JHK 2017

Inhaltsverzeichnis

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Die Oktoberrevolution und die Gründung der Kommunistischen Internationale

Alexander Vatlin

»Russland geht nicht unter. Seine erlittene ungeheure Niederlage wird das Volk noch weiter aufwühlen. Wenn eine internationale Revolution nicht bald die gegen Russland zugelassene Ungerechtigkeit korrigiert, wird es sich, wenn die Zeit gekommen ist, selbst erheben.«             Jacques Sadoul, Vertreter der französischen Militärmission in Russland, von Petrograd nach Paris am 22. Januar (4. Februar) 1918[1]   Obwohl das »endgültige« Ende der kommunistischen Revolution im August 1991 ebenso…

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Red Scare: Bodenwellen der russischen Oktoberrevolution in den USA 1919/20

Helke Rausch

1919 brandete eine nie dagewesene Streikwelle in den USA auf, die den Auftakt in das zentrale Jahr der Red Scare bilden sollte. Die Anzahl der Streiks mochte aus zeitgenössischer Sicht verglichen mit den Vorjahren nicht ungewöhnlich erscheinen. Das erhebliche Ausmaß der einzelnen Streiks von 1919 übertraf allerdings mit fast vier Millionen streikenden Arbeitern – und damit etwa einem Viertel der gesamten Arbeiterschaft – alle zuvor gekannten Dimensionen.[1] Die Streiks dienten vor allem dem…

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»Pest in Rußland« – Alfred Rosenberg und die Russische Revolution

Ernst Piper

Der Deutschbalte Alfred Rosenberg kam 1919 nach München und schloss sich noch im selben Jahr der Nationalsozialistischen Deutschen Arbeiterpartei (NSDAP) an, die damals noch Deutsche Arbeiterpartei (DAP) hieß und kaum mehr als hundert Mitglieder hatte. Rosenberg stammte aus Reval, dem heutigen Tallinn, damals die Hauptstadt des russischen Gouvernements Estland, der nördlichsten der baltischen Provinzen des russischen Reiches. Nach dem Realschulabschluss schrieb er sich in Riga am Polytechnikum…

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Die Russische Revolution und das Ende des Alten Europa

Jörg Baberowski

»Am Freitag, dem 24., und am Sonnabend, dem 25., ging ich wie gewöhnlich zum Dienst«, erinnerte sich Wladimir Nabokow, der zum Führungskreis der liberalen Konstitutionellen Demokraten gehörte, an die Anfänge der Revolution. »Am Sonntag, den 26., bot der Newski-Prospekt den Anblick eines Militärlagers – er war abgesperrt. Am Abend war ich bei I.W. Gessen, bei dem sich sonntags in der Regel Freunde und Bekannte versammelten. [...] Wir tauschten unsere Eindrücke aus. Was vor sich ging, erschien uns…

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Die Oktoberrevolution in der Peripherie: Das Beispiel Ukraine

Tanja Penter

Historische Entwicklungen lassen sich oft sehr viel besser ausgehend von ihren Rändern erklären als von den Zentren. So kann der Blick auf die Peripherie unser Verständnis davon, was die Oktoberrevolution war, verändern und uns die Komplexität der überlappenden sozialen und nationalen Revolutionen im Oktober 1917 vor Augen führen. In der historischen Forschung ist die Bedeutung der Peripherie und verschiedener lokaler Faktoren im Zusammenhang mit der Revolution von 1917 bisher erst in Ansätzen…

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Die Oktoberrevolution und ihre Bilder in den Köpfen

Anna Bohn und Thomas Lindenberger

Die Oktoberrevolution 1917 regte eine enorme Bildproduktion an: Fotografen und Kameramänner, bildende Künstler und Regisseure fixierten auf vielfältige Weise und zuweilen als unmittelbar Beteiligte oder Zeitzeugen die dramatischen Ereignisse des Jahres 1917 in Bildern oder reinszenierten das Geschehen. Insbesondere in russischen Archiven und Kunstsammlungen, aber auch in durch Emigrationsbewegungen weltweit verstreuten Sammlungen gibt es immer noch Fotografien, Filmausschnitte und andere…

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Frühstart des »Eurokommunismus«? Das Experiment der KPÖ und die Konferenzen westeuropäischer kommunistischer Parteien im Kontext der europäischen Reformkommunismen der 1960er-Jahre

Maximilian Graf

I. Reform- oder »Eurokommunismus«? Die Vorgeschichte des »Eurokommunismus« – wenn man sich dieser Chiffre bedienen will – stellt nach wie vor ein bedeutendes Desiderat der internationalen Kommunismusforschung dar, insbesondere, wenn man diese aus einer gesamteuropäischen Perspektive betrachtet. Bei dem Begriff »Eurokommunismus« selbst handelt es sich um eine Fremdzuschreibung, die allerdings auch von führenden westeuropäischen Reformkommunisten übernommen wurde, deren Haltungen und…

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Oktoberrevolution. "Flammenschrift auf Europas östlicher Wand"

Dietrich Beyrau

  Oktoberrevolution. »Flammenschrift auf Europas östlicher Wand«[1]   I. Mythen und Narrative Wenn heute an die Oktoberrevolution erinnert wird, so stehen sich zwei Formen des Erinnerns gegenüber, nicht ganz unverbunden miteinander, aber doch deutlich zu unterscheiden. Seit der Revolution selbst zirkulieren in Russland (und im Ausland) Legenden, Narrative und Phantasien über die Ursprünge und die Akteure der Revolution und – spätestens seit den 1960er-Jahren – entstand eine seriöse, wenn…

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Die Tragödie im Arbeits- und Besserungshaus in der Stadt Vjatka 1918/19. Zur Kulturgeschichte der Revolution

Erik Kulavig

Die Geschichte der Sowjetunion und des Kommunismus ist Gegenstand von zwei konkurrierenden Paradigmen, die ihren Ursprung in einer politisch-historischen beziehungsweise einer sozialgeschichtlichen Tradition haben. Für Historiker, die sich innerhalb des ersten Paradigmas bewegen, war die Oktoberrevolution ein bolschewistischer Putsch, der von Lenin und Trotzki angeführt wurde. Die Anhänger der sozialgeschichtlichen Tradition sind im Unterschied dazu der Auffassung, dass es soziale Kräfte in den…

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Die Oktoberrevolution als Projektionsfläche von Verschwörungstheorien

Wolfgang Benz

Welterklärung mit Verschwörungsfantasie Es war schon immer schwer, den Lauf der Welt zu verstehen, und noch schwieriger war und ist es, für katastrophale Ereignisse in der Natur, für Kriege, für wirtschaftlichen Zusammenbruch, für Terror und Gewalt Erklärungen zu finden. Das Feld ist seit jeher von Sehern und Weisen, von Heiligen und Scharlatanen besetzt. Besonders wirkungsvoll und unangreifbar sind Verschwörungsfantasien, weil sie keiner rational nachvollziehbaren Beweise bedürfen, weil sie an…

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»Lenin und die Folgen. Ein wissenschaftliches Gespräch zum 100. Geburtstag des russischen Revolutionärs«

Mit einer Einführung von Nikolas Dörr

»Lenin und die Folgen. Ein wissenschaftliches Gespräch zum 100. Geburtstag des russischen Revolutionärs«. Dokumentation einer Diskussion von 1970 zwischen Eugen Kogon (Moderator), René Ahlberg, Iring Fetscher, Ernest Mandel, Oskar Negt, Henryk Skrzypczak und Hermann Weber. [1]   Mit einer Einführung von Nikolas Dörr Am 22. April 1970 wäre Lenin 100 Jahre alt geworden. Der spätere Anführer der Bolschewiki wurde unter dem bürgerlichen Namen Wladimir Iljitsch Uljanow nach dem seinerzeit in…

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Die Provisorische Regierung im Frühjahr 1917: Auf dem Weg zum Allgemeinwohl

Fedor A. Gajda

Die Historiografie zur Februarrevolution und Provisorischen Regierung ist geprägt von einer festen Vorstellung sowohl des bürgerlichen Charakters als auch der Politik der neuen Machthaber und beruht auf der Einschätzung der russischen Sozialisten jener Zeit. Sie ließen sich dabei von der Zusammensetzung der ersten Regierung (März bis Mai 1917) leiten, die hauptsächlich aus »bürgerlichen Liberalen« bestand. Die Ereignisse der Revolution bildeten die Basis für die Macht der neuen Regierung. Es kam…

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Die Oktoberrevolution in der Wahrnehmung der deutschen Sozialdemokratie

Detlef Lehnert

Um eingangs voreilige Scheingewissheiten zu vermeiden: Kein einziger Begriff im verwendeten Titel ist eindeutig. Dies betrifft nicht allein die Oktoberrevolution, die nach unserer gregorianischen Zeitrechnung am 7. November 1917 begann. Sie ließe sich mit der vorausgegangenen Februar- oder Märzrevolution auch zur Russischen Revolution 1917 zusammenfassen. Die Entwicklung zwischen den russischen Februar- und Oktoberereignissen würde dann nicht als zweite Revolution, sondern als zweite Phase…

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Nikolaj Nekrasov – gescheiterter Staatsmann. Das Schicksal eines Politikers in der Revolutionsepoche

Aleksandr Nekrasov und Tatʼjana Nekrasova

100 Jahre nach dem Ende des I. Weltkrieges bietet sich Historikern eine besondere Perspektive: Nicht als Beteiligte, sondern als Nachkommen und Erben können sie sich von engen Streitfragen lösen, die Bedeutung des Ereignisses in seiner Gesamtheit begreifen und aus der »Vogelperspektive« ein einheitliches Bild zeichnen. Mit einigem Abstand kann die Geschichte des 20. Jahrhunderts in ihrer Kontinuität verfolgt werden, und die Folgen der Ereignisse können weit außerhalb ihres historischen…

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Verzeichnis der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter des Jahrbuchs für Historische Kommunismusforschung 2017

Jörg Baberowski Prof. Dr. phil., geb. 1961 in Radolfzell. 1982 bis 1988 Studium der Geschichte und Philosophie an der Universität Göttingen, 1989 bis 1994 wiss. Mitarbeiter am Seminar für Osteuropäische Geschichte an der Universität Frankfurt/M., 1994 Promotion an der Historischen Fakultät der Universität Frankfurt/M., Titel der Dissertation: »Autokratie und Justiz. Zum Verhältnis von Rechtsstaatlichkeit und Rückständigkeit im ausgehenden Zarenreich 1864–1914«; September 2000 Habilitation,…