JHK 2012

Inhaltsverzeichnis

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Vom Schmieden »neuer Menschen«. Putevka – die Lagerzeitung des Karlag

Wladislaw Hedeler

Die Presse des Gulag als neues Forschungsfeld Zu den kaum bekannten und durch die Gulagforschung nicht erschlossenen Seiten der Geschichte der sowjetischen Besserungsarbeitslager gehört die Herausgabe, Drucklegung und Verbreitung von Lagerzeitungen. Aufgabe der anfangs sowohl für Mitarbeiter als auch für Häftlinge bestimmten Zeitungen war es, als »kollektiver Propagandist, Agitator und Organisator« zu wirken. Diese Funktion der »Presse neuen Typs« hatte im Denken der Bolschewiki immer einen…

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Estland während des Stalinismus 1940–1953. Gewalt und Säuberungen im Namen der Umgestaltung einer Gesellschaft

Olaf Mertelsmann / Aigi Rahi-Tamm

Mit dem Abschluss des Hitler-Stalin-Pakts im August 1939 sowie des deutsch-sowjetischen Freundschaftsvertrags im folgenden Monat samt der geheimen Zusatzprotokolle wurde das Schicksal der baltischen Staaten für das nächste halbe Jahrhundert von Hitler und Stalin vorbestimmt. Lettland, Estland und Litauen fielen in die sowjetische Interessensphäre und verloren bis 1991 ihre Unabhängigkeit. Währenddessen gehörten sie zu einer Region mit über 20 Millionen Einwohnern von der Ostsee bis zum Schwarzen…

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Diagnose: Krankheit! Reflexionen polnischer Autoren über den Kommunismus

Evelyna Schmidt

Bis in die Gegenwart bezeugt die Literatur, dass die Krankheitsmetapher nach wie vor für viele Autoren ein geeignetes Mittel ist, um eine Diagnose für die Gesellschaft und das in ihr eingebettete Individuum zu stellen. Innerhalb der klassischen Staatsphilosophie (Hobbes, Machiavelli), aber auch in der Literatur (Thomas Mann, Camus, Boccaccio) hat diese Metaphorisierung Tradition. Sie zieht sich konstant durch die europäische Literaturgeschichte, wobei die Krankheitsbilder variieren,…

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Die Auseinandersetzungen um den Eurokommunismus in der bundesdeutschen Politik 1967–1979

Nikolas R. Dörr

»Es gibt interessante Entwicklungen in der kommunistischen Welt. Da laufen wir doch nicht mit Scheuklappen durch die Welt und sagen, da gibt es nichts. Da gibt es wirklich sehr Interessantes.«1 Willy Brandt, 1976 »Hier gibt es keinen ›historischen Kompromiß‹, sondern nur die Vernichtung der Geschichte: unserer geistigen Geschichte […] Denn hinter dem Sozialismus steht nun einmal die Sowjetunion als gigantisch gerüstete und geistig unbewegliche Hegemonialmacht.«2 Franz Josef Strauß, 1977 »Der…

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Die kommunistische Lechleiter-Gruppe. Von ihrer Gründung in Mannheim 1941 bis zu ihrer Zerschlagung im Februar 1942

Karl-Heinz Schwarz-Pich

Die in Mannheim im Untergrund aktive Lechleiter-Gruppe gehörte zu den stärksten kommunistischen Widerstandsgruppen gegen das nationalsozialistische System in Deutschland nach Ausbruch des Zweiten Weltkriegs. Im Zentrum ihrer Aktivitäten stand die Herstellung und gezielte Verbreitung der illegalen Zeitung Der Vorbote. Die Meinungen darüber, ob es sich um eine kommunistische oder eine parteiübergreifende Gruppe handelt, gehen auseinander. Der vorliegende Beitrag versucht deshalb besonders, dieser…

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Neues Interesse an alten Ideen von Häretikern? Überlegungen zur aktuellen Wiederentdeckung von Abweichler-Meinungen im stalinistischen Kommunismus an den Beispielen Trotzkismus und Anarchismus

Hermann Weber

Ketzer gab es in fast allen Bewegungen, ob von religiöser, ideologischer oder politischer Art. Das gilt auch für die Geschichte des Kommunismus.1 Divergenzen spielten schon in den Anfängen der kommunistischen Organisationen bei den politischen und ideologischen Auseinandersetzungen eine große Rolle. Im Stalinismus sind Abweichungen nicht nur zu einem Kampfbegriff instrumentalisiert, sondern im wahrsten Sinne des Wortes für Häretiker tödlich geworden. In der marxistisch geprägten…

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The International Newsletter of Communist Studies

Bernhard H. Bayerlein und Gleb J. Albert

VOL. XVIII (2012), NO 25. Edited by Bernhard H. Bayerlein and Gleb J. Albert Published by The European Workshop of Communist Studies With support of The Centre for Contemporary History (ZZF), Potsdam ISSN Y503-1060 ISSN 1862-698X (for the Online Edition) Executive Editor Bernhard H. Bayerlein, Potsdam/Cologne bayerlein@zzf-pdm.de Junior Editor Gleb J. Albert, Bielefeld gleb.albert@uni-bielefeld.de Editorial Board/Correspondents Aldo Agosti (Torino)Lars Björlin…

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Editorial

»Der neue Mensch« werde es lernen, »Flüsse und Berge zu versetzen und Volkspaläste auf dem Gipfel des Montblanc oder auf dem Meeresgrund des Atlantischen Ozeans zu bauen«, mutmaßte Trockij 1923, fünf Jahre nach der russischen Oktoberrevolution. Mit dieser Umwälzung schien »die ganze Phantasiewelt des 19. Jahrhunderts: Technikphantasien, Gerechtigkeitsphantasien, urbane und anti-urbane Visionen, Maschinenfetischismus und Maschinenstürmerei, rationalistische Träume und bürokratische…

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»New York in der Steppe« - Die Sesshaftmachung der kasachischen Nomaden

Robert Kindler

Im Sozialismus war für Nomaden kein Platz vorgesehen. Deshalb mussten die nomadisierenden Viehhirten Kasachstans1 sesshaft werden. Wer in festen Gebäuden lebte und nicht länger in Jurten hauste, der werde aus den »halbfeudalen« Ausbeutungsverhältnissen der kasachischen Klans ausbrechen2 und zu einem Teil der sowjetischen Moderne, erklärten die Befürworter der Sesshaftmachung. Doch als solchen Plänen während der Stalin’schen »Revolution von oben« zu Beginn der Dreißigerjahre Taten folgten, wurde…

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Der Donau-Schwarzmeer-Kanal. Eine Großbaustelle des Kommunismus

Wim van Meurs

1Keine Diktatur hatte so viel Zeit, ihre Utopien bzw. Dystopien von Mensch und Natur zu verwirklichen wie die stalinistische. Zu Zeiten des Kalten Krieges wurden Stalins Lager des Gulag in erster Linie als Vernichtungslager des totalitären Wahnsinns betrachtet, deren einziger Zweck darin bestand, politische Gegner, unerwünschte gesellschaftliche Gruppen und Nationalitäten zu eliminieren. Seit den Neunzigerjahren rückt die Forschung den Aufbau des Sozialismus und die damit verbundene erzwungene…

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Der alte Adam und das neue Paradies. Heiner Müllers Komödie - Die Umsiedlerin und der Diskurs über den »neuen Menschen«

Katrin Löffler

»Gott hat euch aus dem Paradies geprügelt / Wir prügeln euch ins Paradies zurück.«1 Diese anspielungsreichen Verse spricht Bürgermeister Beutler in Heiner Müllers Komödie Die Umsiedlerin (1961) zu den Neubauern, die sich gegen die Kollektivierung sträuben. Der erste Satz ruft die biblische Erzählung vom Sündenfall auf und damit das christliche Menschenbild vom »alten Adam«, dem sündhaften Menschen, der erlösungsbedürftig ist. Der zweite Satz bezieht sich auf das propagierte weltimmanente Telos…

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Der Eurokommunismus und seine Rezeption durch die SED (1968–1976)

Francesco Di Palma

Der vorliegende Aufsatz behandelt die Interpretation und Rezeption des Eurokommunismus durch die SED von 1968 bis Mitte der Siebzigerjahre. In dieser Zeit nahm die Lehre des Eurokommunismus, durch mehrere westeuropäische kommunistische Parteien vertreten und propagiert, Gestalt an. Jedoch war die ideologische und politische Basis schon früher – spätestens seit Palmiro Togliatti – gelegt worden. Das Jahr 1968, das hier als prägende und folgenträchtigste Zäsur gedeutet wird, markiert den…

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Mit Ikonen und Gesang oder: Ein Bischof auf der Flucht vor seinem Kirchenvolk. Massenwallfahrten in Russland unter Stalin und Chruščëv

Ulrike Huhn

Die Sowjetunion war ein Land des Wundersamen. In der Vorstellung der orthodoxen Bevölkerung war der ländliche Raum durchzogen von sakralen Orten, die als potenziell wundertätige Heiligtümer aufgesucht wurden. Dazu zählten nicht nur die alten Klosteranlagen, sondern auch besondere Quellen, charakteristische Steine oder Bäume, die meist jenseits der Dörfer und damit außerhalb des bewohnten und akkulturierten Raumes lagen. Solche Heiligtümer waren Orte der Kommunikation mit dem Göttlichen – auch…

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Der Einfluss grundlegenden ökonomischen Wandels auf ethnische Auseinandersetzungen in multinationalen Staaten. Die Beispiele Jugoslawien und Sowjetunion

Jörg Roesler

Die Beispiele Jugoslawien und Sowjetunion Marie-Janine Calic/Dietmar Neutatz/Julia Obertreis (Hg.): The Crisis of Socialist Modernity. The Soviet Union and Yugoslavia in the 1970s, Göttingen: Verlag Vandenhoeck & Ruprecht 2011, 231 S., ISBN 978-3-525-31042-7 Marie-Janine Calic: Geschichte Jugoslawiens im 20. Jahrhundert (= Europäische Geschichte im 20. Jahrhundert, hg. von Ulrich Herbert), München: C. H. Beck Verlag 2010, 415 S., ISBN 978-3-406-60645-8 Olaf Ihlau/Walter Mayr: Minenfeld…

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Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter des Jahrbuchs für Historische Kommunismusforschung 2012

Gleb J. Albert M.A., geb. 1981, Studium in Köln und Krakau, 2005–2009 wissenschaftliche Hilfskraft am Mannheimer Zentrum für Europäische Sozialforschung (Universität Mannheim); zurzeit Promotion an der Bielefeld Graduate School in History and Sociology (Universität Bielefeld) zum Thema »Repräsentationen und Praktiken des revolutionären Internationalismus in der frühen Sowjetgesellschaft, 1917–1927« (Betreuer: Prof. Dr. Thomas Welskopp, Prof. Dr. Klaus Gestwa). Mithg.: The International…

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Die knorrigen Naturen eignen sich am besten für den Befreiungskampf. Kommunistische Debatten um den »neuen Menschen«

Florian Grams

Der Begriff des »neuen Menschen« ist schillernd. Er strahlt, weil er viele Assoziationen hervorruft. In diesem Terminus schwingt sowohl die biblische Vorstellung von der Vereinigung des Menschen mit Gott mit,1 als auch die vermeintliche Erfüllung des menschlichen Glücks durch den technologischen Eingriff des Menschen in den Menschen.2 So unterschiedlich diese beiden Vorstellungen vom »neuen Menschen« auch sein mögen, so stimmen sie in ihrer Zielsetzung doch überein. Beiden liegt eine Heilslehre…

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Die Transformation des sowjetischen Mythos vom Kommunismus in der Epoche Nikita Chruščëvs (1953–1964)

Ol’ga Pavlenko

Während der gesamten Geschichte der UdSSR blieb der offizielle kommunistische Diskurs stabil, ungeachtet aller Umstürze in der obersten Führung und der Änderungen des politischen Kurses. Die Folgen waren paradox. Die neue Parteiführung wollte jedes Mal wieder bei null anfangen. Der politische Diskurs bildete sich immer wieder auf der Grundlage der Diskreditierung der bisherigen Politik und der geschichtlichen Erfahrungen heraus. Unverändert blieben jedoch das Primat des Kommunismus und die…

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Learning from the future? Begegnungen deutscher und britischer Gewerkschafter mit Amerika in den Zwanzigerjahren

Kevin Morgan / Norman LaPorte

»Es gibt zwei Möglichkeiten, sich in der gegenwärtigen politischen Welt eine parteiinterne Reputation als außenpolitischer Experte zu verschaffen«, wird in einem Beitrag einer britischen sozialistischen Zeitschrift im Jahr 1928 festgestellt. »Wenn man Konservativer ist, fährt man nach Amerika, verbringt dort drei hektische Wochen, in denen man von enthusiastischen Amerikanern herumgereicht wird, kehrt dann nach Hause zurück und schreibt ein Buch, in dem man beweist, dass der Kapitalismus das…

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Zukunftsdenken in der DDR am Beispiel der Jugendweihe. »Vorbereitet auf das kommunistische Morgen«.

Ulrike Breitsprecher

Zukunftsdenken in der DDR am Beispiel der Jugendweihe. »Vorbereitet auf das kommunistische Morgen«.1 Im November 2010 feierte der Dokumentarfilm Heute war damals Zukunft Premiere. Er zeigt, wie eine Klasse mit ihren Schul-Aufsätzen aus dem Jahr 1985 konfrontiert wird. Thema des Aufsatzes war die Frage, wie die damals 15-Jährigen sich ihr Leben im Jahr 2010 vorstellen. Entgegen der Vermutung, die Jugendlichen würden die politischen Ideen der DDR wiedergeben, stellten sich die meisten Schüler und…

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Fordismus, Eurokommunismus und Neue Linke. Thesen zu Kontinuitäten und Diskontinuitäten zwischen Arbeiterbewegung und linker Szene in der BRD

Ralf Hoffrogge

Warum gab es in Westdeutschland keinen Eurokommunismus? Eine naheliegende und kurze Antwort könnte auf das Schattendasein der 1968 gegründeten Deutschen Kommunistischen Partei (DKP) hinweisen: Diese nach einer langen Verbotsphase neu gegründete Nachfolgerin der Weimarer KPD galt wegen ihrer finanziellen und organisatorischen Abhängigkeit als bloße Filiale der SED und war weder fähig noch willens, reformkommunistische Politikformen zu entwickeln. Diese Erklärung würde jedoch ausblenden, in…

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Lebenslänglich. Zur Erinnerung an den Großen Terror 1937. Mit einer Vorbemerkung von Hermann Weber

Maxim Leo

Das Jahr 1937 brachte den Zenit der blutigen Stalin’schen Verfolgungen in der Sowjetunion. Vor 75 Jahren stach eine Besonderheit dieser Massenrepressalien hervor: Der Terror des »kommunistischen« Regimes richtete sich nun gegen Hunderttausende Kommunisten. 1937 wurde der Stalin’sche Terror zur größten Kommunistenverfolgung. Viele Ausländer, vor allem deutsche Kommunisten, zählten nun auch zu den Opfern. Sie waren als Anhänger Stalins zum »Aufbau« in die UdSSR gekommen oder vor Hitlers Schergen…

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Die Stalinismus-Forschung in Aserbaidschan: Ein Überblick

Zaur Gasimov

Aslan K´nan: XX ´srd´ repressiyaya m´ruz qalanlar [Die Opfer der Repressalien im 20. Jahrhundert], Baku: Az´rn´şr 2001, 299 S. El’dar Ismajlov: Vlast’ i narod. Poslevoennyj stalinizm v Azerbajdžane (1945–1953). Monografija, [Macht und Volk. Der Nachkriegsstalinismus in Aserbaidschan (1945–1953). Eine Monografie], Baku: Adiloğlu 2003, 342 S. Šalala Mamedova: Interpretacija totalitarizma. Stalinizm v Azerbajdžane 1920–1930 [Interpretation des Totalitarismus. Der Stalinismus in Aserbaidschan…

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»Perekovka«. Tschekisten und Schriftsteller als »Ingenieure der menschlichen Seele«

Anne Hartmann

Die Gleichzeitigkeit von Utopie und Zwang in der (frühen) Sowjetzeit ist vielfach beschrieben worden: als Gestaltungswille mit totalitären Zügen, als Verheißung, der ungeheure Opfer zu bringen waren, als Projekt einer homogenen, harmonischen Gesellschaft, welches das erbarmungslose Ausmerzen des Störenden und Abweichenden erforderte. Nirgends sonst wird die Koexistenz, ja das Ineinander von Terror und Vision indes so manifest wie in der sowjetischen Strafpraxis – nur dass die Forschung…

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An der Grenze zum »neuen Menschen«: Ein Projekt des chinesischen Sozialismus in Theorie und Praxis

Hauke Neddermann

Der »neue Mensch« würde Berge versetzen können. Hatte nicht der sprichwörtliche Yu Gong es einst vorgemacht? Einer alten chinesischen Parabel zufolge hatte er, dieser »närrische Alte«, eines Tages begonnen, zwei gewaltige Berge abzutragen, die den Weg zu seinem Haus versperrten. Unermüdlich hatte er gearbeitet, sich ganz seinem Projekt verschrieben. Den Spott jener, die das Unterfangen für unmöglich erklärten, hatte er ertragen. Denn Yu Gong war sich sicher gewesen: Spätere Generationen würden…

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Der »neue Mensch« auf ausgetrampelten Pfaden. Kommunistische Bewährung und politischer Massenmarkt im postfaschistischen Italien

Claudia Christiane Gatzka

Ferruccio Preti, kommunistischer Genosse an der Bologneser Basis, schilderte 1950 in einer Autobiografie, die er im Auftrag der Parteischule verfasste, seine persönlichen Schwächen. In sehr schlechtem Italienisch schrieb er, er bringe nicht genug Mut auf, sich gegenüber den Genossen in der Partei zu äußern. Denn er habe aufgrund seines begrenzten Wortschatzes Angst, etwas Falsches zu sagen. Außerdem lese er zu selten Bücher, die ihm dabei helfen könnten, eine bessere Ausdrucksweise zu…

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Von der »ewigen Jugend« zum »ewigen Altern«. Über die Vergänglichkeit von »Klassenkampf«-Erfahrungen in der DDR

Jan Kiepe

»Heute«, schrieb der langjährige Kommunist Franz Dahlem in seinen 1982 posthum veröffentlichen Jugendjahren, »weiß ich aus eigener Erfahrung, daß die Vernachlässigung der theoretischen Arbeit und der Ausrüstung der Kader mit den geschichtlichen Erfahrungen der Bewegung untrügliche Anzeichen dafür sind, dass sich die Partei in der Gefahr befindet, ihren revolutionären Charakter zu verlieren«.1 Mit seinen autobiografischen Aufzeichnungen stand Dahlem in einer Reihe mit anderen SED-Veteranen, die…

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Mielke contra Hoffmann. Wie die Stasi die Entlassung des DDR-Verteidigungsministers betrieb. Eine Fallstudie zum Verhältnis MfS – SED

Siegfried Suckut

Eigentlich genügten wenige, breite Federstriche, so schien es bisher, um die Biografie des ehemaligen DDR-Verteidigungsministers Heinz Hoffmann zu skizzieren. Wie in Lexika und Sammelbänden1 nachzulesen und von ihm selbst geschildert,2 nahm der 1910 in Mannheim geborene, aus einem proletarischen Elternhaus stammende Schlosser einen bemerkenswert gradlinigen politischen Lebensweg. Schon früh engagierte er sich in der kommunistischen Jugendbewegung und trat 1930 der KPD bei. Gleich nach Beginn der…

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Verstörende Erinnerung. Der Stalinismus im Gedächtnis Europas

Claudia Weber

Am 10. Dezember 2009 erhielt die Schriftstellerin Herta Müller in Stockholm den Nobelpreis für Literatur. Ich muss gestehen, dass mir als Südosteuropahistorikerin – wie vielen anderen auch – der Name und das Werk der Autorin allenfalls flüchtig bekannt waren. Ich wusste, dass es sich bei Herta Müller um eine rumäniendeutsche Autorin aus dem Banat, jener deutschen Enklave im Westen Rumäniens handelt, die ich allerdings einer leicht angestaubten Volkstums- und Minderheitenliteratur zuordnete. Noch…

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Trotzki-Biografie von Robert Service im Suhrkamp Verlag geplant. Vierzehn Wissenschaftler wenden sich in einem Brief dagegen

Dokumentation In einem Brief an die Verlegerin Ulla Unseld-Berkéwicz haben sich im Juli 2011 vierzehn namhafte Historiker, Politikwissenschaftler und Publizisten aus Deutschland und Österreich gegen die für Juli 2012 geplante Veröffentlichung der Trotzki-Biografie von Robert Service im Suhrkamp Verlag gewandt. Im Folgenden wird dieser Brief im Wortlaut wiedergegeben. 30. Juli 2011 Betr.: Veröffentlichung der Trotzki-Biographie von Robert Service Sehr geehrte Frau Unseld-Berkéwicz, Ihr…