JHK 2022
Inhaltsverzeichnis
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Polenfeindlichkeit in der DDR
Daniel LogemannIn einem Interview mit der taz über Neonazis in der DDR wies Bernd Wagner, Kriminologe, ehemaliger Polizist in der DDR und auch der Bundesrepublik sowie Gründer der Aussteigerhilfe für Rechtsextreme »EXIT-Deutschland«, unlängst auf die weite Verbreitung rechter Gesinnung in der DDR hin. Er begründete dies unter anderem mit lang gehegten Vorstellungen von der sozialistischen Heimat DDR: »[…] Kategorien wie Heimat, Familie und Lebensidentität [waren] sehr wichtig im ausdrücklichen deutschen…
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Die dunkle Seite der Perestroika
Jan Claas BehrendsIm Jahr 1992 trafen sich nach verrichteter Arbeit in den gerade geöffneten russischen Archiven einige prominente amerikanische Historiker im Hotel Moskau am Manege-Platz. In dem stalinistischen Gebäude befand sich mittlerweile eine spanische Bar, zu dieser Zeit einer der wenigen Orte, an dem im Zentrum der russischen Metropole tolerables Essen angeboten wurde. Die anwesenden Wissenschaftler tauschten sich dort über die Aussicht für die Zukunft des Landes nach dem Ende der Sowjetunion aus. Keiner…
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Verzeichnis der Autorinnen und Autoren, Herausgeber und Beiräte
Mioara Anton Dr. habil., geb. 1973. Studium der Geschichte an der Universität Bukarest (1993–1997), 2005 Promotion, 2017 Habilitation. Senior Researcher am Institut für Geschichte »Nicolae Iorga« an der Rumänischen Akademie. Forschungen zur rumänischen Zeitgeschichte, insbesondere zur Geschichte des Kommunismus (Außenpolitik, rumänische Intelligenz, Minderheitenfragen, Alltagsleben). Veröffentlichungen: mehrere Bücher und Studien zur Geschichte des rumänischen Kommunismus, darunter »Ceaușescu…
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Konservatismus und Autoritarismus im Staatssozialismus
Jens GiesekeI. Zur Fragestellung Mit dem Aufkommen von rechtspopulistischen, autoritären Bewegungen und der Etablierung illiberaler Regime (auch) in Ländern des ehemaligen Sowjetblocks richtet sich die Aufmerksamkeit der Geschichtswissenschaften verstärkt auf Ursprünge dieser politischen Strömungen in der Zeit des Staatssozialismus sowie auf die Transformationseffekte der frühen postkommunistischen Ära. Damit wird die lange Zeit vorherrschende Interpretation des Zusammenbruchs des historischen Kommunismus…
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Völkerfreundschaft, Vertragsarbeiter und völkische Identität – Alltagsrassismus in staatlichen und gesellschaftlichen Diskursen der DDR
Ann-Judith Rabenschlag[0]I. Gründungsmythos Antifaschismus und die »Ausrottung« des Rassismus als semantische Umwälzungen »Seit der Gründung der Deutschen Demokratischen Republik, auf deren Territorium der menschenfeindliche Rassismus mit der Wurzel ausgerottet ist, gehören ihre tiefe Sympathie und die tatkräftige Unterstützung allen Völkern, allen Menschen, die gegen imperialistische Unterdrückung und rassistische Diskriminierung auftreten.«[1] Erich Honecker Als sich Erich Honecker am 14. August 1978 in Genf mit…
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Sowjetestland zwischen »bürgerlichem« und »internationalistischem« Nationalismus
Karsten Brüggemann[0]I. »Eesti« in der Sowjetunion? Im Oktober 1979 machte ein Pärchen aus Tallinn einen Spaziergang zu einer der Aussichtsplattformen auf dem Domberg. Von dort aus sahen die beiden auf einem der Dächer in der Unterstadt unübersehbar in weißer Farbe das Wort »Eesti« (Estland) prangen und fotografierten es. Im Frühjahr 2016 erinnerten sich die beiden, wie sprachlos sie damals gewesen seien. Sie waren sich sicher, einen Akt des Protestes gegen die Sowjetherrschaft dokumentiert zu haben, denn kurz…
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Deutsche Opferrolle und sozialistische Staatsbildung
Peter N. Gengler»Mochte doch keiner was davon hören, hier im Westen nicht und im Osten schon gar nicht.«[1] Die Schlussfolgerungen von Paul Pokriefke, dem Erzähler von Günter Grassʼ Novelle Im Krebsgang aus dem Jahr 2002, spiegeln die unter den Opfern von Flucht und Vertreibung weit verbreitete Annahme wider, dass über der Zwangsmigration von zehn bis zwölf Millionen Deutschen nach dem Zweiten Weltkrieg ein »Tabu« lag.[2] Tatsächlich haben Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler immer wieder gezeigt, dass…
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Ambivalentes Empowerment
Adela HÎncu[0]Ab etwa Mitte der 1960er-Jahre begannen die Sozialwissenschaften im sozialistischen Rumänien, sich ernsthaft für die Lage der Frauen zu interessieren. Ausgangspunkt der daraus hervorgegangenen Untersuchungen war das Stichwort Ungleichheit. Sie adressierten kritisch die sozialökonomischen Lebensbedingungen von Frauen, setzten sich aber in der Regel nicht mit der zunehmend neotraditionalistisch geprägten Rede über die Rolle der Frau im »Nationalkommunismus« auseinander bzw. passten sich an sie…
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Perestroika und die Ursprünge von Lukašėnkas Konservatismus
Anton LiavitskiZum Zeitpunkt seines Wahlsieges 1994 schien Aljaksandr Lukašėnka noch ein unbeschriebenes Blatt zu sein: Experten kritisierten sein Programm als eklektische Mischung von Ideen und Vorschlägen, die im gleichen Maße Konzepte von Staatskapitalismus und Marktsozialismus umfassen würde.[1] Das nährte die Hoffnung, dass sich Belarus innerhalb des Transition-to-Democracy-Paradigmas entwickeln könnte, mit dem der Weg der postsozialistischen Länder nach 1989/91 konzeptionell gefasst wurde.[2] Im…
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Israelbild und Antisemitismus im spätsozialistischen Polen und der DDR
David G. TompkinsIn der kommunistischen Ära wurde der traditionelle Antisemitismus in Mitteleuropa um ein neues Objekt des Argwohns und der Abscheu erweitert: Israel. Ab 1948 entwickelte sich dieser neue Akteur auf der Weltbühne rasch zu einem Hauptgegner des Ostblocks. Zugleich diente Israel als Kristallisationspunkt der von den kommunistischen Parteien der Region entfalteten Vorstellungen einer zionistischen Bedrohung in Form einer undurchsichtigen, hinterhältigen Bewegung, die vermeintlich nach globalem…
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Rückkehr zum Autochthonismus
Mioara Anton[0] Anfang der 1970er-Jahre ergriff der rumänische Staats- und Parteiführer Nicolae Ceaușescu umfangreiche Maßnahmen zur ideologischen Erziehung und Festigung der sozialistischen Gesinnung in der Bevölkerung. Die Schaffung des »neuen Menschen« war eines der Hauptziele des Ceaușescu-Regimes. Ein gemeinsames Bewusstsein, eine nationalkommunistische Identität sowie die uneingeschränkte Anerkennung der offiziellen Dogmen machten demnach eine sozialistische Gesellschaft aus. Die vom Parteiführer…
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»Transitional Justice« – Wege und Sonderwege
Rainer Huhle[0] Seit den Neunzigerjahren des 20. Jahrhunderts ist der Begriff Transitional Justice (TJ) als Forschungsbereich und Diskursfeld einer rasch wachsenden »epistemischen Gemeinschaft« fest etabliert.[1] Dabei weitete sich auch das von dem Begriff abgesteckte Themenfeld räumlich, zeitlich und inhaltlich immer weiter aus und verlor an Schärfe. Die Entwicklung des Diskurses war wesentlich vom lateinamerikanischen Kontext geprägt, während vor allem US-amerikanische Stiftungen und Thinktanks…