JHK 1998

Inhaltsverzeichnis

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Thorez, Stalin und Frankreichs Befreiung im Lichte von Moskauer Archiven

Stephane Courtois (Paris)

Die Politik der KP Frankreichs, der PCF, läßt sich in der Periode sehr schwer analysieren, die von der Befreiung von Paris, am 25. August 1944, bis zum Jahresende 1947 reicht. Es bestand längere Zeit eine doppelte Schwierigkeit. Einerseits waren die an die Historiker gestellten Fragen komplex und vielseitig. Sie betrafen in erster Linie die Parteipolitik: Hat­te die PCF die von De Gaulles provisorischer Regierung vorgeschriebene Legalität beachtet oder im Gegenteil versucht, die Staatsmacht…

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Die Beziehungen der niederländischen kommunistischen Partei (CPN) zur SED

Carel Horstmeier (Groningen)

Im Jahre 1963 forcierte die Communistische Partij van Nederland (CPN) einen Bruch mit dem Ostblock, den sie selbst als 'Autonomie' bezeichnete. Dem Bruch lag die von Nikita Chruschtschow begonnene Entstalinisierung zugrunde. Die CPN wollte zwar zugeben, daß Stalin Fehler begangen hatte, meinte aber, daß Chruschtschow die Kritik zu weit trieb. Infolgedessen distanzierte sich die CPN unter Führung des Ersten Sekretärs Paul de Groot allmählich vom Ostblock: Sie war strenggläubiger als ihr…

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Der Apparat des Kominform

Grant M. Adibekow (Moskau)

Vorbemerkung. Wie eine Bombe habe sich Anfang Oktober 1947 die Nachricht über die Bildung eines ,,Informationsbüros der kommunistischen Parteien" ausgewirkt, faßte die französische Historikerin Lilly Marcou die damaligen Pressekommentare zusammen, denn das auf einer geheimen Konferenz von neun kommunistischen Parteien in Szklarska Poreba/Polen (früher: Schreiberhau) vom 22. bis 27. September 1947 entstandene Informationsbüro, bald Kominform genannt, wurde sofort mit einer „neuen Komintern"…

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Biographische Anmerkungen zu den japanischen Opfern des stalinistischen Terrors in der UdSSR

Tetsuro Kato (Tokio)

In den zwanziger und dreißiger Jahren gab es ungefähr 100 Japaner, die davon träumten, im „Paradies der Arbeiterklasse" zu leben, und in die UdSSR übersiedelten. Diese Leute waren meist von der kaiserlichen Polizei unterdrückte Kommunisten. Es gab unter ihnen aber auch einfache Arbeiter, Intellektuelle und Künstler, die keine Kommunisten waren. Sie waren organisiert und geführt von der Japanischen Kommunistischen Partei (japani­sche Sektion der Komintern, JKP), deren Vertreter in Moskau in den…

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Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter

Adibekow, Grant M., Prof. Dr., Historiker in Moskau; Argeles, Jean-Marie, Dr., freier Autor in Paris; Bayerlein, Bernhard, Dr., Historiker in Köln; Becker, Jens, Dipl.-Politologe, Promotionsstipendiat der Hans-Böckler-Stiftung, Frankfurt a.M; Becker, Klaus, M.A., Doktorand an der Universität Mannheim; Beichelt, Timm, M.A., wiss. Mitarbeiter am Institut für Politische Wissenschaften der Universität Heidelberg. Bonin, Peter, M.A., wiss. Mitarbeiter am Arbeitsbereich IV im Mannheimer Zentrum für…

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Die Programmdiskussion in der Kommunistischen Internationale

Alexander Vatlin (Moskau)

Am 1. September 1928 verkündete der Vorsitzende des VI. Kongresses der Komintern, Ni­kolaj Bucharin, unter den stürmischen Ovationen der Delegierten die Annahme des Programms der Kommunistischen Internationale. Es sollte die Quintessenz des Besten sein, was die Gesellschaftstheorie am Vorabend des endgültigen Sieges der proletarischen Welt revolution ausmachte. Es vergingen sieben Jahrzehnte, die Entwicklung der Welt aber ging völlig andere Wege. Die Kommunisten hatten allen Grund, sich ihres…

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Überlegungen zur Sowjetisierung Nachkriegs-Jugoslawiens

Jera Vodusek Staric (Maribor)

Nach dem Zerfall Jugoslawiens traten in den nationalen Geschichtswissenschaften der Nachfolgestaaten vielschichtige Probleme auf. Geschichtsaufarbeitung stellt sich als ein Prozeß der demokratischen Selbstbestimmung dar. Fragen nach historischer Kontinuität und Diskontinuität sind nicht nur Gegenstand theoretischer Erörterungen, sondern berühren unmittelbar die Identität von Gemeinschaften und die Legitimität politischer Führungsgruppen. Der aus dem nationalkulturell homogenen Slowenien kommende…

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Maoistische Opposition gegen das Honecker-Regime. Die "Sektion DDR" der KPD/ML

Tobias Wunschik (Berlin)

Zum Phänomen des Maoismus in beiden deutschen Staaten. Am Ende der sechziger Jahre artikulierte die Außerparlamentarische Opposition bzw. die "Neue Linke" eine umfassende Kritik an der bundesdeutschen Gesellschaft. Radikaldemo­kratische, antikapitalistische und marxistisch-leninistische Ideen wurden lebhaft diskutiert. Die Theoriedebatte linker Intellektueller veränderte das politische Klima der Bonner Republik, erfaßte jedoch auch, in verzögerter und stark abgemilderter Form, den Osten…

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Das Parteiverfahren gegen Lex Ende im Sommer 1945 in Paris

Klaus J. Becker und Annette Roser (Mannheim/Karlsruhe)

Dokumente aus dem Nachlaß Herbert Müller. "So hatten Merker, Lex Ende und andere kein Verständnis für den Abschluß des deutsch­-sowjetischen Paktes 1939, fielen auf die Verleumdungen der trotzkistischen Agenten des Imperialismus gegen die Sowjetunion herein. Andererseits bildeten sie sich ein, das Ziel der amerikanischen, englischen und französischen Imperialisten bestände in der Befreiung der Völker Europas vom Faschismus. Durch diese schwerwiegenden politischen Abwei­ chungen wurden sie zu…

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Biographisches Handbuch zur Geschichte der Komintern

Peter Huber und Bernhard H. Bayerlein (Basel/Köln)

Personen, Apparate und Strukturen im internationalen Kommunismus 1919-1945. Die biographische Forschung zum internationalen Kommunismus hat in der westlichen und östlichen Historiographie eine lange Tradition. Bereits Jahre vor der Zeitenwende von 1989 erschienen für mehrere Länder - so etwa Frankreich, Deutschland Italien, Polen, Holland, die Tschechoslowakei und Ungarn - biographische Lexika der Arbeiterbewegung, die kommunistische Aktivisten mit einschlossen oder gar in den Vordergrund…

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Die Unterordnung der KPH unter Moskau 1929/30

Gerrit Voerman (Groningen)

Die Kommunistische Partei Hollands (KPH) war nicht wie viele andere kommunistische Parteien im Sog der Russischen Revolution von 1917 entstanden, sondern sie war, wenn­gleich unter anderem Namen, schon 1909 gegründet worden. Diese unabhängige revolutionär-marxistische Partei unterhielt gute persönliche Kontakte zu den russischen Bolschewiki. Nach der Oktoberrevolution von 1917 erwarteten die niederländischen Kommunisten, daß diese besondere Beziehung fortbestehen würde, und zunächst sah es auch…

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1948: Which Way Finland?

Kimmo Rentola (Helsinki)

Waking up on 7 December 1947, the morning after the reception honouring the 30th an­niversary of the independence of Finland, Minister of the lnterior Yrjö Leino was not feeling well. The communist leader had learned the habit of drinking from his bourgeois fellow ministers, Urho Kekkonen and others, and the trouble was made worse by keen contacts with Andrei Zhdanov, who had been in Helsinki after the war as the chairman of the Allied (Soviet) Control Commission. Leino was Zhdanov's key link in…

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Noch einmal: Stalin und die Demokratie im Nachkriegsdeutschland

Werner Müller (Rostock)

,,Stalin trat nicht gegen die Demokratie auf. Er verstand sie so, wie ein Despot sie verstehen konnte."! Dieses Urteil Wolkogonows erscheint plausibel. Demokratie könnte dann für Stalin eine Frage minderen Gewichts oder eines politischen Kalküls gewesen sein. Unter dieser Prämisse wäre auch Wilfried Loths umstrittene These zumindest zulässig, daß ,,Stalin ein demokratisches Nachkriegsdeutschland anstrebte - ein nach westlichen Maßstäben demokratisches Deutschland, wie gegen die Pervertierung des…

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"Somit wurden diese Menschen dem Namen nach nicht erfasst" - Kommissionsbericht vom 9. Februar 1949 im Zusammenhang mit der Auflösung des Speziallagers Nr. 1 des MWD der UdSSR in Deutschland

Achim Kilian (Weinheim)

Am 27. Oktober 1948 gaben drei Mitglieder einer "Kommission zur Überprüfung und Auflösung des Speziallagers Nr. l" an ihrem Dienstsitz Berlin zu Protokoll, daß am Tag der Überprüfung des Speziallagers Nr. 1 Mühlberg dort keine Arrestanten ("Arestowannych") mehr anwesend waren. Auch nicht die 144 der "Wirtschaft des Genossen [Oberstleutnant] Ssasikow"? Wir werden darauf ebenso wie auf das Protokoll vom 27. Oktober 1948 zurückkommen. Am 14. September 1948 hatte der seinerzeitige Leiter der…

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,,Die 'zweite nationale Wiedergeburt'. Nationalismus, nationale Bewegungen und Nationalstaatsbildung in der spät- und postkommunistischen Gesellschaft" Eine internationale Konferenz am Mannheimer

Peter Bonin (Mannheim)

Die Herrschaft der kommunistischen Parteien in Osteuropa ist zu Ende gegangen. Der Begriff der Transformation gilt nicht nur als Chiffre für das soziale und politische Übergangsstadium, welches auf das Ver­chwinden der „sozialistischen Gesellschaftssysteme" folgte. Einzig der Nationalstaat ist in diesen Wandlungsprozessen als ordnendes Prinzip klar erkennbar. Die Vielvölkerstaaten Sowjetunion, Jugoslawien und Tschechoslowakei sind zerfallen. Der einzige neu entstandene polyethnische Staat,…

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An Outline History of the Communist Movement in Rumania, 1917-19441

Keith Hitchins (Urbana, IL.)

The course which the Communist movement in Rumania took between the two World Wars depended greatly on the actions and aims of the Communist Party of the Soviet Union. In the period between the founding of the Rumanian Communist Party in 1921 and the occupation of Rumania by the Red Army in August and September 1944, the Soviet party, mainly through its proxies - the Communist International (to 1943) and the Moscow section of the Rumanian Communist Party (to 1944) - defined tbe ideological…

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Die Vorläufer des Staatssicherheitsdienstes in der Polizei der Sowjetischen Besatzungszone - Ursprung und Entwicklung der K 5 -

Monika Tantzscher (Berlin)

Nachkriegsplanungen der KPD und Personalpolitik beim Aufbau des neuen Polizeiapparats. Kein Verwaltungsbereich der Sowjetischen Besatzungszone wurde von Beginn an so von kommunistischen Remigranten aus der Sowjetunion dominiert wie der neu entstehende Polizeiapparat. Das Prinzip, um eines demokratischen Anstrichs willen Führungspositionen paritätisch mit Vertretern verschiedener politischer Parteien und Gruppierungen zu besetzen, galt hier nicht. Lange bevor der Aufbau von Polizei und Verwaltung…

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Viel Lärm um nichts

Stephane Courtois (Paris)

Der kurze Text von Monsieur Pierre Broué, als ich ihn im Jahrbuch 1997 wahrnahm, hat mich gewissermaßen verblüfft. Er entspricht nämlich mehr einem heftigen Pamphlet als einem wissenschaftlichen Beitrag. Monsieur Pierre Broué beschuldigt darin die Zeitschrift Communisme und ihre gesamten Mitarbeiter, einschließlich ihre ehemalige, im Sommer 1995 gestorbene Mitbegründerin und Mitherausgeberin, Annie Kriegel. Er bezichtigt unterschiedslos alle, "an einer Be­wegung intellektueller Regression"…

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Heinrich Brandler - biographische Skizze 1924-1967

Jens Becker und Harald Jentsch (Frankfurt a.M.)

Nach dem Scheitern des „deutschen Oktober" 1923 spitzten sich die Auseinandersetzungen innerhalb der Kommunistischen Partei Deutschlands (KPD) zu. Als „Sündenböcke" für die ,,Oktoberniederlage" fungierten dabei der Parteivorsitzende Heinrich Brandler und der Parteitheoretiker August Thalheimer. Schrittweise verloren beide ihre Funktionen. Im April 1924 folgten sie, Brandler mit seiner Frau Gertrud, Thalheimer mit Frau und Kindern, der Aufforderung des Exekutivkomitees der Kommunistischen…

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Kommunismusforschung in Frankreich - Kernpunkte einer Debatte

Jean-Marie Argeles (Paris)

Butan, Philippe: Les lendemains qui dechantent, le Parti communiste franccais à la Libération. Presses de la Fondation nationale des sciences politiques, Paris 1993, 352 S.; Courtois, Stephane/Lazar, Marc: Histoire du Parti communiste framcais. Presses Universitaires de France, Paris 1995, 439 S.; Martelli, Roger: Le rouge et le bleu, essai sur le communisme dans l'histoire franc'aise. Les editions de "Atelier/Editions ouvrieres", Paris 1995, 286 S.; Bartosek, Kare!: Les aveux des archives,…