institutionen wahrgenommen (z.B. das Veterinärwesen [ Tierärzte ] und der Pflanzenschutz). Die nachstehend aufgeführten Betriebe sind größtenteils durch horizontale Kooperation mehrerer, ursprünglich eigenständiger, landwirtschaftlicher Betriebe, durch Zusammenschluß mehrerer spezialisierter LPG-Brigaden oder durch verti[S. 810]kale Kooperation entstanden. Alle diese Betriebe sind dem MfLFN oder einer seiner Einrichtungen unterstellt bzw. unterstehen den Räten der Bezirke. Der Ausbau dieser vor- bzw. nachgelagerten Betriebe, deren vertiefte vertikale und horizontale Kooperation, ihre Einbeziehung in das staatliche Planungs- und Leitungssystem werden letztendlich auch die noch relativ selbständig produzierenden LPG (P) und (T) immer stärker in den direkten staatlichen Planungsmechanismus einbeziehen. 1. Kreisbetrieb für Landtechnik (KfL). Die KfL sind Nachfolgeeinrichtungen der MAS/MTS bzw. der landtechnischen Stationen der Vereinigung der gegenseitigen Bauernhilfe (VdgB). Sie unterstehen der VVB Landtechnische Instandhaltung. Diese hat die gesamte Leitung über Planung, Durchführung, Abrechnung und Kontrolle der Instandhaltung von Maschinen und Geräten der Land-, Forst-, und Nahrungsgüterwirtschaft. Die KfL haben im Verlauf der 70er Jahre die wesentlichen technischen Gerätschaften der KAP, LPG und VEG übernommen. In den Kooperationsräten sind die KfL beratend, aber nicht als Mitglieder vertreten. 1982 bestanden 156 KfL mit über 50.000 Arbeitern und Angestellten, unter ihnen etwa 16.000 ständig delegierte Genossenschaftsbauern. Alle Beschäftigten werden nach dem jeweils gültigen Rahmenkollektivvertrag (RKV) entlohnt, wobei die Bezahlung der delegierten Beschäftigten durch den KfL erfolgt und häufig mit den delegierenden Betrieben verrechnet wird. Die KfL werden allmählich ähnlich den anderen LB. spezialisiert. Sie werden insgesamt ihre Bedeutung behalten, vermutlich wird sie sogar zunehmen (Landtechnik). 2. Agrochemische Zentren (ACZ). Mit Beginn der Kollektivierung entstanden in den LPG Typ III Agrochemische Brigaden, die sich auf die Ausbringung von Dünge- und Pflanzenschutzmitteln spezialisierten. Diese Brigaden wurden im weiteren Verlauf zu zwischenbetrieblichen kooperativen Einrichtungen der LPG und VEG zusammengefaßt. Nach dem VIII. Parteitag der SED und dem XI. Bauernkongreß der DDR wurden die ersten ACZ als selbständige Einheiten geschaffen, die nach dem Musterstatut für KOE arbeiteten. Die Hauptaufgaben der ACZ bestehen in der Lagerung und Aus[S. 811]bringung fester und flüssiger Düngemittel sowie in der Durchführung von Pflanzenschutzmaßnahmen. Ein Teil der Arbeiten der ACZ führt der Agrarflug aus. Nachdem 1973 bereits 332 ACZ bestanden, führte die Entwicklung in den darauffolgenden Jahren zu einer Konzentration. 1982 existierten 263 ACZ mit rd. 25.000 Berufstätigen. Jährlich werden rd. 8 Mill.~t Düngemittel und über 26.000 t (Wirkstoff) Pflanzenschutzmittel umgeschlagen (Landwirtschaft). Da die ACZ über einen großen Bestand an Fahrzeugen verfügen, übernehmen sie auch einen Teil von Bezugs- und Absatztransporten zwischen den spezialisierten Betrieben. Sie stellen Transportbrigaden oder Brigaden der Bodenbearbeitung für den überbetrieblichen Einsatz samt Technik zur Verfügung. Schließlich führen sie auch Desinfektionsarbeiten in Stall- und Speicheranlagen durch. In jüngster Zeit wurden den ACZ ferner Aufgaben in dem Bereich der Aufbereitung organischer Düngestoffe übertragen. Dabei sollen alle Arten organischer Abfallprodukte (Stroheinstreu, Gülle, Laub, Baumrinde, Torf, Seeschlamm, Erde aus Wurzeln der in den Zuckerfabriken verarbeiteten Zuckerrüben u.ä.) verwertet bzw. aufbereitet werden. 1982 existierten 130 Kompostierungsbetriebe unterschiedlicher Eigentums- und Rechtsform. Sie stellten rd. 4,9 Mill. m³ organischer Düngestoffe her. 3. KOE Trocknung und Pelletierung. 1960 entstanden die ersten Trocknungsbetriebe — zunächst ausschließlich in der Rechtsform eines VEB. Ab 1973 wurden weitere Pelletierungsanlagen als ZBE bzw. KOE in Betrieb genommen. Für die zweite Hälfte der 70er Jahre war eine starke Ausweitung der Trockenfutterproduktion vorgesehen. Die Preisexplosion auf dem Energiemarkt beeinträchtigte die Verwirklichung dieses Programmes jedoch erheblich. Um das knappe und teure Erdöl zu sparen, wurden die Anlagen zu Beginn der 80er Jahre größtenteils auf Braunkohlefeuerung umgebaut. 1980 bestanden 228 Trocknungs- und 131 Pelletierungsanlagen. Sie sind häufig an Mischfutterwerke angeschlossen. 4. Mischfutterbetriebe (M). Die M. bestehen sowohl als KOE wie auch als VEB. Rd. 100 Mischfutterwerke mit etwa 4.200 Beschäftigten stellten 1982 über 4 Mill.~t Mischfutter her. Durch den Einsatz von Mischfutter werden die Futterverwertung wesentlich verbessert und die Futterwirtschaft vereinfacht. Seit 1966 besteht in der DDR eine staatliche Qualitätskontrolle für Mischfutter, für das einzelne Normen mit festgelegten Anteilen verschiedener wertbestimmender Bestandteile (z.B. Eiweiß, Wirkstoffe, Mineralstoffe, Energie) existieren. Folgende Grundarten von Mischfutter werden unterschieden: Fertig-, Allein- und Ergänzungsfuttermittel, Vor- und Wirkstoffmischungen. Trotz gestiegener Mischfutterproduktion hat die DDR immer noch einen bedeutenden Bedarf an Importfuttermitteln, der 1982 bei 3,29 Mill.~t Getreideeinheiten lag (Außenwirtschaft und Außenhandel). 5. Veterinärmedizinische Einrichtungen. Die Bezirksinstitute für Veterinärmedizin (BIV) — früher Veterinäruntersuchungsanstalten und Tiergesundheitsämter — befassen sich mit vorbeugenden Maßnahmen gegen Seuchen und deren Bekämpfung. Die BIV unterstehen dem MfLFN. Im Veterinärwesen waren 1982 rd. 10.000 Personen beschäftigt. Veterinärhygienischen Kontrollmaßnahmen kommt in der DDR — nicht zuletzt wegen der hohen Konzentration von Viehbeständen — große Bedeutung zu, und sie werden daher in sehr strenger Form durchgeführt (Tierärzte). Der Abteilung Landwirtschaft des MfLFN unterstehen direkt die: 1. VVB Saat- und Pflanzgut. Sie ist das Bindeglied zwischen den saat- und pflanzgutproduzierenden Betrieben und den Einheiten der Landwirtschaft, die diese Produkte benötigen. Jeder Bezirk hat eine neben dem Ministerium auch dem Rat des Kreises, d.h. doppelt unterstellte VVB, denen die VEG (P) oder VEG Saatzucht direkt nachgestellt sind. 2. VVB Tierzucht. Sie ist das wirtschaftsleitende Organ des MfLFN für die Rinder-, Schweine- und Schafzucht. Sie plant und leitet die Verwirklichung der Zuchtprogramme für eine industriemäßige Produktion, führt die Leistungs- und Zuchtwertschätzungen sowie -prüfungen durch und regelt den Im- und Export von Zuchtvieh. Der VVB unterstehen: je Bezirk ein VEB Tierzucht, ferner die zentral geleiteten VEG Tierzucht, das Institut für künstliche Besamung Schönow sowie weitere Forschungsstellen und Spezialschulen. 3. VE Kombinat Industrielle Tierproduktion (bis Ende 1983: VVB Industrielle Tierproduktion). Das VE Kombinat ist wirtschaftsleitendes Organ des MfLFN für die Kombinate und Betriebe der industriellen Tierproduktion. Die wesentlichen Aufgaben des VE Kombinats sind der Aufbau und die Weiterentwicklung industriemäßiger Tierproduktionsanlagen und die Vermittlung von Forschungsergebnissen an LPG (T), VEG (T) sowie deren noch bestehende KOE bzw. ZBE. Dem VE Kombinat sind neben den KIM der VEB Eierverpackungsmittel Beeskow und das Institut für Geflügelzucht Merbitz unterstellt. 4. Sonstige Einrichtungen. Die Verwirklichung der vertikalen und horizontalen Kooperation in der Landwirtschaft der DDR hat zu einer Reihe staatlicher Einrichtungen geführt, die unterschiedlichen Abteilungen des MfLFN unterstehen. Seit Januar 1984 haben einige dieser Kombinate, Betriebe und VVB neue Bezeichnungen. In der Abteilung Land[S. 812]wirtschaft bestehen neben den vorgenannten VVB bzw. VE Kombinat weiterhin die Zentralstelle für Pferdezucht und die VEB Datenverarbeitung, Interagrarkooperation und Projektierung und Bauleitung der Akademie der Landwirtschaftswissenschaften. In der Nahrungsgüterwirtschaft unterstehen dem MfLFN die VE Kombinate Zucker, Stärke und Kartoffelveredlung, Kühl- und Lagerwirtschaft sowie Aufbereitung tierischer Rohstoffe und Pelztierproduktion. Außerdem sind der Abteilung Nahrungsgüterwirtschaft die VEB Schlacht- und Verarbeitungskombinat Eberswalde, Materiell-technische Versorgung und der VEB Zentrales Projektierungsbüro der Nahrungsgüterwirtschaft zugeordnet. Die nachfolgenden VEB unterstehen der Abteilung Landtechnik im MfLFN: Kombinat Landtechnische Instandsetzung, Ausrüstungskombinat für Rinder- und Schweineanlagen, Kombinat für Gartenbautechnik, Meliorationsmechanisierung und Kombinat Rationalisierungsmittel Pflanzenproduktion. Betriebe des Land- und Meliorationsbaues sind der VEB Landbauprojekt, der VEB Spezialbaubetrieb sowie der VEB Ingenieurbüro für Meliorationen. Auf Bezirksebene bestehen die Betriebe und Organe zumeist in der Rechtsform von VEB. Die bezirksgeleiteten Betriebe der Landwirtschaft sind die Volkseigenen Güter sowie die VEB Binnenfischerei, Organische Düngestoffe und Trockenfutterproduktion. Die Kombinate und Betriebe der Nahrungsgüterwirtschaft umfassen die VEB Kombinate Fleisch- sowie Getreidewirtschaft, die VEB Geflügelwirtschaft und die Vereinigungen zur Lenkung der milchverarbeitenden Industrie und den VEB Kombinat Milchwirtschaft. In der Landtechnik sind bezirksgeleitet der VEB Kombinat für landtechnische Instandhaltung, für materiell-technische Versorgung und der VEB Landtechnischer Anlagenbau. Der VEB Landbaukombinat, der VEB Meliorationskombinat und

Landwirtschaftliche Betriebsformen (1985) Siehe auch die Jahre 1975 1979 I. Grundlagen/Leninscher Genossenschaftsplan Die Agrarpolitik der Sozialistischen Einheitspartei Deutschlands (SED) hat den Leninschen Genossenschaftsplan stets als theoretisches Grundprinzip zur Begründung ihrer Ziele und Maßnahmen bei der Umgestaltung der Landwirtschaft verwendet. Diese Argumentation wurde auch dann aufrechterhalten, wenn es — unter Berufung auf die jeweilige konkrete politische, ökonomische…

DDR A-Z 1985

1985: I, J

Imperialismus Individualversicherung Industrie Industrieabgabepreis (IAP) Industriebau Industrieinstitute Industrieministerien Industriepreise Industrierobotertechnik Industrierohstoffe Industrie- und Handelsbank (IHB) Industrie- und Handelskammern der Bezirke (IHK) Industrievertrieb Infiltration Information Ingenieurbüros Ingenieurhochschulen (IHS) Inhabersparen Innerdeutsche Beziehungen Innerdeutscher Handel (IDH) Institut für Internationale Politik und Wirtschaft (IPW) Institut für Literatur „J. R. Becher“ Institut für Marxismus-Leninismus beim ZK der SED (IML) Institut für Meinungsforschung beim ZK der SED Institut für Sozialhygiene und Organisation des Gesundheitsschutzes Integration Intelligenz Intensivierung und Rationalisierung Interesse/Interessenübereinstimmung Internationale Internationale Bank für Wirtschaftliche Zusammenarbeit (IBWZ) Internationale Demokratische Frauenföderation (IDFF) Internationale Gartenbauausstellung der DDR (iga) Internationale Investitionsbank (IIB) Internationaler Fernmeldeverein International --- Informations- und Bildungszentrum e.V. Internationalismus, Proletarischer Intershop Investitionen Investitionsplanung Investitionsrechnung Jagd Jazz Journalismus Jüdische Gemeinden Jugend Jugendaustausch, Innerdeutscher Jugendbrigade Jugendforschung Jugendherbergen Jugendhilfe Jugendobjekte Jugendpresse Jugendstrafrecht Jugendweihe Jugendwerkhöfe Junge Gemeinde Juni-Aufstand Justitiar

Imperialismus Individualversicherung Industrie Industrieabgabepreis (IAP) Industriebau Industrieinstitute Industrieministerien Industriepreise Industrierobotertechnik Industrierohstoffe Industrie- und Handelsbank (IHB) Industrie- und Handelskammern der Bezirke (IHK) Industrievertrieb Infiltration Information Ingenieurbüros Ingenieurhochschulen (IHS) Inhabersparen Innerdeutsche Beziehungen Innerdeutscher Handel (IDH) Institut für Internationale…

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Technologie (1985)

Siehe auch die Jahre 1962 1963 1965 1966 1969 1975 1979 Der Begriff T. wird in der DDR mit unterschiedlichen Bedeutungen verwendet. Er bezeichnet 1. eine Wissenschaft, 2. Fertigungsverfahren und damit zusammenhängend 3. bestimmte Betriebsabteilungen. Gelegentlich wird unter T. auch 4. die Fertigungsorganisation der Industriebetriebe verstanden. Sowohl als Wissenschaft wie als Spektrum von Produktionsverfahren wird T. unterteilt in erzeugnisbezogene T. und allgemeine T. Die allgemeine T. gliedert sich in: a) Verfahrenstechnik, b) Fertigungstechnik, c) Energietechnik, d) Förder- und Hebetechnik. 1. Technologie als Wissenschaft. Der Gegenstand der T. als Wissenschaft — in Deutschland im 17. Jahrhundert durch J. Beckmann als angewandte Naturwissenschaft begründet — konnte bisher in der DDR nicht eindeutig bestimmt werden. Nebeneinander bestehen verschiedene Auffassungen, die sich in erster Linie in der Weite der Gegenstandsdefinition unterscheiden. Unstrittig ist seit Mitte der 50er Jahre, daß der allgemeine Untersuchungsgegenstand der T. der Fertigungsprozeß ist. Nach der gegenwärtig engsten Definition beschränkt sich die T. auf den Fertigungsprozeß als einem rein materiell-technischen Vorgang mit bestimmten technischen Regelmäßigkeiten. Am weitesten geht demgegenüber die Richtung, die neben dem materiell-technischen Vorgang auch die „geistigen Prozesse“ der Fertigung, d.h. ihre wirtschaftlichen und organisatorischen Aspekte, mit zum Gegenstand der T. zählt. Hiernach ist T. eine multidisziplinäre Wissenschaft, die neben einem naturwissenschaftlich-technischen Grundlagenbereich (Chemie, Physik) auch Teilbereiche der Wirtschaftswissenschaften sowie die Organisations- und Leitungswissenschaft umfaßt. Erst seit Beginn der 80er Jahre werden auch soziale Aspekte in Definitionen berücksichtigt. Unterschiede in der Gegenstandsbestimmung bestehen auch dort, wo die T. einerseits ausschließlich den Fertigungsprozeß, andererseits jedoch zusätzlich auch die Produktionsvorbereitung untersuchen soll, insbesondere die erzeugnis- oder verfahrensspezialisierte Forschung und Entwicklung. Entsprechend der uneinheitlichen Gegenstandsbestimmung ist strittig, ob T. eine eigenständige Funktion als Wissenschaft insofern spielen kann, als sie über das Sammeln empirischer Produktionserfahrungen und deren theoretischer Systematisierung und Verallgemeinerung hinausgehend auch in technologisches Neuland vorzudringen vermag, in dem Regelmäßigkeiten der Anwendung wissenschaftlicher Erkenntnisse vor aller praktischer Erfahrung berechnet werden. Für dies weitergehende Verständnis von T. als Wissenschaft spricht, daß bei neueren Verfahren der experimentell-empirische Weg aufgrund des stark gestiegenen finanziellen Aufwandes für Versuchsanlagen und Meßapparaturen durch theoretische Berechnungen auf möglichst wenige Experimente verkürzt werden muß. Die anhaltende, wenn auch abnehmende Unterschätzung der T. in den Betrieben zeigt sich darin, daß die Fertigungsvorbereitung häufig rein erzeugnisorientiert vorgeht und die nicht weniger wichtige Klärung der günstigsten Fertigungsverfahren nur in der Phase der „Überleitung“ einer Produktkonzeption in die industrielle Fertigung aufgegriffen wird. Dennoch haben seit 1969 die Auffassungen, die mit einer weiten Definition T. als die Wissenschaft von den naturwissenschaftlichen, technischen, wirtschaftswissenschaftlichen und organisatorischen Regelmäßigkeiten der Fertigung und Fertigungsvorbereitung als einer Einheit aus Verfahren, Ausrüstungen und Ablaufprozessen bestimmen, an Bedeutung gewonnen. Ziel der T. ist die optimale Gestaltung des Produktionsprozesses unter Einschluß solcher Hilfsprozesse wie Transport, Lagerung und Qualitätskontrolle. Entsprechend den von Branche zu Branche abweichenden Sortimenten und Fertigungsbedingungen wurden Branchen-T. („Zweig-T.“) vor allem auf der Grundlage von speziellen Produktionserfahrungen entwickelt. Die allgemein-theoretische Fundierung ist weniger stark ausgeprägt, so daß die gegenseitige Zuordnung der verschiedenen Branchen-T. erschwert ist. Die starke Spezialisierung der Branchen-T. wie die allgemeine Unsicherheit über den Gegenstand der T. sind Gründe dafür, daß die T. bisher in Forschung und Lehre immer wieder vernachlässigt wurde, obwohl ihre praktische [S. 1352]Bedeutung für die Umsetzung wissenschaftlicher Resultate in die Fertigungsabläufe und damit im weiteren Sinne für das wirtschaftliche Wachstum seit langem offenkundig ist. Die Unterschätzung der T. überrascht auch angesichts der politisch-praktischen Bedeutung, die bereits Lenin der Lösung technischer und wirtschaftsorganisatorischer Probleme zumaß. Seit den Bemühungen der SED- und Staatsführung, Wirtschaftswachstum verstärkt über technischen Fortschritt und weniger über Kapitaleinsatz zu erzielen, wird der Stand der T.-Diskussion kritisch gesehen. Das Parteiprogramm der Sozialistischen Einheitspartei Deutschlands (SED) von 1976 verlangt, der T. als Wissenschaft „erhöhte Aufmerksamkeit zu schenken“. Aufgrund der Verknappung und Verteuerung der Rohstoffe und Energieträger sind seitdem die wirtschafts- und gesellschaftspolitischen Erwartungen an die T. außergewöhnlich gestiegen, durch neue oder verbesserte Verfahren zu einer bisher in der Höhe ungewohnten Effizienzsteigerung bei der Nutzung der heimischen und der importierten Ressourcen zu führen. Die Ausbildung im Hochschulfach Verfahrenstechnik erfolgt seit 1968 (3. Hochschulreform) im Rahmen einer eigenen Grundrichtung „Verfahrensingenieurwesen“. In den Jahren davor war die Verfahrenstechnik eine Fachrichtung des Maschinenbaus. Das Studium wird mit einem Diplom abgeschlossen. Das Lehrangebot der Hochschulen ist schwerpunktartig auf die Anwendungsfälle der einzelnen Branchen (Branchentechnologien) ausgerichtet. An folgenden Hochschulen ist Verfahrenstechnik als Fach vertreten: Technische Hochschule für Chemie „Carl Schorlemmer“, Leuna-Merseburg (Sektion Verfahrenstechnik); Bergakademie Freiberg (Sektion Verfahrenstechnik und Silikattechnik); Technische Universität Dresden (Sektion für Verarbeitungstechnik und Verfahrenstechnik); Technische Hochschule „Otto von Guericke“, Magdeburg (Sektion für Apparate- und Anlagenbau); Hochschule für Architektur und Bauwesen, Weimar (Sektion Baustoffverfahrenstechnik). Die Zahl der Hochschulstudenten in der Fachrichtung Verfahrenstechnik stieg zwischen den Jahren 1968 und 1972 von 1563 auf 4.985 und ging bis 1975 auf 3.561 und 1980 auf 2.951 zurück. Die Absolventenzahl verdoppelte sich von 1972 bis 1973 von 502 auf 1023 und sank bis 1982 auf 524. An den Fachschulen weitete sich das Studium der unter dem Begriff „Technische Wissenschaften“ zusammengefaßten Branchen-T. zwischen 1960 und 1970 von 54.908 Studierenden auf 67.538 aus und sank bis 1975 auf 45.975 und 1982 auf 44.061. Neben den Sektionen der Hochschulen widmet sich hauptsächlich eine Reihe gut ausgestatteter Zentralinstitute der Akademie der Wissenschaften der DDR (AdW) — wie die Zentralinstitute für Verfahren der organischen Chemie, für technische Chemie, für Biophysik — der Forschung auf dem Gebiet der Verfahrenstechnik. Rund ein Drittel der Mitarbeiter der Akademie sind mittlerweile mit der Neu- und Weiterentwicklung von Produktionsverfahren beschäftigt. Ihr Anteil soll weiter erhöht werden. Forschungsstätten sind ferner die Forschungs- und Entwicklungsstellen des Maschinen- und Apparatebaus und des Chemieanlagenbaus. Zu den Schwerpunkten der verfahrenstechnischen Forschung rechnet die Petrochemie („Petrolchemie“) sowie neuerdings die auf Kohleverwertung basierende Carbochemie. 2. Technologien als praktizierte Produktionsverfahren. Im Mittelpunkt der T. in Anwendung, Forschung und Ausbildung stehen a) die Fertigungstechnik und b) die Verfahrenstechnik, wenngleich seit den Engpässen in der Energieversorgung in den Jahren 1970/71 auch die moderne Energietechnik größeres Gewicht erhalten hat. Es kennzeichnet diese „Techniken“, daß sie auf die Hauptprozesse der industriellen Fertigung gerichtet sind. Demgegenüber wird den Verfahren der Hilfsprozesse — Transport und Lagerhaltung — erst allmählich größere Aufmerksamkeit geschenkt. a) Fertigungstechnik. Ihre Aufgabe ist die Herstellung bzw. Bearbeitung mechanisch nutzbarer Gegenstände aus festen Stoffen. Ihre Anwendung ist mithin typisch für die metallverarbeitende Industrie. Der Entwicklungsstand der eingesetzten Verfahren, Maschinen und Werkzeuge bestimmen das Niveau der Fertigungstechnik. Der rationelle und effiziente Einsatz moderner Verfahren setzt hohe Fertigungsstückzahlen voraus, die in der metallverarbeitenden Industrie der DDR aufgrund des breiten Produktionssortiments, der kleineren Absatzmärkte und der noch im Ausbau befindlichen internationalen Fertigungsspezialisierung vielfach nicht erreicht werden. Veränderungen in der Verbreitung der einzelnen Hauptverfahrensgruppen der Fertigungstechnik seit 1968 zeigen jedoch, daß der Anteil der modernen Verfahren erhöht werden konnte. Zu den modernen Verfahren zählen die Urformung durch Gießen und die Umformung, deren Anteile zwischen 1968 und 1970 von 5,5 auf 6,5 v.H. bzw. von 4,1 auf 6,1 v.H. anstiegen, während der Anteil der spanabhebenden Bearbeitungsverfahren von 31,3 auf 27 v.H. zurückging. Allerdings erstreckt sich die Umstellung auf moderne Verfahren auf längere Investitionsperioden. So stieg der Anteil der Umformtechnik zwischen 1968 und 1972 von 4 auf 5 v.H., im gleichen Zeitraum sank der Anteil der spanenden Verfahren von 38 auf 33 v.H. Neuere Angaben zu diesen Tendenzen sind in der DDR bisher nicht veröffentlicht worden. b) Verfahrenstechnik. Sie beschäftigt sich mit der technischen Durchführung von Verfahren zur chemischen und physikalischen Umwandlung natürlicher Stoffe in Erzeugnisse mit neuen, verwendungsorientierten Eigenschaften. Sie wird vor allem in der Chemischen Industrie, aber auch in der Lebensmittelindustrie, in der Baustoffindustrie und im Hüttenwesen angewendet und enthält auch die Verfahren zur industriellen Abfallbeseitigung und zum Umweltschutz (Müllverwertung und Reinhaltung von Luft und Wasser). Bearbeiten die mechanischen Verfahren der Fertigungstechnik die Oberfläche von Werkstoffen, so dringen die nichtmechanischen T. der Verfahrenstechnik in die innere Struktur von Stoffen ein. Sie nutzen chemische, physika[S. 1353]lisch-chemische, thermische, optische, elektrische, elektronische und biologische Gesetzmäßigkeiten im Rahmen der „neuen T.“ als Verfahren a) der Atomenergie, b) der Biochemie, c) der Lasertechnik, d) der Elektronik und der Mikroelektronik. Die DDR folgt der fortgeschrittenen Entwicklung in westlichen Industriestaaten, wenn nichtmechanische T. zukünftig auch in Produktionsbereiche — wie die metallverarbeitende Industrie — vordringen sollten, die bisher vor allem mechanische T. benutzten. Dazu zählen in der DDR T. a) der Mikroelektronik mit den Nutzungsmöglichkeiten für die automatisierte Informationsverarbeitung, der Mikroprozessoren und der Industrieroboter (Datenverarbeitung, Elektronische [EDV]; Industrierobotertechnik), b) der Metallbearbeitung mittels Laserstrahlen, Plasma oder Elektroenergie, c) der Genetik und Mikrobiologie mit einem Verfahren zur industriellen Produktion von Futtereiweiß aus Erdöl, Erdgas, Holz und anderen pflanzlichen Stoffen. 3. Technologie als Betriebsabteilung. Der betriebliche Organisationsbereich T. befaßt sich mit der Planung, Analyse sowie mit der unmittelbaren Festlegung der Fertigungsabläufe. Da analog zur unscharfen Bestimmung der T. als Wissenschaft auch über die praktischen Aufgabenfelder der T. bisher keine allgemeine Übereinstimmung besteht, wird die institutionelle und funktionelle Einordnung der T. in die Industriebetriebe unterschiedlich vorgenommen. Erhebliche Differenzen bestehen sowohl bei der organisatorischen Einbettung der T.-Abteilungen in die Industriebetriebe, ihrem internen Organisationsaufbau, bei der Aus- und Weiterbildung sowie vor allem beim Einsatz des Fachpersonals („Technologen“). Der weitaus überwiegende Teil der Technologen wird für routinemäßige Tätigkeiten eingesetzt. Im Maschinenbau gliedert sich die T.-Abteilung in der Regel in folgende Unterbereiche: Planung (einschl. Kapazitätsberechnungen und Betriebsvergleiche), Erprobung (von Forschungsresultaten und Verbesserungsvorschlägen), Fertigungsvorbereitung, Arbeitsstudium und Arbeitsnormung, Fertigungsmittel (Werkzeuge, Vorrichtungen). Automatisierung; Erzeugnisprinzip; Intensivierung und Rationalisierung; Werkstattprinzip. Fundstelle: DDR Handbuch. 3., überarbeitete und erweiterte Auflage, Köln 1985: S. 1251–1353 Technische Universität Dresden A, B, C, D, E, F, G, H, I, J, K, L, M, N, O, P, Q, R, S, T, U, V, W, Z Teilzahlungskredite

Siehe auch die Jahre 1962 1963 1965 1966 1969 1975 1979 Der Begriff T. wird in der DDR mit unterschiedlichen Bedeutungen verwendet. Er bezeichnet 1. eine Wissenschaft, 2. Fertigungsverfahren und damit zusammenhängend 3. bestimmte Betriebsabteilungen. Gelegentlich wird unter T. auch 4. die Fertigungsorganisation der Industriebetriebe verstanden. Sowohl als Wissenschaft wie als Spektrum von Produktionsverfahren wird T. unterteilt in erzeugnisbezogene T. und allgemeine T. Die allgemeine T.…

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Freizügigkeit (1985)

Siehe auch die Jahre 1963 1965 1966 1969 1975 1979 Art. 32 der Verfassung gewährleistet die F., d.h. das Recht eines jeden Bürgers, innerhalb des Staatsgebiets der DDR und im Rahmen ihrer Gesetze seinen Wohnsitz oder zeitweiligen Aufenthalt frei zu wählen und sich innerhalb des Staatsgebiets frei zu bewegen. Wegen der räumlichen Beschränkung der F. auf das Staatsgebiet der DDR erscheinen die paßrechtlichen Schranken der Ausreise, das Genehmigungserfordernis bei Reisen in „nichtsozialistische“ Staaten, einschließlich der Bundesrepublik Deutschland, und die Beschränkung der Erteilung von Genehmigungen auf dringende Familienangelegenheiten und Rentnerreisen (AO über Regelungen zum Reiseverkehr von Bürgern der DDR vom 15. 2. 1982; GBl. I, S. 187) sowie die Strafbarkeit des „ungesetzlichen Grenzübertritts“ mit Freiheitsstrafe bis zu 8 Jahren (§ 213 StGB) schon begrifflich nicht als Einschränkungen der F. Die wichtigsten Einschränkungen innerhalb der DDR ergeben sich aus: a) den Zutrittsverboten und -beschränkungen innerhalb des Grenzgebiets (Grenzgesetz, GrenzVO, Grenzordnung, sämtl. vom 25. 3. 1982; GBl. I, S. 197, 203, 208) und der militärischen Sperrgebiete (SperrgebietsVO vom 26. 7. 1979; GBl. I, S. 269), b) den Aufenthaltsbeschränkungen, die von den Gerichten als Zusatzstrafe (§§ 51, 52 StGB), Auflage bei Strafaussetzung auf Bewährung (§ 45 StGB) und „Wiedereingliederungsmaßnahme“ gegenüber vorbestraften [S. 476]Tätern (§ 47 StGB) in einem Strafverfahren oder als Sicherheitsmaßregel zum Schutze der öffentlichen Sicherheit und Ordnung (§ 3 Abs. 1 der VO über Aufenthaltsbeschränkungen vom 24. 8. 1961; GBl. II, S. 343) angeordnet werden können, c) der als „staatliche Kontrollmaßnahmen“ bezeichneten Polizeiaufsicht, die bei einer strafgerichtlichen Verurteilung als „Wiedereingliederungsmaßnahme“ mit eindeutigem Sicherungscharakter verhängt werden und auf deren Grundlage die zuständige Polizeidienststelle u.a. auch Aufenthaltsbeschränkungen anordnen kann (§ 48 StGB), d) den Aufenthaltsbeschränkungen, die von den örtlichen Räten gegenüber „kriminell gefährdeten Bürgern“ als rein administrative Maßnahmen angeordnet werden können (§ 4 Abs. 3 der VO über die Aufgaben der örtlichen Räte und der Betriebe bei der Erziehung kriminell gefährdeter Bürger vom 19. 12. 1974 i. d. F. der 2. VO vom 6. 7. 1979; GBl. I, S. 195), sowie e) Seuchenschutzmaßnahmen (Erste Durchführungsbestimmung zum Gesetz zur Verhütung und Bekämpfung übertragbarer Krankheiten beim Menschen vom 20. 1. 1983; GBl. I, S. 29). Das in der Verfassung von 1949 enthaltene Auswanderungsrecht ist in die geltende Verfassung von 1968 nicht aufgenommen worden. Dessenungeachtet ist die DDR nach Art. 12 Abs. 2 des Internationalen Paktes vom 19. 12. 1966 über bürgerliche und politische Rechte, den die DDR am 14. 1. 1974 ratifiziert hat und der am 23. 3. 1976 in Kraft getreten ist, völkerrechtlich verpflichtet, ihren Bürgern die Auswanderung zu gewährleisten. Dieser Verpflichtung kommt die DDR nicht nach. Sie begründet diese Vertragsverletzung damit, daß die Auswanderung ein typisches Produkt der Krisenwirtschaft kapitalistischer Staaten sei und es in der DDR keine soziale Basis für ein Grundrecht auf Auswanderung gebe (Staatsrecht der DDR, Lehrbuch, Berlin [Ost] 1977, S. 207). Die Entscheidung über Auswanderungsanträge liegt im freien Ermessen der Verwaltungsbehörden, die dabei „die Klassenauseinandersetzung zwischen Sozialismus und Imperialismus“ zu berücksichtigen haben; sie stellen in Rechnung, „daß die Auswanderung in einen imperialistischen Staat bedeutet, Menschen einem System auszuliefern, das sie ausbeutet und zwingt, einer aggressiven Politik zu dienen, die ihre Existenz gefährdet und sich gegen den Sozialismus richtet“ (ebda.). Wie es die großzügige Genehmigungspraxis seit Anfang 1984 gezeigt hat, können allerdings politische Opportunitätsüberlegungen zeitweise auch zu einer anderen Beurteilung führen. Zur speziellen Problematik der Familienzusammenführung: Übersiedlung in die Bundesrepublik Deutschland. Fundstelle: DDR Handbuch. 3., überarbeitete und erweiterte Auflage, Köln 1985: S. 475–476 Freizeitarbeit A, B, C, D, E, F, G, H, I, J, K, L, M, N, O, P, Q, R, S, T, U, V, W, Z Fremdenverkehr

Siehe auch die Jahre 1963 1965 1966 1969 1975 1979 Art. 32 der Verfassung gewährleistet die F., d.h. das Recht eines jeden Bürgers, innerhalb des Staatsgebiets der DDR und im Rahmen ihrer Gesetze seinen Wohnsitz oder zeitweiligen Aufenthalt frei zu wählen und sich innerhalb des Staatsgebiets frei zu bewegen. Wegen der räumlichen Beschränkung der F. auf das Staatsgebiet der DDR erscheinen die paßrechtlichen Schranken der Ausreise, das Genehmigungserfordernis bei Reisen in…

DDR A-Z 1985

Anarchismus (1985)

Siehe auch die Jahre 1975 1979 Sozialutopische und politische Bewegung, die Freiheit, Gerechtigkeit, Gleichheit und Brüderlichkeit unter Ablehnung jeder Form von Herrschaft herzustellen sucht. In politischen, rechtlichen, organisatorischen und weiteren Zwängen sieht der A. die Ursachen von Ungleichheit und Ungerechtigkeit; an deren Stelle sollen der freiwillige Zusammenschluß „freier Menschen“ und die freiwillige Kooperation zwischen kleinen und überschaubaren Gruppen treten. Theoretiker des A. sind vor allem William Godwin (1756–1836), Pierre Joseph Proudhon (1809–1865), Max Stirner (1806–1856), Michael A. Bakunin (1814–1876), Peter A. Kropotkin (1842–1921), Sergej Netschajew (1846–1882). Der A. war und ist seinem ideologischen Selbstverständnis entsprechend uneinheitlich und vielfach zerstritten. Neben Vertretern eines ethischen A., die auf moralische Erziehung und Überzeugung hoffen, stehen solche, die durch individuellen Terror „die Massen wecken“, den jeweiligen Staat als „Gewaltsystem“ entlarven wollen. Das Verhältnis zwischen A. und der marxistisch beeinflußten, aber auch der reformerischen Arbeiterbewegung war von Anbeginn gespannt, wenn nicht feindlich. Die I. Internationale (Internationale Arbeiterassoziation 1864–1876) zerbrach an diesem Gegensatz. Einen gewissen Einfluß hatte der A. im 19. Jahrhundert vor allem in Rußland und — bis in die Gegenwart fortwirkend — in den romanischen Ländern, im 20. Jahrhundert insbesondere in Form des sich auf den von revolutionären Gewerkschaften geführten wirtschaftlichen Kampf orientierenden Anarchosyndikalismus (Syndikalismus). Der Marxismus-Leninismus in der DDR sieht im A. eine „kleinbürgerliche, pseudorevolutionäre, politische und ideologische Strömung, die jede staatliche und politische Organisation prinzipiell ablehnt. Infolge seiner Mißachtung des politischen Kampfes der Arbeiterklasse um die Staatsmacht, seiner feindlichen Haltung gegenüber der marxistisch-leninistischen Partei der Arbeiterklasse und seiner Ablehnung der Diktatur des Proletariats als Instrument zum Aufbau der sozialistischen Gesellschaft, spielte der A. eine negative, hemmende Rolle in der Arbeiterbewegung.“ (Kleines politisches Wörterbuch, Berlin [Ost] 1978, S. 36) Im Verlauf und in der Folge der Studenten- und Jugendbewegung nach 1967 in den westlichen Industriestaaten, aber auch in revolutionären Bewegungen der Dritten Welt, hat es Versuche zur erneuten Verlebendigung des A. gegeben. Derartige Gruppierungen werden zwar marxistisch-leninistisch als Teil der „antiimperialistischen Bewegung“ begriffen; sie gelten jedoch als zu bekämpfende Feinde: „Objektiv dient der A. der Spaltung der antiimperialistischen Bewegung, dient damit den Interessen des Monopolkapitals und wird von ihm politisch und ideologisch genutzt. Der Kampf gegen den A. in allen heutigen Erscheinungsformen ist eine wichtige Aufgabe der marxistisch-leninistischen Parteien.“ (a.a.O., S. 37) Fundstelle: DDR Handbuch. 3., überarbeitete und erweiterte Auflage, Köln 1985: S. 46 Amt für Preise beim Ministerrat A, B, C, D, E, F, G, H, I, J, K, L, M, N, O, P, Q, R, S, T, U, V, W, Z Angelsport

Siehe auch die Jahre 1975 1979 Sozialutopische und politische Bewegung, die Freiheit, Gerechtigkeit, Gleichheit und Brüderlichkeit unter Ablehnung jeder Form von Herrschaft herzustellen sucht. In politischen, rechtlichen, organisatorischen und weiteren Zwängen sieht der A. die Ursachen von Ungleichheit und Ungerechtigkeit; an deren Stelle sollen der freiwillige Zusammenschluß „freier Menschen“ und die freiwillige Kooperation zwischen kleinen und überschaubaren Gruppen treten. Theoretiker…

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Kammer für Außenhandel (KfA) (1985)

Siehe auch: Außenhandel, Kammer für: 1954 Außenhandel, Kammer für (KfA): 1956 1958 1959 1960 1962 1963 1965 1966 Kammer für Außenhandel (KfA): 1969 1975 1979 Die KfA ist eine „gesellschaftliche Organisation des Außenhandels“ und somit keine dem staatlichen Außenwirtschaftsmonopol direkt zurechenbare Einrichtung. Sie wurde 1952 gegründet. Mitglieder der KfA sind die Außenhandelsbetriebe, Kombinate, Exportbetriebe und andere am Außenhandel beteiligte Organe. Dem Ministerium für Außenhandel (MAH) obliegt die allgemeine Dienstaufsicht über die KfA. Organe der KfA sind die Mitgliederversammlung, das Präsidium und die Revisionskommission. Ursprünglich war die Hauptaufgabe der KfA in der Herstellung von Kontakten zu den Wirtschaftspartnern westlicher Länder und dem Abschluß von Handelsabkommen unterhalb der Regierungsebene (Kammerabkommen) mit diesen Ländern zu sehen: Für die Gestaltung der Beziehungen zu sozialistischen Ländern kam dagegen der KfA wenig Bedeutung zu. Mit Einsetzen der „Anerkennungswelle“, die die Handelsvertretungen der KfA im Westen als quasi-diplomatische Vertretungen überflüssig machte, und dem Bestreben der DDR, sich intensiver in den Rat für Gegenseitige Wirtschaftshilfe (RGW) zu integrieren, fand jedoch ein tendenzieller Wandel statt. So ist in dem 1974 neugefaßten Statut der KfA ausdrücklich festgehalten, daß die Kammer selbst keine Handelstätigkeit ausübt, sondern ihre Hauptaufgabe vielmehr in der Förderung und Unterstützung des Außenhandels zu sehen ist. Eine der wesentlichen Aufgaben der KfA wird gegenwärtig darin gesehen, einen Beitrag zur „sozialistischen ökonomischen Integration“ zu leisten. Dabei arbeitet sie bi- und multilateral mit den Handelskammern der [S. 707]anderen RGW-Länder zusammen. Auf bilateraler Ebene vollzieht sich die Arbeit in sog. Länder-Sektionen (bisher gebildet mit Polen, Ungarn, ČSSR und auch Jugoslawien) oder auf der Grundlage von „Vereinbarungen über die Zusammenarbeit zwischen den Präsidenten“ der Kammern. Gewisse Bedeutung haben auch die „Technischen Tage der DDR“ — eine Methode der Marktbearbeitung — erlangt, die auch in kapitalistischen Staaten veranstaltet werden. Zur Förderung der Wirtschaftsbeziehungen mit diesen Ländern werden darüber hinaus gemischte Institutionen, wie z.B. das „Komitee zur Förderung des Handels zwischen der DDR und Schweden“ gebildet und KfA-Delegationen zwecks Markterschließung in ausgewählte Länder entsandt. Die Öffentlichkeitsarbeit der KfA besteht vor allem in der Publikation zahlreicher Schriften, wie „DDR-Wirtschaftsumschau“, „DDR-Export“, „Handbuch der Außenwirtschaft“ und „Handelspartner DDR“ und der Einladung und Betreuung von Journalisten vor allem auf den Leipziger Messen. Weitere Aufgaben: handelspraktische, handelstechnische und außenwirtschaftliche Beratung der Exportbetriebe, Vorbereitung von Handelsabkommen, Vortrags-, Schulungs- und Beratungstätigkeit, Gewährung von Dienstleistungen gegenüber der Seeschiffahrt durch das Dispatcherbüro bei der KfA. Die KfA unterhält ein Handelsschiedsgericht zur Beilegung von Rechtsstreitigkeiten in der Außenhandelsabwicklung. In den Bezirken der DDR unterhält die KfA Bezirksdirektionen. Präsident der KfA ist Otto Weitkus (SED). Fundstelle: DDR Handbuch. 3., überarbeitete und erweiterte Auflage, Köln 1985: S. 706–707 Kammer der Technik (KdT) A, B, C, D, E, F, G, H, I, J, K, L, M, N, O, P, Q, R, S, T, U, V, W, Z Kammerabkommen

Siehe auch: Außenhandel, Kammer für: 1954 Außenhandel, Kammer für (KfA): 1956 1958 1959 1960 1962 1963 1965 1966 Kammer für Außenhandel (KfA): 1969 1975 1979 Die KfA ist eine „gesellschaftliche Organisation des Außenhandels“ und somit keine dem staatlichen Außenwirtschaftsmonopol direkt zurechenbare Einrichtung. Sie wurde 1952 gegründet. Mitglieder der KfA sind die Außenhandelsbetriebe, Kombinate, Exportbetriebe und andere am Außenhandel beteiligte Organe. Dem Ministerium für…

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Arbeiter-und-Bauern-Inspektion (ABI) (1985)

Siehe auch: Arbeiter-und-Bauern-Inspektion: 1965 Arbeiter-und-Bauern-Inspektion (ABI): 1966 1969 1975 1979 Die ABI ist ein staatliches und gesellschaftliches Kontrollorgan, das 1963 auf Beschluß des Zentralkomitees (ZK) der SED und des Ministerrates der DDR geschaffen wurde. Die ABI wird verstanden als eine Form der Volkskontrolle, deren Ziel die Erfüllung der Aufgaben der sozialistischen Gesellschaft, die Festigung der Staatsmacht, die Förderung der Aktivität der Massen und die Entwicklung des sozialistischen Bewußtseins ist. Der Beschluß über die ABI vom 6. 8. 1974 macht ihr zur Aufgabe, die Erfüllung der Beschlüsse der SED und der Regierung systematisch zu kontrollieren, aktiven Einfluß auf die Realisierung der Produktionspläne und auf die Vervollkommnung der Leitung und Planung zu nehmen, die Vorschläge, Kritiken und Eingaben aus der Bevölkerung sorgfältig zu prüfen und auf deren gewissenhafte Bearbeitung durch die Leiter hinzuwirken sowie alle Verletzungen der Sozialistischen Gesetzlichkeit und der Staatsdisziplin, Verschwendung von Volkseigentum und Erscheinungen des Bürokratismus energisch zu bekämpfen. Bereits 1946 waren Volkskontrollausschüsse zunächst als Hilfsorgane der Deutschen Volkspolizei (DVP) bei der Bekämpfung von Wirtschaftsdelikten tätig, ihre Aufgaben wurden 1948 auf die Kontrolle der Plandurchführung ausgedehnt. Gleichzeitig sind bei der Deutschen Wirtschaftskommission die Zentrale Kontrollkommission und in den Ländern der SBZ Kontrollkommissionen errichtet worden. 1952 wurde die Zentrale Kontrollkommission in eine Zentrale Kommission für Staatliche Kontrolle (ZKSK) umgebildet, in die die Kontrollkommissionen der Länder und auch die Volkskontrollbewegung aufgenommen wurden. In der ABI wurden 1963 die ZKSK und die sie seit 1962 ehrenamtlich unterstützenden Helfer der Staatlichen Kontrolle nach sowjetischem Vorbild organisatorisch zusammengefaßt. Die gegenwärtige Organisationsstruktur der ABI beruht zum einen auf der Verbindung von Partei-, staatlicher und gesellschaftlicher Kontrolle, zum anderen auf der Kombination von Territorial- und Produktionsprinzip. Organe sind das Komitee der ABI auf zentraler Ebene, die Bezirks-, Kreis-, Stadt- und Stadtbezirkskomitees, die Kombinatsinspektionen, die Kommissionen der ABI in Betrieben und Einrichtungen sowie die Volkskontrollausschüsse in den Städten und Gemeinden. Das Komitee der ABI ist ein Organ sowohl des ZK der SED als auch des Ministerrates und diesen beiden Gremien gegenüber rechenschaftspflichtig. Es leitet und koordiniert die Kontrolltätigkeit der Organe der ABI, es beschließt [S. 54]den zentralen Kontrollplan. Die Bezirks-, Kreis-, Stadt- und Stadtbezirkskomitees sind Organe der jeweils übergeordneten Komitees der ABI und ihnen sowie den zuständigen leitenden Parteiorganen der SED und den örtlichen Volksvertretungen rechenschaftspflichtig. Die Mitarbeiter der Komitees sind hauptamtlich tätig, ihre für einzelne Sachgebiete gebildeten Inspektionsgruppen verfügen über haupt- und ehrenamtliche Mitarbeiter. Ehrenamtlich arbeiten die Kommissionen der ABI in den Betrieben, Genossenschaften und Einrichtungen und die Volkskontrollausschüsse in Städten und Gemeinden. Die Kommissionen sind Kontrollorgane der jeweiligen SED-Grundorganisation. Neben dieser territorialen Organisationsstruktur bestehen hauptamtlich geleitete Kombinatsinspektionen auf der Basis des Produktionsprinzips. Die Inspektionen in den zentralgeleiteten Kombinaten und Einrichtungen unterstehen dem zentralen Komitee der ABI direkt, die Kombinatsinspektionen in der bezirksgeleiteten Wirtschaft dem Bezirkskomitee der ABI. In Betrieben, Kombinaten und Einrichtungen, in denen Kreisleitungen der SED bestehen, werden Kreiskomitees der ABI gebildet. Diese Komitees unterstehen den Bezirkskomitees der ABI. Der Kontrolle durch die ABI unterliegen die Ministerien und anderen zentralen Staatsorgane, die örtlichen Räte und ihre Fachorgane, die wirtschaftsleitenden Organe sowie die Betriebe, Kombinate, Genossenschaften und Einrichtungen. Sie erstreckt sich nicht auf die Volksvertretungen, die Parteien, die gesellschaftlichen Organisationen sowie die Bereiche der Landesverteidigung, Sicherheit, Justiz und Auswärtigen Angelegenheiten. Die Organe der ABI sind mit Kontroll-, Veranlassungs- und Handlungsbefugnissen ausgestattet, die über die bloße Feststellung von Kontrollergebnissen erheblich hinausgehen. So haben die Komitees und Inspektionen ein Weisungsrecht gegenüber dem Kontrollunterworfenen, können Auflagen zur Mängelbeseitigung erteilen und Berichterstattung über Erfüllung anordnen. Die Komitees haben die Möglichkeit, Disziplinar- und Ordnungsstrafen zu veranlassen oder selbst zu erteilen. Den Kommissionen der ABI, den Volkskontrollausschüssen und den Gruppen der Volkskontrolle kommen im Rahmen ihrer Kontrolltätigkeit Weisungsrechte und dergleichen jedoch nicht zu, sie können lediglich dem übergeordneten Komitee der ABI bestimmte Maßnahmen vorschlagen. Bei der Ausübung ihrer Kontrolltätigkeit arbeitet die ABI mit den Arbeiterkontrolleuren des Freien Deutschen Gewerkschaftsbundes (FDGB), den Kontrollposten der Freien Deutschen Jugend (FDJ), den Ausschüssen der Nationalen Front und anderen gesellschaftlichen und staatlichen Organen mit Kontrollfunktionen zusammen. Nach Angaben der DDR sind in den Organen der ABI ca. 249.000 Bürger ehrenamtlich tätig (1984). Fundstelle: DDR Handbuch. 3., überarbeitete und erweiterte Auflage, Köln 1985: S. 53–54 Arbeiter-und-Bauern-Fakultät (ABF) A, B, C, D, E, F, G, H, I, J, K, L, M, N, O, P, Q, R, S, T, U, V, W, Z Arbeiter-und-Bauern-Macht

Siehe auch: Arbeiter-und-Bauern-Inspektion: 1965 Arbeiter-und-Bauern-Inspektion (ABI): 1966 1969 1975 1979 Die ABI ist ein staatliches und gesellschaftliches Kontrollorgan, das 1963 auf Beschluß des Zentralkomitees (ZK) der SED und des Ministerrates der DDR geschaffen wurde. Die ABI wird verstanden als eine Form der Volkskontrolle, deren Ziel die Erfüllung der Aufgaben der sozialistischen Gesellschaft, die Festigung der Staatsmacht, die Förderung der Aktivität der Massen und die…

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Arbeitskräfte, Ausländische (1985)

Siehe auch die Jahre 1969 1975 1979 AA. werden im nennenswerten Umfang erst seit Mitte der 60er Jahre in der DDR eingesetzt. Im Jahre 1977 sind etwa 50.000 Ausländer, überwiegend Polen und Ungarn, in Betrieben der DDR tätig gewesen. Bei den Polen handelte es sich neben den „Grenzgängern“ (1972: ca. 6.000 Personen) um Arbeitskräfte, die zur Montage im Auftrag polnischer Firmen entsandt wurden (1975: ca. 10.000 Personen). Die ungarischen Erwerbstätigen hielten sich aufgrund eines 1967 abgeschlossenen und 1973 (bis 1980) verlängerten Abkommens mit Ungarn in der DDR auf. Die meisten von ihnen waren jugendliche Facharbeiter, die sich beruflich weiterbilden wollten oder durch den höheren Lohn in der DDR angezogen wurden. In der Regel blieben sie 3 Jahre. Mitte der 70er Jahre dürfte ihre Zahl bei 10.000 gelegen haben. Neuere Angaben über die Zahl der AA., insgesamt, liegen nicht vor. Verfügbar sind lediglich einige Einzelinformationen; sie deuten darauf hin, daß zwar bei der Zusammensetzung der AA. nach Nationalitäten gewisse Verlagerungen eingetreten sind, sich aber die Größenordnung der Summe aller AA. nicht wesentlich verändert hat. Zu Beginn der 80er Jahre waren in der DDR 22.000 Polen (1981) tätig und noch 1150 Ungarn (1982). Eine besondere Gruppe unter den AA. bildet jener Personenkreis, der aufgrund von Regierungsabkommen sowie Vereinbarungen zwischen gesellschaftlichen Organisationen ausschließlich zur beruflichen Ausbildung in der DDR weilt. In den 70er Jahren handelte es sich dabei überwiegend um junge Menschen aus Vietnam, Laos, der Mongolischen Volksrepublik und Kuba. Inzwischen erhalten AA. aus mehr als 30 Ländern eine Berufsausbildung. Hinzugekommen sind vor allem befreundete junge Nationalstaaten in Afrika, Asien und Lateinamerika (u.a. Algerien, Angola, Äthiopien, Kambodscha, Mozambique, Südjemen). Im Jahre 1982 befanden sich über 5.000 Ausländer zum Zwecke der Berufsausbildung in der DDR. Entwicklungshilfe. Nur 0,5 v.H. aller Erwerbstätigen in der DDR kommen aus dem Ausland und trugen deshalb zur Entlastung der angespannten Arbeitskräftesituation bisher kaum bei. Nach offiziellen Verlautbarungen sollen AA. trotzdem nicht in größerem Umfang eingesetzt werden. Ähnlich, wenn auch nicht in vergleichbarem Umfang wie in der Bundesrepublik Deutschland, wurden auch in der DDR Spannungen zwischen einheimischen und AA. beobachtet, die soziale, mentalitätsbedingte u.a. Ursachen haben mögen. Daneben wird die Versorgung einer größeren Zahl von AA. mit Wohnraum bzw. generell die allgemeine Versorgung die DDR vor erhebliche infrastrukturelle Probleme stellen. Fundstelle: DDR Handbuch. 3., überarbeitete und erweiterte Auflage, Köln 1985: S. 63 Arbeitskräfte A, B, C, D, E, F, G, H, I, J, K, L, M, N, O, P, Q, R, S, T, U, V, W, Z Arbeitslosenversicherung

Siehe auch die Jahre 1969 1975 1979 AA. werden im nennenswerten Umfang erst seit Mitte der 60er Jahre in der DDR eingesetzt. Im Jahre 1977 sind etwa 50.000 Ausländer, überwiegend Polen und Ungarn, in Betrieben der DDR tätig gewesen. Bei den Polen handelte es sich neben den „Grenzgängern“ (1972: ca. 6.000 Personen) um Arbeitskräfte, die zur Montage im Auftrag polnischer Firmen entsandt wurden (1975: ca. 10.000 Personen). Die ungarischen Erwerbstätigen hielten sich aufgrund eines 1967…

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Arbeitseinheit (AE) (1985)

Siehe auch: Arbeitseinheit: 1956 1958 1959 1960 1962 1963 1965 1966 1969 1975 1979 Die AE stellt die Form der Verteilung der genossenschaftlich erwirtschafteten Einkommen auf die Mitglieder der LPG dar. Dabei werden die einzelnen Tätigkeiten unter Verwendung der Methoden der Arbeitsklassifizierung unterschiedlich eingruppiert. In Abhängigkeit von den in einem Bewertungsrahmen nach Schwierigkeitsgrad der Arbeit und erforderlichem Qualifikationsniveau festgelegten Bewertungsgruppen wird das Erreichen der Tagesarbeitsnorm (TAN) mit jeweils festgelegten AE angerechnet (z.B.: 8 Stunden Handarbeit = 1 AE, 4 ha Pflugarbeit = 1,6 AE). Für das Überbieten der TAN werden Zuschläge gewährt — bei Nichterfüllung Abzüge von den AE vorgenommen. Der Wert der AE errechnet sich am Jahresende aus den insgesamt für die Verteilung an die Genossenschaftsmitglieder zur Verfügung stehenden Mitteln und der Summe der in den LPG von allen Mitgliedern geleisteten AE — stellt also ein Residualeinkommen dar. Der Wert der AE wird für das jeweilige Jahr bereits im Vorjahr anhand der geplanten Aufwendungen und Erträge kalkuliert. Das LPG-Mitglied erhält einen bestimmten Prozentsatz (meist 80 v.H.) des kalkulierten Wertes als monatlichen Vorschuß ausbezahlt. Die Differenz zwischen den jeweils gezahlten Vorschüssen und dem tatsächlichen Wert der AE, der ebenso wie die vom jeweiligen Mitglied geleisteten AE erst am Jahresende feststeht, wird in Form einer Jahresendauszahlung abgegolten (Residualeinkommen). In Abhängigkeit von der jeweiligen Ertragssituation der LPG schwankt dementsprechend der Wert der AE von Jahr zu Jahr. Im Unterschied zu den in den LPG (und VEG) beschäftigten, nach Rahmenkollektivvertrag (RKV) entlohnten Arbeitern können die nach AE vergüteten Genossenschaftsmitglieder dadurch für die gleiche Arbeit in einzelnen Jahren höhere — meist jedoch niedrigere — jährliche Arbeitseinkommen erzielen, als die in der gleichen Brigade beschäftigten Landarbeiter. In den Jahren vor 1977 wurde dieser Nachteil der Genossenschaftsmitglieder dadurch ausgeglichen, daß nur ihnen die Führung einer persönlichen ➝Hauswirtschaft gestattet war. Nach 1977 ist jedoch dieses Sonderrecht der LPG-Mitglieder entfallen, da nunmehr auch die Landarbeiter in den LPG zum Führen einer persönlichen Hauswirtschaft berechtigt sind. Daneben hatten und haben die Genossenschaftsbauern, die ursprünglich privaten Grundbesitz in die LPG eingebracht haben — und deren in den LPG beschäftigte Erben —, das Recht auf Auszahlung von Bodenanteilen, die in den 50er und 60er Jahren je nach LPG-Typ noch 20–40 v.H. ihrer Einkommen ausmachten. In den 70er Jahren ist die Bedeutung der Bodenanteile stark zurückgegangen, weil die AE im Laufe der Jahre immer höher bewertet, der Wert der Bodenanteile aber konstant geblieben ist. Außerdem konnte die Vollversammlung der LPG, in der alle LPG-Mitglieder und (seit 1977) auch die in den LPG beschäftigten Arbeiter voll stimmberechtigt sind, die generelle Einstellung der Zahlung von Bodenanteilen beschließen. Viele Genossenschaftsbauern haben zudem freiwillig auf Bodenanteile verzichtet, da die Zahlung in der Regel auf die Durchschnittsgröße der eingebrachten Wirtschaften als Obergrenze beschränkt war (meist 10–15 ha), während für alle (also auch die die Durchschnittsgröße überschreitenden Flächen) der ehemals im Eigentum des jeweiligen Genossenschaftsbauern befindlichen Flächen die Grundsteuer zu zahlen war. Der Verzicht auf Bodenanteil hatte hingegen die Befreiung von der Grundsteuer zur Folge und wurde daher vor allem von den ehemaligen Mittel- und Großbauern wahrgenommen, die häufig sogar auf einen entsprechenden Beschluß der Vollversammlung drängten, so daß heute die Zahlung von Bodenanteilen eher die Ausnahme darstellt. Die meist niedrigeren Jahreseinkommen bei der Vergütung nach AE im Vergleich zu den nach Rahmenkollektivvertrag entlohnten Arbeitskräften haben viele Betriebe und LPG-Mitglieder dazu bewogen, dem in den 70er Jahren von der Sozialistischen Einheitspartei Deutschlands (SED) propagierten agrarpolitischen Ziel der Vereinheitlichung der Entlohnungsformen zu entsprechen und sich auch als Genossenschaftsmitglieder nach den im Rahmenkollektivvertrag für Landarbeiter vorgesehenen Stundenlöhnen bezahlen zu lassen, u.a. auch um ihre Einkommen vom wirtschaftlichen Ergebnis der LPG unabhängiger zu machen. Zudem sind u.a. für den Bau kooperativer Einrichtungen und andere Tätigkeiten im Rahmen der unterschiedlichen Formen der Kooperation in der Landwirtschaft zahlreiche LPG-Mitglieder aus ihren Genossenschaften in andere Landwirtschaftsbetriebe delegiert worden, in denen die Entlohnung nicht nach AE erfolgt, sondern nach Lohnformen, die weitgehend den Regelungen des Rahmenkollektivvertrages entsprechen. [S. 57]Die im § 1 des neuen LPG-Gesetzes (GBl. I, 1982, S. 443) enthaltene Forderung, daß die Genossenschaftsmitglieder „nach genossenschaftlichen Verteilungsprinzipien Anteil am wirtschaftlichen Ergebnis ihrer LPG“ haben sollen, mußte daher überraschen. Anscheinend sieht die SED in der Kopplung des Arbeitseinkommens an das wirtschaftliche Ergebnis der LPG nunmehr erneut einen wirksamen materiellen Hebel, mit dessen Hilfe wieder ein stärkeres Interesse der LPG-Mitglieder an einer höheren und rentableren Agrarproduktion geweckt werden könnte. Fundstelle: DDR Handbuch. 3., überarbeitete und erweiterte Auflage, Köln 1985: S. 56–57 Arbeitsbereich A, B, C, D, E, F, G, H, I, J, K, L, M, N, O, P, Q, R, S, T, U, V, W, Z Arbeitseinkommen

Siehe auch: Arbeitseinheit: 1956 1958 1959 1960 1962 1963 1965 1966 1969 1975 1979 Die AE stellt die Form der Verteilung der genossenschaftlich erwirtschafteten Einkommen auf die Mitglieder der LPG dar. Dabei werden die einzelnen Tätigkeiten unter Verwendung der Methoden der Arbeitsklassifizierung unterschiedlich eingruppiert. In Abhängigkeit von den in einem Bewertungsrahmen nach Schwierigkeitsgrad der Arbeit und erforderlichem Qualifikationsniveau festgelegten Bewertungsgruppen…

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Ständige Kommission für die friedliche Nutzung der Atomenergie (1985)

Siehe auch die Jahre 1975 1979 Die StKNA. wurde durch die 13. Ratstagung des Rates für Gegenseitige Wirtschaftshilfe (RGW), die vom 26. bis 29. 7. 1960 in Budapest stattfand, gegründet. Ihr Hauptsitz ist Moskau. Unterkommissionen bestehen: a) für Nuklearenergie und b) für Nukleartechnik. Weiterhin kommt einem Arbeitsausschuß für Radioaktive Isotope besondere Bedeutung zu. Bis Ende 1983 haben 45 Tagungen der StKNA. in verschiedenen Städten der RGW-Länder stattgefunden, an denen in der Regel jeweils aus den entsprechenden Ländern die Fachminister bzw. deren Vertreter teilnahmen. Ihr Hauptanliegen besteht in einer Vertiefung der Zusammenarbeit auf dem Gebiet der friedlichen Nutzung der Atomenergie, insbesondere auch der Spezialisierung und Standardisierung beim Reaktorbau, beim kerntechnischen Gerätebau, bei der Isotopenforschung und -gewinnung, bei Bestrahlungsprozessen und -anlagen, bei der Einführung von Atomenergie für industrielle Zwecke in den Volkswirtschaften der RGW-Länder sowie auch bei der Technologie der Sicherheits- und Strahlenschutztechnik (Staatliches Amt für Atomsicherheit und Strahlenschutz der DDR). Daneben werden Berichte über Ergebnisse von Forschungsarbeiten und Erfahrungen ausgetauscht. In den Jahren 1973 und 1974 standen Probleme der Integration sowie der gemeinsamen Forschung, Projektierung und Realisierung von Reaktoren mit großen Kapazitäten und die weitere Kooperation und Spezialisierung im Bau von Kernkraftwerken im Vordergrund der Tätigkeit der StKNA. Erörtert wurde ferner die Entwicklung von Methoden zur gefahrlosen Beseitigung radioaktiver Abfälle. Im Mittelpunkt der 25. Tagung im November 1973 in Moskau, an der auch Vertreter der internationalen Wirtschaftsvereinigung „Interatominstrument“ und des „Vereinigten Instituts für Kernforschung der sozialistischen Länder“ in Dubna hinzugezogen wurden, standen Prognosen über den Energiebedarf der RGW-Länder bis zum Jahre 1990 unter Berücksichtigung der Kernenergie sowie Beschlüsse über die multilaterale Zusammenarbeit bei der Isotopenproduktion und -verteilung. Im Rahmen der gemeinsamen Aufgaben für den Planungszeitraum 1976–1980 übernahm die DDR insbesondere Forschungsaufgaben auf dem Gebiet der Leistungsreaktoren mit schnellen und mit thermischen Neutronen sowie für Prognosen über die Entwicklung der Kernenergie und der Nutzung der Strahlentechnik in den RGW-Ländern. Ferner war die DDR an Untersuchungen über den Strahlenschutz, über die Verarbeitung der Brennstoffelemente der Kernkraftwerke, über die Technologie der Isotopenproduktion sowie an der Erforschung der Entgiftung flüssiger, fester und gasförmiger Abfallstoffe beteiligt. Ende 1973 wurde zwischen den RGW-Ländern (einschl. Jugoslawien) ein Abkommen zur Gründung der internationalen Wirtschaftsorganisation „Interatomenergo“ geschlossen. Diese Institution — mit Sitz in Moskau — nahm Mitte 1974 ihre Arbeit auf: sie soll vor allem Bedarfsprognosen über Ausrüstungen, Geräte und Materialien für Kernkraftwerke erarbeiten, technische Hilfe bei der Projektierung, beim Bau und der Inbetriebnahme von Kernkraftwerken gewähren sowie die Kooperation bei der Produktion von Kernkraftausrüstungen organisieren. Die 30. Tagung im Juni 1975 in Rostock, an der neben den bereits genannten Instituten nunmehr auch „Interatomenergo“ beteiligt war, behandelte vor allem Fragen der Erforschung, Standardisierung und Weiterentwicklung von Einrichtungen und Apparaturen für die Medizin. — Die 31. Tagung im November 1976 in Riga zog nicht nur ein Resumee der Tätigkeit während der vergangenen Fünfjahrplanperiode, sondern befaßte sich darüber hinaus mit der Weiterentwicklung auf dem Gebiet der Atomenergie, wobei eine deutliche Erhöhung der Elektroenergie-Erzeugung aus Kernkraftwerken beschlossen wurde (Atomenergie). Im Juni 1978 wurden auf der 34. Tagung in Mamaia (Rumänien) langfristige gemeinsame Vorhaben besprochen und die Richtung der weiteren Zusammenarbeit bis 1990 festgelegt. Insbesondere sollte die wissenschaftlich-technische Forschung auf die thermo-nukleare Synthese sowie den Bau von Beschleunigern ausgedehnt werden. Bei gleicher Gelegenheit wurde eine Kommis[S. 1310]sion zur Untersuchung der Radioaktivität der Donau eingerichtet. Die 35. Tagung im Herbst 1978 in Havanna (Cuba) erörterte u.a. Probleme und Möglichkeiten der Anwendung der Atomtechnik in Cuba. Zugleich trat der wissenschaftlich-technische Rat für Reaktorsicherheit zu seiner ersten Sitzung zusammen. Die 37. Tagung im November 1979 fand in Zielona Góra (Grünberg) in Polen statt. Sie befaßte sich mit Fragen der Abhängigkeiten zwischen Energie, Brennstoffen und Rohstoffen sowie mit Forschungen über die Beherrschung und Vervollkommnung des Baus von Kernenergieblöcken mit einer Leistung von 1000 MW. Von der 42. Tagung im Juni 1982 in Sofia wird berichtet, daß im Rahmen des langfristigen Zielprogramms Empfehlungen zur Erweiterung der gemeinsamen Arbeit auf dem Sektor der Atomenergie bis zum Jahre 1990 und danach ausgearbeitet wurden. Weitere Tagungsordnungspunkte waren Vorschläge zur verbesserten Installation von Atomreaktoren, der rationelleren Nutzung der Brennstoffe sowie für Sicherheitsuntersuchungen. Auf der 43. Tagung Ende 1982 in Moskau wurden insbesondere die Konsequenzen aus den Beschlüssen der 26. RGW-Ratstagung hinsichtlich der zwischenstaatlichen Plankoordinierung für den Zeitraum 1986–1990 für das Gebiet der friedlichen Nutzung der Atomenergie gezogen. Ferner wurden die bisherigen Ergebnisse der Zusammenarbeit zwischen den Herstellern von Werkzeugen und Ausrüstungen für Atomtechnik diskutiert: u.a. das Niveau der Herstellung radioisotoper Apparate, die Radiationstechnik für Kontrollprozesse, die Gewinnung neuer Materialien, Fragen des nuklearen Umweltschutzes, Probleme der Sicherheit von Kernkraftwerken. Die 44. Tagung im Juni 1983 in Ungarn befaßte sich insbesondere mit Fragen der Spezialisierung und Kooperation bei der Produktion von Werkzeugen und Zubehör für die Atomtechnik (einschließlich Isotopenproduktion). Gleichfalls wurde die Zusammenarbeit auf dem Gebiet der Beschleunigertechnik erörtert. — Auf der 45. Tagung im November 1983 in Moskau hat man über den Stand der gegenseitigen Zubehörlieferungen für die Reaktoren des Typs WWER-1000 gesprochen und über den Bau von Einrichtungen für schnelle Brüter diskutiert. Daneben sind Probleme des weiteren Ausbaus der Arbeitsteilung bei der medizinischen Atomtechnik (einschließlich verbesserter Zubehörlieferung) erörtert worden. Auch wurden Prognosen über Entwicklung und Anwendung der Isotopen- und Radialtechnik bis zum Jahre 2.000 gestellt und Wege ihrer Vervollkommnung auf Basis von Mikroprozessoren aufgezeigt. Energiewirtschaft. Fundstelle: DDR Handbuch. 3., überarbeitete und erweiterte Auflage, Köln 1985: S. 1309–1310 Standardisierung A, B, C, D, E, F, G, H, I, J, K, L, M, N, O, P, Q, R, S, T, U, V, W, Z Sterbegeld

Siehe auch die Jahre 1975 1979 Die StKNA. wurde durch die 13. Ratstagung des Rates für Gegenseitige Wirtschaftshilfe (RGW), die vom 26. bis 29. 7. 1960 in Budapest stattfand, gegründet. Ihr Hauptsitz ist Moskau. Unterkommissionen bestehen: a) für Nuklearenergie und b) für Nukleartechnik. Weiterhin kommt einem Arbeitsausschuß für Radioaktive Isotope besondere Bedeutung zu. Bis Ende 1983 haben 45 Tagungen der StKNA. in verschiedenen Städten der RGW-Länder stattgefunden, an denen in der…

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Verkehrswesen (1985) Siehe auch: Verkehr: 1960 1962 1963 1965 1966 1969 Verkehrswesen: 1953 1954 1956 1958 1959 1975 1979 [S. 1417] I. Verkehr in der Gesamtwirtschaft Das V. (im Verantwortungsbereich des Ministeriums für Verkehrswesen [MfV]) faßt alle Zweige des öffentlichen Transports sowie der mit ihnen verbundenen industriellen Betriebe, Handelsbetriebe und Kombinate zusammen, die dem MfV leitungsmäßig unterstellt sind: Eisenbahnverkehr, Seeverkehr, Binnenschiffsverkehr, Wasserstraßen, Kraftverkehr, Kraftfahrzeuginstandhaltung, städtischer Nahverkehr, Straßenwesen, zivile Luftfahrt, Rohrleitungsverkehr, verkehrstypische Dienstleistungen u.a. (vgl. Statut des Ministeriums für V. — Beschluß des Ministerrats — vom 14. 8. 1975, GBl. I, S. 233). Das einheitliche sozialistische Transportsystem gilt (nach Marx) als „Vierte Sphäre der materiellen Produktion“, das zur Entstehung des Nationaleinkommens beiträgt (Gesamtprodukt, Gesellschaftliches). Der Individualverkehr und der Werkverkehr zählen im engeren Sinne nicht dazu. Aufgrund ihrer Bedeutung für den Personen- bzw. Güterverkehr und ihres zunehmenden Einflusses auf die gesamte Verkehrsstruktur werden beide Bereiche jedoch üblicherweise dem V. zugerechnet. Im Wirtschaftsgefüge der DDR erweist sich der Transportsektor immer wieder mit erheblichen volkswirtschaftlichen Auswirkungen als Schwachpunkt. Obwohl durch Eisenbahn und Post, städtischen Nahverkehr, Luftfahrt und Hafenwirtschaft die staatlichen Unternehmen schon immer vorherrschend waren, gab es vor dem Kriege daneben ausgeprägte Schwerpunkte mittelständischer Privatunternehmen, insbesondere im Straßenverkehr, der Binnenschiffahrt, bei den Speditionen und Lagereien sowie den Reisebüros. Auch diese Bereiche wurden weitgehend verstaatlicht, so daß die Verkehrsleistungen gegenwärtig fast ausschließlich (98 v.H.) von volkseigenen Unternehmen bzw. Betrieben mit staatlicher Beteiligung erbracht werden. Trotz der durchgreifenden Steuerungsmöglichkeiten, die diese Vergesellschaftung beinhaltet, ist eine befriedigende Arbeitsteilung zwischen den Transportzweigen bisher nicht erreicht worden. Sie wird zudem erschwert durch — je nach aktueller wirtschaftlicher Opportunität — häufig wechselnde Verordnungen und Orientierungslinien, die das bisher Geltende abändern, aufheben oder gar ins Gegenteil verkehren. Wurden beispielsweise in den 60er und 70er Jahren devisenwirtschaftlich wichtige Verkehrsträger (z.B. Lkw) besonders gefördert, so heißt es heute, den Transportaufwand zu senken und vor allem Energie einzusparen. Daraus folgt eine stärkere Förderung des Eisenbahnverkehrs. Eine optimale Arbeitsteilung würde jedoch die Lösung des Wegekostenproblems (Ermittlung der Gesamtkosten, einschließlich der zurechenbaren Wegekosten, und Zurechnung auf Verkehrsarten und -mittel nach einheitlichen Kriterien) voraussetzen, die — wie in marktwirtschaftlichen Industriestaaten auch — aber bisher nicht erfolgt ist. Das V. (ohne Post- und Fernmeldewesen) war 1983 mit etwa 3 v.H. am gesamten Nettoprodukt der Volkswirtschaft beteiligt. Dieser Anteil ist z.B. als Folge von Strukturveränderungen der Produktion sowie des Vordringens des Individual- und Werkverkehrs seit Jahren leicht rückläufig. Der Beitrag des Wirtschaftsbereichs Verkehr (einschl. Post- und Fernmeldewesen) wird wie in westlichen Ländern mit einem überdurchschnittlich hohen Einsatz an Produktionsfaktoren (Beschäftigte 7 v.H.; Grundmittel etwa 10 v.H.) erbracht. II. Leitungsstruktur im Verkehrswesen Das oberste Leitungsorgan ist das Ministerium für V. (MfV). Es ist im Auftrage des DDR-Ministerrates für die einheitliche Leitung und Planung des gesamten Transportwesens verantwortlich. In der Leitungspyramide folgen die Zwischenleitungsorgane (Direktionen), die Abteilungen Verkehr bei den Räten der Bezirke, Kreise und Städte sowie Kombinate, Betriebe und Dienststellen, die je nach Aufgabenbereich den vorgenannten Leitungsebenen unterstehen. Zentral geleitet vom MfV werden vor allem die Transportzweige, deren Schwerpunkte im Fernverkehr oder im internationalen Verkehr liegen oder die eine besondere strategische Bedeutung haben: die Deutsche Reichsbahn (DR) als Träger des öffentlichen Eisenbahnverkehrs (unmittelbare Leitung durch den Minister für Verkehr); die Seeschiffahrt (HV Seeverkehr im MfV, der das VEB Kombinat Seeverkehr und Hafenwirtschaft — mit VEB Deutfracht/Seereederei als Stammbetrieb —, das Seefahrtsamt der DDR und die DDR-Schiffsrevision und -klassifikation [DSRK] unterstellt sind); die Binnenschiffahrt (HV Binnenschiffahrt u. Wasserstraßen im MfV, der u.a. das VEB Kombinat Binnenschiffahrt und Wasserstraßen, das Wasserstraßenaufsichtsamt, das Wasserstraßenhauptamt, Berlin, unterstellt sind); das Straßenwesen (HV Straßenwesen im MfV, der z.B. der staatliche Straßenunterhaltungsbetrieb Autobahnen unterstellt ist) und der Luftverkehr (HV zivile Luftfahrt im MfV, der z.B. die staatliche Luftfahrtinspektion und das Luftfahrtunternehmen INTERFLUG unterstellt sind). Die HV im MfV werden von je einem stellv. Minister aus dem Kreis der 9 Stellvertreter des Ministers geleitet. [S. 1418]Dezentral geleitet werden Transportzweige mit überwiegend territorialer Bedeutung (wie Kraftverkehr und städtischer Nahverkehr). Deren Kombinate (z.B. VEB ➝Kombinat Kraftverkehr) und Betriebe sind den Räten der Bezirke, Kreise und Städte unterstellt, die allerdings — entsprechend dem Prinzip der „doppelten Unterstellung“ (Anleitung und Kontrolle) — ebenfalls der Anleitung, der Kontrolle und den Weisungen des MfV unterliegen. Der Werkverkehr wird durch die zentralen und territorial verkehrsleitenden Organe sowie die bezirklichen Kraftverkehrskombinate mittels der Transportplanung, -bilanzierung und anderer Koordinierungsmaßnahmen in die Erfüllung der gesamtstaatlichen Transportaufgaben einbezogen. Eine wichtige Rolle bei der Koordinierung der Transportdurchführung sowie der Zusammenarbeit aller Leitungsorgane, Kombinate und Betriebe haben die Transportausschüsse, die aus den 1946/49 gebildeten Verkehrsausschüssen bei den Ländern hervorgingen (1954) und mit der Herausgabe der ersten Transport-VO (TVO — 1961) ihren heutigen strukturellen Aufbau erhielten. Sie sind beratende Organe der jeweiligen Leitungsorgane des Transportsektors und sind u.a. für die rationellste Organisation der Transportketten, für die Kooperation aller am Transportprozeß Beteiligten sowie für die Organisation des Berufsverkehrs verantwortlich. Sie bestehen auf 3 Ebenen: Zentraler Transportausschuß (ZTA) als beratendes Organ des Ministers für Verkehrswesen (er ist zugleich dessen Vorsitzender); Bezirkstransportausschüsse (BTA) als beratendes Organ der für Verkehr zuständigen Bezirksräte; Kreis- bzw. Stadttransportausschüsse (KTA bzw. STA) als Beratungsorgane für die zuständigen Räte der örtlichen Volksvertretungen (Örtliche Organe der Staatsmacht). Sie arbeiten nach Statuten, die für den ZTA in der Anlage zur GTVO vom 2. 2. 1982 (vgl. GBl. I, S. 22 f.) und für die BTA, KTA und STA im Tarif- und Verkehrsanzeiger veröffentlicht sind. Mitglieder sind Mitarbeiter von Staatsorganen, Wirtschaftsbetrieben und Kombinaten sowie der Verkehrsträger. Die Transportausschüsse beraten und entscheiden über Maßnahmen zur Verbesserung des Berufsverkehrs, über methodische Fragen der Transportbedarfsermittlung, -planung und -bilanzierung, die Aufgabenteilung zwischen den Verkehrsträgern, die Entwicklung und Ausnutzung der Transportkapazitäten (einschl. des Werkverkehrs) sowie über kurzfristig operative Maßnahmen der Transportdurchführung. Jeder Transportausschuß hat für die Lösung operativer Aufgaben im Berufs- und im Güterverkehr ein Berufsverkehrsaktiv bzw. eine Operativgruppe Güterverkehr. Bei akuten Transportproblemen wird der operative Dienst der Transportbüros beim ZTA bzw. bei den BTA tätig. III. Transportplanung Wie die übrigen Bereiche der Volkswirtschaft wird auch der Verkehrsbereich — und hier vor allem der Güterverkehr — dirigistisch vom Staat gelenkt und geplant. Hierfür hat die DDR eine Vielzahl von operativen (Quartals-, Monats-, Dekaden-, Tagespläne), kurzfristigen (Jahrespläne), mittelfristigen (Fünfjahrpläne) und langfristigen (Generalverkehrsschema für das Verkehrswegenetz der DDR, Generalverkehrspläne für Bezirke, Kreise, Städte und Ballungsgebiete) Plänen entwickelt. Die langfristigen Pläne beinhalten für einen Zeitraum von 15 bis 20 Jahren die Entwicklungslinien des Transports für das Gesamtterritorium der DDR oder für kleinere territoriale Einheiten (Bezirke, Städte) und die sich daraus ergebenden Konsequenzen für das jeweilige Verkehrswegenetz. Sie werden vom MfV unter Mitwirkung der örtlichen (Räte der Bezirke und Kreise) und zentralen Organe des V. erarbeitet. Aus diesen werden die Schwerpunkte für die mittelfristige Planung, die Fünfjahrpläne (u.a. Personen- und Güterbeförderungsbedarf; wissenschaftlich-technische Entwicklung und Grundfondsreproduktion; Planung des Arbeitskräfte-, Energie- und Materialeinsatzes; Kennziffern für den Transportaufwand; Maßnahmen zur ökonomischen Integration mit den sozialistischen Ländern) abgeleitet und per Beschluß der Volkskammer zum Gesetz erhoben. Auf dieser Grundlage werden die bilanzierten Jahrespläne, die wesentlich präziser und detaillierter sind, ausgearbeitet. Diese enthalten die Ziele (Transportleistungen für alle Transportzweige und -betriebe) sowie die zu deren Verwirklichung notwendigen Mittel (u.a. wissenschaftlich-techn. Entwicklung, Arbeitskräfteeinsatz, Grundmittel, Energie, Material) in Natural- und Wertkennziffern. Der Jahresplan wird zwecks unmittelbarer Umsetzung und Durchführung der Transportaufgaben unter Berücksichtigung der Schwankungen des jährlichen Transportbedarfs in operative Pläne (für Quartale, Monate, Tage, Brigaden usw.) zerlegt. Diese spielen vor allem bei der DR eine große Rolle. Die Hauptforderung für die 80er Jahre auf allen Planungsebenen ist, den Transportaufwand zu senken und Energie einzusparen. Die Transport-VO (TVO — vom 28. 3. 1973 — GBl. I, S. 233) als die in den 70er Jahren wichtigste Rechtsvorschrift genügte hinsichtlich ihrer Gesamtzielstellung sowie den Rechten und Pflichten aller am Transportprozeß Beteiligten nicht mehr diesen Anforderungen und wurde deshalb im Jahre 1982 durch die Gütertransport-VO (GTVO — vom 10. 12. 1981 — GBl. I, S. 13) ersetzt. Dieses Gesetz umfaßt die Grundsätze für die Planung, Leitung und Organisation des öffentlichen Gütertransports, für die Aufgabenteilung und das Zusammenwirken von Eisenbahn, Binnenschiffahrt und Kraftverkehr sowie Grundsätze für [S. 1419]die Kooperation von Verkehrsträgern und Transportkunden. Ein wichtiges Planungsinstrument ist die Transportbilanzierung (Transportbilanz-AO — TBAO — in der Neufassung vom März 1982). Die TBAO enthält Bestimmungen über die Bilanzierung der erforderlichen Transportleistungen mit den Transportkapazitäten der einzelnen Verkehrsträger. Die Ausarbeitung der in den Jahres- und Fünfjahrplänen enthaltenen staatlichen Plankennziffern Tonnen (t) und Transportleistungen (tkm — Tonnenkilometer) basiert auf diesen Transportbilanzen, die auf folgenden Leitungsebenen erstellt werden: Das MfV erstellt die Transportbilanz der DDR, die Räte der Bezirke die für die Bezirke (einschl. DR und Binnenschiffahrt), die Räte der Kreise für die Kreise, jedoch nur für den Straßentransport. Im Personenverkehr werden nur die Bereiche des öffentlichen Verkehrs in die konkrete Planung einbezogen. Der Individualverkehr, der in der DDR inzwischen dominiert, ist offensichtlich auch in einem sozialistischen Land einer Planung nicht zugänglich und wird deshalb ausgeklammert. In den längerfristigen Planungen (Generalverkehrsplan, Generalverkehrsschema), die mit den Bebauungsplänen für Städte und Gemeinden abgestimmt werden, wird er zwar berücksichtigt, indes nicht mehr in den Fünfjahr- und Jahresplänen. Hier werden zwar Leistungskennziffern für die Produktion von Pkw-Reifen sowie für die Kfz-Instandhaltung vorgegeben, Angaben zur Pkw-Bestandsentwicklung oder andere den Individualverkehr betreffende Orientierungsrichtlinien sucht man vergebens. Dies ist um so erstaunlicher, als dieser mittlerweile der größte Energieverbraucher im V. ist und sich somit am ehesten für Maßnahmen zur Energieeinsparung anbieten würde. Appelle an das „sozialistische Bewußtsein“ der DDR-Bürger, das Auto wenigstens im Stadtverkehr nicht übermäßig zu nutzen, können eine integrierte Verkehrspolitik, die Einzelmaßnahmen für die Transportzweige an einem alle Verkehrsträger umfassenden Gesamtkonzept ausrichtet, nicht ersetzen. IV. Verkehrsangebot Kriegszerstörung und Demontagen hatten das Verkehrswegenetz der SBZ/DDR erheblich in seiner Leistungsfähigkeit geschwächt. Die DDR-Führung sah es nach der Teilung Deutschlands in 2 Staaten zunächst als ihre Hauptaufgabe an, eine eigene Grundstoff- bzw. Schwerindustrie aufzubauen. Eine Modernisierung bzw. Erweiterung der Verkehrswege unterblieb. Diese Entscheidung erwies sich in der Folge nicht zuletzt deshalb als besonders nachteilig, weil durch den Aufbau neuer Industriezentren sowie das Entstehen neuer Wohn- und Siedlungsschwerpunkte sich nicht nur das Verkehrsaufkommen beträchtlich erhöhte, sondern sich auch die Verkehrsströme zunehmend in eine Nord-Süd-Richtung verlagerten. Bis zum Kriegsende dominierten die Verkehrsströme in Ost-West-Richtung mit einem entsprechend ausgebauten Verkehrswegenetz. Die gegenwärtige Struktur und Leistungsfähigkeit der Verkehrsinfrastruktur wird noch weitgehend von dieser Ausgangssituation geprägt. Die ersten umfangreichen Investitionen — Bau des Havel-Kanals bzw. des Berliner Außenrings zur Umgehung West-Berlins — wurden von politischen Zielstellungen bestimmt, die trotz völlig unzureichender Kapazität wesentlich wichtigerer Hauptverkehrsverbindungen absolute Priorität hatten. Für den Ausbau Rostocks als Überseehafen sprachen neben dem Wunsch nach Unabhängigkeit im Seeverkehr von Hamburg oder Stettin devisenwirtschaftliche Überlegungen, aber auch nationale Prestigegesichtspunkte. Erst Ende der 60er bzw. in den 70er Jahren begann man mit der Rekonstruktion und der Erweiterung wichtiger Hauptverbindungen im Eisenbahn- und Straßenbereich, was z.T. nur durch die finanzielle Unterstützung der Bundesregierung (für die Transitstrecken) möglich wurde (Innerdeutsche Beziehungen; Westgeldeinnahmen). Das Verkehrswegenetz ist zwar — selbst im Vergleich mit westlichen Industrieländern — relativ dicht, genügt in seiner strukturellen Zusammensetzung und seinem qualitativen Ausbauzustand jedoch nicht den Anforderungen, die Bevölkerung und Wirtschaft stellen. Die relativ hohen Anteile der Eisenbahn (zwei Fünftel) und des Straßenwesens (Staats- und Bezirksstraßen: ein Drittel) am gesamten Grundmittelbestand des Transportsektors spiegeln zwar in etwa die Bedeutung beider Bereiche für die Verkehrsabläufe in der DDR wider, sie sind jedoch kein Beleg für einen — etwa mit der Bundesrepublik Deutschland — vergleichbar guten Ausbauzustand. Die insgesamt nach wie vor sehr knappen Investitionsmittel für den Verkehrsbereich zwingen die Verkehrsplaner, diese auf Schwerpunktbereiche wie die Eisenbahn (bisher knapp 50 v.H.) und den Straßenbereich (20–25 v.H.) zu konzentrieren. A. Eisenbahn Die Dichte des Eisenbahnnetzes der Deutschen Reichsbahn (DR) entspricht mit 13,1 km/100 qkm annähernd derjenigen in der Bundesrepublik. Entsprechend der Wirtschafts- und Bevölkerungsdichte weisen die südlichen Bezirke Karl-Marx-Stadt, Dresden und Leipzig die höchsten und die nördlichen Bezirke Potsdam und Neubrandenburg die niedrigsten Flächendichten auf. Die Anteile zwei- und mehrgleisiger (ca. 30 v.H.) sowie elektrifizierter Strecken (15 v.H.) — einschl. Berliner S-Bahn — an der Gesamtbetriebslänge von 14.226 km liegen weit unter dem europäischen Durchschnitt. Dieser man[S. 1420]gelhafte Ausbauzustand wirkt sich deshalb besonders gravierend aus, weil die Eisenbahn nach wie vor das Rückgrat des V. bildet — die mittel- und langfristigen verkehrskonzeptionellen Vorstellungen verstärken sogar noch deren Position — und sie pro Kilometer Netzlänge vergleichsweise wesentlich höhere Verkehrsleistungen erbringen muß. Auch energiewirtschaftliche Gesichtspunkte waren maßgebend für die Zielstellung, die Eisenbahnen noch stärker als bisher in die binnenländischen Gütertransporte einzubeziehen. Zu diesem Zweck sind viele flankierende Maßnahmen ergriffen worden. Ehemals für unrentabel gehaltene und deshalb stillgelegte Nebenstrecken werden z.T. wieder in Betrieb genommen. Auch das Netz der Schmalspurbahnen (rd. 300 km) wird daraufhin überprüft, ob es unter den veränderten energiewirtschaftlichen Rahmenbedingungen rentabel im Güterverkehr genutzt werden kann. Wegen eines zu geringen Ladungsaufkommens geschlossene Güterbahnhöfe, Zugangs- und Anschlußstellen sind z.T. ebenfalls wieder eröffnet worden. Alle Großkunden der DR erhalten einen Gleisanschluß. Für Elektrifizierung, Ausbau des Hauptnetzes und der Rangierbahnhöfe, Ausstattung mit moderner Sicherungstechnik, verstärkte Einführung von Mikroelektronik und Robotertechnik u.a.m. werden im laufenden Fünfjahrplan (1981–1985) über 50 v.H. des Investitionsfonds des gesamten Transportwesens aufgewendet. B. Straßen Im Straßennetz wurden die bereitgestellten Mittel überwiegend dazu verwendet, das Wegenetz von gegenwärtig 1881 km Autobahnen (einschl. Autobahnanschlußstellen), 11.258 km Fernverkehrsstraßen, 34.242 km Bezirksstraßen (Landstraßen 1. und 2. Ordnung) sowie rd. 73.000 km Gemeindestraßen zu erhalten und zu erneuern. Angesichts der Ressourcenknappheit gelang dies aber nur sehr unvollkommen. Der Zustand der Fahrbahndecken, die Ausbauprofile der Fernverkehrsstraßen sowie die vergleichsweise hohe Anzahl der straßengleichen Schienenübergänge entsprechen nicht den Erfordernissen des heutigen Straßenverkehrs. Die auch in der DDR rasch zunehmende individuelle Motorisierung bewirkt vor allem im stark industrialisierten und bevölkerten Süden immer häufiger Engpässe, obwohl dort die Netzdichte (km/100 qkm) bei Fernstraßen bis zu viermal größer als im Norden ist (1982: Bezirk Dresden 754; Bezirk Neubrandenburg 209). Fernstraßenprojekte von nennenswerter Bedeutung waren nach dem Kriege der Autobahnabschnitt Dresden–Leipzig (74 km) — Fertigstellung 1971, die Autobahn Berlin-Rostock (228,5 km) mit Bedeutung auch für den Transitverkehr der skandinavischen Länder — Fertigstellung 1978, sowie die Schließung des Berliner Ringes (28 km) im Westen der Stadt — Fertigstellung 1979. Schließlich wurde Ende 1982 auch der Neubau der Autobahnverbindung zwischen Berlin und Hamburg auf DDR-Gebiet abgeschlossen (Neubaustrecke ab Rostocker Autobahn, Abzweig Wittstock bis Zarrentin, Grenzübergangsstelle zur Bundesrepublik 128 km, zuzüglich Autobahnzubringer vom Berliner Ring (Velten) nach Stolpe-Dorf, Grenzübergangsstelle nach West-Berlin 12 km). Den größten Teil der Kosten für dieses Bauvorhaben trug die Bundesrepublik Deutschland (1,2 Mrd. DM). Ebenfalls mit erheblicher finanzieller Unterstützung durch die Bundesregierung wurde die Haupttransitstrecke Berlin-Helmstedt zwischen Berliner Ring, Abzweig Leipzig, und Marienborn (127 km) von Grund auf erneuert und der Berliner Ring zwischen Abzweig Leipzig und Abzweig Drewitz (12 km) gleich[S. 1421]zeitig sechsspurig ausgebaut. Diese Baumaßnahmen wurden zwischen 1976 und 1980 vorgenommen. An den Gesamtkosten (405 Mill. M) beteiligte sich die Bundesregierung mit etwa ⅔ (260 Mill. DM). Die genannten Neubaustrecken waren fast ausnahmslos schon vor dem II. Weltkrieg geplant. Das insgesamt stark überalterte und dringend reparaturbedürftige Straßennetz kann nur sehr schleppend rekonstruiert werden. Von den Gesamtinvestitionen des Transportwesens gingen in den 60er und 70er Jahren etwa 20–25 v.H. in den Straßenbereich. Der Anteil dürfte jetzt geringer sein, da 70 v.H. aller Verkehrsinvestitionen im laufenden Fünfjahrplan allein von der Bahn und der Seeschiffahrt absorbiert werden. Ob bei durchschnittlich jährlich 6 v.H. mehr Individualverkehr das bestehende Straßennetz in der Substanz erhalten und eine bessere Befahrbarkeit als bisher gewährleistet werden kann, ist sehr fraglich. C. Nahverkehr Im innerstädtischen Verkehr ist die Straßenbahn der Hauptverkehrsträger. Die langfristige Zielstellung für den Stadtverkehr, auch hier den elektrisch betriebenen Nahverkehrsmitteln absoluten Vorrang zu geben, hat nach jahrzehntelang zurückgestellten Erneuerungsmaßnahmen dazu geführt, die Straßenbahnnetze etappenweise zu rekonstruieren. In einigen Städten werden sie durch die Schaffung eigener Trassen zu einem Schnellstraßenbahnnetz ausgebaut. Dies geschieht ebenso wie der Einsatz moderner Großraumwagen (TATRA — aus der ČSSR) nur sehr langsam. Lediglich in Berlin (Ost) existiert eine U-Bahn, der O-Bus nur in einigen Städten. Im Rahmen des gesamten Verkehrssystems spielen beide Verkehrsmittel bisher jedoch keine Rolle, obwohl der O-Bus-Betrieb zwecks Einsparung von Dieselkraftstoff erweitert werden soll. Ausbau- bzw. Erweiterungspläne für das Schnellbahnnetz sind von der DR in Dresden, Halle, Leipzig, Magdeburg, Rostock und Berlin verwirklicht worden. Außerdem soll die Eisenbahn in Städten und Ballungsgebieten zunehmend Aufgaben des Nahverkehrs — vom Omnibus — übernehmen, obwohl ihre Strecken schon heute durch den Güter- und Fernreiseverkehr vielfach völlig überlastet sind. Das Angebot im öffentlichen Linienbusverkehr wird zu verkehrsschwachen Zeiten reduziert, ebenso dann, wenn ein alternatives Angebot der Bahn vorhanden ist. Die für den Nahverkehr im laufenden Fünfjahrplan ohnehin geringen zur Verfügung stehenden Investitionsmittel werden überwiegend für die verkehrstechnische Erschließung neuer Wohnviertel benötigt, die fast ausschließlich in Stadtrandlage errichtet werden. Für die grundlegende Modernisierung der vorhandenen Infrastruktur bleibt kaum etwas übrig. D. Wasserstraßen und Binnenschiffahrt Das schon 1945 gut ausgebaute Wasserstraßensystem von derzeit 2.319 km Länge — davon 1675 km Hauptwasserstraßen — verlor wegen der veränderten Stellung Berlins und wegen der Tatsache, daß Oder und eingeschränkt auch die Elbe zu Grenzflüssen der DDR wurden, erheblich an Bedeutung. Da die Ursprungsregionen der wichtigsten Massengüter, wie das sächsische Industriegebiet, nicht durch leistungsfähige Wasserstraßen erschlossen sind, wurde der Hafen Rostock auch nach seinem Ausbau zum Überseehafen nicht an das Wasserstraßennetz (bei Wittenberge in die Elbe) angeschlossen. Dieser mehrfach geplante Nord-Süd-Kanal würde gleichzeitig eine allgemeine Netzerweiterung in den Industriegebieten und eine Niedrigwasserregulierung von Elbe und Oder voraussetzen, wenn die Binnenschiffahrt eine größere Bedeutung innerhalb des Massengüterverkehrs erreichen soll. Der Anfang der 50er Jahre aus politischen Gründen gebaute 32 km lange Havelkanal zur Umgehung West-Berlins war bisher die einzige nennenswerte Baumaßnahme im Infrastrukturbereich der Binnenschiffahrt. Für die Erfüllung der aktuellen verkehrspolitischen Forderung, die Binnenschiffahrt als energiegünstigsten Transportzweig stärker in den binnenländischen Gütertransport einzubeziehen — sie soll z.T. Transporte von der Bahn, vor allem aber vom Kraftverkehr übernehmen —, reichen die vorhandenen Wasserstraßen, trotz Niedrigwasser im Sommer und Vereisung im Winter, aus. Die am stärksten belasteten Streckenabschnitte des Netzes sind die in Ost-West-Richtung; selbst diese weisen einschl. des West-Berliner Verkehrs derzeit nur eine Auslastung von unter 50 v.H. aus. Allerdings ist eine Modernisierung und Erweiterung der Binnenhäfen erforderlich. Das gleiche gilt für die Zugangsstellen zum Wasserstraßennetz und die Umschlaganlagen in den Häfen. Die wichtigsten Binnenhäfen sind: Magdeburg, Frankfurt/O., Dresden, Berlin (Ost), Potsdam und Halle. Das am 1. 1. 1979 gebildete VEB Kombinat Binnenschiffahrt und Wasserstraßen, Sitz Berlin, ist zuständig für alle Transport-, Umschlag- und Reparaturprozesse, für Bauarbeiten an den Wasserstraßen sowie deren Betrieb und technische Einrichtungen wie Schleusen und Hebewerke. Das Verkehrsangebot dieses Kombinats ist in jüngster Zeit um einen Containerdienst und zwei regelmäßige Stückgutlinien erweitert worden. Um noch mehr Transporte von der Straße auf den Wasserweg verlagern zu können, wurde im Bezirk Brandenburg die Holzflößerei wieder eingeführt. Die Flotte ist durch den verstärkten Einsatz der Schubschiffahrt bereits in den 60er Jahren modernisiert worden. Der Binnenschiffsbestand von 1161 Einheiten (1982) müßte jedoch von der Zahl oder von der Tragfähigkeit (601.500 t) her erhöht werden, [S. 1422]wenn die Leistungen im laufenden Fünfjahrplan wie vorgesehen um mindestens 25 v.H. steigen sollen. Gewisse Kapazitätsreserven bestehen derzeit allerdings noch in einer besseren Auslastung sowie in einer Beschleunigung des Umschlagverfahrens. E. Seehäfen und Seeschiffahrt Die durch Kriegseinwirkungen zerstörten Seehäfen Rostock, Wismar und Stralsund wurden wiederaufgebaut und erheblich erweitert. Mit Hilfe von Investitionen von fast 700 Mill. Mark (von 1957–1970) hat Rostock unter allen Ostseehäfen hinsichtlich der jährlichen Umschlagsmengen einen vordersten Platz erlangt. Rostock ist vor allem ein Eisenbahnhafen mit einem der größten Verschiebebahnhöfe der DDR. Die 1978 fertiggestellte Autobahn nach Rostock sowie die Elektrifizierung der Eisenbahnstrecke Berlin-Rostock (Fertigstellung Ende 1984) sollen dazu dienen, die Bedeutung dieses Hafens weiter zu erhöhen. Durch gezielte Investitionen ist Rostock zu einem Universalhafen mit Ölhafen, Schütt- und Stückgutbereich ausgebaut worden. Bis zu 80.000 BRT-Schiffe können über einen 7 km langen Verbindungskanal das Hafenbecken anlaufen. Derzeit werden ein Chemiehafen gebaut, ein Getreidehafen fertiggestellt sowie die Ro/Ro-Container-Umschlaganlagen beträchtlich erweitert. Werden bis 1985 die Planziele erreicht, dann hat Rostock in etwa die gleiche Größenordnung (hinsichtlich der jährlichen Umschlagleistungen) wie heute Bremen-Bremerhaven, der zweitgrößte Hafen der Bundesrepublik. Die Häfen Wismar und Stralsund sind Spezialhäfen für Kali und Getreide bzw. Holz und Schüttgüter und gegenüber Rostock relativ bedeutungslos. Alle drei DDR-Seehäfen arbeiten an der Kapazitätsgrenze. Die im laufenden Fünfjahrplan geplanten Steigerungen der Hafenumschlagsleistungen, vor allem um den gegenwärtig noch hohen — mit Valutaausgaben verbundenen — Fremdhafenumschlag (z.B. via Hamburg) zu verringern, lassen sich nur mit einem entsprechenden Ausbau der Kaianlagen verwirklichen. Parallel zum Ausbau der Seehäfen wurde die Handelsflotte beträchtlich erweitert, nachdem in den 50er Jahren in den durch Reparationsmaßnahmen weitgehend dezimierten DDR-Werften überwiegend Schiffe für die UdSSR repariert wurden (Schiffbau). Unter den insgesamt 174 Handelsschiffen im Jahre 1983 waren 6 Tanker mit 8 v.H. Anteil an der Gesamttonnage; die 103 Stückgutfrachter hatten einen Anteil von 59 v.H., die 17 Massengutschiffe einen von 20 v.H., während Container-, Ro/Ro-, Erz-, Öl-, Frucht- und Küstenmotorschiffe demgegenüber bedeutungslos sind. Die Handelsflotte der Bundesrepublik ist etwa sechsmal größer. Das dem MfV direkt unterstellte VEB Kombinat Seeverkehr und Hafenwirtschaft --- Deutfracht/Seereederei (Gründung am 1. 1. 1974), Sitz Rostock, mit seinen Kombinatsbetrieben ist für Transport, Umschlag und Lagerung sämtlicher Außenhandelsgüter der DDR und ausländischer Kunden sowie für die gesamten Bauarbeiten in den Häfen verantwortlich. F. Luftverkehr Für den Luftverkehr wurde Berlin-Schönefeld als internationaler Großflughafen ausgebaut und durch S-Bahn-, Fernbahn- und Autobahnanschluß in das Verkehrsnetz eingefügt. Der Inlandsflugverkehr ist 1980 aus energiewirtschaftlichen Gründen vollkommen eingestellt worden. Das Flugliniennetz der Interflug umfaßte 1983 einschließlich der nichtständigen Fluglinien 60 Strecken [S. 1423]mit einer Gesamtlänge von 122.189 km. Regelmäßig angeflogen werden vor allem die Metropolen und größeren Städte fast aller sozialistischen Länder (bis auf China und Nordkorea) sowie die meisten arabischen Hauptstädte (Kairo, Khartum, Addis Abeba, Beirut, Damaskus, Tripolis, Tunis, Algier, Bagdad). Daneben bemüht sich die Interflug auch stark um regelmäßige Liniendienste mit westlichen Ländern, vor allem in Europa. Lt. Sommerflugplan 1983 wurden Kopenhagen, Stockholm, Helsinki, Brüssel, Rom, Wien, Athen, Mailand, Madrid, Lissabon und Amsterdam mindestens einmal wöchentlich angeflogen. Darüber hinaus bestehen Verbindungen nach Istanbul, Ankara, Karatschi, Larnaca, Lagos, Maputo, Luanda und einige Charterverbindungen für Touristen aus West-Berlin. Daneben werden von Dresden, Erfurt und Leipzig noch Budapest, Leningrad, Moskau und Sofia regelmäßig angeflogen. — Eingesetzt wird ausnahmslos sowjetisches Fluggerät, die IL 62 vorwiegend auf überseeischen Flugrouten, die TU 154 (ähnlich der Boeing 727–100) und die TU 134 (ähnlich der älteren frz. Caravelle) hauptsächlich im europäischen Raum. Auf besonders kurzen Strecken (Routen in die benachbarten RGW-Länder) kommen z.T. auch noch Turbo-Propellerflugzeuge vom Typ IL 18 zum Einsatz. Träger des Luftverkehrs ist die 1958 gegründete Interflug GmbH (IF), die dem MfV unterstellt ist. Sie ist zuständig für den gesamten Flugbetrieb (einschl. Wirtschaftsflug), die Unterhaltung, den Betrieb und Ausbau der Verkehrsflughäfen sowie die Flugsicherung der DDR. Die IF gliedert sich in die Betriebe Verkehrsflug, Agrarflug, Flughäfen, Flugsicherung und Bildflug. Sie wird von einem Generaldirektor (gleichzeitig Stellvertreter des Ministers für V. — derzeit Dr. Klaus Henkes, SED) geleitet. Die IF hat rd. 50 staatliche Luftverkehrsabkommen abgeschlossen und ist Mitglied in mehreren internationalen Luftverkehrsorganisationen. Neben der Mitgliedschaft in Organisationen der RGW-Länder gehört sie seit 1958 der Internationalen Vereinigung der Nachrichtenverbindungen der zivilen Luftfahrt (SITA) an. 1969 ist der Flughafen Schönefeld der Internationalen Vereinigung der Zivilflughäfen (ICAA) beigetreten. Der IATA gehört die IF, wie die meisten RGW-Fluggesellschaften (bis auf LOT und CSA), nicht an. G. Rohrleitungsnetz Für den verstärkten Ausbau der Petrochemie (Chemische Industrie), den erhöhten Treibstoffbedarf sowie einen allgemein steigenden Energieverbrauch der Wirtschaft und der Bevölkerung ist in der DDR ein Fernleitungsnetz von rd. 1300 km Länge gebaut worden. Es umfaßt u.a. die Leitungen von Leuna (Chemie), Rostock (Ölhafen) und Berlin (Produktenpipeline) nach Schwedt/O., dem Zentrum der Petrochemischen Industrie in der DDR, und dem Endpunkt einer Fernleitung aus der UdSSR sowie die Erdgaspipeline DDR-ČSSR (dort Anschluß an die Sojus-Erdgasleitung aus der Sowjetunion). Gegenüber der Bundesrepublik (2.100 km) ist die Netzlänge relativ hoch. Die Rohrleitungen liegen nicht im Verantwortungsbereich des MfV, sondern des Ministeriums für Chemische Industrie. V. Verkehrsleistungen A. Güterverkehr Die Güte des Transportsystems wurde bis Ende der 70er Jahre in erster Linie daran gemessen, ob die in den jeweiligen Jahres- und Fünfjahrplänen vorgesehenen Leistungssteigerungen realisiert werden konnten, und weniger daran, ob die Transportdurchführung volkswirtschaftlich effizient war. Ein derartiges Vorgehen wurde durch die Tatsache begünstigt, daß die Investitionsmittel nicht ausreichten, die in ihrer Grundsubstanz vom ehemaligen Deutschen Reich übernommenen Verkehrsanlagen den gestiegenen sowie gegenüber früher erheblich veränderten Transportaufgaben anzupassen. Auch die Entwicklung der Transportkapazitäten im öffentlichen Güterverkehr entsprach nicht dem steigenden Bedarf. Dieser Mangel bewirkte eine starke Ausweitung des Werkverkehrs mit Lkw, einer Verkehrsart, die sich auch in einem sozialistischen Staat bislang weitgehend der zentralen Planung entzog. Der Werkverkehr ist wegen der besseren Verfügbarkeit von Transportraum für die Betriebe vorteilhaft; aufgrund einer geringeren räumlichen und zeitlichen Auslastung und des zum Teil daraus folgenden höheren spezifischen Energieverbrauchs volkswirtschaftlich jedoch teurer als der Schienenverkehr, die Binnenschiffahrt oder der öffentliche Güterkraftverkehr. Ein weiteres Problem für die Planungsbehörden der DDR resultierte daraus, daß die Betriebe einen überhöhten Transportbedarf anmeldeten, um angesichts des ständig knappen Transportraums eine gewisse Reserve zu haben. Da eine übergeordnete Prüfung in der Regel nicht erfolgte, konnten die zur Verfügung stehenden Transportkapazitäten kaum entsprechend den wirklichen Bedürfnissen der Betriebe und Wirtschaftszweige verteilt werden. Diese Besonderheiten führten zu überhöhten Kosten je transportierte Leistungseinheit (Mark/t bzw. tkm). Daneben wird in der DDR auch der hohe Transportumfang (t bzw. tkm je Einheit des Bruttosozialprodukts) kritisiert. In allen neueren Plänen, Gesetzen, Verordnungen, Richtlinien u.ä. wird diesen Gegebenheiten Rechnung getragen. So heißt es im Gesetz über den Fünfjahrplan 1981–1985: „Zur Senkung des gesellschaftlichen Aufwandes in der Volkswirtschaft so[S. 1424]wie aus energieökonomischen Gründen ist der spezifische Transportaufwand aller Wirtschaftszweige durch Optimierung der Liefer- und Transportbeziehungen systematisch zu senken“ (Gesetz über den Fünfjahrplan … 1981–1985 vom 3. 12. 1981 — GBl. I, S. 412), und zwar um mindestens 20 v.H. Die Verringerung des Transportaufwandes soll demnach vor allem zur Energieeinsparung beitragen. Der Verkehrssektor ist — wie in der Bundesrepublik — nach Industrie und Haushalten der drittgrößte Energieverbraucher. Die Überlegungen im Güterverkehr konzentrieren sich dabei auf 2 Punkte: 1. Wie kann bei den einzelnen Verkehrsträgern mit weniger Energie mehr transportiert werden? 2. Wie kann durch eine andere Arbeitsteilung zwischen den Verkehrsträgern Energie eingespart werden? Nach DDR-Berechnungen verhält sich der spezifische Energieverbrauch (Kilojoule je Bruttotonnenkilometer) bei Binnenschiffahrt, Eisenbahn und Kraftverkehr wie 0,6–0,8:1:3. Die gegenwärtige Verkehrsteilung und auch die Entwicklung in den 60er und 70er Jahren sind deshalb als nicht optimal zu bezeichnen. Die Bedeutung der Binnenschiffahrt ist seit Jahren unverändert gering. Wie in den anderen RGW-Staaten dominiert die Eisenbahn, die rd. 7/10 der Verkehrsleistungen (tkm) im binnenländischen Güterverkehr erbringt (Bundesrepublik: ¼). Trotz jährlich steigender Transportmengen (t) verlor die Bahn jedoch bis 1980 gegenüber dem Straßengüterverkehr an Bedeutung, dessen Anteil an den Leistungen auf rd. ¼ (Bundesrepublik: ca. 50 v.H.) anstieg. Auch der Rohrleitungstransport wurde in den vergangenen Jahren kräftig ausgedehnt, während der Luftverkehr im binnenländischen Gütertransport keine Rolle spielt. Die konsequente Durchsetzung des obersten Gebots, den Transportaufwand zu senken und Energie einzusparen, führte seit Beginn des lfd. Fünfjahrplanes zu einer kontinuierlichen Verringerung von Transportmengen und -leistungen sowie einer Verkehrsverlagerung vom Straßengüterverkehr zu den energiewirtschaftlich günstigeren Transportzweigen Eisenbahn und Binnenschiffahrt. Die Gründe für die Vorrangstellung der Eisenbahn liegen in erster Linie darin, daß die staatliche Planung eine noch stärkere Ausweitung des Straßengüterfernverkehrs durch gesetzliche Regelungen verhindert hat. Nach der 1973 in Kraft getretenen Transport-VO (TVO) — 1982 durch die Gütertransport-VO (GTVO) ersetzt —, die die Aufgabenteilung zwischen Eisenbahn, Binnenschiffahrt und Kraftverkehr regelt, durften Transporte außerhalb des 50 km-Luftlinienumkreises in der Regel nur von der Bahn oder der Binnenschiffahrt durchgeführt werden. Ein verstärkter Lkw-Einsatz im Binnengüterverkehr — wie in der Bundesrepublik — hätte einen mit Devisenausgaben verbundenen Import von Lkws und/oder den Aufbau einer eigenen Lkw-Produktion sowie eine durchgreifende qualitative Verbesserung des Straßennetzes erfordert. Aus Mangel an Devisen bzw. Investitionsmitteln konnte dieser Weg nicht eingeschlagen werden. Weil die Binnenschiffahrt sehr ungünstige Angebotsbedingungen — die Wasserstraßen erschließen die Industriegebiete kaum und verlaufen in Ost-West-Richtung, während die Hauptgüterströme in einer Nord-Süd-Richtung verlaufen — aufweist, mußte zum [S. 1425]größten Teil die DR die Ferngütertransporte übernehmen. Die DR hat 1983 rd. 325 Mill.~t Güter befördert. Die Verkehrsleistung betrug etwa 55 Mrd. tkm (Bundesrepublik: 300 Mill.~t bzw. 56 Mrd. tkm einschließlich der nichtbundeseigenen Eisenbahnen). Kohle, Koks und Baumaterialien haben einen Anteil von über 50 v.H. am Gesamttransportaufkommen der DR. Bei Transporten von Baumaterialien, Fertigwaren und Stückgut erbringt die Bahn Leistungen, die in westlichen Ländern zum größten Teil von der Binnenschiffahrt bzw. dem Lkw übernommen werden. Wenn die erschwerten Bedingungen — hinsichtlich des zweigleisigen und elektrifizierten Ausbauzustandes — berücksichtigt werden, sind diese Leistungen sehr beachtlich. Beim Straßengüterverkehr (einschl. Nah- und Werkverkehr) sind Transportaufkommen und -leistungen bis 1980 kräftig gestiegen, ab 1981 jedoch stark rückläufig. Gegenüber der Bundesrepublik ist die Struktur völlig verschieden. Aufgrund der gesetzlichen Restriktionen hat der Lkw-Fernverkehr (mehr als 50 km Transportweite) nur einen Anteil von 3 v.H. (1982) am gesamten Transportaufkommen (Bundesrepublik: rd. 10 v.H.). Bei den Verkehrsleistungen beträgt der Anteil des Fernverkehrs 8 v.H. (Bundesrepublik: ⅓). Besonders problematisch ist in der DDR die Abstimmung zwischen öffentlichem Kraftverkehr und Werkverkehr, der fast die Hälfte aller Güter im binnenländischen Güterverkehr befördert. Die Werkfuhrparks haben eine wesentlich geringere zeitliche und räumliche Kapazitätsauslastung als die Lkws der öffentlichen Kraftverkehrsbetriebe. Sie stehen allerdings den Betrieben ständig zur Verfügung und sind daher im Einsatz wesentlich flexibler. Angesichts der ständigen Engpässe im Transportsektor — besonders im Bausektor — ist es seit einigen Jahren üblich, den Betrieben die unmittelbare Verfügungsgewalt über ihre Lkws in Teilbereichen zu entziehen. Durch bezirkliche Transportausschüsse und Kraftverkehrskombinate — Kraftstoffkontingentierung, Einbeziehung in die Erfüllung überbetrieblicher Transportaufgaben, Koordinierung und Genehmigung von Fernfahrten — sowie unter anderem auch durch die Bildung von Werkfahrgemeinschaften wird angestrebt, den Werkverkehr in das einheitliche sozialistische Transportsystem einzubeziehen. Das Verkehrsaufkommen der Binnenschiffahrt steigt seit 1980 an. Mit einem Anteil von 3 v.H. bei den Leistungen und noch nicht einmal 2 v.H. beim Aufkommen ist sie allerdings nach wie vor der unbedeutendste Verkehrsträger im binnenländischen Güterverkehr. Auch der verstärkte Einsatz der Schubschiffahrt — gegenwärtig werden ¾ aller Binnenschiffstransporte auf diese Weise durchgeführt — sowie die sie begünstigenden Regelungen der TVO konnten hieran nichts ändern. Im Transportaufkommen dominieren Baumaterialien (rd. 50 v.H.), Abfallprodukte (16 v.H.) sowie Kohle und Koks (13 v.H.). Obwohl bei den Transporten von Mineralöl und Mineralölprodukten die Substitution der traditionellen Verkehrsträger durch Rohrfernleitungen fast 10 Jahre später als in der Bundesrepublik einsetzte, haben diese heute einen Anteil von 6 v.H. an den gesamten Transportleistungen im binnenländischen Güterverkehr (Bundesrepublik: 4 v.H.). Parallel zum Ausbau der Ostseehäfen — hier vor allem Rostock — wurde auch der Schiffsbestand der Handelsflotte beträchtlich erweitert, so daß in der Seeschiffahrt erhebliche Leistungssteigerungen erreicht werden konnten. 1983 wurden etwa 12 Mill.~t Güter mit der DDR-Handelsflotte befördert. Der Seeverkehr stagniert in den letzten Jahren — auch die Flotte wurde leicht reduziert —, so daß die im lfd. Fünfjahrplan (1981–1985) vorgesehene Steigerung der Transportmengen um rd. 15 v.H. voraussichtlich nicht verwirklicht werden kann. Beachtlicher noch waren die Leistungssteigerungen in den Seehäfen der DDR. 1983 wurden insgesamt 23,1 Mill.~t in Rostock (77 v.H.), Wismar (20 v.H.) und Stralsund umgeschlagen (Bundesrepublik: 130 Mill.~t, Hamburg 49 Mill.~t). Der weitere Ausbau der Seehäfen (Rostock und Wismar) soll weitere Steigerungen der Umschlagleistungen (1985/1980: 46 v.H.) bewirken. Allein im Seehafen Rostock sollen 1985 etwa 24 Mill.~t (50 v.H. des gegenwärtigen Umschlags im Hamburger Hafen) umgeschlagen werden. Wichtige Ziele dabei sind die Beseitigung des gegenwärtig noch hohen Fremdhafenumschlags in westlichen Häfen, um Devisen einzusparen, und die Steigerung des Umschlags für Dritte, um Valuta zu erwirtschaften. Künftige Entwicklungslinien. Die Hauptforderungen für die 80er Jahre heißen Senken des Transportaufwandes im Binnengüterverkehr und Einsparung von Energie. Eine Vielzahl von Maßnahmen und ökonomischen Stimuli sind bereits eingeleitet worden, um den Gütertransport effizienter, auf kürzestem Weg und mit weniger Energie durchzuführen. Die Optimierung der Transport- und Lieferbeziehungen, die Verfeinerung der Transportplanung und -bilanzierung, die Vorgabe von Planungs- und Abrechnungskennziffern (Transportnormative = Limite zur Inanspruchnahme von Transportleistungen für Ministerien, Kombinate und Betriebe), Veränderungen der Produktions- und Standortstruktur (PTO = Produktions-Transport-Optimierung), sowie Maßnahmen in der Produktion, die den Transportbedarf senken (PTI = Produktions-Transport-Integration) und ein neuer Binnengütertarif sollen den Transportaufwand senken. Die 1982 in Kraft getretenen neuen Binnengüterverkehrstarife verteuerten die Transporte für die verladende Wirtschaft um durchschnittlich 60–70 v.H. [S. 1426]Die Tarifanhebungen, als ökonomischer Anreiz zur Vermeidung unnötiger Transporte und Leerfahrten, trafen alle Verkehrsträger, wenn auch unterschiedlich stark. Die Preisveränderungen sollten nämlich gleichzeitig — aus energiewirtschaftlichen Gründen — Transportverlagerungen zwischen den Verkehrsträgern bewirken. Verteuerten sich die Straßengütertransporte um rd. 80 v.H., stiegen die Preise für Transporte der Binnenschiffahrt nur um 47 v.H. [S. 1427]Konkretes Ziel aller Maßnahmen ist, die gesamten Binnengütertransportmengen (t) und -leistungen (tkm) trotz steigender wertmäßiger Warenproduktion bis 1990 konstant zu halten, nach Möglichkeit sogar zu senken. Der Lkw-Einsatz soll noch rigoroser als bisher auf den Nahbereich, den grenzüberschreitenden Verkehr, den Zubringerverkehr (von/nach Bahnhöfen, Gleisanschlüssen, Binnenschiffahrtsumschlagplätzen) und auf Spezialtransporte beschränkt werden. 5–6 Mill.~t jährlich sollen bis 1990 auf die Eisenbahn verlagert werden. Analog hierzu ist bei Massengütern eine Verlagerung von Transporten der Bahn und der Straße zur Binnenschiffahrt von jährlich 1 Mill.~t beabsichtigt. Damit stiege der Anteil der Bahn an den Transportleistungen im Binnengüterverkehr auf fast ⅘ und der der Binnenschiffahrt auf fast 5 v.H., während sich die Verkehrsleistungen auf der Straße im Anteil fast halbieren würden. Diese Verlagerungen könnten zusammen mit der forcierten Elektrifizierung der Eisenbahn zu erheblichen Einsparungen an Dieselkraftstoffen führen. Es ist allerdings zweifelhaft, ob sich diese Verkehrsverlagerungen in vollem Umfange verwirklichen lassen. Schon heute fehlen der DR mehr als 10.000 Arbeitskräfte, was zu einer Vielzahl von Überstunden führt. Trotz Elektrifizierung, Rationalisierung und weiterer Automatisierung würden sich bei dem Volumen der geplanten Verlagerung die Schwierigkeiten bei der DR eher noch vergrößern. Die bisher erreichten Erfolge sowohl in der Aufwandssenkung als auch bei den Transportverlagerungen — soweit aus den bisher für 1981, 1982 und 1983 veröffentlichten Statistiken erkennbar — zeigen, daß die vorhandenen Möglichkeiten von den DDR-Verkehrsplanern und -Politikern ganz sicher überschätzt werden. B. Personenverkehr Auch im Personenverkehr gelten als Hauptleitlinie der Verkehrspolitik Energieeinsparung und Senkung des Transportaufwandes. Während im Güterverkehr zur Verwirklichung dieser Ziele wie gezeigt ein breitgefächertes Instrumentarium eingesetzt werden kann, sind die Möglichkeiten im Personenverkehr weitaus geringer: Mehr als die Hälfte der Verkehrsleistungen entfällt auf den Individualverkehr, einen Bereich, der sich auch in der DDR weitgehend der staatlichen Planung entzieht. Wie in der Bundesrepublik Deutschland neigt in der DDR der öffentliche Personenverkehr zunehmend zur Stagnation. Der Individualverkehr weist demgegenüber hohe Zuwachsraten auf. Diese Feststellung überrascht, wenn man bedenkt, daß bislang in allen kurz-, mittel- und langfristigen Verkehrsplanungen der Eisenbahn-, Omnibusüberland- und städtische Nahverkehr uneingeschränkte Priorität hatten. Der Individualverkehr wird demgegenüber in den Jahres- und Fünfjahrplänen nicht einmal erwähnt. Für eine integrierte Verkehrspolitik, die Einzelmaßnahmen an einem Gesamtkonzept ausrichtet, fehlen in der DDR überdies die Grundlagen. Eine amtliche Statistik, die auch den Individualverkehr umfaßt, existiert nicht. Die umfassendsten Untersuchungen auf diesem Gebiet fanden bisher ausschließlich im Rahmen des Systems repräsentativer Verkehrsbefragungen (SrV) statt. Das SrV wurde erstmals 1972 in 16 Städten der DDR durchgeführt und bei 2 weiteren Neuauflagen erheblich ausgedehnt. Die Ergebnisse dieser Befragungen gestatteten es immerhin, mit Hilfe weiterer Einzelangaben in DDR-Veröffentlichungen ein Gesamtbild des Personenverkehrs zumindest für einige Jahre zu ermitteln. Entwicklung und Struktur des Personenverkehrs in der DDR sind von der Zunahme des Lebensstandards, der damit einhergehenden wachsenden individuellen Motorisierung und den gestiegenen Zahlen der Erwerbstätigen, Schüler und Studierenden beeinflußt worden. Daneben haben aber auch andere Faktoren wie zunehmende Freizeit, partielle Verbesserungen der Verkehrswege, Verlagerung von Wohnungen in Stadtrandlagen, Konzentrationsprozesse im Gesundheits-, Sozial- und Bildungswesen sowie im Handel und in der Industrie eine Rolle gespielt. Diese Veränderungen hatten zur Folge, daß heute nahezu doppelt so viele Wege je Einwohner mit öffentlichen Verkehrsmitteln, dem Auto oder dem Motorrad zurückgelegt werden als vor 20 Jahren. Unter Berücksichtigung der zurückgelegten Entfernungen war der Anstieg der Mobilität (Personenkilometer je Einwohner) sogar noch größer. Am gesamten Personenverkehr der DDR war der individuelle Verkehr 1983 beim Aufkommen (beförderte Personen) zu fast der Hälfte (Bundesrepublik: ⅘) und bei den Leistungen (Personenkilometer) sogar schon zu ⅗ beteiligt (Bundesrepublik: ⅘) Gegenüber 1960 ist der Individualverkehr damit etwa auf das Fünffache gestiegen. Innerhalb des Rates für gegenseitige Wirtschaftshilfe (RGW) hat die DDR inzwischen den mit Abstand höchsten Motorisierungsgrad. Gegenwärtig besitzen ⅖ aller Privathaushalte in der DDR ein Auto. Unter Einbeziehung der etwa 300.000 Dienst- und Geschäftsfahrzeuge teilten sich in der DDR fast 6 Einwohner (Bundesrepublik: 2,5) in einen Pkw. Das durchschnittliche monatliche Netto-Arbeitseinkommen im Jahr 1982 betrug 800 Mark. Das billigste Auto [Trabant] kostet rd. 9.000 Mark, der Wartburg rd. 20.000 Mark. Importautos sind noch wesentlich teurer.) Während die Kfz-Steuer (18 Mark je angefangenen 100 cm³ Hubraum) höher als in der Bundesrepublik (14,40 DM) ist, sind die Beitragssätze für die Haftpflichtversicherung (z.B. 50-PS-Auto: 153 Mark) deutlich niedriger. Dafür ist der Betrieb eines Autos wiederum teurer. Ein Liter Superbenzin kostet, seit Jahren allerdings unverändert, 1,65 Mark (Normalbenzin: 1,50 Mark). [S. 1428]Ein weiteres zentrales Problem für Autobesitzer ist die Kfz-Instandhaltung. Als Folge der langen Wartefristen und der hohen Preise bei fabrikneuen Pkw werden die vorhandenen Pkw außerordentlich lange genutzt und sind entsprechend reparaturanfällig (durchschnittliche Nutzungsdauer 15 Jahre oder mehr). Die Kfz-Instandhaltungskapazitäten hinken aber dem gestiegenen Bedarf weit hinterher. Selbst wenn die im laufenden Fünfjahrplan vorgesehenen Leistungssteigerungen (knapp 50 v.H.) in diesem Dienstleistungsbereich erreicht werden sollten, dürfte es auch künftig noch Engpässe geben. Trotz dieser Erschwernisse eilt die Nachfrage nach Pkw dem Angebot nach wie vor weit voraus. Gegenwärtig müssen 10 Jahre Wartezeit und mehr in Kauf genommen werden. Das Beförderungsaufkommen der öffentlichen Verkehrsmittel betrug 1983 etwa 4,1 Mrd. Im Durchschnitt fuhren täglich 11 Mill. Personen (Bundesrepublik: 21 Mill.) mit der Eisenbahn, dem Omnibus, der Straßenbahn, dem O-Bus oder der U-Bahn. Sicher auch als ein Ergebnis der Stillegung unrentabler Nebenstrecken bei der DR in den 60er Jahren entfällt davon auf die Bahn nur noch 1/7 (1960: ¼), während im gleichen Zeitraum der Omnibusverkehr (Überland- einschl. Werkverkehr) seinen Anteil von knapp ⅕ auf mehr als ⅓ steigerte. Gemäß der Hauptforderung, Energie einzusparen, soll der in dieser Beziehung ungünstigere Busverkehr über größere Entfernungen nach Möglichkeit reduziert und durch die Eisenbahn ersetzt werden. Auch im städtischen Nahverkehr hat der Busverkehr erheblich an Bedeutung (⅓) gewonnen. Dennoch ist die Straßenbahn mit einem Anteil von 56 v.H. weiterhin das Hauptverkehrsmittel. Der O-Bus und die U-Bahn Berlin (Ost) spielen im gesamten Nahverkehrssystem derzeit keine Rolle. Die Entwicklung hin zum Bus wird künftig gestoppt zugunsten der energetisch günstigeren Straßenbahn; in diesem Zusammenhang soll der Einsatz von O-Bussen, deren Betrieb fast gänzlich eingestellt wurde, wieder verstärkt werden. Als Fazit bleibt festzuhalten, daß auch sozialistische Staaten wie die DDR keine alternativen Verkehrskonzeptionen verwirklichen konnten. Lediglich die Preis- bzw. Tarifgestaltung für öffentliche und individuelle Verkehrsmittel genügt dem verkehrspolitischen Ziel einer Priorität des öffentlichen Verkehrs. Die Fahrpreise im Binnenverkehr mit der Eisenbahn, dem Bus oder den städtischen Nahverkehrsmitteln sind seit Jahrzehnten konstant und sehr niedrig. So kostet eine Straßenbahnfahrt in der Regel 0,20 Mark, teilweise sogar noch weniger. Die einem Nulltarif gleichkommenden Tarife vor allem im Nahverkehr bedingen ständig steigende Subventionen (1983: über 3 Mrd. Mark). Diese Preisgestaltung wird als bedeutender Bestandteil der Sozialpolitik der DDR besonders herausgestellt. Dennoch ist auch in der DDR der Pkw zu einem täglichen Gebrauchsgegenstand geworden und hat den Charakter eines Massenverkehrsmittels angenommen. Diesem Phänomen stehen die sozialistischen Planer [S. 1429]offensichtlich mit der gleichen Ohnmacht gegenüber wie westliche Verkehrspolitiker. Sie beschränken sich darauf, in Städten und Ballungsgebieten den öffentlichen Verkehr zu fördern und ihn effizienter zu gestalten. Die bessere Koordinierung des öffentlichen Verkehrs (Eisenbahn, Bus und städtischer Nahverkehr), die Abstimmung der Strecken- und Liniennetze, die Beseitigung von Parallelverkehr, integrierte Erschließungs- und Bedienungssysteme zwischen Fern- und Regionalverkehr, Werkfahrgemeinschaften für die Personenbeförderung, die Schaffung von Fußgängerzonen und anderes mehr zielen in diese Richtung. Diese Maßnahmen reichen aber nicht aus, um die ursprünglich angestrebten Ziele im Verhältnis von Individualverkehr zum öffentlichen Verkehr zu verwirklichen. Der Bau neuer Wohnsiedlungen fast ausschließlich an der Peripherie der Städte hat zur Folge, daß viele Wege, die vorher zu Fuß oder mit dem Fahrrad zurückgelegt werden konnten, nunmehr die Benutzung eines Verkehrsmittels erfordern. Die Frage, wie ohne nennenswerte Investitionen im städtischen Nahverkehrsangebot der öffentliche Verkehr auch nur stabilisiert, bzw. die in allen Ein- und Fünfjahrplänen immer wiederkehrende Forderun

Verkehrswesen (1985) Siehe auch: Verkehr: 1960 1962 1963 1965 1966 1969 Verkehrswesen: 1953 1954 1956 1958 1959 1975 1979 [S. 1417] I. Verkehr in der Gesamtwirtschaft Das V. (im Verantwortungsbereich des Ministeriums für Verkehrswesen [MfV]) faßt alle Zweige des öffentlichen Transports sowie der mit ihnen verbundenen industriellen Betriebe, Handelsbetriebe und Kombinate zusammen, die dem MfV leitungsmäßig unterstellt sind: Eisenbahnverkehr, Seeverkehr, Binnenschiffsverkehr,…