JHK 1997

Inhaltsverzeichnis

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Deutsche und österreichische Kommunisten im revolutionären China (1925-1949)

Thomas Kampen (Heidelberg)

In den zwanziger und dreißiger Jahren haben deutsche und österreichische Kommunisten in den chinesischen Kriegen und Bürgerkriegen eine große Rolle gespielt. Einige ihrer Aktivitä­ten waren schon seit 1928 bekannt, als Heinz Neumann von seiner Teilnahme am Kantoner Aufstand berichtete und Asiaticus in Berlin sein Buch "Von Kanton bis Shanghai" veröffent­lichte. Andererseits gab es über die Beteiligung des einzigen europäischen Teilnehmers am Langen Marsch, Otto Braun, die Spionagetätigkeit von…

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Ergebnisse und Bewertungen der Oktoberrevolution

Anatolij P. Butenko (Moskau)

Im Jahre 1997 jährt sich zum achtzigsten Mal die Russische Oktoberrevolution. Aus diesem Anlaß werden Dutzende, wenn nicht gar Hunderte von Aufsätzen verfaßt, in denen sich zahl­reiche Autoren mit verschiedenen Positionen und unter Verfolgung ihrer besonderen Ziele über die Oktoberrevolution und die durch sie bedingten Ereignisse des ausgehenden 20. Jahr­hunderts äußern. Wie interessant die verschiedenen Betrachtungsweisen auch sind: Heute sind für mich nur zwei sich prinzipiell unterscheidende…

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„Nicht durchhaltbare Mission der sowjetischen Außenpolitik" - ein Gutachten für Andropow

Wjatschelaw I. Daschitschew (Moskau)

Dieses Gutachten trug einen auf den ersten Blick zu akademischen, abstrahierenden Titel: „Methodologische Aspekte der Feststellung des Niveaus der Kriegsgefahr''. Es war kaum zu glauben, daß so etwas als Arbeitspapier auf den Tisch eines Generalsekretärs der KPdSU ge­legt werden konnte. In Wirklichkeit aber steckte hinter diesem Titel und dem damals übli­chen und unumgänglichen Vokabular, das in dem Gutachten aus begreiflichen Gründen auch gebraucht wurde, die Behandlung der brisantesten Fragen…

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Meinungsoffiziere der Parteiführung

Helmut Müller-Enbergs (Berlin)

Die Chefredakteure des "Neuen Deutschland" - Max Nierich, Sepp Schwab, Heinz Friedrich, Georg Stibi, Hermann Axen, Rudolf Singer, Joachim Herrmann, Günter Schabowski, Herbert Naumann und Dr. Wolfgang Spickermann. Im Juni 1996 feierte das "Neue Deutschland" 50jähriges Bestehen. Das ehemalige SED-Zen­tralorgan erscheint heute als "sozialistische Tageszeitung" und beruft sich im Titel ausdrück­lich auf das Gründungsjahr 1946. Trotz oder wegen dieser Tradition erinnerte es erst wenige Monate vor den…

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"Säuberungen" kommunistischer Parteien

Franz-Josef Hutter (Mannheim)

Unter dem Titel "Intentionen, Methoden und Dimensionen innerparteilicher Säuberungen im kommunisti­schen Herrschaftssystem" fand am 29. und 30. September 1996 ein zweiter Workshop deutscher, russischer und tschechischer Forscher im Internationalen Begegnungszentrum der Universität Mannheim statt. Die Veranstaltung knüpfte an eine im Februar diesen Jahres hier durchgeführte Tagung an und widmete sich der Analyse der wohl größten Kommunistenverfolgung in der Geschichte. In seinem kurzen…

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Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter

Agosti, Aldo, Prof. Dr., Professor für Neuere Geschichte und Direktor des Dipartimento Di Storia an der Universität Turin. Argeles, Jean-Marie, Dr., freier Autor und Übersetzer in Paris. Braun, Günter, Dr., wiss. Mitarbeiter am Arbeitsbereich IV im Mannheimer Zentrum für Europäische Sozialforschung. Broué, Pierre, Prof. Dr., em. Ordinarius für Geschichte am Institut de Politique der Univer­sität Grenoble. Butenko, Anatoli, Prof. Dr., Professor für Politikwissenschaft an der Staatlichen…

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Zum Stalinschen Antisemitismus. Brüche und Widersprüche

Leonid Luks (Eichstätt)

Die Verwandlung des Kommunismus aus einer Kraft, die den Antisemitismus anprangerte und unter Strafe stellte, in einen der wichtigsten Wortführer des Kampfes gegen den so­genannten Kosmopolitismus und Zionismus, d.h. gegen die Juden, bildet eine der seltsamsten Metamorphosen dieses Jahrhunderts. Sie vollzog sich in der Zeit, in der Stalin despotisch das sowjetische Imperium regierte. Deshalb ist die Frage nach der Einstellung Stalins zu den Juden nicht nur für Psychologen interessant. Dabei…

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Forum

Anläßlich des 80. Jahrestages der russischen Oktoberrevolution im November 1997 stellt sich - nach dem Zusammenbruch des Kommunismus - erneut die Frage nach der Bedeutung dieses Datums. Schließlich wurde als der Beginn unserer „Zeitgeschichte" oft 1917 genannt, das Jahr der Russischen Revolution und des Eintritts der USA in den Weltkrieg. Wie sind nun heute die Revolution und ihre Ergebnisse einzuschätzen? Die Herausgeber wollten durch Befragung von ausländischen Koryphäen der…

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Bürokratischer Fortschritt und gesellschaftlicher Rückstand in der Russischen Revolution

Robert V. Daniels (Burlington, VT)

War die Sowjetunion eine postkapitalistische Gesellschaft, wie es die marxistisch-leninisti­sche Orthodoxie behauptet, oder war sie präkapitalistisch, wie viele russische und internatio­nale Kommentare seit 1991 mutmaßen? Oder war sie streng genommen keines von beidem, sondern eine Form von Gesellschaft parallel zum Kapitalismus, eine Alternative zur post­kapitalistischen Zukunft, wie einige Sowjetologen argumentieren? Offensichtlich enthalten diese Vorstellungen alle einen wahren Kern; das…

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,,Eure Sorgen sind auch unsere Sorgen." Das Treffen von Gregor Gysi und Michail Gorbatschow am 2. Februar 1990 in Moskau

Gero Neugebauer, Gerd-Rüdiger Stephan (Berlin)

Bisher haben nur wenige Akteure der „Wende" von 1989/90 dazu beigetragen, die Feststel­lung „Ein schwarzes Loch [ ...] stellt die Phase dar, in der man nicht mehr SED und noch nicht PDS war - obwohl doch gerade hier die Wurzeln der Partei liegen müßten, wenn sie denn eine neue sein will" zu entkräften. Auf einer Geschichtskonferenz der PDS, deren Dokumentation inzwischen vorliegt, wurden in erster Linie differenzierte Wahrnehmungen und Interpretationen der Vorgänge durch einige der Akteure und…

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Zur Geschichte der DDR-Staatssicherheit - Hypothesen und Methodenfragen im Spiegel einiger Neuerscheinungen*

Jens Gieseke (Berlin)

Die Stasi-Forschung boomt. Wohl kaum ein Thema der zeithistorischen Forschung erfreut sich derzeit solch eines Interesses wie die Tätigkeit des Ministeriums für Staatssicherheit der DDR. In jedem "News­letter" zur historischen DDR-Forschung werden neue Projekte zur Erkundung von Repression und Opposi­tion angekündigt; und die mittlerweile in zweiter Auflage vorliegende "Bibliographie zum Staatssicher­heitsdienst der DDR" erfaßt mehr als tausend Titel, die sich in der einen oder anderen Weise mit…

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Sammelrezensionen

Horst Dähn (Stuttgart): Neue Untersuchungen zur SED-Kirchenpolitik und zur Lage der Kirchen und Christen in der DDR - neue Forschungsergebnisse?; Hartweg, Frederic (Hrsg.): SED und Kirche. Eine Dokumentation ihrer Beziehungen. Bd. 1: SED 1946-1967. Bearb. v. Joachim Heise; Bd. 2: SED 1968-1989. Bearb. v. Horst Dohle. Evangelische Verlagsanstalt, Neukirchen-Vluyn 1995, 592 S. u. 708 S.; Pollack, Detlef Kirche in der Organisationsgesellschaft. Zum Wandel der gesellschaftlichen Lage der…

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Kommunistische Regionalberatungen zu Lateinamerika in Kominternzeiten. Thesen zu einem Thema international-vergleichender historischer Kommunismusforschung

Jürgen Mothes (Leipzig)

Der vorliegende Beitrag des Leipziger Historikers Jürgen Mothes, seit 1993 Autor des Jahrbuchs für Historische Kommunismusforschung, erreichte die Redaktion kurz vor dem plötzlichen Tod des Verfassers am 5. Oktober 1996. Herausgeber und Redaktion trauern um ihren langjährigen Mitarbeiter. Das folgende Manuskript eignet sich bestens, das An­denken des hervorragenden Forschers zu bewahren. Problemstellung. Unsere aktuellen Debatten zur Geschichte der Komintern zeichnen sich häufig dadurch aus, daß…

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Sowjetischer Kommunismus. Bilanzierende Aspekte eines Jahrhundert-Phänomens

Aldo Agosti (Turin)

Der unglaublich schnelle Zusammenbruch des wirtschaftlichen und politischen Systems des ,,realen Sozialismus", der zwischen 1989 und 1991 in Europa stattfand, kann dazu verführen, das „Ende des Kommunismus" als das herausragende Merkmal des zu Ende gehenden Jahr­hunderts anzusehen. Einige meinten sogar - ziemlich unlogisch -, daß das Ende des Kommu­nismus gleichbedeutend sei mit dem „Ende der Geschichte". Dennoch kann man sich fragen, ob der Todesschein für den Kommunismus nicht vorschnell…

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Überlegungen zum geschichtlichen Weg der Sowjetunion

Moshe Lewin (Philadelphia, PA)

Es ist angebracht, über Rußlands geschichtlichen Weg im 20. Jahrhundert nachzudenken und einen Interpretationsversuch zu wagen, der die Modernisierung dieses Landes zum Mittel­punkt hat: War es, in der endgültigen Analyse, ein Fortschritt oder eine Verzögerung, viel­leicht sogar ein Umweg? Zuerst ist es wichtig, einen oft wiederholten Irrtum zu vermeiden - eine Analyse, die be­ginnt mit der Oktoberrevolution oder dem Bolschewismus oder dem Leninismus. Dies wäre eine Falle. Der Anfang sollte dort…

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Helmut Thiemann, Rolf Markert und der Häftlingskrankenbau im Konzentrationslager Buchenwald. Die Geschichte einer Legende in der marxistisch­ leninistischen Virtuosengemeinschaftl

Karin Hartewig (Jena)

Helmut Thiemann, der politische Häftling im Konzentrationslager Buchenwald, wurde nur 31 Jahre alt. Er stammte aus einer Arbeiterfamilie in Werdau/Sachsen, lernte Klavierbauer und später Schlosser. Die kommunistische Kindergruppe, der er seit 1921 angehörte, bot die Möglichkeit, aus dürftigen materiellen Verhältnissen und aus einem vaterlosen Leben bei der Mutter auszubrechen in eine lichtere Gemeinschaft. Der Jugendliche Thiemann engagierte sich für das Kollektiv: als Gewerkschaftsleiter des…

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Stalinistische Massenverbrechen in der Ukraine 1936-1953. Ein Überblick

Dieter Pohl (Berlin)

Die ukrainische Sowjetrepublik ist bisher nur selten zum Gegenstand der deutschen Historiographie ge­worden. Erst seit Bestehen einer unabhängigen Ukraine sind auf dem deutschen Buchmarkt kenntnis­reiche Gesamtdarstellungen bzw. Sammelwerke zur ukrainischen Geschichte erschienen. Dabei gab es in den fünfziger und sechziger Jahren durchaus eine breitere exilukrainische Forschung in der Bundesrepu­blik. Erwähnt seien hier vor allem die Arbeiten von Boris Lewitzkij, einem der engagiertesten und…

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Einzelrezensionen

Kaplan, Karel: Nejvetsi politicky proces "M. Horakowa a spol." (Der größte politische Prozeß "M. Horakova und Genossen"), Ustav pro soudobe dejiny AV CR Praha, Nakladatelstvi Doplnek Brno (Institut für Zeitgeschichte bei der Akademie der Wissenschaften der Tschechischen Republik, Verlag Doplnek Brünn) 1995, 349 S. Der durch seine zahlreichen Studien auch in der Bundesrepublik bekannte tschechische Historiker K. Kaplan legt in seiner neuesten Arbeit einen ausführlichen Bericht über den größten…

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Stalinistische Prozesse gegen Sozialdemokraten

George H. Hodos (Sherman Oaks, CA.)

Dieser Beitrag wurde angeregt durch die kürzlich in der ungarischen Zeitschrift "Multunk" erschienene Studie von Zsuzsanna Kadar A magyarorszagi socialdemokrata perek törte­nete [Geschichte der ungarischen sozialdemokratischen Prozesse]. Diese erste umfassende Analyse der stalinistischen Prozesse gegen die ungarische Sozialdemokratie behandelt ein in der Literatur bisher völlig vernachlässigtes Thema. Ihr Verdienst wird allerdinngs dadurch geschmälert, daß sich die Studie bewußt strikt auf die…

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Sind jene Archivbenutzer die Bestinformierten, die zuletzt dort waren?

Pierre Broue (Grenoble)

Der Fall der Berliner Mauer, der Zusammenbruch der UdSSR und die teilweise Öffnung der Moskauer Archive haben alles in Verwirrung gestürzt: die internationale Kommunismus­forschung und die Themenfelder Kommunistische Internationale und Sowjetunion. Volle Kraft voraus. Aufgrund eines Phänomens, das wir leicht der Ära Boris Jelzins zuschreiben können, nah­men Forschungsgruppen wie auch einzelne Historiker gemeinsam an einer Bewegung intel­lektueller Regression teil. Die um die Zeitschrift…

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Frost nach dem kurzen Tauwetter: Opposition, Repressalien und Verfolgungen 1956/57 in der DDR. Eine Dokumentation des Ministeriums für Staatssicherheit1

Ilko-Sascha Kowalczuk (Berlin)

Am 26. März 1957 verabschiedete das Politbüro der SED in einer turnusmäßigen Sitzung eine Vorlage der zentralen Parteikontrollkommission. Dieser Beschluß beauftragte das Mini­sterium für Staatssicherheit, eine Analyse über die „konterrevolutionäre Gruppe" Harich vorzulegen. Diese fast neunzig Seiten umfassende ,,Analyse " erhielten die Mitglieder und Kandidaten des ZK der SED ein halbes Jahr später in Vorbereitung der 33. ZK-Tagung, die vom 16. bis 18. Oktober 1957 stattfand. Sie war als „streng…

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Rudolf Lindau (1888-1977)

Jürgen Schröder (Greifswald)

Der Nachruf des Zentralkomitees der SED auf den Verstorbenen und die Beisetzung in der "Gedenkstätte der Sozialisten" in Berlin-Friedrichsfelde waren ebenso ehrenvoll wie nichts­ sagend und boten das gewohnte Bild. Dabei war der Zugrabegetragene gleichermaßen wichtiger Zeuge wie Akteur des wechselvollen Weges der kommunistischen Bewegung in Deutschland von ihren Anfängen an. Paul Rudolf Lindau stammt aus bitterarmen Verhältnissen. Als sechstes Kind des Sattlers und Tapezierers Walter Hermann…

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Das Jugendarchiv der Rußländischen Föderation

Irina A. laffe, V. A. Ukolova (Moskau)

Wir führen den Bericht über eines der föderalen Archive in Rußland fort: das Aufbewahrungszentrum für Dokumente der Jugendorganisationen (im weiteren Jugendarchiv genannt). Die Dokumente über die Ju­gendbewegung unseres Landes sind für viele in- und ausländische Forscher, die sich mit der Geschichte der UdSSR bzw. Rußlands beschäftigen, von großem Interesse. Es finden sich dort auch eine Menge Mate­rialien über die internationale Jugendbewegung und die Jugendorganisationen anderer Länder:…

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Kurzanzeigen eingegangener Bücher

(Ausführliche Besprechung vorbehalten): Lapidus, Gail W. (Ed.): The New Russia. Troubled Transformation. Westview Press, Boulder/San Francis­co/Oxford 1995, 280 S. Im Mittelpunkt dieses Sammelbandes stehen ausgewählte Problemfelder, mit denen die Reformer im russi­schen Transformationsprozeß konfrontiert sind. Die Entwicklung der Wirtschaft und die Schwierigkeiten der Konversion militärischer Industriezweige werden ebenso analysiert wie die damit verbundenen Prozesse sozialen Wandels. Damit in…