Das Bild zeigt das Frontcover des Sammelbandes. In der Mitte wird der Herausgeber, der Buchtitel und der Verlag genannt. Über die ganze Fläche zieht sich ein Foto, auf dem eine Menschenmenge zu sehen ist, die zwei sowjetische Panzer umringen. Auf einem Panzer steht ein Offizier, der offenbar mit den Menschen diskutiert

Sammelband

Der 17. Juni 1953

Ulrich Mählert (Herausgeber)

Der Sammelband erschien 2003 aus Anlass des 50. Jahrestags des DDR-Volksaufstandes vom 17. Juni 1953. Seine Beiträge beschreiben den Juni-Aufstand vom 1953 in seinen lokalen und regionalen Ausprägungen. Die Autorinnen und Autoren richten ihren Blick von Berlin und Potsdam über Görlitz, Leipzig, Jena, das Industriegebiet Halle-Bitterfeld bis an die Küste, nach Rostock. Dabei werden historische Wurzeln und regionale Besonderheiten als Bedingungsfaktoren des Aufstandes sichtbar. Während in den… Der Sammelband erschien 2003 aus Anlass des 50. Jahrestags des DDR-Volksaufstandes vom 17. Juni 1953. Seine Beiträge beschreiben den Juni-Aufstand vom 1953 in seinen lokalen und regionalen Ausprägungen. Die Autorinnen und Autoren richten ihren Blick von Berlin und Potsdam über Görlitz, Leipzig, Jena, das Industriegebiet Halle-Bitterfeld bis an die Küste, nach Rostock. Dabei werden historische Wurzeln und regionale Besonderheiten als Bedingungsfaktoren des Aufstandes sichtbar. Während in den meisten industriellen Zentren die Aufständischen ihren Triumph bereits vor Augen wähnten, gelang es der SED im Verein mit den Sowjets, in Potsdam und Rostock den Aufstand schon in seinen Anfängen zu ersticken. Biographische Skizzen lokaler Akteure des Aufstandes ergänzen die sowohl ereignis- wie sozialgeschichtliche Perspektive. Vielen Dank an den Verlag J.H.W. Dietz Nachf. GmbH für die Unterstützung der Nachveröffentlichung als E-Book.

Dokumentation

Der Deutsche Kommunismus. Dokumente 1915-1945

Hermann Weber (Herausgeber)

Die vorliegende Dokumentation erschien erstmals 1963. Der Mannheimer Historiker Hermann Weber weist in seiner Einführung zu dieser Dokumentation darauf hin, dass es damals weder in der Bundesrepublik noch in der DDR eine nennenswerte Literatur über die Geschichte des deutschen Kommunismus gegeben habe. Erst in den darauffolgenden Jahren habe die historische Entwicklung des Kommunismus in Deutschland in stärkerem Maße das Interesse der Geschichtswissenschaft - sowohl in der DDR als auch in der… Der deutsche Kommunismus Dokumente 1915-1945 Herausgegeben und kommentiert von Hermann Weber Studien-Bibliothek Kiepenheuer & Witsch Dritte Auflage 1973 © 1963 by Verlag Kiepenheuer & Witsch Köln Gesamtherstellung Proff & Co KG Bad Honnef und Butzon & Bercker Kevelaer Printed in Germany 1973 ISBN Broschur 3 462 00952 4 INHALT VORWORT ...........................................................................................................................................................................  II DIE KPD IN DER WEIMARER REPUBLIK EINLEITUNG...................................................................................................................................................................... 1$ A.PROGRAMME DES SPARTAKUSBUNDES                         UND DER KPD ..                                          29 Leitsätze über die Aufgaben der internationalen Sozialdemokratie (1916)                                                                                                              *9 Programm des Spartakusbundes (1918).................................................. 34 Aus dem Programm-Entwurf der KPD (1922)....................................... 43 Das Programm der Kommunistischen Internationale (1928) ..      ..       46 Programmerklärung zur nationalen und sozialen Befreiung des deutschen Volkes (1930)............................................................................. 58 B.DIE KPD IN DER TAGESPOLITIK .................................................................................................................  67 Aufruf der Spartakusgruppe vom Oktober 1918.................................... 67 Aufruf der Spartakusgruppe vom 8. November 1918........................... 68 Rosa Luxemburg über die Nationalversammlung.................................. 70 Aufruf Liebknechts zum Sturz der Regierung (1919)........................... 71 Aufruf der KPD Münchens vom 13. April 1919...................................... 72 Leitsätze des II. Parteitages über kommunistische Grundsätze und Taktik (1919)................................................................................................ 73 Aufruf gegen das Betriebsrätegesetz (1920)............................................. 76 Die KPD zum Kapp-Putsch (1920)       ............................................ 77 »Verfügung« der Roten Ruhrarmee .........................................................  78 Rundschreiben zur Märzaktion (1921)...................................................... 79 Militärische Lehren der Oktoberkämpfe in Hamburg (1923) ..                81 Anweisungen für den Bürgerkrieg (1923)                                         83 Das Aktionsprogramm der KPD (1924)                                            86 Aufruf der Kommunistischen Partei zur Wahl (1924)............................. 88 Bildet den Roten Frontkämpfer-Bund! (1924)......................................... 93 Der Volksentscheid für die Enteignung der Fürsten (1926) ..         ..       95 Aus dem Manifest des XL Parteitages der Kommunistischen Partei Deutschlands (1927)..................................................................................... 99 Aus dem Aufruf der KPD zur Reichstagswahl (1928).......................... 101 6 INHALT Manifest des XII. Parteitages der Kommunistischen Partei Deutsch- lands (1929) ................................................................................................. 102 Zur Taktik des Straßenkampfes im bewaffneten Aufstand (1931) 105 Beschluß zu den Präsidentschaftswahlen (1932)................................. 106 Aufruf der KPD zur Reichstagswahl (1932)......................................... 108 »Die KPD im Angriff« (1932)       ..................................................... 110 C. DIE KPD UND DIE SOWJETUNION................................................................................................................... IIJ Der Sieg der Bolschewiki ......................................................................  115 Die Russische Tragödie........................................................................... 116 Die Russische Revolution ...................................................................... 118 Aufruf der KPD zur Unterstützung der Roten Armee (1920) ..             121 Die KPD zu Rapallo ............................................................................... 124 Aus dem Manifest an Sowjetrußland des VIII. KPD-Parteitages (1923)        ............................................................................................... 126 Aufruf der KPD für die Sowjetunion (1927)         ............................ 129 Mobilmachung gegen Mobilmachung (1929)...................................... 130 Militärische Verteidigung der Sowjetunion (1930)       ................... 131 Gruß des ZK der KPD zum 14. Jahrestag der Roten Armee (1932) 135 D. DIE KPD, DIE NATION UND DIE REPUBLIK............................................................................................... 137 Der Hauptfeind steht im eigenen Land (1915)...................................... 137 Aufruf der KPD während des Kapp-Putsches (1920).......................... 138 Aufruf der KPD (1923)............................................................................ 140 Radeks Schlageter-Rede (1923)    ..................................................... 142 Thälmann Präsidentschaftskandidat der KPD (1925).......................... 148 Aus der Resolution des Polbüros der KPD über den Faschismus (1930)        ........................................ ..................................................... HO Über den »Roten Volksentscheid« (1931)............................................ 152 Offener Brief der KPD an die »Werktätigen Wähler der NSDAP und die Mitglieder der Sturmabteilungen« (1931)................................... 155 »Der Faschistische Kurs der Brüning-Regierung«............................... 157 Faschismus und Demokratie in den Thesen der KPD (1931/1932) 158 E.DIE KPD, DIE SOZIALDEMOKRATIE UND DIE GEWERK- SCHAFTEN ....................................................................................................................................................... l6l Spartakus-Flugblatt (1916)...................................................................... 161 Leitsätze über die Gewerkschaftsfrage (1919)                                        163 Angebot zur Aktionseinheit (1921)                                                         168 Leitsätze zur Taktik der Einheitsfront und der Arbeiterregierung (1923) ........................................................................................................... 170 INHALT 7 Resolution zur Arbeit der Kommunisten in den freien Gewerk- schaften (1925)........................................................................................... 174 Aus der Resolution des XII. Parteitages der KPD (1929) .,             .. 178 Stalins These vom Sozialfaschismus .....................................................  180 Thesen der KPD über den Sozialfaschismus......................................... 182 Erklärung des ZK der KPD zu den Betriebsrätewahlen 1930 ..             186 8, Linke Fehler und Übertreibungen in der Frage des Sozialfaschismus 188 Die KPD spaltet die Gewerkschaften..................................................... 190 RGO-Propaganda (1931)       ............................................................ 192 Die Antifaschistische Aktion im Anmarsch.......................................... 194 F. DIE KPD UND DIE KOMINTERN................................................................................................................ 197 Die Gründung der III. Internationale (1919)                                           197 Spartakus und die Dritte Internationale................................................. 198 Leitsätze über die Bedingungen der Aufnahme in die Kommu- nistische Internationale.............................................................................. 202 Stellungnahmen zur Kominternführung auf dem V. Parteitag der KPD (1920) ......................................................................................... 207 Anleitung der KPD durch die Komintern................................................. 210 Rundschreiben Nr. 830 der Komintern (1921)....................................... 212 Rundschreiben Nr. 1022 der Komintern (1923).................................... 213 Stalin: Über die Perspektiven der KPD und über die Bolsche- wisierung (1925)                                                                                    214 Brief der Exekutive der Kommunistischen Internationale an alle Organisationen und die Mitglieder der KPD........................................... 218 Beschluß des Polbüros der KPD zum offenen Brief des EKKI über die rechte Gefahr in der KPD (1928)............................................... 242 Kampf gegen alle Abweichungen........................................................... 245 G.DAS INNERPARTEILICHE REGIME DER KPD ....................................................................................  247 Die Organisationsfrage auf dem Gründungsparteitag           der KPD    247 Satzung der Kommunistischen Partei Deutschlands (1919)   .   .   . .    248 Zentralisierung der KPD-Organisation (1920).............................. 251 Organisierung der Revolution (1924)............................................ 252 Statut der Kommunistischen Partei Deutschlands (1925)       .   .   . .    254 Aufgaben der Betriebszellen........................................................... 259 Die KPD - D:' einzige Arbeiterpartei............................................. 260 Der neue Kurs der KPD (1925)...................................................... 261 Die Wittorf-Affäre (1928)............................................................... 264 »Das Ende eines Verbrechers« ............................................................... 266 Entschließung des Pol-Büros der KPD über die Paul-Merker- Gruppe (1930)                                                                                             267 8 INHALT »Schärfster Kampf gegen die Überreste des Luxemburgismus« . . 269 H.DIE KOMMUNISTISCHEN OPPOSITIONSGRUPPEN ..                                                             ..           273 Erster Aufruf der KAPD (1920)............................................................... 273 Paul Levi über die Märzaktion (1921)..................................................... 274 Resolution der I. Reichskonferenz der Kommunistischen Arbeits- gemeinschaft (1921)................................................................................... 277 Plattform der Weddinger Opposition (1926).......................................... 278 Die Streitfrage in der Komintern (1927)................................................. 280 Erklärung der »linken Opposition« auf dem XI. KPD-Parteitag in Essen (.1927)                                                                                          282 Der Kampf um die Kommunistische Partei............................................ 285 Offener Brief der KAPD über die »Sowjetgranaten« an das Zen- tralkomitee der KPD (1927)                                                                       289 Erklärung von Arthur Ewert und Ernst Meyer zur innerpartei- lichen Lage ................................................................................................. 294 Plattform der KPD-O (1930)                                                                    297 Trotzki gegen die KPD-Linie .................................................................. 302 Prinzipienerklärung der SAP (1932)................................. ..            .. 307 Aufruf der kommunistischen Oppositionsgruppen ...............................  312 DIE KPD IN DER ILLEGALITÄT UND EMIGRATION EINLEITUNG.................................................................................................................................................................. 317 A. PROGRAMMATISCHE DOKUMENTE DER KPD................................................................................... 323 Der neue Weg zum gemeinsamen Kampf aller Werktätigen für den Sturz der Hitlerdiktatur ...................................................................... 323 Resolution der »Berner« Konferenz der KPD (1939) ..                    .. 331 B.DIE KPD IN DER TAGESPOLITIK............................................................................................................... 339 Aufruf der KPD vom 30. Januar 1933 zum Generalstreik ..         .. 339 Erklärung des ZK der KPD zum Reichstagsbrand............................... 340 Entschließung des ZK der KPD »zur Lage und den nächsten Auf- gaben« (Mai 1933)....................................................................................... 342 Resolution des ZK der KPD vom 30. Januar 1935.............................. 348 Resolution des ZK der Kommunistischen Partei Deutschlands zur Lage (Mai 1938)......................................................................................... 350 Die KPD zum Ausbruch des zweiten Weltkrieges.............................. 352 Um was geht es in diesem Krieg?.......................................................... 356 INHALT 9 C. DIE KPD UND DIE SOWJETUNION............................................................................................................. 359 Resolution des ZK der KPD zu den »konterrevolutionären trotz- kistisch-sinowjewistischen Verbrechen gegen die Arbeiterklasse« (!93^)                                                                                                             359 Erklärung des ZK der KPD zum Abschluß des Nichtangriffs- paktes zwischen der Sowjetunion und Deutschland................................ 361 Walter Ulbricht zum Stalin-Hitler-Pakt.................................................. 364 Appell des ZK der KPD (6. Oktober 1941)............................................ 368 in. Die Auflösung der Komintern....................................................................... 369 D.DIE KPD UND DIE EINHEITSFRONT .......................................................................................................... 373 Einheitsfrontangebot der KPD (14. März 1933).................................... 373 RGO-Politik (1933)       .................................................................... 375 »Brüsseler« Konferenz für Einheitsgewerkschaften ...........................  377 »Unser Verhältnis zur Sozialdemokratie und zu den Sozialdemo- kratischen Massen«............................................................................. 377 Die KPD und der Kirchenkampf.................................................... 379 Aufruf für die deutsche Volksfront für Frieden, Freiheit und Brot (1937)                                                                                                            382 Vorschlag zur Einigung der deutschen Opposition (1938)      . .     .  . 384 KPD-Angriffe gegen die SPD (1940)............................................. 387 Manifest des Nationalkomitees Freies Deutschland (1943)      ..     ..    388 E. DIE KOMMUNISTISCHE OPPOSITION ..................................................................................................... 393 Aufforderung an die KPD: Eine Front gegen Hitler.................... 393 Offener Brief der KPD (O).............................................................. 395 Die Taktik der KPD und der Internationalen Kommunisten Deutschlands (Trotzkisten) im Kampf gegen das Hitler-Regime (1935)       ......................................................................................... •• 397 Das Programm der Übergangsforderungen in den faschistischen Ländern (1939)                                                                                             400 Aus den Briefen Münzenbergs ............................................................... 403 F.DER ILLEGALE KAMPF DER KPD ............................................................................................................ 405 Der Aufbau der illegalen KPD (1935)                                                    405 Lagebericht der GESTAPO über die KPD (1937)................................ 408 Die Taktik des Trojanischen Pferdes...................................................... 410 Illegales Flugblatt der Neubauer-Poser-Gruppe.................................... 412 »Kadermaterial« der Saefkow-Jakob-Bästlein-Gruppe         ..        ..    414 Illegales Material der Schumann-Engert-Kresse-Gruppe      ..       ..    418 INHALT ANHANG DIE PARTEITAGE.............................................................................................................................................................. 425 DIE PARTEIFÜHRUNGEN............................................................................................................................................... 433 BIBLIOGRAPHIE................................................................................................................................................................ 437 REGISTER ...........................................................................................................................................................................  447 VERZEICHNIS DER ABKÜRZUNGEN ....................................................................................................................... 461 VORWORT Die vorliegende Dokumentation erschien erstmals vor zehn Jahren. Damals gab es weder in der Bundesrepublik noch in der DDR eine nennenswerte Literatur über die Geschichte des deutschen Kommunismus. Erst im letzten Jahrzehnt hat die historische Entwicklung des Kommunismus in Deutschland in stärkerem Maße das Interesse der Geschichtswissenschaft - sowohl in der DDR als auch in der Bundesrepublik — gefunden, und daher hat auch die Literatur über die KPD erst in jüngster Zeit erheblich zugenommen. Zahlreiche Veröffentlichungen machen inzwischen mit Politik, Organi- sation und Zielsetzung der KPD bekannt, auch viele Dokumente wurden erneut veröffentlicht. Die vorliegende Dokumentation enthält jedoch wichtige Erklärungen des deutschen Kommunismus zwischen 1918 und 1945, die sonst weiterhin nur schwer zugänglich sind (z. B. die »Schlageter-Rede« von Karl Radek, die Satzung der KPD von 1919, der umfangreiche »Offene Brief« der Komintern gegen die linke KPD-Führung 1925; aber auch zahl- reiche kleinere Dokumente). Da auch die Taschenbuchausgabe dieser Doku- mentation (Völker hört die Signale) bereits seit längerer Zeit vergriffen ist, scheint eine Neuauflage durchaus nützlich und gerechtfertigt. Sie wird hier vorgelegt, allerdings ohne den dritten Teil der Ausgabe von 1963, die Dokumente des deutschen Kommunismus nach 1945. Da über die SED inzwischen Dokumentenbände vorliegen, konnte dieser Abschnitt aus Platz- gründen wegbleiben. Eine Dokumentenauswahl ist kein Ersatz für eine Geschichtsdarstellung. Die kurzen Einleitungen und die Anmerkungen erheben nicht den Anspruch, die Geschichte des deutschen Kommunismus zu erklären, sie sollen lediglich die Benutzung der Dokumente erleichtern. Wie erwähnt liegen inzwischen über die Geschichte der KPD Monographien vor, so daß die meisten Perioden der KPD-Entwicklung untersucht sind. Die Titel sind im Anhang in der Bibliographie - die auf den neuesten Stand ergänzt wurde - abgedruckt. Ein detaillierter Überblick über die neuere Literatur zur Geschichte der KPD ist auch in der Einleitung zur Neuauflage von Ossip K. Flechtheim Die KPD in der Weimarer Republik (Frankfurt 1969) zu finden. Die hier veröffent- lichten Dokumente können als Ergänzung der inzwischen erschienenen Darstellungen dienen. Der vorliegende Band enthält nur offizielle Dokumente der deutschen kommunistischen Bewegung. Aufgenommen wurden Erklärungen und Be- schlüsse der Führungsgremien, Artikel oder Reden von Parteiführern, be- deutsame Artikel aus kommunistischen Zeitungen oder Zeitschriften und wichtige Erklärungen von kommunistischen Oppositionsgruppen. 12 VORWORT In eine Dokumentation zur Geschichte der KPD gehören eigentlich nicht nur offizielle Deklarationen, sondern auch Materialien aus dem internen Schriftverkehr, etwa Akten über die Beziehungen zur Kommunistischen Internationale. Die Beschaffung solcher Unterlagen war nur in Ausnahme- fällen möglich. Der größte Teil dieser Dokumente liegt noch in den Geheim- archiven. Fast alle öffentlichen Erklärungen der KPD waren ungewöhnlich weit- schweifig. Die Auswahl war deshalb besonders schwierig. Bei einer ungekürzten Wiedergabe aller Texte hätten nur wenige Dokumente in den Band auf- genommen werden können. Sollte die Auswahl einen genügend großen Überblick über alle Seiten der kommunistischen Politik gewähren, erwiesen sich bei manchen Dokumenten Kürzungen als unumgänglich. Selbstverständ- lich wurden sinnentstellende Kürzungen vermieden und alle Auslassungen durch drei Punkte gekennzeichnet. Die Auswahl ist chronologisch in zwei Teile gegliedert: i. Spartakusbund und KPD 1915-1932; 2. Die KPD von 1933-1945. Um die Übersicht zu erleichtern, wurden die Hauptteile in sich gegliedert. Die programmatischen Erklärungen bilden jeweils den ersten Abschnitt; es folgen die taktischen Direktiven der Partei. Dokumente, die die jeweilige Haltung gegenüber der Sowjetunion kennzeichnen, sind im dritten Abschnitt zusammengestellt. Äußerungen zur nationalen Frage, zum Staat und zur Demokratie im vierten Abschnitt. Den fünften Abschnitt bilden Stellungnahmen zu den Gewerk- schaften und der SPD. Die letzten Abschnitte beleuchten die innerparteiliche Situation und den Standort der Opposition. Im ersten Hauptteil spielt ferner die Verbindung zur Komintern eine Rolle, im zweiten Teil der illegale Kampf der KPD. Alle Dokumente sind unverändert wiedergegeben, soweit möglich in der frühesten Fassung. Offensichtliche Druckfehler wurden berichtigt. Da der vorliegende Band ein Faksimiledruck der Ausgabe von 1963 ist, konnten inzwischen zugängliche Quellen nicht berücksichtigt werden (so ist - vgl. S. 247 f. - die Rede Eberleins nicht aus dem inzwischen veröffentlichten Protokoll des KPD-Gründungsparteitages entnommen). Auch die Anmer- kungen konnten nur in Ausnahmefällen auf den neuesten wissenschaftlichen Stand gebracht werden. Mannheim, im März 1973 Hermann Weber DIE KPD IN DER WEIMARER REPUBLIK EINLEITUNG ENTSTEHUNG UND NIEDERGANG DER KPD Die Kommunistische Partei Deutschlands erwuchs in den Jahren des Ersten Weltkrieges aus einer Sammlung politischer Kräfte, die schon lange vor dem Kriege - damals noch als Mitglieder der Sozialdemokratischen Partei - gegen eine Umwandlung des Sozialismus in eine gemäßigte Reformbewegung ge- kämpft hatten. Der Weltkrieg brachte außer der geistigen Trennung auch den organisatorischen Bruch der radikalen Kräfte mit der Sozialdemokratie. Die Linken wandten sich als Internationalisten gegen die Vaterlandsverteidigung und den »Burgfrieden« mit der eigenen Regierung. Sofort nach Kriegsausbruch und besonders nachdem Karl Liebknecht am 2. Dezember 1914 im Reichstag als einziger gegen die Kriegskredite gestimmt hatte, organisierte sich der Großteil der Linken in entschiedener Antikriegs- haltung als eigene Richtung. Sie nannte sich »Gruppe Internationale«, wurde aber nach ihrem illegal erscheinenden Organ bald als »Spartakusgruppe« bezeichnet. Obwohl ihre wichtigsten Führer Karl Liebknecht, Rosa Luxem- burg und Leo Jogiches während des Krieges längere Zeit inhaftiert waren, trat die Gruppe recht aktiv auf. Die Spartakisten standen unter der geistigen Führung Rosa Luxemburgs. Sie gehörte ebenso wie Lenin zum linken Flügel des internationalen Sozialis- mus, unterschied sich aber in einigen Theorien von den Bolschewiki. Im Jahre 1917, als kriegsgegnerische Sozialisten die »Unabhängige Sozialdemokratische Partei Deutschlands« (USPD) gründeten, schloß sich die Spartakusgruppe dieser Partei an. Als sich gegen Ende des Krieges und in den Tagen, Wochen und Monaten nach dem Waffenstillstand überall revolutionäre Gärung und der Wille zu einem radikalen Neubeginn zeigten, glaubten viele marxistisch-sozialistische Revolutionäre, ihre Stunde sei gekommen. Erst recht meinten es ihre Gegner, die sich gegen den »Spartakus-Aufstand« rüsteten. Doch die führenden Köpfe der Linken sahen die Lage um vieles nüchterner. Sie waren sich der Unreife der revolutionären Bewegung und der organisatorischen Schwäche zu sehr bewußt, als daß sie sich dem Gedanken eines raschen Griffes nach der Staats- macht hätten hingeben können. Sie waren zwar davon überzeugt, daß die Revolution bereits begonnen hatte - und in diesem Sinne ist auch Karl Liebknechts deklaratorische Ausrufung der »sozialistischen Republik« (1918) zu verstehen -, doch die Revolution war für sie ein langwieriger, komplizier- l6                                  DIE KPD IN DER WEIMARER REPUBLIK ter und schmerzhafter Reifeprozeß - ein »Golgathaweg«, wie Rosa Luxem- burg schrieb. Vom 30. Dezember 1918 bis 1. Januar 1919 tagten 127 Delegierte des Spartakusbundes und der Internationalen Kommunisten Deutschlands aus 56 Orten in Berlin und gründeten die Kommunistische Partei Deutsch- lands. Rosa Luxemburg hielt das Hauptreferat, sie erläuterte das von ihr verfaßte Programm (das sogenannte Spartakusprogramm), das sich in wesent- lichen Punkten von den bolschewistischen Konzeptionen unterschied (Dok. 2). Auf dem Parteitag kam es zu heftigen Auseinandersetzungen über taktische Fragen, vor allem über die Beteiligung der KPD an den Wahlen zur Nationalversammlung. Obwohl die neugegründete Partei in sich noch recht widersprüchlich war, gab sie sich unter Führung von Rosa Luxemburg und Karl Liebknecht ein radikal-marxistisches Programm, sie forderte die Sozialisierung der Wirt- schaft und die Übernahme der Macht durch Arbeiter- und Soldatenräte. In der deutschen Revolution sah die KPD nur einen Schritt zur Weltrevolution. Kurz nach dem Gründungsparteitag kam es in Berlin (gegen den Willen der KPD-Führung) zum sogenannten Spartakusaufstand, die Partei wurde illegal. Die Ermordung Rosa Luxemburgs und Karl Liebknechts (15. Januar 1919) und einige Zeit danach Leo Jogiches, beraubte die KPD ihrer bedeu- tendsten Führer. Die relativ kleine KPD, die in den revolutionären Auseinandersetzungen 1919 eine wichtige Rolle spielte und kurze Zeit lokale Räterepubliken (Mün- chen, Bremen) leitete, vermochte ihre innere Parteistruktur nur schrittweise zu festig’en. Eine Massenpartei wurde die KPD Ende 1920, als sich der linke Flügel der USPD mit 300 000 Mitgliedern mit der (80 000 Mitglieder zäh- lenden) KPD verschmolz. Die Vereinigte Kommunistische Partei Deutsch- lands bekannte sich zur Kommunistischen Internationale, erstrebte die Dik- tatur des Proletariats und das Rätesystem und wollte ihre Organisation nach den Prinzipien des demokratischen Zentralismus aufbauen. Das deutsche Krisenjahr 1923 wurde auch zu einem Einschnitt in der Geschichte der KPD. Die Partei bereitete sich auf den revolutionären Umsturz vor. Im Oktober 1923 glaubte die KPD-Führung unter Brandler jedoch, der Aufstand sei nicht möglich und sagte die Aktionen ab. Nur in Hamburg kam es zu bewaffneten Auseinandersetzungen. Der isolierte Aufstand wurde aber rasch niedergeschlagen. Damit war die letzte größere militärische Aktion der KPD in Deutschland zusammengebrochen; der Partei war es nicht ge- lungen, auf revolutionärem Wege an die Macht zu kommen. Innerhalb der KPD kam es zu erbitterten Debatten über die Schuldfrage am Mißlingen der Revolution. Auch die innerparteilichen Differenzen in Rußland griffen auf die KPD über. Die Brandler-Zentrale wurde abgelöst, nach dem Zwischenspiel einer sogenannten Mittelgruppen-Führung übernahm EINLEITUNG 17 der linke Parteiflügel (Ruth Fischer, Maslow, Scholem, Thälmann) die Leitung der Partei. Die neuen Führer schlugen einen radikaleren Kurs ein und wechselten den Funktionärsapparat fast vollständig aus. Unter der Losung der »Bolschewisierung« der Partei wurde ein ideologischer Kampf gegen den »Luxemburgismus«, die Theorie Rosa Luxemburgs, und damit gegen die eigene Tradition der KPD geführt. Die KPD schloß sich auch sofort Stalins »Kampf gegen den Trotzkismus« an. Zunächst glaubte die linke Parteiführung noch, daß sich Deutschland 1924 in einer akuten »revolutionären Situation« befände und ein gewaltsamer Aufstand möglich sei. Der Wahlerfolg im Mai 1924 (die KPD erhielt 3,7 Millionen Stimmen) schien ihr recht zu geben. Doch bald zeigte sich, daß die Verhältnisse in Deutschland sich stabilisierten und die KPD mit ihrer linksradikalen Politik in die Isolierung geriet. Mitgliederzahl und Einfluß der Partei gingen zurück. Die Ruth-Fischer-Führung kam überdies in zu- nehmenden Konflikt mit der Komintern-Spitze. Durch einen offenen Brief der Komintern wurde die KPD-Leitung im September 1925 als ultralinks angegriffen und abgesetzt. Nach monatelangen inneren Auseinandersetzungen wurden die Anhänger der linken und ultralinken Gruppen aus der Partei entfernt. Eine neue Führung aus kominterntreuen Linken (Thälmann, Dengel) und einer »Mittelgruppe« unter Ernst Meyer konsolidierte die Partei 1926/27. Durch eine gemäßigte Politik nach außen konnte die KPD wieder Autorität gewinnen. Doch schon 1928 kam es zu neuen Spannungen. Die Komintern diktierte wieder einen ultralinken Kurs, der bis 1934 andauerte. Ende 1928 und Anfang 1929 wurden die »rechten« Kommunisten unter Brandler, Thal- heimer, Frölich und Walcher aus der KPD ausgeschlossen, die sogenannten »Versöhnler« unter Ernst Meyer verloren ihre Positionen. Die Partei wurde von Ernst Thälmann, Hermann Remmele und Heinz Neumann geführt. Die Weltwirtschaftskrise radikalisierte die Arbeiterschaft und stärkte den Einfluß der KPD. Die Anhänger und Mitglieder der KPD nahmen nach 1929 erheblich zu, freilich nicht so rasch wie die NSDAP. Die stalinistische Führung der KPD glaubte an eine »revolutionäre Situation«, sie sah - trotz der heraufziehenden Gefahr des Nationalsozialismus - in der SPD ihren Hauptfeind. Nach Weisung der Komintern entwickelte die Partei eine Theorie, nach der es zwischen NSDAP und SPD (»Sozialfaschisten«), zwi- schen Weimarer Republik und Faschismus keinen prinzipiellen Unterschied gebe. Deshalb sei »zuerst« die SPD und die Republik zu überwinden. Ob- wohl sich viele Funktionäre gegen eine solche Politik stemmten, die Masse der Mitglieder und Anhänger eine antifaschistische Einheitsfront erstrebte und im Kampf gegen die Nationalsozialisten ihren Mann stand, ließ sich die stalintreue Parteiführung nicht von ihrer verhängnisvollen Generallinie abbringen. Diese Politik führte schließlich zum Untergang der KPD. Die Partei stand in der Weimarer Republik in einem aufreibenden Kampf l8                                       DIE KPD IN DER WEIMARER REPUBLIK gegen die Staatsgewalt, gegen die Sozialdemokratie und schließlich gegen die NSDAP. Die KPD wollte mit aller Kraft die Revolution in Deutschland vorbereiten, zugleich aber wurde sie mehr und mehr ein Instrument der Politik Stalins. Das Mißliche einer solchen Doppelrolle war allenthalben zu spüren. Nicht zuletzt deshalb kam es zu äußerst heftigen Richtungs- kämpfen in der Partei (oftmals waren sie auch nur Ausläufer der russischen Fraktionskämpfe), und der innere Zwist brachte die KPD mehr als ein- mal an den Rand des Abgrunds. Jede Absplitterung war für die KPD ein Aderlaß. Sie hatte einen beispiellosen Verlust an alten Funktionären zu registrieren. Als nach 1928 der Meinungsstreit innerhalb der KPD durch die Beseiti- gung der innerparteilichen Demokratie künstlich unterdrückt wurde, geriet die Partei in noch größere Schwierigkeiten. Die nach außen demonstrierte monolithische Einheit war nur die Fassade für die Unsicherheit und das Schwanken der Parteiführung, die von einem Extrem ins andere fiel. Die unglaublich starke Fluktuation der Mitgliedschaft, ja auch der Funktionäre, beleuchtete die wirkliche Situation der Partei. Schon ein Blick auf die Reihe der einander ablösenden Führergarnituren der KPD zeigt das Bild eines fortschreitenden Niedergangs: Die Begründer, Luxemburg und Liebknecht, werden im Urteil der Geschichte als große Per- sönlichkeiten mit klarem Geist, edlem Wollen und lauterem Charakter be- stehen können. Paul Levi und Ernst Meyer waren kluge politische Führer, Brandler und Thalheimer ehrbare Handwerker der politischen Organisation. Die auf sie folgenden Ruth Fischer und Arkadij Maslow waren effektvolle Agitationsredner. Thälmann muß bei allem Respekt für seine Standhaftigkeit in Hitlers Kerker nachgesagt werden, daß er nur ein Provinzpolitiker mit de- magogischem Talent gewesen ist. Der Abstieg der KPD ist symptomatisch für einen Prozeß, der sich zu- nächst ganz im stillen abspielte: für die immer festere Beherrschung der Par- tei durch ihren Apparat, d. h. durch die hauptamtlichen, von der Partei be- zahlten Funktionäre. Der Apparat wiederum kam - mehr als die eigentliche Partei - in eine immer stärkere, nicht zuletzt auch materiell bedingte Ab- hängigkeit von der Moskauer Zentrale. Diese Zentrale war eigentlich nur das Exekutivorgan der Kommunistischen Internationale (Komintern), auf den Kongressen von den Delegierten aller Mitgliedsparteien gewählt. Doch unter den Mitgliedsparteien überragte die russische alle übrigen um ein Vielfaches - sowohl an politischer Erfahrung und geistiger Potenz (man denke nur an Köpfe wie Lenin und Trotzki) als auch an handfester Macht und materiellen Hilfsquellen. Rosa Luxemburg hatte von solch einem Übergewicht mit siche- rem Instinkt nachteilige Folgen befürchtet. Auf ihren nachwirkenden Einfluß ist es zurückzuführen, daß der deutsche Kongreßdelegierte im Jahre 1919 gegen die Gründung der Komintern auftrat. EINLEITUNG 19 Frühzeitig neigte Moskau dazu, die kommunistischen Parteien in aller Welt den Interessen der sowjetischen Staatspolitik und Diplomatie unterzu- ordnen. Der sich stabilisierende autoritäre Geist des sowjetischen Staatswe- sens mußte sich über die russischen Kominternführer nachteilig auf die aus- ländischen Sektionen auswirken. Der Stalinismus, durch den Komintern-Ka- nal in die KPD importiert, hat den politischen Charakter und die geistige Führungspotenz der Partei vollends verdorben. Die Folgen zeigen sich während der Weltwirtschaftskrise. Im Anblick des bedrohlich anwachsenden Nationalsozialismus betrieb die Stalin-Thälmann- Führung der KPD eine strategische und taktische Politik der Blindheit, radezu verbrecherisch war. Man konnte es einer revolutionär-marxistischen Partei nicht verdenken, wenn sie den Staat von Weimar mit seinen Gebrechen nicht als die Erfüllung des Traumes von einer neuen Gesellschaft empfinden konnte. Aber es war blinder Fanatismus, daß sie in einer Zeit, als sich gegen diesen Staat eine bar- barisch-kriminelle Bewegung reaktionärer Fanatiker erhob, ihre strategische Weisheit darin sah, »zuerst« die sozialdemokratischen und bürgerlich-demo- kratischen Träger dieses Staates aus dem Felde zu schlagen, um dann um so besser mit Hitler fertig zu werden. Die diversen Bocksprünge der KPD- Strategie in den Jahren 1929-1933 offenbaren den völligen Bankrott der Trabanten Stalins; Hitlers Schergen haben diesen Bankrott dann auf eine für das deutsche Volk, für die Völker Europas und auch für alle Kommunisten verhängnisvolle Weise besiegelt. DIE MACHT DER KPD Dennoch war die Kommunistische Partei Deutschlands in der Weimarer Re- publik ein politischer Faktor von beachtlichem Gewicht. In den Revolutions- kämpfen nach 1918 war die neugegründete Partei zwar zahlenmäßig unbe- deutend, aber ihr Einfluß - vor allem in Berlin - war beträchtlich. Die Funk- tionäre der KPD verstanden es, die unzufriedenen Arbeitermassen in Bewe- gung zu bringen, und mehr als einmal schien es, als würden auch in Deutsch- land die Linksradikalen eine siegreiche Revolution anführen. Am Ende der Weimarer Zeit hatte die KPD nach außen hin eine geradezu imponierende Macht errungen: Im November 1932 haben fast 6 Millionen Wähler für sie gestimmt, und nahezu 300000 Mitglieder standen in ihren Reihen; sie alle hatten ihre größten Hoffnungen in diese Partei gesetzt, und viele waren be- reit, für ihren Sieg alles einzusetzen. Diese Tatsachen verführten Anhänger wie Gegner zu einer Überschätzung des deutschen Kommunismus. Die Kraft der KPD war nie so groß, wie es den 20 DIE KPD IN DER WEIMARER REPUBLIK Anschein hatte. Es ist mehr als fraglich, ob die Partei überhaupt jemals die Chance hatte, in Deutschland zur Herrschaft zu gelangen. Wahrscheinlich überschätzte die KPD jahrelang den Kreis derjenigen, die mit ihr die »Revo- lution weitertreiben« wollten; bestimmt aber unterschätzte sie die Kraft und den Einfluß der Sozialdemokratie. In der revolutionären Nadikriegskrise war die KPD bis zum Jahr 1920 organisatorisch zu schwach, um ein wirkliches Gegengewicht zu den Trägern der Weimarer Republik und zu den Kampfverbänden aus der alten Armee bilden zu können. Seit 1921 war die KPD zwar eine Massenpartei, aber bis zum Ende der Nachkriegskrise (1923) hinderten sie andere Gründe, die Macht zu erobern. Objektive Faktoren - die junge Republik hatte sich rascher sta- bilisiert, als zu erwarten war - spielten für die Niederlage des Kommunismus ebenso eine Rolle wie falsche Lageeinschätzungen der verschiedenen kommu- nistischen Parteiführungen. Daß die KPD in den Jahren der Konjunktur 1924 bis 1928 keine Chance hatte, ihre revolutionären Ziele zu verwirklichen, liegt auf der Hand. In der Wirtschaftskrise zu Beginn der dreißiger Jahre erwies sich die Par- tei als ein Koloß auf tönernen Füßen. Der Massenanhang, die kraftmeierische Sprache der Parteiführung und der unzweifelhaft vorhandene Kampfgeist der Mitglieder und Funktionäre schufen ein falsches Bild. Die KPD war un- tauglich, diese vorhandene Kraft zu einer konstruktiven Politik zu gestalten, obgleich sie in manchen lichten Augenblicken deutlicher als viele andere die drohende Gefahr sah, die mit der Hitlerbewegung heraufzog. Aber die Par- tei war längst nicht mehr die radikale Revolutionspartei, als die sie einst ge- gründet worden war, sondern ein schwerfälliger, ferngesteuerter bürokra- tischer Apparat. Die Stärke des deutschen Kommunismus lag fast ausschließlich im Nega- tiven. Die Destruktion zeigte sich in den Unruhen nach 1918 ebenso wie in der öfteren Parlamentsobstruktion, in den Saalschlachten des Roten Front- kämpferbundes genau so wie in den Versuchen, »revolutionäre« Gewerkschaf- ten zu gründen. Diese Stärke im Negativen hat verschiedene Gründe. In den ersten Jahren nach dem Weltkrieg war die »revolutionäre Situation« nahezu permanent und schien sehr wohl dazu angetan, einer konsequenten, taktisch geschickten revolutionär-sozialistischen Politik Aussicht auf Erfolg zu ver- heißen. Nach dem aufwühlenden Erlebnis des verlorenen Krieges und in der Misere eines parlamentarisch-demokratischen Staates, der kaum des wirt- schaftlichen Chaos Herr zu werden vermochte, wurden die Massen radikali- siert. Die junge Republik war außerdem von der widerwilligen Duldung einer entschieden antidemokratischen Koalition aus Offizierskaste, Beamten- schaft und Großgrundbesitz (nebst gewichtigen Teilen des Großbürgertums) abhängig, und ihre Stabilisierung war zugleich mit mannigfachen Restaura- tionstendenzen verbunden. Diese Restauration mußte Gegner auf den Plan EINLEITUNG 21 rufen. Naturgemäß kam die Opposition vor allem aus dem sozialistischen Lager, das schon Jahrzehnte vor dem Kriege festumrissene Vorstellungen von einer besseren Welt entwickelt hatte. Ein beträchtlicher Teil der deutschen Arbeiter fühlte sich nach der Revolution betrogen und enttäuscht. Durch die Restauration wurden diese erbitterten Kreise in einen Gegensatz zur beste- henden Ordnung gedrängt. Wie einst die Sozialdemokratie im Kaiserreich, so wurde die KPD in die Republik dadurch nicht nur zum Sammelbecken der Unzufriedenen, sondern auch zu einer Organisation selbstbewußter und er- bitterter Arbeiter, die mit Gewalt eine Veränderung der Verhältnisse er- zwingen wollten. In den Augen der Massen erschien die KPD in all den Jahren als die re- volutionäre Partei, die sie am Anfang tatsächlich war. Eine revolutionäre Partei ist eine Bewegung, die »für das Morgen exi- stiert« (Sigmund Neumann). Auch das vergrößerte die Anhängerzahl des Kommunismus in Zeiten, in denen das Heute für viele eine einzige Misere war. Opponierende Jugendliche und kämpferische Geister, die nicht resignie- ren wollten, glaubten in der KPD ihre politische Heimstätte zu finden. Selbstbewußte Arbeiter, die nicht nur eine materielle Besserstellung, sondern mehr noch gesellschaftliche Gleichberechtigung und Anerkennung ihrer Men- schenwürde forderten, wurden durch das klassenkämpferische Auftreten und die programmatischen Ziele der Partei angezogen. Daß die KPD - zumin- dest in gewissen Zeiten - auch nicht wenig lumpenproletarische Elemente in ihren Bann zog, ist ebenfalls nicht zu übersehen. Die KPD war in der Tradition der deutschen Arbeiterbewegung verwur- zelt, wenngleich sie sich ihr durch die Bolschewisierung mehr und mehr ent- fremdete. Natürlich wurde die Partei von der Sowjetunion unterstützt - ideell und auch materiell - aber ihre Stärke beruhte vor allem auf der Tat- sache, daß sie Einfluß auf mehr oder weniger große Teile der deutschen Ar- beiterschaft ausüben konnte, daß sie ein Teil der deutschen Arbeiterbewegung war. Die Macht des deutschen Kommunismus war somit Folge der wirtschaft- lichen Gegensätze und der politischen Zerrissenheit, also der Misere der Wei- marer Republik. DIE KPD UND IHR PROGRAMM Ganz im Sinne der marxistischen Tradition maß die KPD der politischen Theorie, die in den Programmen der Partei ihren konzentriertesten Ausdruck fand, höchste Bedeutung bei. Zweierlei ist für das Programmdenken der Kom- munisten kennzeichnend: die große ideelle Kraft, die der Gedanke an das Endziel, die klassenlose Gesellschaft, auf die Anhängerschaft ausübt - ob- 22 DIE KPD IN DER WEIMARER REPUBLIK gleich die Vorstellungen von dieser Gesellschaft alles andere als konkret und anschaulich gewesen sind - sowie die Aktualität und die unmittelbar prakti- sche Verbindlichkeit. Die Kühnheit des Programms hat der KPD sowohl bei Intellektuellen und Künstlern als auch bei aktivistisch gestimmten Arbeitern starken Anhang verschafft. Beispiele kommunistischen Programmdenkens aus der Frühzeit sind die von Rosa Luxemburg verfaßten Leitsätze (Dok. i), in denen die prinzipielle Abgrenzung gegen die »Burgfriedenspolitik« der SPD im ersten Weltkrieg sichtbar wird. Das ebenfalls von Rosa Luxemburg entworfene Spartakus- programm (Dok. 2), das die KPD auf ihrem Gründungskongreß annahm, ist bereits Ausdruck der eigenen programmatischen Form, die der deutsche Kommunismus gefunden hatte. Auffällig sind einige Unterschiede zum russi- schen Bolschewismus: Rolle der Partei in der Massenbewegung, Methoden der Machteroberung, Rolle des Terrors. Das Bekenntnis zu diesen Teilen des Spartakusprogramms galt später als Abweichung, die man Luxemburgismus nannte. In einem Programmentwurf aus dem Jahre 1922 (Dok. 3) wird be- reits die Annäherung an den Bolschewismus als Tendenz sichtbar. Doch erst das - auch für die KPD verbindliche - Programm der Kommunistischen Internationale von 1928 (Dok. 4) schließt die »Bolschewisierung« der KPD in programmatischer Hinsicht ab. Das 1930 verkündete Programm zur na- tionalen und sozialen Befreiung (Dok. 5) zeigt mit seiner nationalistischen Demagogie bereits recht deutlich, wie das Streben nach Propaganda-Effekten die Grundsätze kommunistischer Politik überspielt. DIE KPD IN DER TAGESPOLITIK Die Tagespolitik der KPD in der ersten Zeit nach ihrer Gründung stand ganz im Zeichen der praktischen Vorbereitungen auf den revolutionären Entschei- dungskampf. Die Spartakusgruppe rief sogleich dazu auf, die Revolution weiterzutreiben, und entwickelte dafür ein knappes Aktionsprogramm (Dok. 7). In den Kämpfen des Jahres 1919 war die Partei weitgehend mit militäri- schen Überlegungen und Aufstandsplanungen beschäftigt (Dok. 9, 10 u. 14). Noch im Jahre 1921 unternahm sie mit der »Märzaktion« einen regelrechten Putschversuch (Dok. 15; vgl. auch die Kritik Paul Levis Dok. 86). Die prak- tischen Umsturzvorbereitungen blieben indes nicht auf die Zeiten revolutio- närer Gärung beschränkt (Dok. 16 u. 17); im Roten Frontkämpferbund (RFB) schuf sich die Partei eine militante Organisation (Dok. 20). Die Be- schäftigung mit dem Bürgerkrieg blieb immer ein wichtiges Element der in- ternen Parteiarbeit (Dok. 25), auch wenn sie kaum Realitätsbezug hatte und keine konkrete Aufstandsplanung bestand. *                                                                  EINLEITUNG                                                                                      23 Der Stil der »legalen« Parteiarbeit spiegelt sich wider in den Wahlaufru- fen der KPD (Dok. 19, 23 u. 27). Im Aufruf zur Reichspräsidentenwahl von 1932 (Dok. 26) wird die Obstruktion gegen das Weimarer System deutlich: ohne Rücksicht auf den berechenbaren Ausgang der Wahl hielt die KPD an einer eigenen Kandidatur fest, die ihr - wie im Aufruf auch zugegeben wird- nie eine Mehrheit bringen konnte. Daß die KPD zuweilen auch eine realistische Politik im Rahmen des Mög- lichen versuchte, zeigt ihre Aktion für die Enteignung der Fürsten im Jahre 1926 (Dok. 21). Typisch für ihre maßlose Selbstüberschätzung ist eine Pro- klamation von Ende 1932 (Dok. 28), in der sie sich in einer großen Offen- sive wähnt. Ja, sogar Ende Januar 1933 wollte die KPD-Zentrale sich und anderen einreden, das »Tempo des revolutionären Aufschwungs« habe die »faschistische Entwicklung in den Massen überflügelt«. Thälmann meinte nach dem SA-Aufmarsch vor dem Parteihaus der KPD (22. Januar 1933), die KPD habe »den Nazikolonnen mit eiserner Hand den Ring einer Iso- lierung von den Massen umgelegt« (»Unsere Zeit« vom 5. Februar 1933, S. 134)- KPD UND SOWJETUNION Anders als diejenigen Linksradikalen, die den Sieg der Bolschewiki in Ruß- land enthusiastisch begrüßten und alle Schritte des Sowjetregimes vorbehalt- los billigten (Dok. 29), sahen die maßgeblichen Führer des Spartakusbundes, insbesondere Rosa Luxemburg, auch das Problematische im Wirken der Le- ninpartei, das bereits seine Schatten auf die Zukunft warf (Dok. 30 u. 31). Sehr bald aber wurde Rußland für die KPD zu einem Idol, das über alle Kritik erhaben war. In den ersten Jahren nach der russischen Oktoberrevo- lution 1917 galt die Bewunderung dem revolutionären Elan, mit dem die alten Zustände beseitigt worden waren; nach dem Beginn der Industriali- sierung in Rußland begeisterten sich die deutschen Kommunisten für den »sozialistischen Aufbau« und die wachsende Macht des Sowjetlandes, das nun als das »Vaterland der Werktätigen aller Länder« proklamiert wurde. Die KPD unterstützte die Sowjetunion in allen außenpolitischen Unter- nehmungen - so in ihrem Feldzug gegen Polen im Jahre 1920 (Dok. 32) und beim Abschluß des Rapallo-Vertrages 1922 (Dok. 33). Immer wieder wurde behauptet, es bestehe akute Gefahr, daß Sowjetrußland angegriffen werde (Dok. 35 u. 36), ein Vorwand der Führer, um jede Kritik am Moskauer Kurs in den eigenen Reihen mundtot zu machen. Im Kriegsfall wollte die KPD der Sowjetunion mit einem Aufstand zu Hilfe kommen (Dok. 37). Anschei- nend spielten die Vorbedingungen für ein solches Unternehmen im eigenen Land keine Rolle. ^4 DIE KPD IN DER WEIMARER REPUBLIK KPD, NATION UND REPUBLIK Die Spartakusgruppe formierte sich in einer Zeit, als die Vaterländer in Eu- ropa miteinander Krieg führten, und sie versagte diesem Krieg jegliche Un- terstützung. Liebknechts Aufruf »Der Hauptfeind steht im eigenen Land« (Dok. 39) war ein Bekenntnis zum internationalistischen Geist, aus dem die KPD entstanden ist. Mehr und mehr gewöhnte sich die Partei jedoch daran, die Sache der internationalen Arbeiterklasse und des internationalen Sozia- lismus mit den (oft auch nur vermeintlichen) Interessen der Sowjetunion gleichzusetzen; auch die Einstellung zur Lebensform der Nation wurde zu einer Angelegenheit taktischer Berechnungen - 1923 versuchte sich die KPD auf der nationalistischen Klaviatur und erzürnte sich gegen die »Regierung der nationalen Schmach« (Dok. 41), ja, sie drängte sich mit Radeks »Schlageter-Rede« (Dok. 42) sogar in bedenkliche Nähe zu der äußersten Rechten. Schon vor Hitlers großem Wahlerfolg im Herbst 1930 hatte die KPD die nationalsozialistische Gefahr zwar erkannt und zum Kampf gegen Hitler aufgerufen (Dok. 44) - ohne jedoch ihren »schärfsten Kampf«, nämlich gegen die SPD, abzuschwächen. Später versuchte sie sogar von der national-soziali- stischen Welle zu profitieren (Dok. 5) und der NSDAP durch nationalistische Phrasen Anhänger abspenstig zu machen (Dok. 46). Von entscheidender Bedeutung war, daß die KPD von Anfang an im prin- zipiellen Gegensatz zur »bürgerlichen« Demokratie das Räteprinzip verfocht und darum immer, wenn es um den Bestand des parlamentarischen Systems ging, eine zwielichtige Rolle spielte. So sprach sich die Parteileitung in den Tagen des Kapp-Putsches zunächst gegen eine Teilnahme am Generalstreik aus (Dok. 40), da sie an einem Kampf »zweier gegenrevolutionärer Flügel, Kapp und Ebert« kein sonderliches Interesse habe. Erst als sie die Macht des Generalstreiks spürte, änderte die Partei ihre Taktik. Bei der Reichspräsi- dentenwahl von 1925 hielt sie jedoch ihre Linie durch, präsentierte Thäl- mann als Kandidaten (Dok. 43) und half damit indirekt Hindenburg. Die SPD erklärte damals: »Die monarchistischen Junker und Bourgeois hat- ten ihren Hindenburg aber am 26. April 1925 allein nicht durchbringen kön- nen. Ihr Kandidat hat nicht die Hälfte der abgegebenen Stimmen auf sich vereinigt. Wenn Hindenburg gewählt wurde, so ist daran allein die Kommu- nistische Partei Deutschlands schuld, die auch in diesem Falle der Reaktion zu einem Erfolg verhelfen hat. Hindenburg ist der Präsident von Gnaden Moskaus... Als Helferin Hindenburgs muß die Kommunistische Partei allerorts vor den arbeitenden Massen gekennzeichnet werden. Dieser neueste Verrat der Lebensinteressen der Arbeiterklasse muß zu einer gründlichen Abrechnung mit dem Kommunismus führen. Alle klassenbewußten Arbeiter EINLEITUNG 25 müssen unter den sozialdemokratischen Fahnen die Reihen schließen.« (»Vor- wärts« vom 28. April 1925) Drastisch stärkte die KPD die Rechte im destruktiven Kampf gegen die Parteien der Mitte und des Weimarer »Systems«, als sie 1931 einen Volks- entscheid der NSDAP und der Deutschnationalen gegen die preußische Ko- alitionsregierung unter dem Sozialdemokraten Braun unterstützte; ein Jahr zuvor hatte sie diesen »Volksbetrug« noch verurteilt, nun wollte sie ihn in einen »roten Volksentscheid« umfälschen (Dok. 45). Dieses Zusammengehen der Kommunisten mit Faschisten stieß auch im kommunistischen Lager auf schärfste Kritik (Dok. 95 A). Als die Braun-Regierung nach dem mißlungenen Volksentscheid schließlich im Juli 1932 durch einen Staatsstreich Papens ge- stürzt wurde, war die KPD auf einmal bereit, einen Generalstreik zu insze- nieren. Mit solchen Wendungen brachte sie sich um jede Glaubwürdigkeit. Überdies erlaubten ihre verheerenden Faschismus-Theorien, die Hitler, Brü- ning und die »Sozialfaschisten« der SPD in einen politischen Topf warfen, keine vernünftige Orientierung (Dok. 47 u. 48). KPD, SOZIALDEMOKRATIE UND GEWERKSCHAFTEN Die KPD war in der Weimarer Republik im wesentlichen eine Arbeiter- partei, doch die Mehrheit der deutschen Arbeiter stand (vielleicht mit Aus- nahme des Jahres 1923) hinter der SPD. Das strategische Ziel der kommu- nistischen Klassenpolitik war, diese Mehrheit auf ihre eigene Seite herüber- zuziehen. Sie versuchte dieses Ziel namentlich dadurch zu erreichen, daß sie der Führung der SPD Illusionen, Unfähigkeit, Korruption und Verrat vor- warf. Das Verhältnis der KPD zur Sozialdemokratie war allerdings manchen Schwankungen unterworfen. In den Perioden ihrer »rechten« Politik ver- suchten die Kommunisten, die sozialdemokratischen Arbeiter durch eine »Einheitsfront«-Politik zu gewinnen, von der auch die SPD-Führung nicht ausgeschlossen sein sollte (Dok. 51 u. 52). In den Perioden ihrer »linken« Politik glaubten sie, dasselbe Ziel durch eine frontale Bekämpfung der SPD zu erreichen, wobei sie manchmal nicht einmal den sonst üblichen Unterschied zwischen »verstockten Führern« und »ehrlichen Mitgliedern« machten; die »Einheitsfront« lief denn auch darauf hinaus, daß die SPD-Arbeiter zur KPD überwechseln sollten. Eine solche »linke« (oder richtiger »ultralinke«) Periode begann 1929, als die KPD glaubte, die »revolutionäre Welle« werde sie an die Macht bringen (Dok. 54). Bestimmend für die KPD-Politik in die- ser Periode war eine These, nach der die Sozialdemokraten kurzerhand als »Sozialfaschisten« charakterisiert wurden. Stalin hatte diese These schon 1924 16 DIE KPD IN DER WEIMARER REPUBLIK verkündet (Dok. 55), und in den entscheidenden Jahren bis 1933 bestimmte sie die strategische Linie der KPD (Dok. 56 u. 57); eine gelegentliche War- nung vor »Überspitzungen« (Dok. 58) vermochte nichts daran zu ändern, daß die KPD die SPD als ihren Hauptfeind bekämpfte, der angeblich be- siegt werden mußte, bevor man erfolgreich mit Hitler fertig werden konnte. Die Gewerkschaftspolitik der KPD folgte demselben Kurs. Nach der Über- windung verschiedener gewerkschaftsfeindlicher Tendenzen in der Anfangs- zeit (1918/19) (Dok. 50) war es der Partei bis 1923 gelungen, in vielen Ge- werkschaften beträchtlichen Einfluß zu gewinnen. Die Linkspolitik von 1924/ 25 war wieder von antigewerkschaftlichen Stimmungen begleitet, denen die Führung auf dem X. Parteitag (1925) entgegentrat (Dok. 53). Von 1929 an arbeitete die KPD offen auf die Spaltung der Gewerkschaften hin und baute die Revolutionäre Gewerkschafts-Opposition (RGO) zu einer eigenen Ge- werkschaftsorganisation aus (Dok. 59 u. 60). DAS INNERPARTEILICHE REGIME UND DAS RINGEN UM DIE POLITIK DER PARTEI Die KPD war seit ihrem Beitritt zur Kommunistischen Internationale 1919 eine Sektion der Komintern. Dabei war sie die einzige Organisation gewe- sen, die auf dem Komintern-Gründungskongreß durch ihren Delegierten Hugo Eberlein (Max Albert) eine sofortige Gründung der III. Internationale abgelehnt hatte (Dok. 62). Über die Hintergründe dieser Ablehnung und Rosa Luxemburgs Ansichten darüber unterrichtet ein späterer Artikel Eber- leins (Dok. 63). Mit dem Beitritt zur Komintern war die KPD den »21 Be- dingungen« unterworfen, die die theoretische Voraussetzung für die Abhän- gigkeit von Moskau schufen (Dok. 64). Allerdings war sie in der ersten Zeit ihres Bestehens (zum Teil auch aus technischen Gründen) noch nicht so ab- hängig von Moskau wie in späteren Jahren. Radeks Anweisungen vom März 1921 (Dok. 66) waren noch sehr allgemein gehalten. Die Schreiben der Ko- mintern aus jener Zeit (Dok. 67 u. 68) zeigen, daß nicht einmal die bürokra- tische Berichterstattung funktionierte. In den darauffolgenden Jahren, als sich der Apparat in Moskau eingespielt hatte, wurde die KPD straff vom EKKI (Exekutivkomitee der Kommunistischen Internationale) geleitet, in dem von Anfang an die russischen Vertreter eindeutig dominierten. 1925 z. B. griff die Komintern mit dem »Offenen Brief« drastisch ins Leben der deutschen Partei ein (Dok. 70). In den folgenden Jahren wurde nicht nur die politische Linie, sondern auch der - immer engere - Spielraum der inneren Auseinandersetzungen von der Komintern bestimmt, und die deutsche Par- tei hatte sich gehorsam zu fügen (Dok. 71). EINLEITUNG 27 Die Politik der KPD ist natürlich eng mit der Entwicklung ihres Organi- sationsgefüges verbunden. Die KP-Gründer proklamierten eine weitgehende innerparteiliche Demokratie, ja sogar einen Föderalismus der Organisation (Dok. 73). Die Satzungen, die auf dem II. Parteitag angenommen wurden, bestätigten im allgemeinen diese Form (Dok. 74). Doch zeigen sich bereits Tendenzen der Zentralisierung, die zunächst auf Widerstand stießen (Dok. 75). In den folgenden Jahren schritt die Zentralisierung voran. Das Statut von 1925 (Dok. 77) zeigte, daß die Partei auch ihre Organisation immer mehr bolschewisierte. Der Ausbau des Parteiapparates und die »Bolschewi- sierung« der KPD standen Mitte der zwanziger Jahre im Mittelpunkt der Auseinandersetzungen innerhalb der Organisation (Dok. 76, 79 u. 80). 1928 diente die Wittorf-Affäre (Dok. 81) als Anlaß, die KPD von »Rech- ten« und »Versöhnlern« zu säubern. Daß der Apparat mit sehr zweifelhaf- ten Mitteln arbeitete, wird am Beispiel eines Fememordes veranschaulicht. (Dok. 82). In der ideologischen Arbeit stand der Kampf gegen den Luxem- burgismus und Trotzkismus im Mittelpunkt (Dok. 84). Für die KPD der zwanziger Jahre war der innerparteiliche Kampf kenn- zeichnend. Die offizielle Parteilinie und die Parteiführung wurden sowohl von radikaleren Gruppen als auch von vorsichtiger taktierenden Fraktionen angegriffen. Die Parteileitungen wechselten rasch. Zwei Grundtendenzen waren in der KPD wirksam und machten die Ge- schichte der Partei zu einem ständigen Ringen um die »Generallinie«: der ständige Zug nach links, zur direkten Aktion, damit aber auch zur Isolie- rung, wird jedesmal korrigiert durch einen rechten Kurs, der die Niederlage der ultralinken Politik wettmachen soll. Viele kommunistische Gruppen gerieten in Opposition zur Parteiführung; das bedeutete immer mehr: in Opposition zum Moskauer Kurs. Sie bildeten eigene Gruppen oder gar Parteien, die von einem kommunistischen Stand- punkt aus die Praxis der KPD angriffen. Aus den linksradikalen Kräften, die auf dem II. Parteitag die KPD verließen, entstand 1920 die Kommuni- stische Arbeiterpartei (KAP) mit ultralinken Vorstellungen (Dok. 85). Nadi der revolutionären Nachkriegskrise büßte sie zwar ihre Bedeutung ein, aber sie entlarvte die zunehmende Abhängigkeit der KPD von Moskau. Ihr »Of- fener Brief« von 1927 (Dok. 92) enthüllte eine für die KPD besonders un- angenehme Tatsache: die Lieferung russischer Granaten an die Reichswehr imd die Zusammenarbeit der Reichswehr mit der Sowjetunion. Die Anhänger der Kommunistischen Arbeiterpartei standen links von der KPD. Die 1921 entstandene Kommunistische Arbeits-Gemeinschaft (KAG), deren führender Kopf Paul Levi (einst Nachfolger Liebknechts und Luxem- burgs als Parteiführer der KPD) war, bildete eine »rechte« Gruppe. Auch die KAG verlangte auf ihrer Gründungskonferenz größere Unabhängigkeit von der Sowjetunion (Dok. 87). Levi selbst war aus der KPD ausgeschieden, 18 DIE KPD IN DER WEIMARER REPUBLIK weil er die Taktik in der Märzaktion 1921 verwarf. Er bezeichnete in seiner Schrift »Unser Weg« die Märzaktion als Putsch (Dok. 86). In den folgenden Jahren erschütterten heftige Fraktionskämpfe die KPD. Doch der moskauhörige Apparat konnte sich schrittweise durchsetzen. Zu- nächst wurden die linken Kräfte aus der Partei gedrängt. Auf dem Essener Parteitag 1927 legten ihre letzten Vertreter noch eine sogenannte Plattform vor (Dok. 90), doch dann wurden auch sie ausgeschlossen. Die stärkste linke Gruppe war der Lenin-Bund, der seine Auffassungen ebenfalls in einer um- fangreichen Plattform niederlegte (Dok. 91). Oppositionsgruppen wie die Weddinger Opposition und die Kötter-Gruppe wurden ebenfalls aus der KPD entfernt. (Dok. 88 u. 89). Ende 1928 wurden auch die »Rechten« aus der KPD ausgeschlossen. Sie bildeten die Kommunistische Partei-Opposition (KPO) (Dok. 94), ein Teil schloß sich später der neugegründeten Soziali- stischen Arbeiterpartei (SAP) an (Dok. 96). Die sogenannten Versöhnler blieben zwar in der Partei und vertraten eigene Ideen (Dok. 93), aber sie kapitulierten bald vor dem ZK. Die kommunistischen Oppositionsgruppen versuchten 1932 den Gefahren des Nationalsozialismus entgegenzutreten (Dok. 97), aber auch diese Ver- suche schlugen fehl. Hitlers Machtergreifung und die Verfolgungen nach dem Reichstagsbrand beendeten die erste Periode des deutschen Kommunismus. Die KPD wurde verboten. A. PROGRAMME DES SPARTAKUSBUNDES UND DER KPD i. LEITSÄTZE ÜBER DIE AUFGABEN DER INTERNATIONALEN SOZIALDEMOKRATIE (1916) Eine größere Anzahl von Genossen aus allen Teilen Deutschlands hat die folgenden Leitsätze1 * * 4 angenommen, die eine Anwendung des Erfurter Pro- gramms auf die gegenwärtigen Probleme des internationalen Sozialismus darstellen. Der Weltkrieg hat die Resultate der 40jährigen Arbeit des europäi- schen Sozialismus zunichte gemacht, indem er die Bedeutung der revolutio- nären Arbeiterklasse als eines politischen Machtfaktors und das moralische Prestige des Sozialismus vernichtete, die proletarische Internationale ge- sprengt, ihre Sektionen zum Brudermord gegeneinander geführt und die Wünsche und Hoffnungen der Volksmassen in den wichtigsten Ländern der kapitalistischen Entwicklung an das Schiff des Imperialismus gekettet hat. Durch die Zustimmung zu den Kriegskrediten und die Proklamation 1. Die »Leitsätze über die Aufgaben der internationalen Sozialdemokratie« wur- den von einer Reichskonferenz der Gruppe Internationale (Spartakusgruppe) am 1. Januar 1916 angenommen. Teilnehmer dieser Konferenz waren Karl Liebknecht, Franz Mehring, Hugo Eberlein, Ernst Meyer, August Thalheimer, Bertha Thalheimer, Otto Rühle, Johann Knief, Georg Schumann, Käte Duncker, Karl Minster und Rudolf Lindau. Rosa Luxemburg, die sich zu dieser Zeit im Gefängnis befand, hatte die Leitsätze entworfen. Die Gruppe Internationale wurde nach der Zeitschrift Die Internationale benannt, deren erste (und einzige) Nummer im April 1915 von Rosa Luxemburg und Franz Mehring herausgegeben wurde. Immer mehr setzte sich jedoch der Name Spartakusgruppe (später Spartakusbund) durch, nach dem illegalen Organ »Spartakus«, das seit September 1916 erschien. Die Gruppe war ein Zusammenschluß von Linken der alten Sozialdemokratie, die nach der Kriegskreditbewilligung vom 4. August 1914 in Opposition zur Partei standen. 1917 trat der Spartakusbund ge- schlossen der Unabhängigen Sozialdemokratischen Partei (vgl. Anm. 8) bei. Er war der direkte Vorläufer der KPD. Auf der Konferenz vom 1. Januar 1916 waren auch zwei Vertreter der Bremer und Hamburger »Linksradikalen« anwesend (Knief und Lindau). Sie erhoben Einwände gegen die Leitsätze, da sie - im Sinne Lenins - für die sofortige Gründung einer eigenen linksradikalen Partei auftraten. 3° DIE KPD IN DER WEIMARER REPUBLIK des Burgfriedens haben die offiziellen Führer der sozialistischen Parteien in Deutschland, Frankreich und England (mit Ausnahme der Unabhängigen Arbeiterpartei) dem Imperialismus den Rücken gestärkt, die Volksmassen zum geduldigen Ertragen des Elends und der Schrecken des Krieges veran- laßt und so zur zügellosen Entfesselung der imperialistischen Raserei, zur Verlängerung des Gemetzels und zur Vermehrung der Opfer beigetragen, die Verantwortung für den Krieg und seine Folgen mitübernommen. Diese Taktik der offiziellen Parteiinstanzen der kriegführenden Län- der, in allererster Linie in Deutschland, dem bisherigen führenden Lande der Internationale, bedeutet ein Verrat an den elementarsten Grundsätzen des internationalen Sozialismus, an den Lebensinteressen der Arbeiterklasse, an allen demokratischen Interessen der Völker. Dadurch ist die sozialistische Politik auch in jenen Ländern zur Ohnmacht verurteilt worden, wo die Par- teiführer ihren Pflichten treu geblieben sind: in Rußland, Serbien, Italien und — mit einer Ausnahme — Bulgarien. Indem die offizielle Sozialdemokratie der führenden Länder den Klassenkampf im Kriege preisgab und auf die Zeit nach dem Kriege ver- schob, hat sie den herrschenden Klassen in allen Ländern Frist gewährt, ihre Positionen auf Kosten des Proletariats wirtschaftlich, politisch und mora- lisch ungeheuer zu stärken. Der Weltkrieg dient weder der nationalen Verteidigung noch den wirt- schaftlichen oder politischen Interessen irgendwelcher Volksmassen, er ist lediglich eine Ausgeburt imperialistischer Rivalitäten zwischen den kapita- listischen Klassen verschiedener Länder um die Weltherrschaft und um das Monopol in der Aussaugung und Unterdrückung der noch nicht vom Kapital beherrschten Gebiete. In der Ära dieses entfesselten Imperialismus kann es keine nationalen Kriege mehr geben2. Die nationalen Interessen dienen nur als Täuschungsmittel, um die arbeitenden Volksmassen ihrem Todfeind, dem Imperialismus, dienstbar zu machen. Aus der Politik der imperialistischen Staaten und aus dem imperialisti- schen Kriege kann für keine unterdrückte Nation Freiheit und Unabhängig- keit hervorsprießen. Die kleinen Nationen, deren herrschende Klasse An- hängsel und Mitschuldige ihrer Klassengenossen in den Großstaaten sind, bil- den nur Schachfiguren in dem imperialistischen Spiel der Großmächte und 2 2. Die These Rosa Luxemburgs, im Zeitalter des Imperialismus könne es keine nationalen Kriege mehr geben, wurde von Lenin abgelehnt. Rosa Luxemburg hatte die in den Leitsätzen niedergelegten Thesen ausführlich in ihrer Junius-Broschiire (Rosa Luxemburg: Ausgewählte Reden und Schriften, Bd. 1, Berlin 1951, S. 258-399) - Die Krise der Sozialdemokratie - beschrieben. In seiner Gegenschrift (Über die Junius-Broschüre, Lenin, Sämtliche Werke, Bd. 19, Wien/Berlin 1930, S. 212-228) präzisierte Lenin seine Haltung gegenüber Rosa Luxemburg. PROGRAMME DES SPARTAKUSBUNDES UND DER KPD SI werden ebenso wie deren arbeitende Massen während des Krieges als Werk- zeug mißbraucht, um nach dem Kriege den kapitalistischen Interessen ge- opfert zu werden. Der heutige Weltkrieg bedeutet unter diesen Umständen bei jeder Nie- derlage und bei jedem Sieg eine Niederlage des Sozialismus und der Demo- kratie. Er treibt bei jedem Ausgang — ausgenommen die revolutionäre Inter- vention des internationalen Proletariats — zur Stärkung des Militarismus, der internationalen Gegensätze, der weltwirtschaftlichen Rivalitäten. Er steigert die kapitalistische Ausbeutung und die innerpolitische Reaktion, schwächt die öffentliche Kontrolle und drückt die Parlamente zu immer ge- horsameren Werkzeugen des Militarismus herab. Der heutige Weltkrieg ent- wickelt so zugleich alle Voraussetzungen neuer Kriege. Der Weltfriede kann nicht gesichert werden durch utopische oder im Grunde reaktionäre Pläne, wie internationale Schiedsgerichte kapitalistischer Diplomaten, diplomatische Abmachungen über »Abrüstung«, »Freiheit der Meere«, »Abschaffung des Seebeuterechts«, »europäische Staatenbünde«, »mitteleuropäische Zollvereine«, »nationale Pufferstaaten« und dergleichen. Imperialismus, Militarismus und Kriege sind nicht zu beseitigen oder einzu- dämmen, solange die kapitalistischen Klassen unbestritten ihre Klassenherr- schaft ausüben. Das einzige Mittel, ihnen erfolgreich Widerstand zu leisten, und die einzige Sicherung des Weltfriedens ist die politische Aktionsfähig- keit und der revolutionäre Wille des internationalen Proletariats, seine Macht in die Waagschale zu werfen. Der Imperialismus als letzte Lebensphase und höchste Entfaltung der politischen Weltherrschaft des Kapitals ist der gemeinsame Todfeind des Pro- letariats aller Länder. Aber er teilt auch mit den früheren Phasen des Kapi- talismus das Schicksal, die Kräfte seines Todfeindes in demselben Umfange zu stärken, wie er sich selbst entfaltet. Er beschleunigt die Konzentration des Kapitals, die Zermürbung des Mittelstandes, die Vermehrung des Proleta- riats, weckt den wachsenden Widerstand der Massen und führt so zur inten- siven Verschärfung der Klassengegensätze. Gegen den Imperialismus muß der proletarische Klassenkampf im Frieden wie im Krieg in erster Reihe kon- zentriert werden. Der Kampf gegen ihn ist für das internationale Prole- tariat zugleich der Kampf um die politische Macht im Staate, die entschei- dende Auseinandersetzung zwischen Sozialismus und Kapitalismus. Das so- zialistische Endziel wird von dem internationalen Proletariat nur verwirk- licht, indem es gegen den Imperialismus auf der ganzen Linie Front macht und die Losung »Krieg dem Kriege« unter Aufbietung der vollen Kraft und des äußersten Opfermutes zur Richtschnur seiner praktischen Politik erhebt. Zu diesem Zwecke richtet sich die Hauptaufgabe des Sozialismus beute darauf, das Proletariat aller Länder zu einer lebendigen revolutionären 32                        DIE KPD IN DER WEIMARER REPUBLIK Macht zusammenzufassen, es durch eine starke internationale Organisation mit einheitlicher Auffassung seiner Interessen und Aufgaben, mit einheit- licher Taktik und politischer Aktionsfähigkeit im Frieden wie im Kriege zu dem entscheidenden Faktor des politischen Lebens zu machen, wozu es durch die Geschichte berufen ist. Die II. Internationale ist durch den Krieg gesprengt. Ihre Unzuläng- lichkeit hat sich erwiesen durch ihre Unfähigkeit, einen wirksamen Damm gegen die nationale Zersplitterung im Kriege aufzurichten und eine gemein- same Taktik und Aktion des Proletariats in allen Ländern durchzuführen. Angesichts des Verrats der offiziellen Vertretungen der sozialistischen Parteien der führenden Länder an den Zielen und Interessen der Arbeiter- klasse, angesichts ihrer Abschwenkung vom Boden der proletarischen Inter- nationale auf den Boden der bürgerlich-imperialistischen Politik, ist es eine Lebensnotwendigkeit für den Sozialismus, eine neue Arbeiter-Internationale zu schaffen, welche die Leitung und Zusammenfassung des revolutionären Klassenkampfes gegen den Imperialismus in allen Ländern übernimmt. Sie muß, um ihre historische Aufgabe zu lösen, auf folgenden Grundlagen beruhen: Der Klassenkampf im Innern der bürgerlichen Staaten gegen die herr- schenden Klassen und die internationale Solidarität der Proletarier aller Länder sind zwei unzertrennliche Lebensregeln der Arbeiterklasse in ihrem welthistorischen Befreiungskämpfe. Es gibt keinen Sozialismus außerhalb der internationalen Solidarität des Proletariats, und es gibt keinen Sozialismus außerhalb des Klassenkampfes. Das sozialistische Proletariat kann weder im Frieden noch im Kriege auf Klassenkampf und auf internationale Solidarität verzichten, ohne Selbstmord zu begehen. Die Klassenaktion des Proletariats aller Länder muß im Frieden wie im Kriege auf die Bekämpfung des Imperialismus und Verhinderung der Kriege als ihr Hauptziel gerichtet werden. Die parlamentarische Aktion, die ge- werkschaftliche Aktion wie die gesamte Tätigkeit der Arbeiterbewegung muß dem Zweck untergeordnet werden, das Proletariat in jedem Lande aufs schärfste der nationalen Bourgeoisie entgegenzustellen, den politischen und geistigen Gegensatz zwischen beiden auf Schritt und Tritt hervorzukehren sowie gleichzeitig die internationale Zusammengehörigkeit der Proletarier aller Länder in den Vordergrund zu schieben und zu bestätigen. In der Internationale liegt der Schwerpunkt der Klassenorganisation des Proletariats. Die Internationale entscheidet im Frieden über die Taktik der nationalen Sektionen in Fragen des Militarismus, der Kolonialpolitik, der Handelspolitik, der Maifeier, ferner über die gesamte im Kriege einzuhal- tende Taktik. Die Pflicht zur Ausführung der Beschlüsse der Internationale geht allen PROGRAMME DES SPARTAKUSBUNDES UND DER KPD 33 anderen Organisationspflichten voran*. Nationale Sektionen, die ihren Be- schlüssen zuwiderhandeln, stellen sich außerhalb der Internationale. In den Kämpfen gegen den Imperialismus und den Krieg kann die ent- scheidende Macht nur von den kompakten Massen des Proletariats aller Län- der eingesetzt werden. Das Hauptaugenmerk der Taktik der nationalen Sektionen ist somit darauf zu richten, die breiten Massen zur politischen Aktionsfähigkeit und zur entschlossenen Initiative zu erziehen, den inter- nationalen Zusammenhang der Massenaktion zu sichern, die politischen und gewerkschaftlichen Organisationen so auszubauen, daß durch ihre Vermitt- lung jederzeit das rasche und tatkräftige Zusammenwirken aller Sektionen gewährleistet und der Wille der Internationale so zur Tat der breitesten Arbeitermassen aller Länder wird. Die nächste Aufgabe des Sozialismus ist die geistige Befreiung des Prole- tariats von der Vormundschaft der Bourgeoisie, die sich in dem Einfluß der nationalistischen Ideologie äußert. Die nationalen Sektionen haben ihre Agitation in den Parlamenten wie in der Presse dahin zu richten, die über- lieferte Phraseologie des Nationalismus als bürgerliches Herrschaftsinstru- ment zu denunzieren. Die einzige Verteidigung aller wirklichen nationalen Freiheit ist heute der revolutionäre Klassenkampf gegen den Imperialismus. Das Vaterland der Proletarier, dessen Verteidigung alles andere untergeord- net werden muß, ist die sozialistische Internationale. Flugblatt aus dem Jahre 1916 Arbetarrörelsens Arkiv Stockholm 1923/815. Der erste Satz von These drei und der erste Satz von These vier standen als Motto über jeder Veröffentlichung des Spartakusbundes. Auch die Spartakusbriefe trugen die Losung: »In der Internationale liegt der Schwerpunkt der Klassenorgani- sation des Proletariats... Die Pflicht zur Ausführung der Beschlüsse der Inter- nationale geht allen anderen Organisationspflichten voran.« Die Linken hielten eine straffe internationale Organisation für notwendig, da die II. Sozialistische Internationale bei Kriegsausbruch wegen der Selbständigkeit ihrer Landesorganisationen auseinandergebrochen war. Bei Gründung der III. Internatio- nale spielten diese Überlegungen eine große Rolle. Die Kommunistische Inter- nationale sollte eine Weltpartei mit starker Zentrale werden, um den Internationa- lismus zu wahren. Da die Komintern aber bald von der KPdSU beherrscht wurde, profitierte allein die Sowjetunion vom Internationalismus der Linken. 34 DIE KPD IN DER WEIMARER REPUBLIK 2. PROGRAMM DES SPARTAKUSBUNDES (1918)4 1. Am 9. November haben Arbeiter und Soldaten das alte Regime in Deutsch- land zertrümmert. Auf den Schlachtfeldern Frankreichs war der blutige Wahn von der Weltherrschaft des preußischen Säbels zerronnen. Die Ver- brecherbande, die den Weltbrand entzündet und Deutschland in das Blutmeer hineingetrieben hat, war am Ende ihres Lateins angelangt. Das vier Jahre lang betrogene Volk, das im Dienste des Molochs Kulturpflicht, Ehrgefühl und Menschlichkeit vergessen hatte, das sich zu jeder Schandtat mißbrauchen ließ, erwachte aus seiner vierjährigen Erstarrung — vor dem Abgrund. Am 9. November erhob sich das deutsche Proletariat, um das schmach- volle Joch abzuwerfen. Die Hohenzollern wurden verjagt, Arbeiter- und Soldatenräte gewählt. Aber die Hohenzollern waren nie mehr als Geschäftsträger der imperiali- stischen Bourgeoisie und des Junkertums. Die bürgerliche Klassenherrschaft: das ist der wahre Schuldige des Weltkrieges in Deutschland wie in Frankreich, in Rußland wie in England, in Europa wie in Amerika. Die Kapitalisten aller Länder, das sind die wahren Anstifter zum Völkermord. Das inter- nationale Kapital - das ist der unersättliche Baal, dem Millionen auf Millio- nen dampfender Menschenopfer in den blutigen Rachen geworfen werden. Der Weltkrieg hat die Gesellschaft vor die Alternative gestellt: entweder Fortdauer des Kapitalismus, neue Kriege und baldigster Untergang im Chaos und in der Anarchie, oder Abschaffung der kapitalistischen Ausbeutung. Mit dem Ausgang des Weltkrieges hat die bürgerliche Klassenherrschaft ihr Daseinsrecht verwirkt. Sie ist nicht mehr imstande, die Gesellschaft aus dem furchtbaren wirtschaftlichen Zusammenbruch herauszuführen, den die impe- rialistische Orgie hinterlassen hat. Produktionsmittel sind in ungeheurem Maßstab vernichtet. Millionen Ar- beitskräfte, der beste und tüchtigste Stamm der Arbeiterklasse, hingeschlach- tet. Der am Leben Gebliebenen harrt bei der Heimkehr das grinsende Elend der Arbeitslosigkeit, Hungersnot und Krankheiten drohen die Volkskfaft an der Wurzel zu vernichten. Der finanzielle Staatsbankerott infolge der unge- heuren Last der Kriegsschulden ist unabwendbar. Das Programm des Spartakusbundes wurde von Rosa Luxemburg verfaßt und auf dem Gründungsparteitag der KPD (30. Dezember 1918 bis 1. Januar 1919) ange- nommen. PROGRAMME DES SPARTAKUSBUNDES UND DER KPD 35 Aus all dieser blutigen Wirrsal und diesem gähnenden Abgrund gibt es keine Hilfe, keine Rettung als im Sozialismus. Nur die Weltrevolution des Proletariats kann in dieses Chaos Ordnung bringen, kann allen Arbeit und Brot verschaffen, kann der gegenseitigen Zerfleischung der Völker ein Ende machen, kann der geschundenen Menschheit Frieden, Freiheit, wahre Kultur bringen. Nieder mit dem Lohnsystem! Das ist die Losung der Stunde. An Stelle der Lohnarbeit und der Klassenherrschaft soll die genossenschaftliche Arbeit treten. Die Arbeitsmittel müssen aufhören, das Monopol einer Klasse zu sein, sie müssen Gemeingut aller werden. Keine Ausbeuter und Ausgebeu- tete mehr! Regelung der Produktion und Verteilung der Produkte im Inter- esse der Allgemeinheit. Abschaffung wie der heutigen Produktionsweise, die Ausbeutung und Raub, so des heutigen Handels, der nur Betrug ist. An Stelle der Arbeitgeber und ihrer Lohnsklaven: freie Arbeitsgenossen! Die Arbeit niemandes Qual, weil jedermanns Pflicht! Ein menschenwürdiges Dasein jedem, der seine Pflicht gegen die Gesellschaft erfüllt. Der Hunger hinfür nicht mehr der Arbeit Fluch, sondern des Müßiggängers Strafe! Erst in einer solchen Gesellschaft sind Völkerhaß, Knechtschaft entwurzelt. Erst wenn eine solche Gesellschaft verwirklicht ist, wird die Erde nicht mehr durch Menschenmord geschändet. Erst dann wird es heißen: Dieser Krieg ist der letzte gewesen! Sozialismus ist in dieser Stunde der einzige Rettungsanker der Menschheit. Über den zusammensinkenden Mauern der kapitalistischen Gesellschaft lo- dern wie ein feuriges Menetekel die Worte des »Kommunistischen Manifests«: Sozialismus oder Untergang in die Barbarei!* ii. Die Verwirklichung der sozialistischen Gesellschaftsordnung ist die gewal- tigste Aufgabe, die je einer Klasse und einer Revolution der Weltgeschichte zugefallen ist. Diese Aufgabe erfordert einen vollständigen Umbau des Staa- tes und eine vollständige Umwälzung in den wirtschaftlichen und sozialen Grundlagen der Gesellschaft. Der Satz »Sozialismus oder Untergang in die Barbarei« steht nicht wörtlich im Kommunistischen Manifest. Wahrscheinlich bezieht sich Rosa Luxemburg auf die Stelle: »... Unterdrücker und Unterdrückte standen in stetem Gegensatz zu einander, führten einen ununterbrochenen, bald versteckten, bald offenen Kampf, einen Kampf, der jedesmal mit einer Umgestaltung der ganzen Gesellschaft endete oder mit dem gemeinsamen Untergang der kämpfenden Klassen.« Mit der Alternative Sozialismus oder Untergang in die Barbarei stützte sich Rosa Luxemburg auf wesentliche Vor- stellungen von Marx. 36                        DIE KPD IN DER WEIMARER REPUBLIK Dieser Umbau und diese Umwälzung können nicht durch irgendeine Be- hörde, Kommission oder ein Parlament dekretiert, sie können nur von der Volksmasse selbst in Angriff genommen und durchgeführt werden. In allen bisherigen Revolutionen war es eine kleine Minderheit des Volkes, die den revolutionären Kampf leitete, die ihm Ziel und Richtung gab, und die Masse nur als Werkzeug benutzte, um ihre eigenen Interessen, die Inter- essen der Minderheit zum Siege zu führen. Die sozialistische Revolution ist die erste, die im Interesse der großen Mehrheit und durch die große Mehrheit der Arbeitenden allein zum Siege gelangen kann. Die Masse des Proletariats ist berufen, nicht bloß der Revolution in klarer Erkenntnis Ziele und Richtung zu stecken. Sie muß auch selbst, durch eigene Aktivität, Schritt um Schritt den Sozialismus ins Leben einführen. Das Wesen der sozialistischen Gesellschaft besteht darin, daß die große arbeitende Masse aufhört, eine regierte Masse zu sein, vielmehr das ganze politische und wirtschaftliche Leben selbst lebt und in bewußter freier Selbst- bestimmung lenkt. Von der obersten Spitze des Staates bis zur kleinsten Gemeinde muß des- halb die proletarische Masse die überkommenen Organe der bürgerlichen Klassenherrschaft: die Bundesräte, Parlamente, Gemeinderäte durch eigene Klassenorgane: die Arbeiter- und Soldatenräte ersetzen, alle Posten besetzen, alle Funktionen überwachen, alle staatlichen Bedürfnisse an dem eigenen Klassenintcresse und den sozialistischen Aufgaben messen. Und nur in stän- diger, lebendiger Wechselwirkung zwischen den Volksmassen und ihren Or- ganen, den A- und S-Räten kann ihre Tätigkeit den Staat mit sozialistischem Geist erfüllen. Auch die wirtschaftliche Umwälzung kann sich nur als ein von der prole- tarischen Massenaktion getragener Prozeß vollziehen. Die nackten Dekrete oberster Revolutionsbehörden über die Sozialisierung sind allein ein leeres Wort. Nur die Arbeiterschaft kann das Wort durch eigene Tat zum Fleische machen. In zähem Ringen mit dem Kapital, Brust an Brust in jedem Betriebe, durch unmittelbaren Druck der Massen, durch Streiks, durch Schaffung ihrer ständigen Vertreterorgane können die Arbeiter die Kontrolle über die Pro- duktion und schließlich die tatsächliche Leitung an sich bringen. Die Proletariermassen müssen lernen, aus toten Maschinen, die der Kapi- talist an den Produktionsprozeß stellt, zu denkenden, freien, selbsttätigen Lenkern dieses Prozesses zu werden. Sie müssen das Verantwortlichkeitsgefühl wirkender Glieder der Allgemeinheit erwerben, die Alleinbesitzerin alles ge- sellschaftlichen Reichtums ist. Sie müssen Fleiß ohne Unternehmerpeitsche, höchste Leistung ohne kapitalistische Antreiber, Disziplin ohne Joch und Ordnung ohne Herrschaft entfalten. Höchster Idealismus im Interesse der Allgemeinheit, straffste Selbstdisziplin, wahrer Bürgersinn der Massen sind für die sozialistische Gesellschaft die Grundlage, wie Stumpfsinn, Egoismus PROGRAMME DES SPARTAKUSBUNDES UND DER KPD 37 und Korruption die moralische Grundlage der kapitalistischen Gesellschaft sind. Alle diese sozialistischen Bürgertugenden, zusammen mit Kenntnissen und Befähigungen zur Leitung der sozialistischen Betriebe, kann die Arbeiter- masse nur durch eigene Betätigung, eigene Erfahrung erwerben. Sozialisierung der Gesellschaft kann nur durch zähen, unermüdlichen Kampf der Arbeitermasse in ihrer ganzen Breite verwirklicht werden, auf allen Punkten, wo Arbeit und Kapital, wo Volk mit bürgerlicher Klassen- herrschaft einander ins Weiße des Auges blicken. Die Befreiung der Arbeiter- klasse muß das Werk der Arbeiterklasse selbst sein. in. In den bürgerlichen Revolutionen war Blutvergießen, Terror, politischer Mord die unentbehrliche Waffe in der Hand der aufsteigenden Klassen Die proletarische Revolution bedarf für ihre Ziele keines Terrors, sie haßt und verabscheut den Menschenmord6. Sie bedarf dieser Kampfmittel nicht, weil sie nicht Individuen, sondern Institutionen bekämpft, weil sie nicht mit naiven Illusionen in die Arena tritt, deren Enttäuschung sie blutig zu rächen hätte. Sie ist kein verzweifelter Versuch einer Minderheit, die Welt mit Ge- walt nach ihrem Ideal zu modeln, sondern die Aktion der großen Millionen- masse des Volkes, die berufen ist, die geschichtliche Mission zu erfüllen und die geschichtliche Notwendigkeit in Wirklichkeit umzusetzen. Aber die proletarische Revolution ist zugleich die Sterbeglocke für jede Knechtschaft und Unterdrückung. Darum erheben sich gegen die proletarische Revolution alle Kapitalisten, Junker, Kleinbürger, Offiziere, alle Nutznie- ßer und Parasiten der Ausbeutung und der Klassenherrschaft wie ein Mann zum Kampf auf Leben und Tod. Es ist ein toller Wahn zu glauben, die Kapitalisten würden sich gutwillig dem sozialistischen Verdikt eines Parlaments, einer Nationalversammlung fügen, sie würden ruhig auf den Besitz, den Profit, das Vorrecht der Ausbeu- tung verzichten. Alle herrschenden Klassen haben um ihre Vorrechte bis zu- letzt mit zähester Energie gerungen. Die römischen Patrizier wie die mittel- alterlichen Feudalbarone, die englischen Kavaliere wie die amerikanischen Sklavenhändler, die walachischen Bojaren wie die Lyoner Seidenfabrikanten — sie haben alle Ströme von Blut vergossen, sie sind über Leichen, Mord und 6. Im Bericht über den Gründungsparteitag steht statt »Menschenmord« das Wort »Meuchelmord«. Da es aber in der ersten Veröffentlichung (Die Rote Fahne vom 14. Dezember 1918) »Menschenmord« heißt, kann es sich im Parteitagsbericht nur um einen Druckfehler handeln. 38 DIE KPD IN DER WEIMARER REPUBLIK Brand geschritten, sie haben Bürgerkrieg und Landesverrat angestiftet, um ihre Vorrechte und ihre Macht zu verteidigen. Die imperialistische Kapitalistenklasse überbietet als letzter Sproß der Ausbeuterklasse die Brutalität, den unverhüllten Zynismus, die Niedertracht ihrer Vorgänger. Sie wird ihr Allerheiligstes, ihren Profit und ihr Vorrecht der Ausbeutung, mit Zähnen und mit Nägeln, mit jenen Methoden der kalten Bosheit verteidigen, die sie in der ganzen Geschichte der Kolonialpolitik und in dem letzten Weltkriege an den Tag gelegt hat. Sie wird Himmel und Hölle gegen das Proletariat in Bewegung setzen. Sie wird das Bauerntum gegen die Städte mobil machen, sie wird rückständige Arbeiterschichten gegen die so- zialistische Avantgarde aufhetzen, sie wird mit Offizieren Metzeleien anstif- ten, sie wird jede sozialistische Maßnahme durch tausend Mittel der passiven Resistenz lahmzulegen suchen, sie wird der Revolution zwanzig Vendeen auf den Hals hetzen, sie wird den äußeren Feind, das Mordeisen der Clemenceau, Lloyd George und Wilson als Retter ins Land rufen — sie wird lieber das Land in einen rauchenden Trümmerhaufen verwandeln als freiwillig die Lohnsklaverei freigeben. All dieser Widerstand muß Schritt um Schritt mit eiserner Faust und rück- sichtsloser Energie gebrochen werden. Der Gewalt der bürgerlichen Gegen- revolution muß die revolutionäre Gewalt des Proletariats entgegengestellt werden. Den Anschlägen, Ränken, Zettelungen der Bourgeoisie die unbeug- same Zielklarheit, Wachsamkeit und stets bereite Aktivität der proletarischen Masse. Den drohenden Gefahren der Gegenrevolution die Bewaffnung des Volkes und Entwaffnung der herrschenden Klassen. Den parlamentarischen Obstruktionsmanövern der Bourgeoisie die tatenreiche Organisation der Ar- beiter- und Soldaten-Gesellschaft - die konzentrierte, zusammengeballte, aufs höchste gesteigerte Macht der Arbeiterklasse. Die geschlossene Front des ge- samten deutschen Proletariats: des süddeutschen mit dem norddeutschen, des städtischen mit dem ländlichen, der Arbeiter mit den Soldaten, die lebendige geistige Fühlung der deutschen Revolution mit der Internationale, die Erwei- terung der deutschen Revolution zur Weltrevolution des Proletariats, ver- mag allein die granitne Basis zu schaffen, auf der das Gebäude der Zukunft errichtet werden kann. Der Kampf um den Sozialismus ist der gewaltigste Bürgerkrieg, den die Weltgeschichte gesehen, und die proletarische Revolution muß sich für diesen Bürgerkrieg das nötige Rüstzeug bereiten, sie muß lernen, es zu gebrauchen - zu Kämpfen und Siegen. Eine solche Ausrüstung der kompakten arbeitenden Volksmasse mit der ganzen politischen Macht für die Aufgaben der Revolution, das ist die Dik- tatur des Proletariats und deshalb die wahre Demokratie. Nicht wo der Lohnsklave neben dem Kapitalisten, der Landproletarier neben dem Junker in verlogener Gleichheit sitzen, um über ihre Lebensfragen parlamentarisch PROGRAMME DES SPARTAKUSBUNDES UND DER KPD 39 zu debattieren; dort, wo die millionenköpfige Proletariermasse die ganze Staatsgewalt mit ihrer schwieligen Faust ergreift, um sie wie der Gott Thor seinen Hammer den herrschenden Klassen aufs Haupt zu schmettern: dort allein ist die Demokratie, die kein Volksbetrug ist. Um dem Proletariat die Erfüllung dieser Aufgaben zu ermöglichen, fordert der Spartakusbund: Als sofortige Maßnahmen zur Sicherung der Revolution: Entwaffnung der gesamten Polizei, sämtlicher Offiziere sowie der nicht- proletarischen Soldaten. Entwaffnung aller Angehörigen der herrschenden Klassen. Beschlagnahme aller Waffen- und Munitionsbestände sowie Rüstungsbe- triebe durch A- und S-Räte7. Bewaffnung der gesamten erwachsenen männlichen proletarischen Bevöl- kerung als Arbeitermiliz. Bildung einer Roten Garde aus Proletariern als aktiven Teil der Miliz, zum ständigen Schutz der Revolution vor gegen- revolutionären Anschlägen und Zettelungen. Aufhebung der Kommandogewalt der Offiziere und Unteroffiziere. Erset- zung des militärischen Kadavergehorsams durch freiwillige Disziplin der Soldaten. Wahl aller Vorgesetzten durch die Mannschaften unter jeder- zeitigem Rückberufungsrecht. Aufhebung der Militärgerichtsbarkeit. Entfernung der Offiziere und Kapitulanten aus allen Soldatenräten. Ersetzung aller politischen Organe und Behörden des früheren Regimes durch Vertrauensmänner der A- und S-Räte. Einsetzung eines Revolutionstribunals, vor dem die Hauptschuldigen am Kriege und seiner Verlängerung, die beiden Hohenzollern, Ludendorff, Hindenburg, Tirpitz und ihre Mitverbrecher sowie alle Verschwörer der Gegenrevolution abzuurteilen sind. Sofortige Beschlagnahme aller Lebensmittel zur Sicherung der Volks- ernährung. Auf politischem und sozialem Gebiete: Abschaffung aller Einzelstaaten; einheitliche deutsche sozialistische Re- publik. Beseitigung aller Parlamente und Gemeinderäte und Übernahme ihrer Funktionen durch A- und S-Räte sowie deren Ausschüsse und Organe. Wahl von Arbeiterräten über ganz Deutschland durch die gesamte erwach- sene Arbeiterschaft beider Geschlechter in Stadt und Land, nach Betrieben 7. A- und S-Räte: Arbeiter- und Soldatenräte. 40 DIE KPD IN DER WEIMARER REPUBLIK sowie von Soldatenräten durch die Mannschaften, unter Ausschluß der Offiziere und Kapitulanten. Recht der Arbeiter und Soldaten zur jeder- zeitigen Rückberufung ihrer Vertreter. Wahl von Delegierten der A-und S-Räte im ganzen Reiche für den Zen- tralrat der A- und S-Räte, der den Vollzugsrat als das oberste Organ der gesetzgebenden und vollziehenden Gewalt zu wählen hat. Zusammentritt des Zentralrats vorläufig mindestens alle drei Monate - unter jedesmaliger Neuwahl der Delegierten — zur ständigen Kontrolle über die Tätigkeit des Vollzugsrats und zur Herstellung einer lebendigen Fühlung zwischen der Masse der A- und S-Räte im Reiche und ihrem ober- sten Regierungsorgan. Recht der lokalen A- und S-Räte zur jederzeitigen Rückberufung und Ersetzung ihrer Vertreter im Zentralrat, falls diese nicht im Sinne ihrer Auftraggeber handeln. Recht des Vollzugsrats, die Volksbeauftragten sowie die zentralen Reichsbehörden und -beamten zu ernennen und abzusetzen. Abschaffung aller Standesunterschiede, Orden und Titel. Völlige rechtliche und soziale Gleichstellung der Geschlechter. Einschneidende soziale Gesetzgebung, Verkürzung der Arbeitszeit zur Steuerung der Arbeitslosigkeit und unter Berücksichtigung der körper- lichen Entkräftung der Arbeiterschaft durch den Weltkrieg; sechsstündiger Höchstarbeitstag. Sofortige gründliche Umgestaltung des Ernährungs-, Wohnungs- und Er- ziehungswesens im Sinne und Geiste der proletarischen Revolution. Nächste wirtschaftliche Forderungen: Konfiskation aller dynastischen Vermögen und Einkünfte für die Allge- meinheit. Annullierung der Staats- und anderer öffentlicher Schulden sowie sämt- licher Kriegsanleihen, ausgenommen Zeichnungen bis zu einer bestimmten Höhe, die durch den Zentralrat der A- und S-Räte festzusetzen ist. Enteignung des Grund und Bodens aller landwirtschaftlichen Groß- und Mittelbetriebe; Bildung sozialistischer landwirtschaftlicher Genossenschaf- ten unter einheitlicher zentraler Leitung im ganzen Reiche; bäuerliche Kleinbetriebe bleiben im Besitze ihrer Inhaber bis zu deren freiwilligen Anschluß an die sozialistischen Genossenschaften. Enteignung aller Banken, Bergwerke, Hütten, sowie aller Großbetriebe in Industrie und Handel durch die Räterepublik. Konfiskation aller Vermögen von einer bestimmten Höhe an, die durch den Zentralrat festzusetzen ist. Übernahme des gesamten öffentlichen Verkehrswesens durch die Räte- republik. PROGRAMME DES SPARTAKUSBUNDES UND DER KPD 41 Wahl von Betriebsräten in allen Betrieben, die im Einvernehmen mit den Arbeiterräten die inneren Angelegenheiten der Betriebe zu ordnen, die Arbeitsverhältnisse zu regeln, die Produktion zu kontrollieren und schließ- lich die Betriebsleitung zu übernehmen haben. Einsetzung einer zentralen Streikkommission mit den Betriebsräten, die der beginnenden Streikbewegung im ganzen Reich einheitliche Leitung, sozialistische Richtung und die kräftigste Unterstützung durch die politi- sche Macht der A- und S-Räte sichern soll. Internationale Aufgaben Sofortige Aufnahme von Verbindungen mit den Bruderparteien des Aus- landes, um die sozialistische Revolution auf internationale Basis zu stellen und den Frieden durch die internationale Verbrüderung und revolutionäre Erhebung des Weltproletariats zu gestalten und zu sichern. iv. Das will der Spartakusbund. Und weil er das will, weil er der Mahner, der Dränger, weil er das soziali- stische Gewissen der Revolution ist, wird er von allen offenen und heimlichen Feinden der Revolution und des Proletariats gehaßt, verfolgt und ver- leumdet. Kreuziget ihn! rufen die Kleinbürger, die Offiziere, die Antisemiten, die Preßlakaien der Bourgeoisie, die um die Fleischtöpfe der bürgerlichen Klas- senherrschaft zittern. Kreuziget ihn! wiederholen noch wie ein Echo getäuschte, betrogene, miß- brauchte Schichten der Arbeiterschaft und Soldaten, die nicht wissen, daß sie gegen ihr eigen Fleisch und Blut wüten, wenn sie gegen den Spartakusbund wüten. Im Hasse, in der Verleumdung gegen den Spartakusbund vereinigt sich alles, was gegenrevolutionär, volksfeindlich, antisozialistisch, zweideutig, lichtscheu, unklar ist. Dadurch wird bestätigt, daß in ihm das Herz der Revo- lution pocht, daß ihm die Zukunft gehört. Der Spartakusbund ist keine Partei, die über die Arbeitermasse oder durch die Arbeitermasse zur Herrschaft gelangen will. Der Spartakusbund ist nur der zielbewußteste Teil des Proletariats, der die ganze breite Masse der Ar- beiterschaft bei jedem Schritt auf ihre geschichtlichen Aufgaben hinweist, der in jedem Einzelstadium der Revolution das sozialistische Endziel und in allen nationalen Fragen die Interessen der proletarischen Weltrevolution vertritt. Der Spartakusbund lehnt es ab, mit Handlangern der Bourgeoisie, mit 42 DIE KPD IN DER WEIMARER REPUBLIK den Scheidemann-Ebert, die Regierungsgewalt zu teilen, weil er in einer solchen Zusammenwirkung einen Verrat an den Grundsätzen des Sozialis- mus, eine Stärkung der Gegenrevolution und eine Lähmung der Revolution erblickt. Der Spartakusbund wird es auch ablehnen, zur Macht zu gelangen, nur weil sich die Scheidemann-Ebert abgewirtschaftet und die Unabhängigen8 durch die Zusammenarbeit mit ihnen in eine Sackgasse geraten sind. Der Spartakusbund wird nie anders die Regierungsgewalt übernehmen, als durch den klaren, unzweideutigen Willen der großen Mehrheit der proleta- rischen Masse in Deutschland, nie anders als kraft ihrer bewußten Zustim- mung zu den Ansichten, Zielen und Kampfmethoden des Spartakusbundes. Die proletarische Revolution kann sich nur stufenweise, Schritt für Schritt, auf den Golgathaweg eigener bitterer Erfahrungen, durch Niederlagen und Siege, zur vollen Klarheit und Reife durchringen. Der Sieg des Spartakusbundes steht nicht am Anfang, sondern am Ende der Revolution: er ist identisch mit dem Siege der großen Millionenmassen des sozialistischen Proletariats. Auf, Proletarier! Zum Kampf! Es gilt eine Welt zu erobern und gegen eine Welt anzukämpfen. In diesem letzten Klassenkampf der Weltgeschichte um die höchsten Ziele der Menschheit gilt dem Feinde das Wort: Daumen aufs Auge und Knie auf die Brust! Bericht über den Gründungsparteitag der Kommunistischen Partei Deutschlands (Spartakusbund) vom 30. Dezember 1918 bis 1. Januar 1919. o. O. und o. J., S. 49-56. 8. Mit Unabhängigen sind die Mitglieder der Unabhängigen Sozialdemokratischen Partei Deutschlands (USP) gemeint. Die USP wurde Ostern 1917 in Gotha ge- gründet. Sie setzte sich aus den kriegsgegnerischen, politisch heterogenen Kreisen der Sozialdemokratie zusammen. Der Spartakusbund war bis Dezember 1918 der USP angeschlossen. 1920 war die USP eine bedeutende Massenpartei mit fünf Millionen Wählern, das waren fast 18 Prozent der gültigen Stimmen. Doch die Partei brach auseinander. Der linke Flügel vereinigte sich im Dezember 1920 mit der KPD, die damit erst zu einer Massenpartei wurde; der rechte Flügel kehrte 1922 zur SPD zurück. PROGRAMME DES SPARTAKUSBUNDES UND DER KPD 43   AUS DEM PROGRAMM-ENTWURF DER KPD (1922)9 Am Vorabend einer Sturmflut bürgerlicher Revolutionen ließ der Kom- munismus seinen ersten mächtigen Schlachtruf an die Proletarier aller Länder erschallen. Der kapitalistischen Ordnung, die in jugendlicher Kraft ihre Glieder reckte, kündigte er kühn und drohend ihren unvermeidlichen Untergang an. Im Schoße der bürgerlichen Gesellschaft selbst sah er ihre künftigen Toten- gräber heran wachsen: die durch den Kapitalismus in ständig anschwellender Zahl erzeugte, die durch ihn geknechtete und ausgebeutete, aber auch ver- einigte und kampfgeschulte Arbeiterklasse. Die kapitalistische Ordnung erhob sich aus den ersten revolutionären Er- schütterungen zu neuem, unerhörtem Aufstieg. Heute aber ist die geschichtliche Voraussage des Kommunismus erfüllt, ist das Todesurteil, das er über sie fällte, zur Vollstreckung herangereift. Die kapitalistische Welt windet sich im Todeskampf. Die Stunde ihres Untergangs hat geschlagen. Und jetzt endlich nähert sich der zahllose Jahr- hunderte erfüllende Befreiungskampf der unterdrückten und ausgebeuteten Volksmassen seinem Abschluß. Der Kampf der Sklaven gegen die Sklavenhalter, der mittelalterlichen Hörigen gegen den feudalen Grundherrn, der agrarkommunistischen Dorf- gemeinde gegen den orientalen Despoten — der moderne Proletarier ent- scheidet ihn heute. Im Oktober 1922 legte die KPD auf Ersuchen des Exekutivkomitees der Komin- tern einen - im wesentlichen von August Thalheimer formulierten - Programment- wurf vor. Der Entwurf sollte auf dem IV. Weltkongreß der Komintern diskutiert werden. Doch kam es auf einer Sitzung des Zentralausschusses der KPD am 15. und 16. Oktober 1922 zu großen Meinungsverschiedenheiten. Die Kritik richtete sich so- wohl gegen das Fehlen von Übergangsforderungen, als auch dagegen, daß Rosa Lu- xemburgs Akkumulationstheorie nicht berücksichtigt worden war. Der Zentralaus- schuß nahm den Entwurf nur mit 24 gegen 23 Stimmen an. Auf dem IV. Weltkon- greß wurde der Entwurf nicht behandelt. Der V. Weltkongreß (1924) beriet dann bereits über einen Programmentwurf für die gesamte Kommunistische Internatio- nale. Da Ende 1923 die bisherige KPD-Führung abgelöst wurde, verschwand der Entwurf endgültig in der Versenkung. In unsere Dokumentenauswahl wurden nur die Einleitung, die Passagen über die Rolle der Gewalt und über internationale Aufgaben aufgenommen, die sich nicht unwesentlich vom Spartakusprogramm unterscheiden. Der ganze Programmentwurf war sehr umfangreich. 44 DIE KPD IN DER WEIMARER REPUBLIK Der Proletarier, indem er die Ketten der Lohnsklaverei zerreißt, macht er der Ausbeutung und Unterdrückung des Menschen durch den Menschen in jedweder Gestalt ein Ende. Wenige Tausende der fortgeschrittensten Proletarier in einigen Ländern Mittel- und Westeuropas waren es erst, die um das Banner des Kommunis- mus sich sammelten. Fünfundsiebzig Jahre haben den Kommunismus zur Weltmacht erhoben. Millionen Proletarier, Millionen armer Bauern, in allen Ländern und Welt- teilen, aller Nationen und Rassen folgen der Fahne des Kommunismus. Der Juniaufstand der Pariser Proletarier des Jahres 1848, die glorreiche Pariser Kommune des Jahres 1871 wurden von der Bourgeoisie in Strömen von Blut erstickt. Heute weht die Fahne des Kommunismus siegreich über einem Gebiet, das schon den sechsten Teil des Erdballs umfaßt. Mitten in den Kreis der großen kapitalistischen Weltmächte ist der Kom- munismus als neue Großmacht getreten und hat mit der Waffe in der Hand alle Widerstände bezwungen. Der Kommunismus ist nicht mehr nur Sadie der Ankündigung und der fernen Zukunft. Er ist Tat und Gegenwart. Sein Reich hat bereits begonnen ... in. Die Rolle der Gewalt Die Bourgeoisie, einschließlich ihrer sozialdemokratischen Lakaien, zetert über die gewaltsamen Methoden der Kommunisten, über den kommunistischen Terror. Die Klage der Bourgeoisie über kommunistische Gewalt ist grobe Heu- chelei. Die Bourgeoisie selbst ist nur durch eine Reihe blutiger Revolutionen, durch Krieg und Bürgerkrieg zur Herrschaft gelangt. Ihre staatliche »gesetzliche« Macht ist selbst ein Ergebnis der Revolution ... Die Bourgeoisie selbst lacht der Zumutung der Gewaltlosigkeit. Sie hat gegenüber der proletarischen Revolution in Sowjetrußland unzäh- lige Bürgerkriege, Verschwörungen, Aufstände angezettelt, sie hat den ge- genrevolutionären Krieg wieder und wieder ins Land getragen. Sie hat die proletarischen Erhebungen am Ende des Krieges in Mitteleuropa in Strömen von Blut erstickt. Sie hat den Terror, den politischen Mord, die Verschwö- rung zu ihrer stehenden Waffe gemacht. Sie kehrt die Teufeleien des Weltkrieges, von den Giftgasen bis zu den bombenwerfenden Flugzeugen und den Tanks, gegen die aufsteigende prole- tarische Revolution. PROGRAMME DES SPARTAKUSBUNDES UND DER KPD 45 Die bürgerliche Gewalt ist die Gewalt im Interesse der Minderheit gegen die Interessen der breiten Volksmassen. Die proletarische Gewalt ist die zusammengefaßte Gewalt der breiten Volksmassen gegen die herrschende Minderheit. Die bürgerliche Gewalt ist reaktionär, die proletarische Gewalt ist revo- lutionär. Die Kommunisten leugnen nicht, daß nur die Gewalt, der Bürgerkrieg in seiner schroffsten Form die bisher herrschenden Klassen stürzen wird. Die proletarische Gewalt ist unvermeidlich, solange die bürgerliche Gewalt der Minderheit die breiten Volksmassen in Ausbeutung und Knechtschaft hal- ten soll. Sie wird überflüssig in dem Maße, wie die bürgerliche Minderheit sich der proletarischen Mehrheit unterordnet — wie sie ihre Klassenansprüche aufgibt. Die bürgerliche Gewalt strebt danach, die gewaltsame Beherrschung der breiten Volksmassen zu verewigen. Die proletarische Gewalt strebt danach, sich selbst überflüssig zu machen. Die proletarische Gewalt als die Gewalt der Volksmehrheit tritt offen als Klassengewalt auf. Die bürgerliche Gewalt, als die Gewalt einer kleinen Minderheit, ist stän- dig genötigt, sich selbst zu verleugnen ... Internationale Aufgaben Die Interessen der internationalen Revolution sind allen nationalen Inter- essen übergeordnet. Die Kommunistische Internationale ist das Vaterland aller ausgebeuteten und unterdrückten Klassen und Nationen. Die Kommu- nistische Partei Deutschlands ist als eine Sektion in der revolutionären Welt- macht der Kommunistischen Internationale eingereiht. Die Kommunistische Internationale faßt alle revolutionären Kräfte der Arbeiterklasse und der unterdrückten Völker zusammen zur Verteidigung der bereits bestehenden Proletarierstaaten, zur solidarischen Führung des Klassenkampfes auf inter- nationaler Stufenleiter, zur Eroberung der politischen Macht durch das Prole- tariat in den kapitalistischen Ländern, zur Befreiung der kolonial- und halb- kolonialen Völker von imperialistischer Knechtung und Unterdrückung, zum revolutionären Kampf gegen den imperialistischen Krieg, zur Vernichtung der imperialistischen Friedensverträge. Das Ziel der Kommunistischen Inter- nationale ist der Weltbund der Räterepubliken ... Die Rote Fahne vom 7. und 8. Oktober 1922. 46 DIE KPD IN DER WEIMARER REPUBLIK   DAS PROGRAMM DER KOMMUNISTISCHEN INTERNATIONALE (1928)10 Einführung Die Epoche des Imperialismus ist die Epoche des sterbenden Kapitalismus. Der Weltkrieg 1914 bis 1918 und die allgemeine Krise des Kapitalismus, die er entfesselte, beweisen als unmittelbare Folgen des tiefen Widerspruches, in den die wachsenden Produktivkräfte der Weltwirtschaft mit den staatlichen Schranken geraten, daß im Schoße der kapitalistischen Gesellschaft die mate- riellen Voraussetzungen für den Sozialismus herangereift sind; sie beweisen, daß die kapitalistische Hülle zu einer unerträglichen Fessel für die weitere Entwicklung der Menschheit geworden ist und daß die Geschichte den Sturz des kapitalistischen Joches durch die Revolution auf die Tagesordnung stellt. Von den Zentren der kapitalistischen Macht bis in die entferntesten Winkel der kolonialen Welt unterwirft der Imperialismus die gewaltige Masse der Proletarier aller Länder der Diktatur der finanzkapitalistischen Plutokratie. Mit elementarer Gewalt enthüllt und vertieft der Imperialismus alle Wider- sprüche der kapitalistischen Gesellschaft, steigert die Unterdrückung der aus- gebeuteten Klassen bis zum äußersten und treibt den Kampf der kapitalisti- schen Staaten auf die Spitze. Dadurch verursacht er unabwendbar weltum- spannende imperialistische Kriege, die das gesamte herrschende Regime aufs tiefste erschüttern, und führt mit eherner Notwendigkeit zur proletarischen Weltrevolution. Der Imperialismus schlägt die ganze Welt in die Fesseln des Finanzkapi- tals, zwingt die Proletarier aller Länder, Völker und Rassen mit Hunger, Blut und Eisen unter sein Joch und steigert die Ausbeutung, Unterdrückung und Knechtung des Proletariats ins Maßlose. Damit stellt der Imperialismus dem Proletariat unmittelbar die Aufgabe, die Macht zu erobern, und nötigt die Arbeiter, sich aufs engste zur einheitlichen internationalen Armee der Pro- Der VI. Weltkongreß der Kommunistischen Internationale nahm im Septem- ber 1928 in Moskau ein Programm an, das für alle Sektionen (also auch für die KPD) verbindlich wurde und in wesentlichen Teilen von Bucharin, der damals die Komintern leitete, verfaßt worden war. Dieses Programm war schon auf früheren Kongressen angekündigt, doch erst 1928 fertiggestellt worden. Es wurde an einem Wendepunkt der sowjetischen und damit auch der Komintern-Politik angenommen: 1929 schwenkte die Stalinführung zu einer ultra-linken Politik über, die auch zur Ausschaltung Bucharins führte. Das sehr umfangreiche Programm wurde nur teil- weise in unsere Auswahl aufgenommen. PROGRAMME DES SPARTAKUSBUNDES UND DER KPD 47 letarier aller Länder zusammenzuschließen, über alle Grenzpfähle, über alle Unterschiede von Nation, Kultur, Sprache, Rasse, Geschlecht und Beruf hin- weg. So führt der Imperialismus den Prozeß der Schaffung der materiellen Voraussetzungen des Sozialismus zu Ende und erzeugt zugleich damit das Heer seiner Totengräber, indem er das Proletariat vor die Notwendigkeit stellt, sich zu einer internationalen Kampfassoziation der Arbeiter zusam- menzuschließen. Andererseits spaltet der Imperialismus von der großen Masse der Arbeiter- klasse den Teil ab, dessen materielle Existenz die gesicherteste ist. Diese vom Imperialismus gekaufte und bestochene Oberschicht der Arbeiterklasse, die die führenden Kaders der sozialdemokratischen Partei stellt, ist an der impe- rialistischen Ausbeutung der Kolonien interessiert, ist »ihrer« Bourgeoisie und »ihrem« imperialistischen Staate treu ergeben und war in Zeiten ent- scheidender Klassenkämpfe im Lager der Klassenfeinde des Proletariats zu finden. Die durch diesen Verrat verursachte Spaltung der sozialistischen Be- wegung im Jahre 1914 und der weitere Verrat der sozialdemokratischen Par- teien, die zu bürgerlichen Arbeiterparteien wurden, zeigten klar: das inter- nationale Proletariat kann seine historische Mission — die Zerschmetterung des imperialistischen Joches und die Aufrichtung der proletarischen Diktatur — nur im unerbittlichen Kampfe gegen die Sozialdemokratie erfüllen. Die Organisierung der Kräfte der Weltrevolution ist deshalb nur auf der Platt- form des Kommunismus möglich. Der opportunistischen Zweiten Internatio- nale der Sozialdemokratie, die zur Agentur des Imperialismus innerhalb der Arbeiterklasse geworden ist, tritt unausbleiblich die Dritte, die Kommunisti- sche Internationale, entgegen — die internationale Organisation der Arbeiter- klasse, die allein die wahre Einheit der revolutionären Arbeiter der ganzen Welt verkörpert... Die Kommunistische Internationale, die einheitliche und zentralisierte internationale Partei des Proletariats, setzt als einzige die Prinzipien der Ersten Internationale auf dem neuen Boden der revolutionären proletari- schen Massenbewegung fort. Die Erfahrungen des ersten imperialistischen Krieges und der folgenden Periode der revolutionären Krise des Kapitalis- mus — der Kette von Revolutionen in Europa und in den kolonialen Län- dern, die Erfahrungen der Diktatur des Proletariats und des Aufbaus des Sozialismus in der Sowjetunion; die Erfahrungen aller Sektionen der Kom- munistischen Internationale, die in den Beschlüssen ihrer Kongresse festgelegt sind; schließlich die zunehmende Internationalisierung des Kampfes zwi- schen der imperialistischen Bourgeoisie und dem Proletariat — das alles macht ein einheitliches, allen ihren Sektionen gemeinsames Programm der Kommu- nistischen Internationale notwendig. Als die umfassendste kritische Verall- gemeinerung der gesamten historischen Erfahrung der revolutionären Bewe- gung des internationalen Proletariats ist das Programm der Kommunistischen 48                                       DIE KPD IN DER WEIMARER REPUBLIK Internationale das Programm des Kampfes für die proletarische Weltdikta- tur, das Programm des Kampfes für den Weltkommunismus... Gestützt auf die historischen Erfahrungen der revolutionären Arbeiter- bewegung aller Weltteile und aller Völker steht die Kommunistische Inter- nationale in ihrem theoretischen und praktischen Wirken ohne jeden Vorbe- halt auf dem Boden des revolutionären Marxismus und seiner weiteren Aus- gestaltung, des Leninismus, der nichts anderes ist als der Marxismus der Epoche des Imperialismus und der proletarischen Revolution. Die Kommunistische Internationale verficht und propagiert den dialek- tischen Materialismus von Marx und Engels und wendet ihn als revolutio- näre Methode der Erkenntnis der Wirklichkeit zu ihrer revolutionären Um- gestaltung an; sie kämpft aktiv gegen alle Spielarten der bürgerlichen Welt- anschauung sowie des theoretischen und praktischen Opportunismus. Auf dem Boden des konsequenten proletarischen Klassenkampfes unterordnet sie die vorübergehenden, die Gruppen-, nationalen und Teilinteressen des Proletariats seinen dauernden, allgemeinen, internationalen Interessen. Sie entlarvt schonungslos die von der Bourgeoisie entlehnte Lehre der Refor- misten vom »Klassenfrieden« in allen ihren Formen. Als Erfüllung des historischen Erfordernisses nach einer internationalen Organisation der revo- lutionären Proletarier, der Totengräber des kapitalistischen Systems, ist die Kommunistische Internationale die einzige internationale Macht, deren Pro- gramm die Diktatur des Proletariats und der Kommunismus ist, und die pffen als Organisator der internationalen proletarischen Revolution auf- tritt .. . in. Das Endziel der Kommunistischen Internationale: der Weltkommunismus Das Endziel, das die Kommunistische Internationale erstrebt, ist die Erset- zung der kapitalistischen Weltwirtschaft durch das Weltsystem des Kom- munismus. Die kommunistische Gesellschaftsordnung, die durch den ganzen Ablauf der geschichtlichen Entwicklung vorbereitet wird, ist der einzige Aus- weg für die Menschheit, denn nur diese Gesellschaft vermag die fundamen- talen Widersprüche des kapitalistischen Systems aufzuheben, die die Mensch- heit mit Entartung und Untergang bedrohen. Die kommunistische Ordnung beseitigt die Spaltung der Gesellschaft in Klassen, das heißt sie beseitigt mit der Anarchie der Produktion alle Arten und Formen der Unterdrückung und Ausbeutung von Menschen durch Men- schen. An die Stelle der kämpfenden Klassen treten die Glieder der einheit- lichen Weltassoziation der Arbeit. Zum erstenmal in der Geschichte nimmt die Menschheit ihr Schicksal in die eigene Hand. Anstatt in Klassen- und PROGRAMME DES SPARTAKUSBUNDES UND DER KPD 49 Völkerkriegen ungezählte Menschenleben und unschätzbare Reichtümer zu vernichten, verwendet die Menschheit ihre ganze Energie auf den Kampf mit den Naturkräften, auf die Entwicklung und Hebung ihrer eigenen, kollek- tiven Macht. Sobald das Weltsystem des Kommunismus das Privateigentum an den Pro- duktionsmitteln und diese in öffentliches Eigentum verwandelt hat, tritt an die Stelle der elementaren Kräfte des Weltmarktes und des planlosen Wal- tens der Konkurrenz, des blinden Gangs der gesellschaftlichen Produktion ihre gesellschaftlich-planmäßige Regelung entsprechend den rasch wachsen- den Bedürfnissen der Gesamtheit. Mit der Vernichtung der Anarchie der Pro- duktion und der Konkurrenz verschwinden auch die verheerenden Krisen und die noch verheerenderen Kriege. An die Stelle der gigantischen Vergeudung von Produktivkräften und der krampfhaften Entwicklung der Gesellschaft tritt die geordnete Verfügung über alle materiellen Reichtümer und eine rei- bungslose Entwicklung der Wirtschaft durch die unbegrenzte, harmonische rasche Entwicklung der Produktivkräfte. Die Aufhebung des Privateigentums, das Absterben der Klassen beseitigen die Ausbeutung von Menschen durch Menschen. Die Arbeit hört auf, ein Schaffen für den Klassenfeind zu sein. Aus einem bloßen Mittel zum Leben wird sie zum ersten Lebensbedürfnis. Die Armut verschwindet, es verschwin- det die wirtschaftliche Ungleichheit der Menschen, das Elend der geknechteten Klassen, die Armseligkeit ihres materiellen Daseins überhaupt; es verschwin- det die Hierarchie der Menschen in der Arbeitsteilung und damit der Gegen- satz zwischen Kopf- und Handarbeit; es verschwinden schließlich alle Spuren der sozialen Ungleichheit der Geschlechter. Zu gleicher Zeit verschwinden auch die Organe der Klassenherrschaft, vor allem die Staatsgewalt; als Ver- körperung der Klassenherrschaft stirbt sie in dem Maße ab, wie die Klassen verschwinden. Damit stirbt allmählich jegliche Zwangsnorm ab. Das Verschwinden der Klassen beseitigt jede Art des Bildungsmonopols. Die Kultur wird zum Gemeingut und an Stelle der Klassenideologien der Vergangenheit tritt die wissenschaftlich-materialistische Weltbetrachtung. Da- mit wird jedwede Herrschaft von Menschen über Menschen unmöglich und es eröffnen sich ungeahnte Möglichkeiten der sozialen Auslese und der har- monischen Entwicklung ihrer Fähigkeiten, die in der Menschheit schlummern. Die Entfaltung der Produktivkräfte wird durch keinerlei Schranken ge- sellschaftlichen Charakters gehemmt. Die kommunistische Gesellschaft kennt kein Privateigentum an Produktionsmitteln, kein eigennütziges Streben nach Profit, sie kennt weder die künstlich genährte Unwissenheit, noch die Armut der Massen, die in der kapitalistischen Gesellschaft den technischen Fort- schritt hemmt, noch die riesenhaften unproduktiven Ausgaben. Die zweck- mäßigste Ausnützung der Naturkräfte und der natürlichen Produktions- bedingungen der einzelnen Weltteile; die Beseitigung des Gegensatzes von jo DIE KPD IN DER WEIMARER REPUBLIK Stadt und Land, der die Folge des steten Zurückbleibens der Landwirtschaft und ihres technischen Tiefstandes ist; die weitestgehende Vereinigung von Wissenschaft und Technik, von Forscherarbeit und umfassender Anwendung ihrer Ergebnisse für die Gesellschaft; die planmäßige Organisierung der wis- senschaftlichen Arbeit; die Einführung vervollkommneter Methoden statisti- scher Erfassung und plangemäßer Regelung der Wirtschaft; schließlich das rasche Anwachsen der gesellschaftlichen Bedürfnisse, des stärksten Antriebs des gesamten Systems; all das sichert der gesellschaftlichen Arbeit ein Höchst- maß an Produktivität und setzt unermeßliche menschliche Energien für eine machtvolle Entfaltung von Kunst und Wissenschaft frei. Die Entwicklung der Produktivkräfte der kommunistischen Weltgesell- schaft macht die Hebung des Wohlstandes der ganzen Menschheit und die stärkste Verkürzung der der materiellen Produktion gewidmeten Zeit mög- lich und eröffnet damit eine in der Geschichte unerhörte Blütezeit der Kultur. Diese neue Kultur der zum erstenmal geeinten Menschheit, die alle Staats- grenzen zerstört hat, wird auf klaren und durchsichtigen Beziehungen der Menschen zueinander beruhen. Sie wird daher Mystik und Religion, Vorurteile und Aberglaube für alle Zeiten begraben und damit der Entwicklung sieg- reicher wissenschaftlicher Erkenntnis einen mächtigen Anstoß geben. Diese höchste Stufe des Kommunismus, in der die kommunistische Gesell- schaft sich bereits auf ihrer eigenen Grundlage entwickelt hat, in der Hand in Hand mit der allseitigen Entwicklung der Menschen auch die gesellschaft- lichen Produktivkräfte einen gewaltigen Aufschwung nehmen und die Gesell- schaft bereits auf ihre Banner die Losung geschrieben hat: »Jeder nach seinen Fähigkeiten, jedem nach seinen Bedürfnissen«, hat als ihre Vorstufe den Sozialismus zur geschichtlichen Voraussetzung. Hier beginnt die kommuni- stische Gesellschaft die kapitalistische Hülle erst abzuwerfen, sie ist noch in jeder Beziehung — wirtschaftlich, moralisch und geistig — mit den Mutter- malen der alten Gesellschaft behaftet, deren Schoß sie entsprungen. Die Pro- duktivkräfte des Sozialismus sind noch nicht in dem Maße entwickelt, daß eine Verteilung der Erzeugnisse der Arbeit entsprechend den Bedürfnissen eines jeden möglich wäre. Die Verteilung erfolgt vielmehr nach der Leistung. Die Arbeitsteilung, das heißt die Zuweisung bestimmter Arbeitsfunktionen an bestimmte Gruppen von Menschen, ist hier noch nicht überwunden, so daß der Gegensatz von Kopf- und Handarbeit in der Hauptsache noch weiter- besteht. Trotz der Aufhebung der Klassen sind noch Überreste der alten Klassenteilung in der Gesellschaft vorhanden, folglich auch Überreste der proletarischen Staatsgewalt, des Zwanges, des Rechts. Es bleiben somit noch gewisse Reste der Ungleichheit bestehen, die noch nicht absterben konnten. Unbesiegt und unüberwunden bleibt auch noch der Gegensatz zwischen Stadt und Land. Allein alle diese Überreste der alten Gesellschaft werden von kei- ner gesellschaftlichen Kraft mehr geschützt und verteidigt. Da sie an eine PROGRAMME DES SPARTAKUSBUNDES UND DER KPD JI bestimmte Entwicklungsstufe der Produktivkräfte gebunden sind, verschwin- den sie in dem Maße, wie die von der Fessel der kapitalistischen Ordnung be- freite Menschheit sich die Naturkräfte unterwirft, sich selbst im Geiste des Kommunismus erzieht und vom Sozialismus zum vollendeten Kommunismus fortschreitet. Die Übergangsperiode vom Kapitalismus zum Sozialismus und die Diktatur des Proletariats i. Die Übergangsperiode und die Eroberung der Macht durch das Proletariat Zwischen der kapitalistischen und der kommunistischen Gesellschaft liegt die Periode der revolutionären Umwandlung der einen in die andere. Der entspricht eine politische Übergangsperiode, in der der Staat nichts anderes sein kann als die revolutionäre Diktatur des Proletariats. Der Übergang von der Weltdiktatur des Imperialismus zur Weltdiktatur des Proletariats um- faßt eine lange Periode von Kämpfen, Niederlagen und Siegen des Prole- tariats; eine Periode der Fortdauer der allgemeinen Krise des kapitalistischen Systems und des Heranreifens sozialistischer Revolutionen, d. h. der Bürger- kriege des Proletariats gegen die Bourgeoisie; eine Periode nationaler Kriege und kolonialer Aufstände, die — ohne sozialistische Bewegungen des Prole- tariats zu sein — objektiv zu einem Bestandteil der proletarischen Weltrevolu- tion werden, da sie die Herrschaft des Imperialismus erschüttern; eine Pe- riode des Nebeneinanderbestehens kapitalistischer und sozialistischer sozial- ökonomischer Systeme innerhalb der Weltwirtschaft mit »friedlichen« Bezie- hungen wie bewaffneten Kämpfen; eine Periode der Bildung des Bundes sozialistischer Rätestaaten; eine Periode der Kriege der imperialistischen Staaten gegen sie; eine Periode des immer engeren Zusammenschlusses dieser Staaten mit den Kolonialvölkern usw. Die Ungleichmäßigkeit der wirtschaftlichen und politischen Entwicklung ist ein absolutes Gesetz des Kapitalismus. Sie verschärft sich in der Epoche des Imperialismus in immer höherem Maße. Daher kann die internationale Revolution des Proletariats nicht als ein einmaliger, überall gleichzeitiger Akt betrachtet werden. Daher ist der Sieg des Sozialismus zuerst in wenigen und selbst in einem kapitalistischen Lande allein möglich. Aber jeder der- artige Sieg des Proletariats erweitert die Basis der Weltrevolution und ver- schärft noch mehr die allgemeine Krise des Kapitalismus. Das kapitalistische System geht auf diese Weise seinem endgültigen Zusammenbruch entgegen. Die Diktatur des Finanzkapitals bricht zusammen und weicht der Diktatur des Proletariats . . . $2                                      DIE KPD IN DER WEIMARER REPUBLIK Die Diktatur des Proletariats in der Sowjetunion und DIE INTERNATIONALE SOZIALISTISCHE REVOLUTION I... 2. Die Sowjetunion und ihre Pflichten gegenüber der internationalen Revolution Die proletarische Diktatur in der Sowjetunion hat den russischen Imperia- lismus gestürzt, alle einstigen Kolonien und unterdrückten Nationen des Zarenreiches befreit und durch die Industrialisierung dieser Gebiete eine feste Grundlage für ihre kulturelle und politische Entwicklung geschaffen, sie hat die rechtliche Stellung der autonomen Gebiete, der autonomen Re- publiken und Bundesrepubliken in ihrer Verfassung verankert und das Selbstbestimmungsrecht der Nationen in vollem Umfange verwirklicht. Da- mit sichert sie den verschiedenen Nationalitäten der Union nicht eine for- male, sondern die wirkliche Gleichheit. Als Land der proletarischen Diktatur und des sozialistischen Aufbaus, als Land gewaltigster Errungenschaften der Arbeiterklasse, als Land des Bünd- nisses des Proletariats mit der Bauernschaft, als neues Land, das unter dem Banner des Marxismus und der Kultur marschiert, wird die Sowjetunion not- wendigerweise zur Basis der internationalen Bewegung aller unterdrückten Klassen, zum Hauptherd der internationalen Revolution, zum bedeutsamsten Faktor der Weltgeschichte. In der Sowjetunion erkämpft sich das Proletariat zum erstenmal in der Geschichte sein Vaterland. Für den Freiheitskampf der Kolonialvölker wird die Sowjetunion zum mächtigsten Anziehungspunkt. So wird die Sowjetunion in der allgemeinen Krise des Kapitalismus zum bedeutsamen Faktor und das nicht nur deshalb, weil sie die Grundlagen eines neuen, sozialistischen Wirtschaftssystems schafft und damit aus dem kapitali- stischen Weltsystem ausgesdiieden ist, sondern auch, weil sie eine revolutio- näre Rolle ohnegleichen spielt; die Rolle eines Motors der internationalen proletarischen Revolution, der die Proletarier aller Länder zur Machterobe- rung antreibt; die Rolle des lebendigen Beispiels dafür, daß die Arbeiter- klasse nicht nur fähig ist, den Kapitalismus zu zerstören, daß sie vielmehr auch fähig ist, den Sozialismus aufzubauen; die Rolle des Vorbildes der brü- derlichen Beziehungen zwischen allen Völkern der Erde in der Union der sozialistischen Räterepubliken der Welt und des wirtschaftlichen Zusammen- schlusses der Werktätigen aller Länder in der einheitlichen Weltwirtschaft des Sozialismus, die das Weltproletariat nach der Eroberung der Staats- macht verwirklichen wird. Aus dem Nebeneinanderbestehen zweier Wirtschaftssysteme — des soziali- stischen der Sowjetunion und des kapitalistischen der übrigen Länder — er- wächst dem Arbeiterstaat die Aufgabe, die Angriffe der kapitalistischen Welt (Boykott, Blockade usw.) abzuwehren. Gleichzeitig hat er aber auch PROGRAMME DES SPARTAKUSBUNDES UND DER KPD 53 die Aufgabe, wirtschaftlich zu manövrieren und seine ökonomischen Verbin- dungen mit den kapitalistischen Ländern (mit Hilfe des Außenhandelsmono- pols, der Grundvoraussetzung des erfolgreichen sozialistischen Aufbaus, in der Form von Krediten, Anleihen, Konzessionen usw.) auszunützen. Dabei muß die Leitlinie sein, die Verbindungen mit dem Ausland möglichst umfas- send zu gestalten, soweit sie der Sowjetunion zum Nutzen gereichen, d. h. soweit sie der Stärkung der Industrie der Sowjetunion selbst dienen, indem sie die Basis für die Schwerindustrie, die Elektrifizierung und schließlich für den sozialistischen Maschinenbau schaffen. Nur in dem Maße, in dem ihre wirtschaftliche Selbständigkeit gegenüber ihrer kapitalistischen Umgebung gesichert wird, schafft die Sowjetunion eine feste Bürgschaft gegen die Gefahr der Vernichtung ihres sozialistischen Aufbaus und ihrer Verwandlung in ein Anhängsel des kapitalistischen Weltsystems. Die kapitalistischen Staaten schwanken trotz der Bedeutung des Sowjet- marktes für sie, dauernd zwischen ihren Handelsinteressen und der Angst vor dem Erstarken der Sowjetunion, das gleichzeitig das Wachsen der Welt- revolution bedeutet. Die ausschlaggebende Haupttendenz in der Politik der imperialistischen Staaten ist jedoch das Bestreben, die Sowjetunion einzu- kreisen und einen konterrevolutionären Krieg gegen sie anzuzetteln, dessen Ziel die Vernichtung der Sowjetunion und die Aufrichtung des Terrorregimes der Bourgeoisie auf der ganzen Welt ist. Allein weder die beharrlichen Versuche der politischen Einkreisung der Sowjetunion durch den Imperialismus, noch die drohende Kriegsgefahr hindern die Kommunistische Partei der Sowjetunion, als die Sektion der Kommunistischen Internationale, die an der Spitze der proletarischen Dik- tatur steht, daran, ihre internationalen Pflichten zu erfüllen und allen Unter- drückten — der Arbeiterbewegung der kapitalistischen Länder, wie den Kolo- nialvölkern im Kampf gegen den Imperialismus, im Kampfe gegen jede Form nationaler Unterdrückung — beizustehen. 5. Die Pflichten des internationalen Proletariats gegenüber der Sowjetunion Die Sowjetunion ist das wahre Vaterland des Proletariats, die festeste Stütze seiner Errungenschaften und der Hauptfaktor seiner internationalen Befreiung; das verpflichtet das internationale Proletariat, dem sozialistischen Aufbau in der Sowjetunion zum Erfolge zu verhelfen und das Land der proletarischen Diktatur mit allen Mitteln gegen die Angriffe der kapitalisti- schen Mächte zu verteidigen. Die weltpolitische Situation hat die proletarische Diktatur auf die Tages- ordnung gestellt, und unvermeidlich konzentrieren sich alle Vorgänge der W eltpolitik um den einen Zentr alp unkt: den Kampf der Weltbourgeoisie 54 DIE KPD IN DER WEIMARER REPUBLIK gegen die Sowjetrepublik Rußlands, die beharrlich alle Rätebewegungen der fortgeschrittenen Arbeiter aller Länder und alle nationalen Freiheitsbewe- gungen der Kolonien und unterdrückten^ölker um sich scharen muß. (Lenin) Im Falle eines kriegerischen Überfalles der imperialistischen Staaten auf die Sowjetunion muß die Antwort des internationalen Proletariats sein: kühne, entschlossene Massenaktionen im Kampf zum Sturze der imperiali- stischen Regierungen, unter der Losung der Diktatur des Proletariats und des Bündnisses mit der Sowjetunion. Die Kolonien, vor allem eines imperialistischen Staates, der die Sowjet- union überfällt, müssen die Ablenkung bewaffneter Kräfte des Imperialis- mus von ihrem Gebiet dazu ausnützen, den Kampf gegen diesen mit aller Kraft zu entfesseln, revolutionäre Aktionen zu organisieren und so die impe- rialistische Herrschaft zu stürzen und sich die volle Unabhängigkeit zu er- kämpfen. Der Aufstieg des Sozialismus in der Sowjetunion und das Wachsen ihres internationalen Einflusses entfachen jedoch nicht nur den Haß der imperiali- stischen Mächte und ihrer sozialdemokratischen Agenten, sondern sie erwecken gleichzeitig auch die größten Sympathien breiter Massen der Werktätigen der ganzen Welt und die Bereitschaft der Unterdrückten aller Länder, mit allen Mitteln für das Land der proletarischen Diktatur zu kämpfen, wenn es vom Imperialismus überfallen wird. So führen die Entfaltung der Widersprüche der Weltwirtschaft der Gegen- wart, die Vertiefung der allgemeinen Krise des Kapitalismus und der be- waffnete Überfall der Imperialisten auf die Sowjetunion mit eiserner Not- wendigkeit zu einer gewaltigen revolutionären Explosion. Diese Explosion wird unter ihren Trümmern den Kapitalismus in einer Reihe der sogenann- ten zivilisierten Länder begraben, sie wird in den Kolonien die siegreiche Revolution entfesseln, die Basis der proletarischen Diktatur gewaltig erwei- tern und damit ein Riesenschritt zur vollen Verwirklichung des Sozialismus in der ganzen Welt sein. vi. Die Strategie und Taktik der Kommunistischen Inter- nationale im Kampf um die Diktatur des Proletariats i ... 2. Die Hauptaufgaben der kommunistischen Strategie und Taktik Der siegreiche Kampf der Kommunistischen Internationale um die prole- tarische Diktatur setzt in jedem Lande das Bestehen einer geschlossenen, kampfgestählten, disziplinierten und zentralisierten Kommunistischen Par- tei voraus, die aufs engste mit den Massen verbunden ist. PROGRAMME DES SPARTAKUSBUNDES UND DER KPD 55 Die Partei ist die Vorhut der Arbeiterklasse, zusammengesetzt aus den besten, bewußtesten, aktivsten und tapfersten ihrer Angehörigen. Sie verkör- pert die Zusammenfassung der Erfahrungen des gesamten Kampfes des Pro- letariats. Gestützt auf die revolutionäre Theorie, den Marxismus, verkör- pert die Partei durch die tägliche Vertretung der dauernden, allgemeinen Interessen der ganzen Klasse die Einheit der proletarischen Grundsätze, des proletarischen Wollens und des proletarischen revolutionären Handelns. Sie ist die revolutionäre Organisation, die durch eiserne Disziplin und die strengste revolutionäre Ordnung des demokratischen Zentralismus zusam- mengehalten wird; sie wird zu dieser Organisation durch das Klassenbewußt- sein der proletarischen Avantgarde, durch ihre Hingabe an die Revolution, durch ihre Fähigkeit, ununterbrochen mit den proletarischen Massen ver- bunden zu sein, und durch die Richtigkeit der politischen Führung, die durch die Erfahrungen der Masse selbst immer wieder überprüft und klargestellt wird. Um ihre historische Aufgabe — die proletarische Diktatur zu erringen — erfüllen zu können, muß sich die Kommunistische Partei folgende strategi- sche Ziele stellen und sie erreichen. Die Eroberung der Mehrheit der eigenen Klasse, die Proletarierinnen und die Arbeiterjugend inbegriffen. Um dies zu erreichen, ist es notwendig, den entscheidenden Einfluß der Kommunistischen Partei auf die großen Massen- organisationen des Proletariats zu sichern (Räte, Gewerkschaften, Betriebs- räte, Genossenschaften, Sport- und Kulturorganisationen usw.). Besonders große Bedeutung für die Gewinnung der Mehrheit des Proletariats hat die systematische Arbeit zur Eroberung der Gewerkschaften, dieser umfassenden Massenorganisation des Proletariats, die mit seinen Tageskämpfen eng ver- bunden sind. Das Wirken in reaktionären Gewerkschaften — ihre geschickte Eroberung, die Gewinnung des Vertrauens der breiten gewerkschaftlich organisierten Massen, die Absetzung und Verdrängung der reformistischen Führer aus ihren Positionen — darin besteht eine der wichtigsten Aufgaben der Vorbereitungsperiode der Revolution .. . Im Falle eines revolutionären Aufschwunges, wenn die herrschenden Klas- sen desorganisiert, die Massen im Zustande revolutionärer Gärung sind, wenn die Mittelschichten dem Proletariat zuneigen und die Massen sich kampf- und opferbereit erweisen, hat die proletarische Partei die Aufgabe, die Massen zum Frontalangriff gegen den bürgerlichen Staat zu führen. Er- reicht wird dies durch die Propagierung stufenweis gesteigerter Übergangs- losungen (Arbeiterräte, Arbeiterkontrolle der Produktion, Bauernkomitees zur gewaltsamen Aneignung des grundherrlichen Bodens, Entwaffnung der Bourgeoisie und Bewaffnung des Proletariats usw.) und durch die Organisie- rung von Massenaktionen, denen alle Zweige der Agitation und Propaganda der Partei untergeordnet werden müssen, die Parlamentstätigkeit mit einge- 5& DIE KPD IN DER WEIMARER REPUBLIK schlossen. Solche Massenaktionen sind: Streiks in Verbindung mit Demon- strationen und schließlich der Generalstreik vereint mit dem bewaffneten Aufstand gegen die Staatsgewalt der Bourgeoisie. Diese höchste Form des Kampfes folgt den Regeln der Kriegskunst, setzt einen Feldzugsplan, Offen- sivcharakter der Kampfhandlungen, unbegrenzte Hingabe und Heldenmut des Proletariats voraus. Aktionen dieser Art haben als absolute Vorbedin- gung die Organisierung der breiten Massen in Kampfformationen, die schon durch ihre Form die größten Massen der Werktätigen erfassen und in Bewe- gung setzen müssen (Arbeiter- und Bauernräte, Soldatenräte usw.) und die Steigerung der revolutionären Arbeit in Heer und Flotte... Ganz besondere Aufmerksamkeit muß die Kommunistische Internationale der zielbewußten Vorbereitung des Kampfes gegen die Gefahr imperialisti- scher Kriege widmen. Schonungslose Entlarvung des Sozialchauvinismus, des Sozialimperialismus11 und der pazifistischen Phrasen, die nur die imperiali- stischen Pläne der Bourgeoisie verschleiern; Propagierung der Hauptlosun- gen der Kommunistischen Internationale; stets organisierende Arbeit zur Verwirklichung dieser Aufgaben unter engster Verbindung der legalen mit den illegalen Arbeitsmethoden; organisierte Arbeit in Heer und Flotte — das muß die Tätigkeit der kommunistischen Partei auf diesem Gebiete sein. Die Hauptlosungen der Kommunistischen Internationale im Kampfe gegen die Kriegsgefahr sind: Umwandlung des imperialistischen Krieges in den Bürger- krieg, Niederlage der »eigenen« imperialistischen Regierung, Verteidigung der Sowjetunion und der Kolonien im Falle eines imperialistischen Krieges gegen sie, mit allen zu Gebote stehenden Mitteln. Die Propagierung dieser Losungen, die Entlarvung der »sozialistischen« Sophismen und der »soziali- stischen« Verschleierungen des Völkerbundes, das stete Wachhalten der Erin- nerung an die Lehren des Weltkrieges von 1914 — all das ist unabweisbare Pflicht aller Sektionen und aller Mitglieder der Kommunistischen Inter- nationale. Zur Koordinierung der revolutionären Tätigkeit und der revolutionären Aktionen, wie zu ihrer zweckmäßigen Leitung bedarf das internationale Proletariat der internationalen Klassendisziplin, deren wichtigste Voraus- setzung die strengste Disziplin der kommunistischen Parteien ist. Diese inter- 11. Mit Sozialchauvinismus und Sozialimperialismus war die Theorie und Ideologie der Sozialdemokratie gemeint. Lenin hatte während des Weltkrieges (vor allem in seiner Schrift Der Imperialismus als höchstes Stadium des Kapitalismus) erklärt, in den imperialistischen Staaten sei eine Arbeiteraristokratie entstanden. Da die Kolo- nien dem Finanzkapital einen Extraprofit brachten, könne ein Teil der Arbeiter- schaft des eigenen Landes »bestochen« werden. Die Sozialdemokratie sei die Inter- essenvertretung dieser Arbeiteraristokratie und verfolge eine Politik der Zusammen- arbeit mit dem Kapital, eine sozialchauvinistische und sozialimperialistische Politik (Unterstützung der »eigenen Bourgeoisie« im Krieg usw.). PROGRAMME DES SPARTAKUSBUNDES UND DER KPD 57 nationale kommunistische Disziplin muß ihren Ausdruck finden in der Unter- ordnung der Lokal- und Sonderinteressen der Bewegung unter die gemein- samen und dauernden Interessen und in der vorbehaltlosen Durchführung aller Beschlüsse der leitenden Organe der Kommunistischen Internationale. Im Gegensatz zur II. Internationale, deren Parteien sich lediglich der Disziplin »ihrer« nationalen Bourgeoisie und ihres »Vaterlandes« unterwer- fen, kennen die Sektionen der Kommunistischen Internationale nur eine Dis- ziplin: die Disziplin des Weltproletariats, die dem Kampf der Arbeiter aller Länder für die Weltdiktatur des Proletariats den Sieg sichert. Im Gegensatz zur II. Internationale, die die Gewerkschaftsbewegung spaltet, wider die Ko- lonialvölker kämpft und die die Einheit mit der Bourgeoisie pflegt, ist die Kommunistische Internationale die Organisation, die auf der Wacht steht für die Einheit der Proletarier aller Länder, der Werktätigen aller Rassen und Völker in dem Kampf gegen das Joch des Imperialismus. Kühn und unerschrocken führen die Kommunisten diesen Kampf auf allen Abschnitten der internationalen Klassenfront, dem blutigen Terror der Bour- geoisie trotzend, des notwendigen unausbleiblichen Sieges des Proletariats gewiß. Die Kommunisten verschmähen es, ihre Ansichten und Absichten zu ver- heimlichen. Sie erklären es offen, daß ihre Zwecke nur erreicht werden kön- nen durch den gewaltsamen Umsturz aller bisherigen Gesellschaftsordnungen. Mögen die herrschenden Klassen vor einer kommunistischen Revolution zittern. Die Proletarier haben nichts in ihr zu verlieren als ihre Ketten. Sie haben eine Welt zu gewinnen. Proletarier aller Länder, vereinigt euch!12 Internationale Presse-Korrespondenz vom 30. November 1928 S. 2629 bis 2649. 12. Die drei letzten Absätze des Programms der Komintern sind wörtlich dem Kommunistischen Manifest von Marx und Engels entnommen. Auch an anderen Stellen (z. B. IV. 1. über die Diktatur des Proletariats) wurden Marx'sche Sätze übernommen, um den »marxistischen« Charakter hervorzuheben. 58 DIE KPD IN DER WEIMARER REPUBLIK 5- PROGRAMMERKLÄRUNG ZUR NATIONALEN UND SOZIALEN BEFREIUNG DES DEUTSCHEN VOLKES (1930)13 Die deutschen Faschisten (Nationalsozialisten) unternehmen gegenwärtig die schärfsten Vorstöße gegen die deutsche Arbeiterklasse. In einer Zeit der Knechtung Deutschlands durch den Versailler Frieden, der wachsenden Krise, der Arbeitslosigkeit und Not der Massen, versuchen die Faschisten durch zahllose Demagogie und schreiende radikale Phrasen unter der Flagge des Widerstands gegen die Erfüllungspolitik und den Young-Plan, bedeutende Schichten des Kleinbürgertums, deklassierter Intellektueller, Studenten, An- gestellte, Bauern sowie einige Gruppen rückständiger, unaufgeklärter Arbei- ter für sich zu gewinnen. Die teilweisen Erfolge der nationalsozialistischen Agitation sind das Resultat der zwölfjährigen verräterischen Politik der Sozialdemokratie, die durch Niederhaltung der revolutionären Bewegung, Beteiligung an der kapitalistischen Rationalisierung und völlige Kapitulation vor den Imperialisten (Frankreich, Polen) der nationalsozialistischen Dema- gogie den Boden bereitet hat. Dieser nationalsozialistischen Demagogie stellt die Kommunistische Partei Deutschlands ihr Programm des Kampfes gegen den Faschismus, ihre Politik der wirklichen Vertretung der Interessen der werktätigen Massen Deutsch- lands entgegen. Die Faschisten (Nationalsozialisten) behaupten, daß sie für die nationale Befreiung des deutschen Volkes kämpfen. Sie erwecken den Anschein, als seien sie gegen den Young-Plan, der den werktätigen Massen Deutschlands Not und Hunger bringt. Diese Beteuerungen der Faschisten sind bewußte Lügen. Die deutsche Bour- geoisie hat den räuberischen Young-Plan angenommen in der Absicht, alle seine Lasten auf die Werktätigen abzuwälzen. Das Programm zur nationalen und sozialen Befreiung des deutschen Volkes vom August 1930 diente als Aufruf zu den Reichstagswahlen. Nach der offiziellen Darstellung war das Programm »Auf Vorschlag des Genossen Thälmann« angenom- men worden. Die wichtigsten Stellen wurden aber von Heinz Neumann inspiriert. Mit dem Programm versuchte die KPD an nationalistische Gefühle zu appellieren. Das Anwachsen der NSDAP in den Jahren 1929 und 1930 hatte die KPD-Führung zu dem Versuch veranlaßt, ebenfalls mit nationalistischer Demagogie Erfolge zu erreichen. Der Unterschied zum Spartakusprogramm ist evident. Wie oppositionelle kommunistische Politiker das Programm einschätzten, geht aus der Kritik Trotzkis (vgl. Dok. 95) hervor. PROGRAMME DES SPARTAKUSBUNDES UND DER KPD 59 Die Faschisten helfen praktisch an der Durchführung des Young-Planes mit, indem sie die Abwälzung seiner Lasten auf die werktätigen Massen dulden und fördern, indem sie an der Durchführung der vom Young-Plan diktierten Zoll- und Steuergesetze mithelfen (Zustimmung der national- sozialistischen Reichstagsfraktion zu allen Vorlagen für Zoll- und Steuer- erhöhung, Fricksche Negersteuer in Thüringen), indem sie alle Streikbewe^- gungen gegen den Lohnabbau zu verhindern und abzuwürgen versuchen. Die Regierungsparteien und die Sozialdemokratie haben das Hab und Gut, Leben und Existenz des werktätigen deutschen Volkes meistbietend an die Imperialisten des Auslandes verkauft. Die sozialdemokratischen Führer, die Hermann Müller, Severing, Grzesinski und Zörgiebel sind nicht nur die Henkersknechte der deutschen Bourgeoisie, sondern gleichzeitig die freiwil- ligen Agenten des französischen und polnischen Imperialismus. Alle Handlungen der verräterischen, korrupten Sozialdemokratie sind fortgesetzter Hoch- und Landesverrat an den Lebensinteressen der arbeiten- den Massen Deutschlands. Nur wir Kommunisten kämpfen sowohl gegen den Young-Plan als auch gegen den Versailler Raubfrieden, dem Ausgangspunkt der Versklavung aller Werktätigen Deutschlands, ebenso wie gegen alle internationalen Ver- träge, Vereinbarungen und Pläne (Locarno-Vertrag, Dawes-Plan, Young- Plan, Deutsch-polnisches Abkommen usw.), die aus dem Versailler Friedens- vertrag hervorgehen. Wir Kommunisten sind gegen jede Leistung von Re- parationszahlungen, gegen jede Bezahlung internationaler Schulden. Wir erklären feierlich vor allen Völkern der Erde, vor allen Regierungen und Kapitalisten des Auslandes, daß wir im Falle unserer Machtergreifung alle sich aus dem Versailler Frieden ergebenden Verpflichtungen für null und nichtig erklären werden, daß wir keinen Pfennig Zinszahlungen für die imperialistischen Anleihen, Kredite und Kapitalanlagen in Deutschland lei- sten werden. Wir führen und organisieren den Kampf gegen Steuern und Zölle, gegen die Verteuerung der Mieten und Gemeindetarife, gegen Lohnabbau, Erwerbs- losigkeit und alle Versuche, die Lasten des Young-Planes auf die werktätige Bevölkerung in Stadt und Land abzuwälzen. Die Faschisten (Nationalsozialisten) behaupten, sie seien gegen die vom Versailler Frieden gezogenen Grenzen, gegen die Abtrennung einer Reihe deutscher Gebiete von Deutschland. In Wirklichkeit aber unterdrückt der Faschismus überall, wo er an der Macht steht, die von ihm unterworfenen Völker (in Italien die Deutschen und Kroaten, in Polen die Ukrainer, Weiß- russen und Deutschen, in Finnland die Schweden usw.). Die Führer der deutschen Faschisten, Hitler und seine Helfershelfer, aber erheben nicht ihre Stimme gegen die gewaltsame Angliederung Südtirols an das faschistische Italien, Hitler und die deutschen Nationalsozialisten schweigen über die 6o DIE KPD IN DER WEIMARER REPUBLIK Nöte der deutschen Bauernbevölkerung Südtirols, die unter dem Joch des italienischen Faschismus stöhnt. Hitler und seine Partei haben hinter dem Rücken des deutschen Volkes einen schmutzigen Geheimvertrag mit der ita- lienischen Faschistenregierung abgeschlossen, auf Grund dessen sie die deut- schen Gebiete Südtirols bedingungslos den ausländischen Eroberern ausliefern. Mit dieser schändlichen Tat haben Hitler und seine Partei die nationalen In- teressen der werktätigen Massen Deutschlands in gleicher Weise an die Ver- sailler Siegermächte verkauft, wie es die deutsche Sozialdemokratie seit zwölf Jahren unausgesetzt getan hat. Wir Kommunisten erklären, daß wir keine gewaltsame Angliederung eines Volkes oder eines Volksteiles an andere nationale Staatsgebilde, daß wir keine einzige Grenze anerkennen, die ohne Zustimmung der werktätigen Massen und der wirklichen Mehrheit der Bevölkerung gezogen ist. Wir Kommunisten sind gegen die auf Grund des Versailler Gewaltfrie- dens durchgeführte territoriale Zerreißung und Ausplünderung Deutschlands. Die Faschisten (Nationalsozialisten) behaupten, ihre Bewegung richte sich gegen den Imperialismus. In Wirklichkeit aber treffen sie Abkommen mit den Imperialisten (England, Italien). Sie wenden sich gegen den Freiheits- kampf der Kolonialvölker (Indien, China, Indochina), verlangen für Deutschland Kolonien und hetzen zu neuen Kriegen, vor allem zur Inter- vention gegen die Sowjetunion, das einzige Land, dessen siegreiche Arbeiter- klasse sich gegen alle Überfälle des Weltkapitals, gegen alle Raubzüge der Versailler-Imperialisten siegreich mit Waffengewalt verteidigt hat. Überall, wo der Imperialismus unterdrückte Volksmassen knechtet, würgt und nie- derschießt, wirken die deutschen Faschisten durch ihre Vertreter mit: in China durch die Kapp-Putschisten Wetzel und Kriebel, in Südamerika durch die Militärmission des Generals Kuntz, in Österreich durch den Liebknecht- Mörder Pabst. Wir Kommunisten sind die einzige Partei, die sich den Sturz des Imperia- lismus und die Befreiung der Völker von der Macht des Finanzkapitals zum Ziele setzt. Deshalb fordern wir die werktätigen Massen Deutschlands auf, vor allem gegen den Feind im eigenen Lande, für den Sturz der kapitalistischen Herr- schaft und für die Aufrichtung der Sowjetmacht in Deutschland zu kämpfen, um den Versailler Friedensvertrag zu zerreißen und seine Folgen zu besei- tigen. Die Faschisten (Nationalsozialisten) behaupten, sie seien eine »nationale«, eine »sozialistische« und eine »Arbeiter«-Partei. Wir erwidern darauf, daß sie eine volks- und arbeiterfeindliche, eine antisozialistische, eine Partei der äußersten Reaktion, der Ausbeutung und Versklavung der Werktätigen sind. Eine Partei, die bestrebt ist, den Werktätigen alles das zu nehmen, was ihnen selbst die bürgerlichen und sozialdemokratischen Regierungen noch nicht neh- PROGRAMME DES SPARTAKUSBUNDES UND DER KPD 6l men konnten. Eine Partei der mörderischen faschistischen Diktatur, eine Par- tei der Wiederaufrichtung des Regimes der Junker und Offiziere, eine Par- tei der Wiedereinsetzung der zahlreichen deutschen Fürsten in ihre »ange- stammten« Rechte, der Offiziere und hohen Beamten in ihre Titel und Posten. Die Faschisten (Nationalsozialisten) behaupten, sie seien Gegner der heu- tigen staatlichen und sozialen Ordnung. Zugleich aber beteiligen sie sich neben den Parteien des Großkapitals an der Regierung der Weimarer Re- publik in Thüringen. Sie teilen sich die Ministersessel mit der kapitalistischen Volkspartei und mit den Hausbesitzern der Wirtschaftspartei. Sie verhandeln in Sachsen mit allen Unternehmerparteien bis zur »Volksnationalen Vereini- gung« über die Bildung einer gemeinsamen Regierung. Sie erklären sich zur Teilnahme an einer Reichsregierung mit allen bürgerlichen Young-Parteien bereit. Sie bekleiden Polizeiämter in Thüringen. Sie werden von den Kapi- talisten subventioniert. Sie dulden in ihren eigenen Reihen nicht nur Hohen- zollernprinzen, Coburger Herzöge, adlige Herrschaften, sondern auch zahl- reiche Rittergutsbesitzer, Industrieunternehmer, Millionäre, wie den Aus- beuter Kirdorf und andere Scharfmacher, wie den Textilfabrikanten Mutsch- mann. Alle Parteien in Deutschland, mit der einzigen Ausnahme der Kommuni- stischen Partei, treiben Koalitionspolitik im Reiche, in Preußen, in Thüringen und den anderen Einzelstaaten. Alle Parteien, außer den Kommunisten, sind Koalitionsparteien, Regierungsparteien, Ministerparteien. Nur wir Kommunisten sind gegen jede Zusammenarbeit mit der Bour- geoisie, für den revolutionären Sturz der gegenwärtigen kapitalistischen Ge- sellschaftsordnung, für die Aufhebung der Rechte und Vorrechte der herr- schenden Klassen, für die Abschaffung jeder Ausbeutung. Die Nationalsozialisten behaupten, Wirtschaftskrise und Ausplünderung der Massen seien lediglich Folgen des Young-Planes; die Überwindung der Krise sei bereits gesichert, wenn Deutschland die Fesseln des Versailler Ver- trages abstreift. Das ist ein grober Betrug. Um das deutsche Volk zu befreien, genügt es nicht, die Macht des Auslandskapitals zu brechen, sondern die Herrschaft der eigenen Bourgeoisie im eigenen Lande muß gleichzeitig ge- stürzt werden. Die Krise wütet nicht nur im Deutschland des Young-Planes, sondern auch in den siegreichen imperialistischen Ländern mit Amerika an der Spitze. Überall, wo die Kapitalisten und ihre Agenten, die Sozialdemo- kraten, am Ruder sind, werden die Massen in der gleichen Weise ausgebeutet. Nur in der Sowjetunion bewegen sich Industrie und Landwirtschaft in auf- steigender Linie. Nur in der Sowjetunion wird die Erwerbslosigkeit besei- tigt, werden die Löhne erhöht, werden die sozialpolitischen Errungenschaften der Werktätigen zu beispielloser Höhe ausgebaut. In allen kapitalistischen Ländern, in allen Ländern des Faschismus und der Sozialdemokratie wachsen 61 DIE KPD IN DER WEIMARER REPUBLIK Elend und Hunger, Lohnabbau und Erwerbslosigkeit, Reaktion und Terror. Die Kommunistische Partei Deutschlands entfaltet den schärfsten politi- schen und wahrhaften Massenkampf gegen den nationalverräterischen, anti- sozialistischen, arbeiterfeindlichen Faschismus. Wir kämpfen für die Rettung der werktätigen Massen vor der drohenden Katastrophe. Wir Kommunisten erklären, daß wir nach dem Sturz der Macht der Kapi- talisten und Großgrundbesitzer, nach der Aufrichtung der proletarischen Diktatur in Deutschland, im brüderlichen Bündnis mit den Proletariern aller anderen Länder in erster Linie folgendes Programm durchführen werden, das wir der nationalsozialistischen Demagogie entge- genstellen: Wir werden den räuberischen Versailler-»Friedensvertrag« und den Young-Plan, der Deutschland knechtet, zerreißen, werden alle internationa- len Schulden und Reparationszahlungen, die den Werktätigen Deutschlands durch die Kapitalisten auferlegt sind, annullieren. Wir Kommunisten werden uns für das volle Selbstbestimmungsrecht aller Nationen einsetzen und im Einvernehmen mit den revolutionären Arbeitern Frankreichs, Englands, Polens, Italiens, der Tschechoslowakei usw. den- jenigen deutschen Gebieten, die den Wunsch danach äußern werden, die Mög- lichkeit des Anschlusses an Sowjetdeutschland sichern. Wir Kommunisten werden zwischen Sowjetdeutschland und der Union Sozialistischer Sowjetrepubliken ein festes politisches und Wirtschaftsbünd- nis schließen, auf Grund dessen die Betriebe Sowjetdeutschlands Industrie- produkte für die Sowjetunion liefern werden, um dafür Lebensmittel und Rohstoffe aus der Sowjetunion zu erhalten. Wir erklären vor den Werktätigen Deutschlands: Ist das heutige Deutsch- land wehrlos und isoliert, so wird Sowjetdeutschland, das sich auf mehr als neun Zehntel seiner Bevölkerung stützen und die Sympathien der Werk- tätigen aller Länder genießen wird, keine Überfälle ausländischer Impe- rialisten zu fürchten brauchen. Wir verweisen die Werktätigen Deutschlands darauf, daß die Sowjetunion nur dank der Unterstützung der Arbeiter aller Länder vermocht hat, mit Hilfe seiner unbesiegbaren Roten Armee die Inter- ventionen des Weltimperialismus erfolgreich zurückzuschlagen. Im Gegensatz zu den heuchlerischen faschistischen Phrasen gegen das große Bank- und Handelskapital, im Gegensatz zu den leeren nationalsozialisti- schen Wortgefechten gegen die Schmarotzer und gegen die Korruption wer- den wir folgendes Programm durchführen: Zur Macht gelangt, werden wir dem Treiben der Bankmagnaten, die heute dem Lande offen ihren Willen aufzwingen, schonungslos Einhalt gebieten. PROGRAMME DES SPARTAKUSBUNDES UND DER KPD 63 Wir werden die proletarische Nationalisierung der Banken durchführen und die Verschuldung an die deutschen und ausländischen Kapitalisten annul- lieren. Die Großhändler, die Magnaten des Handelskapitals, treiben heute die kleinen Kaufleute in den Ruin, werfen Tausende von Angestellten aufs Pfla- ster, vernichten Hunderttausende Mittelstandsexistenzen, wuchern die Bauern aus und schrauben die Preise für Massenkonsumartikel empor. Zur Macht gelangt, werden wir dem Treiben der Handelsmagnaten Einhalt gebieten, den Großhandel nationalisieren, starke Konsumgenossenschaften schaffen, die die Interessen aller Werktätigen wirklich vertreten und sie von räuberi- schen Profitmachern befreien werden. Mit eiserner Faust werden wir jede Spekulation, die sich die Not der Werktätigen zunutze macht, zerschmettern. Wir werden die kapitalistischen Formen der Kommunalwirtschaft vernich- ten, den großen Hausbesitz entschädigungslos enteignen, die Arbeiter und die arme Bevölkerung der Städte in die Häuser der Reichen einquartieren. Wir werden die Preise für Mieten, Gas, Wasser, Elektrizität, Verkehrs- mittel und alle Kommunalleistungen nach dem Klassenprinzip abstufen und sie für Proletarier und wenig bemittelte Werktätige auf das Mindestmaß herabsetzen. Wir werden der Steuerpolitik der Bourgeoisie ein Ende machen. Durch Machtergreifung, entschädigungslose Enteignung der Industriebetriebe, der Banken, des großen Hausbesitzes und des Großhandels wird die Arbeiter- klasse alle Voraussetzungen für einen Klassenhaushalt des proletarischen Staates schaffen. Wir werden die Sozialversicherung aller Arten (Erwerbs- losen-, Invaliden-, Kranken-, Alters-, Unfallversicherung, Kriegsbeschädig- ten- und Kriegerhinterbliebenenunterstützung) auf Kosten des Staates unbe- dingt sicherstellen. Wir werden die Staatskasse der deutschen Sowjetrepublik von allen unpro- duktiven Ausgaben für Polizei und Kirche, für Pensionen und Renten an die abgedankten und davongejagten kaiserlichen Prinzen, Könige, Herzöge, Für- sten, Marschälle, Generale, Admirale, für Ministergehälter und Ministerpen- sionen, für die Bezahlung reaktionärer Beamten, für Korruptions- und Luxusausgaben jeder Art befreien. Wir werden die Herrschaft der Großgrundbesitzer brechen, werden ihren Grund und Boden entschädigungslos enteignen und den landarmen Bauern übergeben, werden Sowjetgüter mit modernstem Maschinenbetrieb schaffen, die Arbeitsbedingungen des Landproletariats denjenigen der städtischen Arbeiterschaft gleichsetzen und viele Millionen werktätiger Bauern in den Aufbau des Sozialismus einbeziehen. Mit eisernem proletarischen Besen werden wir alle Schmarotzer, Groß- industriellen, Bankiers, Junker, Großkaufleute, Generale, bürgerliche Politi- ker, Arbeiterverräter, Spekulanten und Schieber aller Art hinwegfegen. 64 DIE KPD IN DER WEIMARER REPUBLIK Wir werden den zur Unterdrückung und Knechtung der Werktätigen be- stimmten Machtapparat zerschlagen. Vom Betriebe an bis hinauf zur deut- schen Sowjetregierung — überall wird das Proletariat im Bündnis mit allen Werktätigen auf Grund der wirklichen, der breitesten Sowjetdemokratie herrschen. Durch die Einführung des Siebenstundentages und der viertägigen Arbeits- woche, durch ein festes Wirtschaftsbündnis mit der Sowjetunion und die Hebung der Kaufkraft der Massen werden wir die Erwerbslosigkeit aus der Welt schaffen. Wir werden jedem die Möglichkeit geben zu arbeiten. Wir werden alle Produktivkräfte der Industrie und Landwirtschaft ausschließlich in den Dienst der Werktätigen stellen. Wir werden den arbeitenden Frauen und der werktätigen Jugend volle politische Gleichberechtigung, gleichen Lohn für gleiche Arbeit sichern. Wir werden die Löhne erhöhen, indem wir die Unternehmerprofite, die unproduktiven Unkosten der kapitalistischen Wirtschaftsweise und die Re- parationszahlungen abschaffen. Mit bolschewistischer Rücksichtslosigkeit wer- den wir allen bürgerlichen Faulenzern gegenüber das Prinzip durchführen: wer nicht arbeitet, soll auch nicht essen. Wir Kommunisten bringen den Werktätigen das Programm ihrer sozialen Befreiung vom Joche des Kapitals. Wir werden die Begeisterung der Massen zum Siege über die Bourgeoisie, zur sozialen und zugleich zur nationalen Befreiung des werktätigen deutschen Volkes entfachen. Nur der Hammer der proletarischen Diktatur kann die Ketten des Young-Planes und der nationalen Unterdrückung zerschlagen. Nur die soziale Revolution der Arbeiterklasse kann die nationale Frage Deutschlands lösen. Wenn sich alle Arbeiter, alle armen Bauern, alle Angestellten, alle werk- tätigen Mittelständler, Männer wie Frauen, Jugendliche wie Erwachsene, alle unter der Krise, Arbeitslosigkeit, Not und Ausbeutung Leidenden um die Kommunistische Partei Deutschlands zusammenschließen, dann werden sie eine Macht von so unüberwindlicher Stärke bilden, daß sie nicht nur die Herrschaft des Kapitals zu stürzen vermögen, sondern jeder Widerstand ge- gen sie — sowohl im Innern als von außen — gänzlich aussichtslos wird. Daher rufen wir alle Werktätigen, die sich noch im Banne der abgefeimten faschistischen Volksbetrüger befinden, auf, entschlossen und endgültig mit dem Nationalsozialismus zu brechen, sich in das Heer des proletarischen Klassenkampfes einzureihen. Daher fordern wir Kommunisten alle Arbei- ter, die noch mit der verräterischen Sozialdemokratie gehen, auf, mit dieser Partei der Koalitionspolitik des Versailler Friedens, des Young-Plans, der Knechtung der werktätigen Massen Deutschlands zu brechen, die revolutio- näre Millionenfront mit den Kommunisten zum Kampf für die proletari- sche Diktatur zu bilden: PROGRAMME DES SPARTAKUSBUNDES UND DER KPD 6$ Nieder mit dem Young-Plan! Nieder mit der Regierung der Kapitalisten und Junker! Nieder mit Faschismus und Sozialdemokratie! Es lebe die Diktatur des Proletariats! Es lebe Sowjet deutschland! Berlin, den 24. August 1930. Das Zentralkomitee der Kommunistischen Partei Deutschlands (Sektion der Kommunistischen Internationale) Die Rote Fahne vom 24. August 1930. B. DIE KPD IN DER TAGESPOLITIK 6. AUFRUF DER SPARTAKUSGRUPPE VOM OKTOBER 1918 Der Anfang vom Ende Der Anfang vom Ende ist da. Der deutsche Militärstaat wankt. Die Macht- koalition, die der deutsche Militärstaat aufgebaut hat und der er seine Siege in den ersten vier Kriegsjahren verdankt, bricht zusammen. Bulgarien hat den Sonderfrieden angeboten. Die Türkei und Österreich werden folgen. Was dann? Für die deutsche Arbeiterklasse ist das Problem klar und ein- deutig vorgezeichnet. Wir müssen die Gunst der Stunde ausnützen. Die äußeren Schwierigkeiten unserer Ausbeuter und Unterdrücker gilt es aus- zunützen zum Sturz unserer herrschenden Klassen, um an deren Stelle die Herrschaft der deutschen Arbeiterklasse aufzurichten, was den siegreichen Beginn der Weltrevolution bedeutet. Einen anderen Ausweg aus dem Meer von Blut und Elend gibt es nicht. Alle Zeichen det Zeit verweisen auf diesen Weg. Im Innern, in der »hohen Politik«, herrscht Ratlosigkeit. Hertling und Hintzen sind entlassen worden. Neue Männer sind in die Regierung einberu- fen worden, um die alte Politik weiterzutreiben oder doch noch zu retten, was zu retten ist. Wir Arbeiter haben von einer neuen bürgerlichen Regie- rung nicht das geringste zu erwarten; auch jetzt nicht, wo diese Regierung durch einige Regierungssozialisten verbrämt und durch einige scheindemo- kratische Zugeständnisse aufgeputzt worden ist. Eine solche Hoffnung wäre noch trügerischer als die bereits so schmählich zusammengebrochenen Hoff- nungen auf den militärischen Endsieg und die Wirkungen durch den U-Boot- Krieg. Die Befürchtungen, daß sich die deutsche Arbeiterklasse wieder narren läßt, bestehen diesmal nicht zu Recht. Verlassen und verraten von den hohen Am 30. September 1918 trat der damalige Reichskanzler und preußische Ministerpräsident Graf Hertling zurück, weil er die Parlamentarisierung nicht mit- machen wollte. Am 3. Oktober war auch der Staatssekretär des Auswärtigen Amtes Paul von Hintze, der als Vertreter der »Alldeutschen« galt, zurückgetreten. Die folgende Regierung des Prinzen Max von Baden war eine parlamentarische Regie- rung, in die erstmals Sozialdemokraten (Bauer und Scheidemann) als Staatssekretäre aufgenommen wurden. 68 DIE KPD IN DER WEIMARER REPUBLIK Politikern und Parteiführern, haben größere Massen, vor allem Soldaten, instinktiv den rechten Weg gefunden und bereits beschritten. Die Soldaten weigern sich in immer größeren Massen, an die Front zu gehen und für die Aufrechterhaltung des sie ausbeutenden und bedrückenden, für den Krieg verantwortlichen Systems Bütteldienste zu verrichten. Die Arbeiter in der Munitionsindustrie sind gleichfalls drauf und dran, sich für diese entscheiden- den Kämpfe vorzubereiten. Bis in weite Kreise des Bürgertums hinein ist unverkennbar eine Stimmung vorhanden, die erfolgversprechend ist. Also nützen wir die Zeit, um uns für diese Kämpfe vorzubereiten! In allen Be- trieben, unter den Soldaten an der Front und im Hinterland gilt es jetzt zu organisieren. Die spontanen Meuterungen unter den Soldaten gilt es mit allen Mitteln zu unterstützen, zum bewaffneten Aufstand überzuleiten, den bewaffneten Aufstand zum Kampf um die ganze Macht für die Arbeiter und Soldaten auszuweiten und durch Massenstreiks der Arbeiter für uns sieg- reich zu machen. Das ist die Arbeit der allernächsten Tage und Wochen. Wir haben nichts zu verlieren, nur alles zu gewinnen. Die unerbetene Hilfe der imperialistischen Ententestaaten darf kein Hindernis sein. Im Gegenteil, wir werden mit ihren imperialistischen Ansprüchen insofern leicht fertig werden, als sie selbst die Revolution im Leibe haben und ihnen von der Arbeiter- klasse ihrer Länder das gleiche Schicksal bereitet werden wird. Der Beginn der deutschen Revolution ist der Anfang der siegreichen Welt- revolution. Spartakus im Kriege Die illegalen Flugblätter des Spartakusbundes im Kriege Gesammelt und eingeleitet von Ernst Meyer Berlin 1927, S. 223-225.   AUFRUF DER SPARTAKUSGRUPPE VOM NOVEMBER 1918 Arbeiter und Soldaten Nun ist eure Stunde gekommen. Nun seid ihr nach langem Dulden und stil- len Tagen zur Tat geschritten. Es ist nicht zuviel gesagt: In diesen Stunden blickt die Welt auf euch und haltet ihr das Schicksal der Welt in euren Händen. Arbeiter und Soldaten! Jetzt, da die Stunde des Handelns gekommen ist, darf es kein Zurück mehr geben. Die gleichen »Sozialisten«, die vier Jahre DIE KPD IN DER TAGESPOLITIK 69 lang der Regierung Zuhälterdienste geleistet haben, die in den vergangenen Wochen von Tag zu Tag euch vertröstet haben mit der »Volksregierung«, mit Parlamentarisierung und anderem Plunder, sie setzen jetzt alles daran, um euren Kampf zu schwächen, um die Bewegung abzuwiegeln. Arbeiter und Soldaten! Was euren Genossen und Kameraden in Kiel, Hamburg, Bremen, Lübeck, Rostock, Flensburg, Hannover, Magdeburg, Braunschweig, München und Stuttgart gelungen ist: das muß auch euch ge- lingen. Denn von dem, was ihr erringt, von der Zähigkeit und dem Erfolge eures Kampfes, hängt auch der Sieg eurer dortigen Brüder ab, hängt der Er- folg des Proletariats der ganzen Welt ab. Soldaten! Handelt wie eure Kameraden von der Flotte, vereinigt euch mit euren Brüdern im Arbeitskittel. Laßt euch nicht gegen eure Brüder gebrau- chen, folgt nicht den Befehlen der Offiziere, schießt nicht auf die Freiheits- kämpfer. Arbeiter und Soldaten! Die nächsten Ziele eures Kampfes müssen sein: Befreiung aller zivilen und militärischen Gefangenen. Aufhebung aller Einzelstaaten und Beseitigung der Dynastien. Wahl von Arbeiter- und Soldatenräten, Wahl von Delegierten hierzu in allen Fabriken und Truppenteilen. Sofortige Aufnahme der Beziehungen zu den übrigen deutschen Arbeiter- und Soldatenräten. Übernahme der Regierung durch die Beauftragten der Arbeiter- und Soldatenräte. Sofortige Verbindung mit dem internationalen Proletariat, insbesondere mit der russischen Arbeiterrepublik. Arbeiter und Soldaten! Nun beweist, daß ihr stark seid, nun zeigt, daß ihr klug seid, die Macht zu gebrauchen. Hoch die sozialistische Republik! Es lebe die Internationale! Die Gruppe Internationale (Spartakusgruppe) Karl Liebknecht                   Ernst Meyer Flugblatt Faksimile in: Illustrierte Geschichte der deutschen Revolution Berlin 1929, S. 199 7° DIE KPD IN DER WEIMARER REPUBLIK   ROSA LUXEMBURG ÜBER DIE NATIONALVERSAMMLUNG u Die von der Geschichte auf die Tagesordnung gestellte Frage lautet: Bürger- liche Demokratie oder sozialistische Demokratie. Denn Diktatur des Prole- tariats ist Demokratie im sozialistischen Sinne. Diktatur des Proletariats, das sind nicht Bomben, Putsche, Krawalle, >Anarchie<, wie die Agenten des kapi- talistischen Profits zielbewußt fälschen, sondern das ist der Gebrauch aller politischen Machtmittel zur Verwirklichung des Sozialismus, zur Expropria- tion der Kapitalistenklasse - im Sinne und durch den Willen der revolutio- nären Mehrheit des Proletariats, also im Geiste sozialistischer Demokratie. Ohne den bewußten Willen und die bewußte Tat der Mehrheit des Prole- tariats kein Sozialismus. Um dieses Bewußtsein zu schärfen, diesen Willen zu stählen, diese Tat zu organisieren, ist ein Klassenorgan nötig: das Reichs- parlament der Proletarier in Stadt und Land. Die Einberufung einer solchen Arbeitervertretung ist an sich schon ein Akt des Klassenkampfes, ein Bruch mit der geschichtlichen Vergangenheit der bürgerlichen Gesellschaft, ein mäch- tiges Mittel zur Aufrüttelung der proletarischen Volksmassen, eine erste, offene, schroffe Kriegserklärung an den Kapitalismus. Keine Ausflüchte, keine Zweideutigkeiten — die Würfel müssen fallen. Der parlamentarische Kretinismus war gestern eine Schwäche, ist heute eine Zwei- deutigkeit, wird morgen ein Verrat am Sozialismus sein... Die Rote Fahne vom 20. November 1918 Rosa Luxemburg spricht hier die offizielle Haltung der Kommunisten gegen die Nationalversammlung und für eine Räterepublik aus. Als der 1. Kongreß der Arbeiter- und Soldatenräte jedoch die Wahlen zur Nationalversammlung für den 19. Januar 1919 beschloß, traten Rosa Luxemburg und die gesamte Zentrale für die Wahlbeteiligung ein. Auf dem Gründungsparteitag der KPD wurde aber eine Wahl- beteiligung gegen den Willen der Zentrale mit 62 gegen 23 Stimmen abgelehnt. Die grundsätzliche Einstellung der KPD für die Räte wurde von der Mehrheit der ultra- linken Delegierten als Antiparlamentarismus überhaupt ausgelegt. DIE KPD IN DER TAGESPOLITIK 71 9* AUFRUF LIEBKNECHTS ZUM STURZ DER REGIERUNG (1919)^ Kameraden! Arbeiter! Die Regierung Ebert-Scheidemann hat sich unmöglich gemacht. Diese ist von dem unterzeichneten Revolutionsausschuß der Vertretung der revolu- tionären sozialistischen Arbeiter und Soldaten (Unabhängige sozialdemo- kratische Partei und kommunistische Partei) für abgesetzt erklärt. Der unterzeichnete Revolutionsausschuß hat die Regierungsgeschäfte vor- läufig übernommen. Kameraden! Arbeiter! Schließt Euch den Maßnahmen des Revolutionsausschusses an. Berlin, den 6. Januar 1919 Der Revolutionsausschuß i. V. Ledebour Liebknecht Scholze Faksimile in: Illustrierte Geschichte der deutschen Revolution Berlin 1929, S. 272. Am 29. Dezember 1918 waren die Vertreter der USP aus der Regierung aus- geschieden. Der Berliner Polizeipräsident Eichhorn (USP) trat nicht zurück und wurde von der Regierung abgesetzt. Die Berliner USP, die KPD und die revolutio- nären Obleute der Berliner Betriebe riefen daraufhin am 5. Januar 1919 zu einer Massendemonstration gegen »die Gewaltherrschaft der Ebert, Scheidemann, Hirsch und Ernst« auf. Im Verlaufe der Auseinandersetzungen wurde dann das vorliegende Dokument herausgebracht. Im Original hat Liebknecht für Ledebour mit unterschrie- ben. Am 8. Januar beschloß die Leitung der KPD, daß Liebknecht und Pieck aus dem Aktionsausschuß der Obleute zurückzutreten hätten. Rosa Luxemburg und Jogiches übten schärfste Kritik an der Führung der Aktion. »Als die andern Instan- zen abfielen, hielten Liebknecht und Rosa Luxemburg es für ihre Pflicht, bei den kämpfenden Arbeitern auszuhalten. Sie haben beide ihr Leben für eine Aktion geopfert, deren Zwecklosigkeit ihnen klar war.« (A. Rosenberg.) 7* DIE KPD IN DER WEIMARER REPUBLIK 10. AUFRUF DER KPD MÜNCHENS VOM 13. APRIL 1919V Arbeiter! Die Stunde des Kampfes hat geschlagen! Der Verrat kommt von Bamberg. Der Verrat ist schon in euren Mauern. Mitglieder des Zentralrats sind verhaftet. Sie sind nach Passau verschleppt. Die Verräter haben die Regierung der Kapitalisten, die Regierung Hoffmann, wieder proklamiert. Sie nehmen euch jetzt schon eure Rechte. Sie werden alle klassenbewußten Kämpfer niedermetzeln. Sie werden euch alle nieder- schlagen. Das werden sie tun, wenn ihr nicht zu den Waffen greift. Nehmt euch die Waffen! Verbündet euch mit den Soldaten, die für die Freiheit kämpfen. Geht in die Kasernen und gewinnt die Soldaten, die euch noch fernstehen, für die Sache des Proletariats. Tretet ein in den Generalstreik! Arbeiter! Jetzt gilt es. Wenn ihr jetzt nicht zu kämpfen wißt, dann ist die Re- volution verloren. Dann sitzen euch eure Ausbeuter auf dem Nacken. Dann steht ewige Versklavung vor euch. Dann hungert ihr mit euren Kindern. Am 7. April 1919 war in München eine Räterepublik ausgerufen worden, an der sich Mehrheitssozialdemokraten, Unabhängige Sozialdemokraten und Anarchisten beteiligten. Die Kommunisten unter Führung Eugen Levines nahmen eine sach- gerechte Haltung ein, sie nannten die Räterepublik eine Komödie und lehnten eine Beteiligung ab. Der mehrheitssozialistische Ministerpräsident Hoffmann führte von Bamberg aus die Regierungsgeschäfte weiter und bereitete einen Vormarsch gegen München vor. Nach einer Woche schien sich die Räterepublik durch ihre eigene Untätigkeit tot- zulaufen. »Alles wird sich in Wohlgefallen auflösen«, sagte nach der Schilderung Rosa Levinas ihr Mann am Vorabend der entscheidenden Wendung. Noch in der- selben Nacht, am 13. April, versuchte die Regierung Hoffmann die Räterepublik mit Waffengewalt zu stürzen und richtete den Angriff gegen kommunistische Lokale. Nun riefen die Kommunisten zur Abwehr. Das hier wiedergegebene Dokument zeigt, wie die KPD ihre Haltung änderte. Eine neue Regierung mit Levin£ an der Spitze wurde gebildet. Als sich die Regierungstruppen näherten, setzte eine allgemeine Abgrenzung von den Kommunisten ein. Sie wurden für die Katastrophe verantwortlich gemacht und mußten zwei Tage vor dem Einmarsch der Truppen aus der Regierung ausscheiden. Am 1. Mai wurde München nach kurzem Widerstand von Regierungstruppen er- obert. Es kam zu Hunderten von Erschießungen. Levin4 wurde von einem Standgericht zum Tode verurteilt und erschossen. DIE KPD IN DER TAGESPOLITIK 73 Es geht um eure Zukunft. Ihr kämpft für die ganze deutsche Arbeiterklasse, für die Weltrevolution.                                          * Nieder mit den Verrätern und Feinden der Arbeiterklasse! Nieder mit der Regierung Hoffmann! Es lebe die Räterepublik! Es lebe der Kampf! Die Kommunistische Partei (Spartakusbund) Flugblatt Arbetarrörelsens Arkiv Stockholm   LEITSÄTZE DES II. PARTEITAGES ÜBER KOMMUNISTISCHE GRUNDSÄTZE UND TAKTIK (1919) Die Revolution, geboren aus der wirtschaftlichen Ausbeutung des Prole- tariats durch den Kapitalismus und aus der politischen Unterdrückung durch die Bourgeoisie zum Zwecke der Aufrechterhaltung des Ausbeutungsverhält- nisses, hat eine zweifache Aufgabe: Beseitigung der politischen Unterdrückung und Aufhebung des kapitalisti- schen Ausbeutungsverhältnisses. Die Ersetzung des kapitalistischen Ausbeutungsverhältnisses durch die sozialistische Produktionsordnung hat zur Voraussetzung die Beseitigung der politischen Macht der Bourgeoisie und deren Ersetzung durch die Diktatur des Proletariats. In allen Stadien der Revolution, die der Machtergreifung des Prole- tariats vorangehen, ist die Revolution ein politischer Kampf der Prole- tariermassen um die politische Macht. Dieser Kampf wird mit allen politischen und wirtschaftlichen Mitteln geführt. Die KPD ist sich bewußt, daß dieser Kampf nur mit den größten politi- schen Mitteln (Massenstreik, Massendemonstrationen, Aufstand) zum sieg- reichen Ende gebracht werden kann. Dabei aber kann die KPD auf kein politisches Mittel grundsätzlich ver- zichten, das der Vorbereitung dieser großen Kämpfe dient. Als solches Mittel kommt auch die Beteiligung an Wahlen in Betracht, sei es zu Parlamenten, sei es zu Gemeindevertretungen, sei es zu gesetzlich anerkannten Betriebs- räten usw. Da aber diese Wahlen als nur vorbereitende Mittel dem revolutionären 74 DIE KPD IN DER WEIMARER REPUBLIK Kampf unterzuordnen sind, kann auf die Anwendung dieser Mittel in ganz besonderen politischen Situationen verzichtet werden, nämlich wenn im Gange befindliche und auf die Entscheidung gehende revolutionäre Aktionen die Anwendung parlamentarischer Mittel vorübergehend oder dauernd über- flüssig machen. Die KPD lehnt daher einerseits die syndikalistische Auffassung von der Überflüssigkeit oder Schädlichkeit politischer Mittel, andererseits die Auf- fassung der USP ab, daß revolutionäre Errungenschaften auch im Wege par- lamentarischer Beschlüsse oder Verhandlungen mit der Bourgeoisie herbei- geführt werden könnten. Die Beteiligung oder Nichtbeteiligung an den Wahlen sind von der Reichs- konferenz oder vom Parteitag einheitlich für das ganze Reich zu bestimmen. Schon vor Eroberung der Macht ist auf den Ausbau bestehender und die Schaffung neuer Räteorganisationen das größte Gewicht zu legen. Dabei ist zunächst freilich im Auge zu behalten, daß Räte und Räteorgani- sationen nicht durch Statuten, Wahlreglements usw. geschaffen werden kön- nen und daß sie nicht durch Statuten, Wahlreglements usw. gehalten werden können. Sie verdanken ihre Existenz vielmehr allein dem revolutionären Willen und der revolutionären Aktion der Massen und sind der ideologische und organisatorische Ausdruck des Willens zur Macht für das Proletariat gera- deso, wie das Parlament dieser Ausdruck für die Bourgeoisie ist. Aus diesem Grunde sind die Arbeiterräte auch die gegebenen Träger der revolutionären Aktionen des Proletariats. Innerhalb dieser Arbeiterräte ha- ben sich die Mitglieder der KPD fraktionsmäßig zusammenzuschließen und zu versuchen, durch geeignete Parolen die Arbeiterräte auf die Höhe ihrer revolutionären Aufgabe zu erheben und die Führung der Arbeiterräte und der Arbeitermassen zu gewinnen. y.Die Revolution, die kein einmaliges Schlagen, sondern das lange zähe Ringen einer seit Jahrtausenden unterdrückten und daher ihrer Aufgabe und ihrer Kraft nicht von vornherein voll bewußten Klasse ist, ist dem Auf- und Abstieg, der Flut und Ebbe ausgesetzt. Sie ändert ihre Mittel je nach der Lage, sie greift den Kapitalismus bald von der politischen, bald von der wirt- schaftlichen, bald von beiden Seiten an. Die KPD bekämpft die Anschauung, als löste eine wirtschaftliche Revolution eine politische ab. Die wirtschaftlichen Kampfmittel sind von besonderer Bedeutung, weil sie dem Proletariat über die eigentlichen Ursachen seines wirtschaftlichen und politischen Elends in ganz besonderem Maße die Augen öffnen. Der Wert dieser Kampfmittel steigt um so mehr, als in dem Proletariat die Einsicht wächst, daß auch diese wirtschaftlichen Kampfmittel dem politischen Ziel der Revolution dienen. Aufgabe der politischen Partei ist es, dem Proletariat den ungehinderten, DIE KPD IN DER TAGESPOLITIK 75 auch von keiner konterrevolutionären Gewerkschaftsbürokratie gehemmten Gebrauch dieser wirtschaftlichen Mittel zu sichern, wo nötig, selbst um den Preis der Zerstörung der Form der Gewerkschaft und Schaffung neuer Orga- nisationsformen. Die Anschauung, als könne man vermöge einer besonderen Organisations- form Massenbewegungen erzeugen, daß die Revolution also eine Frage der Organisationsreform sei, wird als Rückfall in kleinbürgerliche Utopie abge- lehnt. Die wirtschaftliche Organisation ist die, in der die breiten Massen sich sammeln. Hier steht ein wichtiger, wenn auch nicht der einzige Teil der Masse, die den revolutionären Kampf durchführt. Die politische Partei ist demgegenüber zur Führung des revolutionären Massenkampfes berufen. In der KPD sammeln sich die vorgeschrittensten und zielklarsten Elemente des Proletariats, die dazu berufen sind, in den revolutionären Kämpfen voranzugehen. Im Interesse der Einheitlichkeit, geistigen Schulung und Übereinstimmung dieser Führerschicht müssen sie in der politischen Partei vereinigt sein. Die syndikalistische Meinung, daß diese Vereinigung der zielklarsten Pro- letarier in einer Partei nicht notwendig sei, daß vielmehr die Partei gegen- über den wirtschaftlichen Organisationen des Proletariats zu verschwinden habe, oder in ihnen aufgehen müsse, oder daß die Partei ihre Führung in revolutionären Aktionen zugunsten von Betriebsorganisationen usw. aufge- ben und sich auf Propaganda beschränken müsse, ist gegenrevolutionär, weil sie die klare Einsicht der Vorhut der Arbeiterklasse durch den chaotischen Trieb der in Gärung geratenen Masse ersetzen will. Die Partei kann aber dieser Aufgabe nur gerecht werden, wenn sie in revo- lutionären Epochen in straffster Zentralisation vereinigt ist. Föderalismus in solchen Zeiten ist nur die versteckte Form für die Verneinung und Auf- lösung der Partei, weil Föderalismus in Wirklichkeit die Partei lähmt. Ebenso wie für die politische ist für die wirtschaftliche Organisation straffste Zentralisation erforderlich. Der Föderalismus in wirtschaftlichen Organisa- tionen macht einheitliche Aktionen der Arbeiter unmöglich. Die KPD ver- wirft den Föderalismus. Mitglieder der KPD, die diese Anschauungen über Wesen, Organisation und Aktion der Partei nicht teilen, haben aus der Partei auszuscheiden. Bericht über den 2. Parteitag der KPD (Spartakusbund) vom 20. bis 24. Oktober 1919 o. O. und o. J., S. 60-62. 76 DIE KPD IN DER WEIMARER REPUBLIK 12. AUFRUF GEGEN DAS BETRIEBSRÄTEGESETZ (1920) An das revolutionäre Proletariat Deutschlands! Die unterzeichneten Organisationen, die teils gemeinsam, teils jede selb- ständig, bereits Aktionen gegen das Betriebsrätegesetz eingeleitet haben, treten zur Verstärkung dieser Aktionen mit folgendem gemeinsamen Aufruf an die Öffentlichkeit: Die Gegenrevolution sucht eine revolutionäre Errungenschaft nach der anderen niederzuschlagen. Nachdem durch die Abwürgung der Soldatenräte die militärische Macht wieder der alten Soldateska unter neuer Führung zu- gefallen war, hat sie die politische Hoffnung des revolutionären Proletariats, die Arbeiterräte, vernichtet. Jetzt will die Konterrevolution ihr Werk besiegeln, indem sie den revolu- tionär errungenen Einfluß der Arbeiter in den Betrieben mit Hilfe der Ge- setzgebung bricht. Das Betriebsrätegesetz soll alle Gedanken an eine soziale Revolution end- gültig zerstören. Der Gesetzentwurf über die Betriebsräte wird deshalb von den revolutionären Kopf- und Handarbeitern als ein frecher Betrug zurück- gewiesen ... Die Verwirrung der Wirtschaft ist ärger denn je, und mit dem Anwachsen des politischen Einflusses der Gegenrevolution geht eine maßlose Preistrei- berei Hand in Hand. Deshalb kann nur eine Umgestaltung der Produktions- weise von Grund auf den allgemeinen Zusammenbruch verhindern und den Neuaufbau der Wirtschaft ermöglichen. Diese rettende Umgestaltung der Produktionsweise im sozialistischen Sinne erfordert die freudige Mitarbeit aller Hand- und Kopfarbeiter und ihrer Vertreter in den Betrieben. Dazu sind nur Betriebsräte imstande, die mit den nötigen Rechten ausgestattet sind. Wir fordern daher das volle Kontrollrecht über die Betriebsführung. Die schaffenden Menschen, die Arbeiter und Angestellten, müssen durch ihre Beauftragten darüber bestimmen, ob Betriebe stillgelegt werden dürfen oder nicht, was und wieviel von jedem Produkt hergestellt wird, welche Preise gefordert werden, wie Kohle, Roh- und Hilfsstoffe verteilt werden, was ein- und ausgeführt wird ... Erkämpft euch revolutionäre Betriebsräte mit vollem Kontroll- und Mit- bestimmungsrecht in den Betrieben! Zentrale der Betriebsräte Deutschlands Unabhängige Sozialdemokratische Partei Deutschlands Kommunistische Partei Deutschlands (Spartakusbund) Die Rote Fahne vom 13. Januar 1920 DIE KPD IN DER TAGESPOLITIK 77   DIE KPD ZUM KAPP-PUTSCH (1920)18 Proletarier! Genossen! Eure Schicksalsstunde ist gekommen. Ihr beginnt den Kampf in einer politischen Situation, die Euch über alle Maßen günstig ist. Rußland ist bereit! In diesen Tagen ist Wilna genommen. Die Entente ist nicht mehr die alte. Rußland und Rate-Deutschland geeint haben nichts zu fürchten. Die Wirtschaftskrise, die Ernährungskrise, die Valutakrise der nächsten Monate wächst ins Unerträgliche. Die neue Regierung als Säbeldiktatur ist haltlos. Sie taumelt bereits. Die Sicherheitswehr ist in Zersetzung. Das Bürgerpack ist unsicher, unklar, aschgrau und ohne Hoffnung. Die alte Regierung hat in 16 Monaten ihre antiproletarische, konterrevolutionäre Gesinnung offenbart. Sie verdiente den Schlag der Ludendorffer. Überall im Reich beginnen Eure Brüder sich zu erheben. Die Eisenbahner verschärfen den Streik, das Ruhrrevier ruht. Haltet Euch bereit zum Äußersten. Geht aber einheitlich und geschlossen vor. Setzt mit aller Kraft und allen Mitteln den Streik fort. Während Lüttwitze und Eber- tiner sich aufreiben, muß das Trommelfeuer des Generalstreiks beide zermür- ben. — Dann setzt Ihr beiden den Fuß auf den Nacken, dann ist Eure Stunde gekommen, die Stunde der Diktatur des Proletariats. Genossen! Proletarier! Wer das Höchste erreichen will, muß das Äußerste ertragen können. Bleibt fest, der Sieg ist gewiß! Kommunistische Partei Deutschlands Groß-Berlin Flugblatt Privat-Archiv Weber Dieses Flugblatt läßt die Haltung der KPD während des Generalstreiks gegen den Kapp-Putsch erkennen. Zunächst hatte die KPD-Zentrale allerdings den Ge- neralstreik abgelehnt. Der entsprechende Aufruf der Zentrale wird an anderer Stelle wiedergegeben (vgl. Dok. 40). 7* DIE KPD IN DER WEIMARER REPUBLIK 14. »VERFÜGUNG« DER ROTEN RUHRARMEE^ Wir sind gezwungen, wegen der Vorkommnisse in den letzten Tagen die schärfsten Maßnahmen zu ergreifen. Da Verwundete eingeliefert worden sind, bei denen einwandfrei Schrotschüsse festgestellt worden sind, welche von Jagdmunition herrühren können, werden sämtliche Waffenscheine für ungültig erklärt. Wir sind nicht gewillt, in unserem eigenen Hinterland uns eine große Gefahr aufzubauen. Ich gebe hierdurch bekannt, daß sämtliche Waffen und Munition 12 Stun- den nach Bekanntmachung abgegeben sein müssen. Da ich so ziemlich genau über den Waffenbesitz bei mir in der Gemeinde orientiert bin, verlange ich, daß in festgesetzter Frist sämtliche Waffen abgeliefert werden. Wo nach abgelaufener Frist noch Waffen gefunden werden, wird streng bestraft, in schweren Fällen mit dem Tode bestraft. Ich fordere die Einwoh- nerschaft in ihrem eigenen Interesse auf, dieser Verfügung unbedingt Folge zu leisten, damit ich nicht in die Zwangslage komme, solche schweren Strafen vollziehen zu müssen. Marl, den 29. März 1920                                               Gegeben: Die Zentralleitung der Roten Armee Wohlgemuth Hans Spethmann, Die Rote Armee an Ruhr und Rhein Berlin 1930, S. 131. Im Anschluß an den Generalstreik gegen den Kapp-Putsch kam es im Ruhr- gebiet zu bewaffneten Auseinandersetzungen. Dabei wurde eine Rote Armee ge- bildet. Die vorliegende »Verfügung« ist ein Beispiel für das Verhalten der Roten Armee. DIE KPD IN DER TAGESPOLITIK 79 IS- RUNDSCHREIBEN ZUR MÄRZAKTION (1921)20 Vereinigte Kommunistische Partei Deutschlands, Sektion der 3. Intern. Rundschreiben Nr. 2c                  Berlin, den 24. 3. 21., Rosenthaler Straße 38. An die Bezirksleitungen Werte Genossen! Die außerordentlich zugespitzte Situation veranlaßt uns, folgende Richt- linien zu übermitteln: Gemäß dem Beschluß des Zentralausschusses hat die Partei sich insgesamt auf erhöhte Aktivität einzustellen. Durch die behördlichen Provokationen in Mitteldeutschland und Hamburg sind wir rascher als erwartet zur Aktion gekommen. Es gilt jetzt möglichst rasch eine allgemeine Linie der Bewegung herzustellen und die zurückbleibenden Bezirke vorwärts zu reißen. Die Zen- trale hat soeben die Proklamierung des Generalstreiks für ganz Deutschland beschlossen. Die Verwirklichung dieser Parole muß unbedingt überall durch- geführt werden. Darüber hinaus sind Truppentransporte mit allen Mitteln zu verhindern .. . Die Parolen beschränken sich vorläufig auf Unterstützung der kämpfen- den Proletarier durch aktive Solidarität — Entwaffnung der Sipo und Orgesch21 und Bewaffnung des Proletariats - Arbeit für die Arbeitslosen. Die Märzaktion, die von der VKPD-Führung 1921 durchgeführt wurde, ist nicht zuletzt von den Interessen der Sowjetunion diktiert worden. Auf Betreiben Sinowjews und der Komintern-Führung wurde eine Aktion vorangetrieben, die keine Aussicht auf Erfolg hatte. Die Zentrale der KPD ihrerseits wollte beweisen, daß die neue Massenpartei (wenige Monate zuvor war die Verschmelzung mit der linken USP erfolgt) die revolutionäre Offensive erzwingen könne. Das mitteldeutsche In- dustrierevier, der Bezirk Halle-Merseburg, war für den Aufstand vorgesehen, weil hier die KPD überdimensional stark war. Sie zählte bei den Landtagswahlen am 20. Februar 1921 197 113 Stimmen gegen 70340 der SPD und 74 754 der USP. Von den 22000 Beschäftigten der Leuna-Werke waren 2500 Mitglieder der KPD. Der Aufstand wurde in wenigen Tagen niedergeschlagen. Das wiedergegebene Doku- ment gibt Aufschluß über die Haltung der Zentrale. Paul Levi, der nach der März- aktion die Partei verließ, enthüllte den Aufstand als Putsch (vgl. Dok. 86). Mit Sipo ist die Sicherheitspolizei gemeint; Orgesch war die Organisation Escherich (auch als Organisation Konsul bekannt), eine militärische Verschwörer- gruppe, berüchtigt u. a. durch den Rathenaumord. 8o DIE KPD IN DER WEIMARER REPUBLIK Die Eingliederung der Arbeitslosen in die Bewegung muß energisch betrie- ben werden. Stillegung des Transportes innerhalb der Städte und Eisenbah- nen muß ebenfalls erzwungen werden. Die Festtage dürfen nicht eine Lähmung der Aktion bringen, sondern müssen zur Propaganda und Vorbereitung weiterer Aktionen aufs energisch- ste ausgenutzt werden. Wir erwarten von Euren Bezirksleitungen, daß sie dafür sorgen, daß so- fort nach den Osterfesttagen mindestens der Generalstreik allgemein in allen Betrieben durchgeführt wird. Die Situation für die Regierung ist äußerst kritisch, da die Verwicklungen mit der Entente fortbestehen und die oberschle- sische Frage sich immer mehr zuspitzt. Die Presse ist noch keineswegs auf erhöhte Aktivität eingestellt. Sie muß unbedingt einen populären und aggres- siven Ton anschlagen. Anknüpfungspunkte sind außer den bereits genannten allgemeinen Paro- len von den einzelnen Bezirken je nach Zweckmäßigkeit auszuwählen. Der Generalstreik muß verbunden werden mit häufigen Demonstrationen, um die Arbeiter zusammenzuhalten, politisch zu beeinflussen und ihre Aktivität zu erhöhen. Wir erwarten von allen Bezirksleitungen regelmäßig Nachrichten evtl, durch Kuriere. Soweit es geht, sind Zentrale, Pressedienst und die Redaktion der Roten Fahne täglich telefonisch zu benachrichtigen. Mit der KAPD22 bilden wir in Berlin einen zentralen Aktionsausschuß, ebenso sind in allen Bezirken und Orten, wo die KAPD in nennenswerter Zahl vertreten ist, solche gemeinsamen Aktionsausschüsse zu bilden. SPD- und USPD-Arbeiter sind von ihrer Führung zu trennen, um sie in die Bewegung hineinzuziehen. An Sipo und Reichswehrmannschaften soll durch Überredung herangetre- ten werden. Nur, wo schon offener Kampf eingetreten ist, ist schärfste Be- handlung geboten. Kurze Flugblätter und Plakate mit Schlagworten sind besser als lange Aufrufe. Je nach der Situation haben die Bezirke fortgesetzt durch Ausgabe von Flugblättern, Plakaten usw. einzugreifen. Mit kommunistischem Gruß gez. Die Zentrale der VKPD Vom Bürgerkrieg Heft 3 o. O. und o. J. (Mitte 1923) S. 25/26 Die Kommunistische Arbeiterpartei Deutschlands (KAPD) entstand im April 1920. Sie ging aus der linken Opposition der KPD hervor, die sich auf dem II. Parteitag 1919 von der KPD getrennt hatte. Die KAPD wurde 1920 als „sympathi- sierende Partei« in die Komintern auf genommen. Nach 1921 verlor sie ihre Be- deutung. DIE KPD IN DER TAGESPOLITIK                                                                          8l 16. MILITÄRISCHE LEHREN DER OKTOBERKÄMPFE IN HAMBURG (1923)^ ... Wichtigste Lehren. Genügend Bewaffnung, wenigstens der Stoßtrupps. Festsetzen in einzelnen Punkten (Wachen, Kasernen usw.) falsch, weil dadurch dem Gegner der konzentrische Angriff leicht gemacht wird. Ausgänge von Wachen und Kasernen können evtl, von Dachschützen im Schach gehalten werden. Größte Beweglichkeit kleiner bewaffneter Gruppen, die überraschend auf- treten. Es hat sich gerade in Hamburg herausgestellt, daß den auf bestimmte Im Oktober 1923 hatten die Kommunisten in Hamburg einen Aufstand be- gonnen. Die KPD war in der damaligen Krisensituation in die sächsische und thüringische Regierung eingetreten. Die Komintern hatte bereits einen Aktionsplan für den deutschen Aufstand vorbereitet. Am 20. Oktober setzte die Reichsregierung die verfassungsmäßige sächsische Regierung ab und ordnete den Einmarsch von Reichswehrtruppen in Mitteldeutschland an. Die KPD-Zentrale trat in Berlin zu einer Sitzung zusammen. Einstimmig wurde beschlossen, auf der am folgenden Tag in Chemnitz stattfindenden Betriebsrätekonferenz den Generalstreik auszurufen. Auf dieser Chemnitzer Konferenz zeigte sich jedoch, daß die KPD bei einem Aufstand isoliert bleiben würde, da die linken Sozialdemokraten nicht bereit waren mitzu- kämpfen. Brandler und die anwesenden ZK-Mitglieder entschlossen sich daher, den Generalstreik und damit den Aufstand abzusagen. Durch ein groteskes Mißver- ständnis brach jedoch in Hamburg der Kampf aus. Einige hundert Kommunisten kämpften einige Tage völlig isoliert gegen die Polizei. Dieser Hamburger Aufstand wurde in der Folgezeit von der KPD glorifiziert. Aus den militärischen Erfahrungen des Aufstandes versuchte man, wie im vorliegenden Aufsatz, »Lehren« zu ziehen. Die Zeitschrift »Vom Bürgerkrieg«, der dieser und der folgende militärische Aufsatz entnommen ist, war eine illegale Zeitung der KPD, die militärpolitischen Aufgaben diente. Später wurde die Zeitschrift unter dem Titel »Oktober« fortgesetzt. Sie erschien illegal bis 1933 (vgl. Dok. 25 u. 37). Das entscheidende Buch der KPD über den bewaffneten Aufstand ist die von Alfred Langer (Pseudonym) verfaßte Schrift »Der Weg zum Sieg«. Darin heißt es z. B. über die Bewaffnung der Arbeiter für den Aufstand, auf den sich die KPD immer orientierte: »Man könnte das Ver- zeichnis der von Lenin als Beispiel genannten, primitiven, jedem Proletarier zugäng- lichen Waffen bis ins Endlose verlängern. Man könnte neben Messern, Schlagringen, petroleumgetränkten Lappen usw. noch etwa Beile, Ziegelsteine, kochendes Wasser zum Begießen der in den Straßen der Arbeiterviertel wütenden Polizeibestien, ein- fache Handgranaten aus Dynamit erwähnen, nur um das allerprimitivste von den unendlichen, überall vorkommenden Möglichkeiten zur Bewaffnung des Proletariats zu unterstreichen ...« (S. 192). 82 DIE KPD IN DER WEIMARER REPUBLIK Regeln des Kampfes eingestellten militärischen Gegner am meisten zer- mürbt, das überraschende Auftreten einzelner Schützen bald im Rücken, bald in der Flanke. Der kämpfende Arbeiter muß für den Gegner überall und nirgends sein, überraschend auftreten, wieder verschwinden, nie faßbar sein. So wurde der Feind unsicher, durch die ihm zugefügten Verluste zermürbt und konnte über die Stärke der kämpfenden Arbeiter nie ein klares Bild erhalten. Photographische Aufnahmen im Kampfgebiet müssen unter allen Umstän- den verhindert werden. Das Kampfgebiet ist nach Möglichkeit in die Bour- geoisieviertel zu verlegen, damit auch diese Leute etwas von dem Kampf haben. In diesen Vierteln muß sofort ein Absuchen der Häuser nach Waffen stattfinden. Eine Erweiterung der Kampfbasis ist so schnell wie möglich anzustreben durch Entsendung der Reserven an die Peripherie des Kampfgebietes. Alle Zufahrtsstraßen sind schon in den Vororten zu sichern, damit jeder Zuzug feindlicher Kräfte nach dem Hauptkampfgebiet verhindert wird. Das kann geschehen durch Unterbrechung der Bahnverbindung und Barrikaden auf den Zugangsstraßen, Telefonverbindungen unterbrechen, Unterbrechungsstelle durch Dachschützen sichern, damit Reparatur durch Teno24 unmöglich. Eine weitere wichtige Lehre ist die, daß die Verbindung der Leitung mit den kämpfenden Truppen und umgekehrt von beiden Teilen ununterbrochen gesucht werden muß. Weiterhin muß der Leitung ein gutfunktionierender Nachrichtendienst zur Verfügung stehen, der über die Stärke des Gegners, Stimmung der Bevölkerung usw. jederzeit Aufschluß gibt. Verbindung und Nachrichtendienst ermöglichen eine gute Führung. Auf die Sicherung von ausreichenden Druckmöglichkeiten im Kampfgebiet ist von vornherein größter Wert zu legen ... Dem Vorpostengefecht an der Wasserkante mögen bald folgen die ent- scheidende Schlacht und der Sieg des deutschen Proletariats. Vom Bürgerkrieg Heft 6, o. O. und o. J. (Ende 1923) S. 3, 6/7. 24. Mit Teno ist die Technische Nothilfe gemeint. DIE KPD IN DER TAGESPOLITIK 83 17- ANWEISUNGEN FÜR DEN BÜRGERKRIEG (1923) Vorschläge für den Kampf Von einem alten Stabsoffizier Für den Verfasser ist der Betrieb von vornherein die taktische Basis des revolutionären Kampfes. Es ist jedoch keineswegs möglich, sich schablonen- mäßig auf eine bestimmte Taktik für die Anfangskämpfe festzulegen. Man müßte »hundert« Möglichkeiten ins Auge fassen. Für spätere Kampfphasen ist der Besitz der Betriebe für die wirtschaftliche Sicherstellung des Prole- tariats und besonders auch des revolutionären Kampfes natürlich von größter Wichtigkeit. Für diesen Fall sind die vorliegenden Vorschläge beachtens- wert. Was sich nicht unmittelbar auf die Betriebe bezieht, kann auch für den Beginn der Kämpfe berücksichtigt werden. Ich schicke voraus, daß für die nachfolgenden Vorschläge als Vorausset- zung gilt, daß die Niederwerfung des Kapitalismus nur durch einen schweren Kampf erreicht werden kann. Der Kampf darf aber nicht zum Selbstzweck werden, sondern er muß jene Voraussetzungen haben, daß er auch siegreich sein muß, wenn er nicht die Kämpfenden zu sehr schwächen und sie nicht mutlos machen soll. Welches sind die Grundlagen des Kampfes? Es handelt sich dabei um fol- gende Gesichtspunkte, die einer scharfen Klärung bedürfen. i.Wer ist unser Gegner? Stärke desselben, seine Organisation, seine Be- waffnung, seine Ausbildung, seine Führung, seine Machtmittel, der ihm inne- wohnende Geist. Wie stark sind unsere Kräfte? Sie sind nach denselben Gesichtspunkten wie beim Gegner einer Kritik zu unterziehen. Auf welchem Gelände spielt sich der Kampf ab? Können wir uns das Gelände aussuchen? Wie steht es mit den Verbündeten unserer Gegner und mit unseren eige- nen Bundesgenossen? Ausbildung: Hierin ist uns unser Gegner überlegen. Er verfügt nicht nur über die bewaffnete Macht (soweit sie zuverlässig ist), sondern hat auch die Persönlichkeiten, um improvisierte Aufgebote schnell mit Führern besetzen zu können. Führung: Es ist noch kein Meister vom Himmel gefallen, und auch die Grundlagen des Kampfes müssen erforscht und erkannt werden, um sie folge- richtig anwenden zu können. Audi dabei müssen wir dem Gegner eine Über- legenheit zubilligen. 84 DIE KPD IN DER WEIMARER REPUBLIK Machtmittel: Es bedarf keines Beweises, um die Überlegenheit des Gegners darzutun, aber es wird in dieser Beziehung am leichtesten und schnellsten möglich sein, ihm die Machtmittel zu entreißen und sie für die eigene Sache zu verwerten. Wir müssen die Betriebe sobald als möglich in unsere Gewalt bekommen. Deshalb halte ich es für ganz besonders wertvoll, vom passiven Streik sobald als möglich zum aktiven Streik, d. h. zur Besitznahme der Be- triebe überzugehen. Der Geist der Kämpfer: Wir wollen nicht verkennen, daß eine große An- zahl der Anhänger des kapitalistischen Systems aus innerer Überzeugung und für ihre Ideen kämpfen und sterben werden, aber die größere und festere Überzeugungstreue wird bei unseren Kämpfern sein. Man muß sich jedoch vergegenwärtigen, daß mit dem Lippenbekenntnis zum Kommunismus noch lange kein leidenschaftlicher Kämpfer geworden ist. Die fraglichen Elemente aus unseren Kreisen zu beseitigen, muß ganz besonders im Auge behalten werden. Ich möchte jedoch aus meinen Kriegserfahrungen darauf hinweisen, daß der Wille allein nicht genügt: es versagen aus physischen Gründen auch dem Besten oft die Kräfte. Unsere eigene Kraft. Eigene Stärke. Wieviel Mitläufer bei uns vorhanden sind, wage ich nicht zu entscheiden. Aber bei dem allgemeinen Haß, den der Kapitalismus durch alle seine Machtmittel in der großen Masse noch immer wachzurufen verstan- den hat, kann man wohl kaum annehmen, daß sich nur wenige aus rein idealen Gründen unserer Sache angeschlossen haben. Im Gegenteil ist anzu- nehmen, daß sich noch weite Kreise unseren Zielen anschließen werden, je erfolgreicher sie vertreten und mit je idealerer Hingabe an die Sache selbst sie verfochten werden. Die Kräfte des Gegners zu unterminieren muß ganz besonders ins Auge gefaßt und betrieben werden. Rohe Gewalt spielt hier- bei eine untergeordnete Rolle. Es sind mehr ideale Kräfte, die hier entschei- dend wirken. Haus, Familie, die Weiblichkeit, Kinder sind von Bedeutung, ebenso Fühlung mit gleichlaufenden Bestrebungen, wie Wissenschaft, Kunst, Sport usw. Organisation: Das wird immer der schwächste Punkt sein, da die Organi- sation der Streitkräfte nur auf Umwegen sichergestellt werden kann. Sie muß sich aufbauen auf den Betrieben: In den Betrieben ist ein leichter Zusammenschluß möglich. Aus den Betrieben heraus sind leicht und schnell zusammenfaßbare Forma- tionen zu bilden, sobald es über Fünfergruppen hinausgeht. Die Betriebe müssen in fast allen Teilen für uns dienstbar gemacht werden können, ganz gleich ob Lebensmittel, Bekleidung, Waffen usw. in Frage kommen. Aus den Betrieben heraus kann ein ganz anderer Druck auf die Bevölke- rung ausgeübt werden als sonst. DIE KPD IN DER TAGESPOLITIK 85 Zeitungsbetriebe sind besonders wichtig. Aus den Betrieben heraus lassen sich am leichtesten die Hilfsmittel heran- schaffen. Ausbildung: Die Ausbildung ist von größter Wichtigkeit und muß mit aller Energie betrieben werden. Alle Hilfsmittel und Kräfte müssen diesem Zweck dienstbar gemacht werden. Sanitätsübungen sind ebenfalls wertvoll. Führung: Besprechungen und Kurse über diese Frage müssen stattfinden. Machtmittel: Unterbringung der Hilfsmittel beim Gegner. Alle Telegra- phenstationen, Eisenbahnanlagen mit Rollmaterial, Betriebe aller Art, Zer- störungen nur im äußersten Notfall, deshalb besonders schwierige Entschei- dung. Geist der Kämpfer: Was für uns keinen Wert hat, darüber keine Zeit ver- lieren, auch hier schnell unsichere Elemente ausscheiden. Ordnung der Waffen: Es ist nicht damit zu rechnen, daß die Feldzugsteil- nehmer noch auf dem laufenden sind. Maschinenwaffen, neue Sprengmittel, Gas usw. werden vielen neu sein. Der Kampf muß anfangs übrigens mit den geringen vorhandenen Mitteln geführt werden, Beweglichkeit muß das Motto des Kampfes sein. Jeder schwierigen Entscheidung zunächst aus wei- chen, dagegen jeden Vorteil auszunützen verstehen. Gegnerische Presse: lahmzulegen versuchen, falsche Nachrichten lancieren, besondere Presseabteilungen organisieren. Nachrichtenabteilung: besonders wichtig. Persönlichkeiten in den wichtig- sten Betrieben gewinnen: Eisenbahn-, Telephon- und Telegraphenamt. Fahrabteilung: sofort formieren, Kompagnielager feststellen, Beleuch- tungsmittel beschaffen. Spionage ab teilung: weibliches Element ausnützen. Vor einzelnen Über- läufern, Spitzeln und dergleichen sich hüten. Von Bedeutung ist jede geschlos- sene gegnerische Truppe, sobald sie für uns ist. Vom Bürgerkrieg Heft 8, o. O. und o. J. (Ende 1923) 4-6 86 DIE KPD IN DER WEIMARER REPUBLIK 18. DAS AKTIONSPROGRAMM DER KPD (1924)^ Der Parteitag der KPD findet in einem Augenblick statt, in dem das deutsche Proletariat durch die Offensive der miteinander verbündeten Deutschvölki- schen, Kapitalisten und Reformisten wirtschaftlich und politisch sich in einer unerhört schwierigen und gefahrvollen Situation befindet. Der Partei- tag verpflichtet deshalb alle Parteigenossen, unverzüglich an die Mobilisie- rung der proletarischen Kräfte gegen die Kapitalsoffensive zu schreiten, das Rettungsprogramm der Kommunisten in Stadt und Land, im Betrieb und unter den Erwerbslosen zum Ausgangs- und Mittelpunkt der täglichen Kämpfe der Arbeiterklasse zu machen. Die Losungen der KPD müssen in den breitesten Massen der werktätigen Bevölkerung lebendig sein. Für diese Losungen müssen die Organe der Einheitsfront von unten gebildet und zu Kämpfen zusammengefaßt werden. Jedes Mitglied, jeder Funktionär, jede Ortsgruppe, jede Bezirksorganisation der KPD muß unverzüglich mit gan- zer Kraft und Energie diese Arbeit verstärkt aufnehmen. Die KPD gibt in der jetzigen Epoche der verschärften kapitalistischen Offensive gegen die deutsche Arbeiterklasse folgende Losungen: Kampf gegen den Abbau des Achtstundentages, gegen die Hungerlöhne, gegen die Zwangsarbeit der Erwerbslosen, gegen den Abbau der Arbeiter, Angestellten und Beamten, gegen die Stillegung der Betriebe, gegen den Abbau der Sozialversicherung, gegen das Wohnungselend des Proletariats, gegen die Klassenjustiz und den Weißen Terror, gegen die Ausplünderung der Kleinrentner, Kleinbauern, proletarisierten Mittelständler durch den Staat der Kapitalisten und Ausbeuter Die KPD kämpft für den Achtstundentag als normalen Arbeitstag, für den Sechsstundentag für Schwerarbeiter und bei Arbeitern, die in gesund- heitsschädigenden Industrien arbeiten, für ausreichende Löhne, für Erwerbslosenunterstützung in der Höhe eines Durchschnittslohnes, für die Einreihung der Erwerbslosen in den Produktionsprozeß, Das Aktionsprogramm wurde auf dem IX. Parteitag der KPD im April 1924 angenommen. Auf dem Parteitag übernahm die »Linke« (Ruth Fischer-Maslow) die Parteiführung. DIE KPD IN DER TAGESPOLITIK 87 für die Erhöhung der Unterstützung der Kriegsopfer in der Höhe eines Durchschnittslohnes, für Umwandlung der Betriebsräte in revolutionäre Organe des Wirtschafts- kampfes, der Politisierung des Betriebes und der Arbeiterkontrolle, für die Befreiung der politischen Gefangenen, für die Schaffung politischer Arbeiterräte, für die Bewaffnung des Proletariats zum Schutze vor den Weißen Garden und zur Entwaffnung der Konterrevolution. Um die Massen für den revolutionären Endkampf reif zu machen und zu schulen, sind die wirtschaftlichen Streiks und Lohnbewegungen, ist die Erre- gung über Massenentlassungen, Steuerlast, Teuerung, Goldmieten, Klassen- justizurteile usw. durch breite und energisch geführte Versammlungskampag- nen, Demonstrationen und im Zusammenhang mit der steigenden Massen- bewegung durch direkte Aktionen, durch Verweigerung der Überarbeit in den Betrieben, Verweigerung der Zwangsarbeit durch die Erwerbslosen, Ver- weigerung der Miets-, Pacht- und Steuerzahlungen, Herabsetzung der Preise und Beschlagnahme von Waren durch die Kontrollausschüsse, Kontrolle der Betriebe, Verkehrswege und Wohnungen, Befreiung von revolutionären Ge- fangenen, Entwaffnung von legalen wie illegalen bürgerlichen Staatsorganen, Aushebung von bürgerlichen Waffenlagern usw. zu steigern. Alle diese Kämpfe werden das Proletariat nur dann aus Not und Elend retten können, wenn sie sich zu Kämpfen um die politische Macht erweitern. Nur die Diktatur des Proletariats wird der Diktatur der deutschen Bourgeoi- sie ein Ende machen. Den Kampf um die Diktatur des Proletariats vorzu- bereiten und zu organisieren — das ist die Aufgabe der Kommunistischen Partei. Diese Aufgabe muß sie heute erfüllen. Der Parteitag ruft allen Parteigenossen zu: Genug des Klagens und Jam- merns über die Oktoberniederlage! Genug des Rückblickens auf verloren gegangene Kampfesmöglichkeiten und Kampfespositionen. Die Arbeiterklasse Deutschlands geht ihren Weg unter den größten Schwierigkeiten und Gefahren. Die deutsche Arbeiterklasse geht durch Siege und Niederlagen den Weg der proletarischen Revolution... Der Parteitag beendet die Diskussion über die Oktoberniederlage, zieht die Lehren aus der Oktoberniederlage. Gegen die Kapitalisten, die Völkischen und die Reformisten werden die Kommunisten die deutsche Arbeiterklasse zum Siege über die Bourgeoisie, zur Errichtung der Rätemacht führen. Die Beschlüsse des Frankfurter Parteitages Hrsg, im Auftrage des Parteitages von der Zentrale der KPD Nur für Parteimitglieder o. O. und o. J. (1924) S. 36/37. 88 DIE KPD IN DER WEIMARER REPUBLIK 19- AUFRUF DER KOMMUNISTISCHEN PARTEI ZUR WAHL (1924) An das werktätige deutsche Volk! Arbeiter, Angestellte, Beamte, werktätige Bauern und Kopfarbeiter! Am 4. Mai werdet ihr zur Urne gerufen. Ihr sollt einen neuen Reichstag wählen. Der 4. Mai muß ein Demonstrationstag gegen die bürgerlichen Parteien und den bürgerlichen Reichstag sein. Was haben sie euch versprochen, die Parteien, denen ihr eure Stimme, euer Vertrauen im Sommer 1920 gegeben habt? Von der Sozialdemokratie bis zu den Deutschnationalen: Wir werden aus Deutschland den freiesten Staat der Welt machen, darinnen die wahre Demokratie herrschen soll und das Recht. Brot und Arbeit für jedermann! Was haben sie getan? Sie haben die Republik den Generalen, dem Groß- kapital und der Entente ausgeliefert. Sie haben den Belagerungszustand zu einer stehenden Einrichtung gemacht, sie haben in Sachsen und Thüringen den weißen Schrecken ihrer Landsknechtsbanden zum obersten Gesetz erhoben. Sie haben den Reichstag selber zu einem Spott der ganzen Welt gemacht. Eine Weltschmach aber ist unter der Herrschaft der bürgerlichen Parteien und der Sozialdemokratie die deutsche »Gerechtigkeit«. Zuchthaus und To- desurteile hageln auf die revolutionären Kämpfer nieder, die gegenrevolu- tionären Mörder und Verschwörer aber sind frei. Max Hölz wird mit lebens- länglichem Zuchthaus gequält, Ludendorff wird freigesprochen. Wie sieht es aus mit dem Wiederaufbau der deutschen Wirtschaft? Die Mark ist zwar angeblich stabilisiert, aber auf wessen Kosten und für wen? Schaut euch selber an, eure Frauen, eure Kinder! Ihr Arbeiter hungert, wenn ihr schafft, und sterbet, wenn ihr auf der Straße liegt. Fünf Millionen Arbeits- lose und Kurzarbeiter hungern vor den Toren der Fabriken. Eure Kinder haben schon den Todeskeim im Leibe. Immer neue Scharen von Beamten, Angestellten, Arbeitern werden aufs Pflaster geworfen. Zehn, ja zwölf Stun- den sollt ihr schuften um Hungerlöhne, die die niedrigsten der Welt sind, aber den deutschen Unternehmern immer noch zu hoch. Und der Staat geht voran mit dem Herabsetzen der Löhne, mit der Heraufsetzung der Arbeitszeit, mit dem Massenherauswurf von Arbeitern, Angestellten und Beamten. Der deut- sche Kleinbauer aber wird durch Steuern und hohe Industriepreise erdrückt. Die Opfer des Krieges, die Opfer der Arbeit, die ausgebeuteten Kleinrent- ner bekommen Unterstützungen, die ihnen nur immer das Schreckenswort ins Ohr schreien: zwanzig Millionen Menschen sind zuviel in Deutschland! Aber die Reichen in Deutschland werden täglich reicher. Die Satten in DIE KPD IN DER TAGESPOLITIK 89 Deutschland treiben den unerhörtesten Luxus. Die deutschen Großkapitali- sten teilen sich in die Ausbeutung und Beraubung der Arbeitenden des deut- schen Volkes mit den ausländischen Kapitalisten. Ein Drittel der deutschen Industrie ist bereits in ausländischen Händen. Wenn ihr kommt und höhere Löhne verlangt, wenn eure Kinder nach Brot rufen, wenn ihr Erleichterung der Steuerlast wünscht, so antworten euch die bürgerlichen Parteien und die Sozialdemokraten, die nichts anderes sind als die Agenten der Reichen und Mächtigen: der Feindbund ist daran schuld. Jawohl, aber die deutschen Schwerindustriellen haben sich ihre Sachliefe- rungen an Frankreich und ihre Kriegsschäden vom Deutschen Reiche, d. h. vom steuerzahlenden werktätigen Volk, schwer bezahlen lassen. Die deut- schen Schwerindustriellen schließen eigene Verträge mit dem »Erbfeind«, sie haben die erste Front der von ihnen ausgerufenen »nationalen Verteidigung« im Stiche gelassen. Und ihr Steuerbetrug, ist er auch eine Folge der Ruhr- besetzung? Ist das Verteidigung nationaler Interessen, wenn deutsche Kapi- talisten ihre Fabriken ans Ausland verkaufen, ihre Kapitalien über die Grenze flüchten? Das deutsche Großkapital ist mit dem Feindbund ver- bündet. Der Kampf gegen den Versailler Frieden, der Kampf um die Rettung der deutschen Nation kann deshalb nicht geführt werden im Bunde mit den deutschen Kapitalisten, nicht unter Führung der bürgerlichen Parteien, son- dern nur gegen die Kapitalisten, gegen ihre Parteien, gegen die ganze bür- gerliche Regierung und Gesellschaft. Deutschland ist das Paradies der Kapitalisten, Spekulanten und Wuche- rer geworden, der einheimischen wie der ausländischen, der christlichen wie der jüdischen. Wer sind die Schuldigen? Alle Parteien sind schuldig, die auf dem Boden des bürgerlichen Staates stehen, und vor allem die Partei Eberts und Nos- kes, die deutsche Sozialdemokratie. Die Sozialdemokratie tritt unter der Maske einer Arbeiterpartei auf. Tausendmal hat sie versprochen, die Inter- essen der Ausgebeuteten zu vertreten, tausendmal hat sie die Massen des arbeitenden Volkes an das deutsche und ausländische Großkapital verraten. Ob Gewerkschafts- oder Parteiführer: immer sind die Sozialdemokraten dem kämpfenden Proletariat in den Rücken gefallen: im Januar 1919 wie im Kapp-Putsch, im großen Eisenbahnerstreik Februar 1922 wie bei dem gegen- wärtigen Kampf um den Achtstundentag. Sozialdemokraten sind es gewe- sen, die im Herbst 1923 den Belagerungszustand gegen das werktätige Volk verhängten. Sozialdemokraten haben die Reichsexekutive der weißen wie der schwarzen Reichswehr gegen Sachsen und Thüringen gebilligt. Sozialdemo- kraten haben als Regierungs- und Polizeipräsidenten den weißen Generalen Handlangerdienste geleistet. Sozialdemokraten haben dem Ermächtigungs- 9° DIE KPD IN DER WEIMARER REPUBLIK gesetz zugestimmt und damit der Schlichtungsordnung, dem Steuerraub, der Beseitigung des Achtstundentages. Jetzt reden dieselben Sozialdemokraten bei den Wahlen von einer Volks- abstimmung für den Achtstundentag. Gibt es eine frechere Verhöhnung der Arbeiter und Arbeitslosen? Die Sozialdemokratie muß geschlagen werden, daß sie nicht mehr wagen darf, sich eine Arbeiterpartei zu nennen. Neue Demagogen treten auf. Alle bürgerlichen Parteien befinden sich im Zerfall, in dem sich der Verfall der bürgerlichen Gesellschaft spiegelt. Neue Parteien werben um Vertrauen für den alten Verrat am arbeitenden Volke. Aus der Deutschnationalen Partei wachsen die Deutschvölkischen, die Deutsch- sozialen und die Nationale Vereinigung heraus. Aus dem Zentrum die Christ- lichsoziale Partei. Demokraten und Sozialdemokraten, die gemeinsam die Republik zuschanden geritten haben, gründen eine Republikanische Partei. Das sind alles neue Namen für den alten Schwindel. Jetzt ist völkisch Trumpf geworden. Die Völkischen buhlen um die Gefolg- schaft der arbeitenden Massen. Sie gaukeln ihnen vor, eine alles einigende Volksgemeinschaft, eine nationale Diktatur, die das Befreiungswerk nach innen und außen vollziehen werde. Sie predigen den Schafen und Wölfen die Einheit des Tierreichs. Sie hetzen gegen das jüdische Kapital, aber die christlichen Wucherer, Ausbeuter und Blutsauger wollen sie als »schaffendes Kapital« erhalten und schützen. Sie reden gegen die Zinsknechtschaft, aber sie stützen die Lohnknechtschaft. Sie reden von »Werksgemeinschaften« und meinen damit die Beseitigung der Gewerkschaften, der Betriebsräte, des Kol- lektivvertrages, des staatlichen Arbeiterschutzes. Arbeiter! Schaut den Völkischen nicht aufs Maul, schaut ihnen auf die Fäuste! Als schwarze Reichswehr haben sie in Thüringen, in Sachsen gegen Arbeiter gewütet. Ihre bewaffneten Organisationen terrorisieren die Prole- tarier, sie verüben Attentate gegen Arbeiterhäuser. Die technische Nothilfe, die euren Streiks den Dolchstoß von hinten gibt, besteht aus völkischen Ge- sellen. Auf den Gütern der Großgrundbesitzer halten ihre Roßbach-Leute die Landarbeiter in Schrecken. Die alten demagogischen Phrasen des Weltkrieges und der Ebert-Republik von den gemeinsamen Interessen der Ausgebeuteten und Ausbeuter, von der Einheit der deutschen Nation feiern in der völkischen Bewegung der Wulle und Hitler, der Kunze und Geißler fröhliche Wiedergeburt. Alle diese Krea- turen stehen im Dienste des Großkapitals, im Solde der Thyssen, Otto Wolff, Minoux und Konsorten. Die verkrachten Generale vom Schlage Ludendorffs, die meineidigen Mörderorganisationen vom Schlage Ehrhardts, die größen- wahnsinnig gewordenen Spießbürger vom Schlage Hitlers, die berüchtigten Großagrarier vom Schlage eines Graefe, dieses Sammelsurium von ausge- sprochenen Arbeiterfeinden gilt es genau so zu bekämpfen wie die Deutsch- nationalen und die Deutsche Volkspartei, mit denen sie ja doch im Parlament DIE KPD IN DER TAGESPOLITIK                                                                          91 gleich nach der Wahl, wie Thüringen und Mecklenburg zeigen, das Bündnis schließen zur Ausplünderung des arbeitenden Volkes, zur Stützung des Groß- kapitals. »Am 4. Mai entscheidest du mit dem Stimmzettel dein Schicksal auf weitere 4 Jahre«, so schallt es von allen Parteien, von der Sozialdemokratie bis zu den Deutschvölkischen. Eine frechere Lüge gibt es nicht. Habt ihr im Jahre 1920 etwa mit dem Stimmzettel eure eigene Verskla- vung und Verknechtung entscheiden wollen, die mit Hilfe dieses Reichstags zustande gebrachte maßlose Ausplünderung und Verelendung des schaffen- den Volkes? Wir Kommunisten sagen euch: der Betrug, die Korruption, die Ausplünderung der arbeitenden Massen werden von allen diesen Parteien im neuen Reichstag mit der gleichen Stärke fortgesetzt werden, wie ihr das beim alten erlebt habt. Noch offenkundiger wird sich der neue Reichstag als ein Herrschaftsinstru- ment der Ausbeuterklasse, als Unterdrückungsmaschine gegen Arbeiter, An- gestellte, Beamte und alle die kleinen schaffenden Leute erweisen. Das Geschick der arbeitenden Massen entscheidet nur die proletarische Revolution. Nicht mit dem Stimmzettel, nur im offenen Kampfe der Klas- sen, im Betriebe, im Kontor, auf der Straße, durch den Kampf der ungeheu- ren Millionenmassen der Ausgebeuteten gegen die organisierte und bewaff- nete Macht der Ausbeuter wird euer Elend gewendet, werdet ihr zum Herren eures Schicksals. Von Hütte zu Hütte, von Betrieb zu Betrieb, vom Pflug bis zur Werkstatt, vom Hochbau bis zur Grube, von den Alpen bis zum Ozean muß das Band des Willens zum Werke der Befreiung des arbeitenden Volkes geschlossen werden. Die Kommunistische Partei ist die Führerin in diesem Befreiungs- kampf aller Unterdrückten. Sie ist die Todfeindin eures Elends und eurer Verknechtung. Darum wird sie von der gesamten Staatsmacht und von allen bürgerlichen Parteien unbarmherzig verfolgt, verleumdet und unterdrückt. Vier Monate war unsere Partei verboten. Heute noch wird sie mit allen Mitteln des Staates verfolgt. Tausende unserer besten Organisatoren und Propagandisten schmachten hinter Gefängnismauern oder werden wie flüch- tiges Wild von Stadt zu Stadt, von Land zu Land gehetzt. Eine Armee von Polizeitruppen und Spitzeln ist gegen uns in Tätigkeit. Aber allen Verfolgun- gen zum Trotz, aller wahnsinnigen Hetze und Gewalt zum Spotte scharen sich immer neue und größere Massen um unsere Partei, flattert das rote Ban- ner des Kommunismus immer mächtiger und rauschender über dem Haupte des arbeitenden deutschen Volkes. Heute sieht jeder Arbeiter, Beamte, Ange- stellte, Kleinbauer und Kleingewerbetreibende klar und deutlich, daß der Kampf gegen die Kommunisten nichts anderes ist als der Kampf des Kapitals gegen das Proletariat, der Sklavenhalter gegen ihre Ketten brechenden Sklaven. Heute erkennt jeder Arbeiter, daß Kommunismus und Arbeiter- interessen ein und dasselbe sind, aufs engste verbunden und zusammenge- 92                                       DIE KPD IN DER WEIMARER REPUBLIK schweißt durch die Wut und Hetze, mit der die kapitalistischen Machthaber alle jene verfolgen, die sich gegen ihr Joch aufbäumen. Arbeitende in Stadt und Land! Man sucht euch abzuschrecken vor der Kommunistischen Partei mit der Behauptung: die Kommunisten wollen den Bürgerkrieg. Aber der Bürgerkrieg tobt in Deutschland in der Gestalt der bürgerlichen Klassenjustiz, der Unternehmerwillkür, der Militär- und Poli- zeiaktionen, des Ausnahmezustandes, des Steuerraubs, des Wuchers, der Teu- erung, des Hungers und grenzenlosen Elends. Man will euch schrecken mit der Behauptung, die Kommunisten handeln auf Befehl aus Moskau. Aber in Sowjetrußland haben die Arbeiter und Bau- ern ihre Ausbeuter zum Teufel gejagt, ihre Grenze gegen eine Welt von Fein- den verteidigt und bauen heute, zwar langsam aber sicher, ihre Wirtschaft wieder auf. Rußland steht, während Deutschland zerfällt. In Rußland hat der Arbeiter zu essen, während in Deutschland der Arbeitende verhungert, in Rußland hat der Bauer Land, während in Deutschland hunderttausende Siedler und Kleinbauern auf eine Ackernahrung warten. Auf russischem Boden steht kein einziger Ententesoldat, der russische Staat zahlt keinen einzigen Kopeken Kriegsschulden an das Ausland. Kein kapita- listischer Staat wagt es, Rußland offen anzugreifen. Das Schutz- und Trutz- bündnis der deutschen Räterepublik mit dem russischen Arbeiter- und Bau- ernstaat allein kann auch uns vor dem Diktat der Entente befreien, nur im Bündnis mit Sowjetrußland wird ein freies Arbeiter-Deutschland entstehen. Arbeitende in Stadt und Land! Ihr habt zu wählen. Wollt ihr die Klassen- herrschaft eurer Kapitalisten stürzen? Wollt ihr den Kommunismus zum Führer um die Befreiung der Menschheit oder wollt ihr den bürgerlichen Par- teien, den Völkischen und der Sozialdemokratie folgen ins Sklavenjoch des Weltkapitals? Wer die Befreiung der Menschheit aus Sklaverei will, wer die Befreiung des werktätigen Deutschlands aus dem Doppeljoch der in- und aus- ländischen Blutsauger retten will, der muß sich entscheiden für den Kom- munismus, gegen alle anderen Parteien. Jeder, der seine Stimme abgibt für den Kommunismus, gibt sie ab für die proletarische Revolution und gegen den bürgerlichen Parlamentarismus. Jeder, der seine Stimme für die Kommunisten abgibt, sagt damit: Wir wollen die Diktatur des Proletariats erkämpfen, den Rätestaat aufrichten. Im Rätestaat, in der proletarischen Diktatur herrschen alle Arbeitenden über die Ausbeuter und Blutsauger am arbeitenden Volke. Der Rätestaat ist die Herrschaft der Arbeiter, der arbeitenden Bauern, der Handwerker, Be- amten, der Angestellten, kurzum aller, die von ihrer Stirne Schweiß und ihrer Hände Fleiß leben und existieren müssen. Drum wähle am 4. Mai dein eigen Schicksal, das Schicksal deiner Klasse! Die Kommunisten rufen dir zu: Hinweg mit der menschenunwürdigen bür- gerlichen Gesellschaft! Nieder mit der Kapitalsdiktatur! Kampf allen bür- DIE KPD IN DER TAGESPOLITIK 93 gerlichen Parteien! Sturz des bürgerlichen Parlaments! Es lebe die proleta- rische Herrschaft! Es lebe die Diktatur des Proletariats! Es lebe das Befrei- ungswerk der sozialen Revolution! Berlin, den 2. April 1924 Zentrale der Kommunistischen Partei Deutschlands (Sektion der 3. Kommunistischen Internationale) Der Kämpfer (Organ der KPD - Sektion der Kommunistischen Internationale - Bezirk Sachsen) vom 5. April 1924. 20. BILDET DEN ROTEN FRONTKÄMPFER-BUND! (1924)26 ...Auch die roten, proletarischen Frontkämpfer müssen sich heute zusam- menfinden zum Kampf gegen die Not, die Versklavung und das ganze heuch- lerische kapitalistische, faschistische sogenannte »Frontsoldaten«-Pack. Schon ist in Thüringen spontan die Gründung verschiedener Ortsgruppen des Ro- ten Frontkämpferbundes erfolgt. Im ganzen übrigen Reich muß das gleiche geschehen. Klassenbewußte Arbeiter in Thüringen, die ehemals, während des Welt- krieges, für den Imperialismus ihr Leben in die Schanze schlugen, haben die Initiative ergriffen, um einen Roten Frontkämpferbund zu gründen. Eine provisorische Leitung hat sich gebildet und erläßt an alle Roten Frontkämp- fer Großthüringens einen Aufruf, in dem es u. a. heißt: Ihr wißt alle, wie die Dinge in Thüringen und im ganzen Reich eine immer schärfere Wendung nehmen. Wie Pilze schießet! die faschistischen Banden aus dem Erdboden. Kein Tag, an dem sie nicht unter Duldung der Behörden versuchen, ihre militärischen Übungen abzuhalten, kein Sonntag, an dem nicht irgendwo irgendein versoffener Etappenrummel aufgeführt wird mit ehemaligen Etappenschweinen, Prinzen und sonstigem Gesindel. Daneben haben sich in letzter Zeit die sogen. Regierungsparteien der Mitte, die rosaroten Sozialdemokraten, die goldenen Demokraten und die Die offizielle Gründungsversammlung des Roten Frontkämpferbundes fand statt kurz nach dem Erscheinen des hier abgedruckten Aufrufs am 29. Juli 1924 in Halle. Im Frühjahr 1925 gab es 225 Ortsgruppen. Vorsitzender des RFB wurde Thälmann, 2. Vorsitzender und eigentlicher Leiter Willi Leow. Nach den Berliner Maiereignissen 1929 wurde der RFB verboten, aber illegal fortgeführt. 94 DIE KPD IN DER WEIMARER REPUBLIK schwarzen Pfaffen der Zentrumspartei zusammengefunden im Reichsbanner Schwarz-Rot-Gold. Sie rühren die große Reklametrommel für Pfaffen, Nos- kiden und den demokratischen Geldsack, und mancher Prolet glaubt das Reichsbanner Schwarz-Rot-Gold mit seinen katholischen Beichtvätern und sozialdemokratischen Polizeibütteln, die schon hundertmal den Faschismus gedeckt und geschützt haben, würde wirklich etwas unternehmen gegen den schwarz-weiß-roten Rummel und die reaktionäre und kapitalistische Gefahr. Kameraden! Das ist eine große Täuschung! Schon in der kurzen Zeit seines Bestehens hat das Reichsbanner Schwarz-Rot- Gold gezeigt, was mit ihm los ist. Es veranstaltet Feldgottesdienste, Klim- bim-Paraden und ähnliches, und wenn in irgendeiner Stadt die Faschisten aufmarschieren, dann ist das Reichsbanner Schwarz-Rot-Gold nicht da, oder es macht »zufällig« einen Ausflug nach außerhalb. Inzwischen macht die kapitalistische Generaloffensive gegen das Proleta- riat immer weitere Fortschritte. Die Geldgeber von Schwarz-Weiß-Rot und die Geldgeber von Schwarz-Rot-Gold, sie machen inzwischen hinter den Kulissen den Pakt fertig, der das deutsche Proletariat an das internationale Großkapital verschachert, denn das ist der Sinn des Sachverständigengut- achtens und der kapitalistischen »Erfüllungspolitik«. Kameraden! Jeder Prolet, der ein bißchen nachdenkt über den Hunger und das Elend, das er und die Seinen nur zu sehr am eigenen Leibe spüren, jeder rote Frontkämpfer, der, nachdem er jahrelang im Schützengraben ge- legen hat, für den Kapitalismus und seine Ludendorff und Lehmann, heute gewillt ist, seine körperliche Kraft und sein Können einzusetzen für die Inter- essen des Proletariats, muß beitreten. Der Rote Frontkämpferbund muß die Vereinigung aller roten Frontkämp- fer werden! Er muß die Einheitsfront des roten Proletariats organisieren, soweit es im Soldatenrock gesteckt hat. Genossen, Kameraden! Gründet überall sofort Ortsgruppen des Roten Frontkämpferbundes! Der Kämpfer (Organ der KPD-Sektion der Kommunistischen Internationale - Bezirk Sachsen) vom 18. Juli 1924. DIE KPD IN DER TAGESPOLITIK 95 21. DER VOLKSENTSCHEID FÜR DIE ENTEIGNUNG DER FÜRSTEN (1926)^7 A Keinen Pfennig den Fürsten! An den Parteivorstand der Sozialdemokratischen Partei Deutschlands, Berlin, an die Bundesvorstände des ADGB, des AfA und des ADB, Berlin, an die Bundesleitung des Reichsbanners, Magdeburg, an die Bundesleitung des Roten Frontkämpferbundes, Berlin. In den breitesten Massen der werktätigen Bevölkerung herrscht größte Erregung über die riesenhaften Abfindungssummen, die von den Regierungen der Länder den verschiedenen, durch die Revolution entthronten deutschen Fürstenhäusern zugesprochen werden sollen oder bereits zugesprochen wor- den sind. Millionen deutscher Arbeiter, Angestellter, Beamter, Kleinbauern und Mittelständler sind außerstande, auch nur das Existenzminimum zu er- werben. Eine Million Arbeiter sind erwerbslos. Unzählige Sozialrentner, Kriegs- opfer im weitesten Sinne des Wortes führen ein Hungerdasein. Für die Ar- beitslosen sind keine Mittel zur Unterstützung vorhanden. Für die unteren und mittleren Beamten ist kein Geld zur Erhöhung der Gehälter da. Aber den Hohenzollern und anderen Fürstenhäusern soll eine Milliarde in den Rachen geworfen werden ... Wir entnehmen einer Mitteilung des »Vorwärts« vom 1. Dezember, daß auch in den Kreisen der Sozialdemokratischen Partei die Frage der Herbei- führung eines Volksentscheides für die Enteignung der fürstlichen Besitz- tümer eifrig erörtert wird. Das Zentralkomitee der Kommunistischen Partei Deutschlands hat sich ebenfalls in einer seiner letzten Sitzungen eingehend mit dieser Frage beschäftigt und ist zu dem Beschluß gekommen, daß einheit- liche Schritte zur Herbeiführung einer Volksabstimmung für die entschädi- gungslose Enteignung der Fürstenhäuser im Interesse der werktätigen Massen von großer Bedeutung wären ... Der Volksentscheid fand im Juni 1926 statt. Sämtliche bürgerlichen Parteien hatten sich gegen die Fürstenenteignung ausgesprochen. Obwohl KPD und SPD bei den letzten Wahlen zusammen nur 11 Millionen Stimmen erhalten hatten, wurden im Volksentscheid für die Enteignung der Fürsten 14,5 Millionen abgegeben. Da die notwendigen 20 Millionen Stimmen aber nicht erzielt wurden, blieb der Volks- entscheid erfolglos. $6                                     DIE KPD IN DER WEIMARER REPUBLIK Die Zeit drängt, da eine Reihe wichtiger Abfindungsverträge gegenwärtig in der Schwebe sind. Ihr Abschluß muß unter allen Umständen verhindert werden, damit Millionenwerte den Dynastien entrissen und den sozialen Interessen der werktätigen Massen dienstbar gemacht werden. Aus diesem Grunde schlagen wir Ihnen vor, eine gemeinsame Vorbespre- chung für die Durchführung des Volksentscheides mit uns und allen beteilig- ten Organisationen bereits in den nächsten Tagen abzuhalten. Wir sehen Ihrer schnellen Antwort angesichts der Wichtigkeit der Sache entgegen. Berlin, den 2. Dezember 1925 Mit proletarischem Gruß Zentralkomitee der Kommunistischen Partei Deutschlands i. A.: Ernst Thälmann Die Role Fahne vom 4. Dezember 1925. ß BEKANNTMACHUNG Am Sonntag, den 20. Juni 1926 Volksentscheid FÜRSTENENTEIGNUNG Entwurf eines Gesetzes über Enteignung der Fürstenvermögen Artikel I. ... Das gesamte Vermögen der Fürsten, die bis zur Staatsumwälzung im Jahre 1918 in einem der deutschen Länder regiert haben, sowie das gesamte Vermögen der Fürstenhäuser, ihrer Familien und Familienangehörigen wer- den zum Wohle der Allgemeinheit ohne Entschädigung enteignet. Das ent- eignete Vermögen wird Eigentum des Landes, in dem das betreffende Für- stenhaus bis zu seiner Absetzung oder Abdankung regiert hat... Sozialdemokratische Partei Deutschlands Otto Wels Zentralkomitee der Kommunistischen Partei Deutschlands Ernst Thälmann Ausschuß für Fürstenenteignung Dr. Kuczinsky Flugblatt Privatardiiv Weber DIE KPD IN DER TAGESPOLITIK 97 C 12,5 Millionen für den Volksentscheid An die Partei! Genossen und Genossinnen! Das von der Partei eingeleitete Volksbegehren gegen den Milliardenraub- zug der deutschen ehemaligen Fürsten ist mit einem gewaltigen Erfolg zum Abschluß gekommen. 12,5 Millionen haben sich für den Volksentscheid ein- getragen und damit der monarchistischen Reaktion in Deutschland eine ent- scheidende Niederlage bereitet. Diese stolze Zahl ist der Ausdruck einer starken Mobilisierung der Arbeiter- klasse, die gleichzeitig breite Schichten des Kleinbürgertums und der Bauern von ihrer bisherigen politischen Führung löste und in eine gemeinsame Kampffront mit dem Proletariat führte. Aus der von der Partei im Novem- ber vergangenen Jahres trotz Sabotage der SPD-Führung und Verwirrungs- versuchen und Gegenaktionen der Bourgeoisie eingeleiteten »Kommunisti- schen Parteiaktion« wurde durch die politische Initiative und zähe und beharrliche organisatorische Kleinarbeit der Partei eine breite elementare Massenbewegung... Mit der Partei gemeinsam haben der Rote Frontkämpferbund, die Rote Jungfront und der Rote Frauen- und Mädchenbund ihre ganzen Kräfte in den Dienst dieser Bewegung gestellt und zu dem großen Erfolg beigetragen. Jetzt gilt es die Erfahrungen und Ergebnisse des ersten Kampfabschnittes für die Partei und Arbeiterklasse auszuwerten. Die Partei steht vor neuen großen und schweren Aufgaben. Die siegreiche Durchführung des Volksentscheids erfordert 20 Millionen Stimmen. Die Bourgeoisie entfaltet bereits eine starke Propaganda gegen den Volksent- scheid. Die monarchistische Luther-Regierung versucht, den Termin des Volksentscheids auf Monate hinauszuschieben, um der Reaktion Zeit zu ge- ben, sich von ihrer Niederlage zu erholen und neue Kräfte zu sammeln. Diese Versuche müssen scheitern an dem Widerstand der 12,5 Millionen Werk- tätigen in Stadt und Land, die sich für die entschädigungslose Enteignung der Fürsten eingesetzt haben. Nicht 20 Millionen, sondern 25 Millionen für den Volksentscheid muß das Ziel sein, das sich die Partei stellt... Diese Aufgaben wird die Partei nur dann erfüllen können, wenn sie zu- nächst ihre eigenen Reihen festigt und verstärkt. Neben der ideologischen Durcharbeitung und Schulung der gesamten Parteimitgliedschaft muß eine breite Werbekampagne für Partei und Presse durchgeführt werden. Hun- derttausende neuer Mitglieder für die Partei und zweihunderttausend neue 98                        DIE KPD IN DER WEIMARER REPUBLIK Leser für die kommunistische Presse — das ist das Ziel, das sich die Partei jetzt stellen muß. Mit aller Kraft gilt es jetzt die Reorganisation der Partei auf der Grund- lage der Betriebszellen zu beenden. Vor allem müssen die Positionen der Par- tei in den großen und lebenswichtigen Betrieben verstärkt werden. Die Be- triebszellen müssen zu den Trägern der Parteiarbeit werden und die Haupt- arbeit in den Parteikampagnen leisten. Das Zentralkomitee ruft der gesamten Mitgliedschaft erneut den Beschluß des letzten Parteitages zur Gewerkschaftsfrage in Erinnerung: 75 Prozent der Parteiarbeit muß Gewerkschaftsarbeit sein! Das heißt: Jeder Parteigenosse muß ein aktiver Funktionär der Gewerk- schaften sein. Er muß sich mit den Fragen des Gewerkschaftskampfes befassen. Er muß in jeder Situation den Arbeitermassen den richtigen Weg zeigen und an ihrer Spitze kämpfen. 10 Millionen Mitglieder in die freien Gewerkschaften und deren Mobili- sierung zum Kampf — das ist das Ziel unserer Arbeit in den Gewerkschaf- ten .. . Die Partei ruft euch zu neuer Arbeit! Die Partei wird neue Erfolge in der Mobilisierung der Massen, in der Aktivierung der Arbeiterklasse, in der Stär- kung und Festigung ihrer eigenen Reihen erzielen, wenn jedes Parteimit- glied seine revolutionäre Pflicht erfüllt. Es lebe die Einheitsfront des klassenbewußten Proletariats! Es lebe das Bündnis der Werktätigen in Stadt und Land! Es lebe die siegreiche Kommunistische Partei Deutschlands! Berlin, den 1. April 1926 Mit kommunistischem Gruß Zentralkomitee der Kommunistischen Partei Deutschlands (Sektion der Kommunistischen Internationale) Die Rote Fahne vom 1. April 1926. DIE KPD IN DER TAGESPOLITIK 99 22. AUS DEM MANIFEST DES XL PARTEITAGES DER KOMMUNISTISCHEN PARTEI DEUTSCHLANDS (1927) Kommunisten! Arbeiterinnen und Arbeiter! Werktätige in Stadt und Land! Der XI. Parteitag der Kommunistischen Partei Deutschlands tagte im Ruhrgebiet, im Herzen der deutschen Schwerindustrie, der kapitalistischen Ausbeutung. Getragen vom festen Willen unserer ganzen Partei, umgeben von der Sympathie der Arbeiter, wurde der Essener Parteitag der KPD zu einer Kampftagung des revolutionären deutschen Proletariats. Arbeiterführer aus Europa, Asien und Amerika überbrachten dem Partei- tag die Grüße der revolutionären Bewegung der ganzen Welt. Aus den Wor- ten der Delegierten der siegreichen Kantonarmee28 und der englischen Kom- munisten sprachen die gewaltigsten revolutionären Kämpfe der letzten Jahre: die chinesische Revolution und der englische Bergarbeiterstreik. Die deutschen Kommunisten bekennen mit Stolz ihre grenzenlose Verbun- denheit mit der revolutionären Bewegung der ganzen Welt, die unter der Führung der Kommunistischen Internationale steht. Arbeiter und Arbeiterinnen! Die Kommunistische Internationale ist über- all dort, wo es Unterdrückte und Ausgebeutete gibt. Sie ist überall dort, wo für die große Sache des Proletariats gekämpft wird, sie ist überall dort, wo revolutionäre Arbeiter von den Schergen des weißen Terrors mißhandelt, verbannt und gemordet werden. Die Kommunistische Internationale ist die Weltpartei des proletarischen Umsturzes, die Todfeindin der Bourgeoisie. Sie steht im unerbittlichen Kampf gegen die II. Internationale, die Internatio- nale der Koalitionsminister, der Staatssekretäre und Polizeipräsidenten. Während das herrschende Proletariat in der Sowjetunion den Sozialismus aufbaut, während der grandiose Befreiungskampf des chinesischen Volkes Hunderte von Millionen Kolonialsklaven, die erdrückende Mehrheit der ge- 28. Die »Kantonarmee«, d. h. die Streitkräfte der Kuomintang unter Tschiang- kaischek, hatte damals einen Feldzug gegen reaktionäre Generale geführt und im März 1927 Nanking eingenommen. Stalin unterstützte - gegen den Willen der kom- munistischen Opposition unter Trotzki - Tschiang. Die chinesischen Kommunisten arbeiteten eng mit Tschiang zusammen. Im April 1927, also kurz nachdem das vor- liegende Manifest angenommen wurde, brach Tschiang mit den Kommunisten; er ließ in Schanghai mehrere hundert kommunistische Führer verhaften und hinrichten. Da Stalins Politik zu einer Niederlage des chinesischen Kommunismus geführt hatte, kam es daraufhin in der Kommunistischen Internationale zu einer heftigen Debatte. 100 DIE KPD IN DER WEIMARER REPUBLIK samten Menschheit, zum Widerstand gegen das imperialistische Jodi aufzu- rütteln beginnt, rüsten die Ausbeuter zu neuen mörderischen Kriegen. Die Bourgeoisie kennt keinen anderen Ausweg aus der Wirtschaftskrise und aus dem verschärften Konkurrenzkampf als den imperialistischen Krieg. Die Bourgeoisie will die Sowjetunion, den einzigen Proletarierstaat der Welt, vernichten, und sie will die chinesische Revolution zerschmettern. Arbeiter und Werktätige Deutschlands! Niemals seit 1914 war die Kriegs- gefahr größer als heute. Deutschland wird nicht nur durch seine geographi- sche und militärische Lage, sondern vor allem durch die Außenpolitik seiner Bourgeoisie, durch die Teilnahme am Völkerbund, durch die Abmachungen Stresemanns mit den englischen Imperialisten in jeden kommenden Krieg gegen die Sowjetunion hineingerissen werden. Deutschland soll zum Sam- melplatz und zum Durchmarschland der konterrevolutionären Armeen wer- den. Das deutsche Proletariat soll zum Henkersdienst gegen die russische Arbeiterdiktatur mißbraucht werden. Der XI. Parteitag der KPD ruft euch zum aktiven Widerstand gegen die drohende Kriegsgefahr auf. Schließt euch zusammen, um mit allen Mitteln die Intervention gegen den Arbeiterstaat zu verhindern! Bereitet euch über- all im ganzen Reich, vor allem in der chemischen Industrie und im Bergbau, in den Metallwerken und den Verkehrsbetrieben, darauf vor, die kommende Kriegsfront zu erschüttern und zu durchbrechen! Jeder Krieg, den das heu- tige Deutschland führt, wird ein imperialistischer Raubkrieg sein. Die einzige Antwort des Proletariats auf diesen Krieg ist seine Umwand- lung in den Bürgerkrieg, in die proletarische Revolution, in den Sturz der Bourgeoisie. Rüstet für diesen Kampf so bewußt und entschlossen, wie unsere imperialistischen Feinde sich rüsten! Die internationale Sozialdemokratie verübt einen neuen Betrug an der Arbeiterklasse. Unter der trügerischen Flagge des Pazifismus unterstützt sie die Kriegspläne durch ihre schamlose Hetze gegen die Sowjetrepublik und gegen den Bolschewismus. Gerade jetzt, im Moment des imperialistischen Aufmarsches, entrollen wir die Fahne des revolutionären Internationalismus. Krieg dem imperialistischen Kriege! Kampf für den Frieden und die So- wjetunion! Hände weg von China! Es lebe die proletarische Weltrevolu- tion ... Kommunisten, Parteigenossen! Der XI. Parteitag hat die Lehren aus den vergangenen Jahren seit 1923 gezogen. Jetzt gilt es, seine Beschlüsse mit größter Kraft und stärkster Energie in der praktischen Tagesarbeit durchzuführen. Der innerparteiliche Kampf gegen die ultralinken und rech- ten Abweichungen ist durch den vollständigen Sieg der leninistischen Partei- linie entschieden. Die Zukunft, die Organisierung der Revolution, hängt von unserer Arbeit in den Betrieben und Gewerkschaften ab. Wir haben unsere Reihen zu einer einheitlichen Armee zusammengefaßt. DIE KPD IN DER TAGESPOLITIK 101 Wir müssen sie noch fester und fester schmieden, bis wir eine stählerne, bol- schewistische Einheit sind, die durch keine Macht der Welt, weder durch Krieg noch durch Illegalität, erschüttert werden kann. Arbeiter und Werktätige Deutschlands! Die KPD ist die proletarische, die revolutionäre, die internationale Par- tei im kapitalistischen Deutschland. Stärkt sie, arbeitet für sie, damit der Kampf gegen alle Feinde der arbeitenden Massen und für die proletarische Diktatur siegreich geführt werden kann! Es lebe die Einheitsfront der kämpfenden Arbeiterklasse! Es lebe der Kampf um die Diktatur des Proletariats! Essen, den 7. März 1927 Der XI. Parteitag der Kommunistischen Partei Deutschlands (Sektion der Kommunistischen Internationale) Die Rote Fahne vom 10. März 1927. 23- AUS DEM AUFRUF DER KPD ZUR REICHSTAGSWAHL (1928) ... Es gibt nur eine Partei, die stets auf der Seite des armen Volkes stand und die deshalb von allen Regierungen dieser kapitalistischen Republik ver- folgt und bekämpft wird. Wenn ihr am 20. Mai der KPD folgt, dann sam- melt ihr euch in den Kämpfen um Brot und gegen die Herrschaft der Reak- tion unter der Fahne der Revolution! Arbeiter und Arbeiterinnen! Diese Ebert-Hindenburg-Republik gibt euch gleiches Wahlrecht, aber sie läßt euch hungern! Ihr dürft ebenso wie die Fabrikherren abstimmen, aber wenn die Not drückt und ihr mehr Lohn fordert, dann werfen euch die Fa- brikherren aufs Straßenpflaster! ... Und wenn ihr jetzt im Jahre 1928 die Frage stellt: Wie war es mög- lich, daß nach zehn Jahren bürgerlicher Demokratie die Arbeiterklasse am Boden liegt und die schwärzeste Reaktion triumphiert, dann gibt es nur eine Antwort, die wahr ist: die Koalitionspolitik der Sozialdemokratie hat den Werktätigen die Waffen des Kampfes gegen die Bourgeoisie aus den Händen geschlagen ... 102 DIE KPD IN DER WEIMARER REPUBLIK Und jene »linken« Führer der Sozialdemokratie, die die verräterische Politik ihrer Partei mit radikalen Phrasen decken — wodurch unterscheiden sie sich von den Wels und Noske? Sie sind die radikalen Rattenfänger des reformistischen Verrats. Sie sprechen von Revolutionen und unterstützen die Abwürgung der Existenzkämpfe der Arbeiterschaft. Sie rufen »Hände weg von Sowjet-Rußland« und stehen an der Spitze der infamsten Hetze gegen das revolutionäre Proletariat. Sie reden von Klassenkampf und hin- dern die Arbeiter, gegen den Klassenverrat zu kämpfen. Auch mit ihnen muß das arbeitende Volk abrechnen. Die Kommunistische Partei verwech- selt nicht die sozialdemokratischen Arbeiter mit jenen reformistischen Poli- tikern, die der Bourgeoisie helfen und die Arbeiter mißbrauchen. Sie ruft auch diese Arbeiter auf, trotz ihrer Führer die Einheitsfront aller Ausgebeu- teten gegen die Bourgeoisie zu schließen ... Wer am 20. Mai für die Bourgeoisie und die Sozialdemokratie stimmt, erhebt seine Hand für die Verewigung der Lohnsklaverei, für die Diktatur des Kapitals, erklärt seine Bereitschaft, im kommenden imperialistischen Kriege als Kanonenfutter zu dienen. Jede Stimme für die Kommunisten ist ein Bekenntnis für die proletarische Revolution, für den siegreichen Sozialis- mus, den einzigen Ausweg aus dem Elend und Chaos der kapitalistischen Profitwirtschaft. Ein Bekenntnis gegen den deutschen und den Weltimperia- lismus, für die Solidarität mit der Sowjetunion! Für die Arbeiter- und Bauernregierung! Für die Diktatur des Proletariats! Zentralkomitee der Kommunistischen Partei Deutschlands (Sektion der Kommunistischen Internationale) Reichstagshandbuch IV. Wahlperiode 1928 Hrsg, und verlegt vom Büro des Reichstags Berlin 1928, S. 164-171. *4- MANIFEST DES XII. PARTEITAGES DER KOMMUNISTISCHEN PARTEI DEUTSCHLANDS (1929) An die arbeitenden Massen Deutschlands Klassengenossen und Klassengenossinnen! Der XII. Parteitag der Kommunistischen Partei Deutschlands hat seine Tagung im roten Wedding, der Hochburg des Kommunismus, dem Schau- DIE KPD IN DER TAGESPOLITIK 103 platz der heldenhaften Barrikadenkämpfe vom 1. und 2. Mai2?, beendet. Die KPD bekannte sich stolz zu den Barrikadenkämpfern von Neukölln und vom Wedding, die den Polizeibestialitäten des Sozialfaschisten Zörgie- bel aktiven Widerstand entgegensetzten und damit der ganzen Arbeiter- klasse ein Beispiel kühnen, entschlossenen Kampfes gaben. Der Parteitag im Wedding war kein Parteitag der Minister und Exzellen- zen, keine Tagung der Polizeipräsidenten und Arbeitermörder, der Gewerk- schaftsbürokraten und kapitalistischen Staatsfunktionäre. Nicht Nutznießer der kapitalistischen Ausbeuterrepublik, nicht Pfründner und Postenjäger, die es nach der Staatskrippe gelüstet, traten hier zusammen, wie es auf dem Magdeburger SPD-Parteitag der Fall war. Nein, der Weddinger Parteitag war eine Tagung der deutschen Prole- tarier selbst! ... Magdeburg und Wedding — zwei Welten! Die Welt des Sozialfaschismus und der Unterstützung der kapitalistischen Ausbeuter — und auf der anderen Seite die Welt der proletarischen Revolution, des unerbittlichen Klassen- kampfes, der internationalen Solidarität. In Magdeburg haben Hermann Müller und Wels, die Dittmann und Crispien, die Kriegskreditbewilliger und Durchhalteprediger von 1914, sich erneut zum kapitalistischen Vaterland, zur imperialistischen Kriegsrüstung, zur Panzerkreuzerpolitik und zum Reichswehrprogramm bekannt. Der Par- teitag der KPD dagegen beschloß Maßnahmen des revolutionären Kampfes gegen den imperialistischen Krieg nach dem Vorbild von Karl Liebknecht, nach den Lehren Lenins . .. Darum auch die faschistischen Angriffe der regierenden Sozialdemokraten gegen das revolutionäre Proletariat, gegen die Kommunistische Partei, ge- gen den Roten Frontkämpferbund, gegen die revolutionäre Opposition in den Massenorganisationen. Ein Teilnehmer des Magdeburger Parteitages hat der Öffentlichkeit den schändlichen Plan enthüllt, der dort in einer geheimen Besprechung der Wels, Zörgiebel, Sollmann, Aufhäuser und Toni Sender ausgeheckt wurde. Der Mussolini von Berlin, Zörgiebel, hat das Demonstrationsverbot nur aufgehoben, um durch neue Provokationen einen Vorwand für neue noch schärfere Verbotsmaßnahmen zu schaffen. Arbeiter und Arbeiterinnen! Klassengenossen! Der Angriff auf den Roten Frontkämpferbund, der Angriff auf die Kommunistische Partei ist ein An- Am 1. Mai 1929 kam es in Berlin zu blutigen Zusammenstößen zwischen Kom- munisten und Polizisten. Der sozialdemokratische Polizeipräsident Zörgiebel hatte Demonstrationen unter freiem Himmel verboten. Die KPD versuchte trotzdem zu demonstrieren. 25 Menschen wurden bei den Auseinandersetzungen getötet. Für die künftige Entwicklung hatten diese Ereignisse große Bedeutung: der ultralinke Kurs der KP-Führung fand bei den Mitgliedern Anklang, da er unter dem Hinweis auf den 1. Mai 1929 und die »faschistischen« Methoden der SPD durchgeführt wurde. 104 DIE KPD IN DER WEIMARER REPUBLIK griff auf das gesamte Proletariat. Die Diktatur, mit der Wels auf dem Magde- burger Parteitag drohte, das ist die blutige Diktatur des Sozialfaschismus, gegen die Arbeiterklasse. Die sozialfaschistischen Bürokraten spalten die Massenorganisationen, sie werfen die besten Klassenkämpfer aus den Ge- werkschaften heraus, sie denunzieren die revolutionären Arbeiter bei den Unternehmern und bei der Polizei, sie unterdrücken die revolutionären Organisationen, um freie Bahn zu schaffen für die Vorbereitung des impe- rialistischen Krieges, für die Durchführung der Unternehmeroffensive, für die schrankenlose Diktatur des Finanzkapitals ... Fest verwurzelt in den Betrieben, eng verbunden mit den proletarischen Massenorganisationen, solidarisch mit allen Ausgebeuteten, unerbittlich im Kampf gegen den Opportunismus in allen seinen Formen, so wird die Kom- munistische Partei Deutschlands zum eisernen Sturmbock des deutschen Pro- letariats, zur eisernen Schutzwehr der Sowjetunion, der Festung des Welt- proletariats. Zum i. August rüsten die revolutionären Arbeiter aller Länder unter dem Banner der Kommunistischen Internationale zu einer gewaltigen Mas- sendemonstration für den Frieden, für die Verteidigung der Sowjetunion, gegen die sozialfaschistischen Wegbereiter des Interventionskrieges, gegen die Kapitaloffensive, für die Diktatur des Proletariats. Der XII. Parteitag ruft die werktätigen Massen Deutschlands auf, in allen Betrieben, in jeder Werk- statt und in jedem Kontor zu diesem Massenaufmarsch zu mobilisieren. Am ii. August demonstrieren in Deutschland die nationalistischen Kriegshetzer, die patriotischen Lobsinger der Hindenburgrepublik. Am i. August demon- strieren die klassenbewußten Arbeiter, die Todfeinde des völkermordenden Imperialismus, die Vorkämpfer der neuen Gesellschaftsordnung, des Kom- munismus. Arbeiter und Arbeiterinnen! Macht Schluß mit der Partei des Arbeiter- verrats und des Arbeitermordes, mit der SPD! Verjagt die Agenten des Sozialfaschismus aus allen Funktionärsposten in Betrieben und Gewerk- schaften! Wählt rote Vertrauensleute, wählt zum Kampf um Lohn und Brot eure eigenen Kampfleitungen! Lernt aus dem Beispiel unserer russischen Brüder, die den Kapitalismus zerschmettert haben und in dem gewaltigen Aufbau der sozialistischen Wirtschaft und Gesellschaft die schöpferische Kraft des befreiten Proletariats beweisen! Der Weddinger Parteitag der KPD ruft euch zu neuen Kämpfen. Schart euch um die Fahne des Klassenkampfes, reiht euch ein in die bolschewistische Kampfarmee des deutschen Proletariats! Es lebe der XII. Parteitag der KPD! Es lebe der revolutionäre Klassenkampf des deutschen Proletariats für die proletarische Diktatur! DIE KPD IN DER TAGESPOLITIK lOJ Es lebe die Sowjetunion, das Vaterland aller Ausgebeuteten und Unter- drückten! Es lebe die revolutionäre Verteidigung der sozialistischen Sowjetunion mit allen Mitteln! Es lebe die Kommunistische Partei Deutschlands! Es lebe die Kommunistische Internationale! Es lebe die Weltrevolution! Der XII. Parteitag der Kommunistischen Partei Deutschlands Protokoll der Verhandlungen des XII. Parteitages der KPD (Sektion der Kommunistischen Internationale) Berlin-Wedding, 9. bis 16. Juni 1929 Internationaler Arbeiterverlag Berlin, o. J., S. 529-532. 25. ZUR TAKTIK DES STRASSENKAMPFES IM BEWAFFNETEN AUFSTAND (1931) ... Wenn wir die Stadt als Kampfgebiet mit ihren natürlichen Befestigun- gen betrachten, so ist zweifellos theoretisch der Vorteil auf Seiten des Ver- teidigers. Dies hat zu allen Zeiten die Aufständischen verleitet, nach dem ersten Angriff in die Verteidigung überzugehen. Das hieß aber der Ent- scheidung ausweichen, dem Feind die Initiative überlassen. Daran sind die meisten Aufstände schon in ihren ersten Anfängen gescheitert. Faktisch ist die Lage so, daß, alle politischen und militärischen Gesichts- punkte zusammengefaßt, der Vorteil sich in Wirklichkeit auf Seiten der über- raschend und frech angreifenden Aufständischen befindet. Dies sei noch ein- mal und nachdrücklich unterstrichen. Die zweite zusammenfassende Schlußfolgerung: der einfache Durchbruch, der frontale Angriff stellt im Straßenkampf einen Ausnahmefall dar. Die Stadt als Kampfgebiet erlaubt und die politischen Voraussetzungen des Straßenkampfes fordern die breiteste Anwendung von Manövern, von Um- gehung und Umfassung und Operationen im Rücken des Gegners. Die dritte Schlußfolgerung: der Straßenkampf, in dem das Element der Verteidigung aufs äußerste eingeschränkt ist, zeichnet sich durch die größte Beweglichkeit und Aktivität aller Handlungen aus. Wer in dieser Hinsicht überlegen ist, der hat bereits ein erhebliches Plus. Im Zusammenhang mit der Unübersichtlichkeit des Kampfgeländes, der Unklarheit der Lage, den DIE KPD IN DER WEIMARER REPUBLIK 106 Verbindungsschwierigkeiten, den stündlichen Überraschungen bekommen beide taktische Kampfformen, sowohl Angriff als Verteidigung, die typi- schen Züge des Bewegungsgefechtes. Ohne den allgemeinen Plan zu ver- letzen, müssen doch die Unterführer sich in den Teilkämpfen von den Füh- rungsgrundsätzen des Begegnungsgefechtes leiten lassen. Die Geschichte der vergangenen Aufstände in Westeuropa scheint zu be- weisen, daß die Aufständischen unter den modernen Bedingungen einen Straßenkampf nicht gewinnen können. Das ist ein großer Irrtum. Trotz objektiver Schwierigkeiten, trotz der Rückständigkeit in der Taktik des Straßenkampfes haben die Aufständischen selbst in den vergangenen Kämp- fen lehrreiche Beispiele gegeben, die beweisen, daß alle Chancen für sie sind. Unsere Sache ist es, die neuen Bedingungen, die neuen Methoden des Kamp- fes zu lernen, um die alten Fehler endgültig zu überwinden. Oktober Militärpolitisches Mitteilungsblatt Heft 1/2, April 1931, S. 27 und 29. 26. BESCHLUSS ZU DEN PRÄSIDENTSCHAFTSWAHLEN (1932) Das Zentralkomitee der Kommunistischen Partei Deutschlands hat zur Frage der Präsidentschaftswahlen Stellung genommen. Die Kommunistische Partei Deutschlands, als die einzige politische Klassenvertretung des deutschen Prole- tariats, wird durch die Aufstellung eines eigenen Kandidaten und die aktiv- ste Mobilisierung der ausgebeuteten Volksmassen selbständig am Wahl- kampf teilnehmen. Die Kommunistische Partei betrachtet die Präsident- schaftswahlen, wie alle anderen öffentlichen Wahlen und Volksabstimmun- gen, nicht als parlamentarische sondern als außerparlamentarische Aufgabe, als einen Bestandteil des Kampfes von Klasse gegen Klasse. Sie ist sich vollkommen der Tatsache bewußt, daß es ihr nicht möglich ist, unter der Herrschaft des Kapitalismus die Mehrheit der abgegebenen Stim- men nach den »Spielregeln« der bürgerlichen Verfassung auf ihre Kan- didaten zu vereinigen?0. Beim ersten Wahlgang am 13. März 1932 erhielt Thälmann 13,2% (fast 5 Millionen) der Stimmen, während 49,6 % der Stimmen auf Hindenburg und 30,1 % auf Hitler entfielen. Beim zweiten Wahlgang am 10. April stellte die KPD wiederum Thälmann auf, er erhielt aber nur noch 10,2% (= 3,7 Millionen) der Stimmen, gegenüber 53 °/o für Hindenburg und 36,8 °/o für Hitler. DIE KPD IN DER TAGESPOLITIK                                                                       IO7 Die Kommunistische Partei benutzt vielmehr die Präsidentschaftswahlen, um die Millionenmassen der Arbeiterschaft auf Grund ihrer Tageskämpfe für die bolschewistischen Ziele aufzurütteln, um die Einheitsfront des Prole- tariats, als Führer aller Werktätigen, zu erweitern und zu festigen, um die Parteien der sich faschisierenden bürgerlichen Diktatur und ihre zuverläs- sige Stütze, die Sozialdemokratie, als die Todfeinde der gesamten Arbeiter- klasse zu entlarven und zu bekämpfen. Angesichts der Bestrebungen, für die Kandidatur des gegenwärtigen Prä- sidenten Hindenburg in ganz Deutschland alle Agenten des in- und auslän- dischen Finanzkapitals, von den Nationalsozialisten über die Brüningschen Regierungsparteien bis zur Sozialdemokratie, zu einem reaktionären Block zu vereinigen, gewinnt die Aufstellung einer kommunistischen Arbeiterkan- didatur, einer Klassenkandidatur des Proletariats gegen alle seine Ausbeu- ter und Unterdrücker besonders große Bedeutung. Das Zentralkomitee hat den Beschluß gefaßt, den Vorsitzenden der Kom- munistischen Partei Deutschlands, den Genossen Ernst Thälmann, als loten Arbeiterkandidaten für die Präsidentschaftswahlen aufzustellen. Die Kommunistische Partei Deutschlands führt den Wahlkampf als außer- parlamentarische Massenaktion, gestützt auf alle Klassenorganisationen und Einheitsfrontorgane des Proletariats, unter folgenden Losungen: Klasse gegen Klasse! Rote Einheitsfront — gegen die gesamte Reaktion von Severing bis Hitler! Für den roten Arbeiterkandidaten - gegen den Kandidaten des Kapitals, der Faschisten und der Sozialdemokratie! Für den Kandidaten der sozialen und nationalen Befreiung — gegen den Kandidaten der Tribute und Reparationen! Für den Kandidaten der Armen — gegen den Kandidaten der Reichen! Für Brot und Freiheit — gegen Not und Knechtschaft! Für ein freies sozialistisches Rätedeutschland im Bündnis mit der Sowjet- union und dem Weltproletariat — gegen den bankrotten Kapitalismus! Die Kommunistische Partei Deutschlands ruft die gesamte Arbeiterklasse, alle Ausgebeuteten in Stadt und Land auf, überall unter diesen Losungen den Kampf aufzunehmen, Zehntausende von roten Wahlhelfern zu stellen, in den Betrieben und an den Stempelstellen rote Einheitsausschüsse zu bilden und ihre Stimme dem roten Arbeiterkandidaten Ernst Thälmann zu geben. Berlin, den 12. Januar 1932 Zentralkomitee der Kommunistischen Partei Deutschlands Die Rote Fahne vom 13. Januar 1932. I08                                    DIE KPD IN DER WEIMARER REPUBLIK 27- AUFRUF DER KPD ZUR REICHSTAGSWAHL (1932) Proletarier, Werktätige Deutschlands! Am 7. November feiert das Weltproletariat gemeinsam mit den 130 Mil lionen Arbeitern und Bauern der Sowjetunion den 15. Jahrestag der sieg- reichen russischen Revolution. Unter Führung der Kommunistischen Partei vollzieht sich in der USSR der gigantische sozialistische Aufbau. Die Er- werbslosigkeit ist im sozialistischen Vaterland aller Werktätigen liquidiert, ein gewaltiger materieller und kultureller Aufstieg der Massen hat durch die siegreiche Machtübernahme der proletarischen Klasse im Bunde mit den werktätigen Bauern eingesetzt. Im kapitalistischen Deutschland richtet die Wirtschaftskrise täglich neue Verwüstung an! Sinkende Produktion, rückläufiger Export, Schrumpfung der Konsumtionskraft der Massen, das Ende der sozialen Reformen und die absolute Verelendung der Massen signalisieren den Niedergang des Kapita- lismus auf der ganzen Linie. Neun Millionen Erwerbslose ohne Arbeit und Brot! Zwanzigtausend Selbstmorde allein im Jahre 1931! Ein Heer von Obdachlosen und Bettlern bevölkert die Landstraßen! Notverordnungslohnabbau, betriebliche Lohnraubdiktate, Kürzung der Hungerrenten für die Erwerbslosen, Invaliden- und Fürsorgeempfänger prasseln auf die Armen nieder! Zölle verteuern die Lebensmittel, die Kinder- sterblichkeit nimmt zu, und eine rapide Abnahme des Geburtenüberschusses, eine fortschreitende Zunahme der Verelendung auch der breiten Schichten der Angestellten, Beamten, des Mittelstandes, der Kleinbauern und der Werkstudenten sind die Folgen kapitalistischer Katastrophenpolitik. Schwerer denn je zerren die Ketten von Versailles an den Gliedern des werktätigen deutschen Volkes und vergrößern die Ausbeutung und Ausplün- derung der Massen. Die Kriegsgefahr wächst. Der deutsch-französische und der deutsch-polnische Gegensatz verschärfen sich durch die Tributpolitik Frankreichs und durch die Abenteurerpolitik der deutschen Bourgeoisie von Woche zu Woche. Immer bedrohlicher wachsen die Kriegsvorbereitungen der deutschen und der übrigen Imperialisten, um ihre Gegensätze durch kriege- rische Abenteuer auszutragen, immer schärfer werden die Angriffe der Bour- geoisie auf das Proletariat, um durch Faschismus und imperialistischen Krieg einen Ausweg aus der kapitalistischen Krise zu suchen. Die herrschende Klasse schwätzt von »Krisenüberwindung« und neuen »Silberstreifen« am Horizont! Aber jede ihrer Maßnahmen zur Überwin- dung der Krise schlingt den Krisenknoten immer fester. — DIE KPD IN DER TAGESPOLITIK                                                                       IO9 Durch Riesen-Subventionsgeschenke, die durch Lohn-, Gehalts- und Unter- stützungsabbau in die Geldschränke der Reichen fließen, soll der Bankrott des deutschen Kapitalismus aufgehalten werden. Aber ein Volkssturm hat sich gegen die heutigen Machthaber erhoben. Nie wurden in Deutschland die Herrschenden so gehaßt von den werktätigen Volksmassen, wie gerade die jetzigen Machthaber! . .. Wir Kommunisten wollen ein Deutschland, in dem nur die Arbeiter und Bauern herrschen! Nur das sozialistische Deutschland wird die Fabriken, Kontore und Berg- werke wieder in Gang setzen und die Stempelstellen abschaffen. Nur das sozialistische Deutschland wird den Kleinbauern Land und den Landarbei- tern Brot bringen! Nur das sozialistische Deutschland wird die Geißel des Zinswuchers, der Pfändung und der Steuerlasten vom werktätigen Mittel- stand abwenden! Nur das sozialistische Deutschland wird aus der geknech- teten Jugend, die im Kapitalismus keine Zukunft hat, eine aufbaufreudige, lebensbejahende sozialistische Generation schaffen, die zu einer helden- haften Brigade des sozialistischen Aufbaus werden wird. Nur das sozialisti- sche Deutschland wird den werktätigen Frauen die volle gesellschaftliche und wirtschaftliche Gleichberechtigung geben! Ein sozialistisches Deutschland wird den Schandvertrag von Versailles zerreißen. Sie allein wird im Bündnis mit dem befreiten Millionenvolk der Sowjetunion jeden Anschlag Frankreichs, Polens und anderer Imperialisten auf Deutschland zu vereiteln wissen! Erst das kommende sozialistische Deutschland wird der unterdrückten deutschen Bevölkerung in Österreich, Elsaß-Lothringen, Südtirol usw. die Möglichkeit eines freiwilligen Anschlus- ses geben. Werktätige in Stadt und Land, stärkt daher unsere revolutionäre Freiheitsarmee im Kampf gegen Versailles! Die Reichstagswahl vom 6. November muß die Entschlossenheit aller Un- terdrückten für den Kampf gegen kapitalistische Ausbeutung und Ausplün- derung, muß den gemeinsamen Kampfwillen aller Notleidenden für den Sozialismus demonstrieren. Die Papen-Reaktion spekuliert auf eure Wahl- müdigkeit! Wahlenthaltung aber heißt die Hilfe für Papen! Legt am 6. November ein Millionenbekenntnis ab für den Kommunismus! Kämpft in der Einheits- frontaktion für den revolutionären Freiheitskampf unter dem Banner der KPD, für den Sieg der Liste 3! Kampf der Papen-Regierung! Kampf den Notverordnungen! Nieder mit den imperialistischen Kriegstreibern! Kampf den sozialfaschistischen Streik- brechern! Nieder mit dem arbeitermordenden Faschismus! Es lebe die Einheitsfrontaktion aller Arbeiter und Angestellten gegen Lohn-, Gehalts-Unterstützungsraub und faschistische Diktatur! Es lebe die 110 DIE KPD IN DER WEIMARER REPUBLIK Antifaschistische Aktion! Es lebe die Sowjetunion! Es lebe der Sieg der Arbeiter und Bauern, es lebe der Sozialismus! Zentralkomitee der Kommunistischen Partei Deutschlands. Die Rote Fahne vom 23. Oktober 1932. 28. »DIE KPD IM ANGRIFF« (1932) Die revolutionäre Krise in Deutschland reift immer schneller heran. Mit einer machtvollen Welle der antifaschistischen Einheitsfront antwortete das deutsche Proletariat unter der Führung der KPD auf die blutige Orgie des Nationalsozialismus, dem die deutsche Sozialdemokratie mit so viel Eifer den Weg gebahnt hat. Der Massenstreikkampf, der mit jedem Tag erstarkt, der allgemeine Streik der Verkehrsarbeiter in der Reichshauptstadt*1 war die Antwort der deutschen Arbeiter an die Notverordnungen der faschisti- schen Papen-Regierung. Sechs Millionen Wähler stellte das Deutschland der Arbeiter am 15. Jahrestag der proletarischen Diktatur in der Sowjetunion der faschistischen Diktatur und dem ganzen Lager des kapitalistischen Aus- wegs aus der Krise entgegen. Das XII. EKKI-Plenum und die darauf folgende Konferenz der KPD haben eine klare, bolschewistische Perspektive der Entwicklung der prole- tarischen Revolution in Deutschland vorgezeichnet. Die nach dem 20. Juli in Deutschland errichtete faschistische Diktatur*2 versucht, die Kräfte der Konterrevolution zu sammeln. Sie nützt die chauvinistische Welle aus, um die Schärfe der Klassengegensätze zu vertuschen, und versucht durch eine Politik imperialistischer Aggressionen Illusionen zu säen, als ob sie einen tatsächlichen Kampf gegen das Versailler Diktat führte. Der Zweck der Übung ist, die von dem Nationalsozialismus betrogenen, durch die Schrek- ken der Krise wildgewordenen Massen der Kleinbourgeoisie vor den Karren des deutschen Imperialismus zu spannen. Die faschistische Papen-Regierung Der Berliner Verkehrsarbeiterstreik im November 1932 wurde sowohl von der kommunistischen Revolutionären Gewerkschaftsopposition (RGO) als auch von der nationalsozialistischen NSBO unterstützt. Die freien Gewerkschaften hatten sich gegen den Streik ausgesprochen. Die »Einheitsfront« zwischen Kommunisten und Nationalsozialisten im November 1932 ist eines der Beispiele für die verheerenden Folgen der KPD-Theorien über Faschismus und Demokratie. Am 20. Juli 1932 hatte die Regierung Papen die preußische Regierung Braun- Severing durch einen Staatsstreich abgesetzt. DIE KPD IN DER TAGESPOLITIK III führt eine erbitterte Offensive auf die Lebenshaltung der Arbeitermassen und versucht, das Agrarkapital mit dem Industriekapital zu vereinigen, in- dem sie bald diesem, bald jenem einen fetten Happen zuschanzt. Dem Indu- striekapital werden Milliarden an Subsidien gewährt, dem Agrarkapital zuliebe wird die »berühmte« Politik der »Autarkie« betrieben. Es sollen Illusionen hervorgerufen werden, als ob man die kapitalistische Krise bereits wirksam zu überwinden beginne, um dadurch die breiten Massen der Werk- tätigen Deutschlands in den Dienst des kapitalistischen Systems zu stellen. Diese Versuche, die Kräfte der Konterrevolution zu sammeln, werden jedoch von der immer schneller anwachsenden Welle des revolutionären Auf- schwungs durchkreuzt. Die Sommerperiode der optimistischen Hoffnungen und Prognosen der deutschen Bourgeoisie ist zu Ende. Nichts deutet auf eine Milderung der Wirtschaftskrise in Deutschland hin. Die Krise greift elemen- tar um sich. Und nichts kann die Erregung der werktätigen Massen und ihre wachsende Unzufriedenheit mit der Bourgeoisie und ihrer faschistischen Re- gierung aufhalten. Das ist das Charakteristische an der Lage. Dieser Wesens- zug wird nur von den Opportunisten, die auf den Klassenkampf bewußt verzichten, oder von der Sozialdemokratie, die bewußt auf einen kapitali- stischen Ausweg aus der Krise hinarbeitet, ignoriert oder verschwiegen. Das XII. EKKI-Plenum und die Parteikonferenz der KPD haben aufs entschie- denste, in bolschewistischer Weise die defaitistischen, opportunistischen Theo- rien zurückgewiesen, die eine unmittelbare Widerspiegelung des Einflusses des Sozialfaschismus sind und nach denen der Kernpunkt der heutigen Ent- wicklung des Klassenkampfes — in erster Linie des Klassenkampfes in Deutschland - »Siege« der Konterrevolution und »Niederlagen« der Arbei- terklasse und ihrer kommunistischen Avantgarde seien. Die überaus wichtige geschichtliche These des XII. EKKI-Plenums über das Ende der relativen Stabilisierung des Kapitalismus, besonders in bezug auf Deutschland, wo die Prozesse, die das Ende der kapitalistischen Stabilisierung kennzeichnen, be- reits weiter gediehen sind als in den anderen großen kapitalistischen Staaten, wurde eben auf Grund einer Zunahme der Kräfte der Revolution und der aus der ganzen Situation hervorgehenden unvermeidlichen weiteren Be- schleunigung des Tempos dieses Wachstums aufgestellt... Die Entwicklung des Klassenkampfes in Deutschland nach dem XII. EKKI-Plenum hat die Analyse des Plenums vollauf bestätigt. Nach einer Reihe von Monaten der blutigen Orgien der faschistischen Terrorbanden, der zügellosesten chauvinistischen Propaganda und der unerhörten Verräte- reien der Sozialdemokratie im Namen eines Scheinkampfes gegen den Fa- schismus, nach einer Reihe effektvoller Wahlerfolge des Nationalsozialismus und eines anhaltenden Stillstandes im Streikkampf des Proletariats erleben wir heute eine Welle stetiger Wirtschaftskämpfe, äußerster politischer Zu- spitzung des Wirtschaftskampfes des Proletariats, eine Niederlage des Fa- I 12 DIE KPD IN DER WEIMARER REPUBLIK schismus und der Sozialdemokratie sowie einen bedeutenden Erfolg der Kommunistischen Partei bei den letzten Parlamentswahlen. Dieses neue An- steigen der revolutionären Welle sowie die V erbindung nicht Parlament ari- scher und parlamentarischer Erfolge der kommunistischen Avantgarde in Deutschland ist eine direkte, unzweideutige Antwort des deutschen Prole- tariats auf die Verräterpolitik der Sozialdemokratie. Es bedeutet gleich- zeitig eine Antwort an alle Miesmacher, die in den Reihen der KPD die Generallinie der Kommunistischen Internationale opportunistisch entstell- ten, die genau so wie die Sozialdemokraten in den Tagen der Präsidenten- wahlen von einer Niederlage der KPD und der deutschen Arbeiterklasse redeten, die Losung der Volksrevolution und die Aufgaben des Kampfes gegen den Faschismus sowie die Aufgaben des Kampfes gegen die Sozial- demokratie als die soziale Hauptstütze der Bourgeoisie opportunistisch ent- stellten und dadurch die Schlagkraft der revolutionären Avantgarde bei der Lösung der strategischen Hauptaufgabe — der Gewinnung der Mehrheit der deutschen Arbeiterklasse — schwächten .. . Um zu vertuschen, daß sie der faschistischen Diktatur der Papen-Regie- rung Lakaiendienste leistet, daß sie die Massen des deutschen Proletariats der faschistischen Diktatur ausliefert, versucht die Sozialdemokratie heute den deutschen Arbeitern die Illusion einzuflößen, daß »der Stimmzettel den deutschen Faschismus besiegt« hätte. »Eins ist jetzt klar — sagt der trium- phierende Otto Bauer — Deutschland wird nicht faschistisch sein.« Natürlich wird Deutschland nicht faschistisch sein. Dafür bürgen die Siege der Kommu- nisten, angefangen von der Massenabwehr des Faschismus bis zum Kampf der Berliner Verkehrsarbeiter. Dafür bürgen die Hunderttausende deutscher Arbeiter, die unter der Führung der KPD im Streik stehen. Dafür bürgen die neuen hunderttausende Arbeiterstimmen, die für den Kommunismus abge- geben wurden, dafür bürgt der unaufhaltsame Vormarsch des Kommunismus, der seinen Ausdruck auch nach den Reichstagswahlen bei den Wahlen in ein- zelnen deutschen Ländern gefunden hat. Die KPD wird die Mobilisierung der Massen gegen alle Formen der faschistischen Diktatur in Deutschland verstärken, darunter in erster Linie gegen die heutige faschistische Diktatur der Papen-Regierung, die von der Sozialdemokratie bereits unterstützt wird und die die Otto Bauer dadurch stärken möchten, daß sie von der endgül- tigen Niederlage Hitlers und von dem Verschwinden der Gefahr einer faschistischen Diktatur in Deutschland faseln ... Ob nun eine Regierung mit Hitler oder ohne Hitler zustande kommt, ob die faschistische Papen-Diktatur in Deutschland als eine Präsidialregierung oder als eine »durchaus parlamentarische« Regierung schaltet und waltet, ob an der Spitze der deutschen faschistischen Regierung Papen oder irgend- ein anderer Vertrauensmann des Monopolkapitals, das seine Gegensätze nicht überwinden kann, stehen wird — eines ist klar: die faschistische Dik- DIE KPD IN DER TAGESPOLITIK II3 tatur von Papens ist nicht imstande, der wachsenden inneren und äußeren Widersprüche des deutschen Kapitalismus Herr zu werden. Eine noch schwe- rere Zeit, ein sehr schwerer Krisenwinter steht bevor. Die weitere Zunahme der revolutionären Gärung in den breitesten Massen der Werktätigen ist unvermeidlich. Und die Aufgabe der kommunistischen Avantgarde Deutsch- lands besteht darin, auf der Grundlage der Beschlüsse des XII. EKKI- Plenums und der Parteikonferenz der KPD, auf der Grundlage der neuen Erfahrungen der jüngsten revolutionären Kämpfe, auf der Grundlage der konkreten Führung in allen Formen des Klassenkampfes des Proletariats den Angriff auf den Faschismus und die Sozialdemokratie fortzusetzen, die Massen auf die Revolution für die Diktatur des Proletariats, für ein Sowjet- deutschland vorzubereiten ... Die Kommunistische Internationale Heft 17/18 vom 15. Dezember 1932 S. 1209-1211, 1215-1218. C. DIE KPD UND DIE SOWJETUNION 29- DER SIEG DER BOLSCHEWIKI Die Bolschewiki, die russischen Linksradikalen, haben gesiegt. Die Men- schewiki, die feigen Opportunisten, die die Revolution an die Kapitalisten und die Ententemächte verrieten, sind an die Wand gedrückt, die Kerenski, Tereschtschenko, Zereteli gestürzt und gefangengesetzt wie die Romanows. Lenin, der Geächtete, der Marat der russischen Revolution, ist aus seinen unterirdischen Zufluchtsstätten herauf gestiegen; er triumphiert. Damit ist an die Spitze der russischen Staatsmacht ein Mann von unbändigem revolutio- närem Feuer getreten, ein eiserner Charakter von riesiger Energie, von unbeugsamer Konsequenz, ein Todfeind jedes zersetzenden Opportunismus. Getragen von dem Willen der Industriearbeiterschaft:, die alle Schichten der Revolution geschlagen, die in halbjährigen bitteren Enttäuschungen erfahren mußte, daß allein rücksichtslose Klassenpolitik, allein die Diktatur des städti- schen und ländlichen Proletariats die Revolution retten kann, getragen von den Hoffnungen des kriegsmüden Heeres aller Elenden und Hungernden, gehen jetzt die Bolschewiki daran, den russischen Augiasstall zu reinigen, Rußlands Wirtschaft wieder aufzurichten, der Welt den Frieden zu brin- gen ... Arbeiterpolitikii Nam 17. November 1917 in: Dokumente und Materialien zur Geschichte der deutschen Arbeiterbewegung Band 2, Dietz Verlag, Berlin 1957, S. 15. »Arbeiterpolitik< war das Organ der Bremer Linksradikalen, die auch in Hamburg und Sachsen Stützpunkte hatten. Redakteure waren Johann Knief und Paul Frölich. Die Linksradikalen hatten enge Verbindung zu Radek und standen dem Leninismus nahe. Am 31. Dezember 1918 vereinigten sie sich mit dem Sparta- kusbund zur KPD. IIÓ                                    DIE KPD IN DER WEIMARER REPUBLIK 30. DIE RUSSISCHE TRAGÖDIE"’ von Rosa Luxemburg** Seit dem Brest-Litowsker Frieden ist die russische Revolution in eine sehr schiefe Lage geraten. Die Politik, von der sich die Bolschewiki dabei haben leiten lassen, liegt auf der Hand: Friede um jeden Preis, um eine Atempause zu gewinnen, inzwischen die proletarische Diktatur in Rußland auszubauen und zu befestigen, soviel wie irgend möglich an Reformen im Sinne des So- zialismus zu verwirklichen und so den Ausbruch der internationalen prole- tarischen Revolution abzuwarten, sie zugleich durch das Beispiel Rußlands zu beschleunigen. Da die absolute Kriegsmüdigkeit der russischen Volks- massen und zugleich die militärische Desorganisation, die vom Zarismus hinterlassen war, die Fortsetzung des Krieges sowieso zu einem aussichts- losen Verbluten Rußlands zu machen schien, so war ohnehin kein anderer Ausweg als schleuniger Abschluß des Friedens möglich. Dies war die Rech- nung von Lenin und Genossen. Sie war diktiert von zwei rein revolutionären Gesichtspunkten: von dem unerschütterlichen Glauben an die europäische Revolution des Proletariats als den einzigen Ausweg und die unvermeidliche Konsequenz des Weltkrie- ges und von der ebenso unerschütterlichen Entschlossenheit, die einmal er- rungene Macht in Rußland bis zum äußersten zu verteidigen, um sie zur energischsten und radikalsten Umwälzung auszunützen. Und doch war sie zum größten Teil eine Rechnung ohne den Wirt, nämlich ohne den deutschen Militarismus, dem sich Rußland durch den Separatfrie- den auf Gnade und Ungnade ausgeliefert hat. Der Brester Friede war in Wirklichkeit nichts anderes als eine Kapitulation des russischen revolutio- nären Proletariats vor dem deutschen Imperialismus. Freilich, Lenin und seine Freunde täuschten über die Tatsache weder sich noch andere. Sie gaben * Der Artikel spricht Befürchtungen aus, die auch in unseren Kreisen vielfach vor- handen sind - Befürchtungen, die aus der objektiven Lage der Bolschewiki, nicht aus ihrem subjektiven Verhalten entspringen. Wir bringen den Artikel vornehmlich wegen seiner Schlußfolgerung: ohne die deutsche Revolution keine Rettung der russi- schen Revolution, keine Hoffnung für den Sozialismus in diesem Weltkriege. Es bleibt nur die eine Lösung: der Massenaufstand des deutschen Proletariats. (Fußnote in der Quelle.) »Die russische Tragödie« erschien in den »Spartakusbriefen«. Wie die Fußnote der Redaktion zeigt, teilten nicht alle Mitglieder des Spartakusbundes Rosa Luxem- burgs kritische Stellungnahme gegenüber der bolschewistischen Taktik in Rußland. DIE KPD UND DIE SOWJETUNION                                                                       II/ die Kapitulation unumwunden zu. Worüber sie sich leider täuschten, war die Hoffnung, um den Preis dieser Kapitulation eine wirkliche Atempause zu erkaufen, durch einen Separatfrieden sich aus dem Höllenbrand des Weltkrieges wirklich retten zu können. Sie zogen die Tatsache nicht in Be- tracht, daß die Kapitulation Rußlands in Brest-Litowsk eine enorme Stär- kung der imperialistisch-alldeutschen Politik, damit gerade die Schwächung der Chancen einer revolutionären Erhebung in Deutschland bedeuten und nicht den Abschluß des Krieges mit Deutschland herbeiführen würde, son- dern bloß den Anfang eines neuen Kapitels dieses Krieges ... Eine Allianz der Bolschewiki mit dem deutschen Imperialismus wäre der furchtbarste moralische Schlag für den internationalen Sozialismus, der ihm noch versetzt werden könnte. Rußland war der einzige letzte Winkel, wo revolutionärer Sozialismus, Reinheit der Grundsätze, ideale Güter noch einen Kurs hatten, wohin sich die Blicke aller ehrlichen sozialistischen Elemente in Deutschland wie in ganz Europa richteten, um sich vom Ekel zu erholen, den die Praxis der westeuropäischen Arbeiterbewegung hervorruft, um sich mit Mut zum Ausharren, mit Glauben an ideelle Werke, an heilige Worte zu wappnen. Mit der grotesken »Paarung« zwischen Lenin und Hinden- burg wäre die moralische Lichtquelle im Osten verlöscht. Es liegt auf der Hand, daß die deutschen Machthaber der Sowjetregierung die Pistole auf die Brust setzen und ihre verzweifelte Lage ausnutzen, um ihr diese ungeheuer- liche Allianz aufzuzwingen. Aber wir hoffen, daß Lenin und seine Freunde um keinen Preis nachgeben werden, daß sie dieser Zumutung gegenüber ein kategorisches: Bis hierher und nicht weiter! zurufen werden ... Die Schuld an den Fehlern der Bolschewiki trägt in letzter Linie das internationale Proletariat und vor allem die beispiellose beharrliche Nieder- tracht der deutschen Sozialdemokratie, einer Partei, die im Frieden an der Spitze des Weltproletariats zu marschieren vorgab, alle Welt zu belehren und zu führen sich anmaßte, im eigenen Lande mindestens zehn Millionen Anhänger beider Geschlechter zählte und nun seit 4 Jahren wie die feilen Landsknechte des Mittelalters auf Geheiß der herrschenden Klassen den Sozialismus vierundzwanzigmal an jedem Tag ans Kreuz schlägt... Es gibt nur eine Lösung der Tragödie, in die Rußland verstrickt ist: den Aufstand im Rücken des deutschen Imperialismus, die deutsche Massen- erhebung, als Signal zur internationalen revolutionären Beendigung des Völkermordes. Die Rettung der Ehre der russischen Revolution ist in dieser Schicksalsstunde identisch mit der Ehrenrettung des deutschen Proletariats und des internationalen Sozialismus. Spartakusbriefe (Neudruck) Hrsg, von der Kommunistischen Partei Deutschlands (Spartakusbund) Berlin 1920, S. 181-186. 118 DIE KPD IN DER WEIMARER REPUBLIK 31- DIE RUSSISCHE REVOLUTION von Rosa Luxemburg 35 ... In dieser Situation gebührt der bolschewistischen Richtung das geschicht- liche Verdienst, von Anfang an diejenige Taktik proklamiert und mit eiser- ner Konsequenz verfolgt zu haben, die allein die Demokratie retten und die Revolution vorwärts treiben konnte. Die ganze Macht ausschließlich in die Hände der Arbeiter- und Bauernmasse, in die Hände der Sowjets, — dies war in der Tat der einzige Ausweg aus der Schwierigkeit, in die die Revo- lution geraten war, das war der Schwertstreich, womit der gordische Knoten durchhauen, die Revolution aus dem Engpaß hinausgeführt und vor ihr das freie Blachfeld einer ungehemmten weiteren Entfaltung geöffnet wurde. Die Lenin-Partei war somit die einzige in Rußland, welche die wahren Interessen der Revolution in jener ersten Periode begriff, sie war ihr vor- wärtstreibendes Element, als in diesem Sinne die einzige Partei, die wirk- lich sozialistische Politik trieb. Dadurch erklärt sich auch, daß die Bolschewiki, im Beginn der Revolu- tion eine von allen Seiten verfemte, verleumdete und gehetzte Minderheit, in kürzester Zeit an die Spitze der Revolution geführt wurden und alle wirklichen Volksmassen: das städtische Proletariat, die Armee, das Bauern- tum, sowie die revolutionären Elemente der Demokratie: den linken Flügel der Sozialisten-Revolutionäre unter ihrer Fahne sammeln konnten . . . Freiheit nur für die Anhänger der Regierung, nur für Mitglieder einer Partei — mögen sie noch so zahlreich sein — ist keine Freiheit. Freiheit ist immer die Freiheit des anders Denkenden. Nicht wegen des Fanatismus der »Gerechtigkeit«, sondern weil all das Belehrende, Heilsame und Reinigende der politischen Freiheit an diesem Wesen hängt und seine Wirkung versagt, wenn die »Freiheit« zum Privilegium wird. Die stillschweigende Voraussetzung der Diktatur-Theorie im Lenin-Trotz- kischen Sinn ist, daß die sozialistische Umwälzung eine Sache ist, für die ein fertiges Rezept in der Tasche der Revolutionspartei liege, dies dann nur mit Energie verwirklicht zu werden brauche. Dem ist leider - oder je nachdem: zum Glück — nicht so. Weit entfernt, eine Summe fertiger Vorschriften zu sein, die man nur anzuwenden hätte, ist die praktische Verwirklichung des Die russische Revolution wurde von Rosa Luxemburg 1918 während ihrer Gefängnishaft geschrieben. Wir bringen daraus nur einen typischen, kurzen Auszug. Die Arbeit wurde erstmals 1922 von Paul Levi aus dem Nachlaß Rosa Luxemburgs veröffentlicht. Von der SED wird die Schrift bis heute totgeschwiegen. In West- deutschland erschienen nach 1945 zwei Ausgaben der Broschüre. DIE KPD UND DIE SOWJETUNION                                                                      119 Sozialismus als eines wirtschaftlichen, sozialen und rechtlichen Systems, eine Sache, die völlig im Nebel der Zukunft liegt. Was wir in unserem Programm besitzen, sind nur wenige große Wegweiser, die die Richtung anzeigen, in der die Maßnahmen gesucht werden müssen, dazu vorwiegend negativen Charakters. Wir wissen so ungefähr, was wir zuallererst zu beseitigen ha- ben, um der sozialistischen Wirtschaft die Bahn frei zu machen, welcher Art hingegen die tausend konkreten praktischen großen und kleinen Maßnahmen sind, um die sozialistischen Grundsätze in die Wirtschaft, in das Recht, in alle gesellschaftlichen Beziehungen einzuführen, darüber gibt kein soziali- stisches Parteiprogramm und kein sozialistisches Lehrbuch Aufschluß... Lenin und Trotzki haben an Stelle der aus allgemeinen Volkswahlen her- vorgegangenen Vertretungskörperschaften die Sowjets als die einzige wahre Vertretung der arbeitenden Massen hingestellt. Aber mit dem Erdrücken des politischen Lebens im ganzen Lande muß auch das Leben in den Sowjets immer mehr erlahmen. Ohne allgemeine Wahlen, ungehemmte Preß- und Versammlungsfreiheit, freien Meinungskampf erstirbt das Leben in jeder öffentlichen Institution, wird zum Scheinleben, in der die Bürokratie allein das tätige Element bleibt. Diesem Gesetz entzieht sich niemand. Das öffent- liche Leben schläft allmählich ein, einige Dutzend Parteiführer von uner- schöpflicher Energie und grenzenlosem Idealismus dirigieren und regieren, unter ihnen leitet in Wirklichkeit ein Dutzend hervorragender Köpfe und eine Elite der Arbeiterschaft wird von Zeit zu Zeit zu Versammlungen auf- geboten, um den Führern Beifall zu klatschen, vorgelegten Resolutionen ein- stimmig zuzustimmen, im Grunde also eine Cliquenwirtschaft — eine Dikta- tur allerdings, aber nicht die Diktatur des Proletariats, sondern die Diktatur einer Handvoll Politiker, d. h. Diktatur im bürgerlichen Sinne, im Sinne der Jakobiner-Herrschaft (das Verschieben der Sowjet-Kongresse von drei Mo- naten auf sechs Monate!!). Ja noch weiter: solche Zustände müssen eine Ver- wilderung des öffentlichen Lebens zeitigen: Attentate, Geiselerschießun- gen usw.... Es ist die historische Aufgabe des Proletariats, wenn es zur Macht gelangt, anstelle der bürgerlichen Demokratie sozialistische Demokratie zu schaffen, nicht jegliche Demokratie abzuschaffen. Sozialistische Demokratie beginnt aber nicht erst im gelobten Lande, wenn der Unterbau der sozialistischen Wirtschaft geschaffen ist, als fertiges Weihnachtsgeschenk für das brave Volk, das inzwischen treu die Handvoll sozialistischer Diktatoren unter- stützt hat. Sozialistische Demokratie beginnt zugleich mit dem Abbau der Klassenherrschaft und dem Aufbau des Sozialismus. Sie beginnt mit dem Moment der Machteroberung durch die sozialistische Partei. Sie ist nichts anderes als Diktatur des Proletariats. Jawohl: Diktatur! Aber diese Diktatur besteht in der Art der Verwen- dung der Demokratie, nicht in ihrer Abschaffung, in energischen, entschlos- 120 DIE KPD IN DER WEIMARER REPUBLIK senen Eingriffen in die wohlerworbenen Rechte und wirtschaftlichen Ver- hältnisse der bürgerlichen Gesellschaft, ohne welche sich die sozialistische Umwälzung nicht verwirklichen läßt. Aber diese Diktatur muß das Werk der Klasse und nicht einer kleinen führenden Minderheit in Namen der Klasse sein, d. h. sie muß auf Schritt und Tritt aus der aktiven Teilnahme der Massen hervorgehen, unter ihrer unmittelbaren Beeinflussung stehen, der Kontrolle der gesamten Öffentlichkeit unterstehen, aus der wachsenden poli- tischen Schulung der Volksmassen hervorgehen. Genau so würden auch sicher die Bolschewiki vorgehen, wenn sie nicht unter dem furchtbaren Zwang des Weltkrieges, der deutschen Okkupation und aller damit verbundenen abnormen Schwierigkeiten litten, die jede von den besten Absichten und den schönsten Grundsätzen erfüllte sozialistische Politik verzerren müssen. Ein krasses Argument dazu bildet die so reichliche Anwendung des Terrors durch die Räteregierung und zwar namentlich in der letzten Periode vor dem Zusammenbruch des deutschen Imperialismus, seit dem Attentat auf den deutschen Gesandten. Die Binsenwahrheit, daß Revolutionen nicht mit Rosenwasser getauft werden, ist an sich ziemlich dürftig. Alles, was in Rußland vorgeht, ist begreiflich und eine unvermeidliche Kette von Ursachen und Wirkungen, deren Ausgangspunkte und Schluß- steine: das Versagen des deutschen Proletariats und die Okkupation Ruß- lands durch den deutschen Imperialismus. Es hieße, vor. Lenin und Genossen Übermenschliches verlangen, wollte man ihnen auch noch zumuten, unter solchen Umständen die schönste Demokratie, die vorbildlichste Diktatur des Proletariats und eine blühende sozialistische Wirtschaft hervorzuzaubern ... Das Gefährliche beginnt dort, wo sie aus der Not die Tugend machen, ihre von diesen fatalen Bedingungen aufgezwungene Taktik nunmehr theo- retisch in allen Stücken fixieren und dem internationalen Proletariat als das Muster der sozialistischen Taktik zur Nachahmung empfehlen wollen. Worauf es ankommt, ist, in der Politik der Bolschewiki das Wesentliche vom Unwesentlichen, den Kern von dem Zufälligen zu unterscheiden. In die- ser letzten Periode, in der wir vor entscheidenden Endkämpfen in der gan- zen Welt stehen, war und ist das wichtigste Problem des Sozialismus gerade- zu die brennende Zeitfrage: nicht diese oder jene Detailfrage der Taktik, sondern: die Aktionsfähigkeit des Proletariats, die Tatkraft der Massen, der Wille zur Macht des Sozialismus überhaupt. In dieser Beziehung waren die Lenin und Trotzki mit ihren Freunden die ersten, die dem Weltproletariat mit dem Beispiel vorangegangen sind, sie sind bis jetzt immer noch die ein- zigen, die mit Hutten ausrufen können: Ich hab’s gewagt! Dies ist das Wesentliche und Bleibende der Bolschewikipolitik. In diesem Sinne bleibt ihnen das unsterbliche geschichtliche Verdienst, mit der Erobe- rung der politischen Gewalt und der praktischen Problemstellung der Ver- DIE KPD UND DIE SOWJETUNION 121 wirklichung des Sozialismus dem internationalen Proletariat vorangegangen zu sein und die Auseinandersetzung zwischen Kapital und Arbeit in der gan- zen Welt mächtig vorangetrieben zu haben. In Rußland konnte das Problem nur gestellt werden. Es konnte nicht in Rußland gelöst werden. Und in die- sem Sinne gehört die Zukunft überall dem Bolschewismus. Die russische Revolution Eine kritische Würdigung. Aus dem Nachlaß von Rosa Luxemburg Hrsg, und eingeleitet von Paul Levi Verlag Gesellschaft und Erziehung, Berlin 1922 S. 76/77, 109/110, 113-120. 32- AUFRUF DER KPD ZUR UNTERSTÜTZUNG DER ROTEN ARMEE (1920)36 An das deutsche Proletariat! Arbeiter! und Arbeiterinnen! Das weißgardistische Polen bricht unter den mächtigen Schlägen der roten Armeen Räterußlands zusammen. Das Strafgericht ereilt die polnische Bourgeoisie und Junkerschaft für ihren frechen und abenteuerlichen impe- rialistischen Raubzug gegen Räterußland. Sie wenden sich in letzter Stunde an die Mächte der Entente, die sie gegen Sowjetrußland losgelassen haben. Die Entente soll sie retten vor der starken Hand der russischen Arbeiter und Bauern, deren ehrliches Friedensangebot sie ausgeschlagen haben. Die Entente soll sie retten vor dem gerechten Zorn der Arbeiter und Bau- ern des eigenen Landes, die sie frevelhaft hingeschlachtet haben und die jetzt Rechenschaft fordern für das auf den Schlachtfeldern im Dienste der Gegenrevolution vergossene Blut und für das Schreckensregiment, dem die herrschende Clique Polens sie unterwirft. Die französische und die englische Regierung empfindet die Niederlage der polnischen Konterrevolution als ihre eigene Niederlage. Während des polnisch-russischen Krieges 1920 erließ die KPD eine ganze Reihe von Aufrufen, die alle den gleichen Tenor hatten wie das in die Auswahl aufge- nommene Dokument. Das revolutionäre Rußland erfreute sich damals der Sympa- thien breiter Schichten der deutschen Arbeiterschaft. Alle sozialistischen Parteien (SPD, USP und KPD) und die verschiedenen Gewerkschaften hatten z. B. be- schlossen, nicht zu dulden, daß für Polen bestimmtes französisches Kriegsmaterial durch Deutschland transportiert werde. 122 DIE KPD IN DER WEIMARER REPUBLIK Der polnische »Damm« der Räterußland von Mittel- und Westeuropa abschließen sollte, zerbricht. Das Schwert, das für die großen imperialisti- schen Raubstaaten Westeuropas Räterußland zerfleischen sollte, damit sie es verspeisen könnten, zerbricht. Drohend pocht in Polen die proletarische Revolution an die Tore. Die großen kapitalistischen Raubmächte setzen Himmel und Hölle in Be- wegung, um die polnische Konterrevolution zu retten und wieder aufzurich- ten, um das polnische Proletariat in Ketten zu halten, um Räterußland in den Arm zu fallen, dessen Schwert diese Ketten zerbrechen hilft. Neue Hilfs- truppen, neue Munition sollen der polnischen Gegenrevolution zugeführt werden; mit Drohungen und Lockungen werden die kleinen Mächte bestürmt dabei zu helfen. Diplomatie und Presse wühlen und hetzen gegen Räteruß- land. Arbeiter, Arbeiterinnen! In diesem Augenblick ruft der 2. Weltkongreß der Kommunistischen In- ternationale die Proletarier aller Länder auf, allen Anschlägen des Welt- kapitals gegen Sowjetrußland kühn und tatkräftig entgegenzutreten und sich mit der Tat auf die Seite ihrer russischen und polnischen Brüder zu stellen. Arbeiter und Arbeiterinnen Deutschlands! Jetzt ist die Stunde, es gilt, Eure tausendfachen Gelöbnisse für Eure Brüder in die Tat umzusetzen. Eure Aufgabe erfordert die größte Wachsamkeit, Tatkraft und Entschlos- senheit! Die französische Bourgeois-Regierung rüttelt an den Toren Deutschlands und Deutschösterreichs, um Polen Truppen und Munition zuzuführen. Die englische Bourgeoisie sucht die deutsche Konterrevolution als Degen gegen den roten Osten zu erkaufen. Arbeiter, Arbeiterinnen! Die deutsche Regierung hat hochtönende Versicherungen abgegeben, daß sie im Kampfe zwischen dem weißen Polen und Sowjetrußland neutral blei- ben werde. Arbeiter, Arbeiterinnen! Die Neutralität der deutschen Bourgeoisie ist die Neutralität des geschla- genen imperialistischen Räubers, der auf die günstigste Gelegenheit wartet, um sich wieder aufzurichten und als Gleichberechtigter in den Kreis der großen imperialistischen Räuber wieder einzutreten. Diese Neutralität kann jeden Augenblick umschlagen in das imperialisti- sche Abenteuer und den konterrevolutionären Streich. Arbeiter, Arbeiterinnen! Ihr allein, die revolutionären Kämpfer, seid berufen und habt die Macht, DIE KPD UND DIE SOWJETUNION                                                                      I2J den unübersteiglichen Wall zu bilden, der alle Anschläge der kapitalistischen Räuber gegen Sowjetrußland und gegen das polnische Proletariat abhält... Versammelt Euch zu Massenkundgebungen, um der eigenen und den frem- den kapitalistischen Regierungen Eure zu jeder erforderlichen Tat bereite Solidarität mit Sowjetrußland zu offenbaren. Haltet jeden Truppen- und Munitionstransport nach Polen an. Stellt Euch insgesamt geschlossen hinter die Eisenbahnerschaft, wenn Ge- walt gegen sie versucht wird, von wem es auch sei, um sie zur Duldung der Durchfuhr von Truppen und Munition zu zwingen, die für Polen bestimmt sind. Seid bereit, die höchste revolutionäre Kraft zu entfalten, um jeden An- schlag auf eure revolutionäre Pflicht und Ehre abzuwehren. Es lebe Sowjetrußland! Es lebe das revolutionäre Polen! Es lebe die Weltrevolution! Den 6. August 1920 Zentrale der Kommunistischen Partei Deutschlands (Spartakusbund) Die Rote Fahne vom 7. August 1920. 124 DIE KPD IN DER WEIMARER REPUBLIK 33- DIE KPD ZU RAPALLO Das deutsch-russische Abkommen Von A. Thalheimer^ i.... Die wichtigsten Bestimmungen des Abkommens. Die erneute rechtliche Anerkennung der Sowjetrepublik und die Her- stellung der normalen diplomatischen Beziehungen. — 2. Der gegenseitige Verzicht auf die Wiedergutmachung der Kriegsschäden. — 3. Die Meistbegün- stigung für Deutschland für alle Handelsverträge, Zollabkommen usw., die mit anderen bürgerlichen Staaten abgeschlossen werden. — 4. Der Verzicht auf Erstattung der »Revolutionsschäden«; aber unter Vorbehalt, diese An- sprüche geltend zu machen, wenn die Ententestaaten dies erreichen. — 5. Die Verpflichtung der beiden Regierungen, die Herstellung des gegenseitigen Wirtschaftsverkehrs zu fördern. Die Bedeutung des Abkommens für Sowjetrußland ist mehr eine morali- sche als eine materielle. Es ist nach den Abkommen mit Polen und den balti- schen Staaten der zweite Durchbruch durch den Ring, den die vereinigten imperialistischen Raubmächte um Sowjetrußland geschlossen haben. Welche materielle Bedeutung der Vertrag für den Wiederaufbau Sowjetrußlands haben wird, wird ganz von der Art der Durchführung seitens der deutschen Regierung und der deutschen Industriellen abhängen. Für die deutsche Re- gierung bedeutet das Abkommen den ersten zaghaften und halben Schritt, um im Verhältnis zu Sowjetrußland seine Handlungsfreiheit wiederzuge- winnen, um die Sklavenketten zu lockern, die es sich freiwillig von der Entente hat auferlegen lassen. Für die internationale Bedeutung des Abkommens zeugt die tolle Wut der Entente-Regierungen. Die Phrasen des ersten Tages der Genua-Konferenz von der Gleichberechtigung aller Teilnehmer, von dem loyalen Bemühen zum Wiederaufbau Sowjetrußlands und der Weltwirtschaft überhaupt, wer- den durch die Aufnahme, die diese Regierungen dem Abkommen gewährten, in der denkbar drastischsten Weise demaskiert. Wenn ein Abkommen, das — und noch in ganz ungenügender Weise — ein normales kapitalistisches Ver- hältnis zu Sowjetrußland herstellen will, als ein Attentat gegen die Konfe- renz bezeichnet wird, so ist jedem Arbeiter klar, daß die Konferenz damit Thalheimers Artikel gibt die offizielle Stellungnahme der KPD zum Rapallo- Vertrag zwischen Deutschland und der Sowjetunion wieder. DIE KPD UND DIE SOWJETUNION                                                                       12$ unverhüllt zugesteht, daß ihre wirklichen Absichten gegenüber Sowjetruß- land einfach die von unverschämten Räubern sind. Deutschland hat die Solidarität der Räuber durchbrochen: also kreuziget es! Deutschland hat auf den tollen Wahnsinn der Wiedergutmachung gegenüber Sowjetrußland ver- zichtet. Kreuziget es! Deutschland hat gewagt, für einen Augenblick zu ver- gessen, daß es eine Ententekolonie ist: kreuziget! Alle die Raubverträge von Versailles bis heute sind unantastbar, undiskutierbar für die Genua-Kon- ferenz. Der Vertrag Deutschlands mit Sowjetrußland aber bedarf der Sank- tion der großen imperialistischen Räuber! Die deutschen Parteien und das Abkommen. Die Aufmerksamkeit der internationalen Arbeiterklasse muß ganz beson- ders auf die Tatsache gelenkt werden, daß von allen deutschen Parteien die Sozialdemokratie allein ganz deutlich Stimmung gemacht hat gegen das Ab- kommen. Ihre sklavische Furcht vor der Entente, ihr blinder, wütender Haß gegen die russische Revolution läßt sie nicht einmal das Maß von Mut und Verstand aufbringen, das die bürgerlichen Parteien aufgebracht haben. Sie fürchtet wie den Tod die Berührung mit der Sowjetrepublik, weil sie weiß, daß eine auf alle Arbeiter sich stützende Partei nicht auf die Dauer einen gegenrevolutionären Kurs aufrechterhalten, die Kommunistische Partei des eigenen Landes mit Erfolg bekämpfen kann, wenn sie sich außenpolitisch auf einen Arbeiterstaat stützt. Die bürgerlichen Parteien begrüßen bei aller Beklemmung das Abkommen als einen ersten Schritt, der Deutschland Initiative und Handlungsfreiheit wiedergibt, sie verfehlen aber nicht, darauf hinzuweisen, daß die Regierung jetzt um so schärfer gegen die deutschen Kommunisten vorgehen müsse. Wir deutschen Kommunisten unsererseits haben nicht das geringste Zu- trauen, daß die Regierung Wirth-Rathenau oder irgend eine andere bürger- liche Koalitionsregierung imstande sein wird, auf dem Wege, der durch das Abkommen eingeschlagen ist, durchzuhalten und weiterzugehen. Die Ge- schichte von 3V2 Jahren der Außenpolitik der bürgerlichen Republik verbie- tet uns diesen Glauben. Wir unterziehen die Teile des Vertrages, in denen sich noch die ohnmächtigen imperialistischen Raubgelüste der deutschen Re- gierung kundtun, einer offenen und rücksichtslosen Kritik. Aber wir sagen den deutschen Arbeitern: es ist eure Pflicht, dafür zu sorgen, daß dieser Schritt nicht mehr rückwärts gemacht wird, sondern daß ihm weitere Schritte in der Richtung des Anschlusses an Sowjetrußland folgen. Das Abkommen und die internationale Arbeiterklasse. Es ist klar, daß die internationale Arbeiterklasse, bei aller Reserve und kritischen Haltung gegenüber der Aufrichtigkeit und der Ausdauer der ge- genwärtigen deutschen Regierung im Verhältnis zu Sowjetrußland ver- 126 DIE KPD IN DER WEIMARER REPUBLIK pflichtet ist, so energisch wie nur möglich der heuchlerischen und bösartigen Hetze ihrer respektiven Regierungen gegen das Abkommen entgegenzutre- ten, daß sie verlangen muß, daß auch die anderen Staaten ihre räuberischen Entschädigungsforderungen und ihre Angriffe auf die staatliche Selbstbe- stimmung des russischen Volkes aufgeben. Es gilt jetzt, mit verstärkter Wucht die Einberufung einer Weltkonferenz des Proletariats in der aller- kürzesten Zeit zu fordern, die den in Genua versammelten Raubstaaten den Massendruck des Weltproletariats gegenüberstellt. Falls es dazu kommt — was nicht ausgeschlossen ist —, daß diese Raubstaaten die Genua-Konferenz auffliegen lassen, dann ist die schnellste und energischste Mobilisierung der breitesten Arbeitermassen unbedingt erforderlich. Internationale Presse-Korrespondenz vom 20. April 1922, S. 395/396.   AUS DEM MANIFEST AN SOWJETRUSSLAND DES VIII. KPD-PARTEITAGES (1923) A Der Parteitag der Kommunistischen Partei Deutschlands sendet die herz- lichsten, brüderlichsten Grüße Sowjetrußland, seinen heldenhaft für die Ver- wirklichung des Kommunismus ringenden und opfernden Proletariern, sei- nen rätetreuen Bauern. Er spricht Sowjetrußland den tiefsten Dank dafür aus, daß es in dieser Stunde höchster Gefahr, wo der französische Imperialis- mus unter aktivster Mitschuld der Weltbourgeoisie - und namentlich auch der deutschen Bourgeoisie —, die wachsende Möglichkeit eines neuen, furcht- baren Völkermordens heraufbeschwört und die sichere, gesteigerte Ausbeu- tung und Verknechtung der Arbeiter Deutschlands, Frankreichs, aller kapi- talistischen Staaten, in treuer Solidarität an die Seite der zunächst und am stärksten bedrohten deutschen Arbeiter und damit der Ausgebeuteten aller- wärts getreten ist. Der Staat der russischen Proletarier und Bauern, der ein- zige Arbeiterstaat der Welt, hat eindringlich in aller Form schärfsten Protest erhoben gegen die militärische Besetzung des Ruhrgebietes als gegen eine brutale Vergewaltigung des Rechts der Völker auf nationale Unabhängig- keit und Selbstbestimmung; als gegen eine unerträgliche Steigerung der Aus- powerung und des Elends der werktätigen Massen; als gegen eine verbreche- rische Gefährdung des Friedens. DIE KPD UND DIE SOWJETUNION                                                                       12/ Der Parteitag der Kommunistischen Partei Deutschlands dankt Sowjet- rußland für die mit Strömen von Blut und unermeßlichen Opfern unver- wischbar in die Geschichte geschriebene Lehre, daß die Sache der Nation heute die Sache der Arbeiterklasse ist. Bei den Konkurrenzkämpfen um Profit und Macht gefährdet und verrät die Bourgeoisie außen wie innen dauernd das Recht der Völker auf nationale Unabhängigkeit und Selbstän- digkeit. Sowjetrußland hat bewiesen, daß dieses Recht nur sichergestellt und behauptet werden kann durch die Entfesselung der revolutionären Massen- kräfte. Einzig und allein die proletarische Revolution, die den Klassenfeind auf dem heimischen Boden niederwarf, hat in der Roten Armee die Helden- scharen russischer Proletarier und Bauern geschaffen, die an allen Fronten von Polens Grenzen bis Wladiwostok, von Archangelsk bis Sewastopol die von der Weltbourgeoisie ausgerüsteten und unterhaltenen gegenrevolutio- nären Heere geschlagen haben. Sowjetrußland ist der einzige Staat der Welt, der sein nationales Recht zur selbständigen Gestaltung der wirt- schaftlichen, politischen und sozialen Ordnung gegen die Befehle und Dro- hungen der Entente-Regierungen, der politischen Geschäftsführer der Welt- bourgeoisie, stolz gewahrt hat. In steigendem Maße erzwingt sich die Arbei- ter- und Bauernrepublik Anerkennung und Macht als Faktor der internatio- nalen Politik. Sie ist heute schon eine Macht, mit der alle kapitalistischen Staaten rechnen müssen. Indem in Sowjetrußland das Proletariat dadurch zur Nation wurde, daß es die Staatsgewalt an sich riß und seine Diktatur aufrichtete, hat auch die innenpolitische Erneuerung eingesetzt, der wirtschaftliche und soziale Wie- deraufbau, der auf die höheren gesellschaftlichen Lebensformen des Kom- munismus gerichtet ist. Trotz der historisch gegebenen ungeheuerlichsten Schwierigkeiten beginnt die Wirtschaft Sowjetrußlands langsam, doch sicher sich zu beleben, zu entwickeln. Soziale Einrichtungen entstehen, die den kostbarsten Schatz eines Volkes schaffen und erhalten sollen: leiblich, gei- stig und sittlich gesunde, kraftvolle Menschen. Breiteste Massen der Prole- tarier und Bauern sind auf allen Gebieten des öffentlichen Lebens freudig am Aufbau. Und wenn noch nicht die letzten siegreichen Schlachten gegen Hunger, Frost und Blöße, gegen Unwissenheit und Rückständigkeit geschla- gen sind, so liegt doch die hoffnungsstarke Stimmung eines weltgeschicht- lichen Schöpfungsmorgens über Sowjetrußland .. . Der Parteitag der Kommunistischen Partei Deutschlands mahnt ange- sichts dieser Situation das deutsche Proletariat daran, daß die russischen Arbeiter ihm den einzigen Ausweg aus dem Chaos gezeigt haben, das der Krieg geschaffen hat, und daß in der Verfallsperiode des Kapitalismus auch die Kämpfe der Kapitalisten verschiedener Nationalität um Geld und Macht immer verderbenvoller, immer furchtbarer werden. Es ist die proletarische Revolution, es ist die Eroberung der Staatsgewalt durch das Proletariat, es 128 DIE KPD IN DER WEIMARER REPUBLIK ist die Aufrichtung einer Diktatur. Aber das russische Proletariat hat mehr getan, als den Ausweg gezeigt. Es hat durch heldenmütigen Kampf und durch nicht weniger heldenmütiges Dulden und Mühen, es hat durch seine innige Verbindung mit der Kommunistischen Partei Rußlands, als seiner Führerin und damit der Führerin der Revolution, erhärtet, welch gewaltige Kraft der geschichtlichen Entwicklung Massenerkenntnis, Massenwillen und Massen- kampf unter zielklarer, wegsicherer, kühner und opferwilliger Führung ist. Der Parteitag der Kommunistischen Partei Deutschlands grüßt Sowjet- rußland und sein revolutionäres Volk der Arbeit in der festen Überzeugung, daß die Solidarität, heute bekundet mit dem von Skorpionen des deutschen Kapitalismus und des französischen Imperialismus gepeinigten Proletariat, morgen unzerreißbare Bundesgenossenschaft sein wird mit einem Deutsch- land, in dem das kämpfende Proletariat den ersten Schritt getan hat zur Konstituierung als Nation, indem es im härtesten Ringen mit der einheimi- schen und auswärtigen Bourgeoisie eine Arbeiterregierung aufrichtete. Er grüßt Euch, russische Preisfechter der proletarischen Weltrevolution, in der festen Überzeugung, daß der Bund zwischen Sowjetrußland und einem Arbeiter-Deutschland eine Vorstufe und eine Bürgschaft sein wird der Ver- einigten Räterepubliken Europas, der ganzen Welt, die als Tat erstehen werden des vollen Sieges, der Diktatur des Weltproletariats über die Welt- bourgeoisie. B An die Rote Armee Sowjetrusslands Der Parteitag der KPD beschließt, der Roten Armee Sowjetrußlands als Symbol des Dankes und der Anerkennung ihrer heroischen Leistungen zur Niederwerfung der Konterrevolution und zum Schutze der Revolution eine rote Fahne zu übermitteln. Wir verbinden damit das Gelöbnis, alle Kraft einzusetzen, um das deutsche Proletariat zu veranlassen, dem Beispiel seiner russischen Brüder zu folgen und die Weltrevolution eine weitere Etappe vorwärtszutreiben. Die Zentrale wird beauftragt, den Beschluß sofort durch- zuführen. Bericht über die Verhandlungen des III. (8.) Parteitages der Kommunistischen Partei Deutschlands (Sektion der Kommunistischen Internationale) Abgehalten in Leipzig vom 28. Januar bis 1. Februar 1923 Vereinigung Internationaler Verlags-Anstalten, Berlin 1923, S. 401-403. DIE KPD UND DIE SOWJETUNION 129   AUFRUF DER KPD FÜR DIE SOWJETUNION (1927) An die deutsche Arbeiterschaft In ernster Stunde wenden wir uns an euch. Das, was seit langem zu erwarten war, ist eingetroffen: Der englische Imperialismus droht der Union der Sozialistischen Sowjetrepubliken mit Krieg. Die Note Chamberlains, die den Abbruch der diplomatischen Beziehungen ankündigt, bezichtigt die Re- gierung der Sowjetunion vor allem zweier Verbrechen: der Unterstützung des englischen Bergarbeiterkampfes durch die russischen Gewerkschaften und der restlosen Solidarität der russischen Arbeiter und Bauern und ihrer Regierung mit dem Freiheitskampf des chinesischen Volkes. Weil die Sowjet- union in all ihren Handlungen ihre grenzenlose Verbundenheit mit allen Kämpfen des ausgebeuteten Proletariats und der unterdrückten Völker be- weist, deshalb soll sie mit Krieg überzogen, der friedliche Aufbau ihrer sozia- listischen Wirtschaft zerstört und die ganze Welt in ein neues imperialisti- sches Blutbad gestürzt werden. Es ist Lüge und Betrug, wenn man euch glauben machen will, daß Deutsch- land bei dem Überfall des englischen Imperialismus auf das friedliche Land der Arbeiter und Bauern neutral bleiben wird. Die Hetze gegen die Sowjet- union, die in der verlogenen sozialdemokratischen Granatenkampagne ihren Höhepunkt erreicht hat, ist nichts anderes als die Vorbereitung der englisch- deutschen Kriegsfront gegen die Sowjetunion . .. Die Sowjetunion soll vernichtet werden, weil sie den werktätigen und unterdrückten Massen der ganzen Welt ein Symbol ihrer eigenen Befreiung vom Kapitalismus ist. Es geht nicht nur um die Sowjetunion, es geht um das Schicksal der deutschen Arbeiterklasse. In dieser Stunde der Gefahr schließt die Reihen aller Ausgebeuteten und Unterdrückten. Errichtet die proletarische Einheitsfront gegen Krieg und Imperialismus! Schlagt den Feind in den eigenen Reihen, den Reformismus und Sozialimperialismus, der sich mit der deutschen Bourgeoisie verbündet! Errichtet eine eiserne Mauer der proletarischen Solidarität vor dem sozia- listischen Lande der russischen Arbeiter und Bauern! Es lebe die Sowjetunion und der Kampf um den Frieden! Nieder mit allen kapitalistischen Kriegshetzern! Zentralkomitee der Kommunistischen Partei Deutschlands (Sektion der Kommunistischen Internationale) Die Rote Fahne vom 25. Februar 1927. I3o DIE KPD IN DER WEIMARER REPUBLIK   Aus der Broschüre: MOBILMACHUNG GEGEN MOBILMACHUNG (1929) 38 . . . Wir brauchen die Mobilmachung der werktätigen Massen für den revo- lutionären Kampf gegen die imperialistische Kriegspolitik, für die Vertei- digung der Sowjetunion! Mobilmachung der Roten Front gegen die Mobilmachung der weißen Front! .. . Die kommunistische Weltpartei, die als einzige den Kampf des Prole- tariats und aller Werktätigen gegen den imperialistischen Krieg organisiert, hat für den 1. August zu einem großen internationalen Kampftag gegen die imperialistischen Kriegstreibereien für die Verteidigung der Sowjetunion auf gerufen! Das Proletariat aller Länder, die Werktätigen des gesamten Erdballs sollen durch Arbeitsruhe und Massenaufmärsche bekunden: Wir sind auf dem Posten! Und sollen neue Millionenmassen in die rote Klassen- front einreihen! ... Gegen die unmittelbaren Kriegsvorbereitungen gilt es, die breiteste Mas- senaktion — besonders der kriegswichtigen Betriebe — durchzusetzen: be- fristete Arbeitsruhe, vorzeitiges Verlassen der Betriebe. Darin kommt der ernsteste Kampfwille des Proletariats zum Ausdruck: Wir kämpfen gegen diesen Krieg, wir kämpfen für die Verteidigung der Sowjetunion! Darin würde die größte politische Auswirkung der Aktion liegen, darin käme auch der internationale Charakter dieses Antikriegstages am schärfsten zum Ausdruck: Für die Verteidigung der Sowjetunion — schärfster Kampf gegen die eigene Bourgeoisie! ... Wiedergegeben sind nur die Schlußabsätze einer für die damalige Haltung der KPD typischen Broschüre. Auf dem XII. Parteitag der KPD 1929 hatte z. B. Her- mann Remmele ein Referat gehalten: »Der Kampf gegen den imperialistischen Krieg, die Verteidigung der Sowjetunion, das Wehrprogramm der SPD und die Aufgaben der Kommunistischen Partei Deutsdilands.« Er erklärte u. a.: »...alle Anzeichen weisen mit zwingender Kraft darauf hin, daß auf der Tagesordnung der Geschichte vor allem ein Krieg steht; der Krieg der imperialistischen Großmächte gegen die Sowjetunion. Und hier dokumentiert sich insbesondere die grundlegende Tatsache, jene Verände- rung, die wir seit dem VI. Weltkongreß gehabt haben, daß nämlich die Sozialdemo- kratie, die II. Internationale es ist, die heute an der Spitze der Organisierung, an der Spitze der ideologischen Vorbereitung des Krieges gegen die Sowjetunion steht...« DIE KPD UND DIE SOWJETUNION                                                                       131 Der i. August 1929 ist der Tag der Mobilmachung für die kommenden revolutionären Kämpfe, für den Kampf gegen den imperialistischen Anti- sowjetkrieg, für die Verteidigung der Sowjetunion: Für den Sieg der Roten Armee! Für den Sieg der Revolution! Mobilmachung gegen Mobilmachung Internationaler Arbeiter-Verlag Berlin o. J. (1929), S. 28-30. 37- MILITÄRISCHE VERTEIDIGUNG DER SOWJETUNION (1930) von Ernst Schnellers* A Vorbemerkung Das Geheul der sozialdemokratischen und bürgerlichen Presse über das Vor- gehen der Roten Armee in der Mandschurei gegen die weißgardistischen Banden der Mukden-Regierung muß meines Erachtens Veranlassung für die revolutionäre Arbeiterschaft geben, das Problem ganz klarzustellen: Wie muß sich die Sowjetunion militärisch verteidigen? . .. Die Sowjetunion hat wahrlich eine große Geduld bewiesen, sie hat nicht Prestige-Fragen gelten lassen — sondern jede Möglichkeit zur friedlichen Bei- legung des Konfliktes offengelassen. Die Henkerregierung Tschiangkaischeks glaubte diese Haltung als Schwäche werten zu können, ihre Frechheiten gin- gen ins Maßlose. Da trat dann die militärische Abwehr in Funktion. Aber der Rotarmist hob nicht bloß den Arm hoch, um den feindlichen Schlag Die »militärische Verteidigung« der Sowjetunion durch die KPD wurde nicht nur - wie hier - in illegalen Schriften diskutiert, sondern auch auf offiziellen Ta- gungen. Auf dem XII. Parteitag der KPD 1929 hatte z. B. der Leiter des militäri- schen Apparates der KPD, Hans Kippenberger gesagt: »Begreift es praktisch, was es heißt, daß wir als Kommunistische Partei im aktiven Kampf gegen den Krieg vor sehr ernste und sehr komplizierte Aufgaben militärpolitischer Art, vor Aufgaben der direkten Unterstützung der Roten Armee gestellt sind ... Wir müssen diese praktische, antimilitaristische Arbeit in den bewaffneten Organisationen schon heute entschlossen und energisch in die Hand nehmen ...« I32                       DIE KPD IN DER WEIMARER REPUBLIK abzufangen — er schlug zurück. Und wir stellen voll Stolz fest: er schlug gründlich! Ich will hier weder die Einzelheiten noch die politische Bedeu- tung des Krieges im Fernen Osten darlegen. Es geht hier nur um ein Bei- spiel, das uns für die europäischen Verhältnisse zu denken geben sollte . . . Die Rolle Deutschlands Wie auch immer die militärischen Operationen eingeleitet werden mögen, welche Erwägungen die Strategie und Taktik der Roten Armee bestimmen werden: Deutschland wird für die Imperialisten die Operationsbasis, das entscheidende Aufmarschgebiet, Rüstungsgebiet, Etappengebiet sein. Von Deutschland aus kann Aufmarsch, Nachschub, Versorgung empfindlich ge- stört werden. Große revolutionäre Bewegungen in Deutschland sind des- halb noch wichtiger als selbst das aktive Zusammenwirken der Revolutio- näre in Polen usw. mit der Roten Armee. Die revolutionäre Aktion des deutschen Proletariats sichert den Sieg der Roten Armee und führt zum Sieg der proletarischen Revolution. Das pazifistische Geheul Die Pazifisten aller Schattierungen von den Regierungspazifisten Mac- donald, Hoover bis zu den radikalen linken Sozialdemokraten und Kriegs- dienstverweigerern werden in hysterisches heuchlerisches Geschrei ausbre- chen. Man muß sie auf den Mund schlagen. Das Proletariat wird nicht wehrlos, machtlos, feige, geduldig die Kriegsprovokationen der Imperia- listen hinnehmen. Es wird nicht untätig zusehen, wie die Heere gegen die Sowjetunion gerüstet werden! Die höchste Aktivität muß entwickelt wer- den zur Verteidigung der Sowjetunion. Kühnste Offensive gegen die Feinde der Sowjetunion und des Proletariats, nicht erst, wenn die Imperialisten ihre Heere marschieren lassen, sondern gerade jetzt — in der Vorberei- tungszeit. Revolution kann Krieg unmöglich machen. Revolution muß im- perialistischen Krieg gegen die Sowjetunion vernichten. Offensive! .. . Oktober Militärpolitisches Mitteilungsblatt Heft I/1930, S. 4/5. DIE KPD UND DIE SOWJETUNION 133 B Militärische Verteidigung der Sowjetunion. Von K. W. Die Entwicklung der kapitalistischen Weltwirtschaftskrise und die politischen Zuspitzungen in einer ganzen Reihe imperialistischer Staaten und Kolonien heben das zentrale Problem der Kriegsgefahr gegen die Sowjetunion immer eindeutiger hervor. Mit aller Schärfe sind die Aufgaben der kommunisti- schen Parteien auf die Verteidigung der proletarischen Diktatur und der Ver- hinderung des Krieges durch den Sturz der Bourgeoisie einzustellen. Die Bezirksparteitage in den letzten Wochen haben die ernsthaftesten Anstren- gungen gemacht, die strategische Linie und die taktischen Aufgaben der Organisation dementsprechend zu überprüfen und im einzelnen für die zu- künftige Weiterarbeit der Bezirke festzulegen ... Unterstützung der Offensive der Roten Armee! Die Notwendigkeit, mög- lichen Zeitverlust im Aufmarsch zu kompensieren! Können wir dazu etwas tun? Auf jeden Fall, nämlich: Politische Aktionen, Desorganisierung der planmäßigen Mobilmachung durch die Transportstörung, Vernichtung von Lagern und Plätzen, Flugzeugbasen usw., Notwendigkeit, den Kampf im zunächst »neutralen« Land (Deutschland) aufzunehmen mit dem Ziel: Ver- sorgung, Nachschub usw. für die Front zu verhindern, sogar Partisanen- aktionen an polnisdier Grenze, von Oberschlesien, Pommern, Ostpreußen, um Kräfte zu binden und gleichzeitig Zersetzung der weißen Armee zu för- dern. (Zersetzung bekommt hier schon Charakter wie im Aufstand, d. h. Verbindung von Überzeugung, Nötigung und physischem Kampf. Siehe Lenin über die Lehren des Moskauer Aufstandes.) Das alles sind nur flüchtige Notizen und können zunächst nichts anderes sein... Die Frage des Auf Standes Uns allen sind die Voraussetzungen und die Bedingungen eines Aufstandes im marxistischen Sinne des Wortes sehr gut bekannt. Frage: Schafft der Krieg gegen die Sowjetunion eine Lage, in der wir diese Leninschen Voraussetzungen in entsprechender Form anwenden müssen? Der Bürgerkrieg in Rußland hat uns zahllose Beispiele dieser »Modifika- tion« gegeben. Im Krieg sind Aufstände möglich, die i. örtlich mehr oder weniger begrenzt sind, die zwar alle Elemente der Voraussetzungen zum Aufstand enthalten, aber eben nur Elemente, nicht die Voraussetzungen in ausgereifter und höchster Form .. . Der Aufstand hat in diesem Fall gar nicht in erster Linie und unmittelbar das Ziel, die Macht zu erobern. Er desorganisiert den Gegner, zermürbt ihn, 134 DIE KPD IN DER WEIMARER REPUBLIK greift ihn von hinten an, um ihn in die Zange zu nehmen, zwischen zwei Fronten. Seine Niederschlagung hat nichts Deprimierendes. Man muß mit ihr rechnen. Nicht so, daß man mit ihm spielt, um sein unmittelbares Ziel zu erreichen, muß er unerhört hartnäckig, andauernd durchgeführt werden (um ein taktisches Beispiel zu gebrauchen), wie ein hinhaltender Angriff. Die Rote Armee, der so das Vordringen erleichtert wird, hilft ihrerseits dem aufständischen (oder sogar schon unterdrückten) Proletariat. In ihrem Rük- ken geht die systematische »Sowjetisierung« des Landes vor sich, arbeiten die Revolutionskomitees. Der Bedingung entsprechend werden solche Auf- stände die Regel bilden in der Nähe der Front und werden, wie gesagt, häufig oft örtlich begrenzt sein. Aufstand im Landesmaßstabe verlangt nicht nur Elemente, sondern ausgereifte Voraussetzungen, wobei »ausgereift« im dialektischen Prozeß zu verstehen, d. h. der kritische Moment frühzeitig zu benutzen ist. Insbesondere ernsthafte Niederlagen der weißen Armee können solche »Momente« sein. Auch im Hinterland (im »feindlichen« wie im »neutralen«) haben solche Aufstände Sinn. Bindung, Zersetzung, Vernich- tung operativer Reserven; Desorganisation der Etappe, Unterbrechung der Produktion, des Verkehrs im operativ »kritischen« Moment sind u. a. kon- krete Ziele, die solche Aufstände verfolgen können. Putschismus oder leninistische Politik? Auf den ersten oberflächlichen Blick, bewaffnet mit der Brille der vul- gären Phrasen des Kampfes gegen den Krieg, ist das alles Putschismus, radi- kale Kinderkrankheit, Anarchismus, Spiel mit den revolutionären Energien der Arbeiterklasse. Wie sieht die Sache in Wirklichkeit aus? — Der Krieg gegen die Sowjet- union ist ein Klassenkrieg im internationalen Maßstabe, kein »gewöhnlicher« Krieg. Es ist ein Krieg, der das Schicksal des revolutionären Proletariats auf lange hinaus entscheidet. Der stärkste Aktivposten ist die Sowjetmacht, ihr militärisches Instrument, die Rote Armee. Wir sind versprengte Teile dieser Roten Armee, die die Operationen der Kampfkräfte mit allen Mitteln, mit allen Opfern unterstützen. Genauso wie, wenn wir Bürgerkrieg in Deutsch- land haben, und — sagen wir — Bayern in den Händen der Weißen ist, die bayrischen Arbeiter die Pflicht haben, den Angriff der roten Truppen auf Bayern zu unterstützen, durch Unterhöhlung der Kampfkraft der Weißen in ihrem Rücken. So fasse ich wenigstens die Beschlüsse des VI. Weltkon- gresses in der Frage des Krieges gegen die Sowjetunion auf ... Oktober Militärpolitisches Mitteilungsblatt Heft 3/1930, S. 1, 6, 7. DIE KPD UND DIE SOWJETUNION 135 38. GRUSS DES ZK DER KPD ZUM 14. JAHRESTAG DER ROTEN ARMEE (1932) Die Plenartagung des Zentralkomitees der KPD sendet der Roten Armee der Sowjetunion heiße, brüderliche Kampfesgrüße zum 14. Jahrestag ihres Bestehens. Geschmiedet im Bürgerkrieg gegen die Imperialisten und ihre Söldner- truppen und gegen die konterrevolutionäre Bourgeoisie, gegen die Weißgar- disten und Menschewisten, ist die Rote Armee das scharfgeschliffene Schwert der proletarischen Diktatur und des Weltproletariats gegen die internatio- nalen Feinde der Arbeiterklasse. Indem die Rote Armee den Frieden der Sowjetunion und ihres sozialistischen Aufbaus stützt, verteidigt sie zugleich mit den Interessen der russischen Arbeiter und Bauern auch die Arbeiter Deutschlands, Frankreichs, Englands, Japans, Amerikas und der ganzen Welt. In dem gegenwärtigen Zeitpunkt, wo der japanische Imperialismus seinen räuberischen Kriegsüberfall auf China unternimmt, wo die Imperialisten ihre fieberhaften Kriegsvorbereitungen gegen die Sowjetunion aufs höchste steigern, gilt in verstärktem Maße, was wir stets erkannt und den Massen zum Bewußtsein gebracht haben: Im Krieg der Imperialisten gegen die So- wjetunion kann es für keinen klassenbewußten Arbeiter Neutralität geben. So wie das Herz der deutschen Arbeiter für die KPdSU (B), die Sturm- armee des Weltsozialismus, schlägt, so wie jeder revolutionäre Arbeiter bereit ist, sein Leben für die Sowjetmacht einzusetzen, so verbindet uns be- geisterte Solidarität mit der Roten Armee der Sowjetunion, die den Hort des Friedens und des Sozialismus verteidigt. Es lebe die Sowjetunion, das Land des Sozialismus, das mit dem zweiten Fünfjahrplan an den Aufbau der klassenlosen, sozialistischen Gesellschaft herantritt! Es lebe die Rote Armee, das Schwert der proletarischen Diktatur! Zwr Geschichte der KPD eine Auswahl von Materialien und Dokumenten aus den Jahren 1914-1946 Dietz-Verlag, Berlin 1955, S. 319. D. DIE KPD, DIE NATION UND DIE REPUBLIK 39* DER HAUPTFEIND STEHT IM EIGENEN LAND! (1915)^0 Was seit 10 Monaten, seit dem Angriff Österreichs auf Serbien, täglich zu erwarten war, ist eingetreten: der Krieg mit Italien ist da. Die Volksmassen der kriegsführenden Länder haben begonnen, sich aus den amtlichen Lügennetzen zu befreien. Die Einsicht in die Ursachen und Zwecke des Weltkriegs, in die unmittelbare Verantwortlichkeit für seinen Ausbruch hat sich auch im deutschen Volk verbreitet. Der Irrwahn heiliger Kriegsziele ist mehr und mehr gewichen, die Kriegsbegeisterung geschwun- den, der Wille zum schleunigen Frieden mächtig emporgewachsen, allent- halben — auch in der Armee! Eine schwere Sorge für die deutschen und österreichischen Imperialisten, die sich vergeblich nach Rettung umsahen. Sie scheint ihnen jetzt gekommen. Italiens Eingreifen in den Krieg soll ihnen die willkommene Gelegenheit bieten, neuen Taumel des Völkerhasses zu entfachen, den Friedenswillen zu ersticken, die Spur ihrer eigenen Schuld zu verwischen. Sie spekulieren auf die Vergeßlichkeit des deutschen Volkes, auf seine nur allzuoft erprobte Langmut... Abgewirtschaftet hat die unsinnige Parole des »Durchhaltens«, die nur immer tiefer in den Mahlstrom der Völkerzerfleischung führt. Internatio- naler proletarischer Klassenkampf gegen imperialistische Völkerzerfleischung heißt das sozialistische Gebot der Stunde. Der Hauptfeind jedes Volkes steht in seinem eigenen Land! Der Hauptfeind des deutschen Volkes steht in Deutschland: der deutsche Imperialismus, die deutsche Kriegspartei, die deutsche Geheimdiplomatie. Diesen Feind im eigenen Lande gilt’s für das deutsche Volk zu bekämpfen, zu bekämpfen im politischen Kampf, zusammenwirkend mit dem Proletariat der andern Länder, dessen Kampf gegen seine heimischen Imperialisten geht. Wir wissen uns eins mit dem deutschen Volk — nichts gemein haben wir mit den deutschen Tirpitzen und Falkenhayns, mit der deutschen Regierung der politischen Unterdrückung, der sozialen Knechtung. Nichts für diese, Das Flugblatt wurde im Mai 1915 von Karl Liebknecht verfaßt und von der Gruppe Internationale (Spartakusgruppe) verbreitet. i38 DIE KPD IN DER WEIMARER REPUBLIK alles für das deutsche Volk. Alles für das internationale Proletariat, um des deutschen Proletariats, um der getretenen Menschheit willen! Die Feinde der Arbeiterklasse rechnen auf die Vergeßlichkeit der Massen — sorgt, daß sie sich gründlich verrechnen! Sie spekulieren auf die Lang- mut der Massen — wir aber erheben den stürmischen Ruf: Wie lange noch sollen die Glücksspieler des Imperialismus die Geduld des Volkes mißbrauchen? Genug und übergenug der Metzelei! Nieder mit den Kriegshetzern diesseits und jenseits der Grenze! Ein Ende dem Völkermord! Proletarier aller Länder, folgt dem heroischen Beispiel eurer italienischen Brüder! Vereinigt euch zum internationalen Klassenkampf gegen die Ver- schwörungen der Geheimdiplomatie, gegen den Imperialismus, gegen den Krieg, für einen Frieden im sozialistischen Geist. Der Hauptfeind steht im eigenen Land! Flugblatt veröffentlicht in: Dokumente und Materialien zur Geschichte der deutschen Arbeiterbewegung Band i, Juli 1914 - Oktober 1917 Dietz-Verlag, Berlin 1958, S. 162-166. 40. AUFRUF DER KPD WÄHREND DES KAPP-PUTSCHES (1920) Erich Ludendorffs 18. Brumaire Militärdiktatur oder proletarierdiktatur?^ In der Auslieferungskrise sagten wir Euch, die Regierung Ebert-Bauer ist nur noch ein Schmutzfleck an den Rockschößen von Ludendorff und Lütt- witz. Die Ludendorff-Lüttwitz haben mit einer Hand voll Baltikumern den lästigen Schmutzfleck abgeschüttelt... Die Ebert-Bauer-Noske sind stumm und widerstandslos in die Grube ge- fahren, die sie sich selber gegraben haben ... Wie aus dem Aufruf hervorgeht, wandte sich die Zentrale der KPD am 13. März 1920 gegen den Generalstreik, zu dem alle anderen sozialistischen Parteien aufgerufen hatten, um den Kapp-Putsch niederzuschlagen. Allerdings riefen ver- schiedene lokale Organisationen der KPD doch zum Generalstreik auf; auch die Zentrale folgte unter der Wucht des Generalstreiks dieser Losung (vgl. a. Dok. 13). DIE KPD, DIE NATION UND DIE REPUBLIK 139 Seit Jahr und Tag war diese Regierung gewarnt, sie taumelte blind und frech in den Abgrund. Was waren ihre letzten Taten? Sie hat die Gefängnisse, Festungen, Zuchthäuser mit Tausenden revolu- tionärer Arbeiter angefüllt. Der unerhörte Blutbefehl gegen die Bergarbeiter des Ruhrgebietes, das war ihre letzte wirtschaftliche Aktion. Im Augenblick des Versinkens ruft diese Gesellschaft von Bankrotteuren die Arbeiterschaft zum Generalstreik auf zur >Rettung der Republik^ Das revolutionäre Proletariat weiß, daß es gegen die Militärdiktatur auf Le- ben und Tod zu kämpfen haben wird. Aber es wird keinen Finger rühren für die in Schmach und Schande untergegangene Regierung der Mörder Karl Liebknechts und Rosa Luxem- burgs. Es wird keinen Finger rühren für die demokratische Republik, die nur eine dürftige Maske der Diktatur der Bourgeoisie war. Die Bourgeoisie übt jetzt ihre Diktatur direkt aus, durch ihre altgewohn- ten Herren, die Helden von 1914: das ist die ganze Änderung. Die demokratische Republik ist rettungslos verloren, nicht sie gilt es zu retten, der die Arbeiter einen Fluch ins Grab nachschleudern und die sie im Innersten ihres Wesens als eine Lüge und einen Betrug erkannt haben. Es gilt vielmehr mit aller Macht den Kampf aufzunehmen, um die prole- tarische Diktatur, um die Räterepublik. Kapitalismus oder Kommunismus? Militärdiktatur oder Proletarierdiktatur? So ist jetzt die Frage unausweichlich gestellt. Wenn in dieser »Stunde der Gefahr< die blutbedeckten Verräter des So- zialismus oder mattherzige Schwachköpfe die Arbeiter zur >Sammlung< auf- rufen, so antworten wir ihnen: Es gibt nur eine Sammlung, die keine Lüge ist, die Sammlung um das rote Banner des Kommunismus. Sollen die Arbeiter in diesem Augenblick sich zum Generalstreik erheben? Die Arbeiterklasse, die gestern noch in Banden geschlagen war von den Ebert-Noske, waffenlos, unter schärfstem Unternehmerdruck, ist in diesem Augenblick nicht aktionsfähig. Wir halten es für unsere Pflicht, das klar aus- zusprechen. Die Arbeiterklasse wird den Kampf gegen die Militärdiktatur aufnehmen in dem Augenblick und mit den Mitteln, die ihr günstig erscheinen. Dieser Augenblick ist noch nicht da. Er ist da, wenn das Gesicht der Militärdiktatur sich enthüllt haben wird. Ein Teil der Arbeiter kennt die Züge dieser Militärdiktatur: Ungarn! Die große Masse wird sie zuerst durch die Taten der Militärdiktatur kennen- lernen: Wenn statt der Geißeln Skorpione auf den Rücken der Arbeiter niedersausen. 140 DIE KPD IN DER WEIMARER REPUBLIK Wenn die wiedergekehrten Helden von 1914 den August 1914 wieder- bringen werden. Wenn zur eisernen Unterdrückung im Innern neue Kriegs- gefahr ihr Haupt erhebt. — Die Arbeiterklasse wird bis zu Ende kämpfen mit den Schlachtrufen: Nieder mit der Militärdiktatur! Für die Diktatur des Proletariats! Für die deutsche kommunistische Räterepublik! 13. März 1920 Zentrale der Kommunistischen Partei Deutschlands (Spartakusbund) Die Rote Fahne vom 14. März 1920.   AUFRUF DER KPD (1923) Nieder mit der Regierung DER NATIONALEN SCHMACH UND DES Vo L K S VE RRATS ! An das deutsche Proletariat! An alle arbeitenden Schichten des deutschen Volkes! Wie in den Zeiten des wildesten Bürgerkrieges des Jahres 1919, wie in den Zeiten der Niederwerfung des Berliner Proletariats, wie in den Zei- ten des Matrosenmordes ist die Pressemeute des Großkapitals losgelassen auf das deutsche Proletariat. Die Telegraphen-Union des Herrn Stinnes kon- kurriert mit dem Wolff-Büro, dem offiziellen Organ der Regierung, in der Verbreitung der wildesten und bewußten Lügen, die in der Masse der Bevölkerung die feste Überzeugung schaffen sollen, daß die Arbeiterklasse des Ruhrgebietes, geführt durch die Kommunistische Partei, den Wider- stand gegen den französischen Imperialismus gebrochen hat, daß sie dem imperialistischen französischen Feinde die Front geöffnet hat. Es wird er- zählt von einer Pöbelherrschaft, von rasendem Mord und Totschlag. Und nachdem eine Woche lang die ganze öffentliche Meinung mit diesen Lügen- nachrichten aufgepeitscht wurde, wendet sich der Vertreter der Regierung, Dr. Lutterbeck, in einem offiziellen Schreiben, das von dem Wolff-Büro ver- öffentlicht wird, an die französische Generalität mit der Bitte, die Mörder der Essener Arbeiter, die Henker Schlageters möchten der deutschen republikani- sdien Regierung erlauben, aus eigenen Maschinengewehren deutsche Arbeiter, deutsche Volksgenossen niederzuschießen. Alle die Greuelnachrichten über die Pöbelherrschaft im Ruhrgebiet sind DIE KPD, DIE NATION UND DIE REPUBLIK                                                                  141 erstunken und erlogen, alle die Nachrichten von der Öffnung der Ruhrfront durch die Ruhrarbeiter sind erstunken und erlogen, die Wahrheit dagegen ist: die deutsche Bourgeoisie zerbröckelt die Widerstandsfront an der Ruhr, sie bereitet eine Kapitulation, und zwar auf Kosten der Volksmassen, vor und sie sucht zur Verdeckung dieser Tatsachen ein Blutbad im Ruhrgebiet zu provozieren, das ihr die Möglichkeit geben würde, zu sagen: Gegen zwei Fronten kann man nicht kämpfen, darum kapituliere ich vor dem Außen- feinde! .. . Im Ruhrgebiet gibt es keinen Aufstand, im Ruhrgebiet gibt es keine Kom- munistenunruhen, im Ruhrgebiet steht die hungernde Arbeiterschaft im Streik, und sie hält in ihrem Kampfe musterhafte Ordnung. Dieser Kampf kann morgen beendet werden, wenn die Schwerindustriel- len den Arbeitern das geforderte Stückchen Brot geben, aber die Herren wollen es nicht tun, nicht nur, weil sie, gemästet durch Reichsgeld, um jeden Pfennig zittern, sondern wed sie den Auf stand wollen, weil sie wollen, daß die Flinte schießt, der Säbel haut und sie schreien können: Wir sind gezwun- gen, zu kapitulieren! ... Wir fragen die nationalgesinnten kleinbürgerlichen Massen, die Massen der deutschen Beamten und Intellektuellen, was gedenken sie zu tun gegen eine Regierung, die es wagt, schamlos wie eine öffentliche Dirne sich an die französischen Generale zu wenden mit der Bitte um Erlaubnis auf Abschlach- tung deutscher Volksgenossen? Wir sind überzeugt, daß in den nationalisti- schen Volksmassen die große Mehrheit aus ehrlich fühlenden und überzeug- ten Menschen besteht, die irregeführt sind und nicht verstehen, daß nicht nur die Entente der Feind ist, und wir fragen diese Elemente: Wollt Ihr endlich die Augen öffnen, wollt Ihr sehen, daß Ihr Werkzeuge der raffgierigsten Plünderer des deutschen Volkes seid? Wollt Ihr helfen, daß das deutsche Volk sich von diesen Parasiten befreit und sich dadurch fähig macht zum Kampfe gegen die Regierung dieses Schiebergesindels, die Deutschland dem französischen Kapital ausliefert, um sich nur zu halten und das Recht zu bekommen, deutsche Arbeiter niederzuschießen? Wir wissen nicht, was die Sozialdemokratie, was der ADGB, was die kleinbürgerlichen nationalistischen Massen sagen werden, aber wir wissen, was jeder ehrliche deutsche Arbeiter sagen muß: Fort mit der Regierung der nationalen Schmach und des Volksverrats! Fort mit der Regierung, die sich an die Büttel der Entente wendet um die Erlaubnis, auf deutsche Arbeiter schießen zu können! Fort mit der Regierung, die die Eisenbahnen den Privatkapitalisten aus- liefern will! Fort mit der Regierung, die die Arbeiter, Handwerker, kleinen Beamten hungern läßt, während sie die Kapitalisten mästet! I42 DIE KPD IN DER WEIMARER RE.PUBLIK Her mit der Einheitsfront aller Arbeitenden, der Kopf- und Handarbei- ter in Stadt und Land! Her mit der Regierung des werktätigen Volkes, die Vertrauen bei den Volksmassen des Auslandes genießen würde, die imstande wäre, den Frie- den zu sichern, wenn er auch Opfer kosten würde, oder den Widerstand des deutschen Volkes organisieren, wenn der französische Imperialismus ihm keinen Frieden geben würde! Ins Gefängnis mit dem Regierungsvertreter Dr. Lutterbeck, vor ein Volks- gericht mit ihm wegen Landesverrats! Vor ein Volksgericht mit denen, die ihm den Auftrag gegeben haben, sich mit dem Schanddokument an die französischen Generale zu wenden! Arbeiter im gesamten deutschen Reich! In mächtigen Versammlungen, in mächtigen Demonstrationen sagt dieser Regierung, was Ihr über sie denkt. Rüstet zur Unterstützung der Ruhrarbeiter! Rüstet zum Kampfe gegen die Lasten, die Euch die bürgerlichen großkapitalistischen Kapitulanten aufbür- den werden! Berlin, Mai 1923 Zentrale der Kommunistischen Partei Deutschlands (Sektion der Kommunistischen Internationale) Reichsausschuß der deutschen Betriebsräte Die Rote Fahne vom 29. Mai 1923.   RADEKS SCHLAGETER-REDE (1923) Leo Schlageter, der Wanderer ins Nichts42 Wir haben das weitausgreifende und tiefeindringende Referat der Gen. Zetkin angehört über den internationalen Faschismus, diesen Hammer, der — bestimmt, auf das Haupt des Proletariats zerschmetternd niederzufallen Diese Rede Radeks, gehalten in der Sitzung der Erweiterten Exekutive der Kommunistischen Internationale am 20. Juni 1923, leitete den Schlageter-Kurs der KPD ein. Es war die Zeit der französischen Ruhrbesetzung, und der Aufruf zum Volkskrieg gegen Frankreich wurde zur Parole von Nationalisten und Kommuni- DIE KPD, DIE NATION UND DIE REPUBLIK M3 — in erster Linie die kleinbürgerlichen Schichten treffen wird, die ihn im Interesse des Großkapitals schwingen. Ich kann diese Rede unserer greisen Führerin weder erweitern noch ergänzen. Ich konnte sie nicht einmal gut verfolgen, weil mir immerfort vor den Augen der Leichnam des deutschen Faschisten stand, unseres Klassengegners, der zu Tode verurteilt und erschos- sen wurde von den Schergen des französischen Imperialismus, dieser star- ken Organisation eines anderen Teils unserer Klassenfeinde. Während der ganzen Rede der Gen. Zetkin über die Widersprüche des Faschismus schwirrte mir im Kopfe der Name Schlageter herum und sein tragisches Geschick. Wir wollen seiner gedenken hier, wo wir politisch zum Faschismus Stellung neh- men. Die Geschicke dieses Märtyrers des deutschen Nationalismus sollen nicht verschwiegen, nicht mit einer abwerfenden Phrase erledigt werden. Sie haben uns, sie haben dem deutschen Volke vieles zu sagen. Wir sind keine sentimentalen Romantiker, die an der Leiche die Feind- schaft vergessen, und wir sind keine Diplomaten, die sagen: am Grabe Gutes reden oder schweigen. Schlageter, der mutige Soldat der Konterrevolution, verdient es, von uns Soldaten der Revolution männlich-ehrlich gewürdigt zu werden. Sein Gesinnungsgenosse Freska hat im Jahre 1920 einen Roman veröffentlicht, in dem er das Leben eines im Kampfe gegen Spartakus gefallenen Offiziers schildert. Freska nannte den Roman: Der Wanderer ins Nichts. Wenn die Kreise der deutschen Faschisten, die ehrlich dem deutschen Volke dienen wollen, den Sinn der Geschicke Schlageters nicht verstehen wer- den, so ist Schlageter umsonst gefallen, und dann sollten sie auf sein Denk- mal schreiben: der Wanderer ins Nichts. Deutschland lag auf dem Boden, geschlagen. Nur Narren glaubten, daß die siegreiche kapitalistische Entente das deutsche Volk anders behandeln wird, als das siegreiche deutsche Kapital das russische, das rumänische Volk sten. Die KPD rief Diskussionszirkel ins Leben, in denen Kommunisten mit Natio- nalsozialisten zusammentrafen, um den Kampf gegen Frankreich vorzubereiten. Die Jugendgruppen der KPD nahmen Verbindung zu nationalsozialistischen Studenten- organisationen auf, es war wie ein Taumel. Radek selbst gab im Juli 1923 eine Bro- schüre heraus: Schlageter - eine Auseinandersetzungen der er,Reventlow und Arthur Moeller van den Bruck die Zukunft des Nationalbolschewismus erörterten. Im Zentralorgan der KPD Die Rote Fahne erschienen in den Monaten des Schla- geter-Kurses Diskussionsartikel des Grafen Reventlow; darin verlangte er, daß der Kampf der Kommunisten gegen die Völkischen aufhören müsse. Inzwischen setzten sich jedoch innerhalb der Komintern und der KPD die Kräfte durch, die eine Zusammenarbeit mit den Rechtsradikalen für schädlich hielten. Bereits im August war ein Antifaschistentag veranstaltet worden. Im September schrieb Graf Reventlow zwar nochmals in der Roten Fahne, doch dann wurde der Schlageter-Kurs, der vom Interesse der sowjetischen Außenpolitik geprägt war, von der KPD end- gültig aufgegeben. 144 DIE KPD IN DER WEIMARER REPUBLIK behandelt hat. Nur Narren oder Feiglinge, die die Wahrheit fürchteten, konnten an die Verheißungen Wilsons, an die Erklärungen glauben, daß nur der Kaiser, nicht das deutsche Volk für die Niederlage zu zahlen haben wird. Im Osten stand ein Volk im Kampfe, hungernd, frierend rang es gegen die Entente an 14 Fronten: Sowjetrußland. Eine dieser Fronten war gebildet von deutschen Offizieren und deutschen Soldaten. Im Freikorps Medern, das Riga stürmte, kämpfte Schlageter. Wir wissen nicht, ob der junge Offizier den Sinn seiner Tat verstanden hat. Der damalige deutsche Regierungskommissar, der Sozialdemokrat Winnig, und der General von der Goltz, der Leiter der Baltikumer, wußten, was sie taten. Sie wollten durch Schergendienste gegen das russische Volk der Entente Wohlwollen erobern. Damit die besiegte deutsche Bourgeoisie keine Kriegstribute den Sie- gern zahle, vermietete sie junges deutsches Blut, das von der Kugel des Welt- krieges verschont worden ist, als ententistische Söldlinge gegen das russische Volk. Wir wissen nicht, was Schlageter über diese Zeit dachte. Sein Führer Medern hat später eingesehen, daß er durchs Baltikum ins Nichts wanderte. Haben das alle deutschen Nationalisten verstanden? Bei der Totenfeier Schlageters in München sprach General Ludendorff, derselbe Ludendorff, der sich bis auf heute England wie Frankreich als Obrist im Kreuzzug ge- gen Rußland anbietet. Schlageter wird beweint von der Stinnes-Presse. Herr Stinnes wurde eben in der Alpina Montana der Kompagnon von Schneider- Creusot, des Waffenschmiedes der Mörder Schlageters. Gegen wen wollen die Deutschvölkischen kämpfen: gegen das Ententekapital oder das russische Volk? Mit wem wollen sie sich verbinden? Mit den russischen Arbeitern und Bauern zur gemeinsamen Abschüttelung des Joches des Ententekapitals, oder mit dem Ententekapital zur Versklavung des deutschen und russischen Volkes? Schlageter ist tot. Er kann die Frage nicht beantworten. An seinem Grabe haben seine Kampfgenossen die Fortführung seines Kampfes geschworen. Sie müssen antworten: gegen wen, an wessen Seite? Schlageter ging vom Baltikum nach dem Ruhrgebiet. Nicht erst im Jahre 1923, schon im Jahre 1920. Wißt ihr, was das bedeutet? Er nahm Teil an dem Überfall auf die Ruhrarbeiter durch das deutsche Kapital, er kämpfte in den Reihen der Truppen, die die Ruhrbergleute den Eisen- und Kohlen- königen zu unterwerfen hatten. Watters Truppen, in deren Reihen er kämpfte, schossen mit den selben Bleikugeln, mit denen General Degoutte die Ruhrarbeiter beruhigt. Wir haben keine Ursache anzunehmen, daß Schla- geter aus egoistischen Gründen die hungernden Bergarbeiter niederwerfen half. Der Weg der Todesgefahr, den er wählte, spricht und zeugt für ihn, sagt, daß er überzeugt war, dem deutschen Volke zu dienen. Aber Schlageter glaubte, daß er am besten dem Volke dient, wenn er hilft, die Herrschaft der DIE KPD, DIE NATION UND DIE REPUBLIK 145 Klassen aufzurichten, die bisher das deutsche Volk geführt und in dieses namenlose Unglück gebracht haben. Schlageter sah in der Arbeiterklasse den Pöbel, der regiert werden muß. Und er war ganz gewiß einer Meinung mit dem Grafen Reventlow, der da gelassen sagt, jeder Kampf gegen die Entente sei unmöglich, solange der innere Feind nicht niedergeschlagen ist. Der innere Feind aber war für Schlageter die revolutionäre Arbeiterklasse. Schlageter konnte mit eigenen Augen die Folgen dieser Politik sehen, als er ins Ruhrgebiet im Jahre 1923 während der Ruhrbesetzung kam. Er konnte sehen, daß, wenn auch die Arbeiter gegen den französischen Imperialismus einig dastehen, kein einiges Volk an der Ruhr kämpft und kämpfen kann. Er konnte sehen das tiefe Mißtrauen, das die Arbeiter zu der deutschen Re- gierung, zu der deutschen Bourgeoisie haben. Er konnte sehen, wie der tiefe Zwiespalt der Nation ihre Verteidigungskraft lähmt. Er konnte mehr sehen. Seine Gesinnungsgenossen klagen über die Passivität des deutschen Volkes. Wie kann eine niedergeschlagene Arbeiterklasse aktiv sein? Wie kann eine Arbeiterklasse aktiv sein, die man entwaffnet hat, von der man fordert, daß sie sich von Schiebern und Spekulanten ausbeuten läßt? Oder sollte die Aktivität der deutschen Arbeiterklasse vielleicht durch die Aktivität der deutschen Bourgeoisie ersetzt werden? Schlageter las in den Zeitungen, wie dieselben Leute, die als Gönner der völkischen Bewegung auftreten, Devisen ins Ausland schieben, um das Reich arm, sich aber reich zu machen. Schla- geter hatte ganz gewiß keine Hoffnung auf diese Parasiten, und es war ihm erspart, in den Zeitungen zu lesen, wie sich die Vertreter der deutschen Bourgeoisie, wie sich Dr. Lutterbeck an seine Henker mit der Bitte wandte, sie sollen doch den Königen von Stahl und Eisen erlauben, die hungernden Söhne des deutschen Volkes, die Männer, die den Widerstand an der Ruhr durchführen, mit Maschinengewehren zu Paaren zu treiben. Jetzt, wo der deutsche Widerstand durch den Schurkenstreich Dr. Lutter- becks und noch mehr durch die Wirtschaftspolitik der besitzenden Klassen zu einem Spott geworden ist, fragen wir die ehrlichen, patriotischen Massen, die gegen die französische imperialistische Invasion kämpfen wollen: Wie wollt Ihr kämpfen, auf wen wollt Ihr Euch stützen? Der Kampf gegen den ententischen Imperialismus ist Krieg, selbst wenn in ihm die Kanonen schweigen. Man kann keinen Krieg an der Front führen, wenn man das Hinterland in Aufruhr hat. Man kann im Hinterlande eine Minderheit niederhalten. Die Mehrheit des deutschen Volkes besteht aus arbeitenden Menschen, die kämpfen müssen gegen die Not und das Elend, das die deut- sche Bourgeoisie über sie bringt. Wenn sich die patriotischen Kreise Deutsch- lands nicht entscheiden, die Sache dieser Mehrheit der Nation zu der ihri- gen zu machen und so eine Front herzustellen, gegen das ententistische und das deutsche Kapital, dann war der Weg Schlageters ein Weg ins Nichts, dann würde Deutschland angesichts der ausländischen Invasion, der dauern- 146 DIE KPD IN DER WEIMARER REPUBLIK den Gefahr seitens der Sieger zum Felde blutiger innerer Kämpfe, und es wird dem Feinde ein Leichtes sein, es zu zerschlagen und zu zerstückeln. Als nach Jena Gneisenau und Scharnhorst sich fragten, wie man das deutsche Volk aus seiner Erniedrigung hinausbringen kann, da beantworte- ten sie die Frage: Nur, indem man den Bauern frei macht — aus der Hörig- keit und Sklaverei der Freien. Nur der freie Rücken des deutschen Bauern kann die Grundlage bilden für eine Befreiung Deutschlands. Was die deutsche Bauernschaft am Anfang des 19. Jahrhunderts war, das ist für die Geschicke der deutschen Nation am Anfang des 20. Jahrhunderts die deutsche Arbeiterklasse. Nur mit ihr zusammen kann man Deutschland von den Fesseln der Sklaverei befreien, nicht gegen sie. Vom Kampf sprechen die Genossen Schlageters an seinem Grabe. Den Kampf weiterzuführen, schwören sie. Der Kampf richtet sich gegen einen Feind, der bis auf die Zähne bewaffnet ist, während Deutschland zermürbt ist. Soll das Wort vom Kampfe keine Phrase sein, soll er nicht in Spreng- kolonnen bestehen, die Brücken zerstören, aber nicht den Feind in die Luft sprengen können, die Züge zum Entgleisen bringen, aber nicht den Sieges- zug des Ententekapitals aufhalten können, so erfordert dieser Kampf die Erfüllung einer Reihe von Vorbedingungen. Er fordert von dem deutschen Volke, daß es bricht mit denen, die es nicht nur in die Niederlage hineinge- führt haben, sondern die diese Niederlage, die Wehrlosigkeit des deutschen Volkes verewigen, indem sie die Mehrheit des deutschen Volkes als den Feind behandeln. Er erfordert den Bruch mit den Leuten und den Parteien, deren Gesicht wie ein Medusengesicht auf die anderen Völker wirkt und sie gegen das deutsche Volk mobilisiert. Nur, wenn die deutsche Sache die des deutschen Volkes ist, nur wenn die deutsche Sache im Kampfe um die Rechte des deutschen Volkes besteht, wird sie dem deutschen Volke tätige Freunde werben. Das stärkste Volk kann nicht ohne Freunde bestehen, desto weniger ein geschlagenes, von Feinden umgebenes Volk. Will Deutschland imstande sein, zu kämpfen, so muß es eine Einheitsfront der Arbeitenden darstellen, so müssen die Kopfarbeiter sich mit den Handarbeitern ver- einigen zu einer eisernen Phalanx. Die Lage der Kopfarbeiter erfordert diese Einigung. Nur alte Vorurteile stehen ihr im Wege. Vereinigt zu einem siegreichen, arbeitenden Volk, wird Deutschland imstande sein, große Quel- len der Energie und des Widerstandes zu entdecken, die jedes Hindernis überwinden werden. Die Sache des Volkes zur Sache der Nation gemacht, macht die Sache der Nation zur Sache des Volkes. Geeinigt zu einem Volk der kämpfenden Arbeit, wird es Hilfe anderer Völker finden, die um ihre Existenz kämpfen. Wer in diesem Sinne den Kampf nicht vorbereitet, der ist fähig zu Verzweiflungstaten, nicht fähig aber zum wirklichen Kampfe. Dies hat die Kommunistische Partei Deutschlands, dies hat die Kommuni- stische Internationale an dem Grabe Schlageters zu sagen. Sie hat nichts zu DIE KPD, DIE NATION UND DIE REPUBLIK M7 verhüllen, denn nur die volle Wahrheit ist imstande, sich den Weg zu den tief leidenden, innerlich zerrissenen, suchenden nationalen Massen Deutsch- lands zu bahnen. Die Kommunistische Partei Deutschlands muß offen den nationalistischen kleinbürgerlichen Massen sagen: Wer im Dienste der Schie- ber, der Spekulanten, der Herren von Eisen und Kohle versuchen will, das deutsche Volk zu versklaven, es in Abenteuer zu stürzen, der wird auf den Widerstand der deutschen kommunistischen Arbeiter stoßen. Sie werden auf Gewalt mit Gewalt antworten. Wer aus Unverständnis sich mit den Söld- lingen des Kapitals verbinden wird, den werden wir mit allen Mitteln be- kämpfen. Aber wir glauben, daß die große Mehrheit der national empfin- denden Massen nicht in das Lager des Kapitals, sondern in das Lager der Arbeit gehört. Wir wollen und wir werden zu diesen Massen den Weg suchen und den Weg finden. Wir werden alles tun, daß Männer wie Schla- geter, die bereit waren, für eine allgemeine Sache in den Tod zu gehen, nicht Wanderer ins Nichts, sondern Wanderer in eine bessere Zukunft der gesam- ten Menschheit werden, daß sie ihr heißes, uneigennütziges Blut nicht ver- spritzen um die Profite der Kohlen- und Eisenbarone, sondern um die Sache des großen arbeitenden deutschen Volkes, das ein Glied ist in der Familie der um ihre Befreiung kämpfenden Völker. Die Kommunistische Partei wird diese Wahrheit den breitesten Massen des deutschen Volkes sagen, denn sie ist nicht die Partei des Kampfes um ein Stückchen Brot allein der industriel- len Arbeiter, sie ist die Partei der kämpfenden Proletarier, die um ihre Be- freiung kämpfen, um die Befreiung, die identisch ist mit der Freiheit ihres gesamten Volkes, mit der Freiheit all dessen, was arbeitet und leidet in Deutschland. Schlageter kann nicht mehr Wahrheit vernehmen. Wir sind sicher, daß Hunderte Schlageters sie vernehmen und sie verstehen wer- den. (Allgemeiner Beifall der Erweiterten Exekutive.) Die Rote Fahne vom 26. Juni 1923. 148 DIE KPD IN DER WEIMARER REPUBLIK 43- THÄLMANN PRÄSIDENTSCHAFTSKANDIDAT DER KPD (1925) An die Werktätigen Deutschlands! 43 Der Reichsblock, der die mächtigsten Parteien des bürgerlichen Deutschlands vereinigt, hinter dem die einflußreichsten Kreise des Großkapitals stehen, hat Hindenburg, den kaiserlichen Feldmarschall, den Vertrauensmann Wil- helms, des Narren von Gottes Gnaden, als Kandidaten für das Amt des Präsidenten der Republik aufgestellt. Die Parteien der Bourgeoisie, die in der Luther-Regierung sitzen, proklamieren offen: Ein Monarchist soll Präsident der Republik werden. Das ist der Erfolg der siebenjährigen Regierungstätigkeit Eberts und der Ebertpartei. Damit ist offen ausgesprochen, daß wir in einer kaiserlichen Republik leben, in der nur eine demokratische Kulisse die Diktatur der monarchistischen Großbourgeoisie verdeckt. Die Generalsdiktatur soll die Rückkehr zur Monarchie einleiten, das ist der Plan der Deutschnationalen und ihrer Anhänger. Dieser Plan ist nicht neu, er wird nicht heute begon- nen. In den Jahren 1923 und 1924 wurden durch Eberts Ausnahmezustand die monarchistischen Generale zu Diktatoren eingesetzt, sie trampelten die Arbeiterschaft in Sachsen und Thüringen nieder, sie ließen tausend Prole- tarier ins Zuchthaus werfen. So wurden unter dem Ermächtigungskanzler Marx die letzten Reste der Novembererrungenschaften geraubt, der Acht- stundentag abgeschafft, die Erwerbslosen zur Zwangsarbeit gepreßt, die So- zialrentner zum Hungertod verurteilt, die breiten werktätigen Massen durch Durch den Tod Eberts war die Wahl eines neuen Reichspräsidenten notwendig geworden. Der erste Wahlgang am 29. März 1925 hatte keinem Kandidaten die absolute Mehrheit und damit keine Entscheidung gebracht. Der Rechtskandidat Dr. Jarres hatte 10,7 Millionen, der SPD-Kandidat Braun 7,8 Millionen, der Zentrums- kandidat Marx fast 4 Millionen der Stimmen erhalten. Die KPD hatte ursprünglich Clara Zetkin, die populäre Sozialistenführerin, aufstellen wollen. Da Clara Zetkin aber zum rechten Flügel der KPD gehörte, im April 1924 aber die Linken die Partei- führung übernahmen, wurde als Vertreter der Linken Thälmann als Kandidat auf- gestellt. Er erhielt im ersten Wahlgang 1,8 Millionen Stimmen. Obwohl er nicht die geringste Chance hatte, wurde er auch zum zweiten Wahlgang nominiert, wie der vorliegende Aufruf zeigt. Thälmann erhielt 1,9 Millionen, Hindenburg als Vertreter der Rechten 14,6 Millionen und Marx als Vertreter der Weimarer Koalition 13,7 Millionen Stimmen. Hindenburg hatte durch die Sonderkandidatur Thälmanns gesiegt. DIE KPD, DIE NATION UND DIE REPUBLIK 149 die Steuernotverordnung ausgeplündert. Das war die Vorarbeit für die Hin- denburgdiktatur, die jetzt angedroht wird... Was aber tut die Sozialdemokratie? Eben noch hat sie den Arbeitern eingeredet, ihr Kandidat sei der »einzige aussichtsre ehe Arbeiterkandidat«, und schon ist ihr Braun für die Minister- sessel in Preußen verkauft, und die Arbeiter werden aufgerufen, für den Zentrumskanzler Wilhelm Marx zu stimmen. Wer ist Marx? Was ist sein Programm? Marx war der Zivildiktator des Ausnahmezustandes, er hat feierlich er- klärt, nicht gegen die Luther-Regierung zu kandidieren. Sein Programm ist das Luther-Programm, ist das Hindenburg-Programm. Er will es nur vor- sichtiger, geschickter, klüger durchführen als Hindenburg und seine deutsch- nationalen Auftraggeber. Er will jetzt noch nicht die schwarzweißrote Fahne hissen, sondern erst die Kräfte der Bourgeoisie zum letzten Schlage sam- meln ... Gewerkschafter! Laßt es nicht zu, daß der Gewerkschaftsapparat und die Gewerkschaftspresse zur Unterstützung des Hindenburg-Programms aus- genutzt werden! Duldet nicht, daß unter dem Schlagwort »Für die Repu- blik« für Marx Propaganda gemacht wird! Marx-Programm ist Hinden- burg-Programm ! Marx ist der Reichskanzler, der im Auftrage der Bourgeoisie den Acht- stundentag beseitigte. Erzwingt den Kampf gegen Hindenburg und Marx! Arbeiter! Ausgebeutete! Nicht mit der Bourgeoisie — nur im Kampfe gegen ihre schwarzrotgolde- nen Agenten könnt ihr die stärkere Ausbeutung und Unterdrückung, die Auslieferung als Kanonenfutter für neue Imperialistenkriege verhindern. Nur das revolutionäre Proletariat, das die Monarchie im November 1918 zerschlagen, das den Kampf für die sozialistische Republik geführt hat und von Ebert und Hindenburg blutig niedergeschlagen wurde, das den Kapp- Putsch abgewehrt hat, das 1923 aufmarschierte, um die Faschisten zu ver- jagen, das 1924 gegen die »Deutschen Tage« der Monarchie demonstrierte, nur das revolutionäre Proletariat, als Klasse geeinigt, von der Kommunisti- schen Partei geführt, unter der roten Fahne, kann die Schlacht gegen die reaktionäre Bourgeoisie schlagen. Diese Schlacht wird nicht mit dem Stimm- zettel geschlagen. Es ist nicht die Aufgabe des Proletariats, den geschicktesten Vertreter der Bourgeoisieinteressen auszusuchen, zwischen dem Zivildiktator Marx und dem Militärdiktator Hindenburg das »kleinere Übel« zu wählen. Wir rufen die Massen auf: Organisiert den Massenkampf gegen die Bourgeoisiediktatoren, gegen Hindenburg und Marx! Heraus zur Massendemonstration gegen die monarchistische Reaktion, IJO                                   DIE KPD IN DER WEIMARER REPUBLIK gegen ihre Schrittmacher, die schwarzrotgoldenen Reaktionäre! Für die rote Klassenfront des Proletariats! Für den Sturz der Bourgeoisie und für die Errichtung der proletarischen Diktatur! Nicht Wahl des Präsidenten der Bourgeoisie — Demonstration für den Klassenkampf, Bekenntnis zur proletarischen Revolution, das ist die Ab- stimmung am 26. April für Ernst Thälmann! Nun erst recht: Keine Stimme den Kandidaten der Bourgeoisie! Heraus aus dem Reichsbanner! Heraus aus der bürgerlichen SPD! Hinein in den Roten Frontkämpferbund! Hinein in die Kommunistische Partei! Jeder klassenbewußte Arbeiter stimmt gegen Hindenburg und Marx für Thälmann! Berlin, 11. April 1925 Die Zentrale der Kommunistischen Partei Deutschlands (Sektion der Kommunistischen Internationale) Die Rote Fahne vom 12. April 1925.   AUS DER RESOLUTION DES POLBÜROS DER KPD ÜBER DEN FASCHISMUS (1930) I. Die gegenwärtige Situation wird durch die gesteigerten Vorstöße des Fa- schismus gegen die Arbeiterklasse gekennzeichnet. Die Erhöhung der natio- nalsozialistischen Stimmenzahlen bei den letzten Wahlen, die Häufung brutaler Mordüberfälle von nationalsozialistischen Terrorgruppen auf die Arbeiterschaft signalisieren den Ernst der faschistischen Gefahr ... III. Diese Lage zwingt unsere Partei und die gesamte revolutionäre Arbei- terschaft, den Kampf gegen die faschistische Gefahr auf das äußerste zu ver- schärfen. Dieser Kampf bildet einen unmittelbaren Bestandteil der breiten proletarischen Gegenoffensive gegen den Unternehmerangriff. Vor der deut- schen Arbeiterklasse steht in ganzer Größe die Aufgabe, den Faschismus und seine Terrorbanden bis zur vollständigen Vernichtung niederzukämpfen. Diese Aufgabe kann nicht nur durch Teilkämpfe und Einzelmaßnahmen ge- löst werden, sondern sie bildet eines der entscheidenden Probleme der DIE KPD, DIE NATION UND DIE REPUBLIK I5I deutschen Revolution, deren Sieg allein die endgültige Liquidierung des Fa- schismus, seine physische Vernichtung sichert. Das Ziel der faschistischen Bewegung ist die Aufrichtung der faschistischen Diktatur, die blutige Zerschmetterung der gesamten Arbeiterbewegung, die Errichtung eines Regimes des weißen Terrors, der Standgerichte und des Meuchelmordes, wie es die Herrschaft Mussolinis in Italien ist. .. VI. Der Kampf gegen die Faschisten muß der gesamten politischen Linie der Partei entsprechen. Fest verbunden mit dem Tageskampf der Arbeiter- massen um die Verbesserung ihrer Lebensbedingungen muß dieser einen entschlossenen offensiven Charakter tragen. Die beginnende Zersetzung unter der werktätigen Gefolgschaft der faschistischen Bewegung, die zweifel- los zunimmt, macht eine Differenzierung zwischen den faschistischen Füh- rern und den irregeführten Massen ihrer werktätigen Anhänger notwendig. Daher ist die schematische Anwendung der Losung »Schlagt die Faschisten, wo ihr sie trefft!« im gegenwärtigen verschärften Stadium des Kampfes un- zweckmäßig. Die Hauptlosung muß in der gegenwärtigen Situation der politische und wehrhafte Massenkampf des Proletariats und aller Werk- tätigen gegen den Faschismus mit dem Ziele seiner vollständigen Vernich- tung sein. Der Faschismus in Deutschland beschränkt sich keinesfalls auf die faschisti- schen Kampf- und Mordorganisationen, die Nationalsozialisten, den Stahl- helm usw., sondern er erfaßt auch alle wichtigen bürgerlichen Parteien. Die Faschisierung Deutschlands erfolgt sowohl durch die faschistischen Kampf- organisationen als auch durch den bürgerlichen Staatsapparat und seine sozialfaschistischen Agenten. Der Kampf gegen den Faschismus ist ein untrennbarer Bestandteil des Kampfes gegen den Kapitalismus, gegen die bürgerliche Klassenherrschaft. Der Kampf gegen den Faschismus ist daher undenkbar ohne den schärfsten Kampf gegen die Sozialdemokratische Partei, ihre Führerschaft, die eine ent- scheidende Waffe der Faschisierung Deutschlands darstellt... Die Rote Fahne vom 15. Juni 1930. I$2                                    DIE KPD IN DER WEIMARER REPUBLIK 45- ÜBER DEN »ROTEN VOLKSENTSCHEID« (1931) Rede von Ernst Thälmann44 Es ist klar, wir gehen schweren Ereignissen entgegen, und ich sage: ein Volk, das national versklavt wird und auf dem die Peitsche der ausländischen und der deutschen Bourgeoisie herumtanzt — die Geduld dieses Volkes wird eines Tages ein Ende haben. Heute besteht zwischen der objektiven Entwicklung und im subjektiven Reagieren der Arbeiterschaft noch eine Spanne. Aber wir dürfen nicht Zu- rückbleiben, sonst können wir überrumpelt werden. Es war eine Sdiwäche, daß in diesen Tagen, wo Brüning Tag für Tag seine Notverordnungen er- ließ, die Arbeiterschaft nicht genügend reagierte. Das ist ein Alarmzeichen für die Partei. So müssen wir jetzt mit Mut, Entschlossenheit und nicht nachlassender Zähigkeit die Schwächen auf dem Gebiet der Betriebsarbeit beseitigen. Wir brauchen Ausdehnung in die Betriebe. Dort müssen wir die Massen in die Stellung bringen, von der aus der Angriff erfolgt. Denn mit den Arbeits- losen allein — so wichtig ihre Aktivität ist — kann die proletarische Revolu- tion nicht zum Sieg geführt werden. Stärkste Offensive gegen die SPD-Politik im ADGB ist notwendig. Ge- 1930 hatten NSDAP und Deutschnationale gegen die sozialdemokratisch ge- führte preußische Regierung Braun-Severing ein Volksbegehren eingebracht, um die Regierung durch einen Volksentscheid zu stürzen. Die KPD wandte sich zunächst dagegen. Ihr Redner im Preußischen Landtag, der Abgeordnete Schwenk, führte am 15. Oktober 1930 aus: »Wir wissen..., daß die Nationalsozialisten die Absicht haben, ein Volksbegehren zur Auflösung des Landtags durchzuführen. Wir müssen demgegenüber die Frage aufwerfen: Wer steht hinter dem Volksbegehren? Ist das nicht Herr Hugenberg? Sind das nicht die Geldleute, die ein Interesse daran haben, auch hier in Deutschland das faschistische Regime aufzurichten? Das Volksbegehren der Nationalsozialisten hat nur das Ziel, der Blutherrschaft der faschistischen Dikta- tur den Weg zu bereiten. Wir Kommunisten lehnen es ab, diesen Volksbetrug mitzu- machen.« Später gab die KPD die Parole aus, eine »Volksaktien« gegen Preußenregierung und NSDAP zu veranstalten. Aber am 21. Juli 1931 beschloß die KPD plötzlich, sich am Volksentscheid der NSDAP zu beteiligen. Der Volksentscheid wurde nun als »roter Volksentscheid« bezeichnet. Die Rede Thälmanns zeigt, wie dieser die Zusammenarbeit mit der NSDAP zu bemänteln versuchte (vgl. a. die Kritik Trotz- kis: Dok. 95). DIE KPD, DIE NATION UND DIE REPUBLIK 153 rade unserer mangelhaften Arbeit an der innergewerkschaftlichen Front ist es zuzuschreiben, daß die Gewinnung der SPD-Arbeiter zu gemeinsamen Aktionen nicht im erforderlichen Maße erfolgt. Und gerade das ist notwen- diger denn je. Wir müssen um jeden Preis die Krise in der SPD zur höchsten Entfaltung bringen. Aber wir können das nur durch schärfsten prinzipiellen Kampf, durch unermüdliche Aufdeckung des reaktionären Charakters der sozial- demokratischen Politik. Und hier bin ich bei der Frage des Volksentscheids. Heute erkennen bereits große Schichten sozialdemokratischer Arbeiter, daß die Behauptung ihrer Führer, Brüning sei das »kleinere Übel« gegen Hitler-Hugenberg, Schwindel ist und nur zur Entschuldigung für die in- fame arbeiterfeindliche Haltung der sozialdemokratischen Reichstagsfrak- tion dient. Wir haben bereits den Masseii klargemacht, daß Kampf gegen den Fa- schismus nicht nur Bekämpfung der Nazis bedeutet, sondern vor allem Kampf gegen das Finanzkapital selbst, gegen das Brüningkabinett, als die Regierung der Durchführung der faschistischen Diktatur. Daraus folgt zwangsläufig unsere schärfste Offensivstellung gegen die preußische Seve- ringregierung, weil sie das stärkste Bollwerk der Brüningdiktatur ist. Und schließlich verschärft unsere Volksentscheidaktion die Klassengegensätze außerordentlich. Sie gibt uns die Möglichkeit, in stärkster außerparlamenta- rischer Mobilisierung den revolutionären Ausweg aus der Krise zu propa- gieren. Welche Lächerlichkeit, wenn die SPD von einer Einheitsfront der Kom- munisten mit Hitler-Hugenberg faselt! Ganz im Gegenteil. Die offenher- zigen Eingeständnisse der Bourgeoisie selbst zeigen, daß wir mit der Über- nahme der Führung des Volksentscheids die demagogischen Pläne des Stahl- helms, der Hitler-Hugenberg, der Volkspartei und Volkskonservativen durch- kreuzt haben. Wo sie aus Fraktionsinteresse einen Kampf gegen Severing- Braun vortäuschen, da führen wir als Klasse ernsthaft den Kampf. Gerade unsere Teilnahme am Volksentscheid gibt uns die beste Möglich- keit, die nationalsozialistische und deutschnationale Futterkrippenpolitik und Demagogie zu entlarven. Je stärker die Rechtsparteien den Volksent- scheid sabotieren, um so tiefer wird unser Einbruch in die Reihen der natio- nalsozialistischen Anhänger sein. Wir haben, gerade um den SPD-Arbeitern den wahren Charakter »ihrer« Regierung zu zeigen, ein Ultimatum an die Preußenregierung gestellt, das nur sehr bescheidene Forderungen enthielt. Mit Ausnahme einer, die für die Bourgeoisie und SPD-Führer vielleicht unbescheiden ist: Aufhebung des RFB-Verbots! Ja, wir haben diese Forderung gestellt, weil dieselben SPD- Führer und ihr Severing, die uns Bündnis mit der Reaktion vorwerfen, die bewaffneten Stahlhelmer- und Naziorganisationen erlauben, proletarische 154 DIE KPD IN DER WEIMARER REPUBLIK Abwehrorganisationen aber auf Grund des Versailler Vertrages verbieten Die Antwort Severings, ebenso wie das Verhalten der ganzen SPD, zeigt, daß es bei Braun und Severing keine Spur von Marxismus gibt. Unter schärfster Abgrenzung von Hitler und Hugenberg, ja, bei stärkster Bekämpfung dieser Faschisten führen wir den roten Volksentscheid durch, der völlig der Klassenlinie unserer Politik entspricht. Seit dem Volksbegeh- ren hat sich die Lage entscheidend verschärft. Seitdem hat Severing eine Reihe von Maßnahmen ergriffen: den Scharfschießerlaß herausgegeben, die faschistische Presseverordnung durchgesetzt, die Dreiklassenkrisensteuer an- geregt usw. Severing und die SPD haben sich als soziale Hauptstütze der Bourgeoisie erwiesen. Darum muß der schärfste Kampf gegen sie aufgenom- men werden, darum stellt der rote Volksentscheid unter Ausnutzung der Möglichkeiten einer legalen parlamentarischen Massenaktion einen Schritt vorwärts in der außerparlamentarischen Massenmobilisierung dar. Wir tragen Zersetzung ins Lager der Bourgeoisie. Wir werden unseren Einbruch in die Sozialdemokratie erweitern und die innere Gärung in die- ser Partei beschleunigen. Wir werden tiefere Breschen in die Hitlerfront schlagen. Wir werden als Partei der proletarischen Revolution unsere Reihen stärken, die Masseninitiative beleben und den revolutionären Klassenkampf steigern. Das alles wird uns gelingen! Mögen die Brandieristen, die jeden Tag Argumente für den »Vorwärts« liefern, sich auch als Anarcho-Syndikalisten gebärden und uns der Brem- serei beschuldigen, da schon die revolutionäre Situation da sei. Wir sehen die revolutionäre Perspektive, aber wir haben noch nicht die revolutionäre Situation. Das wollen wir den brandleristischen Bundesgenossen Severings sagen, die schon einmal, als die revolutionäre Situation wirklich da war, nämlich 1923, das Proletariat erbärmlich verraten haben. Ich will dieser Versammlung noch einige Tatsachen unterbreiten, damit ihr alle seht, wie ernst die Situation ist. Als Brüning und seine Freunde nach Paris fuhren, haben Besprechungen stattgefunden, bei denen besonders die amerikanischen Kapitalisten nach den Garantien fragten, die Brüning im Kampf gegen den Kommunismus geben könne. Bei diesen Besprechungen sind auch preußische Instanzen hinzugezogen worden, um sich zu dem Ver- bot der KPD zu äußern. Der Vorbereitung des KPD-Verbots dient die mörderische Hetze, die vor allem die SPD gegen uns entfaltet. Die Hetze wird nicht fruchten. Denn die Massen überzeugen sich immer mehr davon, daß dort, wo die Kom- munisten herrschen, zwar auch Opfer gebracht werden, aber Opfer für die Allgemeinheit der Werktätigen, während in Deutschland die Massen bluten, damit andere daraus Gewinn ziehen können. In Deutschland geht’s rück- wärts, in der Sowjetunion, wo die Kommunisten Regierungspartei sind, DIE KPD, DIE NATION UND DIE REPUBLIK 155 geht es vorwärts! Wir marschieren gegen die Bourgeoisie. Wir organisieren den Kampf. Wir werden das Volk zum roten Sieg führen! (Rede in der Funktionärsversammlung der revolutionären Massenorganisationen am 24. Juli 1931 in Berlin.) Ernst Thälmann, Kampfreden und Aufsätze Hrsg, von der KPD, o. O. und o. J. (1932), S. 53-55. 46. OFFENER BRIEF DER KPD AN DIE »WERKTÄTIGEN WÄHLER DER NSDAP UND DIE MITGLIEDER DER STURMABTEILUNGEN« (1931) Schaffende Volksgenossen! Das schaffende Volk Deutschlands leidet bittere Not! Die kapitalistischen Volksausplünderer und ihr Staat saugen das Volk aus. Die Löhne werden abgebaut, damit auch weitere Dividenden, Tantiemen und hohe Direktoren- gehälter in die Taschen der Reichen fließen. Millionen Arbeiter wurden aus den Betrieben geworfen, die Betriebe werden stillgelegt, während es dem schaffenden Volk an dem wichtigsten Lebensbedarf mangelt. Die Unterstützung der Erwerbslosen, die Renten der Kriegs- und Arbeits- beschädigten werden abgebaut, damit die Großpensionäre und die schwer- reichen Fürsten noch reicher werden. Täglich erleben wir den Zusammen- bruch unzähliger Existenzen, Das Finanzkapital und die Gerichtsvollzieher der Brüning-Regierung nehmen dem Mittelstand und dem Bauern Hab und Gut. So verordnet die Brüning-Regierung im Auftrage des Großkapitals bittere Not für die Werktätigen, aber verschenkt gleichzeitig Millionen Subven- tionen an Großindustrielle, Großbanken und Großagrarier. Wer ist schuld an dieser Not? Schuld sind jene, die im Besitze der Fabriken, der Großbanken und des Grund und Bodens sind. Solange die Goldschmidt, Vogler, Thyssen, Krupp, Borsig und Siemens die Fabriken, die Banken und den Grund und Boden besitzen, wird in Deutschland nicht anders regiert werden. Das schaffende Volk will Brot, Arbeit und Freiheit. Das bekommt das Volk nicht aus den Händen der Krupp, Goldschmidt, Brüning & Co. Das muß sich das werktätige Volk selbst erkämpfen. Ihr fordert auf zum Volkskrieg gegen die Armut. Volkskrieg gegen die Armut, das kann nur Volkskampf gegen jene Reichen und Satten sein, die 1^6                                 DIE KPD IN DER WEIMARER REPUBLIK eure Löhne abbauen, eure Gehälter herabsetzen, eure Unterstützungen und Renten herabdrücken, durch Pfändungen die Wucherzinsen eintreiben, durch wucherische Zölle das Brot und andere wichtige Lebensmittel verteuern und die Freiheit des Wortes, der Schrift und der Versammlung unterdrücken. Wer ehrlich gegen Volksausplünderung und Youngsklaverei kämpfen will, der muß heute und morgen seine ganze Kraft dem schaffenden Volke zur Verfügung stellen und den Massenwiderstand gegen die Ausplünderung und Unterdrückung der Arbeitenden organisieren. Bei zahlreichen von der Revolutionären Gewerkschaftsopposition geführ- ten Streiks der letzten Zeit kämpften nationalsozialistische Arbeiter gemein- sam mit kommunistischen und sozialdemokratischen Arbeitern gegen jeden Pfennig Lohnabbau, während Unternehmer, sozialdemokratische Gewerk- schaftsbonzen und Führer der NSDAP zum Streikbruch aufforderten. An manchen Stempelstellen haben nationalsozialistische Erwerbslose unter Führung des Erwerbslosenausschusses gemeinsam mit kommunistischen und sozialdemokratischen Arbeitern gegen den Unterstützungsabbau, für Son- derunterstützungen und gegen die Arbeitsdienstpflicht gekämpft. Als ehr- liche Kämpfer gegen das Hungersystem haben sich proletarische Anhänger der NSDAP in die Einheitsfront des Proletariats eingereiht und in Erwerbs- losenausschüssen ihre revolutionäre Pflicht getan. Aber die Führer eurer Partei verteidigten besonders durch Ablehnung der kommunistischen An- träge im Parlament den Unterstützungsabbau. Sie standen auf der Seite Brünings. In zahlreichen Wohngebieten haben Anhänger der NSDAP den revolutio- nären Arbeitern geholfen, die Massen gegen die Exmission von Erwerbslosen zu mobilisieren. In vielen Dörfern haben Mitglieder der NSDAP unter Führung der Kom- munisten verhindert, daß den schaffenden Bauern die Kuh gepfändet oder ihr kleiner Besitz versteigert wurde. Was sagten eure Führer dazu? Sie verboten jede Selbsthilfemaßnahme. Sie ermahnten euch zur Legalität. Legal sollt ihr hungern. Soziale Befreiung versprachen eure Führer, aber sie setzten sich in Harz- burg mit den Führern der großen Truste und Banken zusammen und ver- sprachen ihnen treue Dienste. Die SA mußte in Harzburg vor dem Millionär Hugenberg, vor den Bankfürsten und Trustherren defilieren. Im Wirtschaftsbeirat der Brüning-Regierung beraten die in Harzburg ver- tretenen Großkapitalisten gemeinsam mit den sozialdemokratischen Ge- werkschaftsführern, wie am schnellsten dem schaffenden Volke das Fell über die Ohren gezogen werden soll. Und ihr sollt ihnen helfen! ... Für uns alle gibt es nur einen Ausweg: den Sozialismus. Sozialismus, das ist die Enteignung der Großkapitalisten und der Groß- agrarier! DIE KPD, DIE NATION UND DIE REPUBLIK                                                                  IJ7 Der freie Arbeiter und Bauer Herr der Fabriken, Herr der Banken und des Grund und Bodens — das ist Sozialismus! Kämpft mit uns in der Front der revolutionären Freiheitsarmee für Brot, Arbeit und Freiheit, für den Sozialismus! Kommunistische Partei Deutschlands Bezirksleitung Berlin-Brandenburg-Lausitz-Grenzmark Die Rote Fahne vom i. November 1931. 47- »DER FASCHISTISCHE KURS DER BRÜNING-REGIERUNG« Aus einer Rede Ernst Thälmanns (1932) Ich komme nun zur Frage der Faschisierung. Der Prozeß der Durchführung der faschistischen Diktatur durch die Brüning-Regierung, wie wir ihn vor einem Jahr auf dem Januar-Plenum 1931 analysiert haben, hat innerhalb der vergangenen zwölf Monate die heftigsten Formen angenommen. Ich will nicht Einzelheiten anführen, da ja die verschiedenartigsten Unter- drückungsmaßnahmen gegen die Arbeiterklasse: Streikverbote, staatlicher Lohnraub, Abbau der sozialen Leistungen, Terror des Hitlerfaschismus, Fa- schisierung der Sozialdemokratie, zur Genüge bekannt sind. Niemand wird heute mehr daran zweifeln, daß wir es bei dem Kurs der Brüning-Groener- Regierung im Reich und ihrer Braun-Severing-Filiale in Preußen mit einem faschistischen Kurs zu tun haben, daß wir recht hatten, als wir im Dezember 1930 von einer ausreifenden, noch nicht ausgereiften faschistischen Diktatur sprachen. Bei der Durchführung dieses faschistischen Kurses finden wir bis zum heu- tigen Tage in der Politik der deutschen Bourgeoisie das eigenartige System der wechselseitigen Ausnutzung der Sozialdemokratie und der Hitlerpartei, wobei das Schwergewicht nach wie vor bei der SPD als der sozialen Haupt- stütze der Bourgeoisie liegt. Das Zentrum ist momentan die Partei, die für diese wechselseitige Ausnutzung der SPD und der Nazis durch das Finanz- kapital in den Vordergrund gerückt ist. Das Zentrum plus Sozialdemokratie führt momentan die Politik des Finanzkapitals in Deutschland durch ... Nichts wäre verhängnisvoller als eine opportunistische Überschätzung des Hitlerfaschismus. Wollten wir uns darauf einlassen, gegenüber dem riesigen 158                      DIE KPD IN DER WEIMARER REPUBLIK Anschwellen der Hitlerbewegung unseren richtigen klassenmäßigen Maßstab zu verlieren und uns in eine ähnliche Panikstimmung drängen zu lassen, wie sie die Sozialdemokratie künstlich in den Massen zu erzeugen versucht, so müßte das zwangsläufig zu einer falschen Fragestellung in unserer prak- tischen Politik sowohl gegenüber den Nazis wie vor allem gegenüber der SPD führen ... Der revolutionäre Ausweg und die KPD Rede Ernst Thälmanns auf der Plenartagung des ZK der KPD am 19. Februar 1932 in Berlin Hrsg, von der KPD, S. 23/24. 48. FASCHISMUS UND DEMOKRATIE IN DEN THESEN DER KPD (1931/1932)45 A Die Regierung der Durchführung der faschistischen Diktatur Während der revolutionäre Aufschwung der Arbeiterbewegung auch nach den Wahlen vom 14. September 1930 unvermindert anstieg, hat die Bour- geoisie einen weiteren Schritt auf dem Wege der Faschisierung ihrer Staats- macht getan. Die Regierung Brüning, die die letzten revolutionären Errun- genschaften von 1918 abbaute, die Weimarer Verfassung Stück für Stück außer Kraft setzt, das Parlament ausschaltet und sich zum Vollzugsorgan der Zwischen 1929 und 1933 versuchte die KPD-Führung nachzuweisen, daß »zwi- schen Faschismus und Demokratie kein prinzipieller Unterschied besteht«. Damit wurde die Gefahr des Nationalsozialismus bagatellisiert. In einer Auswahl: »Leni- nismus und Stalinismus« (Lehren der deutschen Katastrophe 1933) mit einem Vor- wort Trotzkis sind Dutzende von KPD-Zitate zusammengestellt, in denen Demo- kratie und Faschismus gleichgesetzt wurden. Noch am 10. Januar 1933 hat z. B. die »Kommunistische Internationale« geschrieben: »Das 11. EKKI-Plenum hat mit dem künstlich konstruierten prinzipiellen Gegensatz von bürgerlicher Demokratie und faschistischer Diktatur aufgeräumt und dadurch den kommunistischen Parteien im Kampfe gegen den Sozialfaschismus eine wichtige Hilfe geleistet. Das 12. Plenum hat... aufgezeigt, daß es einen sogenannten klassischen Faschismus nicht gibt und geben kann und daß alle .. .Theorien von der Notwendigkeit der vorherigen Nieder- schlagung der Arbeiterklasse blutleere Abstraktionen sind.« DIE KPD, DIE NATION UND DIE REPUBLIK 159 wütenden Unternehmeroffensive auf die Lebenshaltung des Proletariats, der Angestellten, Beamten und aller Werktätigen macht, ist zur Regierung der Durchführung der faschistischen Diktatur geworden. Sie stützt sich dabei sowohl auf die sozialdemokratische Führerschaft, die trotz dem wachsen- den antifaschistischen Kampfwillen der sozialdemokratischen Arbeiter alle reformistischen Arbeiterorganisationen in den Dienst der Faschisierung zu stellen versucht, als auch auf die nationalsozialistischen Terrorbanden, die die Stoßkraft der proletarischen Revolution gewaltsam brechen wollen ... (Plenum des ZK der KPD, Januar 1931) b t Papen-Regierung eine Form der faschistischen Diktatur In Deutschland wurde durch die Regierung Papen-Schleicher, bei Verschär- fung der äußeren Gegensätze und außerordentlicher Anspannung der inne- ren Klassenbeziehungen, mit der Hilfe der Reichswehr, des Stahlhelms und der Nationalsozialisten eine der Formen der faschistischen Diktatur errich- tet, der die Sozialdemokratie und das Zentrum den Weg gebahnt haben. Die weitere Entwicklung oder der Zerfall dieser Diktatur hängt vom revolu- tionären Kampf der Arbeiterklasse gegen den Faschismus in allen seinen Formen ab... (XII. EKKI-Plenum, September 1932) c Die faschistische Diktatur in Deutschland Das Plenum kam bezüglich der Formen der gegenwärtigen Lage in Deutsch- land zu der Feststellung, daß hier eine der Formen der faschistischen Dik- tatur errichtet sei. Diese Formulierung schließt sowohl eine mechanische Gleichsetzung der faschistischen Diktatur in Deutschland etwa mit Italien, Polen usw. aus, als auch zeigt sie, daß es sich bei der heutigen Herrschaftsform der deutschen Bourgeoisie nicht um etwas Starres, Abgeschlossenes handelt, sondern daß in erster Linie die weitere Entwicklung der Herrschaftsformen der Bourgeoi- sie vom Klassenkampf abhängig sind... (Thälmann auf der III. Parteikonferenz der KPD, Oktober 1932) i6o DIE KPD IN DER WEIMARER REPUBLIK D Die Lage in Deutschland Die Herrschaft der Regierung Papen-Schleicher in Deutschland, die mit Hilfe der Reichswehr, des Stahlhelms und der Nationalsozialisten errichtet wurde, für die die Sozialdemokratie und das Zentrum den Weg gebahnt haben, stellt eine der Formen der faschistischen Diktatur dar. In den ernsten Interessen- gegensätzen der verschiedenen Kapitalistengruppierungen (Schwerindustrie, Chemiekapital, Großagrarier, Klein- und Mittelindustrie), in den Fragen der sogenannten »Autarkie«, der Subventionen und der Finanzpolitik, in den widerstrebenden monarchistischen Restaurationsbestrebungen, in den verschärften Auseinandersetzungen innerhalb der faschistischen Bürgerkriegs- truppen (Hitler-SA und Stahlhelm), in dem Konflikt zwischen Deutsch- nationalen und Nationalsozialisten und den Differenzen der faschistischen Machthaber mit ihren Wegbereitern, der SPD und dem Zentrum, zeigt sich die Zerklüftung im Klassenlager der Bourgeoisie auf Grund der Krise und des Kapitalismus. (Resolution der III. Parteikonferenz der KPD, Oktober 1932) Die wichtigsten Beschlüsse der Kommunistischen Internationale und der KPD nach dem VI. Weltkongreß im Zitat Hrsg, von der KPD, o. O. und o. J. (1932), S. 16-19. E. DIE KPD, DIE SOZIALDEMOKRATIE UND DIE GEWERKSCHAFTEN 49- SPARTAKUS-FLUGBLATT (1916) Hundepolitik . . . Der Geist Eugen Richters, des Stiefelputzers der Reaktion aus der Zeit des Hungerzolltarifs, lebt in seinen würdigen Nachfahren. Unter dem Schrei: >Landesverrat< stürzen sich die Hubrich und Müller-Meiningen mit Fäusten auf jeden, der die Reichstagstribüne besteigt, um Kritik an der Regierung zu üben. Mit dem Schrei: Landesverrat < liefern die Payer und Liesching die Immunität der Volksvertretung dem Militärsäbel aus. Den Oertel und Hey- debrand bleibt nach diesem liberalen Geheul nichts mehr zu sagen übrig. Und die sozialdemokratische Mehrheitsfraktion? Sie wies nicht mit einer Silbe dieses Gekrächz zurück. Die >Durchhaltepolitiker<, die Scheidemann und Gen. halten ja selbst jeden, der sozialdemokratische Grundsätze hochhält und den Völkermord bekämpft, für einen Landesverräter. Landesverrat! Landesverrat! Maifeier ist Landesverrat! Kritik an der Kriegsanleihe — Landesverrat! Internationale Solidarität — Landesverrat! Klassenkampf — Landesverrat! Budgetablehnung — Landesverrat! Streiks zur Erhöhung der Hungerlöhne — Landesverrat! öffentliche Erörterung des Lebensmittelwuchers — Landes- verrat! Klageschrei der hungernden Frauen vor den Läden — Landesver- rat! Was tausendmal in sozialdemokratischen Zeitungen, in sozialdemo- kratischen Wählerversammlungen, in sozialdemokratischen Reichstagsreden gesagt worden, ist heute Landesverrat. Die gesamte 50jährige Tätigkeit der Sozialdemokratie gegen Krieg, Militarismus, Klassenherrschaft, Klassen- solidarität, nationale Einigkeit, vaterländische Phrase gerichtet war, ist Landesverrat! Die Payer-Liesching-Hubrich, die David-Landsberg-Scheidemann haben alle Staatsanwälte übertroffen, alle Polizeipräsidenten beschämt, den seligen Tessendorf nachträglich zum Waisenknaben gemacht. Wehe, wenn diese Kerls das Bismarcksche Sozialistengesetz zu handhaben gehabt hätten! Sie hätten sämtliche sozialdemokratischen Abgeordneten und Redakteure ins Zuchthaus gesteckt, sie hätten unseren August Bebel, unseren alten Liebknecht an den i6i DIE KPD IN DER WEIMARER REPUBLIK Galgen gebracht. Die Scheidemann-Leute leisteten sich die Komödie, formell einen Antrag betr. die Immunität Liebknechts zu stellen, aber sie begründeten ihn damit, daß Liebknechts Kampf nicht gefährlich, daß das deutsche Volk in seinem Kadavergehorsam doch nicht zu erschüttern sei! Ja, in der Kommis- sion des Reichstages sagte der »Sozialdemokrat« David mit Bezug auf Karl Liebknecht: Ein Hund, der laut belle, beiße nicht! Auf all diese Infamie im Reichstag die richtige Antwort zu geben, nicht advokatorisch, nicht formalistisch, sondern sozialistisch, nicht debattieren, nicht argumentieren, sondern die verächtliche Gesellschaft als eine Rotte von Volks Verrätern zu brandmarken, dazu fehlte eben - Liebknecht! Die Antwort soll ihnen aber von den Massen des Proletariats gegeben werden, von den Massen des hungernden, geknechteten, als Kanonenfutter mißbrauchten Volkes. Und die »Hun de «-Worte des sozialdemokratischen Mehrheitsredners sollen dabei nicht vergessen werden. Ein Hund ist, wer den Stiefel der Herrschenden leckt, der ihn jahrzehnte- lang mit Tritten bedachte. Ein Hund ist, wer im Maulkorb des Belagerungszustandes fröhlich schweif- wedelt und den Herren der Militärdiktatur, leise um Gnade winselnd, in die Augen blickt. Ein Hund ist, wer einen Abwesenden, einen Gefesselten heiser anbellt und dabei den augenblicklichen Machthabern Apportdienste leistet. Ein Hund ist, wer die ganze Vergangenheit seiner Partei, wer alles, was ihr ein Menschenalter heilig war, auf Kommando der Regierung abschwört, begeifert, in den Kot tritt. Hunde sind und bleiben demnach die David, Landsberg und Genossen. Und sie werden sicher von der deutschen Arbeiterschaft, wenn der Tag der Abrechnung kommt, den wohlverdienten Fußtritt bekommen. Daß dieser Tag so bald wie möglich anbricht und so gründliche Arbeit wie möglich verrichtet, dazu hat die Affäre Liebknecht — sowohl sein Beispiel wie die Infamien des Reichstages und der Fraktionsmehrheit - tüchtig bei- getragen. Nun muß es auch jedem Manne und jeder Frau des Volkes klar sein: dieses Parlament, diese verächtliche Mameluckenhorde von Payer bis David sind vor dem Gericht der Weltgeschichte abgetan und erledigt. Nur die Selbsttätigkeit der Massen, nur kühne Initiative der Massen, nur nach- drückliche Aktion des Klassenkampfs auf der ganzen Linie kann uns auf den Weg hinausführen, dem Völkermord, der Militärdiktatur, dem langsamen Verhungern des Volkes eine Ende zu machen. Und das werden die Massen nur fertigbringen, wenn sie gelernt haben, im Kampfe für die Ideale des internationalen Sozialismus wie Liebknecht das ganze Ich in die Schanze zu schlagen, wenn sie nicht bloß singen, sondern auch durch Taten und Handlungen zeigen: »Nicht zählen wir den Feind, nicht die Gefahren all...« KPD, SOZIALDEMOKRATIE UND GEWERKSCHAFTEN 163 Wenn sie hunderttausendstimmig, millionenstimmig im ganzen Reich den Ruf Liebknechts immer und immer wieder erheben: Nieder mit dem Kriege! Proletarier aller Länder, vereinigt Euch! Von Rosa Luxemburg verfaßtes Flugblatt der Spartakusgruppe Arbetarrörelsens Arkiv Stockholm 1723/816 50. LEITSÄTZE ÜBER DIE GEWERKSCHAFTSFRAGE (1919)^ 1. Hatte schon vor dem Kriege das Anwachsen und die Konzentration der Kapitalisten, deren Zusammenfassung und einheitliche Leitung in Trusts, Syndikaten und Arbeitgeberverbänden die gewerkschaftliche Politik der klei- nen Reformen, der Lohnverbesserungen und Tarifverträge vor eine Mauer gestellt, so ist mit dem Zusammenbruch des deutschen Imperialismus und mit dem Beginn des offenen Kampfes zwischen Kapital und Arbeit diese Politik völlig aussichtslos geworden. Die Zerrüttung, in die die Wirtschaft durch den Krieg geraten ist, die unerträgliche Schuldenlast gegen In- und Ausland, die Entwertung der Mark und damit die Unmöglichkeit, fehlende Rohstoffe in rationeller Weise zu beschaffen, die Unmöglichkeit, gegenüber den Verpflichtungen an das Ausland das Inland mit genügend heimischen Rohstoffen zu versehen, die Unmöglichkeit, aus dem In- oder Ausland genügend Nahrungsmittel zu beschaffen, die Unmöglichkeit, der dauernden Entwertung der Zahlungs- Nach der Revolution propagierten linksradikale Kreise die politisch-gewerk- schaftliche Einheitsorganisation und den Austritt aus den freien Gewerkschaften. Auf dem Gründungskongreß der KPD hatte Paul Frölich als Vertreter Hamburgs erklärt: »Wir stellen uns auf den Standpunkt, daß die früher gebotene Zweiteilung der Arbeiter in politische und gewerkschaftliche Organisationen aufhören muß. Für uns kann es nur eine Parole geben: Heraus aus den Gewerkschaften. Was aber dann? Wir haben unsere einheitliche Organisation und die Grundlage dafür bilden die Gruppen unserer Genossen in den Betrieben.« Rosa Luxemburg verurteilte zwar die Einheitsorganisation, meinte aber ebenfalls, die »Liquidierung der Gewerkschaften« stehe auf der Tagesordnung. Auf dem II. Parteitag wurden dann (gegen die links- radikale Minderheit) die Thesen über die Gewerkschaftsarbeit angenommen. 164 DIE KPD IN DER WEIMARER REPUBLIK mittel, dem damit verbundenen Sinken des Reallohnes, der damit verbun- denen Notwendigkeit, die Lohnsätze wieder zu erhöhen, neue Banknoten zu drucken und damit neue Entwertung der Mark herbeizuführen; das alles zwingt ednerseits die Bourgeoisie, die Ausbeutung der Proletarier bis zur äußersten Grenze zu treiben und gestaltet andererseits die ökonomische Lage der Bourgeoisie so, daß jeder Versuch, diese äußerste Ausbeutung zu verhin- dern, das ganze kapitalistische Wirtschaftssystem zum Einsturz zu bringen droht. Jeder Versuch der Besserung der wirtschaftlichen Lage des Prole- tariats, sei es Verkürzung der Arbeitszeit, sei es Erhöhung des Reallohnes, sei es Schutz gegen die Folgen der Arbeitslosigkeit, geht dem Kapitalismus ans Leben. Ja noch mehr. Um seiner Weiterexistenz willen ist der Kapitalismus ge- zwungen, die Lage des Proletariats noch zu verschlechtern, die Ausbeutung noch über die derzeitigen Grenzen hinauszutreiben. Schon die Abwehr sol- cher Maßnahmen, wie Herabsetzung der Stundenlöhne, Heraufsetzung der Arbeitszeit, Wiedereinführung der Akkordarbeit usw. sind für den Kapi- talismus tödlich. Er muß, wenn er leben will, schärfer ausbeuten als bisher. In klarer Erkenntnis dieser Tatsachen hat die Bourgeoisie es längst auf- gegeben, von »rein wirtschaftlichen« Kämpfen zu reden und die Staatsgewalt als quasi neutral beiseite zu lassen. Bisher nur geheim und unterdrückt, heute direkt und offen sind die politischen Gewalten in den Dienst der ökonomischen Ausbeutung gestellt. Noskegarden, die die Ausständigen mit Maschinengewehren in die Fabriken treiben, staatlich organisierte Streik- brechergarden, die in bestreikten Betrieben Dienst tun, Belagerungszustand, Kriegsgerichte, Preßverbote usw. sind das Zeugnis dafür. Nicht nur deswegen, weil jeder wirtschaftliche Kampf heute von der Bourgeoisie mit politischen Mitteln, steigend bis zur Massenerschießung, ge- führt wird, sondern aus denselben objektiven Gründen wie die Bourgeoisie, erkennt auch das Proletariat, daß heute jeder wirtschaftliche Kampf nicht nur ein politischer ist, sondern ein revolutionärer, weil er, mag er wollen oder nicht, das kapitalistische Gebäude zu sprengen droht. Die von den deutschen Gewerkschaften bisher verfolgte Politik der rein wirtschaftlichen Kämpfe, der politischen Neutralität und der »Ablehnung« des politischen Massenstreiks ist durch die Tatsache überholt. Aus dieser Einheit von wirtschaftlichem und politischem Kampf — beides nur Erscheinungsformen eines und desselben revolutionären Kampfes — folgt keineswegs die Notwendigkeit einer Einheit von politischer und ge- werkschaftlicher Organisation. Die politische Organisation der KPD hat zur Aufgabe die Sammlung der vorgeschrittensten Elemente der Arbeiterschaft auf der Grundlage des Pro- gramms der KPD. KPD, SOZIALDEMOKRATIE UND GEWERKSCHAFTEN l6j Die wirtschaftliche Organisation hat zur Aufgabe die Sammlung des ge- samten Proletariats, das Objekt kapitalistischer Ausbeutung ist. Grundlage der politischen Organisation ist der gemeinschaftliche Wille zur Erreichung eines künftigen politischen Zustandes. Grundlage der gewerkschaftlichen Organisation ist die Tatsache eines be- stehenden wirtschaftlichen Zustandes. Aufgabe der politischen Organisation ist die Führung im politischen Kampfe. Diese Aufgabe kann von einer Minderheit gelöst werden. Aufgabe der wirtschaftlichen Organisation ist die Durchführung des Kamp- fes selbst; diese Aufgabe kann nur von geschlossenen proletarischen Massen gelöst werden. Der wirtschaftlichen Organisation fallen im Stadium des Aufbaues beson- ders’ schwierige Aufgaben zu; die politische Partei kann aus sich diese Auf- gaben nicht lösen. Aus dieser grundsätzlichen Verschiedenheit ergibt sich auch das Ver- halten gegenüber den Gewerkschaften. Die politische Partei der KPD konnte sich dadurch bilden, daß sich jene vorgeschrittensten Elemente von der SPD bzw. USPD loslösten und die eigene Partei bildeten; die Aufgabe der Führung entstehender Aktionen war ihr trotzdem und eben deswegen möglich. Die Herausnahme der vorgeschrittensten Elemente aus dem gewerkschaft- lichen Heerhaufen des Proletariats lähmt und unterbindet die Schlagkraft der Massen, nimmt aus ihnen den Gärstoff und hemmt so den Ausbruch und die Durchführung revolutionärer Massenkämpfe überhaupt. Die wirtschaftliche Massenaktion allein kann nicht das Werk der Revo- lution vollenden. Sie kann nicht zum unmittelbaren Siege des Proletariats führen, kann Vielmehr nur dadurch, daß sie die Massen zusammenfaßt und in Bewegung bringt, die revolutionäre Aktion zu höheren Formen, d. h. zum Generalstreik, zum Aufstand des gesamten werktätigen Volkes hinauf- führen. Von dieser Auffassung ausgehend, daß die wirtsdiaftliche Aktion nur ein Glied in der Gesamtaktion der Massen ist, verwirft die KPD jene Formen des wirtschaftlichen Kampfes, die nicht Massenaktion, sondern Individualakt sind. Sie verwirft die Sabotage als ein anarchistisches Mittel, das durch indi- viduellen Akt die Aktion der Massen zu ersetzen sucht, in Wirklichkeit aber durch Akte individuellen Terrors die Aktion der Massen lähmt. Von diesem Gesichtspunkt aus bedarf auch das Mittel der passiven Resi- stenz einer besonderen Würdigung. Die passive Resistenz im gegenwärtigen Augenblick, als Ausdruck, der herabgesetzten Ernährung und durch Krieg und Hungersnot hervorgerufenen physischen und psychischen Erschöpfung ist eine natürliche gesellschaftliche Erscheinung und ein Akt berechtigter Not- wehr des Proletariats. 166 DIE KPD IN DER WEIMARER REPUBLIK Ein Mittel jedoch, durch dessen Ausübung das Proletariat die Macht er- obern könnte, ist sie nicht. Im Gegensatz zum Streik, der einer Steigerung zur Demonstration, zum Massenaufstand, zum Generalaufstand und damit zum endgültigen Siege fähig ist, ist die passive Resistenz einer solchen Stei- gerung nicht fähig, und sie führt daher ganz von selbst zu einer Verflachung der wirtschaftlichen Kämpfe. Die Tatsache, daß die Gewerkschaften heute zu einem Werkzeug der Bourgeoisie und der Gegenrevolution geworden sind, ist keine Organisa- tionsfrage. Sie ist lediglich aus dem Widerspiel der Tatsache entstanden, daß das Proletariat in seinen weiten Schichten sich über seine Klassenlage und über die Mittel zu deren Änderung, kurzum über Wesen und Ziel der Revolution noch nicht im klaren ist. Diese Änderung der geistigen Konstitution des Proletariats würde auch nicht dadurch herbeigeführt werden, wenn man die Proletarier aus der einen Organisation hinausnähme und sie einer anderen zuführte. Dieser Umwandlungsprozeß kann vielmehr nur durchgeführt werden einerseits durch unermüdliche Agitation und Aufklärung in den Massen und innerhalb ihrer Organisation, andererseits aber — und im wesentlichsten durch die praktische Schule des Kampfes; des wirtschaftlichen Kampfes ge- gen das Unternehmertum — in dem die Gewerkschaftsbürokratie immer aus- gesprochener auf der Seite des Kapitals stehen wird — als auch des organi- satorischen Kampfes gegen die Gewerkschaftsbürokratie selbst. Diese Aufgabe und dieser Kampf können nur erfolgreich durchgeführt werden, wenn die Mitglieder der KPD in engster Fühlung mit diesen Mas- sen bleiben und nicht davonlaufen. Die KPD sieht aber im Einzelaustritt einen individuellen Akt, der mit Rücksicht auf die verbleibenden Massen sehr schädlich wirken kann. Die konterrevolutionäre Sabotage des wirtschaftlichen Kampfes durch die Gewerkschaftsbürokratie hat einen Grad von Gefährlichkeit erreicht, daß unmittelbare Maßnahmen dagegen notwendig sind. Die KPD empfiehlt daher den Kampf gegen die Gewerkschaftsbürokratie aufzunehmen mit dem Ziele, die konterrevolutionäre Gewerkschaftsbürokra- tie von den Massen zu isolieren. Zu diesem Zweck schließen sich die Kom- munisten innerhalb der Ortszahlstellen fraktionsmäßig zusammen und füh- ren den Kampf mit ihr innerhalb und, wenn es sein muß, außerhalb der Ge- werkschaft. Wo es sich um einheitliche geschlossene Wirtschaftskörper handelt, wie im Bergarbeiterrevier von Rheinland-Westfalen oder wie bei den Eisen- bahnern, wo also zwischen Wirtschaftskörpern und Berufszweig ganz oder nahezu Identität herrscht, kann mit diesem Kampfe der Kampf um die neue Organisationsform der Betriebsorganisation verbunden werden. In diesen ihrer Natur nach in Riesenbetrieben vereinigten Gewerken bedeutet die Be- KPD, SOZIALDEMOKRATIE UND GEWERKSCHAFTEN l6? triebsorganisation nicht nur eine neue Organisationsform, sondern hier ist auch diese Betriebsorganisation ohne weiteres möglich. In allen anderen Fällen aber, namentlich da, wo die Gewerke sich ihrer Natur nach in vielen Betrieben verzetteln, so etwa Transportarbeiter, Holz- arbeiter, teilweise Metallarbeiter usw. kann diese neue Organisationsform nicht die Plattform für den Kampf abgeben, weil deren Durchführbarkeit je nach örtlichen und beruflichen Verhältnissen sich richtet. Im einen wie im anderen Falle darf der Kampf niemals ein rein orga- nisatorischer werden. Auch dieser gewerkschaftliche Kampf ist dem höheren Ziel unterzuordnen, die Masse als solche durch diesen Kampf auf eine höhere Stufe politischer und ökonomischer Erkenntnis ihrer Lage zu erheben. In diesem Zusammenhang ist es besonders erforderlich, die gewerkschaftliche Theorie und Praxis der »rein wirtschaftlichen« Kämpfe, der Verwerfung der politischen Massenaktion (Kölner Kongreß usw.) grundsätzlich zu be- kämpfen. Der Zweck dieser Kämpfe ist also ein zweifacher: direkt: die Sabotage des wirtschaftlichen Kampfes durch die Bürokratie zu brechen; indirekt: die Masse des Proletariats über seine jetzige Indolenz und Schwäche hinausführen. Hiernach sich loslösende Gewerkschaftsteile sind innerhalb der Wirt- schaftsgebiete zu Arbeiterunionen zusammenzufassen. Solche Arbeiterunionen können daher vorläufig aus Gruppen bestehen, die entweder beruflich oder betriebsmäßig organisiert sind. Es richtet sich nach der Art der Industrie, ob außer der obengenannten auch andere Arbeitergruppen betriebsmäßig orga- nisiert werden können. Ziel der ganzen Organisation ist eine Reichsarbeiterorganisation. Inner- halb dieser gruppieren sich die betriebsmäßig organisierten Arbeiter der Industrien, die andern nach Fächern. Bericht über den 2. Parteitag der Kommunistischen Partei Deutschlands ( Spartakusbund) vom 20. bis 24. Oktober 1919 Hrsg, von der KPD (Spartakusbund), o. O. und o. J., S. 64-67. i68 DIE KPD IN DER WEIMARER REPUBLIK 51- ANGEBOT ZUR AKTIONSEINHEIT (1921) Offener Brief an den Allgemeinen Deutschen Gewerkschaftsbund, die Arbeitsgemeinschaft freier Angestelltenverbände, die Allgemeine Arbeiterunion, die Freie Arbeiterunion (Syndikalisten), die Sozialdemokratische Partei Deutschlands, die Unabhängige Sozialdemokratische Partei Deutschlands, die Kommunistische Arbeiterpartei Deutschlands. Die Vereinigte Kommunistische Partei Deutschlands hält es für ihre Pflicht, in einem für das gesamte deutsche Proletariat bedeutsamen und schweren Augenblick sich an alle sozialistischen Parteien und Gewerkschaftsorgani- sationen zu wenden. Die fortschreitende Zersetzung des Kapitalismus, die Rückwirkungen der einsetzenden Weltkrise zu den Wirkungen der besonderen deutschen Krise, die fortsdireitende Entwertung des Geldes und die in Deutschland noch immer fortschreitende Steigerung der Preise aller Lebensmittel und Be- darfsgegenstände, die zunehmende Arbeitslosigkeit und Verelendung der breiten Massen machen es notwendig, daß die proletarische Klasse sich als Gesamtheit zur Wehr setzt und dabei nicht nur der Industrieproletarier ge- denkt, sondern all der Schichten, die, erst jetzt erwachend, sich ihres prole- tarischen Charakters bewußt werden. In dieser unerträglichen Situation wird das Proletariat gehalten durch die fortschreitende Reaktion, die in der Orgesch, in dem Meuchelmord, in der Justiz, die jeden Meuchelmord deckt, immer neue Fesseln für das Proletariat erfindet und die auf die Uneinigkeit des Proletariats spekuliert. Die VKPD schlägt daher sämtlichen sozialistischen Parteien und Gewerk- schaftsorganisationen vor, sich auf folgender Grundlage zu unmittelbar be- ginnenden, im einzelnen noch näher zu besprechenden Aktionen zusam- menzufinden: i Einleitung von einheitlichen Lohnkämpfen zur Sicherstellung der Existenz der Arbeiter, Angestellten und Beamten. Verbindung der einzelnen Lohnkämpfe der Eisenbahner, Beamten und KPD, SOZIALDEMOKRATIE UND GEWERKSCHAFTEN 169 Bergleute sowie der anderen Industrie- und Landarbeiter zur geschlossenen Aktion. Erhöhung aller Renten und Pensionen der Kriegsopfer, Rentner und Pensionäre entsprechend der geforderten Lohn- und Gehaltssätze. Einheitliche Regelung der Arbeitslosenbezüge für das ganze Reich auf der Grundlage der Verdienste der Vollbeschäftigten .. . IV Sofortige Entwaffnung und Auflösung aller bürgerlichen Selbstschutzorga- nisationen und Bildung proletarischer Selbstschutzorganisationen in allen Ländern und Gemeinden. Amnestie für alle Delikte, die aus politischen Motiven oder aus Grün- den der bestehenden allgemeinen Not begangen wurden. Freilassung aller politischen Gefangenen. Aufhebung der bestehenden Streikverbote. Sofortige Aufnahme der Handels- und diplomatischen Beziehungen zu Sowjetrußland. Indem wir diese Aktionsgrundlage vorschlagen, verheimlichen wir keinen Augenblick, weder uns selbst noch den Arbeitermassen, daß die von uns auf- gestellten Forderungen ihre Not nicht beseitigen können, ohne auch für einen Augenblick darauf zu verzichten, in den Arbeitermassen den Gedanken um den Kampf, um die Diktatur, den einzigen Weg zur Erlösung, weiterzuver- breiten, ohne darauf zu verzichten, die Arbeitermassen in jedem günstigen Moment zum Kampf um die Diktatur aufzufordern und zu führen, ist die Vereinigte Kommunistische Partei bereit, mit anderen Parteien, die sich auf das Proletariat stützen, gemeinsam die Aktion um die oben angeführten Maßregeln durchzuführen. Wir verbergen die Gegensätze nicht, die uns von den anderen Parteien trennen. Wir erklären vielmehr: Wir wollen von den Organisationen, an die wir uns wenden, nicht ein Lippenbekenntnis zu den vorgeschlagenen Aktionsgrundlagen, sondern die Aktion für die aufgestellten Forderungen. Wir fragen die Parteien, an die wir uns wenden, nicht: Haltet ihr diese Forderungen für berechtigt? Das setzen wir voraus. Wir fragen sie: Seid ihr bereit, gemeinsam mit uns für diese Forderungen unverzüglich den rücksichtslosesten Kampf aufzunehmen? Auf diese klare und eindeutige Frage sehen wir einer ebenso klaren und eindeutigen Antwort entgegen. Die Situation erfordert auch eine rasche Ant- wort. Wir erwarten deshalb eine Antwort bis zum 13. Januar 1921. Sollten die Parteien und die Gewerkschaften, an die wir uns wenden, I/O DIE KPD IN DER WEIMARER REPUBLIK nicht gewillt sein, den Kampf aufzunehmen, so würde die VKPD sich für verpflichtet erachten, diesen Kampf allein zu führen, und sie ist überzeugt, daß ihr die Arbeitermassen folgen werden. Schon heute wendet sich die VKPD an alle proletarischen Organisationen im Reiche und die sich um sie sammelnden Arbeitermassen mit der Aufforderung, in Versammlungen ihren Willen zur gemeinsamen Abwehr gegen den Kapitalismus und die Reaktion, zur gemeinsamen Verteidigung ihrer Interessen zu bekunden. Zentrale der Vereinigten Kommunistischen Partei Deutschlands Die Rote Fahne vom 8. Januar 1921, Morgenausgabe. 52. LEITSÄTZE ZUR TAKTIK DER EINHEITSFRONT UND DER ARBEITERREGIERUNG (1923)47 1. Die Einheitsfronttaktik Der Kampf um die Macht der Arbeiterklasse kann nur als Massenkampf, als Kampf der Mehrheit der Arbeiterklasse gegen die Herrschaft der kapitalisti- schen Minderheit siegreich geführt werden. Die Eroberung der Mehrheit des Proletariats für den Kampf um den Kommunismus ist die wichtigste Auf- gabe der Kommunistischen Partei... Das größte Hindernis der Entwicklung der Einheitsfront des kämpfenden Proletariats ist der Einfluß der reformistischen sozialdemokratischen Führer. Statt ihren ganzen Einfluß zur Bildung der proletarischen Einheitsfront gegen die Bourgeoisie einzusetzen, fesseln sie durch ihre Politik des Burgfriedens mit der Bourgeoisie (Koalitionspolitik, Arbeitsgemeinschaft mit dem Unter- nehmertum, nationale Einheitsfront) große Teile des Proletariats an die ka- 47. Über die Losung »Arbeiterregierung« kam es in der Komintern jahrelang zu heftigen Diskussionen. Die vom VIII. Parteitag der KPD angenommenen Leitsätze bildeten die theoretische Grundlage für den Eintritt der Kommunisten in die sozial- demokratischen Regierungen von Sachsen und Thüringen im Herbst 1923. Nach der Niederlage der KPD im Oktober 1923 und nachdem die Linken die Leitung der KPD übernommen hatten, wurden auch die Thesen zur Arbeiterregierung und Einheits- front geändert. Die KPD erklärte sich zur »einzigen Arbeiterpartei«. Besonders nach 1929 wurde nur noch die Losung »Einheitsfront von unten« - also gegen die sozial- demokratische Parteiführung - zugelassen. KPD, SOZIALDEMOKRATIE UND GEWERKSCHAFTEN I/I pitalistische Politik und verhindern sogar jeden ernsten Abwehrkampf der Arbeitermassen, weil diese Kämpfe in der Periode des verfallenden Kapita- lismus die Herrschaft der Bourgeoisie bedrohen. So ist der Kampf um die Einheitsfront gegenwärtig in bedeutendem Maße ein Kampf um die Los- lösung der Massen von der reformistischen Taktik und Führung. Die prole- tarische Einheitsfront wird in den Abwehrkämpfen der Arbeiterklasse ent- stehen trotz der Sabotage und des Widerstandes der reformistischen Führer, da immer stärker werdende Schichten auch der sozialdemokratischen Arbei- ter in diese Kämpfe mit eintreten. Die Einheitsfront wird praktisch her- gestellt durch die gemeinsame Abwehr der Offensive des Kapitals durch die Arbeiter. Im Verlaufe dieser Kämpfe erweist sich die kommunistische Taktik der Taktik der Reformisten überlegen. Die Sozialdemokratie wird zermürbt. Die Kommunisten gewinnen die Sympathie und das Vertrauen der Massen, der Frauen und der Männer, und die Kommunistische Partei wird im Ver- laufe dieser Abwehr- und Offensivkämpfe zur unbestrittenen Führerin der Arbeiterklasse. Die Taktik der Einheitsfront ist kein Manöver zur Entlarvung der Re- formisten, Die Entlarvung der Reformisten ist umgekehrt ein Mittel zur Herstellung der einheitlich geschlossenen Kampfesfront des Proletariats. Die Kommunisten sind in jeder Stunde bereit, mit allen Proletariern und allen proletarisdien Organisationen und Parteien den Kampf für die Interessen des Proletariats zu führen. Die Kommunistische Partei muß sich deshalb in jeder ernsten Situation sowohl an die Massen wie auch an die Spitzen aller proletarischen Organisationen mit der Aufforderung zum gemeinsamen Kampf zur Bildung der proletarischen Einheitsfront wenden. Die Auffas- sung, als sei die Herstellung der Einheitsfront möglich nur durch den Appell an die Massen zum Kampf (nur »von unten«), oder nur durch Verhandeln mit den Spitzenkörperschaften (nur »von oben«), ist undialektisch und starr. Die Einheitsfront wird sich vielmehr entwickeln im lebendigen Prozeß des Klassenkampfes und des Erwachens des Klassenbewußtseins und des Wil- lens zum Kampf bei immer stärker werdenden Schichten des Proletariats. Durch den tatkräftigen Tageskampf gegen die Not der Arbeiterklasse werden auch die durch den Verrat der sozialdemokratischen Führer passiv gewordenen Teile der Arbeiterschaft von neuem für den proletarischen Klas- senkampf gewonnen. Der Kampf um die Einheitsfront führt zur Eroberung der alten prole- tarischen Massenorganisationen (Gewerkschaften, Genossenschaften usw.). Er verwandelt diese durch die Taktik der Reformisten zu Werkzeugen der Bour- geoisie gewordenen Organe der Arbeiterschaft wieder in Organe des prole- tarischen Klassenkampfes, der in der jetzigen Periode nur als Kampf zur Niederwerfung der Bourgeoisie geführt werden kann. Neben der Eroberung dieser alten Organisationen muß die proletarische DIE KPD IN DER WEIMARER REPUBLIK T72 Einheitsfront zur Durchführung ihrer Ziele auch neue Organe schaffen, die die ganze Klasse erfassen (Betriebsräte, Kontrollausschüsse, politische Arbei- terräte). Nur die ganze Klasse, organisiert in den politischen Räten der Ar- beiter, Angestellten, Beamten und Kleinbauern und in den Betriebsräten, vermag die ganze Macht der ausgebeuteten Klasse als einheitliche Kampf- front der Bourgeoisie gegenüberzustellen, um mit diktatorischer Gewalt alle Widerstände der Gegenrevolution niederzuschlagen. Die in den politischen Arbeiterräten organisierte revolutionäre Einheitsfront zum Sturz der Bour- geoisie kann nicht im Anfang, sondern erst am Ende des Kampfes der Erobe- rung der Massen für den Kommunismus stehen. In der gegenwärtigen Lage Deutschlands ist die Betriebsrätebewegung der erste Schritt zur Sammlung und Organisierung der zum revolutionären Klas- senkampf bereiten Massen. In den nach den Richtlinien des Reichsbetriebs- räte-Kongresses zusammengefaßten Betriebsräten und Kontrollausschüssen hat die deutsche Einheitsfrontbewegung sich bereits eigene Organe geschaffen, mit denen elementare Massenbewegungen erfaßt und ohne und gegen den Willen der sabotierenden Gewerkschafts- und SPD-Bürokratie geführt wer- den können ... in. Der Kampf um die Arbeiterregierung Gegenüber der Koalitionspolitik der VSPD-Führer mit der Bourgeoisie, ihrer Politik der Arbeitsgemeinschaften mit dem Unternehmertum ist die Losung der Arbeiterregierung, die Losung der proletarischen Einheitsfront^ bewegung, die die einzelnen Abschnitte der Kämpfe verbindet. Die Arbeiterregierung kann nur entstehen im Verlaufe der Kämpfe der breiten Massen gegen die Bourgeoisie als Konzession der reformistischen Füh- rer an den Kampfwillen der Arbeiterschaft. Die Arbeiterregierung wird auch nur entstehen in einer Zeit proletarischer Massenkämpfe, in einer Zeit, in der die Positionen der Bourgeoisie infolge ihrer Unfähigkeit, die Krise der Weltwirtschaft zu lösen, durch die Kämpfe der Arbeiterklasse stark er- schüttert werden. Die Arbeiterregierung ist weder die Diktatur des Proletariats, noch ein friedlicher parlamentarischer Aufstieg zu ihr. Sie ist ein Versuch der Arbei- terklasse, im Rahmen und vorerst mit den Mitteln der bürgerlichen Demo- kratie, gestützt auf proletarische Organe und proletarische Massenbewegun- gen, Arbeiterpolitik zu treiben, während die proletarische Diktatur bewußt den Rahmen der Demokratie sprengt, den demokratischen Staatsapparat zerschlägt, um ihn völlig durch proletarische Klassenorgane zu ersetzen. Die Arbeiterregierung ist eine Regierung von Arbeiterparteien, die den Versuch macht, gegenüber der Bourgeoisie eine proletarische Politik zu trei- KPD, SOZIALDEMOKRATIE UND GEWERKSCHAFTEN 173 ben durch Abwälzung aller Lasten auf die besitzende Klasse, während die bisherige Koalitionspolitik der SPD zur Abwälzung aller Lasten auf die Arbeiterklasse geführt hat. Eine solche Arbeiterregierung kann aber nur proletarische Politik treiben und das Programm der proletarischen Einheits- front verwirklichen, wenn sie sich auf die breiten Massen der Arbeiterschaft und ihre Organe stützt, die aus der Einheitsfrontbewegung entstehen (Be- triebsräte, Kontrollausschüsse, Arbeiterräte usw.), sowie auf die bewaffnete Arbeiterschaft. . . . Die Beteiligung an der Arbeiterregierung bedeutet für die Kommu- nistische Partei kein Abkommen auf Kosten der revolutionären Ziele des Proletariats, keinen Trick oder taktisches Manöver, sondern die erste Bereit- schaft zum gemeinsamen Kampfe mit den reformistischen Arbeiterparteien, wenn sie ihren Willen klar zeigen, sich vom Bürgertum zu trennen und mit den Kommunisten den Kampf für die Tagesförderungen des Proletariats aufzunehmen. Die Kommunistische Partei muß beim Eintreten in die Arbeiterregierung Bedingungen stellen. Die wichtigsten sind die Teilnahme der Organe der pro- letarischen Einheitsfront an der Gesetzgebung (Beratung und Durchführung) und die Bewaffnung der Arbeiterschaft. Für die Beteiligung der Kommuni- stischen Partei an einer Arbeiterregierung sind jedoch nicht die Versprechun- gen der reformistischen Führer entscheidend, sondern die Einschätzung der allgemeinen politischen Lage, das Kräfteverhältnis zwischen Bourgeoisie und Proletariat, die Kampfbereitschaft der proletarischen Massen, das Vorhan- densein eigener Klassenorgane, die Widerstandskraft der reformistischen Bürokratie und in erster Linie die Fähigkeit der Kommunistischen Partei, die Massen zum Kampfe für ihre Forderungen zu führen. Der Kampf für die Arbeiterregierung darf die Propaganda der Kommu- nisten für die Diktatur des Proletariats nicht schwächen, denn die Arbeiter- regierung wie jede Position des Proletariats im Rahmen des bürgerlichen demokratischen Staates ist nur ein Stützpunkt, eine Etappe des Proletariats in seinem Kampfe um die politische Alleinherrschaft. Die Arbeiterregierung ist keine unbedingt notwendige, aber eine mögliche Etappe in dem Kampfe um die politische Macht. Die Kommunistische Partei muß im Verlaufe der Kämpfe den Massen be- weisen, daß nur die geschlossene kommunistische Führung dem Proletariat die Machteroberung sichern kann Aus diesem Grunde ist stärkste Zentralisation und Disziplin, Unterdrückung einerseits aller opportunistischen, reformisti- schen und andererseits scheinradikalen Schwankungen innerhalb der eigenen Reihen die Vorbedingung des siegreichen Kampfes um die Macht des Prole- tariats. i74 DIE KPD IN DER WEIMARER REPUBLIK Bericht über die V erhandlungen des III. (8.) Parteitages der Kommunistischen Partei Deutschlands (Sektion der Kommunistischen Internationale) Abgehalten in Leipzig vom 28. Januar bis 1. Februar 1923 Hrsg, von der Zentrale der KPD Vereinigung Internationaler Verlagsanstalten Berlin 1923, S. 415-417, 420-422. 53- RESOLUTION ZUR ARBEIT DER KOMMUNISTEN IN DEN FREIEN GEWERKSCHAFTEN (1925) Der X. Parteitag der KPD stellt fest, daß die Stellungnahme und die Be- schlüsse des V. Weltkongresses der KI und des III. Kongresses der RGI zur Gewerkschaftsfrage und zur Herstellung der gewerkschaftlichen Einheit von der inzwischen eingetretenen Entwicklung bestätigt wurden.. 38 Über den tatsächlichen Stand der deutschen Gewerkschaftsbewegung ist folgendes zu konstatieren: Nach dem Kriege strömten die Massen in die Gewerkschaften in der Überzeugung, daß durch die organisatorische Macht der Gewerkschaften die Bedingungen für eine Verbesserung und Sicherung ihrer Existenz geschaffen werden könnten. Doch statt den Kampf um die Existenz des Proletariats zu führen, stellten sich die reformistischen Gewerkschaftsführer auf die Seite des Kapitals. In der Inflationszeit trat der politische, finanzielle und organi- satorische Bankrott der Gewerkschaften offen zutage. War durch die große Arbeitslosigkeit schon ein Mitgliederrückgang in den Gewerkschaften zu ver- zeichnen, so haben der Verrat und der Zusammenbruch das Vertrauen der Massen zu den reformistischen Gewerkschaften noch weiter erschüttert, so daß die Mitglieder in Scharen die Verbände verließen. Selbst weit in die Reihen der Kommunistischen Partei hinein wurde die Auffassung vertreten, 48 48. Der V. Weltkongreß der Kommunistischen Internationale tagte vom 17. Juni bis 8. Juli 1924 in Moskau. Auf dem Kongreß referierte u. a. Losowski, der Vor- sitzende der Roten Gewerkschaftsinternationale, das Korreferat hielt Fritz Heckert. Beide sprachen sich für die Gewerkschaftseinheit aus. Die verschiedenen von den Kommunisten beeinflußten selbständigen Gewerkschaften sollten in die freien Ge- werkschaften überführt werden und alle Kommunisten in den freien Gewerkschaften arbeiten. Schuhmacher, der für das Berliner »Kartell selbständiger Gewerkschaften« und dessen 20 000 Mitglieder sprach, opponierte gegen diese Ansichten. Er wurde später aus der KPD ausgeschlossen. Der III. Kongreß der Roten Gewerkschafts- internationale (RGI) bestätigte die Beschlüsse der Komintern. KPD, SOZIALDEMOKRATIE UND GEWERKSCHAFTEN I/J daß diese Gewerkschaften dem Proletariat nichts nutzen könnten (Schuhma- cher, Kaiser, Weyer). Der Mitte 1924 eingetretene Stillstand des gewerkschaftlichen Nieder- gangs und der langsam einsetzende Wiederaufstieg der Gewerkschaften haben neben der Auswirkung der Goldstabilisierung in erster Linie ihre Ursachen: in der Arbeit und Agitation der Kommunistischen Partei für den Wie- dereintritt in die freien Gewerkschaften, für die Gewerkschaftseinheit; in der allgemeinen Erkenntnis der Massen, daß es ohne starke Wirt- schaftsorganisationen nicht möglich ist, erfolgreiche Kämpfe gegen das Unter- nehmertum zu führen. Die deutschen reformistischen Gewerkschaftsführer sind besonders er- bitterte Feinde der Herstellung der nationalen und internationalen Ge- werschaftseinheit, weil sie als Mitarbeiter am kapitalistischen Wiederauf- bau engagiert sind und aus diesem Grunde jeden konsequenten Kampf ge- gen das Kapital ablehnen müssen. Daraus erklärt sich auch ihr hartnäk- kiger Kampf gegen die revolutionäre Gewerkschaftsopposition. Die Arbeit der Kommunisten Die Massenflucht aus den Gewerkschaften hat auch den kommunistischen Einfluß in den Gewerkschaften vermindert. Das wirkt sich gerade jetzt in den gegenwärtigen Kämpfen um den Achtstundentag, um höhere Löhne, ge- gen Zoll- und Steuerraubzug, gegen die drohende Kriegsgefahr usw. für das Proletariat verhängnisvoll aus. Andererseits bedeutet die dadurch bedingte Passivität der Masse eine Stärkung des verderblichen Einflusses der SPD- Politik in den Gewerkschaften. Die ganze SPD-Koalitionspolitik ist nur möglich durch ihre Beherrschung der Gewerkschaften und damit der großen Massen des Proletariats. Ergibt sich schon aus diesen Tatsachen die Notwendigkeit der kommunisti- schen Arbeit in den Gewerkschaften, so noch weit mehr aus der Rolle, die die Gewerkschaften im Befreiungskampf des Proletariats überhaupt spielen. Die Gewerkschaften sind die Kampforgane der gesamten Klasse, die alle Proletarier ohne Rücksicht auf ihre politische Einstellung umfassen können und zusammenfassen müssen zum Kampf für ihre wirtschaftlichen Interessen. Um diese Massenorganisationen für den revolutionären Kampf auszu- nützen, die Massen für die soziale Revolution zu gewinnen und sie dem Reformismus zu entreißen, ist notwendig: daß jeder Kommunist ein tätiges Mitglied der Gewerkschaften ist, das heißt, daß die Kommunisten ständig für die Ausbreitung und Stärkung der Gewerkschaften wirken, sich praktisch an jeder, auch der kleinsten gewerk- schaftlichen Arbeit aktiv beteiligen, ständig ihre gewerkschaftlichen Kennt- ’7^ DIE KPD IN DER WEIMARER REPUBLIK nisse erweitern, in jeder Frage führend und vorwärtstreibend vorangehen und imstande sind, jedem einfachen Arbeiter in den täglichen Kämpfen mit Rat und Tat zur Seite zu stehen; daß sich jeder Kommunist bereit erklärt und verpflichtet, jede Gewerk- schaftsfunktion (Vertrauensmann im Betrieb, Branchenvertreter, General- versammlungsvertreter, Mitglied der Bezirks- und Ortsverwaltungen, Be- triebsratsposten usw.) zu übernehmen, um jeden Funktionärsposten zu kämp- fen und ihn im höchsten Pflichteifer auszufüllen; daß von der Partei eine große Massenkampagne für den Eintritt aller Proletarier in die Gewerkschaften geführt wird (es müssen dazu in allen Orten und Bezirken öffentliche und Betriebsversammlungen von der Partei veranstaltet werden); daß in allen gewerkschaftlichen Ortsgruppen, Ortsausschüssen, Bezirks- organisationen usw. festgefügte und gut arbeitende Fraktionen gebildet und ausgebaut werden, daß alle KPD-Mitglieder restlos auf ihre gewerkschaft- liche Zugehörigkeit registriert werden, daß alles getan wird, um mehr als bisher die Bildung eines linken Oppositionsblocks in den Gewerkschaften zu fördern; daß die Aufmerksamkeit der Partei besonders auf die in den Gewerk- schaften organisierten Frauen gerichtet wird. Bei der wichtigen Rolle, die die Frauen in den Kämpfen des Proletariats zu erfüllen haben, ist es unbe- dingt erforderlich, daß die Partei sich mit aller Energie für deren Aufklärung und Zusammenfassung einsetzt; daß die Partei für die Zusammenarbeit der Partei- und Jugendfrak- tionen Sorge trägt. Die Heranbildung von gewerkschaftlichen Funktionären der Jugend muß zur Pflicht der Partei gemacht werden; daß die Kommunisten auch unter den jugendlichen Gewerkschaftsmit- gliedern arbeiten. Dies muß geschehen durch systematische Werbearbeit der Partei zusammen mit dem KJV«? für den Eintritt der Jugendlichen in die freien Gewerkschaften. Auf die Schaffung von jugendlichen gewerkschaft- lichen Betriebsvertrauensleuten ist der größte Nachdruck zu legen. Der systematischen Erziehung zum Reformismus in den Gewerkschafts- Jugendabteilungen muß innerhalb dieser Organisation eine zielbewußte kommunistische Aufklärungs- und Fraktionsarbeit entgegengestellt werden... Die wichtigste Arbeit der Gegenwart ist der Kampf um die Gewerkschafts- einheit. Dazu ist notwendig, daß die Frage der Herstellung der gewerk- schaftlichen Einheit weit mehr als bisher mit den täglichen Kämpfen verbun- den wird. Es darf keine Bewegung geben, ob es um Lohn, Arbeitszeit oder 49. Mit KJV ist der Kommunistische Jugendverband Deutschlands gemeint. Die am 27. Oktober 1918 gegründete Freie Sozialistische Jugend hatte sich am 12. Fe- bruar 1920 in Kommunistische Jugend Deutschlands umbenannt. Später wurde der Name Kommunistischer Jugendverband Deutschlands angenommen. KPD, SOZIALDEMOKRATIE UND GEWERKSCHAFTEN I77 sonstige Fragen geht, in der nicht von den Kommunisten an Hand der kon- kreten Lage auf die Notwendigkeit der Gewerkschaftseinheit hingewiesen wird, um so zu erreichen, daß die Massen wirklich die Herstellung der Ge- werkschaftseinheit als eine Lebens- und Existenzfrage betrachten. Die Gewerkschaftseinheit muß in weitgehendstem Maße gefördert werden durch Verstärkung der Kampagne für die engste Verbindung der deutschen Gewerkschaften mit der revolutionären Arbeiterklasse Sowjetrußlands, durch die Propaganda, durch Entsendung von Delegationen nach Sowjetrußland, Bildung von Einheitskomitees, bestehend aus Arbeitern der verschiedensten Gewerkschaften und Parteirichtungen. (Einheitskomitees dürfen aber nur das Endergebnis einer Kampagne um die Einheit, der Ausdruck des so er- zeugten Massen willens und keine organisatorische Spielerei sein.) Zur weiteren Unterstützung der Einheitsbewegung und der Arbeit der Kommunisten in den Gewerkschaften ist die Kampagne für die planmäßige Überführung der selbständigen Verbände in die freien Gewerkschaften fort- zusetzen. Alle dagegen auftretenden Tendenzen und meist mit scheinradi- kalen Redensarten operierenden Personen und Gruppen müssen energisch bekämpft werden. Die Herstellung der Gewerkschaftseinheit — national und international — ist eine revolutionäre Notwendigkeit, ist eine Vorbedingung für den erfolg- reichen Kampf und endgültigen Sieg des Proletariats. Inwieweit es den Kommunisten gelingt, diese notwendigen Arbeiten in der Gewerkschaftsbewegung durchzuführen, inwieweit sie imstande sind, ihren Einfluß in den Gewerkschaften zu stärken und die Führung in den Kämpfen der Arbeiter zu übernehmen — daran wird der Erfolg und die Stärke der gesamten Parteiorganisation zu ermessen sein. Unter diesem Ge- sichtspunkte ist die Verstärkung der Gewerkschaftsarbeit die nächste und wichtigste Aufgabe für die KPD in der Vorbereitung und Führung der Re- volution. Beschlüsse des X. Parteitages der Kommunistischen Partei Deutschlands (Sektion der Kommunistischen Internationale) Berlin 1925, S. 54-58. i78 DIE KPD IN DER WEIMARER REPUBLIK 54- AUS DER RESOLUTION DES XII. PARTEITAGES DER KPD (1929) viii Die taktische Wendung der KPD Die Veränderung der internationalen Lage, die Verschärfung des Klas- senkarnpfes in Deutschland, die Perspektive des imperialistischen Krieges, die konterrevolutionäre Entwicklung der Sozialdemokratie und vor allem der neue revolutionäre Aufschwung der Arbeiterbewegung machten es zur gebieterisdien Pflicht unserer Partei, ihre Taktik den neu entstandenen Kampfbedingungen anzupassen. Das Wesen der taktischen Wendung, die auf Grund der Beschlüsse der Komintern seit dem VI. Weltkongreß*0 in Deutschland durchgeführt wurde, bildet der rücksichtslose, kühne Angriff auf den Reformismus, der Übergang von der agitatorischen Entlarvung der reformistischen Verräter und von der bloßen Sammlung und Vorbereitung der Arbeitermassen für den revolutionären Kampf zur selbständigen Lei- tung der proletarischen Massenaktionen gegen den deutschen Imperialismus. Die taktische Wendung der KPD bedeutet die Anwendung neuer Formen der revolutionären Massenmobilisierung, neuer Formen der proletarischen Einheitsfront von unten, neuer Kampfformen gegen die Bourgeoisie und den Reformismus. In den Wirtschaftskämpfen, den Betriebsrätewahlen, in der Erwerbslosenbewegung, in den Maikämpfen, im Kampf gegen die Kriegs- gefahr, gegen den Faschismus, gegen die polizeilichen Verbots- und Unter- drückungsmaßnahmen wurden und werden diese neuen Kampfformen zum ersten Male in der Praxis verwirklicht, erprobt und durch die Schöpferkraft der Massen aufgegriffen und fortgebildet. Bei verstärkter Fortsetzung ihrer oppositionellen Arbeit in den freien Gewerkschaften richtet die Partei in steigendem Maße ihre Orientierung auf die neuen Schichten des Proletariats, auf die Millionenmassen der unorganisierten Arbeiterschaft. Weit entfernt, die Partei von den Massen zu isolieren (wie die liquidatorisch-versöhnleri- schen Opportunisten verleumderisch behaupten), erfüllt diese Taktik viel- mehr die Leninsche Voraussetzung des Kampfes um die Macht: die Erobe- 50. Der VI. Weltkongreß der Komintern fand zwischen dem 17. Juli und 1. Sep- tember 1928 in Moskau statt und hielt 46 Sitzungen ab. Auf der Tagesordnung standen u. a. »Kampf gegen die imperialistische Kriegsgefahr«, die Programmfrage, die Lage in der UdSSR und die Kolonialfrage. Der Kongreß bereitete eine Links- wendung der Komintern (entsprechend Stalins Schwenkung nach links in der Sowjet- union) vor. KPD, SOZIALDEMOKRATIE UND GEWERKSCHAFTEN *79 rung der Mehrheit des Proletariats in den entscheidenden Zentren, ohne die ein Sieg der Revolution unmöglich ist. In der Vorbereitung und Durchfüh- rung der proletarischen Bewegung schafft die Partei revolutionäre Massen- organe (Kampfleitungen, Streikleitungen, Selbstschutzorgane, Aktionsaus- schüsse, Erwerbslosenausschüsse, rote Betriebsräte, Arbeiterdelegiertenkon- ferenzen, Arbeiterinnendelegiertenkonferenzen usw.), mit deren Hilfe die Klasseneinheit der Arbeiter verwirklicht, ihre Kampfkraft bis zum Höchst- maß entfaltet und ihrem Kampfwillen eine organisierte Form verliehen wird. Besonders wichtig ist der sofortige Aufbau eines revolutionären Ver- trauensmännerkörpers in allen Betrieben, um den kommunistischen Einfluß in den Betrieben auf der breitesten Grundlage organisatorisch zu festigen. Diese Politik bedeutet nicht eine Einschränkung der bolschewistischen Ein- heitsfronttaktik, sondern die Verlegung ihres Schwergewichts nach unten, in die Betriebe, die Ausdehnung der proletarischen Einheitsfront bis weit über den Rahmen der freigewerkschaftlich und sozialdemokratisch organi- sierten Arbeiter hinaus auf die Mehrheit des gesamten Proletariats. Die Partei muß mit verstärkter Kraft das Bündnis des revolutionären Pro- letariats mit allen Werktätigen schmieden und die Hegemonie der Arbei- terklasse innerhalb dieses Bündnisses unerschütterlich fest verankern. Der Verzicht auf diese Aufgabe würde die Auslieferung breiter Massen des städ- tischen Kleinbürgertums und der armen Bauernschaft an den Reformismus und Faschismus bedeuten. Angesichts des neuen Aufschwungs der Arbeiterbewegung muß die takti- sche Generallinie der Partei darauf gerichtet sein, den neuen revolutionären Aufschwung der deutschen Arbeiterbewegung zu organisieren, den Haß und Widerstand der proletarischen Massen gegen den deutschen Imperialismus, seine Kriegs- und Wehrpolitik zu entfachen, Millionen gegen die reaktio- näre Koalitionspolitik aufzurütteln und vom Reformismus loszureißen und über alle Formen und Stufen der Bewegung hinweg den Kampf für die Dik- tatur des Proletariats zu führen. Im Kampf um die Teil- und Tagesförde- rungen des Proletariats muß die Partei immer schärfer, klarer, offener die Fahne der kommunistischen Endziele entfalten: Sturz der Bourgeoisie, revo- lutionäre Machtergreifung des Proletariats, Errichtung der sozialistischen Sowjetrepublik. In dem Maße, wie erneut eine akut revolutionäre Situation heranrückt, ist die Stoßkraft, Entschlossenheit und Initiative der Kommunistischen Par- tei von ausschlaggebender Bedeutung. Ihre Aufgabe ist es, in der gegenwär- tigen Situation die objektiv revolutionäre Krise zur Organisierung der revo- lutionären Massenaktion des Proletariats auszunutzen. Am größten ist gegenwärtig für die Partei und das Proletariat die Gefahr, daß die Partei nicht den kämpfenden Arbeitermassen vorangeht, sondern hinter ihnen zurückbleibt, daß sie die Kampfkraft der Arbeiter- i8o DIE KPD IN DER WEIMARER REPUBLIK klasse und ihre eigene Kraft unterschätzt. Gerade diese spießbürgerlich- konservative, den Klassenkampf lähmende und desorganisierende Tendenz wird von den Versöhnlern vertreten (Sabotage und fraktioneller Kampf gegen die Beschlüsse des VI. Weltkongresses, Kapitulationspolitik in der Frage der Reverse und Ausschlüsse, arbeiteraristokratische Geringschätzung der Unorganisierten u. a.). Die Partei, die in jahrelangem Kampf gegen die verschiedenen Schattierungen des Opportunismus — von den »ultralinken« Trotzkisten bis zu den rechten Brandieristen — erstarkt und gewachsen ist, muß diese antileninistischen Gruppen bis zur Vernichtung bekämpfen. Die Partei, die heute — trotz aller Verleumdungen der Liquidatoren und Versöhn- ler — einheitlicher, stärker, fester, schlagkräftiger als jemals zuvor den Ent- scheidungskampf um die Eroberung der Arbeiterklasse aufnimmt, muß die neue Generallinie ihrer Taktik mit allen Mitteln und gegen jeden Feind bis zu Ende fortsetzen. Angesichts der Gefahren des Krieges, des Faschismus und der Illegalität verbindet sich die Partei noch fester mit den Nöten und Lei- den, mit den revolutionären Forderungen und Kämpfen der ausgebeuteten Massen. Die taktische Linie der Partei ist klar auf die revolutionäre Perspek- tive der bevorstehenden Kämpfe gerichtet. Beschlüsse des XII. Parteitages der Kommunistischen Partei Deutschlands (Sektion der Kommunistischen Internationale) o. O. und o. J. (1929), S. 26-28. STALINS THESE VOM SOZIALFASCHISMUS Manch einer glaubt, die Bourgeoisie sei, nicht der Not gehorchend, sondern aus eigenem Triebe, sozusagen aus freien Stücken, zum »Pazifismus« und »Demokratismus« gekommen. Dabei wird angenommen, daß die Bourgeoi- sie, nachdem sie die Arbeiterklasse in entscheidenden Kämpfen (Italien, Deutschland) geschlagen habe, sich als Siegerin fühle und sich jetzt den »De- mokratismus« erlauben könne. Mit anderen Worten, solange entscheidende Kämpfe im Gange waren, habe die Bourgeoisie eine Kampforganisation, den Faschismus gebraucht, jetzt aber, da das Proletariat geschlagen sei, brau- che die Bourgeoisie den Faschismus nicht mehr und könne ihn durch den »De- mokratismus« als die beste Methode zur Verankerung ihres Sieges ersetzen. Daraus wird die Schlußfolgerung gezogen, die Macht der Bourgeoisie habe sich gefestigt, man müsse die »Ära des Pazifismus« als lang andauernd, die Revolution in Europa aber als auf die lange Bank geschoben ansehen. Diese Annahme ist völlig falsch. KPD, SOZIALDEMOKRATIE UND GEWERKSCHAFTEN l8l Erstens trifft es nicht zu, daß der Faschismus nur eine Kampforganisation der Bourgeoisie sei. Der Faschismus ist nicht nur eine militär-technische Kate- gorie. Der Faschismus ist eine Kampforganisation der Bourgeoisie, die sich auf die aktive Unterstützung der Sozialdemokratie stützt. Die Sozialdemo- kratie ist objektiv der gemäßigte Flügel des Faschismus. Es liegt kein Grund zu der Annahme vor, die Kampforganisation der Bourgeoisie könnte ohne die aktive Unterstützung durch die Sozialdemokratie entscheidende Erfolge in den Kämpfen oder bei der Verwaltung des Landes erzielen. Ebensowenig liegt Grund zu der Annahme vor, die Sozialdemokratie könnte ohne die aktive Unterstützung durch die Kampforganisation der Bourgeoisie entschei- dende Erfolge in den Kämpfen oder bei der Verwaltung des Landes erzielen. Diese Organisationen schließen einander nicht aus, sondern ergänzen ein- ander. Das sind keine Antipoden, sondern Zwillingsbrüder. Der Faschismus ist der nicht ausgestaltete politische Block dieser beiden grundlegenden Orga- nisationen, der unter den Verhältnissen der Nachkriegskrise des Imperialismus entstanden und auf den Kampf gegen die proletarische Revolution berechnet ist. Die Bourgeoisie kann sich ohne das Vorhandensein eines solchen Blocks nicht an der Macht behaupten. Darum wäre es ein Fehler, wollte man glau- ben, der »Pazifismus« bedeute die Beseitigung des Faschismus. »Pazifismus« unter den jetzigen Verhältnissen bedeutet Festigung des Faschismus, wobei sein gemäßigter, sozialdemokratischer Flügel in den Vordergrund geschoben wird... J. W. Stalin: Zur internationalen Lage »Bolschewik« vom 20. September 1924 in: Stalin Werke, Band 6 Dietz-Verlag, Berlin 1952, S. 252/253. i82 DIE KPD IN DER WEIMARER REPUBLIK $6. THESEN DER KPD ÜBER DEN SOZI ALFASCH ISMUS 51 A Die Sozialdemokratie spielt als leitende Partei der Koalitionsregierung eine weit reaktionärere Rolle als in der vergangenen Zeit. Ihr soziales Schwer- gewicht verschiebt sich sowohl in der Wählermasse als auch in den Partei- organisationen immer mehr vom Proletariat auf das Kleinbürgertum, auf die Arbeiteraristokratie und die Arbeiterbürokratie der bürgerlichen Republik, die den politischen Kurs des Reformismus bestimmen. Auf Grund der Mono- polprofite der Truste, der Extraprofite des Kapitalexports sowie der ver- änderten Arbeitseinteilung in den rationalisierten Betrieben ist in den letzten Jahren eine neue Arbeiteraristokratie entstanden. Diese bestochene, verbür- gerlichte Oberschicht von Spitzeln, Aufpassern, gutbezahlten Staats- und Gewerkschaftsbeamten usw. spielt eine bedeutsame revolutionsfeindliche Rolle... In der gegenwärtigen Periode ist die »linke« Sozialdemokratie der Haupt- feind des revolutionären Proletariats innerhalb der Arbeiterbewegung, weil ihre Methoden zur Unterstützung der imperialistischen Politik die geschmei- 51. Wie die KPD-Führung Demokratie und Faschismus gleichsetzte, so machte sie auch keinen prinzipiellen Unterschied zwischen Sozialdemokratie und NSDAP. Beide wurden, nach Stalins Behauptung, als Flügel des Faschismus betrachtet. Die wieder- gegebenen Beispiele sind eine Auswahl typischer Thesen zu diesem Komplex. Schon auf dem XII. Parteitag der KPD 1929 hatte z. B. der Delegierte Albert Funk er- klärt: »Die Sozialdemokratie ist also auch in ihrer Zusammensetzung vollkommen eine Partei des Bürgertums. .. Wir müssen daraus unbedingt die Lehre ziehen, nidit etwa mit solchen >linken< Sozialdemokraten noch einen Weg zusammenzugehen, son- dern, daß die >linken< Sozialdemokraten tausendmal gefährlicher für die proletarische Revolution sind als die rechten ...« Das Politbüro-Mitglied Paul Merker sagte in einem Referat: »Gegenüber den rech- ten Renegaten des Kommunismus, den Brandler, Thalheimer, Walcher und Versöhn- lern, die das Entstehen des Faschismus als eine Entwicklung betrachten, die sich nicht nur gegen die revolutionäre Arbeiterschaft, sondern angeblich auch gegen die Sozial- demokratie vollzieht, stellen wir eindeutig fest, daß sich die faschistische Entwick- lung in Deutschland nicht nur in der offensichtlichen Förderung der faschistischen Organisationen durch Regierung, bürgerliche Partei und Unternehmertum, ... son- dern vor allem in dem Verwachsen des bürgerlichen Staatsapparates mit dem sozial- imperialistischen Gewerkschaftsapparat ausdrückt...« KPD, SOZIALDEMOKRATIE UND GEWERKSCHAFTEN 183 digsten und wirksamsten sind. Wer diese Tatsache nicht anerkennt, verhindert den Kampf gegen den Reformismus und die Mobilisierung der Massen gegen den imperialistischen Krieg.« (Weddinger Parteitag der KPD, Juni 1929) B Schärferer Kampf gegen Sozialfaschismus Die zentrale Aufgabe der KPD bleibt in der gegenwärtigen Situation, die durch die Annahme des Youngplans und des Republikschutzgesetzes bei der fortschreitenden Verschärfung des Klassenkampfes gekennzeichnet wird, die Eroberung der Mehrheit der Arbeiterklasse, die Eroberung der ausschlag- gebenden Massen des Proletariats und aller Werktätigen. Dieser Kurs be- deutet eine erhebliche Verschärfung des Kampfes gegen den Sozialfaschismus. Das Plenum des ZK konstatiert die Notwendigkeit, viel stärker als bisher für die Herstellung der revolutionären Einheitsfront von unten, für die Isolierung der sozialfaschistischen Führerschaft und die weitgehende Einbe- ziehung der sozialdemokratischen Arbeiter in die revolutionäre Klassenfront zu wirken. (Plenum des ZK der KPD, März 1930) c Die soziale Hauptstütze der Bourgeoisie Die Weltwirtschaftskrise hat mit aller Klarheit die Rolle der internationalen Sozialdemokratie als der sozialen Hauptstütze der Diktatur der Bourgeoisie offenbart. In allen ausschlaggebenden Etappen der Entwicklung des Klassen- kampfes seit dem imperialistischen Weltkrieg und der Entstehung der prole- tarischen Diktatur stand die Sozialdemokratie auf Seiten des Kapitalismus, gegen die Arbeiterklasse. Sie schickte Millionen Proletarier auf die imperia- listische Schlachtbank unter der Flagge der »Vaterlandsverteidigung«. Sie half »ihrer« Bourgeoisie bei der Durchführung der militärischen Intervention gegen die Sowjetunion in den Jahren 1918/20. Sie rettete den Kapitalismus vor der proletarischen Revolution unmittelbar nach dem Kriege (Deutsch- land, Österreich, Ungarn, Italien, Finnland). Sie half der Bourgeoisie aktiv, die kapitalistische Wirtschaftsform befestigen. Sie spannte die Arbeiter- massen in das Joch der kapitalistischen Rationalisierung ein. Sie bietet jetzt, im Augenblick der schwersten Krise, alle Anstrengungen auf, um das kapita- 184 DIE KPD IN DER WEIMARER REPUBLIK listische System der Ausbeutung und der Sklaverei vor dem heraufziehenden Untergang zu retten. Die gesamte Entwicklung der Sozialdemokratie seit dem Kriege und seit der Entstehung der Sowjetmacht in der Sowjetunion ist ein ununterbrochener Evolutionsprozeß zum Faschismus. (XI. EKKI-Plenum, April 1931) Die wichtigsten Beschlüsse der Kommunistischen Internationale und der KPD nach dem VI. Weltkongreß im Zitat Hrsg, von der KPD, o. O. und o. J. (1932), S. 20-22. D Der Sozialfaschismus ... Aber der Sozialfaschismus, der in alle Poren des kapitalistischen Staats- apparates eingedrungen ist und bei fetten Sinekuren die räuberische »Staats- ordnung« hütet, ist heute in- und außerhalb der Regierung der eifrigste Verfechter des faschistischen Terrorregimes gegen die Arbeiterklasse. Die Sozialdemokraten Braun und Waentig waren es, die die sofortige Entlassung aller Beamten, die sich zum Kommunismus bekennen, proklamierten. Die Zörgiebelei ist weltberühmt. Sozialfaschistische Polizeipräsidenten und Offi- ziere sind es, die bei den Arbeitermorden der Faschisten die Arbeiter ver- haften und den Faschisten hilfreich zur Seite stehen. Alle diese, sich täglich wiederholenden Wahrheiten und Tatsachen müssen wir immer und immer wiederholen, die sozialdemokratischen Arbeiter und Anhänger von diesen Tatsachen, die sich ebenso gegen sie richten als Arbeiter wie gegen die Kom- munisten, zu überzeugen, welch schändliche Henkerrolle die sozialfaschistische Führerschaft spielt. All das muß man immer und immer wiederholen, um zu erkennen, wie notwendig der revolutionäre Kampf gegen den Faschismus in all seinen For- men ist und der Faschismus nicht geschlagen und besiegt werden kann ohne den Sieg über den Sozialfaschismus... Hermann Remmele: Sowjetstern oder Hakenkreuz. Die Rettung Deutschlands aus der Youngsklaverei und Kapitalknechtschaft (Rede vom 8. Juli 1930) Internationaler Arbeiterverlag, Berlin o. J., S. 9. KPD, SOZIALDEMOKRATIE UND GEWERKSCHAFTEN l8j E Thälmann: spd und nsdap sind Zwillinge Wie steht es nun mit dem Verhältnis zwischen der Politik der Hitlerpartei und der Sozialdemokratie? Schon das XI. Plenum hat von einer Verflechtung dieser beiden Faktoren im Dienste des Finanzkapitals gesprochen. Am klar- sten hat Genosse Stalin schon im Jahre 1924 die Rolle dieser beiden Flügel gekennzeichnet, indem er von ihnen als von Zwillingen sprach, die einander ergänzen. Gegenwärtig zeigt sich diese Entwicklung in Deutschland unverkenn- bar... Auch in der Frage der Terrororganisation ahmt die SPD immer mehr den Hitlerfaschismus nach. Man braucht hier nur an die Reichsbannerschufo oder neuerdings an die sogenannten Hammerschaften der Eisernen Front zu den- ken, die als Hilfsinstrumente der Kapitalsdiktatur zur Verteidigung des kapitalistischen Systems gegen das revolutionäre Proletariat eingesetzt wer- den sollen. Vor allem aber sind es die Preußen-Regierung der SPD und des ADGB, die die Rolle der Sozialdemokratie als aktivster Faktor bei der Faschisie- rung Deutschlands, wie sie das XI. Plenum festgestellt hat, durch ihre Praxis voll und ganz bestätigen. Während so die Sozialdemokratie sich immer mehr dem Hitlerfaschismus nähert, betont dieser umgekehrt seine Legalität und betritt neuerdings offen auch die Plattform der Brüningschen Außenpolitik... An allen diesen Punkten zeigte sich die weitgehende gegenseitige Annähe- rung der SPD und der Nationalsozialisten auf der Linie der Faschisierung ... Warum müssen wir den Hauptstoß gegen die Sozialdemokratie richten? Unsere Strategie, die den Hauptstoß gegen die Sozialdemokratie lenkt, ohne dadurch den Kampf gegen den Hitlerfaschismus abzuschwächen, unsere Stra- tegie, die gerade durch den Hauptstoß gegen die Sozialdemokratie überhaupt erst die Voraussetzungen für eine wirksame Bekämpfung des Hitlerfaschismus schafft — diese Strategie ist nicht verständlich, wenn man die Rolle der prole- tarischen Klasse als der einzigen bis zu Ende revolutionären Klasse nicht klar verstanden hat... Die praktische Anwendung dieser Strategie in Deutschland erfordert den Flauptstoß gegen die Sozialdemokratie. Sie ist mit ihren »linken« Filialen die gefährlichste Stütze der Feinde der Revolution. Sie ist die soziale Haupt- stütze der Bourgeoisie, sie ist der aktivste Faktor der Faschisierung, wie das XL Plenum sehr richtig aussprach, und sie versteht zugleich in der gefähr- lichsten Art, als »gemäßigter Flügel des Faschismus« die Massen durch ihre i86 DIE KPD IN DER WEIMARER REPUBLIK Betrugsmanöver für die Diktatur der Bourgeoisie und für ihre faschistischen Methoden einzufangen. Die Sozialdemokratie schlagen, das ist gleichbedeutend damit, die Mehr- heit des Proletariats zu erobern und die wichtigste Voraussetzung für die proletarische Revolution zu schaffen . . . Was heißt revolutionäre Einheitsfront politik? Revolutionäre Einheitsfrontpolitik durchführen, das heißt schonungslosen Kampf gegen die Sozialfaschisten aller Schattierungen betreiben, vor allem gegen die gefährlichsten »linken« Spielarten des Sozialfaschismus, gegen die SAPD, gegen die Brandler-Gruppe und ähnliche Cliquen oder Richtungen. Revolutionäre Einheitsfrontpolitik betreiben, das heißt wirklich unten in den Betrieben und auf den Stempelstellen die Massen zum Kampf mobilisieren. Revolutionäre Einheitsfrontpolitik — das erfordert systematische, geduldige und kameradschaftliche Überzeugung der sozialdemokratischen, christlichen und auch nationalsozialistischen Arbeiter von der Verräterrolle ihrer Führer. Die Einheitsfront kann nicht parlamentarisch durch Verhandlungen Zu- standekommen. Sie kann nicht durch Abkommen mit anderen Parteien oder Gruppen Zustandekommen, sondern sie muß aus der Bewegung der Massen erwachsen und, von dieser Bewegung getragen, eine wirklich lebendige Kampf- front darstellen. Gemeinsame Verhandlungen der KPD mit der SPD, SAPD oder Brand- lergruppe gibt es nicht, darf es nicht geben! ... Ernst Thälmann: Der revolutionäre Ausweg und die KPD Rede auf der Plenartagung des ZK der KPD am 19. Februar 1932 in Berlin S. 25, 36/37, 60/61. 57- ERKLÄRUNG DES ZK DER KPD ZU DEN BETRIEBSRÄTEWAHLEN 1930 »Kommunist sein, heisst Todfeind des Sozialfaschismus sein« Verjagt die Sozialfaschisten aus den Funktionen im Betrieb! Das Politbüro des ZK der KPD nahm in seiner Sitzung vom 7. Februar zur Beschwerde einiger früherer Mitglieder der Betriebszelle Ullstein gegen ihren KPD, SOZIALDEMOKRATIE UND GEWERKSCHAFTEN 187 Ausschluß Stellung und bestätigte vollinhaltlich den Beschluß der Bezirks- leitung Berlin-Brandenburg-Lausitz. Begründung: Die Betriebsrätewahlen müssen in allen Betrieben auf Grund betrieblicher Kampfforderungen durchgeführt werden. Nur solche revolutionären Arbei- ter, die überzeugt die Beschlüsse des 1. Reichskongresses der revolutionären Gewerkschaftsopposition und die betrieblichen Kampfforderungen vertreten und fähig sind, den Kampf um die Forderungen im Betrieb zu führen, kön- nen als Kandidaten aufgestellt werden. Damit die Agitation und die Organisierung des Kampfes für die Forde- rungen sowie die Auswahl der Kandidaten rechtzeitig erfolgt, sollen in allen Betrieben rote Betriebs Wahlausschüsse von der Belegschafts Versammlung ge- wählt werden. Bei der Auswahl der Kandidaten ist maßgebend ihre Stellung- nahme zu den Kampfforderungen, insbesondere ihre Stellungnahme gegen den Sozialfaschismus. Selbstverständlich muß dabei berücksichtigt werden, daß möglichst die wichtigsten Abteilungen und Sparten auf der Kandidaten- liste vertreten sind. Durch klare Formulierung der Kampfforderungen ist jeder Arbeiter vor die Frage gestellt, ob er unter Führung der revolutionären Gewerkschaftsopposition für seine elementarsten Forderungen und gegen Rationalisierung, Teuerung, faschistischen Polizeiterror und Sozialfaschismus kämpfen will, oder ob er die Politik der Hungerregierung unterstützt. Die Ausgeschlossenen wollten unter dem Deckmantel der »SpartenVorschläge« eine gemeinsame Betriebsratskandidatenliste aus Vertretern dieser zwei un- versöhnlich .entgegengesetzten Klassenlinien zusammenstellen. Eine gemein- same Kandidatenliste hätte bedeutet: Verzicht auf den Kampf gegen den Sozialfaschismus und Diskreditierung der Kommunistischen Partei und der revolutionären Gewe^k,schaftsopposition. Revolutionäre Arbeiter können nur auf roten Betriebsrätelisten kandidieren. Die Ausgeschlossenen verzichteten auf den Kampf gegen den Sozial- faschismus im Betrieb und führten nicht den Kampf gegen die kapitalistische Rationalisierung. Das zeigte sich besonders in der Ablehnung der Delegation zum Reichskongreß der revolutionären Opposition und in der Ablehnung der Kongreßbeschlüsse. Kommunist sein, heißt Todfeind des Sozialfaschismus sein, niemals vor dem Sozialfaschismus zu kapitulieren, sondern mit allen Kräften für die Befreiung der Arbeitermassen von sozialfaschistischem Einfluß und gegen die kapitalistische Herrschaft zu kämpfen. Nur wer diese Politik im Betrieb durchführt, hat Platz in den Reihen unserer Partei. Zentralkomitee der Kommunistischen Partei Deutschlands. Die Rote Fahne vom 9. Februar 1930. i88 DIE KPD IN DER WEIMARER REPUBLIK 58. LINKE FEHLER UND ÜBERTREIBUNGEN IN DER FRAGE DES SOZIALFASCHISMUS von Ernst Thälmann (1930)^ Bei dieser Fragestellung ist es notwendig, jene Übertreibungen oder — ich gehe einen Schritt weiter — die neuesten »Theorien« über den Sozialfaschis- mus, wie sie in der Partei zum Ausdruck gekommen sind, festzustellen. Hat nicht der Weddinger Parteitag der Partei in dieser Frage eine klare und deutliche Formulierung durch seine Beschlüsse gegeben? Besonders ge- genüber denjenigen, die — wie die Versöhnler — damals noch die faschistischen Tendenzen innerhalb der Sozialdemokratie leugneten und die sogar die Ent- wicklung der Sozialdemokratie zum Sozialfaschismus bestritten. Wir haben gegen diese falsche Theorie auf das schärfste prinzipiell gekämpft. Diese rechte opportunistische Einstellung hat leider in der letzten Zeit in unseren eigenen Reihen ein Gegenstück gefunden mit der Tendenz, alle Erscheinungen im politischen Leben als »Sozialfaschismus« bezeichnen zu wollen. Zwar ist der Sozialfaschismus der Waffenträger der faschistischen Diktatur. Der Sozialfaschismus ist aber nicht nur eine Theorie, sondern praktisches politisches Leben, wo neben einer konterrevolutionären Führerschaft, Be- triebsfunktionäre und sozialdemokratische Arbeiter nach verschiedenartigen Eigentümlichkeiten der Verhältnisse im Betrieb, bei den Erwerbslosen usw. zu beobachten sind. Eine Partei, die diese Tatsachen negiert und eine be- sondere Theorie an die Stelle der Beschlüsse des Parteitages stellen würde, wird ihre geschichtliche Mission des Kampfes um die Mehrheit des Prole- tariats nicht erfüllen können. Audi eine solche Führung wird von der Mit- gliedschaft und von der historischen Situation später zu? Rechenschaft ge- zogen werden. Wir sind gezwungen, dem Zentralkomitee einige Tatsachen zu unterbrei- ten, um zu zeigen, wieweit diese Abweichungen bereits in unsere eigenen Reihen eingedrungen sind. In letzter Zeit sind eine ganze Reihe von Artikeln Diese selbstkritische Stellungnahme Thälmanns zeigt die verheerende Auswir- kung der Sozialfaschismus-Theorie innerhalb der KPD-Organisationen. Allerdings bedeutete diese Selbstkritik keine Änderung der Linie, sie richtete sich nur gegen die Auswüchse. Ende 1931 wiederholte Thälmann: »In der Frage des Hauptstoßes gegen die SPD steckt das Kernproblem der kommunistischen Politik in Deutschland.« Diese Politik wurde trotz aller heutigen Behauptungen Ulbrichts bis 1933 beibehalten. Ansätze zu einer echten Einheitsfrontpolitik, wie sie zwischen 1930 und 1933 spora- disch auch von der KPD-Seite aus gemacht wurden, mußten an dieser Grundein- stellung der Partei und der Komintern scheitern. KPD, SOZIALDEMOKRATIE UND GEWERKSCHAFTEN 189 in der gesamten Presse der Partei, Aufrufe und Informationen der Partei, Notizen usw. erschienen, die absolut unhaltbar sind. Zum Beispiel heißt es in einem Artikel »Wir und die sozialdemokratischen Arbeiter«, der in den letzten Tagen durch die Parteipresse ging, unter an- derem folgendermaßen: »Es ist klar, daß unsere Auseinandersetzung mit dem Sozialfaschismus so- wie die mit der Bourgeoisie, deren treuester Knecht er ist, nicht an irgend- einem Verhandlungstische, sondern nur auf den Schlachtfeldern der Entschei- dungskämpfe und vor den Revolutionstribunalen der deutschen Räterepublik enden kann. Und das gilt natürlich vom kleinen sozialfaschistischen Betriebs- rat, der in seinem Betrieb dem Unternehmer kommunistische Arbeiter denun- ziert, um zur Belohnung Meister zu werden, ganz genauso wie für seine großen Brüder Severing, Zörgiebel usw.« Genossen! So einfach ist die Frage für uns doch nicht, wie sich das mancher Genosse in seinem Hirn ausmalt. In diesem Artikel sind die sozialdemokra- tischen Minister, Polizeipräsidenten, Bankdirektoren, Kommunalbeamten, Gewerkschaftsbonzen, Vorarbeiter, Meister und freigewerkschaftliche Betriebs- räte in der Industrie usw. eine einheitliche, homogene soziale Schicht. Die Veränderungen der gesellschaftlichen, klassenmäßigen Zustände in der gegen- wärtigen Situation bleiben unberührt; deswegen ist auch kein Verständnis für die Verschiebungen in der sozialen Struktur vorhanden, von der auch die Sozialdemokratie nicht unberührt bleibt. Darum auch die große Hilf- losigkeit die »Auseinandersetzung mit dem Sozialfaschismus sowie die mit der Bourgeoisie« zu späteren Entscheidungskämpfen bis zum Revolutionstri- bunal zu vertagen. Ein Negieren unserer Massenarbeit bei einem Teil des Pro- letariats müßte auch für unsere revolutionäre Politik schlimme Folgen haben. Und weiter heißt es in einem anderen Artikel »Klare Fronten unten wie oben«: »Der kleine Funktionär ist ein wichtiger, ja, der wichtigste Teil des sozial- demokratischen Apparates, der zu einem wesentlichen Bestandteil des sozial- faschistischen Staatsapparats geworden ist. Er schimpft, er hält aber gerade mit diesem Geschimpfe den ganzen Laden zusammen ... Unser Trommelfeuer auf die großen Zörgiebels hat darum nur dann Er- folg, wenn es gleichzeitig mit einem Sturmangriff auf die verbürgerlichten unteren Funktionäre verbunden wird. Wir müssen die proletarischen Reihen in Betrieb und Gewerkschaft und in den übrigen Massenorganisationen mit aller Rücksichtslosigkeit von allen verfaulten Elementen säubern. Wer noch zur SPD gehört, ist verfault und muß fliegen — und wenn er noch so radi- kal tut.« Unsere ganze Anwendung der Einheitsfronttaktik von unten, unsere Be- schlüsse des Weddinger Parteitages werden dadurch glatt über Bord ge- worfen. .. 190 DIE KPD IN DER WEIMARER REPUBLIK Dann gab es verschiedene andere Artikel, in denen die Parole aufgestellt wird: »Verjagt die Sozialfaschisten aus den Funktionen in den Betrieben und Gewerkschaften!« In dem nächsten Artikel wurde die Sadie schon ge- steigert und gesagt: »Verjagt die Sozialfaschisten aus den Betrieben und Gewerkschaften!« Vorher: »Verjagt sie aus den Funktionen«, und jetzt: »Verjagt sie aus den Betrieben und Gewerkschaften«, und zuletzt findet die »Junge Garde« die Losung »Vertreibt die Sozialfaschisten aus den Betrieben, aus den Arbeitsnachweisen und aus den Berufsschulen!« Wie wollt ihr sie aus den Betrieben und Arbeitsnachweisen vertreiben? Die Bourgeoisie und sehr oft mit ihr die sozialfaschistischen Betriebsräte vertreiben leider die Kommunisten aus den Betrieben, wenn diese keine Massenbasis und nicht genügend Autorität in den Massen, in der Belegschaft haben. In einem anderen Artikel über die Betriebsrätewahlen, der durch die ge- samte Parteipresse gegangen ist, werden die sozialdemokratischen Betriebs- räte Noske, Severing und Zörgiebel gleichgesetzt. Eine solche Sprache ist wirklich unsinnig. Das heißt den Zörgiebel, Seve- ring, Noske durch uns Entlastung zuteil werden zu lassen für ihre blut- rünstigen und konterrevolutionären Taten und Handlungen, das heißt also in den Fragen des praktischen Lebens, der allgemein-politischen Entwick- lung. Das heißt die Verschiedenartigkeit der Verhältnisse in den verschie- denen Funktionen, die die Sozialdemokraten innerhalb des Staates, in den Betrieben und Massenorganisationen haben, einfach ignorieren .. . Ernst Thälmann: Reden und Aufsätze zur Geschichte der deutschen Arbeiterbewegung Band II (November 1928 - September 1930) Dietz-Verlag, Berlin 1956, S. 379-383. 59- DIE KPD SPALTET DIE GEWERKSCHAFTEN Festigung und Erweiterung der RGO** a Das Schwergewicht der Parteiarbeit muß in den Betrieben liegen. Dort muß die Führung der Wirtschaftskämpfe, die Mobilisierung der Belegschaften beim Tarifablauf, die Auslösung zwischentariflicher Lohnbewegungen und des Die KPD steuerte seit 1929 auf eine Spaltung der freien Gewerkschaften zu. In der Roten Fahne vom 30. März 1930 hieß es darüber: »Als wir vom V. Welt- KPD, SOZIALDEMOKRATIE UND GEWERKSCHAFTEN 191 Kampfes um den Siebenstundentag durch die Kommunisten und die Revo- lutionäre Gewerkschafts-Opposition organisiert werden. Das Zentralkomitee begrüßt die Beschlüsse des Präsidiums des EKKI über die Festigung und Er- weiterung der Revolutionären Gewerkschafts-Opposition, die Stärkung des organisatorischen Zentrums. Zu diesem Zwecke ist der kollektive Beitritt der roten Betriebsräte und der hinter ihnen stehenden Belegschaften sowie der Vertrauensmännerkörper und der Erwerbslosenausschüsse zur Revolutio- nären Gewerkschafts-Opposition notwendig. (Plenum des ZK der KPD, März 1930) B Als wichtigste zentrale Tagesaufgabe steht die Stärkung und Ausbreitung der RGO. Die Wirtschaftskämpfe müssen besser vorbereitet, besser ausgelöst und besser durchgeführt werden. Jede Vernachlässigung der Arbeit an der innergewerkschaftlichen Front wird ein schweres Hemmnis für die erfolg- reiche Führung der Wirtschaftskämpfe. Die Revolutionäre Gewerkschafts- Opposition gewinnt in steigendem Maße die Bedeutung eines Haupthebels zur revolutionären Erfassung und Organisierung der proletarischen Millio- nenmassen, zur Isolierung der sozialdemokratischen Führer und zur Erobe- rung der Mehrheit der Arbeiterklasse. Zu diesem Zweck ist die Fraktions- arbeit in den reformistischen Gewerkschaften unbedingt weiterhin notwendig. Der Weg der Herausbildung selbständiger Gewerkschaften als Massenorga- nisationen, der mit der Gründung des Einheitsverbandes der Berliner Metall- kongreß der RGI zurückkamen mit den Beschlüssen der Organisierung einer selb- ständigen revolutionären Gewerkschaftsbewegung in Deutschland, da gab es noch viele Skeptiker in den eigenen Reihen. Es liegt noch nicht viele Monate zurück, seitdem wir den straffen Aufbau der RGO begonnen haben. Aber wir haben in entscheidenden Industrien bereits unsere im Kampf geborenen roten Verbände, wir haben die erste Viertelmillion Mitglieder der RGO und haben mit einem Schlag in über 3500 Betrieben unsere Betriebsgruppen aufgebaut. Wenn wir jetzt mit Zähigkeit und Leidenschaft an die Organisierung der Oppositionsfraktionen im ADGB, bei den christlichen und anderen reaktionären Gewerkschaften übergehen, dann tun wir das, um die Massen der Arbeiter, Angestellten und Beamten für den Klassenkampf zu gewinnen und den Streikbuchführern ihr arbeiterfeindliches Handwerk zu legen. Wir greifen den konterrevolutionären Apparat des ADGB von außen und von innen an. Wir steuern konsequent auf die Schaffung roter Gewerkschaften in ganz Deutschland.« Am 5. November 1930 wurde der Rote Metallarbeiterverband gegründet, am 11. Januar 1931 der Rote Bergarbeiterverband usw. 192 DIE KPD IN DER WEIMARER REPUBLIK arbeitet und des Einheitsverbandes der Bergarbeiter Deutschlands eingeschla- gen wurde, muß unter genauer Berücksichtigung der konkreten Verhältnisse mit unbeugsamer Konsequenz weiter beschritten werden. Der Ausbau starker arbeitsfähiger kommunistischer Fraktionen innerhalb der selbständigen roten Verbände, die ständige Zusammenfassung und Aktivierung der Kommu- nisten innerhalb dieser Verbände in engster Verbindung mit den Massen der Arbeiterschaft wird ein unentbehrliches Instrument zur Sicherung der Klassenlinie der RGO. Die Beispiele anderer Länder zeigen, daß revolutio- näre Gewerkschaften ohne feste kommunistische Fraktionen sehr schnell den Gefahren des Opportunismus oder sektiererischer Entartung ausgesetzt wer- den. Angesichts der wachsenden Revolutionierung der Massen und des zu- nehmenden Kampfwillens gegen die Unternehmeroffensive, angesichts der Abkehr der Arbeiterschaft von den sozialfaschistischen und christlichen Ver- rätern eröffnen sich neue riesenhafte Entwicklungsmöglichkeiten für die Stär- kung der revolutionären Gewerkschaftsbewegung, die als führende Kraft in den bevorstehenden Wirtschaftskämpfen einen neuen mächtigen Zustrom sowohl aus den Reihen der organisierten als der unorganisierten Arbeiter- massen erhalten wird. (Plenum des ZK der KPD, Januar 1931) Die wichtigsten Beschlüsse der KI und der KPD nach dem VI. Weltkongreß im Zitat Hrsg, von der KPD, Berlin 1932, S. 31/32.   RGO-PROPAGANDA (1931) ... Deutscher Arbeiter, Mitglied einer deutschen Gewerkschaft, wehre dich ge- gen Lohnraub, gegen den mörderischen Faschismus, gegen den Verrat der Ge- werkschaftsbürokratie ! Wie soll der Kampf gegen die Unternehmer und die Faschisten geführt wer- den? Wer soll ihn führen? Dieser Kampf wird nur dann erfolgreich sein, wenn ihn nicht Hunderttausende, sondern Millionen und aber Milliönen deutsche Arbeiter gemeinsam führen werden. Die Millionen müssen in eine einheitliche, eiserne Front zusammengeballt werden und unter revolutio- närer Führung marschieren. Kann man die jetzigen deutschen Gewerkschaften in Organisationen des proletarischen Widerstandes verwandeln? Kann man mit demokratischen KPD, SOZIALDEMOKRATIE UND GEWERKSCHAFTEN 193 Mitteln die Leipart und Ulrich, die Brandes und Husemann, die Schumann und Orthmann zum Teufel jagen? Keineswegs! Der eigentliche Apparat der Gewerkschaften ist durch eine chinesische Mauer von den Mitgliedermassen abgeriegelt. Die Gewerkschaftsbürokraten werden erst aus ihren Büros ver- schwinden, wenn die proletarische Faust die Siemens und Duisberg, dieKoett- gen und Büchner aus ihren Kontoren und Palästen verjagen wird. Die Ge- werkschaftsfunktionen im Betrieb, die unteren Funktionen in den Verbänden — die können bei hartnäckigem Kampf gegen die Bürokratie von klassen- bewußten Arbeitern besetzt werden. Man muß die größten Anstrengungen machen, um diese Positionen für den revolutionären Klassenkampf zu ge- winnen. Man kann aber heuzutage mit demokratischen Mitteln nicht mehr nur einen einzigen Gewerkschaftsangestellten von seinem Posten entfernen. Der Gewerkschaftsapparat ist nicht zur Verteidigung der Interessen der Mit- gliedermassen zu gewinnen. Wer soll dann die Kämpfe der deutschen Arbei- terklasse um Brot und Freiheit führen? In den Betrieben und auf den Baustellen, in den Schächten und auf den Arbeitsnadiweisen wächst eine neue Kraft empor, die allein berufen ist, die Kämpfe des deutschen Proletariats zu führen. Das ist die Revolutionäre Ge- werkschaftsopposition, die mit Hilfe der Kommunistischen Partei eine mäch- tige revolutionäre Gewerkschaftsbewegung in Deutschland aufbaut. Die Revolutionäre Gewerkschaftsopposition ist die Erbin der besten revo- lutionären Traditionen der deutschen Gewerkschaftsbewegung der Anfangs- zeit. Sie setzt den Kampf gegen Ausbeutung und Arbeiterverrat fort, den die klassenbewußten Teile des deutschen Proletariats schon seit Jahrzehnten führen. Schon in den Vorkriegsjahren kam es bekanntlich bei jedem größeren Streik zu heftigen Auseinandersetzungen zwischen den »Führern« und den Massen. Der Streik im Strebeiwerk Mannheim von 1908, der zugleich ein Kampf gegen die Bürokraten des Deutschen Metallarbeiter-Verbandes war; der »wilde« Werftarbeiterstreik von 1913, in dem 40 000 Arbeiter gegen den wütenden Widerstand der Verbandsvorstände zwei Monate ohne Streik- unterstützung ihren Mann gestanden haben; der Munitionsarbeiterstreik in Berlin im Januar 1918 gegen den imperialistischen Krieg; die Riesendemon- stration des Berliner Proletariats 1920 gegen das Betriebsrätegesetz der Ge- werkschaftsführer, bei der von sozialdemokratischen Salven 40 Berliner Ar- beiter getötet wurden — diese Kämpfe sind Beweise für den ununterbroche- nen Widerstand, den die Massen der deutschen Arbeiter und Gewerkschafts- mitglieder der Bürokratie leisten. Die Revolutionäre Gewerkschaftsopposi- tion setzt diesen Kampf fort. Sie schafft jetzt auch die organisatorischen Vor- aussetzungen, um die Kämpfe der Arbeiter gegen das Kapital selbständig organisieren und führen zu können. Je mehr die alten Verbände sich zu Streikbruchapparaten, zu Instrumenten zur Unterstützung des herrschenden faschistischen Regimes entwickeln, desto schneller entwickelt sich die RGO 194 DIE KPD IN DER WEIMARER REPUBLIK zur roten Kampf gewerksdiaft. Die Gründung des roten Metallarbeiter-Ver- bandes in Berlin zeigt den Weg, den die RGO zur Bildung roter Industrie- verbände geht. Der Widerstand gegen den Faschismus stellt vor die deutsche Arbeiter- schaft immer mehr die Aufgabe des gemeinsamen Zusammenstehens, des all- gemeinen politischen Massenstreiks. Nur die RGO ist von allen gewerk- schaftlichen Organisationen die einzige, die gewillt und imstande ist, Seite an Seite mit der KPD den Kampf des deutschen Proletariats für Brot, Frei- heit und Macht zu organisieren. Jeder klassenbewußte Arbeiter in der Gewerkschaft, im Betrieb und auf der Stempelstelle muß sich der RGO anschließen. Er gehört in die revolutio- näre Klassenfront gegen Ausbeutung und Faschismus. Wir schmieden die eiserne Front gegen das Kapital und seine Lakaien. Alle Ausgebeuteten und Unterdrückten, die ihr die Leidtragenden der kapitalisti- schen Ausbeutung und des reformistischen Verrats seid: Her zu uns! Hinein in die RGO! Helft mit, die revolutionäre Gewerkschaftsbewegung Deutschlands aufzu- bauen! Der Arbeiterverrat der Gewerkschaftsbonzen Internationaler Arbeiterverlag, Berlin o. J. (1931), S. 23/24.   DIE ANTIFASCHISTISCHE AKTION IM ANMARSCH Von Ernst Thälmann Wir erneuern heute mit heiligem Ernst unser Einheitsfrontangebot an die SPD- und an die ADGB-Arbeiter, an die christlichen Arbeiter und deren untere Organisationen. Mit der ganzen Kraft, mit der Unterstützung aller Notleidenden gilt es, alles zu unternehmen, um den blutigen Terror der Nazi, die faschistische Unterdrückung abzuwehren. Im Lohnkampf, im Kampf der Erwerbslosen, des Massenselbstschutzes, der werktätigen Bauern, im rück- sichtslosen Klassenkampf bis zur Entwicklung und Steigerung des politischen Massenstreiks kann der Faschismus auf wirksamste Art geschlagen werden. SPD-Stampfer hat zur Ablenkung von dem SPD-Verrat in Hamburg von einer Einheitsfront mit kommunistischen und sozialdemokratischen Führern gefaselt. Wir aber sagen: Zwischen dem Klasseninhalt der SPD-Politik und der unserigen bestehen gewaltige prinzipielle Unterschiede. Mit Severing, Zörgiebel und Hilferding kann niemals eine Einheitsfront Zustandekommen. KPD, SOZIALDEMOKRATIE UND GEWERKSCHAFTEN 195 Zwischen uns und den SPD-Führern liegen wie Barrikaden die 33 im Berliner Blutmai von 1929 erschossenen Arbeiter. Wir wollen nicht Ärzte, sondern Totengräber des Kapitalismus sein. Uns eint aber mit den sozialdemokratischen und SAP-Arbeitern, den Frauen und Jugendlichen der »Eisernen Front« der gleiche Hunger, die glei- che Klassennot, gemeinsam müssen wir uns gegen den Naziterror, gegen Lohn- und Unterstützungsraub zur Wehr setzen. Darum den Massenkampf im Betrieb, an der Stempelstelle und bei der Zwangsversteigerung. Die Ein- heitsfront geschlossen, ihr SPD- und ADGB-Arbeiter: Das faschistische Blut- regiment von Bulgarien, Polen und Italien muß in Deutschland verhindert werden. Wir können das, wenn wir in der antifaschistischen Aktion uns den Boxheimer Arbeitermördern mit Tapferkeit entgegenwerfen. Auf der Lausanner Konferenz wird die deutsche Bourgeoisie als ein Bettel- musikant auf treten und sich wahrscheinlich nur ein Moratorium »erkämp- fen«. Wir appellieren an den »unbekannten SA-Soldaten«: Wir wollen nicht, wie Leo Schlageter, ein Wanderer ins Nichts werden, sondern in der revolu- tionären Freiheitsarmee gegen die Young- und deutschen Trustkapitalisten kämpfen. Wenn die von der NSDAP tolerierte Papen-Regierung das Verbot der KPD plant, so sei gesagt, daß unsere Partei der Antifaschisten, mit den Mil- lionenmassen verbunden, an der Spitze des Kampfes gegen Kapitalismus und Faschismus nicht zu verbieten ist. Auch die Bolschewiki hat man 1905 nach Sibirien, ins Ausland, ins Exil geschickt. Man hat sie gejagt und gefoltert. Mit dem siegreichen Oktober 1917 unter Führung Lenins wurde dann doch der Zarismus vernichtet und erbaut ein sozialistisches Land. Wenn auch die Bourgeoisie die NSDAP als Tolerierungspartei heute stark heranzieht, so hat die SPD dennoch klassenmäßig ihre Verräterrolle beibe- halten und ist nach wie vor die soziale Hauptstütze der Bourgeoisie, der Hauptfeind der einheitlichen antifaschistischen Massenbewegung, das Haupt- hemmnis der proletarischen Einheitsfront. Besonders den SAP-Demagogen und Brandieristen, diesen Wels-Agenten und gefährlichsten Saboteuren der geschlossenen proletarischen Einheitsfront gilt es energisch entgegenzutreten. Die Scheinopposition gilt es zu entlarven. Die ideologische Annäherung der SPD und NSDAP in der Frage der Arbeitsdienstpflicht zur Militarisierung der Jugend und in der Frage der Arbeitsbeschaffung zeigt den Werktätigen die Größe der Gefahr... Internationale Presse-Korrespondenz vom 14. Juni 1932, S. 1553. F. DIE KPD UND DIE KOMINTERN   DIE GRÜNDUNG DER III. INTERNATIONALE (1919) Die Delegierten Rußlands, des Balkans, der Schweiz, Österreichs und Schwe- dens beantragen, die Gründung der III. Internationale sofort vorzunehmen. Der Vertreter Deutschlands wendet sich dagegen und verlangt, daß die hier angenommenen Richtlinien erst den Arbeitern der einzelnen Länder zu unter- breiten seien; erst wenn diese sich zu den hier aufgestellten Richtlinien be- kennen, könne die offizielle Gründung der III. Internationale erfolgen. Nach- dem alle Vertreter sich für die sofortige Gründung ausgesprochen hatten, er- folgte diese unter stürmischem Beifall der ganzen Versammlung. Der deutsche Vertreter gab die Erklärung ab, daß auch die deutschen Kommunisten zweifellos sofort nach seiner Rückkehr ihren Beitritt zur III. Internationale erklären würden. Allgemein waren die Delegierten der Auffassung, daß der Sitz der Exe- kutive und des Büros nach Berlin gehöre. Da aber dies erst nach Errichtung einer deutschen Räterepublik möglich sei, so soll vorläufig Moskau als Zen- trale gelten. Folgender Beschluß wurde einstimmig gefaßt: Beschluß des Kongresses der Kommunistischen Internationale in Moskau in der Organisationsfrage. Um ohne Aufschub die Tätigkeit aufnehmen zu können, wählt der Kongreß sofort die notwendigen Organe, in der Ansicht, daß die endgültige Verfas- sung der Kommunistischen Internationale auf Vorschlag des Büros vom nächsten Kongreß gegeben werden soll. Die Leitung der Kommunistischen Internationale wird einem Exekutiv- komitee übertragen. Dieses setzt sich zusammen aus je einem Vertreter der kommunistischen Parteien der bedeutendsten Länder. In das erste Exekutiv- komitee sollen die Parteien: Rußlands Deutschlands Deutsch-Österreichs Ungarns der Balkanföderation 198 DIE KPD IN DER WEIMARER REPUBLIK der Schweiz Skandinaviens sofort ihre Vertreter entsenden. Parteien von Ländern, die vor dem Zweiten Kongreß der Kommunisti- schen Internationale ihren Beitritt erklären, erhalten einen Sitz im Exeku- tivkomitee. Bis zur Ankunft der Vertreter aus dem Ausland übernehmen die Genos- sen des Landes, in dem das Exekutivkomitee seinen Sitz hat, die Last der Arbeit. Das Exekutivkomitee wählt ein Büro von 5 Personen. Manifest, Richtlinien, Beschlüsse des Ersten Kongresses. Aufrufe und offene Schreiben des Exekutivkomitees bis zum Zweiten Kongreß Verlag der Kommunistischen Internationale Verlag Carl Hoym Nachf. I. Cahnbley, Hamburg II, 1919, S. 70/71.   SPARTAKUS UND DIE DRITTE INTERNATIONALE Von Hugo Eberlein h Auf dem Gründungsparteitag der Kommunistischen Partei Deutschlands überbrachte Radek die Grüße der Kommunistischen Partei Rußlands ... Auf dem Parteitag traten zwei Differenzen in Erscheinung. Die Zentrale des Spartakusbundes trat geschlossen für Beteiligung an den Parlamentswah- len ein; trotz des heftigsten Kampfes, den Rosa für die Beteiligung am Par- lamentarismus führte, lehnte die Mehrheit der Delegierten eine Beteiligung an den Parlamentswahlen ab. Die Zentrale stand geschlossen gegen die Anti- parlamentaristen. Die zweite Differenz führte zu heftigen Differenzen innerhalb der Spar- takuszentrale; sie drehte sich um den Namen der Partei. Während wir der 54. Hugo Eberlein, der unter dem Pseudonym Max Albert am Gründungskongreß der Kommunistischen Internationale teilnahm, gibt hier kaum bekannte Interna über die Haltung Rosa Luxemburgs zur Gründung der Komintern, aber auch zur Gründung der KPD, wieder. Eberlein war der einzige deutsche Delegierte, da es dem zweiten Vertreter, Eugen Levine, nicht gelang nach Rußland zu kommen. Wichtig sind auch Eberleins Hinweise auf die Verfasser der Thesen, des Manifests usw. Wie Eberlein selbst, der 1940 in Stalins Gefängnis umkam, wurden auch Bucharin und Rakowski Opfer der Säuberung von 1938. Trotzki wurde 1940 von einem Agenten Stalins ermordet. DIE KPD UND DIE KOMINTERN 199 neu zu gründenden Partei den Namen »Kommunistische Partei< geben woll- ten, wandten sich Rosa Luxemburg und Jogiches dagegen, sie wollten die Partei »Sozialistische Partei< nennen. Bis tief in die Nacht wurden heftige Diskussionen darüber geführt. Rosa Luxemburg argumentierte so: Die Kom- munistische Partei Rußlands steht heute noch in der Internationale allein; sie wird von den sozialistischen Parteien der II. Internationale aufs heftigste bekämpft. Die Aufgabe der Kommunisten ist es, die sozialistischen Parteien, insbesondere der westeuropäischen Staaten, von der II. Internationale los- zulösen, um sie zu einer neuen revolutionären Internationale zu vereinen und die II. reformistische Internationale zu vernichten. Der Kommunisti- schen Partei Rußlands wird das so leicht nicht gelingen. Der Gegensatz zwi- schen der Kommunistischen Partei Rußlands und den sozialistischen Parteien des Westens, insbesondere Frankreichs, Englands und Amerikas, ist so groß, daß uns als deutschen Revolutionären die Aufgabe zufällt, die Verbindung zwischen den Revolutionären des Ostens und den Sozialisten Westeuropas, die heute noch im reformistischen Fahrwasser schwimmen, herzustellen und den Prozeß der Loslösung der westeuropäischen Sozialisten vom Reformis- mus zu beschleunigen. Diese Aufgabe wird leichter zu erfüllen sein, wenn wir als Sozialistische Partei auf den Plan treten; würden wir dagegen als Kommunistische Partei erscheinen, dann würde die naturgemäß enge Ver- bindung mit den russischen Kommunisten unsere Aufgabe in Westeuropa er- schweren. Während wir in dieser Sitzung erklärten, daß nicht nur in Deutsch- land, sondern auch in der gesamten Internationale ein scharfer Strich zwi- schen uns und den Sozialistischen Parteien der II. Internationale gezogen werden müsse, der schon rein äußerlich im Namen der Partei zum Ausdruck kommen muß. Außerdem sei es jetzt unsere Hauptaufgabe, im Moment, in dem die ganze Weltbourgeoisie und die Reformisten zum Kampf gegen den ersten revolutionären Staat und seine Kommunistische Partei sich rüsten, offen an die Seite der Kommunistischen Partei Rußlands zu treten, um so die engste Verbindung mit den russischen Revolutionären zu dokumentieren. Bei der Abstimmung blieb Rosa Luxemburg in der Minderheit; mit 4:3 Stimmen bei einer Stimmenthaltung — Levi erklärte, ihm sei es gleichgültig, wie die Partei sich nenne — wurde beschlossen, dem Spartakusbund den Namen »Kommunistische Partei Deutschlands< zu geben. Der Parteitag stimmte dem zu... Ein paar Tage später kam mit großer Verspätung über Finnland, Nor- wegen und Schweden ein Brief der Kommunistischen Partei Rußlands bei uns an, in dem die KPD zu einer Vorbesprechung zwecks Vereinigung der revo- lutionären Parteien nach Moskau geladen wurde. In einer Besprechung mit Rosa Luxemburg erklärte sie mir, daß die Schaffung einer neuen revolutio- nären Internationale, die sich scharf im Gegensatz zur II. reformistischen Internationale stelle, unbedingt nötig sei; zur Gründung selbst sei aber ihres 200 DIE KPD IN DER WEIMARER REPUBLIK Erachtens der Moment noch nicht gekommen, denn die Gründung einer neuen aktionsfähigen Internationale setzte das Vorhandensein wenigstens einiger revolutionärer Parteien in Westeuropa voraus. Die sofortige Gründung in einer Zeit, in der in Wirklichkeit erst eine kommunistische revolutionäre Par- tei bestehe — die KPD war erst vor einigen Tagen gegründet — bedeutet eine Schwächung des Gedankens einer revolutionären Internationale. Rosa wünschte, daß ich nach Moskau fahre, um an der Vorbesprechung teilzuneh- men und den russischen Genossen auseinanderzusetzen, daß wir im Prinzip mit der Gründung einer Kommunistischen Internationale einverstanden sind, daß der Termin der Gründung aber verschoben werden müsse, bis wir in den westeuropäischen Staaten wenigstens einen Stamm revolutionärer Arbeiter gegen die Reformisten gesammelt hätten. Wenige Tage später wurde Rosa Luxemburg ermordert. In einer der ersten Sitzungen nach der Ermordung stand die Moskauer Konferenz auf der Tagesordnung. Hier vertrat Jogiches eifrig die Auffassung Rosa Luxemburgs. Auch er war der Auffassung, daß die Gründung einer revolutionären Internationale, die den schärfsten Kampf gegen die Refor- misten aufnehme, notwendig, daß aber der Termin der Gründung in diesem Moment verfrüht sei. Die Zentrale schloß sich dieser Auffassung an, wählte mich zu ihrem Vertreter; ein paar Tage später reiste ich ab ... In Moskau begannen sofort die Vorbesprechungen. Aus den verschiedenen Ländern waren Vertreter kleiner revolutionärer Gruppen gekommen. Aber eine Kommunistische Partei außer der russischen konnte nur ich vertreten. Aus 35 Ländern waren Revolutionäre erschienen, um an der Konferenz teil- zunehmen. In den Vorverhandlungen, die meist im Zimmer des Genossen Lenin stattfanden, wurde sofort die Frage aufgerollt, ob auf dieser Konfe- renz bereits die Gründung der Internationale erfolgen solle. Ich war der einzige, der sich im Auftrag seiner Partei gegen die sofortige Gründung wenden mußte. Besonders die Genossen der russischen Partei, an ihrer Spitze Trotzki, Bucharin und Rakowski, versuchten mit größtem Eifer, mich von der Notwendigkeit der sofortigen Gründung zu überzeugen; sie zerpflückten alle Argumente der deutschen Partei bis ins kleinste. Bis Lenin entschied, daß von der sofortigen Gründung abgesehen werden müsse, wenn die deutsche Partei ihre Zustimmung nicht gäbe. Wir traten in die Verhandlung der Konferenz ein. Die Konferenz nahm einen begeisterten, glänzenden Verlauf. Über alle vorgelegten Resolutionen und Thesen wurde Einmütigkeit erzielt. Die Richtlinien der Kommunisti- schen Internationale wurden von Bucharin und mir ausgearbeitet und vom Kongreß einstimmig angenommen. Audi das Manifest der Kommunistischen Internationale »An das Proletariat der ganzen Welt«, dessen erster Entwurf von Trotzki angefertigt, dann von einer Kommission, bestehend aus Trotzki, Lenin, Bucharin und mir, akzeptiert wurde, nahm der Kongreß einstimmig DIE KPD UND DIE KOMINTERN 201 ar. Die Leitsätze Lenins über »Bürgerliche Demokratie und proletarische Diktatur« wurden dem Büre der Internationale zur Verbreitung in der gan- zen Welt überwiesen. Außerdem wurden angenommen die ebenfalls allen Ge- nossen bekannten Leitsätze über die »Internationale Lage und die Politik der Entente«, die Resolution über »die Stellung zu den sozialistischen Strömun- gen und der Berner Konferenz«, desgleichen die Resolution über den weißen Terror. Während der Verhandlungen, die vom 2. bis 6. März 1919 dauerten und die im Kleinen Saale des Justizgebäudes im Kreml geführt wurden, kamen die Nachrichten von der Ausrufung der Räterepublik in Ungarn und der Räterepublik in Bayern. Diese Nachrichten lösten auf der Konferenz unge- heure Begeisterung aus, und die Frage der sofortigen Gründung der Kom- munistischen Internationale wurde neu aufgerollt. In einer begeisterten Rede forderte Rakowski die sofortige Gründung der Kommunistischen Internationale. Ich blieb wieder allein und versuchte, der Konferenz die Argumente der deutschen Partei auseinanderzusetzen. Ich wies darauf hin, welch ungeheure Aufgaben das revolutionäre Proletariat der Welt von der Kommunistischen Internationale erwarten würde, Aufgaben, die wir im Moment, in dem sich in den meisten Ländern der Welt nur kleine Gruppen revolutionärer Arbeiter zum Kommunismus bekennen, noch nicht erfüllen können würden, wodurch sehr leicht unter den Arbeitern der Welt eine Enttäuschung hervorgerufen werden könne, insbesondere auch deshalb, weil sich die Arbeiter von der II. Internationale so schmählich betrogen wis- sen. Deshalb sei es unsere Aufgabe, zuerst in den wichtigsten Ländern feste kommunistische Zellen zu bilden, die dann, vereint in der Kommunistischen Internationale, den revolutionären Kampf aufnehmen können, die dann in der Kommunistischen Internationale die revolutionären Arbeiter um sich sammeln und die verräterische II. Internationale vernichten können. Ich befand mich in einer außerordentlich schwierigen Situation. Während ich gefühlsmäßig mit den versammelten Delegierten, mit den russischen Ge- nossen völlig konform ging und während mir eine Anzahl ihrer Argumente stichhaltig erschien, war ich an den strikten Auftrag meiner Parteileitung gebunden. Inzwischen war auch Leo Jogiches ermordet. Ich enthielt mich bei der Abstimmung der Stimme und gab dem Kongreß eine Erklärung ab, daß die deutsche Partei prinzipiell mit der Schaffung einer Dritten Internatio- nale einverstanden sei und daß die deutsche Partei nach erfolgter Gründung der Kommunistischen Internationale sicher beitreten würde. Sofort nach meiner Rückkehr nach Deutschland wurde der Beitritt zur Kommunistischen Internationale beschlossen ... Hugo Eberlein: Spartakus und die Dritte Internationale Internationale Pressekorrespondenz vom 29. Februar 1924, S. 306/307. 202 DIE KPD IN DER WEIMARER REPUBLIK 64. LEITSÄTZE ÜBER DIE BEDINGUNGEN DER AUFNAHME IN DIE KOMMUNISTISCHE INTERNATIONALE^ Angenommen vom II. Weltkongreß der Kommunistischen Internationale 1920 ... Der II. Kongreß der Kommunistischen Internationale stellt folgende Bedingungen der Zugehörigkeit zur Kommunistischen Internationale auf: Die gesamte Propaganda und Agitation muß einen wirklich kommuni- stischen Charakter tragen und dem Programm und den Beschlüssen der Kom- munistischen Internationale entsprechen. Alle Presseorgane der Partei müs- sen von zuverlässigen Kommunisten geleitet werden, die ihre Hingebung für die Sache des Proletariats bewiesen haben. Von der Diktatur des Prole- tariats darf nicht einfach wie von einer landläufigen, eingepaukten Formel gesprochen werden, sondern sie muß so propagiert werden, daß ihre Not- wendigkeit jedem einfachen Arbeiter, jeder Arbeiterin, jedem Soldaten und Bauern verständlich wird aus den Tatsachen des täglichen Lebens, die von unserer Presse systematisch beobachtet und d:e Tag für Tag ausgenützt wer- den müssen. Die periodische und nichtperiodische Presse und alle Parteiverlage müssen völlig dem Parteivorstand unterstellt werden, ohne Rücksicht darauf, ob die Partei in ihrer Gesamtheit in dem betreffenden Augenblick legal oder illegal ist. Es ist unzulässig, daß die Verlage ihre Selbständigkeit mißbrauchen und eine Politik führen, die der Politik der Partei nicht ganz entspricht. In den Spalten der Presse, in Volksversammlungen, in den Gewerkschaf- 55. Ende 1919 und im Jahre 1920 gab es innerhalb der sozialistischen Bewegung einen starken Ruck nach links. Viele sozialistische Parteien waren damals bereit, sich der Komintern anzuschließen. In der Italienischen Sozialistischen Partei, der Unabhängigen Sozialdemokratischen Partei Deutschlands, der Französischen Sozia- listischen Partei u. a. gab es lange Debatten über den Eintritt in die Komintern (die Norwegische Arbeiterpartei trat geschlossen der Komintern bei). Die »21 Bedingun- gen«, von Lenin ausgearbeitet, sollten verhindern, daß mit diesem Trend auch nicht- kommunistische Gruppen in die Komintern kämen. Lenin forderte nicht nur den Kampf gegen die »rechten Sozialdemokraten«, sondern auch gegen die »Zentristen«, d. h. die linken Sozialisten. Die harten 21 Bedingungen führten zur Spaltung der USP und der französischen und italienischen Sozialisten, da nur die linken Flügel der Parteien die Forderungen annahmen. Durch die »21 Bedingungen« waren alle Möglichkeiten für einen straffen Zentralismus der Komintern gegeben (vgl. Anm. 3). DIE KPD UND DIE KOMINTERN 203 ten, in Konsumvereinen — überall, wo sich die Anhänger der Kommunisti- schen Internationale Eingang verschaffen, ist es notwendig, nicht nur die Bourgeoisie, sondern auch ihre Helfershelfer, die Reformisten aller Schat- tierungen, systematisch und unbarmherzig zu brandmarken. Jede Organisation, die sich der Kommunistischen Internationale an- schließen will, muß regelrecht und planmäßig aus allen mehr oder weniger verantwortlichen Posten der Arbeiterbewegung (Parteiorganisation, Redak- tionen, Gewerkschaften, Parlamentsfraktionen, Genossenschaften, Kommu- nalverwaltungen) die Reformisten und Zentristen entfernen und sie durch bewährte Kommunisten ersetzen, ohne sich daran zu stoßen, daß besonders am Anfang an die Stelle von »erfahrenen« Opportunisten einfache Arbeiter aus der Masse gelangen. Fast in allen Ländern Europas und Amerikas tritt der Klassenkampf in die Phase des Bürgerkrieges ein. Unter derartigen Verhältnissen können die Kommunisten kein Vertrauen zu der bürgerlichen Legaliät haben. Sie sind verpflichtet, überall einen parallelen Organisationsapparat zu schaffen, der im entscheidenden Moment der Partei behilflich sein wird, ihre Pflicht gegenüber der Revolution zu erfüllen. In all den Ländern, wo die Kom- munisten infolge des Belagerungszustandes und der Ausnahmegesetze nicht die Möglichkeit haben, ihre gesamte Arbeit legal zu führen, ist die Kombi- nierung der legalen mit der illegalen Tätigkeit unbedingt notwendig. Die Pflicht zur Verbreitung der kommunistischen Ideen schließt die be- sondere Verpflichtung zu einer nachdrücklichen systematischen Propaganda im Heer in sich. Wo die Agitation durch Ausnahmegesetze unterbunden wird, ist sie illegal zu führen. Der Verzicht auf eine solche Arbeit würde einem Verrat an der revolutionären Pflicht gleichen und mit der Zugehörigkeit zur Kommunistischen Internationale unvereinbar sein. Es ist eine systematische und planmäßige Agitation auf dem flachen Lande notwendig. Die Arbeiterklasse vermag nicht zu siegen, wenn sie nicht die Landproletarier und wenigstens einen Teil der ärmsten Bauern hinter sich und sich die Neutralität eines Teiles der übrigen Dorfbevölkerung durch ihre Politik gesichert hat. Die kommunistische Arbeit auf dem flachen Lande gewinnt gegenwärtig hervorragende Bedeutung. Sie muß vornehmlich mit Hilfe der revolutionä- ren, kommunistischen Arbeiter der Stadt und des Landes geführt werden, die mit dem flachen Lande Verbindung haben. Der Verzicht auf diese Arbeit oder deren Übergabe in unzuverlässige, halbreformistische Hände gleicht einem Verzicht auf die proletarische Revolution. Jede Partei, die der Kommunistischen Internationale anzugehören wünscht, ist verpflichtet, nicht nur den offenen Sozialpatriotismus, sondern auch die Unaufrichtigkeit und Heuchelei des Sozialpazifismus zu entlarven: den Arbeitern systematisch vor Augen zu führen, daß ohne revolutionären 204 DIE KPD IN DER WEIMARER REPUBLIK Sturz des Kapitalismus keinerlei internationale Schiedsgerichte, keinerlei Ab- kommen über Einschränkung der Kriegsrüstungen, keinerlei »demokratische« Erneuerung des Völkerbundes imstande sein werden, neue imperialistische Kriege zu verhüten. Die Parteien, die der Kommunistischen Internationale anzugehören wün- schen, sind verpflichtet, den vollen Bruch mit dem Reformismus und mit der Politik des »Zentrums« anzuerkennen und diesen Bruch in den weitesten Kreisen der Parteimitglieder zu propagieren. Ohne das ist eine konsequente kommunistische Politik nicht möglich. Die Kommunistische Internationale fordert unbedingt und ultimativ die Durchführung dieses Bruches in kürzester Frist. Die Kommunistische Inter- nationale vermag sich nicht damit abzufinden, daß notorische Opportunisten, wie sie jetzt durch Turati, Modigliani, Kautsky, Hilferding, Hillquith, Lon- guet, Macdonald u. a. repräsentiert werden, das Recht haben sollen, als An- gehörige der Kommunistischen Internationale zu gelten. Das könnte nur dazu führen, daß die Kommunistische Internationale im hohen Maße der zugrunde gegangenen II. Internationale ähnlich werden würde. In der Frage der Kolonien und der unterdrückten Nationen ist eine be- sonders ausgeprägte und klare Stellung der Parteien in denjenigen Ländern notwendig, deren Bourgeoisie im Besitz von Kolonien ist und andere Natio- nen unterdrückt. Jede Partei, die der Kommunistischen Internationale anzu- gehören wünscht, ist verpflichtet, die Kniffe »ihrer« Imperialisten in den Kolonien zu entlarven, jede Freiheitsbewegung in den Kolonien nicht nur in Worten, sondern durch Taten zu unterstützen, die Verjagung ihrer ein- heimischen Imperialisten aus diesen Kolonien zu fördern, in den Herzen der Arbeiter ihres Landes ein wirklich brüderliches Verhältnis zu der arbeiten- den Bevölkerung der Kolonien und zu den unterdrückten Nationen zu er- ziehen und in den Truppen ihres Landes eine systematische Agitation gegen jegliche Unterdrückung der kolonialen Völker zu führen. Jede Partei, die der Kommunistischen Internationale anzugehören wünscht, muß systematisch und beharrlich eine kommunistische Tätigkeit in- nerhalb der Gewerkschaften, der Arbeiter- und Betriebsräte, der Konsum- genossenschaften und anderer Massenorganisationen der Arbeiter entfalten. Innerhalb dieser Organisationen ist es notwendig, kommunistische Zellen zu organisieren, die durch andauernde und beharrliche Arbeit die Gewerkschaf- ten usw. für die Sache des Kommunismus gewinnen sollen. Die Zellen sind verpflichtet, in ihrer täglichen Arbeit überall den Verrat der Sozialpatrioten und die Wankelmütigkeit des »Zentrums« zu entlarven. Die kommunisti- schen Zellen müssen der Gesamtpartei vollständig untergeordnet sein. Jede der Kommunistischen Internationale angehörende Partei ist ver- pflichtet, einen hartnäckigen Kampf gegen die Amsterdamer »Internationale« DIE KPD UND DIE KOMINTERN 20J der gelben Gewerkschaftsverbände zu führen. Sie muß unter den gewerk- schaftlich organisierten Arbeitern die Notwendigkeit des Bruches mit der gelben Amsterdamer Internationale nachdrücklichst propagieren. Mit allen Mitteln hat sie die entstehende internationale Vereinigung der roten Gewerk- schaften, die sich der Kommunistischen Internationale anschließen, zu unter- stützen. Parteien, die der Kommunistischen Internationale angehören wollen, sind verpflichtet, den persönlichen Bestand ihrer Parlamentsfraktionen einer Revision zu unterwerfen, alle unzuverlässigen Elemente aus ihnen zu besei- tigen, diese Fraktionen nicht nur in Worten, sondern in der Tat den Partei- vorständen zu unterordnen, indem von jedem einzelnen kommunistischen Parlamentsmitglied gefordert wird, seine gesamte Tätigkeit den Interessen einer wirklich revolutionären Propaganda und Agitation zu unterwerfen. Die der Kommunistischen Internationale angehörenden Parteien müs- sen auf der Grundlage des Prinzips des demokratischen Zentralismus auf- gebaut werden. In der gegenwärtigen Epoche des verschärften Bürgerkrieges wird die kommunistische Partei nur dann imstande sein, ihrer Pflicht zu ge- nügen, wenn sie auf möglichst zentralistische Weise organisiert ist, wenn eiserne Disziplin in ihr herrscht und wenn ihr Parteizentrum, getragen von dem Vertrauen der Parteimitgliedschaft, mit der Fülle der Macht, Autorität und den weitgehendsten Befugnissen ausgestattet wird. Die kommunistischen Parteien derjenigen Länder, in denen die Kom- munisten ihre Arbeit legal führen, müssen von Zeit zu Zeit Säuberungen (Neuregistrierungen) des Bestandes ihrer Parteiorganisation vornehmen, um die Partei von den sich in sie einschleichenden kleinbürgerlichen Elementen systematisch zu reinigen. Jede Partei, die der Kommunistischen Internationale anzugehören wünscht, ist verpflichtet, jeder Sowjetrepublik in ihrem Kampfe gegen die konterrevolutionären Kräfte bedingungslosen Beistand zu leisten. Die kom- munistischen Parteien müssen eine unzweideutige Propaganda führen zur Verhinderung der Transporte von Kriegsmunition an Feinde der Sowjet- republiken; ferner müssen sie unter den zur Erdrosselung von Arbeiterrepu- bliken entsandten Truppen mit allen Mitteln legal oder illegal Propaganda treiben usw. Parteien, die bisher noch ihre alten sozialdemokratischen Programme beibehalten haben, sind verpflichtet, in möglichst kurzer Zeit diese Pro- gramme zu ändern und entsprechend den besonderen Verhältnissen ihres Landes ein neues kommunistisches Programm im Sinne der Beschlüsse der Kommunistischen Internationale auszuarbeiten. In der Regel muß das Pro- gramm jeder zur Kommunistischen Internationale gehörenden Partei von dem ordentlichen Kongreß der Kommunistischen Internationale oder dem Exekutivkomitee bestätigt werden. Im Fall der Nichtbestätigung des Pro- io6 DIE KPD IN DER WEIMARER REPUBLIK gramms einer Partei durch das Exekutivkomitee der Kommunistischen Inter- nationale hat die betreffende Partei das Berufungsrecht an den Kongreß der Kommunistischen Internationale. Alle Beschlüsse der Kongresse der Kommunistischen Internationale wie auch die Beschlüsse des Exekutivkomitees sind für alle der Kommunistischen Internationale angehörenden Parteien bindend. Die unter den Bedingungen des schärfsten Bürgerkriegs tätige Kommunistische Internationale muß bei weitem zentralisierter ausgebaut werden, als das in der II. Internationale der Fall war. Dabei müssen selbstverständlich die Kommunistische Internatio- nale und ihr Exekutivkomitee in ihrer gesamten Tätigkeit den verschieden- artigen Verhältnissen Rechnung tragen, unter denen die einzelnen Parteien zu kämpfen und zu arbeiten haben, und Beschlüsse von allgemeiner Gültigkeit nur in solchen Fragen fassen, in denen solche Beschlüsse möglich sind. Im Zusammenhang damit müssen alle Parteien, die der Kommunisti- schen Internationale angehören wollen, ihre Benennung ändern. Jede Partei, die der Kommunistischen Internationale angehören will, hat den Namen zu tragen: Kommunistische Partei des und des Landes (Sektion der Kommunisti- schen Internationale). Die Frage der Benennung ist nicht eine formelle, son- dern in hohem Maße eine politische Frage von großer Wichtigkeit. Die Kom- munistische Internationale hat der ganzen bürgerlichen Welt und allen gelben sozialdemokratischen Parteien den Krieg erklärt. Es ist notwendig, daß je- dem einfachen Werktätigen der Unterschied zwischen den kommunistischen Parteien und den alten offiziellen »sozialdemokratischen« oder »sozialisti- schen« Parteien, die das Banner der Arbeiterklasse verraten haben, klar ist. Alle führenden Presseorgane der Parteien aller Länder sind verpflich- tet, alle wichtigen offiziellen Dokumente des Exekutivkomitees der Kom- munistischen Internationale abzudrucken. Alle Parteien, die der Kommunistischen Internationale angehören oder einen Antrag auf Beitritt gestellt haben, sind verpflichtet, möglichst schnell, aber spätestens 4 Monate nach dem II. Kongreß der Kommunistischen Inter- nationale, einen außerordentlichen Kongreß einzuberufen, um alle diese Be- dingungen zu prüfen. Dabei müssen die Zentralen dafür sorgen, daß allen Lokalorganisationen die Beschlüsse des II. Kongresses der Kommunistischen Internationale bekannt werden. Diejenigen Parteien, die jetzt in die Kommunistische Internationale eintreten wollen, aber ihre bisherige Taktik nicht radikal geändert haben, müssen vor ihrem Eintritt in die Kommunistische Internationale dafür sor- gen, daß nicht weniger als zwei Drittel der Mitglieder ihrer Zentralkomi- tees und aller wichtigsten Zentralinstitutionen aus Genossen bestehen, die sich noch vor dem II. Kongreß der Kommunistischen Internationale unzwei- deutig für den Eintritt der Partei in die Kommunistische Internationale öffentlich ausgesprochen haben. Ausnahmen sind zulässig mit Zustimmung DIE KPD UND DIE KOMINTERN 207 des Exekutivkomitees der Kommunistischen Internationale. Die Exekutive der Kommunistischen Internationale hat das Recht, auch für die im § 7 ge- nannten Vertreter der Zentrumsrichtung Ausnahmen zu machen. Diejenigen Parteiangehörigen, welche die von der Kommunistischen Internationale aufgestellten Bedingungen und Leitsätze grundsätzlich ableh- nen, sind aus der Partei auszuschließen. Dasselbe gilt namentlich von Delegierten zum außerordentlichen Par- teitag. Protokoll des II. Kongresses der Kommunistischen Internationale Verlag Carl Hoym Nachf., Hamburg o. J. (1920), S. 388-395.   STELLUNGNAHMEN ZUR KOMINTERNFÜHRUNG AUF DEM V. PARTEITAG DER KPD (1920) A Ernst Meyer: Die russischen Genossen erklärten, sie wären der Meinung, daß die deutsche Partei infolge einer traditionellen Einstellung, die von dem Verhalten der Genossin Rosa Luxemburg und des Genossen Leo Jogiches gegenüber der russischen Partei herrühre, noch eine gewisse Reserviertheit gegenüber der russischen Partei habe. Die Genossin Rosa Luxemburg und Genosse Jogiches — Hilferding hat das auch auf dem Hallenser Kongreß56 ausgeschlachtet — haben in verschiedenen innerrussischen politischen Fragen gegenüber dem Genossen Lenin und den Bolschewiki eine entgegengesetzte Stellung einge- nommen, und die russischen Genossen meinen, daß die Auffassung von Rosa Luxemburg und Jogiches noch heute in der deutschen Partei nach wirke. Dem ist sowohl in Moskau, wie hier in den Gesprächen mit Genossen Sinowjew sowohl vom Genossen Levi als von mir widersprochen worden. Die russischen Genossen sind weiter mit der Haltung der deutschen Partei deshalb unzufrieden, weil Genosse Eberlein im vergangenen Jahr als Dele- gierter der Zentrale auf dem Gründungsparteitage der Internationale sich 56. Auf dem Kongreß in Halle (12. bis 17. Oktober 1920) spaltete sich die USP. Der linke Flügel erklärte sich für den Anschluß an die Dritte Internationale (und schloß sich im Dezember mit der KPD zusammen), der rechte Flügel, zu dem auch Hilferding gehörte, war gegen den Anschluß und führte die USP bis 1922 weiter. 208 DIE KPD IN DER WEIMARER REPUBLIK gegen die Gründung der Dritten Internationale in dem damaligen Moment ausgesprochen hat. Genosse Eberlein hat damals, wohl auf Anregung des Genossen Jogiches hin, angekündigt, daß er den Kongreß verlassen würde, wenn es zum Beschluß der Gründung der Dritten Internationalen käme. Etwas ähnliches wiederholte sich auf diesem Kongreß, nämlich, als die russi- schen Genossen erzwingen wollten, daß die KAPD mit beschließender Stim- me zu dem Kongreß zugelassen würde. Da erklärte Genosse Levi in Über- einstimmung mit der deutschen Delegation, daß die deutsche Delegation ab- reisen würde, weil ihr durch diesen Beschluß die Arbeit in Deutschland ganz ungeheuer erschwert werden würde. Sowohl das Verhalten des Genossen Eberlein wie die Ankündigung der Abreise auf diesem Kongreß hat die russi- schen Genossen sehr verstimmt und führte zu einer etwas gereizten Stimmung gegenüber der deutschen Delegation, wenigstens in dem Moment, als diese Frage erörtert wurde. Ich will hinzufügen, damit keine Mißverständnisse entstehen, daß in der Tat die deutsche Delegation in einem Schreiben an das russische Zentralkomitee angekündigt hat, daß, wenn die KAP mit beschlie- ßender Stimme auf dem Kongreß zugelassen wird, die deutsche Delegation abreisen würde. Trotzdem ist dieser Beschluß, die KAP zuzulassen, von der Exekutive gefaßt worden. Die deutsche Delegation hat diese Ankündigung, die an das russische Zentralkomitee gerichtet war, der Exekutive nicht mit- geteilt, und hat auch, wie Sie wissen, die Abreise nicht vorgenommen, nicht nur deshalb, weil die KAP darauf verzichtete, an den Beratungen des zweiten Kongresses teilzunehmen, sondern auch deshalb, weil der nachträglich ein- getroffene Delegierte Genosse Walcher entschieden erklärte, daß er einen solchen Schritt der deutschen Delegation nicht mitmachen könnte. Drittens — und das ist der Hauptvorwurf, den die Russen der deutschen Partei machen, und der richtet sich nicht nur gegen die Zentrale, sondern gegen die ganze Partei — werfen die russischen Genossen der deutschen Par- tei vor, sie habe zu wenig Fühlung mit der Masse der Arbeiter. Sie habe sie nicht gehabt in der Frage der Spaltung von der KAPD und nicht in den Kapp-Tagen ... Schließlich haben die russischen Genossen zum Ausdruck gebracht, daß in der deutschen Partei die Abwehr der Putsche so weit gehe, daß eine anti- putschistische Stimmung entstehe, die die Partei in Aktion selbst in dem Mo- ment, wo Aktionen notwendig sind, hemme. Gerade aus diesem Grunde wollten die russischen Genossen, daß die KAPD mit dem Spartakusbund wieder in engere Fühlung trete, um so zu dem politisch sicheren und richtigen Auftreten der deutschen Partei noch etwas von dem revolutionären Elan hinzuzufügen, der nach Auffassung der russischen Genossen in stärkerem Maß bei der KAP vorhanden ist... DIE KPD UND DIE KOMINTERN 209 B Paul Levi: Da möchte ich gegenüber dem Genossen Meyer das eine feststellen, daß die Haltung der Zentrale in den Kapp-Tagen bei der nun einmal in Moskau vor- handenen Vorstellung, es bestünde ein rechter und ein linker Flügel in der kommunistischen Partei, nicht die ausschlaggebende Rolle gespielt haben kann. Denn ich beispielsweise hatte in Moskau die Ehre, als Führer des rech- ten Flügels angesprochen zu werden, und das, obgleich mir ausdrücklich ge- sagt wurde, das einzige Dokument aus der KPD in Deutschland, das wirklich links sei, sei mein Brief mit meiner Kritik an dem Verhalten der Zentrale während der Kapp-Tage. Ich sage also: diese ausschlaggebende Rolle kann der Kapp-Putsch bei dieser Teilung in den rechten und den linken Flügel nicht gespielt haben. Dann möchte ich noch eins sagen: Uns ist die Kritik so erfahrener Genos- sen, wie es die Russen sind, außerordentlich wertvoll, und niemand wird ihnen das Ohr verschließen. Aber ebenso glaube ich, sind wir verpflichtet, gewisse Dinge, die uns nicht gefallen haben, zu äußern. Ich sage ganz ruhig, Genossen, was zu dem verhältnismäßig scharfen Tone in Moskau geführt hat, war ein Verhalten der russischen Genossen, von dem ich sage: unter Kom- munisten würde ich es anders gewünscht haben. Daß die Frage der KAP heute schon nicht mehr, aber in dem Stadium, in dem wir nach Moskau kamen, gewissermaßen eine Lebensfrage für uns war, darüber ist kein Zwei- fel. In einer Lebensfrage für die deutsche kommunistische Partei hat das rus- sische ZK über meinen Kopf hinweg beschlossen, die Zulassung der KAP zu beantragen. Wir deutschen Delegierten haben demgegenüber verlangt, erstens eine Aussprache über diese Frage mit den russischen Genossen, bevor das rus- sische ZK diesen Antrag in der Exekutive zur Entscheidung bringe. Wir glaubten, das sei ein Antrag, der unter Kommunisten billig sei; — der Antrag wurde abgelehnt! Wir haben weiter an dem entscheidenden Abend in der Exekutive beantragt, eine Vertagung der Entscheidung auch nur um vier- undzwanzig Stunden zu bewilligen, weil unser Genosse Walcher noch nicht zugegen war, und wir wollten, daß in dieser wichtigen Frage die gesamte deutsche Delegation entscheiden sollte. Auch diese Vertagung um vierund- zwanzig Stunden wurde abgelehnt. Ich muß sagen: freundschaftlich und unter Genossen konnte man ganz anders verfahren in einer Frage, in der die ge- samte deutsche Delegation — Meyer wie ich, wie die anderen Genossen alle — erklärten: Es ist eine Lebensfrage für die deutsche kommunistische Partei! ... Bericht über den V. Parteitag der Kommunistischen Partei Deutschlands (Sektion der Kommunistischen Internationale) vom 1. bis 3. November 1920 in Berlin Hrsg, von der Zentrale der KPD Frankes-Verlag, Berlin 1921, S. 27/28 und 35/36. 210 DIE KPD IN DER WEIMARER REPUBLIK   ANLEITUNG DER KPD DURCH DIE KOMINTERN A Brief Radeks an die Zentrale der KPD *7 Vom 14. März 1921 Brandler, Thalheimer, Frölich, Meyer, Böttcher, Felix. W. G. .. . Lage bei Euch in der Partei klar für mich. Levi sucht Fraktion zu bilden unter Losung: Massenpartei oder Sekte. Was Schwindel ist, da er durch seine Politik die Partei auseinandertreibt, während wir durch die Aktivisierung unserer Politik neue Massen heranziehen können. Niemand denkt hier an mechanische oder überhaupt an irgendwelche Spaltung in Deutschland. Es gilt die Gegensätze klar herauszuarbeiten, den linken Flügel geistig führend zu machen. Levi wird schnell abwirtschaften. Es gilt nur alles zu tun, um Däu- mig, Zetkin mit ihm nicht abwirtschaften zu lassen. 3. Alles hängt von weltpolitischer Situation ab. Wenn sich der Riß zwi- schen Entente und Deutschland vergrößert, es vielleicht zum Krieg mit Polen kommt, werden wir reden. Eben, weil diese Möglichkeiten bestehen, müßt Ihr alles tun, um die Partei zu mobilisieren. Man kann keine Aktion aus dem Revolver schießen. Wenn Ihr jetzt nicht alles tut, um durch das ununter- brochene Drängen nach Aktion der kommunistischen Masse das Gefühl ihrer Notwendigkeit beizubringen, werdet Ihr in einem großen Moment wieder versagen. Bei den weltpolitischen Entscheidungen weniger auf die radikale Formel, als auf die Tat, das Setzen der Massen in Bewegung denken. Falls Krieg kommt nicht an Frieden, nur Protest, sondern an das Waffenkriegen denken. Dies alles in Eile auf dem Parteitag geschrieben. Alles andere im Artikel. Gruß. Die beiden Briefe Radeks aus der Zeit der Märzaktion wurden später in Paul Levis Zeitschrift Unser Weg mit kritischen Bemerkungen abgedruckt. Radek war bis 1923 in der russischen KP und in der Komintern als Spezialist für Deutschland tätig. In der KPD zog er nach der Vereinigung mit der USP eine sogenannte Sowjet- fraktion auf, mit der er in ständiger Verbindung stand. Die Briefe sind wertvolle Dokumente, weil sie den Umfang, aber auch die Grenzen der Anleitung der KPD durch Moskau zeigen. Die Grundlinie wurde natürlich von der Komintern bestimmt, bei den Einzelfragen aber gab es durchaus noch Spielraum und Auseinandersetzungen. DIE KPD UND DIE KOMINTERN 211 B Brief Radeks an die Zentrale der KPD Liebe Freunde! Im Augenblick, wo ich diesen Brief schreibe, habe ich nur die Nauener Nach- richten über die Lage. Auf Grund dieser Nachrichten ist es schwer, zu ent- scheiden, ob die jetzige Bewegung eine spontane oder eine von der Partei begonnene Aktion darstellt. Die Tatsache, daß der Ausgangspunkt der Bewe- gung der mitteldeutsche Bezirk ist, wo wir stärker als irgendwo anders und daß der zweite Angriffspunkt Hamburg ist, läßt mich annehmen, daß es sich um die Parteiaktion handelt. Ich fürchte, daß Ihr die Aktion um ein paar Wochen zu früh gemacht habt. Ich fürchte, daß ein taktischer Fehler vorliegt, daß Ihr nicht abgewartet habt, bis es zu einem Konflikt zwischen Deutsch- land und Polen gekommen wäre. Ich kann die allgemeinen Gründe deutscher und europäischer Natur, die ausschlaggebend für Eure Entscheidung sein konnten, falls die Aktion auf Eure Entscheidung hin zurückzuführen ist, ver- stehen. Aus diesem Grunde sind jetzt die Zweifel, sogar wenn die Sache mit einer Niederlage endet, müßig ... Levi, der die Formel Sekte oder Massenpartei hervorgezogen hat, wird jetzt zweifelsohne die Anklage des Putschismus erheben, und der ganze Spuk wird sich herausstellen als das, was er ist, als der Beginn der klaren Heraus- kristallisierung der rechten Fraktion .. . Braß wird von uns eine Erklärung fordern, ob wir eine Spaltung der deut- schen Partei, wie es angeblich Rakosi gesagt haben soll, anstreben. Wir wer- den darauf hinweisen, daß die deutsche Partei in ihrer großen Masse eine sich entwickelnde revolutionäre Massenpartei ist, die imstande sein wird, die von ihr übernommenen Verpflichtungen — 21 Punkte — durchzuführen, auch ent- gegen von Sabotageversuchen einzelner Führer. Wir werden hinweisen, daß die 21 nicht ausgeführt sind. Wir werden die Elemente nennen, die sich der Entwicklung der Partei zu einer wirklich revolutionären entgegenstemmen, und wir werden die Überzeugung aussprechen, daß die deutschen Arbeiter, die 2V2 Jahre revolutionäre Entwicklung hinter sich haben, imstande sein wer- den, diese Elemente lahmzulegen ... Unser Weg (Sowjet) Zeitschrift für kommunistische Politik Herausgeber: Paul Levi Heft 8/9, August 1921, S. 248-251. 212 DIE KPD IN DER WEIMARER REPUBLIK 67. RUNDSCHREIBEN NR. 830 DER KOMINTERN (1921)58 An das Zentralkomitee der KP Deutschlands Vertraulich Werte Genossen! Auf dem 3. Weltkongreß der KI wurde ein Beschluß gefaßt, laut welchem die der KI angeschlossenen Sektionen verpflichtet werden, regelmäßige Vier- teljahresberichte an die Exekutive einzusenden. Wir müssen leider feststellen, daß bis jetzt nur einige wenige Sektionen diesem Beschlusse nachgekommen sind, daß dagegen die Mehrzahl der Par- teien außerordentlich wenig dazu beiträgt, die Exekutive über die kommu- nistische und Arbeiterbewegung in ihrem betreffenden Lande zu informieren. Die Exekutive muß deshalb auf der strikten Durchführung des erwähnten Beschlusses des 3. Kongresses bestehen. Folgende Bestimmung, die wir Euch hiermit zur Kenntnis bringen, wurde aus diesen Gründen erlassen: Die Überweisung der vierteljährlichen Unterstützungsbeiträge an die Sek- tionen erfolgt erst nach Eintreffen des dem Quartal entsprechenden Partei- berichtes. Die Berichte sollen jeweils 1. Januar, 1. April, 1. Juli und 1. Okto- ber fertiggestellt und dem Sekretariat der KI zugesandt werden. Überdies müssen wir von den Parteien für die Informationsabteilung und die Bibliothek der KI die regelmäßige Zustellung folgender Materialien fordern: Programm, Statuten und Mitgliedsbuch der Partei, Zentralorgan (in zwei Exemplaren), Theoretische Zeitschrift der Partei, Aufrufe, Flugblätter und Propagandaschriften, Broschüren und Bücher, revolutionäre Liedersammlungen, Sämtliche Plakate, Fotografien von Versammlungen, Meetings, Fabrikkomi- tees, Bauernsektionen etc. etc. All dieses Material soll, wo das möglich ist, direkt an folgende Adresse gesandt werden: Informationsabteilung, Komintern, Mochowaja, Moskau. Andernfalls kann unsere gewöhnliche Verbindungsstelle benutzt werden. Die Informationsabteilung wird Euch nächstens einige kleinere Frage- bogen zustellen, um deren rasche Erledigung wir Euch bitten. Mit kommunistischem Gruß Sekretariat des EK der KI Privat-Archiv Weber Die beiden Rundschreiben werden zum erstenmal veröffentlicht. Sie unter- streichen die in Anmerkung 57 gemachten Feststellungen. DIE KPD UND DIE KOMINTERN                                                                       213 68. RUNDSCHREIBEN NR. 1022 DER KOMINTERN (1923) An alle kommunistischen Parteien Die Internationale Arbeiterhilfe*? hat eine internationale Hilfsaktion für das revolutionäre deutsche Proletariat eingeleitet. Die Aktion ist von eminenter politischer Bedeutung. Die Durchführung der Aktion findet in den einzelnen Ländern Hunderte von Möglichkeiten, für die deutsche Revolution Stimmung zu machen. Es ist klar, daß wenn heute in der Tschechoslowakei Hunderte von Versammlungen stattfinden, wo für die deutsche Revolution gesprochen, ge- sammelt, gespendet und geopfert wird, dadurch eine Atmosphäre entstand, die bei dem Siege der deutschen Revolution es in den Militärkreisen schwer macht, gegen eine Arbeiter- und Bauernregierung Stellung zu nehmen oder gar sich einzumischen. Die Aktion muß also in erster Linie nach dem Gesichts- winkel des politisch-propagandistischen Werkes für die deutsche und mittel- europäische Revolution durchgeführt werden. Die Aktion hat aber auch eine politische Bedeutung für die deutsche Revolution selbst. Die sich praktisch auswirkende Aktion in Form der Übermittlung von Brot und Getreide wirkt auf den nicht politisch-geschulten, nicht kommunistisch organisierten, primitiv denkenden Arbeiter ermutigend und anfeuernd. Das in Sachsen durch die IAH verteilte Brot hat eine gewaltige, warme Begeisterung für die Inter- nationale erzeugt. Während das Brot von dem General Müller von Arbeiter- kindern unter dem Ruf »wir wollen kein Brot von einem Mörder« auf die Straße geworfen wurde, hat man das Brot der Internationalen Arbeiterhilfe mit Begeisterung entgegengenommen. Aber die Aktion hat nicht nur eine große politische, sondern kann auch eine praktische Unterstützung für die deutsche Revolution gewinnen. Die zur Zeit des Bestehens der kommunistisch- sozialistischen Regierung in Sachsen durchgeführte Brotverteilung der Inter- nationalen Arbeiterhilfe, war eine ausgezeichnete politische Unterstützung der sozialistisch-kommunistischen Regierung gegen den weißen General, der nichts als Maschinengewehre bieten konnte. Es kann eine Situation eintreten, Die Internationale Arbeiterhilfe (IAH) war eine von Willi Münzenberg ins Leben gerufene Organisation. Im August 1921, zur Zeit der Hungerkatastrophe in Rußland, konstituierte sich in Berlin ein Komitee zur Organisierung der Auslands- hilfe für Sowjetrußland. Am 12. September 1921 trat dann eine Konferenz zur Organisierung der Arbeiterhilfe für die Hungernden in Rußland zusammen. Vom 3. bis 5. Dezember schließlich tagte der 1. Internationale Kongreß der IAH. Die IAH wurde eine von den Kommunisten geleitete Massenorganisation, die in vielen Ländern Sektionen hatte. 214 DIE KPD IN DER WEIMARER REPUBLIK wo in einzelnen Teilen Deutschlands die Revolution siegt und dann würde die Brotverteilung durch die IAH auch eine praktische, reale Unterstützung der deutschen Revolution werden. Aus allen diesen Gründen verpflichtet die Kommunistische Internationale sämtliche kommunistischen Parteien, mit allen Mitteln und mit aller Energie, die von der Internationalen Arbeiterhilfe eingeleitete Hilfsaktion für die deutschen revolutionären Arbeiter zu unterstützen. Moskau, den 16. XI. 1923 Sekretär des EKKI gez. Kolaroff Privat-Archiv Weber 69. STALIN: ÜBER DIE PERSPEKTIVEN DER KPD UND ÜBER DIE BOLSCHEWISIERUNG (1925) Unterredung mit dem Mitglied der KPD Herzog60 1. Frage (Herzog). Schätzen Sie die politischen und wirtschaftlichen Verhält- nisse in der demokratisch-kapitalistischen Republik Deutschland so ein, daß die Arbeiterklasse in einer mehr oder minder nahen Zukunft den Kampf um die Macht wird führen müssen? Antwort (Stalin). Es wäre schwer, diese Frage mit strikter Entschiedenheit zu beantworten, wenn es sich um Termine und nicht um die Tendenz han- delte. Es braucht nicht erst bewiesen zu werden, daß die gegenwärtige Situa- tion sich sowohl den internationalen als auch den inneren Bedingungen nach wesentlich von der Situation des Jahres 1923 unterscheidet. Das schließt je- doch nicht aus, daß sich die Situation in Anbetracht der Möglichkeit ernster 60. Stalins Interview mit Wilhelm Herzog, dem Herausgeber der Zeitschrift Forum (der mit der linken USP zur KPD gekommen war) ist in Stalins Werken nicht vollständig enthalten. Die letzte Frage Herzogs und Stalins Antwort fehlen dort, sie wurden seinerzeit aber in Herzogs »Forum« abgedruckt. Stalin wurde wegen des Interviews von der deutschen (linken) KP-Führung, die damals den Ausschluß von Brandler und Thalheimer forderte, angegriffen. Stalin antwortete am 28. Fe- bruar 1925 auf einen Brief Maslows. Dieser Brief ist in Stalins Werken (Band 7, S. 36-40) enthalten, allerdings als Brief an Genossen Me-rt. Da Stalin damals ver- suchte, Maslow für seine Fraktion zu gewinnen, war der Brief sehr konziliant ge- halten. DIE KPD UND DIE KOMINTERN                                                                       21$ Veränderungen in der äußeren Lage in der nächsten Zeit schroff zugunsten der Revolution ändern kann. Die Labilität der internationalen Lage ist eine Garantie dafür, daß diese Annahme sich als durchaus wahrscheinlich erweisen kann ... 3. Frage. Sie sagten, daß die KPD die Mehrheit der Arbeiter hinter sich haben muß. Diesem Ziel wurde bisher zuwenig Aufmerksamkeit geschenkt. Was muß man ihrer Meinung nach tun, um die KPD in eine solche tatkräf- tige Partei mit progressiv wachsender Werbekraft zu verwandeln? Antwort. Manche Genossen meinen, die Partei festigen und sie bolschewi- sieren bedeutet alle Andersdenkenden aus der Partei hinausjagen. Das ist natürlich falsch. Die Sozialdemokratie kann nur im Verlauf des tagtäglichen Kampfes für die konkreten Bedürfnisse der Arbeiterklasse entlarvt und zu einer verschwindenden Minderheit in der Arbeiterklasse hinabgedrückt wer- den. Die Sozialdemokratie muß angeprangert werden nicht auf der Grund- lage von fernliegenden Fragen, sondern auf der Grundlage des tagtäglichen Kampfes der Arbeiterklasse für die Verbesserung ihrer materiellen und poli- tischen Lage, wobei die Fragen des Arbeitslohnes, des Arbeitstages, der Wohnverhältnisse, der Versicherung, der Steuern, der Arbeitslosigkeit, der Verteuerung der Lebenshaltung usw. eine überaus ernste, wenn nicht die ent- scheidende Rolle spielen müssen. Den Sozialdemokraten Tag für Tag auf der Grundlage dieser Frage Schläge versetzen und ihren Verrat aufdecken — das ist die Aufgabe. Diese Aufgabe wäre jedoch nicht restlos gelöst, wenn die Fragen der all- täglichen Praxis nicht mit den grundlegenden Fragen der internationalen und der inneren Lage Deutschlands verknüpft würden und wenn diese ganze alltägliche Arbeit nicht in der gesamten Arbeit der Partei vom Standpunkt der Revolution und der Eroberung der Macht durch das Proletariat beleuch- tet würde. Eine solche Politik kann jedoch nur eine Partei durchführen, an deren Spitze ein Stamm von Führern steht, die genügend erfahren sind, um alle und jegliche Blößen der Sozialdemokratie für die Stärkung ihrer Partei aus- zunützen, und die genügend theoretisch geschult sind, um bei Teilerfolgen nicht die Perspektiven der revolutionären Entwicklung zu verlieren. Damit erklärt sich auch hauptsächlich, daß die Frage der führenden Kader der kommunistischen Partei überhaupt, darunter auch der deutschen Kom- munistischen Partei, eine der wesentlichen Fragen des Prozesses der Bolsche- wisierung darstellt. Um die Bolschewisierung durchzuführen, ist es notwendig, wenigstens einige grundlegende Voraussetzungen zu schaffen, ohne die überhaupt eine Bolschewisierung der kommunistischen Parteien unmöglich ist. Es ist notwendig, daß die Partei sich nicht als Anhängsel des parlamen- tarischen Wahlapparats betrachtet, wie es im Grunde genommen die Sozial- 2l6 DIE KPD IN DER WEIMARER REPUBLIK demokratie tut, und auch nicht als Gratisbeilage zu den Gewerkschaften, wo- von zuweilen gewisse anarcho-syndikalistische Elemente faseln, sondern als die höchste Form der Klassenvereinigung des Proletariats, die berufen ist, alle übrigen Formen der proletarischen Organisationen, von den Gewerk- schaften bis zur Parlamentsfraktion, zu führen. Es ist notwendig, daß die Partei, besonders ihre führenden Elemente, sich der revolutionären Theorie des Marxismus, die mit der revolutionären Praxis untrennbar verbunden ist, voll bemächtigen. Es ist notwendig, daß die Partei die Losungen und Direktiven nicht auf Grund eingelernter Formeln und geschichtlicher Parallelen, sondern als Er- gebnis einer sorgfältigen Analyse der konkreten Bedingungen der revolutio- nären Bewegung im Lande und im internationalen Maßstab ausarbeitet, wo- bei die Erfahrungen der Revolutionen anderer Länder unbedingt mit in Rechnung gestellt werden müssen. Es ist notwendig, daß die Partei die Richtigkeit dieser Losungen und Direktiven im Feuer des revolutionären Kampfes der Massen überprüft. Es ist notwendig, daß die gesamte Arbeit der Partei, besonders wenn in ihr die sozialdemokratischen Traditionen noch nicht überwunden sind, auf neue, revolutionäre Art umgestellt wird, darauf berechnet, daß jeder Schritt der Partei, jede ihrer Aktionen naturgemäß zur Revolutionierung der Mas- sen, zur Vorbereitung und Erziehung der breiten Massen der Arbeiterklasse im Geiste der Revolution führt. Es ist notwendig, daß die Partei es in ihrer Arbeit versteht, die höchste Prinzipienfestigkeit (nicht zu verwechseln mit Sektierertum!) mit einem Maximum an Verbundenheit und Kontakt mit den Massen (nicht zu ver- wechseln mit Nachtrabpolitik!) zu verbinden, da es ohne diese Bedingung für die Partei unmöglich ist, nicht nur die Massen zu lehren, sondern auch von ihnen zu lernen, nicht nur die Massen zu führen und sie auf das Niveau der Partei emporzuheben, sondern auch auf die Stimme der Massen zu lau- schen und ihre brennendsten Nöte zu erkennen. Es ist notwendig, daß die Partei es versteht, in ihrer Arbeit eine unver- söhnliche revolutionäre Einstellung (nicht zu verwechseln mit revolutionärem Abenteurertum!) mit einem Maximum an Elastizität und Manövrierfähigkeit (nicht zu verwechseln mit Anpassungspolitik!) zu verbinden, da es ohne diese Bedingung für die Partei unmöglich ist, alle Formen des Kampfes und der Organisation zu meistern, die Tagesinteressen des Proletariats mit den grund- legenden Interessen der proletarischen Revolution zu verbinden und in ihrer Arbeit den legalen Kampf mit dem illegalen Kampf zu verknüpfen. Es ist notwendig, daß die Partei ihre Fehler nicht verhüllt, daß sie die Kritik nicht fürchtet, daß sie es versteht, ihre Kader an Hand ihrer eigenen Fehler zu verbessern und zu erziehen. Es ist notwendig, daß die Partei es versteht, in die grundlegende füh- DIE KPD UND DIE KOMINTERN                                                                       21/ rende Gruppe die besten Elemente der fortschrittlichen Kämpfer aufzuneh- men, die genügend Hingabe besitzen, um wahrhafte Vertreter der Bestrebun- gen des revolutionären Proletariats zu sein und die genügend Erfahrung haben, um wirkliche Führer der proletarischen Revolution zu werden, die fähig sind, die Taktik und die Strategie des Leninismus anzuwenden. Es ist notwendig, daß die Partei die soziale Zusammensetzung ihrer Organisation systematisch verbessert und sich von zersetzenden opportuni- stischen Elementen reinigt, wobei sie die Erreichung einer maximalen Ein- heitlichkeit als Ziel vor Augen haben muß. Es ist notwendig, daß die Partei eine eiserne proletarische Disziplin entwickelt, die auf der Grundlage der ideologischen Einheit, der Klarheit der Ziele der Bewegung, der Einheit des praktischen Handelns und des be- wußten Verhaltens der breiten Parteimassen zu den Aufgaben der Partei erwächst. Es ist notwendig, daß die Partei die Durchführung ihrer eigenen Be- schlüsse und Direktiven systematisch überprüft, da ohne diese Bedingung die Gefahr besteht, daß sie sich in leere Versprechungen verwandeln, die nur geeignet wären, das Vertrauen der breiten proletarischen Massen zur Partei zu untergraben. Ohne diese und ähnliche Bedingungen ist die Bolschewisierung ein leerer Schall. 4. Frage. Sie sagten, daß neben den negativen Seiten des Dawesplans die zweite Voraussetzung für die Eroberung der Macht von Seiten der KPD eine solche Lage ist, bei der die Sozialdemokratische Partei vor den Augen der Massen völlig entlarvt dasteht und keine ernsthafte Kraft innerhalb der Arbeiterklasse mehr darstellt. Bis dahin ist in Anbetracht der realen Tat- sachen noch ein weiter Weg. Hier machen sich die Mängel und Schwächen der jetzigen Arbeitsmethoden der Partei deutlich merkbar. Wie kann man sie beseitigen? Wie schätzen Sie das Resultat der Dezemberwahlen des Jahres 1924 ein, bei denen die Sozialdemokratie — eine völlig korrupte und ver- faulte Partei — nicht nur keine Stimme verloren, sondern etwa zwei Mil- lionen Stimmen gewonnen hat? Antwort. Hier handelt es sich nicht um die Mängel der Arbeit der deutschen Kommunistischen Partei. Hier handelt es sich vor allem darum, daß die amerikanischen Anleihen und das Eindringen des amerikanischen Kapitals plus die stabilisierte Valuta, die die Lage etwas verbesserten, die Illusion von der Möglichkeit einer grundlegenden Liquidierung der mit der Lage Deutschlands verbundenen inneren und äußeren Gegensätze geschaffen haben. Auf dieser Illusion ritt auch die deutsche Sozialdemokratie wie auf einem weißen Roß in den gegenwärtigen Reichstag hinein. Wels tut sich jetzt mit seinem Wahlsieg groß. Aber er begreift anscheinend nicht, daß er sich einen fremden Sieg zuschreibt. Gesiegt hat nicht die deutsche Sozialdemokratie, 2l8 DIE KPD IN DER WEIMARER REPUBLIK sondern die Gruppe Morgan. Wels war und bleibt nur einer der Kommis Morgans. Herzog: Ihre Äußerungen von vorhin: »die Partei bolschewisieren heiße für einige Genossen, alle diejenigen Genossen, die anders denken, aus der Partei ausschließen«, kann vielleicht falsch verstanden werden. Darf ich Sie deshalb bitten, Ihre Meinung deutlicher zu formulieren? Stalin: Das, was ich sagte von den Andersdenkenden, bezog sich auf Brand- ler, Thalheimer und Radek. Ich bin der Meinung — und ebenso das ZK der RKP, soviel wie mir bekannt —, daß dies unmöglich ist. Und persönlich bin ich. durchaus gegen einen solchen Ausschluß. Kein formaler Entscheid liegt bei uns bisher vor. Aber man hat sich unter den Mitgliedern des ZK dar- über verständigt. Und alle sind gegen den Ausschluß. 3. Februar 1925 J. W. Stalin, Werke, Band 7 Dietz-Verlag, Berlin 1952, S. 29-3;. (Die beiden letzten, dort fehlenden Absätze sind entnommen: Das Forum. Herausgeber Wilhelm Herzog. Berlin. Nr. 2, November 1928 S. 74-75. 70. BRIEF DER EXEKUTIVE DER KOMMUNISTISCHEN INTERNATIONALE AN ALLE ORGANISATIONEN UND DIE MITGLIEDER DER KPD^i (Offener Brief gegen die Linke in der KPD - 1925) Werte Parteigenossen! Schon während der Sitzung der Erweiterten Exekutive — März-April 1925 — und kurz danach haben wir zusammen mit der Vertretung der Kommunisti- schen Partei Deutschlands ausführlich die Fragen besprochen, in denen unserer Meinung nach die größten Mängel der Parteiarbeit zum Ausdruck gekom- men sind. Die wichtigste Frage — die Frage der deutschen Partei — war Der Offene Brief der Exekutive der Komintern, der am 1. September 1925 in der Roten Fahne veröffentlicht wurde, schlug in der KPD wie eine Bombe ein. Schließlich war die Ruth-Fischer-Maslow-Führung, gegen die sich der Offene Brief richtete, noch wenige Wochen zuvor auf dem X. Parteitag der KPD erneut gewählt DIE KPD UND DIE KOMINTERN 219 damals und ist auch jetzt — das Problem der Steigerung der Werbekraft un- serer Partei, das Problem der Eroberung der Massen und besonders der Massen der sozialdemokratischen Arbeiterschaft. Von diesem Standpunkt aus haben wir unsere allgemein-politische Linie bestimmt, von diesem Stand- punkt aus haben wir die anderen Fragen betrachtet. Dazu gehören u. a. fol- gende Aufgaben: die Arbeit in den Gewerkschaften; die Überzeugung der sozialdemokratischen Arbeiterschaft (Fragen der Propaganda, »andere Töne« usw.; {»'Normalisierung« des Parteilebens'), innere Parteidemokratie, Ausnut- zung der ehemaligen Opposition, Diskussionsfreiheit, Wählbarkeit der Par- teifunktionäre, Heranziehung neuer führender Kräfte usw.), was für uns auch als Voraussetzung des richtigen Verhältnisses zu den außerparteilichen Massen galt; die Liquidation des versteckten Kampfes gegen die Internatio- nale (Liquidierung der Praxis der sogenannten selbständigen Emissäre in anderen Parteien, ehrliche Durchführung der wirklich bolschewistischen Linie). Vor dem Parteitage haben die Vertreter der Exekutive noch einmal mit der Vertretung der deutschen Partei verhandelt, zwar nicht vollkommen offiziell, das war auf Wunsch der deutschen Vertretung. In diesen Verhandlungen wurden die drei wichtigsten Fragenkomplexe besprochen. Erstens: Die Exekutive hat darauf hingewiesen, daß bei der führenden Gruppe Ruth Fischer-Maslow einige rechte Abweidiungen vorhanden sind, eine zu parlamentarische Einstellung usw. Zweitens: Man hat beschlossen, eine wirkliche Wendung in der Gewerk- schaftsfrage zu machen und demonstrativ auf dem Parteitag eine starke, arbeitsfähige Gewerkschaftsabteilung zu wählen, bzw. den entsprechenden Auftrag der neuen Parteizentrale zu geben. Drittens bestanden die Vertreter der Exekutive darauf, daß in die Zentrale neue führende Arbeitskräfte, insbesondere mit der Gewerkschaftsarbeit ver- traute Genossen, darunter auch einige oppositionelle Genossen, zu wählen sind. Nicht deswegen, um die Arbeit nach »rechts« zu schleppen, wie es bewußt falsch behauptet wird, sondern um einen Zutritt zu den schwanken- den Mitgliedern der Partei zu verschaffen. worden. Maslow, gegen den die Hauptangriffe gerichtet waren, stand damals wegen Vorbereitung zum Hochverrat vor dem Reichsgericht. Die KP-Presse veröffentlichte gleichzeitig mit dem Offenen Brief Lobeshymnen auf Maslow und forderte seine Freisprechung. Auch die Berliner KP-Führung sprach sich zunächst mit 48 gegen 22 Stimmen für die Ruth-Fischer-Maslow-Führung und gegen den Offenen Brief aus. Es gelang jedoch relativ rasch, die Linken um Ruth Fischer, Maslow und Urbahns zu isolieren, da viele Vorwürfe der Komintern (Gewerkschaftsfrage usw.) auch von breiten Parteikreisen geteilt wurden. Am 19. August 1926 wurden Ruth Fischer und Maslow aus der KPD ausgeschlossen; in der folgenden Zeit auch die übrigen Führer der Linken. Der Offene Brief ist ungekürzt wiedergegeben. 22Q DIE KPD IN DER WEIMARER REPUBLIK Über die Zusammensetzung der Partei zentrale hat die Exekutive dreimal nachträglich Anfragen erhalten und dreimal ihre Ratschläge bestätigt. Auf dem Parteitage selbst wurden diese Beschlüsse größtenteils nicht durch- geführt. Die Gruppe der Genossin Ruth Fischer hat nicht nur die Beschlüsse sabotiert, sondern auch eine derartige Behandlung der Delegation der Exe- kutive hervorgerufen, daß die letztere gezwungen wurde, eine entsprechende Erklärung abzugeben. Am Schlüsse des Parteitages wurde ein Bündnisange- bot der Gruppe Scholem-Rosenberg gegen die Exekutive stillschweigend an- genommen, was prinzipienlos war, da politisch der Parteitag im Geiste des Kampfes gegen die Ultralinke geführt worden war. Analog damit wurde ein Konflikt mit der Vertretung der Jugendinternationale hervorgerufen und die internationale Jugendkonferenz, an der die Vertreter von 13 Ländern teilnahmen, hat offiziell dagegen Stellung genommen und die entsprechende Appellation an die Exekutive gerichtet. Damit wurde eine schwere Krise geschaffen. Die erste Delegation, die zu uns kam mit der Direktive, die Desavouierung der EKKI-Delegation zu for- dern, mußte nach heftiger Diskussion anerkennen, daß die Exekutive recht hat. Die gesamte Delegation hat die Erklärung abgegeben, daß sie die Kritik seitens der EKKI für richtig hält, das Auftreten der EKKI-Delegation für richtig hält und die politische Linie der Jugend Vertretung, sowie auch die der Internationalen Jugendkonferenz, unterstützt. Inzwischen wurde — auf Wunsch der deutschen Delegation — beschlossen, die größere Vertretung kommen zu lassen. Mit allen möglichen Mitteln ver- zögerte Genossin Fischer deren Ankunft. Die zweite Delegation teilte sich in zwei Gruppen. Die Genossin Ruth Fi- scher kämpfte zuerst gegen die Kritik des EKKI, aber nach langer Diskussion in der Kommission des EKKI, in der die Vertreter aller wichtigen Parteien vorhanden waren, hat auch sie eine Erklärung abgegeben, in der sie die Richtigkeit der Kritik des EKKI anerkennt. Dies ist kurz der Tatbestand. Wir wollen aber einige Erläuterungen dazu bringen, um den deutschen Genossen den Standpunkt der KI klarzumachen. 1. Allgemeine Lage Die weltpolitische Situation kann man als sehr kritisch betrachten. Trotz der relativen Stabilisierung in Mitteleuropa stehen die wichtigsten Widersprüche des modernen Kapitalismus unter dem Zeichen der größten Spannung. Das stürmische Wachstum der Sowjetunion und der Niedergang in England, die Erfolge der internationalen roten Einheitsfront (englisch-russischer Gewerk- schaftsblock und der Kampf um die Einheit; die deutschen und andere Arbei- terdelegationen nach Sowjetrußland; die Arbeiter- und Bauernkongresse in DIE KPD UND DIE KOMINTERN 221 Frankreich; die Revolutionierung der englischen Arbeiterbewegung überhaupt usw.), sowie auch die unerhörte Verschärfung der kolonialen und halbkolo- nialen Freiheitskämpfe (Marokko, Syrien, besonders aber China); anderer- seits die Konzentration der imperialistischen Kräfte gegen die Sowjetunion (der militärisch-diplomatische »Ring« um Moskau; Hetze in der bürgerlichen Presse; englische Politik und der Garantiepakt; Kriegs- und Blockadevorbe- reitungen; das Auftreten von Kautsky und der sozialdemokratischen Presse usw.) — alles das sind die Symptome der allgemeinen Verschärfung der Lage. Als sehr wichtige Erscheinung in diesem Komplex ist die 'Neu-Orientierung Deutschlands nach Westen zu bezeichnen. Diese Orientierung schafft eine an- dere allgemeine Stimmung im Volke, und teilweise findet sie auch ihre Wider- spiegelung in den am wenigsten klassenbewußten Teilen des Proletariats. Damit sind in der deutschen Arbeiterschaft zwei Prozesse zu bemerken; erstens, neue Welle der Sympathie zur Sowjetunion; die sozialdemokratischen Arbeiter beginnen sich zum Kommunismus zu entwickeln, zwar nicht direkt zur Kommunistischen Partei, sondern auf Umwegen und in neuartiger Weise, die die Partei einzuschätzen lernen soll. Das typische Beispiel sind die Arbei- terdelegationen. Andererseits ist in gewissen — wenn auch kleinen — korrumpierten Teilen der Arbeiterschaft ein Wachstum der sogenannten »antimoskowitischen« Ten- denzen zu verzeichnen, die der Ausdruck der neuen Orientierung der Bour- geoisie sind. Dieser Prozeß ist teilweise auch in der KPD vorhanden. Die sogenannte ultralinke Tendenz ist manchmal nur ein Deckmantel für die sozialdemokratischen, reformistischen, »levitischen« Stimmungen, die sich in einen direkten Verrat an der internationalen Arbeiterklasse zu verwandeln drohen. Diese beiden Prozesse sind internationaler Natur und deswegen be- sonders wichtig. Zweifellos bestanden eine Reihe erschwerender Umstände, als die Linke die Parteiführung übernahm: Oktoberniederlage, sechs Monate Illegalität82, Mac- donald-Regierung, Linkswahlen in Frankreich, Dawes-Gutachten und die daraus folgenden reformistischen Illusionen in breiten Arbeiterschichten. Trotzdem wären die bis zu einem gewissen Grade unvermeidlichen Verluste der Partei nicht so stark gewesen, wenn die Führerschaft der Partei nicht die erwähnten schweren Fehler begangen hätte. Trotzdem müssen wir hier konstatieren, daß die erwähnte Führergruppe der Parteizentrale keineswegs gewußt hat, richtig auf die neuen Prozesse in der Arbeiterschaft zu reagieren. Bei einer keineswegs schlechten Allgemein- lage bleibt die Zahl der Parteimitglieder bestenfalls stabil; ernster Rück- gang in den Gewerkschaften; starke Verluste bei den politischen Wahlen; ungenügende Entwicklung der Werbekraft der Partei, trotz der scheinbaren Die KPD wurde nach dem Hamburger Aufstand verboten und wirkte von November 1923 bis 1. März 1924 illegal. 222 DIE KPD IN DER WEIMARER REPUBLIK Einheit, die keineswegs eine bolschewistische Einheit ist — dazu ist man jetzt gekommen. Die Parteiführung wußte nicht, die sozialdemokratischen und parteilosen Arbeiter zu gewinnen. Die Gruppe Ruth Fischer-Maslow verstand nicht, energisch gegen die »ultra-linken«, in Wirklichkeit aber antikommunistischen Tendenzen zu kämpfen und unterstützte sogar diese Tendenzen, indem sie eine höchst zwei- deutige Rolle in den internationalen Fragen spielte. Die Gewerkschaftsarbeit, die Komintern und die FÜHRENDEN GRUPPEN DER P A RTE IZ E NTRAL E Diese Mängel der Führung kamen in der Frage der Gewerkschaften beson- ders kraß zum Ausdrude. Bereits auf dem Frankfurter Parteitag (1924), auf dem der Sieg der deutschen Linken über den Brandierismus entschieden wur- de, entstanden starke Differenzen zwischen der Exekutive und der neuen deutschen Parteileitung in der Gewerkschaftsfrage. Die führende Gruppe Maslow-Ruth Fischer wandte sich zwar gegen die gröbsten Vorstöße der ultralinken Negierer der Arbeit in den reformistischen Verbänden, aber sie bewiesen durch die Halbheit der Beschlüsse (z. B. in der Frage der unabhän- gigen Verbände), daß sie den eigentlichen Kern und die ganze Größe des Problems unserer Gewerkschaftsarbeit nicht begriffen haben. Dieses Unver- ständnis für die Bedeutung der Gewerkschaftsarbeit hatte praktisch monate- lang eine mangelhafte Durchführung der Beschlüsse der Komintern durch die Gruppe Maslow-Ruth Fischer zur Folge. Ein vertrauliches Telegramm der Exekutive nach dem Frankfurter Parteitag wurde in einem Zirkular an alle Bezirksleiter gesandt, um sie zum Protest gegen die Exekutive aufzureizen; die gewerkschaftsfeindliche Propaganda in den Reihen der Partei wurde bis zum 5. Weltkongreß nicht genügend bekämpft. Der 5. Weltkongreß stellte zum ersten Male die Losung der internationalen Gewerkschaftseinheit auf die Tagesordnung. Er betrachtete diese neue Losung als Grundelement unserer gesamten bolschewistischen Strategie, deren näch- stes Ziel die Eroberung der Mehrheit der Arbeiterklasse ist. In diesem Zu- sammenhang analysierte der 5. Kongreß die Macdonald-Regierung als das, was sie war: als die, wenn auch falsche reformistische — Widerspiegelung eines tiefen, historischen Entwicklungsprozesses der englischen Arbeiterklasse. Die deutsche Delegation unter Führung Ruth Fischers bekämpfte auf dem 5. Weltkongreß zunächst den Vorschlag der Exekutive. Dabei wurde der ver- steckte Anwurf erhoben, der Kampf um die internationale Gewerkschaftsein- heit sei nur ein »Schachzug der russischen Außenpolitik«, der Versuch einer Annäherung an die sozialdemokratische Macdonald-Regierung. Erst nach langen Verhandlungen ließ sich die Delegation von der Halt- DIE KPD UND DIE KOMINTERN                                                                       223 losigkeit ihrer Politik überzeugen. Die Beschuldigung, der Kampf um die Gewerkschaftseinheit beruhe auf einem diplomatischen Spiel der russischen Außenpolitik, läßt sich nur aus einer im Grunde antibolschewistischen, sozial- demokratischen Mentalität der führenden Gruppe erklären. Die gleiche Be- schuldigung wurde von Macdonald selbst, sowie von allen englischen und internationalen Sozialverrätern erhoben, um die Gewerkschaftseinheit zu dis- kreditieren. Der Kampf um die Einheit der Gewerkschaften ist ein Bestandteil der bol- schewistischen Strategie gegenüber der Mehrheit der internationalen Arbei- terklasse. Wer sie nicht begriffen hat, konnte und kann die gesamte welt- politische Konstellation der Gegenwart nicht richtig einschätzen und noch weniger die Taktik der Komintern im eigenen Lande mit ganzer Kraft durch- führen. Der Verständnislosigkeit der führenden Gruppe gegenüber der interna- tionalen Gewerkschaftskampagne entsprachen die schweren Fehler und Ver- säumnisse ihrer Gewerkschaftsarbeit in Deutschland selbst. Die Beschlüsse des 5. Weltkongresses in der Gewerkschaftsfrage wurden all- zusehr auf dem Wege des mechanischen Drucks und der Androhung von orga- nisatorischen Maßnahmen »durchgeführt«. Dagegen war die wirkliche Aufklärungsarbeit, die ideologische Erziehung der Parteimitglieder zum Verständnis unserer Gewerkschaftspolitik, die Aus- arbeitung einer positiven politischen Linie innerhalb des ADGB äußerst mangelhaft. So verstärkten sich die schweren Verluste, die unsere Partei im letzten Jahre auf allen Gebieten der Gewerkschaftsarbeit erlitt. Während die Oppo- sition auf dem letzten ADGB-Kongreß (1922) 88 Delegierte zählte, ist sie auf dem diesjährigen Kongreß nur durch 2 Delegierte vertreten. Wir haben eine Reihe von Zahlstellen und Ortsstellen verloren. Nicht nur zahlenmäßig, sondern auch ideologisch und vor allem organisatorisch ist unser Einfluß auf die mehr als 80 Prozent parteilosen Mitglieder der deutschen freien Gewerk- schaften aufs stärkste zurückgegangen. Obwohl eine Reihe von objektiven Umständen (die veränderte politische Lage, die Massenausschlüsse, die reak- tionären Statuten und Wahlbestimmungen der Gewerkschaften) gleichfalls zu den Ursachen unserer Verluste gehören, spielen die Fehler und Versäumnisse der führenden Gruppe der Parteileitung eine entscheidende Rolle dabei. Die Fehler unserer Gewerkschaftsarbeit bestehen vor allem in dem Unver- mögen, die uns günstigen Stimmungen und Strömungen breiter Arbeiter- Schichten politisch-organisatorisch zu erfassen und festzuhalten. Seit einigen Monaten zeigt sich das langsame Wiedererwachen der politischen Aktivität großer Teile der deutschen Arbeiterschaft (Bauarbeiterstreik und andere Lohnkämpfe in den verschiedensten Industriezweigen, Holzarbeiterkampf, machtvolle Demonstrationen in vielen Großstädten, erfolgreiche Rote Tage 224 DIE KPD IN DER WEIMARER REPUBLIK usw.). Die Parteileitung verstand es nicht, auf diese neuen Erscheinungen zu reagieren, vor allem nicht, sie für unsere Gewerkschaftsarbeit auszuwerten. Wir erwähnten schon, daß die Gruppe der Genossin Ruth Fischer die frü- here Gewerkschaftsabteilung der Zentrale in leichtfertiger Weise auflöste Die ausdrückliche Zusage des Vertreters der Zentrale, auf dem io. Parteitag die erneute Bildung einer starken Gewerkschaftsabteilung vorzuschlagen, wurde nicht eingehalten. Für dieses Versäumnis lassen sich nur zwei Erklärungen finden: entweder die führende Gruppe hat vergessen, den Beschluß der Ko- mintern durchzuführen, oder sie wollte ihn nicht durchführen. Im ersten Falle hat sie nicht weniger als eine der wichtigsten organisatorisch-politischen Parteiaufgaben vergessen, im zweiten Falle hat sie den Willen der Kommuni- stischen Internationale sabotiert. In beiden Fällen hat sie vor der Partei und der Internationale eine schwere Verantwortung auf sich geladen. Einer der Gründe für das Versagen der führenden Genossen dieser Gruppe in der Gewerkschaftsfrage ist der Mangel an Glauben an die politische Kraft und die Aktivität der Massen sowohl der eigenen Parteimitglieder als auch der gesamten Arbeiterklasse. Dieser Pessimismus, der alles andere als Bol- schewismus ist, einiger führender Genossen kommt beipielsweise in folgenden Ausführungen zum Ausdruck: »Wenn man absieht von den Spitzenfunktionären und sich die Mühe nimmt, hinunterzusteigen in die Mitgliedschaft, wird man sehen, daß unsere Proleten im Betrieb sich unsicher fühlen in der Verteidigung der Kommuni- stischen Partei. Sie fühlen sich nicht als die Sieger der Zukunft, sondern als Traditionsleute, die dabei sind, weil es anständig ist.« (Rede der Genossin Ruth Fischer auf dem Zentralausschuß vom 9./10. Mai 1925, vergl. Protokoll in der Broschüre Die monarchistische Gefahr und die Taktik der KPD, Seite 55.) Wir sind fest überzeugt, daß diese Äußerungen eine Geringschätzung der Kommunistischen Partei Deutschlands sind, die trotz aller Mängel ihrer Spitze zu den gesündesten, besten proletarischen Sektionen der Komintern gehört. Noch krasser ist der Hinweis in der Rede Ruth Fischers (in der deutschen Kommission des Präsidiums), »daß die Massen aus dem Alltag fliehen, Sol- daten spielen«: »Ich glaube, daß die Ursache der Schwierigkeiten aus zwei Hauptquellen kommt, die aber im Zusammenhang miteinander stehen. Erstens aus einer versteckten Liquidatorenstimmung tief in der Masse der Mitgliedschaft, die sagt: Wir haben keinen Sieg errungen, wozu sollen wir uns plagen, eine Kom- munistische Partei aufzubauen. Wir können ebenso gut Klassenkampf in der DIE KPD UND DIE KOMINTERN 22$ Sozialdemokratie machen. Als Beispiel, als Beweis dafür gilt, daß unsere Par- teigenossen mit geradezu leidenschaftlicher Begeisterung Demonstrationen und Roten Frontkämpferbund machen. Warum? Weil sie sich damit vorspie- geln, daß sie an der Eroberung der Macht stehen, daß sie damit spielen kön- nen, Revolution zu machen, ohne die kleine Organisationsarbeit zu leisten. Meine Überzeugung ist, daß der Demonstrationscharakter überwiegt, weil unsere Leute sich flüchten in diese Demonstrationen, um die tägliche Arbeit in den Gewerkschaften und Betrieben nicht machen zu müssen.« Diese Auffassungen haben weder mit einer richtigen Einschätzung der realen Lage noch gar mit dem Bolschewismus irgend etwas gemeinsam. Sie sind ein Versuch, die Selbstkritik der führenden Gruppe durch eine falsche Kritik an der gesamten Parteimitgliedschaft zu ersetzen. Die Geringschätzung der Parteimitglieder und der Arbeitermassen ist ein weiterer Schlüssel für die Fehler der erwähnten Genossen auch in der Gewerkschaftsarbeit. Im Gegensatz zu diesen Abweichungen besteht die Aufgabe der Führung gerade darin, das Vertrauen der Partei in ihre eigene Kraft und in alle ge- sunden Kräfte der Arbeiterklasse zu stärken, ihren Kampfgeist zu wecken und in ihnen das Bewußtsein ihrer wachsenden Stärke wachzurufen. Das Verhältnis zur Kommunistischen Internationale Die großen politischen Strömungen in der Arbeiterklasse bleiben auch auf die Partei der revolutionären Vorhut des Proletariats nicht ohne Einfluß. Der Drang immer breiterer Arbeiterschichten zum Zusammenschluß mit der sieg- reichen Arbeiterklasse der Sowjetunion spiegelt sich in unseren eigenen Rei- hen in der Durchdringung mit dem Leninismus, mit den Erfahrungen der Bolschewiki wider. Umgekehrt finden die Schwankungen und Verrätereien gewisser, von der bürgerlichen Anti-Moskau-Hetze beeinflußter Arbeiter- gruppen ihre letzte Ausstrahlung in den »anti-moskowitischen«, d. h. gegen die Sowjetunion, gegen die RKP und gegen die Komintern gerichteten Ten- denzen innerhalb unserer Partei. Diese Gefahr ist in der KPD um so größer, als alle ihre heutigen Richtun- gen und Schattierungen ohne jede Ausnahme noch stark der Wirkung sozial- demokratischer »westeuropäischer« Traditionen unterliegen. Jede bisherige Abweichung von der kommunistischen Politik begann in Deutschland mit einer Attacke gegen Sowjetrußland, die RKP, die Komin- tern. Die siebenjährigen Erfahrungen der deutschen Revolution lehren, daß alle derartigen Abweichungen ganz gleichgültig, ob sie rechts oder »links« maskiert waren, sich entweder direkt zur Sozialdemokratie entwickelten oder faktisch ein Bündnis mit ihr eingingen. Das gilt für die KAPD, für Levi, für Friesland, für einige Brandlerianer, für die Schuhmacher-Gruppe usw. 226 DIE KPD IN DER WEIMARER REPUBLIK Die Veränderung der politischen Situation, der endgültige Übergang der deutschen Bourgeoisie zur westlichen Orientierung, die bis zum Gipfelpunkt gesteigerte Rußlandhetze der Sozialdemokratie macht gegenwärtig die Ge- fahr antibolschewistischer Abweichungen in der KPD größer und akuter denn je. Die ultralinke Gruppe Scholem, Rosenberg, Katz, die der Komintern und ihren wichtigsten Parteien »Opportunismus« vorwirft, hat nicht nur nichts mit dem Leninismus gemeinsam, sondern trägt sowohl in ihrem Verhältnis zur Komintern, als auch in ihrer Stellungnahme zu den Problemen der deut- schen Revolution ausgesprochen antibolschewistischen Charakter. Gefährliche, im Wesen sozialdemokratische Abweichungen solcher Art be- stehen jedoch nicht nur bei der offiziellen ultralinken Gruppe, sondern sie finden sich auch bei den führenden Personen der Gruppe Maslow-Ruth Fischer. Die Schriften des Gen. Maslow können nicht als ein Beitrag zur ernsten gewissenhaften, theoretischen Erziehung der Partei im Geiste des Leninis- mus gewertet werden. Namentlich seine letzten literarischen Arbeiten sind ein versteckter, äußerst gefährlicher Angriff gegen die Grundlagen des Leni- nismus und gegen die gesamte Politik der Komintern in der gegenwärtigen Periode. In seinem Buch Die zwei Revolutionen des Jahres 1917 (Band 1, 4. Liefe- rung, S. 45 ff.) schreibt Gen. Maslow folgendes über den 3. Weltkongreß der KI: »Auf dem Dritten Weltkongreß sind meiner festen Überzeugung nach so große Fehler gemacht worden, daß er den europäischen (!) Parteien weit mehr Schaden als Nutzen gebracht hat. Ganz sicher gilt das für die KPD ... Auf dem Dritten Weltkongreß wurde eine Generalattacke gegen die Linken geritten, die bis zur Lächerlichkeit ging: hatte doch Gen. Trotzki sogar in der Partei Frossards... in der KPF ... auch höchst akute »Linksgefahren« ent deckt. Bedauerlicherweise beging Genosse Lenin den gleichen Fehler. Es ist das der einzige Fehler, der mir (!) von Seiten Lenins in der Behandlung der Partei bekannt ist. So den Charakter einer Partei wie die KPD mit ihren starken sozialdemokratischen Traditionen zu verkennen, insbesondere unter richtig erkannten objektiven Bedingungen, die gar keine Gelegenheit zu lin- ken Exzessen gaben. Der Dritte Kongreß gab sachlich Levi recht... Der Kongreß stieß die deutsche Partei (ebenso wie die französische) nach rechts, löste eine schwere und langandauernde Liquidatorenkrise aus.. .« Die Exekutive erklärt vor der ganzen Kommunistischen Internationale, daß dieser ungeheuerliche Angriff gegen Lenin und den Leninismus um kei- nen Preis geduldet werden kann. DIE KPD UND DIE KOMINTERN                                                                       22/ Der Vorwurf, die Komintern habe nicht nur die Kritik Levis an einigen ultralinken Fehlern der Partei anerkannt, sondern sie habe der levitischen Renegatengruppe »sachlich Recht gegeben«, sie habe auf dem Dritten Kon- greß die »europäischen Parteien« in den Opportunismus »gestoßen«, er habe in der deutschen Partei das Liquidatorentum »ausgelöst«, ist eine Wieder- holung dessen, was Rühle, Pfemfert und die inzwischen bei der Konterrevo- lution gelandeten KAPD-isten im Jahre 1921 sagten. Genosse Maslow ver- sucht, dem angeblichen »Opportunismus« Lenins einen »reinen« »linken« spezifisch »westeuropäischen« Kommunismus entgegenzustellen. Das ent- spricht genau der Plattform Paul Levis, Frossards, Höglunds und aller Feinde des Leninismus6*. Unter dem Pseudonym eines Kampfes gegen den Trotzkismus und gegen den Renegaten Levi richtet Maslow seinen Vorstoß gegen Lenin, der »den Charakter der KPD verkannt« haben soll. Unter dem Mantel des Kampfes gegen die »westeuropäischen« d. h. antibolschewistischen Abweichungen vom Kommunismus propagiert Maslow einen »westeuropäischen Kommunismus« schlimmster Sorte. Es ist kein Zufall, daß Genosse Maslow heute im Jahre 1925 gerade den Dritten Weltkongreß zum Ziele seiner Attacke macht. Der Dritte Weltkongreß verkörpert gerade das konkrete Glied in der Kette der Entwicklung des Leninismus und der Komintern, das in der gegen- wärtigen Situation für alle Kommunistischen Parteien, in erster Linie aber für die deutsche, von größter, unmittelbarer, praktischer Bedeutung ist. Der Dritte Weltkongreß fand an einem Wendepunkt der internationalen prole- tarischen Revolution statt, im Moment des Übergangs von der Periode des stürmischen revolutionären Aufstiegs in den Nachkriegsjahren 1919 und 1920, zur Periode der verlangsamten revolutionären Entwicklung von 1921 bis 1925 - und darüber hinaus. Aus der neuen Einschätzung der Weltlage zog der Dritte Kongreß unter Führung Lenins neue Konsequenzen für die Taktik aller Kommunistischen Parteien. 63 63. Frossard war vor dem Krieg Generalsekretär der Französischen Sozialistischen Partei. Obwohl er (wie Cachin) 1914/15 auf dem patriotischen Flügel der Partei stand, trat er 1920 (zusammen mit Cachin) für den Anschluß an die Komintern ein. Er wurde Generalsekretär der Kommunistischen Partei Frankreichs, gehörte aber zum rechten Flügel der Partei. 1923 verließ er die KPF und ging zur Sozialistischen Partei zurück. In den vierziger Jahren wurde er Minister Petains. Höglund war Führer der Schwedischen Linkssozialistischen Partei, die während des Krieges aus der Sozialdemokratischen Partei hervorging. Aus der Linkssozialistischen Partei wiederum entwickelte sich die Kommunistische Partei Schwedens; Höglund war ihr Führer. Er trat 1924 mit einer starken Gruppe, die gegen die Abhängigkeit von der Komintern war, aus der Kommunistischen Partei aus. Später kehrte er zur Sozialdemokratischen Partei zurück. 228 DIE KPD IN DER WEIMARER REPUBLIK Während der i. und der 2. Weltkongreß die Strategie und Taktik der Ko- mintern nur in ihren allgemeinen Umrissen bestimmte, arbeitete der 3. Kon- greß die konkrete Politik der Kommunistischen Parteien in der gegenwär- tigen Übergangsperiode zwischen zwei Revolutionen heraus. Er stellte in den Mittelpunkt unserer Politik die Losung: »Heran an die Massen« d. h. den Kurs auf die Gewinnung der ungeheuren Mehrheit der Arbeiterklasse. Damit schuf er den Anfang der bolschewistischen Einheitsfronttaktik, die die Achse unserer gegenwärtigen Politik bildet. Wer — wie Genosse Maslow—diesen wichtigsten Wendepunkt unserer Tak- tik verleugnet, wer ihn als »Rechtsschwenkung« diskreditiert, wer ihn als Konzession an den Trotzkismus oder an den Renegaten Levi verspottet, der greift die Grundlagen der Komintern an. Die praktischen Konsequenzen aus der falschen Theorie des Gen. Maslow sind unvermeidlich. Wenn man die Basis der Einheitsfronttaktik streicht, müssen ihre Resultate in der Praxis Null sein. Wenn man behauptet, »Lenin habe den Charakter der Kommunistischen Partei Deutschlands verkannt«, kann man diese Partei nicht im Geiste des Leninismus führen. Die Ideologie des Genossen Maslow steht nicht nur in taktischem, sondern in prinzipiellem Gegensatz zum Leninismus. Sie ist eine der Wurzeln des Widerstandes, der sich innerhalb der KPD noch heute der Taktik der Komintern entgegenstellt. Sie ist eine der Wurzeln des jahrelangen Unverständnisses, das die führende Gruppe der deutschen Zentrale bis heute der Gewerkschaftsarbeit, diesem Kern unserer Politik, entgegenbringt. Sie ist schließlich eine der Wurzeln des fortgesetzten Kokettierens mit den ultralinken Gruppen von Seiten ihrer an- geblichen »Bekämpfer«, mit den Genossen Maslow und Ruth Fischer an der Spitze. Das Verhältnis der Gruppe des Genossen Maslow zur Komintern ist seit dem 3. Weltkongreß ein unrichtiges, unbolschewistisches. Auf dem Jenaer Parteitag bekämpfte diese Gruppe den Standpunkt Lenins und der Exeku- tive. Sie kritisierte nicht nur — und dies mit vollem Recht — die opportuni- stische Verdrehung der Einheitsfronttaktik durch die Brandlerianer, sondern sie erhob auch alle möglichen Bedenken und Vorbehalte gegen die richtige Einheitsfronttaktik der Komintern, sowie gegen die Losung der »Arbeiter- und Bauernregierung«. Die antibolschewistischen Tendenzen besaßen bis vor kurzem maßgebenden Einfluß in ihrer Mitte. Nicht ungestraft bildete die Gruppe Maslow-Ruth Fischer trotz aller Warnungen der Komintern bis vor fünf Monaten eine feste Einheit mit der Gruppe Scholem-Rosenberg- Katz. Auch auf dem Frankfurter Parteitag zeigten sich »antimoskowitische« Vorstöße gegen die Komintern (in der Gewerkschaftsfrage, der Frage der Zusammensetzung der Zentrale u. a.). Im Verlaufe des letzten Jahres ent- sandte Gen. Ruth Fischer, trotz des Einspruchs der Exekutive, mehrfach Emissäre in verschiedene Sektionen der Komintern, deren »Mission« darin DIE KPD UND DIE KOMINTERN                                                                       229 bestand, auf fraktionellem Wege die Taktik der Exekutive zu ändern. Das Resultat dieser Reisen war, daß die deutsche Partei in den Brudersektionen der Komintern diskreditiert, ihnen entfremdet wurde. Besonders scharf kamen diese Tendenzen auf dem letzten Parteitag zum Ausdruck. Alle Vorschläge der Exekutive in der Gewerkschaftsfrage und in der Zentralefrage wurden trotz der gegebenen Zusagen abgelehnt. Von der versprochenen demonstrativen Wendung in unserer Gewerkschaftspolitik war — außer in dem Referat des Gen. Thälmann — keine Rede auf dem Parteitag. Allen Delegierten des Parteitags wurde durch die Zentrale eine Sonder- nummer des Berliner »Funken« überreicht, deren Hauptinhalt ein — »diplo- matischer« — Angriff Maslows gegen die Komintern bildet. In diesem Artikel »Einige Bemerkungen über unsere 10 Parteitage« schreibt Maslow u. a.: »Die spätere Linke der KPD hat vor dem 4. Weltkongreß in diesem Sinne und mit vollem Recht die Forderung »Zurück zum 2. Weltkongreß« erhoben. In dem schon erwähnten Erinnerungsbuch erzählt Genossin Zetkin, Lenin habe sich über diese »Dummheit« lustig gemacht. Ich zweifle nicht daran, da ich mir vorstellen kann, wie ihm diese Losung dargestellt und ausgelegt wor- den ist...                                                            ♦ Nicht umsonst hat der 4. Kongreß, trotz des Spotts Lenins, die 21 Bedin- gungen ausdrücklich erneut bestätigt, und nicht umsonst mußte der 5. Welt- kongreß ... bewußt und betont auf die Grundsätze des zweiten zurück- greifen ...« Maslow versucht hier abermals durch die demagogische Gegenüberstellung des 2., 4. und 5. Weltkongresses einerseits, des 3. andererseits, die Einheit der politischen Entwicklung der Komintern ideologisch zu zerstören und die Grundlagen der kommunistischen Politik in der gegenwärtigen Periode zu diskreditieren. Maslow stellt ferner die unwahre Behauptung auf: »Leider wurden die Leviten geradezu unterstützt von den russischen Genossen.« Dieser Hetze gegen die »russischen Genossen« folgt in Maslows Artikel die ebenfalls gefährliche Legende, daß die »Leviten sich in Moskau (!) auf dem Kongreß mit Recht als Sieger betrachteten«. »Der Dritte Kongreß«, schreibt Maslow weiter, »hinderte vor allem die KPD, sich selbst Klarheit zu verschaffen. Der Dritte Kongreß hat so . .. auf die KPD einen ähnlichen Effekt ausgeübt, wie zwei Jahre früher der Heidel- berger Parteitag: trotz richtiger Beschlüsse .. . eine schädliche Wirkung.« »Wären die Grundsätze des 2. Kongresses vorgetragen worden, ohne daß man sich den Popanz von »linken« Gefahren ausmalte... dann hätte man wahrscheinlich die Krise in der KPD wie auch in der KPF bedeutend abge- kürzt. 23O DIE KPD IN DER WEIMARER REPUBLIK Aber auch die Exekutive und die russischen Genossen (!) waren ganz und gar nicht einig .. .« Maslow schreibt weiter, daß nicht seine eigene Gruppe, sondern die Exeku- tive »die deutsche Partei lange gehindert hat, in ein gutes Verhältnis zur Exekutive zu kommen«. Er erzählt mit voller Zustimmung folgende Anekdote: »Als die Exekutive nach Jena ihren (durch nichts gerechtfertigten) Angriff durch eine Einladung, eine Berliner Delegation nach Moskau zu schicken, kor- rigieren wollte, war es zu spät; die Organisation lehnte diese Einladung nach dem Mittagessen einstimmig ab, und der schon rechte Friesland schrieb den Absagebrief im Auftrage der Organisation.« Dieser letzte Absatz ist ein beispielloser Versuch der Herabsetzung der Kommunistischen Internationale vor den Augen der deutschen Arbeiter. Das antibolschewistische Spiel der Gruppe Maslow selbst beweist am klar- sten, daß Lenin sich auf dem 3. Weltkongreß nicht einen »Popanz von Fnken Gefahren ausmalte«, sondern daß diese Gefahren noch heute, vier Jahre nach dem 3. Weltkongreß, die Entwicklung der deutschen Partei hemmen, sie an der gesunden politischen Arbeit hindern, ihre Ideologie vergiften. Der ausgesprochenste Vertreter dieser linken, besser levitistischen Gefahren ist Maslow und seine Auffassungen vom 3. Weltkongreß. Die gesamte deutsche Partei, vor allem die besten Genossen der deut- schen Linken in allen Parteiorganisationen und Bezirken haben die Pflicht, das von der Gruppe Maslow-Ruth Fischer geförderte, nicht bolschewistische System des Verhältnisses der Partei zur Komintern mit aller Kraft zu brechen. Gebrochen, endgültig gebrochen werden muß auch mit dem System der »doppelten Buchführung«, das die erwähnten Genossen ein volles Jahr lang gegenüber der Komintern angewandt haben. Anstatt die richtige Linie der Komintern aufrichtig durchzuführen, unternahm diese Gruppe fortgesetzte Verschleppungsversuche vor den eigenen Parteimitgliedern durch den Hin- weis auf den angeblichen »Druck nach rechts« von Seiten der Exekutive; gleichzeitig leistete sie systematisch Widerstand vor der Exekutive durch den Hinweis auf den angeblichen »Zug nach ultralinks« von Seiten der deut- schen Parteimitglieder. Die Erfahrungen der verflossenen Kampfperiode seit dem Frankfurter Parteitag beweisen auch dem letzten deutschen Kommunisten, daß die Ko- mintern in allen Streitfragen unbedingt recht hatte gegenüber der Gruppe Maslow-Ruth Fischer. Sie hatte recht in der Einheitsfronttaktik und in der Gewerkschaftsfrage. Sie hatte ebenso recht in der Frage der Präsidentschafts- wahlen, wie mit ihren — jahrelang in den Wind geschlagenen — Warnungen vor den ultralinken Gefahren in der deutschen Partei. DIE KPD UND DIE KOMINTERN                                                                       2JI Wir sind fest überzeugt, daß die kommunistischen Arbeiter Deutschlands sehr rasch erkennen werden, daß auch in dem gegenwärtigen Kampf um den innerparteilichen Kurs der KPD, um ihr Verhältnis zur Komintern, um ihr Verhältnis zu den deutschen Arbeitermassen, um ihr Verhältnis zur lenini- stischen Theorie, die Komintern unbedingt recht hat, während die Gruppe Maslow-Ruth Fischer in allen diesen Fragen unbedingt unrecht hatte. Die innere Parteilinie Die führende Gruppe der Parteizentrale verstand nicht, die richtigen Maßnahmen zu treffen, um den Zutritt zu den Massen zu finden. Das geschah auch aus dem Grunde nicht, weil ihre innerparteiliche Politik falsch war. Wie erwähnt wurden die Fragen des inneren Parteilebens während der Sitzung der Erweiterten Exekutive ausführlich mit den Vertretern der deut- schen Zentrale besprochen. Die Vertreter der Exekutive wiesen darauf hin, daß der Ultrazentralismus, der mechanische Druck, die vorwiegend administra- tiven Maßregeln, das Fehlen der Propaganda und der Überzeugungsmethode überhaupt, die Furcht vor neuen Kräften usw. unbedingt verheerende Wir- kungen haben müßten. In der damaligen Beratung wurde beschlossen, die innere Parteidemokratie zu verstärken. Wir waren der Meinung, daß, nach- dem der Sieg über die Rechten gewonnen ist, nachdem die Linke die Ober- hand in der Partei hat, nachdem also die organisatorischen Garantien für eine im Grunde richtige allgemeine Politik geschaffen sind, das Problem der Parteierz/eAwwg in den Vordergrund tritt. Andererseits glaubten wir, daß der Kreis der neuen Führerkaders der Partei zu verbreitern sei: Die Mög- lichkeit einer breiteren Auslese der Parteifunktionäre müsse garantiert wer- den, was ohne Diskussionen, Wählbarkeit, durch bewußte Politik der Heran- ziehung und Prüfung neuer Arbeiter nicht möglich ist. Im Zusammenhang damit fordern wir die Heranziehung neuer Kräfte, darunter auch der besten Mitglieder der ehemaligen Opposition, die der Komintern und der Partei treu geblieben sind. Diese Arbeit wurde aber nicht geleistet. Andererseits war bei uns diese Frage auch mit der Frage des Verhältnisses zu den parteilosen und sozialdemokratischen Arbeitern verbunden. Denn wenn man in der Par- tei lediglich administrative Mittel verwendet, so überträgt man die gleiche Politik in verstärktem Maße auf die außerhalb der Partei stehenden Arbeiter und schneidet sich damit die Wege zur Eroberung neuer Arbeiter ab. Wir glauben, daß ohne diese innerparteilichen Reformen die Partei nicht imstande sein wird, eine richtige Politik unter den Massen durchzuführen. Deshalb for- derte die Exekutive diese Reformen in der Richtung der »Normalisierung des Parteilebens«. Während der Erweiterten Exekutive hat die deutsche Dele- 232 DIE KPD IN DER WEIMARER REPUBLIK gation mit der Genossin Ruth Fischer an der Spitze diese Vorschläge ange- nommen. Nochmals wurden diese Probleme mit der deutschen Delegation kurz vor dem Parteitag besprochen. Die Exekutive schlug vor, die Zentrale durch eine Reihe von Parteiarbeitern, die mit der Masse eng verbunden sind, zu erwei- tern. Die russischen Genossen wiesen u. a. darauf hin, daß die RKP seit dem Tode Lenins die Zahl ihrer Zentralemitglieder stark vergrößert und damit die Zentrale gestärkt, ihre Autorität gefestigt und gleichzeitig bessere Ver- bindung mit der Parteimasse geschaffen hat, was — im Zusammenhang mit der innerparteilichen Demokratisierung — auch bessere Verbindungen zu den Arbeitermassen außerhalb der Partei schuf (Leninaufgebot). Der deutsche Parteitag wurde aber so vorbereitet und durchgeführt, daß trotz aller Versprechungen gerade das Gegenteil erzielt wurde. Obwohl in der Partei starke Flügelgruppen (Ultralinke und -rechte) existieren, fand diese Tatsache absolut keine Widerspiegelung auf dem Parteitag selbst. Es war keine politische Diskussion, da jede Delegation vorher ausführlich besprach, was zu sagen ist; sogar auf dem Parteitag selbst — der höchsten Instanz der Partei - wurde die Diskussionsfreiheit annulliert. Wie schwach der Parteitag vorbereitet wurde, zeigen die gedruckten Anträge aus den Bezirken. Es gab nur sieben Anträge: einen über Esperanto (!), vier über Beiträge, einen über Arbeiterkorrespondenzen und einen über Kommunalkurse. Analoge Erscheinungen sind auf ideologischem Gebiet zu konstatieren. Niemals in der Arbeiterpresse hat man eine solche Reklame gesehen, wie für die Broschüre des Genossen Maslow. In Wirklichkeit besteht diese Broschüre nur aus richtigen Zitaten und durchaus unrichtigen Bemerkungen des Genos- sen Maslow. Nach diesem Muster versuchte man, das geistige Leben der Partei zu entwickeln. Es wäre nicht so schlimm, wenn die persönliche Autorität der Führer hoch- stünde. Aber diese Autorität muß einige Voraussetzungen haben und nicht nur mechanisch erworben werden. Leider aber sehen wir etwas anderes, und das ist eine Gefahr für die Gesamtpartei. Es mangelt in der Partei an der Kontrolle von unten, d. h. durch die Mit- gliedschaft der Partei. Gleichzeitig kämpfte die führende Gruppe fortgesetzt gegen die Kontrolle von oben, d. h. durch die Exekutive der Komintern. Auf diese Weise wurde ein solcher Zustand geschaffen, daß man das Verantwort- lichkeitsgefühl verlor, was zu verschiedenen, ganz unerträglichen Dingen ge- führt hat. Eine derartige Struktur der Partei macht die Entwicklung ihrer Werbekraft unmöglich. Ein derartiges System verdirbt die Partei selbst. Dieses System muß gebrochen werden, um einer noch größeren Krise vorzubeugen, die wirk- lich katastrophale Wirkungen haben kann. DIE KPD UND DIE KOMINTERN 233 Die Gefahr der Prinzipienlosigkeit Der praktische Bolschewismus besteht u. a. darin, daß man nach theoretisch erkannten, ehrlich durchdachten, politischen Linien handelt. Bei der Gruppe Maslow-Ruth Fischer befindet sich aber die innere Überzeugung, die innere Einschätzung der Lage in krassestem Konflikt mit der angenommenen Linie. Die tiefste Grundlage dieser Gruppe ist sehr pessimistisch: keine revolutio- nären Perspektiven, überhaupt die Auffassung: die Massen sind vollständig passiv, sie flüchten aus dem Alltagsleben, sie spielen Soldaten usw. Sie zu ge- winnen ist eine unerfüllbare Aufgabe. Andererseits »fordert« die Komintern die Gewinnung der Massen. Schon damit ist der Zwiespalt in der Praxis die- ser führenden Gruppe gegeben. Mit dem Pessimismus ist das Kokettieren mit den Ultralinken verbunden. Auf die Forderungen der Internationale erfolgt: die papierene Anerkennung dieser Forderungen und die Anstrengung, sie im Leben zu verwirklichen, ohne daran zu glauben. Daraus folgt die schwan- kende Position und die politische Haltlosigkeit, die mit einer Diplomatie schlimmster Art im Verhältnis zur Komintern verbunden ist. Das typische Beispiel dafür ist der zehnte Parteitag. Wir haben bereits gesehen, wie man ihn »geistig« vorbereitete. Genosse Maslow schrieb die Artikel, deren einziger Sinn darin bestand, die Bedeutung des 3. Weltkongresses zu diskreditieren, die gesamte Taktik der Internatio- nale ihrer Basis zu berauben und gleichzeitig die Basis für die ultralinken Gruppierungen zu begründen. Formell aber kämpfte man auf dem Parteitag gegen ultralinks. Anderer- seits wurde, sobald es mit der Internationale zum Konflikt gekommen war, sofort die politische Linie vergessen und der Block mit den Ultralinken ge- schlossen. In Moskau aber erklärte die Genossin Ruth Fischer, daß der Par- teitag ultralinks gestimmt war und sie gar nichts dagegen tun konnte, obwohl sie wollte! Auf einer Seite fördert man ultralinke Stimmungen, auf der an- deren erklärt man: wir haben uns in einer Notlage befunden. Diese »Taktik« hat bereits ihre Tradition. Genossin Ruth Fischer erklärte in Moskau immer wieder, daß die »Massen« sie stören, die Politik durch- zuführen, die die Exekutive empfiehlt, während sie in Berlin sagte, daß ihr die KI eine unrichtige Politik aufzwingt. Diese Gewohnheit fand ihren Ausdruck auch in der Rede des Genossen Schneller — Genosse Schneller hat inzwischen diesen Irrtum anerkannt —, der in Moskau erklärt hat (um Personen zu verteidigen), daß die Linke bankrott sei. Wir halten diese Behauptung für falsch. Nicht die Linke, son- dern einige Führer dieser Linken sind bankrott, und die Linke wird sich be- haupten auf anderen Gleisen, indem sie immer größere Schichten der Partei- mitgliedschaft überzeugen und die energischste, positive Arbeit entwickeln wird. 234 DIE KPD IN DER WEIMARER REPUBLIK Eine große Rolle spielt bei dem prinzipiellen Kampf gegen die Kommuni- stische Internationale das Argument, daß wir die deutsche Partei ständig »nach rechts stoßen« wollen. Wir konstatieren hier nochmals, daß in allen wichtigen Problemen die nachträgliche Erfahrung 'vollständig den Standpunkt der Komintern recht- fertigte. Jeder versteht das jetzt ganz klar. Nur ein politisch ganz bornierter Mensch sieht nicht ein, daß wir ohne diese Taktik anstatt der Partei heute bloß ein Häuflein Kommunisten und dabei sehr schlechter, gehabt hätten. Aber die Legende über das permanente »Stoßen« der Partei nach »rechts« durch die Komintern muß endgültig und vollständig zerbrochen werden. Wir unterstreichen, daß die Exekutive im jetzigen Moment die führende Gruppe nicht von rechts, sondern von links kritisiert. Wir würden als be- wußte Lüge jedes dahingehende Argument behandeln, die Komintern wolle die Partei »nach rechts« schleppen. Gerade um die Linke und mit ihr die Ge- samtpartei aus dem Sumpfe herauszuziehen, bestehen wir auf den vorge- schlagenen Reformen. Die Aufgaben der Partei Die Kritik an den Fehlern der bisher führenden Gruppe wird nur dann einen wirklichen und dauernden Nutzen bringen, wenn sie zu einer besseren und entschlosseneren Erfüllung der positiven Aufgaben der Partei bei der Ge- winnung der Massen führt. Die wichtigste Aufgabe der Partei besteht im gegenwärtigen Augenblick darin, rechtzeitig und tatkräftig auf die sich anbahnende politische Umgrup- pierung innerhalb der deutschen Arbeiterklasse zu reagieren. Die bedeutsam- ste Erscheinung der letzten Monate ist der beginnende Widerstand breiter Arbeitermassen gegen die »westliche Orientierung«, d. h. gegen den Über- gang der Bourgeoisie auf die Seite des Ententeimperialismus, gegen die Füh- rung der 2. Internationale, die Wendung dieser Arbeitermassen zu Sowjet- rußland und — wenn auch auf Umwegen — zur proletarischen Revolution. Ohne diesen Entwicklungsprozeß in seiner Bedeutung und seinem Tempo zu überschätzen, muß die Partei diese neuen Erscheinungen in den Mittelpunkt ihrer Aufmerksamkeit rücken, sie sorgfältig verfolgen und bei jedem ihrer praktisch politischen Schritte berücksichtigen. Alles kommt darauf an, daß die Partei ihre Werbekraft in größerem Maße steigert. Sie muß den sich nach links entwickelnden sozialdemokratischen Ar- beitermassen gegenüber neue Formeln, einen neuen Ton, einen neuen Inhalt der Agitation finden. Sie muß alle Vorgänge im Lager der Sozialdemokratie genau erkennen, studieren, in den Bezirken, Unterbezirken und Ortsgrup- pen, entsprechend den lokalen Verhältnissen, durch unsere Agitation beein- DIE KPD UND DIE KOMINTERN                                                                       235 Aussen. Die sozialdemokratischen Arbeitermassen, die sich von ihren konter- revolutionären Führern abzukehren, langsam, zögernd, aber unverkennbar der proletarischen Revolution zuzuwenden beginnen, müssen das Gefühl ha- ben: die Kommunistische Partei ist wirklich eine Partei der Arbeiter, eine Partei, die unentwegt für unsere Interessen, unsere Teilforderungen, unsere Tagesnöte kämpft, die uns nicht nur als Agitationsobjekt, sondern als Klas- senbrüder betrachtet, die ehrlich die Herstellung der proletarischen Einheits- front im Klassenkampf will. Vom Gesichtspunkt dieser Hauptaufgabe müssen alle andern politischen Schritte der Partei unternommen werden. Von diesem Gesichtspunkt muß vor allem unsere Parlamentsarbeit geleistet sein. An jedem Ort und in jeder politischen Frage müssen wir die Tribüne suchen, von der aus die Partei zu den Arbeitermassen in den Gewerkschaften und in der Sozialdemokratie spricht, um sie auf die Seite des Klassenkampfes hinüberzuziehen. In diesem Licht müssen wir die Fragen des Garantiepaktes, des Völkerbundes, der Han- delsverträge, der Kredite, der Zölle, der Steuern, der Wohnungspolitik usw. stellen. Zugleich muß der Kampf gegen die monarchistische Gefahr, gegen die Klas- senjustiz, für die Vollamnestie usw. mit den tagtäglichen ökonomischen Lohn- und Arbeitskämpfen des Proletariats verbunden werden. Um wirklich einen Zugang zu dem besten Teil der deutschen sozialdemo- kratischen Arbeiter zu finden, muß man den Kampf aufnehmen gegen jene Exzesse, die aus der Zeit stammen, wo der Kampf mit der Waffe in der Hand geführt wurde. Den größten Schaden für die Sache der Arbeiterklasse brin- gen z. B. Fälle von gegenseitigen Schlägereien zwischen Kommunisten und Sozialdemokraten (auf Versammlungen, unter der Jugend usw.), die durch die Schuld der Sozialdemokraten, mitunter aber auch nicht ohne Schuld der Kommunisten bis zum heutigen Tag noch stattfinden. Den konterrevolutio- nären Führern der deutschen Sozialdemokratie kommen solche gegenseitigen Kämpfe gerade recht, und diese Führer fachen selbstverständlich einen solchen Kampf bewußt an. Die Kommunisten müssen die Initiative zur endgültigen Beseitigung solcher Erscheinungen ergreifen, was selbstverständlich den guten Willen bei den sozialdemokratischen Arbeitern voraussetzt. Man muß nicht nur in Worten, sondern auch in der Tat zu unterscheiden verstehen zwischen den konterrevolutionären sozialdemokratischen Führern und der breiten Masse der sozialdemokratischen Arbeiter. Unsere Presse, insbesondere unsere Betriebszeitungen (Wandzeitungen usw.) müssen es ver- stehen, die Agitation gegen die verbrecherische Politik der sozialdemokrati- schen Führer so zu führen, daß dabei jeder sozialdemokratische Arbeiter in der betreffenden Fabrik oder in dem betreffenden Betrieb fühlt, daß ihm gegenüber, dem Arbeiter an der Drehbank, dem einfachen gewählten Be- triebsratsvertreter, ein anderes Verhältnis besteht als gegenüber dem hohen 236 DIE KPD IN DER WEIMARER REPUBLIK »Barmat«-Führer, der die Arbeiter im Parlament von vorn und hinten ver- kauft. Die wirkliche, für alle Arbeiter sichtbare Umstellung wird vollzogen, wenn die Partei alle Kräfte auf die Steigerung unserer Gewerkschaftsarbeit kon- zentriert. Durch unsere Gewerkschaftsarbeit muß die SPD geschlagen, durch unsere Gewerkschaftsarbeit muß die Rote Einheitsfront gebildet werden. Die Partei, ihre Gewerkschaftsfraktionen müssen in allen Verbänden, Orts- kartellen und Zahlstellen eine großzügige Agitation auf Grund der Reise der ersten Arbeiterdelegation nach Sowjetrußland entfalten. Diese Reise muß einen gewaltigen Widerhall in der gesamten deutschen Arbeiterbewegung erwecken. Der Drang der Arbeiter zur Einheit der Gewerkschaften muß möglichst bald zur Herausbildung eines linken Flügels in den Gewerkschaften, nach dem Vorbild der englischen Arbeiterbewegung, kristallisiert werden. Das ist der nächste Schritt vorwärts in der deutschen und internationalen Einheits- bewegung, den die deutsche Partei tun muß. Die große Bewegung für die Einheit der Gewerkschaften wird breiteste Massen erfassen und neuen Zu- strom für die freien Gewerkschaften bringen, wenn die Kommunistische Par- tei zur treibenden Kraft für die Gewerkschaftseinheit wird. Die Kommunisten müssen verstehen lernen, in den Gewerkschaften die beste, energischste, sach- lichste Arbeit zu leisten, sie müssen den parteilosen und sozialdemokrati- schen Gewerkschaftsmitgliedern durch Anschauungsunterricht beweisen, daß sie als Bolschewisten zugleich aktive Gewerkschaftler zu sein verstehen. Unse- ren Fraktionen in den Gewerkschaften erwachsen damit eine Reihe von Auf- gaben: Wirkliches Eindringen in das Gewerkschaftsleben, intensivstes Stu- dium der wirtschaftlichen und politischen Zusammenhänge (Konzernwesen, Wirtschaftskonjunktur, Lage der Industriezweige, Besonderheiten der Wirt- schaftsgebiete usw.), Herausarbeitung einer klaren und sachkundigen Tarif- und Sozialpolitik, Führung von Arbeitskämpfen, insbesondere Streikstrate- gie, Stellung zu allen Organisationsfragen der Gewerkschaften, Kampf für die Industrieverbände, besondere Berücksichtigung der Rolle und Aufgaben der Betriebsräte, Betonung der Interessen der Arbeiterjugend innerhalb der Gewerkschaften, der Arbeiterinnen usw. Der Ausbau einer starken Gewerkschaftsabteilung bei der Zentrale der KPD muß den ernsten Willen der Parteileitung zeigen, diese Arbeit zur Grundaufgabe der Partei zu machen. Was bedeutet für die Kommunistische Partei die Erkämpfung des Ein- flusses in den Gewerkschaften in einem solchen Lande wie Deutschland? Das bedeutet vor allen Dingen Einfluß unter den organisierten Arbeitern in den Fabriken, Betrieben, Bergwerken, Werkstätten, auf den Eisenbahnen, in allen Industrieunternehmungen erkämpfen und diesen Einfluß vertiefen. Irgend- einen nennenswerten ernsten Einfluß in den jetzigen deutschen Gewerkschaf- DIE KPD UND DIE KOMINTERN 237 ten kann nur derjenige kommunistische Arbeiter haben, der Einfluß im Be- triebe hat. Der Einfluß der Kommunisten aber gerade in den Betrieben ist in der letzten Zeit schwächer geworden, was wir uns nicht zu verheimlichen brauchen. Man muß die einfache Wahrheit begreifen, daß der Kampf der Kommunistischen Partei und der Sozialdemokratie um den Einfluß auf die Massen letzten Endes in den Betrieben entschieden wird. Man muß begreifen, daß ein gründlicher und ernster Einfluß nicht so sehr auf dieser oder jener Versammlung erobert wird, wie vielmehr durch lange beständige Arbeit unter den Massen in den Betrieben. Man muß begreifen, daß der Hauptfehler der deutschen Kommunisten in der letzten Zeit darin besteht, daß sie allzuviel Aufmerksamkeit den »hohen«, »parlamentarischen« Fragen und allzuwenig Aufmerksamkeit der Arbeit in den Betrieben gewidmet haben. Wie haben die russischen Bolschewisten seinerzeit die Menschewisten be- siegt? Sie überließen den Menschewisten ruhig ihre Lorbeeren auf den »Kon- zert-Versammlungen«, in den Couloiren des Parlaments usw., während sie selbst zu den Massen gingen auf die Fabriken und in die Betriebe und durch jahrelange Arbeit in den Betrieben, in den Tiefen der Arbeitermassen, die Mehrheit der Arbeiterklasse auf ihre Seite brachten. Reden wir weniger davon, daß die Kommunistische Partei Deutschlands die einzige Arbeiterpartei ist! Handeln wir um so mehr, damit durch eine unermüdliche jahrelange Arbeit innerhalb breiter Massen in den Betrieben die Mehrheit der Arbeiterschaft für uns gewonnen wird. Die besten Parteigenossen der Kommunistischen Partei Deutschlands — in die Betriebe und von dort in die Gewerkschaften! Eine lange Ausdauer und die Bereitschaft, jahrelang die einfachste alltägliche Arbeit unter den Massen zu leisten, um Einfluß für ihre Partei zu erobern — das ist es, was die deutschen Kommunisten brauchen! Zur Durchführung der Gewerkschaftsarbeit ist eine entschlossene, organi- satorische Umstellung der Partei im Sinne der Organisationsbeschlüsse des letzten Parteitages erforderlich. Die auf dem Parteitag in Berlin beschlosse- nen neuen Statuten und Organisationsrichtlinien müssen aufs rascheste ver- wirklicht werden. Die organisatorische Umstellung der Partei hängt eng mit der politischen zusammen. Ihre gemeinsame Richtlinie besteht in der Ver- legung des Schwergewichts der gesamten politisch-organisatorischen Arbeit der Partei in die Betriebe, mit dem Ziel, die Massen der Arbeiter in den Be- trieben zu erobern. Im Vordergrund der organisatorischen Umstellung stehen folgende drei Aufgabengebiete: Reform des innerparteilichen Kurses im Sinne der Normalisierung und Demokratisierung des Parteilebens, der lebendigen Verbindung der Partei- führung mit der Mitgliedschaft in und durch alle Organisationen der Partei. 238                      DIE KPD IN DER WEIMARER REPUBLIK Ernsthafte und unbedingte konsequente Reorganisation auf der Grund- lage der Betriebszellen. Organisatorische Zusammenfassung und Festigung des kommunistischen Einflusses in allen parteilosen Arbeiterorganisationen, vor allem in den Ge- werkschaften, aber zugleich auch in den sich neu bildenden Massenorganisa- tionen des Proletariats. Die Durchführung einer lebendigen Verbindung der Parteiführung mit der Mitgliedschaft erfordert die Beseitigung des Überzentralismus, die Heran- ziehung neuer Kräfte nicht nur für die Zentrale, sondern für alle leitenden Organe der Partei, besonders auch für die Bezirksleitungen; die Garantie der kollektiven Arbeit der gesamten Mitgliedschaft und die engste Zusammen- arbeit mit der Komintern. Die Zusammenarbeit mit der Komintern ist um so notwendiger, weil durch sie die Partei durch die Erfahrungen der gesamten Internationale bereichert wird. Neben der Reform des innerparteilichen Kurses und der Umstellung auf die Betriebszellen ist von größter Wichtigkeit der rasche Aufbau eines Systems wirklich bolschewistischer, mit größter Initiative praktisch arbeitender Partei- fraktionen in ausnahmslos allen Organisationen der Arbeiterschaft, wo Kom- munisten stehen. Diese Aufgabe beschränkt sich keineswegs auf die Gewerk- schaften, sondern gilt auch für sämtliche anderen parteilosen Massenorgani- sationen, sei es, daß sie bereits seit längerer Zeit bestehen, sei es, daß sie sich erst neu herausbilden. Der RFB bietet das beste Beispiel für die Neubildung proletarischer Massenorganisationen auf Grund der Kampferfahrungen des deutschen Proletariats. Rasche Einstellung der Partei auf solche Organisa- tionen (Sport-, Mieter-, Freidenker-, Rote Frauenliga usw.) und ihre Aus- nutzung zur Stärkung der Gewerkschaftsarbeit ist notwendig. In der Reihe der Fehler und Mängel der Leitung der KPD nimmt nicht den letzten Platz ihre vollkommen unrichtige Politik gegenüber dem Kom- munistischen Jugendverband Deutschlands ein. Die zahlenmäßige Schwäche und die Schwierigkeiten des Jugendverbandes in Deutschland lassen sich in bedeutendem Maße dadurch erklären, daß die Partei fast nichts gemacht hat, um dem Jugend verband zu helfen, einen bedeutend höheren Stand zu errei- chen. Aber die Hauptursache der Schwäche des deutschen Jugendverbandes ist die, daß er bis zur letzten Zeit auf demselben unrichtigen Wege ging, aut dem die Partei von ihrer Führung geleitet wurde, und mit der Partei alle ihre Fehler teilte. Um so mehr Bedeutung hat der Umstand, daß auf dem 10. Parteitag einzig die Jugend offen und bis zu Ende die Vorschläge der Komintern verteidigte. Das ist ein sicheres Zeichen dessen, daß die Jugend bereits ohne die Hilfe der Partei und sogar trotz des Widerstandes der Par- teiführung selbständig den richtigen Weg zu beschreiten begonnen hatte. Des- halb war vollkommen unzulässig das Benehmen der Vertreter der Partei- DIE KPD UND DIE KOMINTERN 239 Führung, das auf dem Parteitag in der Obstruktion gegenüber der Jugend und danach in dem »Druck« gegenüber dem ZK des KJVD seinen Ausdruck fand. Die Partei muß es verstehen, daß ein solches Verhältnis dem KJV gegenüber die ganze Arbeit unter der arbeitenden Jugend zunichte machen kann; diese Arbeit ist aber eine der wichtigsten Voraussetzungen der wirk- lichen Bolschewisierung der Partei. Die Organisationen des ländlichen und städtischen Kleinbürgertums be- dürfen der besonderen Aufmerksamkeit der Partei. Zugleich müssen endlich die notwendigen Schritte unternommen werden, um in Deutschland praktisch eine leninistische Bauernpolitik zu verwirklichen. Die Partei muß die stei- gende Unzufriedenheit des Kleinbürgertums und des Bauerntums wegen der Regelung der Aufwertungsfrage, der Handelsverträge, der Kredite, der Steuern und Zölle zum gemeinsamen Kampf gegen die Bourgeoisie mobili- sieren. (Kommunistische Fraktionsarbeit in den Aufwertungs-, Mieterorgani- sationen, den Organisationen der Weinbauern, Kleinbauern, Pächter usw.) Die Parlamentsarbeit der Partei im Reiche, den Ländern und Kommunen muß in allererster Linie vom Gesichtspunkt der Förderung unserer Arbeit in den Massenorganisationen durchgeführt werden. Dazu ist die engste Zusam- menarbeit zwischen den Parlamentsfraktionen und den kommunistischen Fraktionen in den Gewerkschaften usw. eine unerläßliche Voraussetzung. Die Partei darf keinen Augenblick vergessen, daß nach wie vor ernste rechte und ultralinke Gefahren in ihren Reihen bestehen. Dagegen bieten nicht mechanische Maßnahmen einen Schutz, sondern die breite, gründliche, bis zum letzten Parteimitglied vordringende, alle Organisationen und Zellen umfassende Aufklärungs- und Erziehungsarbeit durch die Partei. Die ideo- logische Überwindung aller Fehler auf praktischem und theoretischem Gebiet erfolgt am besten auf dem Wege der Durchdringung der Partei mit den Grundsätzen des Leninismus und der Komintern, auf dem Wege der Anwen- dung dieser Grundsätze auf die konkreten Verhältnisse in Deutschland und die daraus erwachsenden praktischen Parteiaufgaben. Eine breite Aufklärungskampagne unter der gesamten Mitgliedschaft über die Notwendigkeit und den politischen Sinn der gegenwärtigen Auseinander- setzung muß den bewußten Anfang dieser innerparteilichen Propaganda- arbeit bilden. 7. Warum muss die Partei gerade jetzt und warum muss SIE RASCH UMGESTELLT WERDEN? Viele Parteigenossen werden fragen, warum der Umschwung in der Führung der KPD so »plötzlich« notwendig ist, in Wirklichkeit handelt es sich keines- wegs um »plötzlich« aufgetauchte Differenzen zwischen der Exekutive und 240 DIE KPD IN DER WEIMARER REPUBLIK der Gruppe Ruth Fischer. Es handelt sich vielmehr um Gegensätze, die während des ganzen Verlaufs der letzten anderthalb Jahre vorhanden waren und sich immer weiter bis zu dem jetzigen für die Partei und die Internatio- nale völlig unerträglichen Zustand verschärfen. Mehr als einmal hat die Exe- kutive die führende Gruppe vor der Fortsetzung ihrer Abweichungen gewarnt. Bereits auf der Tagung der Erweiterten Exekutive teilte die russische Dele- gation der deutschen Vertretung unter Führung Ruth Fischers nach ernsten, tagelangen Beratungen mit, daß bei der Fortsetzung des bisherigen innerpar- teilichen falschen Kurses ein schwerer Konflikt unvermeidlich sei. Die Vertreter der Exekutive in Deutschland wiesen immer wieder auf die Abweichungen und Irrtümer der erwähnten Gruppe hin. Trotzdem blieben alle Ratschläge und ernsten kameradschaftlichen Warnungen wirkungslos. Die Exekutive versuchte bis zuletzt das Entstehen eines offenen Konfliktes und die daraus mit Notwendigkeit folgenden organisatorischen Maßnahmen zu vermeiden. Nur aus diesem Grunde beschränkte sich die Exekutive auf Verhandlungen mit der führenden Gruppe der Parteizentrale und verzichtete, in der Hoff- nung auf diesem Wege eine Gesundung zu erreichen, auf die Austragung der sich ansammelnden Gegensätze vor den Organisationen und der Mitglied- schaft der Partei. Wir versuchten, auf dem Wege der erzieherischen Einwir- kung, der kameradschaftlichen Zusammenarbeit die Gruppe Ruth Fischer- Maslow von ihren Fehlern zu überzeugen. Wir vermieden trotz aller Bedenken den offenen Kampf, um der Linken der deutschen Partei, mit deren politischer Linie sich die Exekutive mehr als einmal solidarisiert hat, nicht im Augenblick ihres schweren Kampfes gegen die Rechten und Ultralinken Abweichungen in der KPD Schwierigkeiten zu bereiten. Dieser notwendige Schritt wurde uns dadurch erleichtert, daß sich inner- halb der Linken der deutschen Partei der Kern einer starken Opposition gegen das System der Genossen Ruth Fischer-Maslow herausgebildet hat. Der Berliner Parteitag6* und die Ereignisse unmittelbar nach seiner Beendi- gung bewiesen endgültig, daß die Hoffnungen der Exekutive, die Differenzen auf dem Wege der normalen Zusammenarbeit beizulegen, gescheitert sind. Die Vorstöße der Genossen Ruth Fischer und Maslow machen es zur zwin- genden Notwendigkeit, die Fragen der deutschen Partei offen vor der ganzen Mitgliedschaft zu stellen. Mögen unsere Feinde in ein Triumphgeheul ausbrechen und ihre Finger auf die Wunden der deutschen Partei legen. Möge die Bourgeoisie, mögen die Sozialverräter ganz Deutschlands die Partei verspotten und verhöhnen. Lenin hat uns gelehrt, ohne Rücksicht auf den Feind, schonungslos alle Fehler unserer Partei, der einzigen Partei der Vorhut des revolutionären Prole- tariats, mit bolschewistischer Offenheit bloßzulegen. Keine Partei der Welt Gemeint ist der X. Parteitag der KPD, der vom 12. bis 17. Juli 1925 in Berlin stattfand. DIE KPD UND DIE KOMINTERN 241 ist imstande, so offen und bis zu Ende folgerichtig ihre eigenen Mängel zu erkennen und aufzudecken, wie die Kommunistische Partei. Dies allein ist das Unterpfand für die rasche und vollständige Überwindung dieser Fehler. Die Exekutive ist tief überzeugt, daß kein kommunistischer Arbeiter in Deutschland sich durch das mit Sicherheit zu erwartende Triumphgeschrei der bürgerlichen und sozialdemokratischen Presse auch nur einen Augenblick verwirren oder beirren lassen wird. Mögen auch alle Rechten und Ultrarechten in unseren eigenen Reihen den Augenblick für gekommen halten, sich aufs neue hervorzuwagen. Mögen die Brandieristen erklärten: »Die Linke ist bankrott«. Die Kommunistische Partei Deutschlands wird in geschlossenen Reihen vorwärts gehen, ohne den Rufen der rechten und ultralinken Gegner auch nur Gehör zu schenken. Wir wiederholen nochmals: nicht die deutsche Linke ist bankrott, sondern einige ihrer Führer. Die deutsche Linke mit all ihren Fehlern in der Vergangenheit und in der Gegenwart war nicht bloß eine Gruppe von einzelnen Personen. Sie hat eine große historische Rolle zu erfüllen. Sie zog die Lehren aus dem Oktober 1923, sie schlug den Brandierismus, sie einigte die zerrissene Partei im Moment ihrer schwersten Krise. Die deutsche Linke muß die besten Traditionen der Vorhut des deutschen Industrieproletariats, der besten, stärksten Parteiorganisationen, wie Berlin, Hamburg, Ruhrgebiet, Rheinland erhalten und fortsetzen, aber sie muß auch zugleich verstehen, alles Falsche, Unreife, Unbolschewistische aus ihrer Vergangenheit und Gegenwart auszumerzen. Dann wird sie nicht nur der linke, sondern der wirkliche, bolschewistische, führende Kern der KPD werden. Lenin hat uns gelehrt, daß, unsere Fehler offen und rücksichtslos vor der ganzen Arbeiterklasse zu kritisieren, bereits zur Hälfte sie zu überwinden bedeutet. Die RKP hat in ihrer fünfundzwanzigjährigen Geschichte mehr als einmal — frei von jeder kleinbürgerlichen Sentimentalität, von jedem Selbst- gefühl — ihre Schwächen aufgedeckt und überwunden. Die KPD wird diesem Beispiel folgen. Die Hauptmängel sind nicht zu suchen in der kerngesunden proletarischen Mitgliedschaft der Partei, sondern in der Spitze ihrer Spitze, die versagt hat. Vor der Partei stehen neue große Aufgaben. Die Situation entwickelt sich nicht gegen uns, sondern für uns. Der Klassenkampf in Deutschland bewegt sich seit einigen Monaten nicht mehr auf der sinkenden, sondern auf der auf steigenden Linie. Nur wenn die gesamte Partei alle Zeichen der Zeit erkennt, wenn sie sich auf sich selbst, auf ihre eigene Kraft, auf die Kommunistische Internationale auf die unbesiegbare Kraft der deutschen Arbeiterklasse besinnt, — kann sie 242 DIE KPD IN DER WEIMARER REPUBLIK die Krise überwinden und das deutsche Proletariat zum Siege führen. Dann aber mit Sicherheit. Exekutive der KI: Sinowjew, Bucharin, Manuilski, Piatnitzki, Losowski (Sowjetunion). Jacob (Frankreich). Brown (Groß-Britannien). Kuusinen (Finnland). Scheflo (Norwegen). Kilbom (Schweden). Kolaroff (Bulgarien). Dimitroff (Bulgarien). Boschkowitsch (Jugoslawien). Katajama (Japan). Roy (Indien). Mitskewitsch-Kapsukas (Litauen). Delegation der KPD: Thälmann, Ruth Fischer, Dengel, Schwan, Schneller, Schehr, Kühne, Strötzel, Heinz Neumann. und das Zentralkomitee der KPD (Sektion der Komm. Internationale). Die Rote Fahne vom i. September 1925. 7'- BESCHLUSS DES POLBÜROS DER KPD ZUM OFFENEN BRIEF DES EKKI ÜBER DIE RECHTE GEFAHR IN DER KPD (1928) 6s Das Polbüro des ZK der KPD faßte in seiner Sitzung vom 21. Dezember folgenden Beschluß zum Offenen Brief des EKKI über die rechte Gefahr in der KPD: Nach der Wittorf-Affäre (vgl. Dok. 81) wurde die auf dem VI. Weltkongreß der Komintern begonnene Linksschwenkung der KPD rascher vorangetrieben. Wie 192$ wandte sich das EKKI am 19. Dezember 1928 wieder mit einem Offenen Brief, diesmal über die »Rechte Gefahr« an die KPD. Das Politbüro der KPD unter Thäl- mann, Remmele und Heinz Neumann gab dazu die vorliegende Erklärung ab. DIE KPD UND DIE KOMINTERN 243 Das Polbüro begrüßt rückhaltlos die klare und entschiedene Stellung- nahme des Präsidiums des EKKI zur rechten Liquidatorengruppe in der KPD. Das Polbüro erblickt in dem Offenen Brief des Präsidiums die stärkste Unterstützung des Kampfes der KPD gegen die Feinde des Kommunismus innerhalb der eigenen Reihen. Die internationale Bedeutung des Beschlusses des Präsidiums ist unverkennbar. Der Offene Brief an die Mitglieder der KPD wird in der Komintern einer der bedeutsamsten Schritte sein, um die Rechtsgefahren, Rechtsströmungen und Rechtsfraktionen auch in den übrigen Bruderparteien schonungslos zu bekämpfen und zu liquidieren. Der Beschluß des Präsidiums des EKKI ist gerade deswegen von hervor- ragender Bedeutung für den Kampf der KPD gegen die rechte Liquidato- rengruppe, weil er in der großen Linie die Notwendigkeit des ständigen und ununterbrochenen ideologischen Kampfes gegen den Opportunismus in den Reihen der Kommunistischen Partei aufzeigt. Gleichzeitig zeigt der Offene Brief der KPD den Weg zur restlosen Liquidierung der rechten Liquidatoren- gruppe, der bestehen muß in dem entschiedensten ideologischen Kampf gegen das Liquidatorentum, zeigt er, wie und wann im Verlaufe dieses ideologi- schen Kampfes organisatorische Konsequenzen gezogen werden müssen. Das Polbüro begrüßt, daß vom Präsidium des EKKI nach der erfolgten Verhand- lung mit den früheren Kandidaten des Zentralkomitees, Hausen und Galm, deren Ausschluß aus der Kommunistischen Partei Deutschlands und aus der Kommunistischen Internationale vollzogen worden ist. Ebenso drückt das Polbüro seine Befriedigung aus, daß der Beschluß des Präsidiums des EKKI offen und unumwunden ausspricht, die Mitglieder der KPdSU, Brandler und Thalheimer, aus der KPdSU und aus der Kommunistischen Internationale sofort auszuschließen, wenn sie der Aufforderung, vor der Zentralen Kon- trollkommission der KPdSU zu erscheinen, nicht Folge leisten sollten. Das Polbüro des ZK der KPD begrüßt ebenso die Feststellung des Offenen Briefes, daß die rechten Führer Walcher, Frölich und Genossen bei Ablehnung der Bedingungen des Zentralkomitees der KPD aus der KPD und aus der Kom- munistischen Internationale auszuschließen sind. Das Polbüro des Zentralkomitees der KPD ist mit dem Präsidium des EKKI besonders darin einverstanden, daß der ideologische Kampf gegen den Opportunismus und die Liquidierung der rechten Liquidatorengruppe vor allem dazu ausgewertet werden muß, um die Aktivisierung der Parteimassen, die Verbesserung der Parteikaders und die Stärkung der Parteiführung her- beizuführen. Die Parteiführung der KPD wird gemeinsam mit der Mitglied- schaft alle Kraft daransetzen, um die stärkste Auswirkung des Offenen Briefes auf alle Kommunisten und die revolutionäre Arbeiterschaft im In- teresse der gesteigerten revolutionären Arbeit nutzbar zu machen. Es gilt, auf der Linie der politischen Plattform, wie sie im Offenen Brief umrissen ist, die Reihen fester zu schließen und die Partei zu einer festen, 244 DIE KPD IN DER WEIMARER REPUBLIK geschlossenen Einheit zusammenzuschweißen, damit sie die großen Aufgaben erfolgreich durchführen kann, die in der gegenwärtigen Periode des ver- schärften Klassenkampfes und der wachsenden imperialistischen Kriegsgefahr vor ihr stehen. Das Polbüro begrüßt ebenso rückhaltlos die klare und offene Sprache des Offenen Briefes gegenüber den versöhnlerischen Strömungen und der versöhnlerischen Gruppe in der KPD, die gleichfalls die ersten Anzeichen zur Fraktionsbildung aufweist. Besonders begrüßt das Polbüro die Feststel- lung des Offenen Briefes: »Für das Versöhnlertum ist in der KPD gegen- wärtig kein Platz mehr.« Die Partei hat die Aufgabe, die vollständige ideo- logische Liquidierung des Versöhnlertums durchzuführen. Die Gruppe der Versöhnler muß sich endgültig entscheiden, ob sie auch weiterhin wie bisher der Partei im Kampfe gegen das rechte Liquidatorentum in den Arm fällt oder ob sie bereit ist, die einheitliche Front mit der Gesamtpartei gegen alle Feinde des Kommunismus zu beziehen. Die Genossen Ewert und Meyer haben noch im letzten Moment versucht, die Beschlüsse der ZK-Sitzung vom 14. Dezember zu durchkreuzen und damit den rechten Liquidatoren Hilfsdienste zu leisten (Telegramm an das EKKI). Nachdem die Komintern endgültig und entschieden gesprochen und geurteilt hat, erwartet das Polbüro von der Gruppe der Versöhnler (Ewert, Meyer, Eberlein, Dietrich, Becker, Schröter, Schumann, Kurt), insbesondere von deren Vertretern im Polbüro, den Genossen Meyer und Ewert, daß sie ihre die Partei schädigenden Fehler anerkennen und sich diszipliniert in die Gesamt- arbeit der Partei einreihen. So wie das Polbüro innerhalb der deutschen Delegation zum VI. Welt- kongreß in einem besonderen Beschluß seine Bereitschaft zur Zusammenarbeit mit den Genossen bekundete, wiederholt es heute diese Aufforderung. Gleich- zeitig erinnert das Polbüro die Angehörigen der Versöhnlergruppe daran, daß ihr Beharren auf dem seitherigen Standpunkt zwangsläufig zur Ver- schärfung der innerparteilichen Lage führen und die Anwendung entschie- dener Maßnahmen zur Sicherung der Parteilinie zur Folge haben müßte. Das Polbüro fordert die Parteimitgliedschaft im ganzen Reiche auf, so- fort in allen Parteikörperschaften, Bezirksleitungen, Ortsgruppen und Partei- zellen zu dem Offenen Brief des EKKI Stellung zu nehmen und die gefaßten Beschlüsse sofort an die leitenden Parteiorgane zu berichten. Die Bezirksleitungen sind verpflichtet, in allen Bezirken die Berichterstat- tung und Aussprache über den Offenen Brief des Präsidiums des EKKI vom 19. Dezember durchzuführen und über das Ergebnis an das ZK Bericht zu erstatten. Die Stellungnahme der Parteikörperschaften, Bezirksleitungen, Ortsgrup- pen und Parteizellen zum Offenen Brief des EKKI muß durchgeführt werden auf folgender Basis: DIE KPD UND DIE KOMINTERN                                                                       245 auf der Grundlage einer breit angelegten, systematischen ideologischen Kampagne zur Überwindung der opportunistischen Gefahr in der KPD, zur bedingungslosen Sicherstellung der bolschewistischen Parteieinheit und zur Gewinnung jener Arbeiter, die noch unter dem Einfluß der rechten Fraktion stehen; zur Durchführung eines systematischen Kampfes zur Überwindung des Versöhnlertums gegenüber den Rechten, das den Kampf gegen die Rechten hemmt und die Liquidierung der rechten Gruppe und der rechten Auffassun- gen erschwert; zur Durchführung der innerparteilichen Demokratie und Stärkung der Selbstkritik, um der Partei zu helfen, ihre Schwierigkeiten zu überwinden, was eine weitgehende Festigung der eisernen innerparteilichen Disziplin zur Voraussetzung hat (siehe politische Thesen des VI. Weltkongresses der Ko- mintern); zur Anspannung und Mobilisierung aller Parteikräfte auf der Basis der Beschlüsse des VI. Weltkongresses und der im Offenen Brief des Präsidiums des EKKI enthaltenen politischen Linie und Direktiven, um die Partei reifer und vollkommener zu machen, die großen Aufgaben, die vor der Partei ste- hen, im Interesse des deutschen Proletariats zu lösen. Berlin, den 21. Dezember 1928 Das Polbüro des ZK der KPD D;e Rote Fahne vom 23. Dezember 1928. 7*- KAMPF GEGEN ALLE ABWEICHUNGEN (Beschlüsse des XII. Plenums des EKKI, September 1932) Das XII. Plenum betont die Wichtigkeit und unverzügliche Notwendigkeit der Überwindung der Mängel und Fehler in der Praxis der kommunistischen Parteien. Es ist notwendig, entschlossen abzurücken einerseits von der rechts- opportunistischen »Nachtrabpolitik«, die sich nicht selten in Stimmungen des Kapitulantentums, im Unglauben an die Möglichkeit der Revolutionierung der reformistischen Arbeitermassen äußert, andererseits von dem »links«- opportunistischen Subjektivismus, der die notwendige schwierige Arbeit der bolschewistischen Erziehung und Mobilisierung der Massen durch leere Phra- sen über die Auslösung revolutionärer Kämpfe ersetzen will, anstatt einer wirklichen Entfaltung dieser Kämpfe durch Organisierung und Eroberung 246                      DIE KPD IN DER WEIMARER REPUBLIK der Führung des täglichen Kampfes der Arbeiter und Bauern. Die richtige bolschewistische Massenpolitik verwirklicht sich im unversöhnlichen Kampf gegen den Rechtsopportunismus als die Hauptgefahr, und gegen die »linken« Abweichungen von der Linie der Komintern . .. Auf dem Gebiete der Erziehung der neu geworbenen Parteimitglieder und der neuen Kader bedarf es der Durchführung sowohl von Parteibildungs- schulen als auch der Eingliederung dieser Parteimitglieder in die tägliche revolutionäre Arbeit inmitten der breitesten Massen ... Unversöhnlicher Kampf gegen alle Entstellungen des Marxismus-Leninismus, für die Reinheit der Parteitheorie im Sinne der im Briefe des Genossen Stalin enthaltenen Weisungen, Propagierung der Prinzipien des Kommunismus, der Diktatur des Proletariats und der Sowjetmacht... Das XII. EKKI-Plenum fordert alle Sektionen der Kommunistischen In- ternationale auf, mit bolschewistischer Konsequenz und Entschlossenheit den Kampf gegen das Kapitulantentum vor der reformistischen Gewerkschafts- bürokratie als der Hauptgefahr und gegen jene opportunistischen Elemente innerhalb der kommunistischen Parteien und der revolutionären Gewerk- schaftsbewegung weiterzuführen, die in der Tat bis heute Gegner des Be- strebens roter Gewerkschaften und der RGO sowie der Organisierung und Führung selbständiger Wirtschaftsstreiks durch diese sind und an deren Stelle für die Losung »Zwingt die Bonzen« eintreten . .. Die Kl-Sektionen müssen jene »links«-sektiererischen Elemente innerhalb der kommunistischen Parteien und der revolutionären Gewerkschaftsbewe- gung, die den Kampf der Komintern gegen die opportunistische Losung »Zwingt die Bonzen« tatsächlich zur Ablehnung der Arbeit innerhalb der reformistischen Gewerkschaften ausnutzen, rücksichtslos bekämpfen. Das XII. EKKI-Plenum fordert alle Kl-Sektionen zum entschlossenen Kampf gegen die »links«-sektiererische Absage vom Kampf um die wählbaren Posten in den reformistischen Gewerkschaften auf, der laut den Beschlüssen des X. EKKI-Plenums Pflicht eines jeden Kommunisten ist. Die wichtigsten Beschlüsse der KI und der KPD nach dem VI. Weltkongreß im Zitat Hrsg, von der KPD, Berlin 1932, S. 36/37. G. DAS INNERPARTEILICHE REGIME DER KPD 73- DIE ORGANISATIONSFRAGE AUF DEM GRÜNDUNGSPARTEITAG DER KPD Referent Genosse Eberlein: Die Frage wäre einfach, wenn wir die alten Sche- mata übernehmen könnten. Die Frage ist jedoch, ob wir lediglich Wahlverein sein wollen oder politische Kampforganisation. Die Organisationen der alten sozialdemokratischen Partei waren, wenn keine Wahlen stattfanden, öde und leer. Man hat versucht, sie zu Bildungsversammlungen auszugestalten. Aber auch diese Bildungsorganisationen haben den Arbeitern nicht die für die Füh- rung des Klassenkampfes nötigen geistigen Waffen vermittelt, sondern nur Firnis, den die ersten ernsten Stürme abgewaschen haben. Die Bildungsarbeit hat nicht verhindert, daß die Arbeiter nach Kriegsausbruch mit fliegenden Fahnen zum Imperialismus übergingen. Der Verwaltungsorganismus ist ver- knöchert. Wir müssen unsere Organisation ganz anders ausbauen, wenn wir aktionsfähig bleiben wollen. Die Hauptsache ist, daß wir uns hier darüber klar werden, wie die neue Organisation gestaltet werden könnte. Die Form selbst soll ja die soeben gewählte Kommission festlegen. Ich will hier nur Anregungen geben. Der erste Gedanke wäre der, ob wir die bisherige Organi- sation des Spartakusbundes übernehmen können. Wir waren eine illegale Organisation ohne irgendeine feste Form. Nachdem sich überall Genossen ge- funden hatten, bildeten wir hier in Berlin die Organisationszentrale, die nach besten Kräften gearbeitet hat. Die Arbeit war schwierig, zeitweilig standen nur einzelne Genossen zur Verfügung, denn die anderen saßen in Zuchthäu- sern, Gefängnissen oder steckten im Soldatenkittel. Bei der Erneuerung der Zentrale ist es das wichtigste, die einzelnen genau anzusehen; denn es ist mög- lich, daß wir bald wieder mit dem Belagerungszustand zu rechnen haben. Die bisherige Organisationsform des Spartakusbundes kann nicht übernommen werden- Was machen wir? Wir verlangen, daß die Arbeiter- und Soldaten- räte die ganze politische Macht übernehmen. Ihre Grundlage sollen die Be- triebsräte sein. Wir müssen unsere Organisation dieser Tätigkeit anpassen. Es ist daher das zweckmäßigste, vielleicht kommunistische Gemeinschaften in den Betrieben zu begründen. Die Obleute der Betriebe bilden die Funktionär- konferenzen des Ortes, die die Ortsleitungen bestimmen. Daneben müssen Zusammenkünfte der Arbeitslosen usw. stattfinden. Auf dem platten Lande 248                      DIE KPD IN DER WEIMARER REPUBLIK und in industriearmen Gegenden müssen andere Wege gefunden werden. Diese Art der Organisation hat den Vorteil, daß sie die Schlagfertigkeit er- höht. Diese Organisationsart darf aber nicht schematisiert werden, sondern sie muß sich den örtlichen Verhältnissen anpassen. Die einzelnen Orte müs- sen für die Gestaltung ihrer Organisation völlige Freiheit behalten. Es darf von oben her nicht uniformiert werden. Die einzelnen Organisationen müssen völlige Autonomie haben. Sie dürfen nicht auf Parole von oben her warten, sondern sie müssen aus eigener Initiative arbeiten. Die Zentrale hat in der Hauptsache die Aufgabe, zusammenzufassen, was draußen vor sich geht, und die politische und geistige Führung zu übernehmen. Die Frage der Presse darf auch nicht zentral geregelt werden, ebensowenig die Flugblatt- oder Schrif- tenausgabe. Die Ortsgruppen müssen sich wieder zusammenschließen zu Be- zirken und diese Bezirke entsenden Mitglieder zur Zentrale nach Berlin zum erweiterten Parteivorstand, der so oft wie möglich zusammenzutreten hat... Bericht über den Gründungsparteitag der KPD (Spartakusbund) vom 30. Dezember 1918 bis 1. Januar 1919 Hrsg, von der KPD, o. O. und o. J., S. 43/44. 74 • SATZUNG DER KOMMUNISTISCHEN PARTEI DEUTSCHLANDS (1919) 1 Mitgliedschaft Die Parteimitgliedschaft kann jede Person vom 14. Lebensjahr an erwerben, die Programm und Satzung der Partei anerkennt. Aus der Partei wird ausgeschlossen, wer gegen die Grundsätze und Be- schlüsse der Partei handelt. Über den Ausschluß entscheidet die Ortsgruppe, über Berufungen gegen das Urteil zunächst der Bezirksparteitag, endgültig der Gesamtparteitag. 2 Ortsgruppen Die Ortsgruppen sind in ihrer Organisationsarbeit im Rahmen der Partei- grundsätze und Parteibeschlüsse selbständig. Sie geben sich eine eigene Sat- zung, welche die Betriebs- und Wohnbezirksorganisation zur Grundlage hat. DAS INNERPARTEILICHE REGIME DER KPD 249 3 Bezirke Die Ortsgruppen schließen sich nach Wirtschaftsgebieten und diese nach Agi- tationsbezirken zusammen. Die höchste Instanz jedes Bezirks ist die Bezirkskonferenz. Diese setzt einen Bezirksausschuß ein, dessen Hauptaufgabe die organisatorische und propagandistische Tätigkeit im Bezirk ist. Er hat gemeinsame Aktionen zu leiten. 4 Parteitag Der Parteitag setzt sich aus Vertretern der Bezirke zusammen, in denen auf je 1000 Mitglieder ein Vertreter von den Mitgliedern in Urabstimmung zu wählen ist. Die Wahlgruppen sind von der Bezirkskonferenz zu bestimmen. Die Vorschläge für die zu wählenden Vertreter sind von den Ortsgruppen zu machen. Der Parteitag wird vom Zentralausschuß jährlich mindestens einmal ein- berufen. Auf Verlangen der Mehrheit der bestehenden Bezirke muß er be- rufen werden. Die Beschlüsse des Parteitags sind für alle Mitglieder und Organisationen der Partei bindend. 5 Zentralausschuss Der Parteitag beauftragt mit der Führung der Geschäfte der Gesamtpartei einen Zentralausschuß, der aus 20 Mitgliedern besteht. Davon wählt der Parteitag unmittelbar 7 Mitglieder, die ihren Wohnsitz am Sitz der Zentrale nehmen müssen. Die übrigen 13 Mitglieder werden vom Parteitag aus den verschiedenen Landesteilen nach Vorschlägen der Bezirke oder der Partei- tagsvertreter der Bezirke gewählt. Die Mitglieder des Zentralausschusses sind untereinander gleichberechtigt. Die vom Parteitag unmittelbar gewählten Mitglieder führen die laufenden Geschäfte der Gesamtpartei. Zu den Sit- zungen der engeren Zentrale sind die Leiter der Sekretariate für die Frauen- und Jugendagitation als stimmberechtigte Teilnehmer hinzuzuziehen. Der Gesamtausschuß hat die Kontrolle über die Geschäftsführung der Zentrale. Er muß regelmäßig zu Tagungen zusammentreten und bei allen wichtigen Beschlüssen mitwirken. 2J0 DIE KPD IN DER WEIMARER REPUBLIK 6 Beiträge Die Höhe des Parteibeitrages für den Ort bestimmt die Ortsgruppe. Er muß wöchentlich mindestens 15 Pfg. für weibliche und jugendliche Mitglieder und 30 Pfg. für die übrigen Mitglieder betragen. 30 Prozent der Einnahmen sind an den Agitationsbezirk abzuführen, der davon ein Drittel an den Zentral- ausschuß abzuliefern hat. Die Abrechnung erfolgt alle Quartale. 7 Presse Die Lokalpresse untersteht den Genossen des Verbreitungsgebietes. Zuschüsse der Gesamtpartei werden von den lokalen Organen verwaltet. Durch ihre Bewilligung dürfen keine besonderen Rechte des Zentralausschusses in bezug auf Anstellung und Entlassung der Redakteure bedingt werden. Bei Ver- stößen gegen Grundsätze und Taktik der Partei in der Lokalpresse steht dem Zentralausschuß das Recht zu, in den betreffenden Zeitungen und Zeitschrif- ten selbst Stellung zu nehmen. 8 Angestellte Besoldete Angestellte in leitender Stellung der Partei werden von den höch- sten Instanzen (Mitgliederversammlung der Ortsgruppe, Bezirkskonferenz, Parteitag) gewählt und können jederzeit von diesen Instanzen abberufen werden. Sie haben sich alljährlich aufs neue zur Wahl zu stellen. Dringende Neuanstellungen für das Reich nimmt der Zentralausschuß vor. Sie müssen vom nächsten Parteitag bestätigt werden. Zu den Angestellten in diesem Sinne gehören: Sekretäre, Redakteure, Agitatoren und Geschäftsführer. Bericht über den 2. Parteitag der Kommunistischen Partei Deutschlands ( Spartakusbund) vom 20. bis 24. Oktober 1919 Hrsg, von der KPD (Spartakusbund), o. O. und o. J., S. 67I6K DAS INNERPARTEILICHE REGIME DER KPD                                                             2JI 75- ZENTRALISIERUNG DER KPD-ORGANISATION (1920) Geschäftsbericht der Zentrale: Nach langen Auseinandersetzungen über Zentralismus und Föderalismus in der Organisation hat sich die Partei zum Zentralismus bekannt. Da es auch hier nicht bei bloßen Beschlüssen bleiben darf, die straffste Zentralisation und eine eiserne Disziplin zur Stärkung der Kampfkraft der Partei unbedingt nötig ist, mußten wir auch praktisch den organisatorischen Apparat den Beschlüssen der Partei anpassen. Zur Durchführung dieser Aufgaben hat die Zentrale unter sich eine Reor- ganisation vornehmen müssen, indem sie die Tätigkeit ihrer Mitglieder spe- zialisierte und Büros schuf, die die Aufgabe haben, die Beschlüsse der Partei und der Zentrale auch praktisch durchzuführen. Wir schufen 1. ein Organisations-Büro (Or-Büro), dem die organisatotische Leitung, die Kontrolle der Partei und die Durchführung der Parteibeschlüsse obliegt; 2. ein politisches Büro (Pol-Büro), das die politische Leitung der Partei übernimmt. Im Organisationsbüro saßen bisher die Genossen Pieck, Eberlein, Heckert, Friesland und Brandler und als Vertreter des Pol-Büro der Genosse Thal- heimer. Im politischen Büro saßen bisher die Genossen Thalheimer, Zetkin, Levi, Meyer und Brandler, und als Vertreter des Or-Büros der Genosse Pieck. Zur Erledigung der geschäftlichen Aufgaben wurde eine Geschäftsabteilung ein- gerichtet (Gescha). Für die Verbindung der Zentrale mit den Bezirken wurde eine Anzahl po- litischer Kommissare gewonnen, zu denen ein Teil der Wanderredner noch hinzugezogen werden sollen und die nicht mehr, wie die Wanderredner bis- her, von einem Ort zum andern Ort ziehen, um Referate zu halten, die viel- mehr in Zukunft als politische Kommissare mit bestimmten politischen Auf- trägen in die Bezirke gehen... Tittel (Stuttgart): Vom Bezirk Württemberg habe ich die Aufgabe, gegen das Rundschreiben Nr. 21, welches die Zentrale an die Bezirke versandt hat, Stellung zu nehmen. In diesem Rundschreiben wurde die Frage der Zentra- lisation aufgeworfen. Wir können nicht ohne weiteres die Auffassung teilen, daß jederzeit nur die Zentrale bei Aktionen Parolen herausgeben dürfe. Es werden sehr oft Situationen kommen, in denen die Genossen in den Bezirken 2J2                                    DIE KPD IN DER WEIMARER REPUBLIK sich schnell entscheiden müssen. Die revolutionäre Initiative darf den Ge- nossen im Reiche nicht genommen werden. Wir wollen keinen bürokratischen, sondern einen demokratischen Zentralismus. Ebenso verhält es sich bei der Frage des Ausschlusses von Genossen aus der Partei. Es ist richtig, daß Genossen, die gegen die Grundsätze der Partei verstoßen, sofort von ihren Ämtern abberufen werden müssen. Aber in lega- len Zeiten den Instanzen, seien es lokale oder zentrale, die Macht einzuräu- men, diese Genossen aus der Partei auszuschließen, halte ich für falsch. Man würde dadurch der Willkür Tür und Tor öffnen. Sollte wirklich die Auffas- sung bestehen, den Instanzen diese Macht in die Hände zu geben, so muß sie revidiert werden. Bericht über den j. Parteitag der KPD (Sektion der Kommunistischen Internationale) vom i. bis 3. November 1920 in Berlin Frankes-Verlag, Leipzig-Berlin 1921, S. 11 und 40. 76. ORGANISIERUNG DER REVOLUTION (1924) Die Rolle des Parteiapparats Wir sind aus dem Zustand der Passivität der Mitgliederschaft noch nicht her- aus. Forscht man den Gründen dieser Passivität nach, so stößt man regel- mäßig auf dieselbe Feststellung: ein großer Teil der Parteigenossen ist sich noch nicht klar über die Rolle des Organisationsapparats. Für sie ist die Organisation ein Instrument für die Verbreitung kommunistischer Ideen und für die Sammlung und Schulung der besten proletarischen Elemente. Schließlich ist es für jeden selbstverständlich, daß die KP ein »Kampfinstru- ment« ist. Sie wissen aus Erfahrung, daß die Partei in bewegten und revolu- tionären Zeiten an der Spitze der kämpfenden Massen marschiert, daß sie diese eines Tages in die entscheidenden Machtkämpfe und zum Sieg über die Bourgeoisie führen wird. Jetzt aber hoffen und warten breite Mitglieder- massen fatalistisch auf die »neue revolutionäre Welle«, die von irgendwoher ganz bestimmt wieder kommt, der man sich anschließen, an deren Spitze die Partei sich dann stellen wird. Inzwischen herrscht »Flaute«, gegen die nicht viel zu machen sei. Das ist heute noch die Einstellung eines großen Teils der Partei. Das ist der tiefere Grund der sonst unverständlichen Passivität in einer Zeit, wo DAS INNERPARTEILICHE REGIME DER KPD                                                              2J3 wieder alle Dinge sich kritisch zuspitzen, wo die Konterrevolution Schlag auf Schlag gegen die KPD führt, wo die wirtschaftliche und politische Lage nach Aktivität unserer Partei schreit. Es ist die alte Frage, auf die man bei der Untersuchung stößt: die Frage der Rolle der Kommunistischen Partei in der proletarischen Revolution. »Die Kommunistische Partei ist der organisatorisch-politische Hebel, mit dessen Hilfe der fortgeschrittenste Teil der Arbeiterklasse die gesamte Masse des Proletariats und des Weltproletariats auf den richtigen Weg lenkt.« (II. Weltkongreß) »Für eine Kommunistische Partei gibt es keine Zeit, in der die Partei- organisation nicht politisch aktiv sein könnte. Die organisatorische Ausnut- zung jeder politischen und ökonomischen Situation und jeder ihrer Änderun- gen muß zu einer organisatorischen Strategie entwickelt werden.« (III. Weltkongreß) Die Funktionäre und die Redakteure der Partei müssen die These des II. Weltkongresses über die Rolle der KP und die Organisationsthesen des III. Weltkongresses aus der Versenkung hervorziehen und in Betriebszellen- und Mitgliederversammlungen mit zur Debatte stellen und veröffentlichen... Solange die Partei nicht zuerst ideologisch umgestellt ist, so lange wird es auch nicht schnell gelingen, die aus der jetzigen Lage des Klassenkampfes sich dringend notwendig machende Umstellung der Partei auf die Betriebszellen durchzuführen. An diesem Scheidepunkt — Übergang von der fatalistischen und deshalb passiven Einstellung zur Einsicht in die Notwendigkeit des bewußten Ein- wirkens unserer Organisation auf die Verhältnisse — steht heute die Partei. Die Partei lehnt die Theorie von der Spontaneität der Massenbewegung ab. Bewußt sagte der Frankfurter Parteitag: Wir organisieren die Revolution. Dieses Wort muß aber erst noch aus dem Zustand der blutleeren Parole zur blutvollen Wirklichkeit und Tagespraxis der Partei werden. Der Parteiapparat — lokal, bezirksweise, zentral — muß eine Zelle unseres Staats- und Wirtschaftsapparates von morgen sein. Jeder Funktionär muß ein klares Bewußtsein darüber haben, daß wir jetzt erneut in eine Phase der Möglichkeit des Umsturzes der bürgerlichen Macht gekommen sind, wo wir gleichzeitig einen klaren Überblick haben müssen, wie die der Bourgeoisie einmal entrissenen Funktionen morgen von den Kommunisten im Klassen- interesse ausgeübt werden. Alle unsere Leitungen müssen Stäbe der revolu- tionären Truppen sein, die den entscheidenden Angriff auf den Gegner vor- bereiten, selbst schon aber wissen, wie sie morgen die Stadt, das Land ver- w^lten und ernähren, die Produktion weiterführen werden. Die deutsche 2j4                                     DIE KPD IN DER WEIMARER REPUBLIK Revolution ist keine schöne romantische Sache, sondern ein erbitterter Klein- krieg, wo wir vielleicht erst kurz vor dem endgültigen Sturm aus den Schüt- zengräben und den Unterständen der Illegalität zusammen mit den Millionen aus den Betrieben hervorbrechen. Nochmals, man lese jetzt die genannten Thesen des II. und III. Weltkongresses nach: Erst jetzt, in unserer heutigen Situation in Deutschland vermögen wir sie richtig zu verstehen. Wenn bis zur kleinsten Leitung herunter das Bewußtsein in unseren Ge- nossen drin ist, daß kein guter Gott uns eine Revolution schenken wird, sondern daß wir sie selbst durch schwere, komplizierte, undankbare, aber unerläßliche Kleinarbeit auf den verschiedensten Gebieten organisieren müs- sen, dann wirds auch schneller gehen mit dem Aufbau der Partei auf die Betriebszellen. Wenn die Kommunisten klar vor sich die Frage gestellt sehen, mit ihren Truppen ins Feuer zu gehen, dann werden sie sehr bald erkennen, daß sie verloren sind, wenn sie sich allein auf die Mitgliederversammlung und die Organisation im Betrieb verlassen; dann werden sie dorthin ihr Hauptquartier legen, wo die Millionen Proletarier, die roten Sturmbataillone von morgen, zusammengeballt sind: in die Betriebe. Dann wird die Durch- führung all der Aufgaben, bei der wir jetzt noch auf so viele Hemmungen und Schwierigkeiten stoßen: Umbau der Partei auf die Betriebszelle, Schaf- fung einer lebendigen Betriebsräte-Organisation, bewußte Fraktionsarbeit in allen Arbeiterorganisationen, Schaffung der Betriebshundertschaften, Akti- vität in allen Ressorts, viel schneller vonstatten gehen. »Organisierung der Revolution« — alles liegt in diesem Begriff. Wenn das begriffen ist, dann wird auch die Partei aktiv sein. Die Internationale Zeitschrift für Praxis und Theorie des Marxismus Heft 14, Juli 1924, S. 435-455. 77- STATUT DER KOMMUNISTISCHEN PARTEI DEUTSCHLANDS (1925) Der Name der Partei 1 Die Kommunistische Partei Deutschlands ist die Sektion der Kommuni- stischen Internationale in Deutschland und heißt: Kommunistische Partei Deutschlands, Sektion der Kommunistischen Internationale. DAS INNERPARTEILICHE REGIME DER KPD 255 Parteimitgliedschaft 2 Mitglied der Partei kann sein, wer das Programm und die Statuten der Kommunistischen Internationale und der Kommunistischen Partei anerkennt und Mitglied einer grundlegenden unteren Organisation der Partei ist, wer sich in dieser aktiv betätigt, sich allen Beschlüssen der Komintern und der Par- tei unterordnet und regelmäßig die Mitgliedsbeiträge entrichtet. 3 Die Aufnahme von neuen Mitgliedern geschieht durch die Parteizellen. Die Neuaufnahme unterliegt der Bestätigung der Stadtteilleitung resp. der Unterbezirksleitung. 4 Beim Eintritt geschlossener Gruppen aus anderen politischen Organi- sationen oder ganzer Parteiorganisationen in die Kommunistische Partei wer- den diese durch den Beschluß des Zentralkomitees in die Partei aufgenommen. Beim Übertritt führender Personen anderer Parteien bedarf die Aufnahme außer der Bestätigung der Stadtteilleitung resp. Unterbezirksleitung auch der des Zentralkomitees. 5 Beim Wechseln der Arbeitsstelle ist das Betriebszellenmitglied ver- pflichtet, sich bei der Betriebszellenleitung an- und abzumelden. Beim Wech- seln des Wohnortes ist das Mitglied verpflichtet, sich bei der Zellengruppen- leitung an- und abzumelden. Bei Übersiedelung in ein anderes Land muß die Erlaubnis des Zentral- komitees der Partei eingeholt werden; die darauf bezügliche Anfrage ge- schieht durch die Parteiinstanzen. in. Aufbau der Partei 6 Die Kommunistische Partei Deutschlands ist, wie alle Sektionen der Komintern, auf der Grundlage des demokratischen Zentralismus aufgebaut. Seine grundlegenden Prinzipien sind: Wahl sowohl der unteren wie der oberen Parteiorgane in Vollversamm- lungen der Parteimitglieder, auf Konferenzen und Parteitagen. Periodische Rechenschaftsablegung der Parteiorgane vor ihren Wählern. Bindende Anerkennung der Beschlüsse höherer Parteiorgane durch die unteren, strenge Parteidisziplin und schnelle und genaue Durchführung der Beschlüsse des EKKI und der leitenden Parteiorgane. Diejenige Organisation, die ihre Tätigkeit auf ein gewisses Gebiet ausbreitet, wird als höhere gegen- über denjenigen Parteiorganisationen betrachtet, die ihre Tätigkeit bloß auf einzelne Teile dieses Gebietes beschränken. Die Diskussionen über Parteifragen werden von der Mitgliedschaft nur bis zu ihrer Entscheidung durch die entsprechenden Parteiorgane geführt. Nach Fassung eines Beschlusses auf dem Kongreß der Komintern, auf dem 2^6 DIE KPD IN DER WEIMARER REPUBLIK Parteitage oder durch die leitenden Parteiorgane, muß dieser unbedingt durchgeführt werden, auch dann, wennn ein Teil der Mitglieder oder der lokalen Organisationen mit einem solchen Beschluß nicht einverstanden ist. 7 Unter außergewöhnlichen Verhältnissen ist Einsetzung der unteren Parteiorgane durch höhere sowie Selbstergänzung der Leitungen bei Bestäti- gung durch die oberen Parteiorgane zulässig. Diese Maßnahmen sind, sobald die Möglichkeit dazu gegeben ist, nachträglich der Organisation zur Beschluß- fassung vorzulegen. 8 Die Parteiorganisationen sind in den lokalen Fragen selbständig im Rahmen der bestehenden Beschlüsse der Kommunistischen Internationale und der Partei. 9 Die höchste Instanz jeder Organisation ist die Mitgliedervollversamm- lung, die Konferenz bzw. der Parteitag. 10 Die Vollversammlung, die Konferenz bzw. der Parteitag wählt die betreffende Leitung, die in der Zwischenzeit als leitendes Organ gilt und die laufenden Arbeiten der betreffenden Organisation führt. 11 Das Schema des Parteiaufbaues ist folgendes: Für einzelne Fabriken, Werkstätten, Büros, Läden, Gutshöfe, Straße usw.: Zellenversammlung — Zellenleitung. Für das Gebiet einer kleineren Stadt, eines Dorfes usw.: Ortszellen- konferenz (Dorfzellenkonferenz) oder Ortsvoll Versammlungen (Dorf Voll- versammlungen). — Ortsleitung. Für das Gebiet eines Stadtteils. Stadtteilkonferenz. - Stadtteilleitung. Für das Gebiet eines Unterbezirkes: Unterbezirkskonferenz. — Unter- bezirksleitung. Für das Gebiet eines Bezirks: Bezirksparteitag. — Bezirksleitung. Für das ganze Gebiet des Reiches: Parteitag. — Zentralkomitee... Der Parteitag 32 Der Parteitag ist die höchste Instanz der Partei und wird in der Regel einmal jährlich im Einverständnis mit dem Exekutivkomitee der Komintern vom Zentralkomitee einberufen. Außerordentliche Parteitage werden vom ZK entweder aus eigener Initiative oder auf Initiative des EKKI, oder aber, falls eine Anzahl von Organisationen, die auf dem letzten Parteitage ein Drittel der Mitgliedschaft der Partei repräsentiert haben, die Einberufung eines Parteitages verlangt. Der außerordentliche Parteitag kann aber nur mit der Zustimmung des EKKI erfolgen. Die Einberufung des Parteitages sowie die Tagesordnung eines solchen werden spätestens einen Monat vorher der Mitgliedschaft zur Kenntnis gebracht. Jeder Delegierte zum Parteitag muß drei Jahre Mitglied der Partei sein. DAS INNERPARTEILICHE REGIME DER KPD 257 Die Norm der Vertretung am Parteitag wird entweder vom Zentralkomi- tee oder von der vor dem Parteitag zusammentretenden Parteikonferenz bestimmt. 33 Der Parteitag wird aus Delegierten zusammengesetzt, die auf den Bezirksparteitagen gewählt werden müssen. In außergewöhnlichen Fällen können ausnahmsweise die Wahlen der Delegierten unter Zustimmung des EKKI durch die Entsendung dieser von der Bezirksleitung ersetzt werden. Der Parteitag kann ebenfalls mit Zustimmung des EKKI durch eine Partei- konferenz ersetzt werden. Jeder Delegierte muß mindestens 3 Jahre Mitglied der Partei sein. 34 Der Parteitag nimmt die Berichte des ZK und der zentralen Revisionskommission ent- gegen. entscheidet die Programmfragen der Partei. faßt Beschlüsse in allen politischen, taktischen und organisatorischen Fragen, d) wählt das ZK, die zentrale Revisionskommission usw. Das Zentralkomitee 35 Der Parteitag wählt das ZK, das aus gleichberechtigten Mitgliedern be- steht. Die Zahl der Mitglieder wird vom Parteitag bestimmt. Mitglieder des ZK und politische Angestellte des ZK müssen mindestens 3 Jahre Parteimit- glied sein. 36 Das ZK ist das höchste Organ der Partei während der Zeit, da der Parteitag nicht tagt. Es vertritt die Partei anderen Parteiinstitutionen gegen- über, schafft verschiedene Organe der Partei, leitet ihre gesamte politische und organisatorische Arbeit, ernennt die Redaktion des Zentralorgans, das unter seiner Führung und Kontrolle arbeitet, organisiert und leitet diejenigen Un- ternehmungen, die für die Gesamtpartei Bedeutung besitzen, verteilt die Arbeitskräfte und leitet die zentrale Kasse. Das ZK leitet die Arbeit der Fraktionen innerhalb solcher Körperschaften, die zentralen Charakter tragen. 37 Das ZK wählt aus seiner Mitte ein politisches Büro für die Leitung der politischen Arbeit, ein Organisationsbüro für die Leitung der Organisa- tionsarbeit und ein Sekretariat (den Sekretär) für sämtliche laufende Arbeit. Weiter bestimmt das ZK die Leiter der verschiedenen Ressorts, an deren Spitze möglichst Mitglieder des ZK gestellt werden sollen. 38 Das ZK schafft Ressorts für bestimmte Zweige seiner Arbeit, für die Organisation, Agitation, Propaganda, Arbeit in der Gewerkschaft, unter den Bauern, Frauen usw., deren Aufgabe es ist, die Arbeit unter vollständiger Leitung des ZK in den betreffenden Gebieten zu führen, wobei die allgemei- 258 DIE KPD IN DER WEIMARER REPUBLIK nen Richtlinien des ZK bestimmend sind. Die Ressorts haben ihre Beschlüsse durch die Zentrale durchzuführen. 39 Das ZK nimmt die Einteilung des Landes in Bezirke vor und ändert im Falle einer Notwendigkeit ihre Grenzen. Dem ZK steht das Recht zu, die bestehenden Organisationen nach politischen und ökonomischen Merk- malen, entsprechend der administrativen Einteilung des Landes, gebietsweise oder anders zu vereinigen oder zu teilen. Die zentrale Revisionskommission 40 Zur Kontrolle der Kasse, der Buchführung und der Geschäfte der ge- samten Partei wählt der Parteitag eine zentrale Revisionskommission. Über die Parteidisziplin §41. Die strengste Parteidisziplin ist die höchste Pflicht aller Parteimitglieder und aller Parteiorganisationen. Die Beschlüsse der KI, des Parteitages, der Parteizentrale und aller höher- gestellten Parteiinstanzen müssen schnell und genau durchgeführt werden. Gleichzeitig ist die Besprechung aller Fragen, die Differenzen hervorrufen, vollständig frei, solange kein Beschluß gefaßt worden ist. 42 Ein Verstoß gegen die Parteidisziplin zieht Strafmaßnahmen seitens der entsprechenden Parteiorgane nach sich. Die Strafmaßnahmen können im Bezug auf Organisation folgendes sein: Rüge, Absetzung der Leitung und Einsetzung einer provisorischen Leitung, die ihre Funktionen bis zur Einbe- rufung einer Konferenz ausübt, Auflösung der Organisation und Umregistrie- rung der Mitglieder. Den einzelnen Mitgliedern gegenüber können folgende Strafmaßnahmen angewandt werden: Parteirüge, öffentliche Rüge, Enthe- bung von der Funktion, befristeter Ausschluß und endgültiger Ausschluß. 43 Die Disziplinarvergehen werden von den Parteiinstanzen erledigt. Gegen Disziplinarmaßnahmen ist Berufung bis zur Zentrale und zum Partei- tag zulässig. 44 Die Frage des Ausschlusses eines Parteimitgliedes beantragt die Ver- sammlung der entsprechenden Parteiorganisation (Zelle) an die höherstehende Parteileitung. Der Ausschlußbeschluß tritt in Kraft, nachdem er von der Be- zirksleitung bestätigt worden ist. Die Berufung ist bis zur höchsten Instanz zulässig. Bevor die Bestätigung des Ausschlusses erfolgt, ist der Betreffende von der Parteiarbeit zu entfernen .. . DAS INNERPARTEILICHE REGIME DER KPD                                                              259 Reorganisation der KPD Der demokratische Zentralismus - Statut der KPD (Sektion der Kommunistischen Internationale) Verein Internationaler Verlagsanstalten Berlin 1925, S. 21-26. 78. AUFGABEN DER BETRIEBSZELLEN Von Ruth Fischer Aber auch der halbe wunde Punkt muß vollkommen ausgeheilt werden. Die Organisation muß wirklich auf Betriebszellen aufgebaut sein. Keine Aus- reden und Erzählungen von der besonderen Geographie Berlins und seiner Vororte. Jede Zelle muß eine eiserne Organisation sein, welche Politik treibt, nicht nur Betriebsknatsch. Sie muß den Betrieb an der Strippe haben. Sie muß ihn bolschewisieren. Jawohl, Bolschewisierung der Partei, das heißt auch Bolschewisierung des Betriebs. Eine Betriebszeitung, die allmählich zu einem politischen Organ werden soll. In der Zelle mindestens einmal in der Woche kurzes, vorbereitetes Referat eines Zellenmitgliedes über innerpoli- tische Lage und das, was die Partei tut und zu tun hat (nicht nur die Zelle); ein Genosse muß die außenpolitischen Ereignisse verfolgen und Bericht er- statten. Was in China vorgeht, das geht verdammt auch die Zelle an; sonst ist alles Gerede von Bolschewisierung auch nur hohles Geschwätz. Ein Ge- nosse muß die Zeitungen der Gegner studieren und berichten (»Vorwärts«, »DAZ«, »Deutsches Tageblatt«, »Deutsche Zeitung«). Was die Gegner den- ken und schreiben, das geht jede Zelle an. Sonst ist das Gerede von Bolsche- wisierung leeres Geschwätz. Und die Zelle muß alles das verarbeiten und sich klar darüber werden, was sie für den Betrieb verwendet, wie sie es für den Betrieb verwendet, was für die Partei von Nutzen ist. Es muß das Partei- leben und das Arbeiterleben in den Betriebszellen pulsieren. Originaltitel: Keine Ausreden und Erzählungen Der Parteiarbeiter Mitteilungsblatt für Funktionäre Nr. 19/20, 1924, S. 200/201. i6q DIE KPD IN DER WEIMARER REPUBLIK 79- DIE KPD - DIE EINZIGE ARBEITERPARTEI Von Ruth Fischer . . . Gerade in der jetzigen historischen Situation ist die Bündnispolitik mit der Sozialdemokratie, das Verwischen unserer revolutionären Grundeinstel- lung, das Maskieren unserer Stellung zum bürgerlichen Staat in der Form der demokratischen Regierungs-Losungen (oder von Losungen, die zum min- desten zweideutig sind und die Auslegung nach der Seite der Diktatur und der Demokratie hin zulassen,) besonders gefährlich. Ebenso gefährlich wäre die Auffassung vom Abwarten auf den Tag, an dem historisch der Aufstand wieder auf der Tagesordnung der Aufgaben der Arbeiterklasse steht. Son- dern das Problem der Taktik besteht gerade darjn, den Kampf um die Teil- forderungen in der gegenwärtigen Situation in den Mittelpunkt unserer Arbeit zu stellen, aber gleichzeitig tatsächlich und nicht nur in der Phrase verstehen, diese Teilkämpfe als revolutionäre Kämpfe zu führen und sie in die Richtung des politischen Machtkampfes zu leiten. Die Konzentration auf die Teilkämpfe, die selbständige Arbeiterpolitik der Kommunistischen Partei, gerade das ist die Aufgabe, die wir jetzt durchzuführen haben unter der gleichzeitig schärfsten und unversöhnlichsten Haltung gegenüber der Sozial- demokratie, in allen ihren Schattierungen und gegenüber allen Versuchen der Versöhnung mit ihr in unseren eigenen Reihen. Die KPD die einzige Arbei- terpartei, die Komintern die einzige Organisation des Weltproletariats. Diese Losung ist zugleich die Antwort auf das Problem Taktik... ui Die Losung des V. Weltkongresses, Bolschewisierung der Parteien, besteht eben darin, die Parteien zu lehren, die Revolution zu organisieren durch Konzentration auf die Teilkämpfe des Proletariats, aber diese Kämpfe zu verbinden mit einer festen eisernen Haltung der Parteien allen Versump- fungsversuchen gegenüber, ebenso wie mit einer klaren eindeutigen Aufzei- ‘gung des Weges des Proletariats zur Macht; in den Teilkämpfen gleichzeitig den Willen der Arbeiterschaft, die Bourgeoisie zu schlagen, ständig stärken, den Kampf um die Macht propagieren, den Machtwillen, den Machtgedan- ken im Proletariat schulen und lebendig erhalten (militärische Propaganda, Propaganda gegen die Kriegsrüstungen und gegen die kommenden Kriege!), das müssen die bolschewistischen Parteien ebenso lernen, wie sie es lernen müssen, klug und geschickt dem Gegner gegenüber zu operieren, ohne sich DAS INNERPARTEILICHE REGIME DER KPD 261 mit den Sozialdemokratischen Parteien zu vermischen. Bolschewisierung be- deutet in diesem Sinne natürlich auch, daß man den einzelnen Parteien konkret ihre Aufgaben stellen muß, und daß für jedes Land, den gegebenen Verhältnissen nach, andere Fragen im Vordergründe stehen werden, daß für jedes Land ein anderer Weg da ist, mit dem der Kampf um die Eroberung der Massen für den Bolschewismus geführt werden kann. Diese Verbindung von Festigkeit und Manövrierfähigkeit, die der Leninismus der russischen Partei in seinem grundsätzlichen Kampfe gegen den Menschewismus gege- ben hat, d.h. gegen alle Versuche, das Proletariat vom revolutionären Kampfe um die Macht abzuhalten und mit der Bourgeoisie auszusöhnen, sie hat die russische Partei gelehrt, alle Kräfte darauf zu konzentrieren, die Massen für die Revolution zu gewinnen und zu organisieren und an seine revolutionäre Vorhut, die Kommunistische Partei, zu ketten. Unversöhnlichkeit und Ma- növrierfähigkeit zugleich, das ist der Sinn der Losung des V. Weltkongresses, Bolschewisierung der Parteien der Komintern. Originaltitel: Zur Tagung des Zentralausschusses Die Internationale Zeitschrift für Praxis und Theorie des Marxismus Heft 2, Februar 1925, S. 53/54, 56. 80. DER NEUE KURS DER KPD (1925) Von Heinz Neumann, Moskau 1. Worum geht unsere Diskussion? In einer bolschewistischen Partei sind tiefgehende Diskussionen Kerbschnitte in der Parteientwicklung. Wenn wir die jetzige Auseinandersetzung mit der Brandler-Debatte des Winters 1923/24 vergleichen, so tritt sofort ein klarer Unterschied hervor. Die Situation, in der die Oktoberdebatte stattfand, war durch eine der schwersten Niederlagen der deutschen Revolution und durch den Beginn der kapitalistischen Stabilisierung gekennzeichnet... Heute steht die Diskussion nicht unter dem Zeichen der Niederlage, son- dern der beginnenden Neugruppierung großer revolutionärer Kräfte in Deutschland. Die Spitze dieser Diskussion ist nicht, wie vor Frankfurt, in die Vergangenheit, sondern in die Zukunft der Partei gerichtet. Sie enthält zwar ... scharfe Kritik, rücksichtslose Kritik an den unbolschewistischen Strömun- gen in der Partei, aber im Mittelpunkt der Diskussion steht nicht die Kritik, sondern die Praxis, die positive Arbeit für die Revolution... 161                                 DIE KPD IN DER WEIMARER REPUBLIK Die Kommunistische Partei gehörte im Jahre 1923 zu den entscheidenden Faktoren im Verhältnis der Klassenkräfte Deutschlands. Unter ihrem ideo- logischen Einfluß standen bis zu 40 Prozent der in den Gewerkschaften orga- nisierten Arbeiter. Es bildeten sich Organe der proletarischen Einheitsfront. Die Partei hat diese Positionen verloren; sie spielt heute keine entscheidende Rolle im Klassenkampf; sie ist in den Gewerkschaften aufs äußerste zurück- gedrängt; sie ist von der Mehrheit der Arbeiterklasse bis zu einem gewissen Grade isoliert; sie übt bis jetzt auf die Arbeiteropposition in der Sozialdemo- kratie keinen Einfluß aus. Außer den objektiven Ursachen der ökonomischen und politischen Veränderung der allgemeinen Lage, ist dieser Rückgang durch eine Reihe von Fehlern unserer Politik zu erklären. Die beiden Hauptfehler sind die menschewistische Politik der Brandler-Gruppe, die zur Oktober- Niederlage führte, und die kleinbürgerlich-»radikale« Politik der Maslow- Gruppe, die zur Zerstörung unserer Verbindungen mit den Arbeitermassen, besonders in den Gewerkschaften, führte... 5. Das Verhältnis der Partei zur Komintern In der gegenwärtigen Parteidiskussion stellen wir die Frage unseres Ver- hältnisses zur Komintern nicht abstrakt, losgelöst von der gegenwärtigen Weltlage und der konkreten Situation in Deutschland. Es nützt gar nichts, allgemeine Resolutionen für die Weltpartei anzunehmen und die Notwen- digkeit der internationalen Disziplin zu betonen. Die antimoskowitischen Strömungen in unserer Partei sind nicht nur die Verneinung der Weltpartei und die Durchbrechung der Disziplin, sondern man muß sie im Lichte der gegenwärtigen politischen Konstellation analysieren. Nehmen wir z.B. Äuße- rungen wie die des Genossen Korsch in Frankfurt. Genosse Korsch untersucht »theoretisch« die »Beziehungen zwischen dem Sowjetstaat und der proleta- rischen Revolution unter der Perspektive künftiger Kriegsmöglichkeiten und im Hinblick auf die Bündnispolitik Sowjetrußlands«. Er will beweisen, daß im Falle eines Krieges durch ein Bündnis Sowjetrußlands mit einem kapita- listischen Staat gegen andere kapitalistische Staaten die revolutionären Grundsätze der Komintern in Gefahr geraten könnten. Er spricht in diesem Zusammenhang von einem »möglichen 1914 der Komintern«. Es kommt dabei gar nicht darauf an, welche Formulierungen Genosse Korsch im ein- zelnen gebraucht hat. Entscheidend ist der Gedankengang, der genau die Auffassungen vieler Führer unserer Ultralinken wiedergibt. Diese Genossen konstruieren etwa folgendes Schema: Sowjetnißland mußte vom Kriegskom- munismus zur NEP und zum Staatskapitalismus übergehen; es steht im diplo- matischen Verkehr und in Handelsbeziehungen zu den kapitalistischen Län- dern; es macht der mittleren Bauernschaft und der Intelligenz gewisse Kon- zessionen: folglich gerät es (vorsichtigere Genossen sagen: »kann es geraten« oder »könnte es theoretisch einmal geraten«) in Gegensätze zum revolutio- DAS INNERPARTEILICHE REGIME DER KPD                                                              263 nären Interesse des westeuropäischen Proletariats. Die Politik der russischen Partei ist also nicht mehr unbedingt revolutionär, sondern teilweise oppor- tunistisch. Die russische Außenpolitik orientiert sich zu stark auf die kapita- listischen Regierungen; sie wendet sich nach Asien. Infolgedessen besteht die Gefahr, daß die Komintern, deren führende Partei, wie jeder weiß, die RKP ist, opportunistischen Schwankungen unterliegt. Daher »ein mögliches 1914 der Komintern«, daher »eine Rechtsschwenkung der Exekutive«, daher — als letztes Resultat — die Gefahr, daß »die europäischen Parteien nach rechts gestoßen werden«, daß sie sogar liquidiert werden und daß dann an ihre Stelle ein formloser »linker Flügel« unter sozialdemokratischem Einfluß gesetzt wird. Grundgedanke: Gefährdung der proletarischen Revolution durdi die russische Außenpolitik. Unvermeidliche Konsequenz (obwohl sie nur selten so offen ausgesprochen wird wie vom Genossen Korsch): Kampf gegen diese Gefahr; teils offener, teils versteckter Kampf gegen die Exekutive und ihre Maßnahmen, die (wenn auch ungewollt) nur »der Wiedereroberung der Partei durch die Brandlerianer« dienen. Aus diesem Grunde Ablehnung des Offenen Briefes der Exekutive, aus diesem Grunde Alarmruf und Appell zur Sammlung aller alten Linken, die sich »gegen die rechte Gefahr«, die durch den Brief der Exekutive ausgelöst wird, zusammenschließen sollen. Es ist überflüssig, zu beweisen, daß dieses Schema vollkommen falsch ist. Seine theoretische Grundlage ist die Unfähigkeit, sowohl die Politik Sowjet- rußlands, als auch die Taktik der Komintern vom Klassenstandpunkt zu be- greifen. Die Genossen Korsch usw. vergessen, daß die »Staatsinteressen« Sowjetrußlands die Interessen eines Klassenstaates und zwar eines Arbeiter- staates sind. Die Führer der ultralinken Gruppen sind darüber entrüstet, daß man sie Antibolschewisten nennt. Sie erklären, daß sie »ihrem Wesen nach« »unauf- löslich mit der Komintern verbunden sind«. Die Komintern ist aber kein philosophischer Begriff, sondern eine reale Weltpartei mit einer fest um- rissenen Politik. Zu dieser Politik standen und stehen die ultralinken Grup- pen im Gegensatz. Die Genossen Scholem und Rosenberg erklären: »Ausein- andersetzungen mit der Exekutive über gewisse taktische Maßnahmen hat es bisweilen gegeben. In solchen Auseinandersetzungen einen anderen Stand- punkt als die Exekutive einzunehmen, ist nicht antibolschewistisch, sondern es ist das Recht eines jeden Mitgliedes der Kommunistischen Weltpartei, im Rahmen der kommunistischen Disziplin seine Meinung frei auszudrücken.« Das gleiche Argument gebraucht der Vertreter der Maslowgruppe, Genosse Lenz. Auch er appelliert an das Recht der »Meinungsfreiheit« in der Kom- intern und warnt davor, »ein Dogma der Unfehlbarkeit der Exekutive zu schaffen«. Daß man das Recht hat, »einen anderen Standpunkt als die Exekutive einzunehmen«, daß die Exekutive nicht »unfehlbar« ist, sind platte Wahr- 264 DIE KPD IN DER WEIMARER REPUBLIK heiten, die niemand bestreitet. Wenn man aber in einer Parteidiskussion, die um ganz bestimmte politische Fragen geht, diese allgemeinen Wahrheiten als besondere Losungen aufstellt, dann sind das Kampflosungen gegen die Kom- intern ... Die Maslow-Gruppe stellt sich nicht offen auf den Standpunkt der »inter- nationalen Linken«, d. h. der Opposition gegen die Exekutive. Sie sabotiert nur die Durchführung der Politik dieser Exekutive. Sie versucht ihren abweichenden Standpunkt »durchzuboxen«; wenn ihr das nicht gelingt, »schluckt« sie die Moskauer Beschlüsse. Ein typisches Beispiel dafür ist die Haltung der Berliner Bezirksleitung, die den Offenen Brief der Exekutive geradezu mit Heldenmut »schluckte«, nachdem sie dreimal versuchte, gegen ihn zu »boxen« ... Unser jetziger Kampf gilt der Zerstörung dieser langjährigen Traditionen. Es handelt sich um nichts weniger als um die endgültige Eingliederung der KPD in die Kommunistische Weltpartei. Die KPD, die sich bei der Grün- dung der Komintern der Stimme enthielt, vollzieht erst in dieser Ausein- andersetzung die letzte endgültige, tatsächliche Abstimmung für die Kom- intern. Eine Abstimmung, nicht im buchstäblichen, sondern im tiefsten histo- rischen Sinne... Die Internationale Zeitschrift für Praxis und Theorie des Marxismus Heft 9, September 1925, S. 523, 527/28, 530, 531. 81. DIE WITTORF-AFFÄRE (1928)66 Das ZK mißbilligt auf das schärfste die Geheimhaltung der Hamburger Vor- gänge gegenüber den leitenden Instanzen der Partei durch den Genossen Thälmann als einen die Partei schwer schädigenden politischen Fehler. Auf seinen eigenen Antrag wird diese Angelegenheit der Exekutive überwiesen; bis zu ihrer Erledigung ruhen die Funktionen des Genossen Thälmann. Diesem Beschluß liegt folgende Tatsache zugrunde: Der letzte Versuch, die Herrschaft des von Moskau gelenkten Apparates zu brechen, wurde im Jahre 1928 unternommen. Gestützt auf die noch in der Partei verbliebenen Rechten, versuchten einige sogenannte Versöhnler (Eberlein, Ewert, Eisler u. a.) Thälmann zu stürzen. Zum Anlaß wurde die Affäre Wittorf genommen. John Wittorf, enger Freund Thälmanns, war Polleiter der KP Hamburg. Er hatte DAS INNERPARTEILICHE REGIME DER KPD                                                              265 Genosse Thälmann, dem persönlich kein Vorwurf der Beteiligung an den Unterschlagungen Wittorfs gemacht werden kann, hat mit einigen Genossen den Versuch gemacht, die ihm und den übrigen Genossen bekanntgewordenen Unterschlagungen Wittorfs den leitenden Instanzen der Partei vorzuenthal- ten und unter Umgehung der Instanzen der Partei zu liquidieren. Da eine solche Handlungsweise unvereinbar ist mit der Disziplin der Par- tei, da die Verletzung der Parteidisziplin durch einen verantwortlichen Parteifunktionär sehr schwer wiegt, kam das ZK zu vorstehendem Be- schluß. Das ZK kam dem Wunsche des Genossen Thälmann nach, ihm Gelegenheit zu geben, seinen von ihm anerkannten schweren Fehler vor der Exekutive zu verantworten. Das Urteil der Exekutive wird veröffentlicht werden. Außerdem beschloß das Zentralkomitee: Die Genossen Schehr, Presche und Rieß, Hamburg, werden ihrer Funktionen enthoben, weil die bisherigen Fest- stellungen über ihr Verhalten zu den Unterschlagungen Wittorfs einwandfrei ergeben haben, daß ein schwerer Verstoß gegen die Parteidisziplin und das Parteiinteresse vorliegt. Die Untersuchung wird durch eine Untersuchungs- kommission fortgeführt, um festzustellen, ob weitere Maßnahmen gegen die drei Genossen durchgeführt werden müssen. Parteigelder unterschlagen. Thälmann deckte ihn, wahrscheinlich ohne selbst etwas mit der Korruption zu tun zu haben. Am 26. September faßte das ZK den von uns abgedruckten Beschluß. Bei Stimmenthaltung Heinz Neumanns hatte das ZK unter Vorsitz Schnellers die Erklärung einstimmig gebilligt. In diese Auseinandersetzungen griff Stalin ein. Da er in der Sowjetunion im Frak- tionskampf gegen Bucharin und die »Rechten« stand, wollte er seinen Anhänger Thälmann in Deutschland um jeden Preis halten. Mit Hilfe des Exekutivkomitees der Komintern ließ Stalin Thälmann wieder einsetzen. Als sie merkten, daß Stalin und der russische Apparat hinter Thälmann standen, schwenkten viele Mitglieder des deutschen ZK sofort um. Am 5. Oktober erklärten 25 ZK-Mitglieder der KPD (darunter Florin, Merker, Stoecker, Winterich, Dahlem, Geschke und Dengel) »nach Kenntnisnahme neuer Tatsachen«, daß sie ihre Zustimmung zum Beschluß zurückge- zogen hätten. Heckert und Ulbricht gaben bekannt, daß sie sich bereits am 30. Sep- tember in einem Telegramm aus Moskau distanziert hätten, während Remmele und Leo Flieg erklärten, daß sie sich schon am 27. bzw. 28. September gegen die Ab- setzung Thälmanns ausgesprochen hätten. In der EKKI-Sitzung vom 6. Oktober wurde gerügt, daß die Mehrheit des ZK sich von den politischen Gegnern im ZK irreführen ließ. Die ZK-Mitglieder Hausen und Gerhart (d. i. Eisler) wurden scharf verurteilt. Die Gelegenheit wurde ausgenutzt, um die Macht des Apparates auch in Deutschland zu stabilisieren. Die Rechten, die eine breite Anhängerschaft in Sachsen, Schlesien, Offenbach und anderen Orten hatten, wurden ausgeschlossen. Die »Versöhnler« kapitulierten. 166 DIE KPD IN DER WEIMARER REPUBLIK Außerdem wurde der bereits veröffentlichte Beschluß des Politbüros, den ehemaligen Sekretär Wittorf wegen Unterschlagung von Parteigeldern aus der Partei auszuschließen, bestätigt. Berlin, 26. September 1928                                           Zentralkomitee der KPD Die Rote Fahne vom 27. September 1928. 82. »DAS ENDE EINES VERBRECHERS«^ Polizeilicher Pressebericht: »Hannover, 10. Oktober 1930. — Als am Freitag- nachmittag der stellungslose Kaufmann Erich Schmidt das Arbeitsamt am Königswerther Platz verlassen wollte, wurde er von einem jungen Mann nie- dergeschossen. Die Kugel drang ihm durch das Kinn in den Mund und scheint dann die Halsschlagader getroffen zu haben. Erich Schmidt wurde als Leiche in das Arbeitsamt getragen. Der Täter entkam durch die Flucht. Diese Meldung aus der illegalen Zeitschrift des KPD-Militärapparates beleuch- tet ein dunkles Kapitel der KPD-Geschichte. Der »Apparat« machte in seiner Zeit- schrift - wie man sieht - aus einem Fememord keinen Hehl. Als typisches Beispiel der Wandlung - und auch der Bedeutung - des »Apparates« in der KPD ist diese Meldung ein wesentliches Dokument. Daß solche Methoden des Apparates keine Ausnahmeerscheinungen waren, geht z. B. aus dem Bericht von Zeutschei-Burmeister hervor. Zeutschei war jahrelang im »Apparat« tätig. Er veröffentlichte 1931 seine Erinnerungen: »Im Dienst der kom- munistischen Terror-Organisation« (Tscheka-Arbeit in Deutschland). Zeutschei be- richtete, daß schon Mitte der zwanziger Jahre der außerhalb der Partei existierende Apparat in Stettin und Mecklenburg Terrorgruppen besaß. Über den Terror selbst hieß es in einer von der KPD 1928 illegal herausgegebenen Broschüre von A. Neuberg (ein Pseudonym), Der bewaffnete Auf stand: »Es wurde schon früher bereits darauf verwiesen, daß eine der allerdringlichsten Auf- gaben des Aufstandes, deren Lösung den Aufständischen sofort große Vorteile brin- gen wird, die Aufgabe der Liquidierung der Spitzenleitung der Konterrevolution sein kann: die Einnahme der Stäbe, die Verhaftung der bedeutendsten Regierungs- personen (Minister, Polizeipräsidenten usw.), die Liquidierung der reaktionären Kommandeure von Truppenteilen, der Führer revolutionsfeindlicher Parteien usw. Diese Erledigung der Spitzenleitung ist aber möglich dadurch, daß man rechtzeitig sorgfältig vorbereitete Diversionsmanöver, u. a. auch terroristische Akte (physische Vernichtung, Verhaftung) vornimmt.« DAS INNERPARTEILICHE REGIME DER KPD 267 Schmidt gehörte früher der Kommunistischen Partei an, wurde aber vor längerer Zeit ausgeschlossen. Der Beweggrund der Tat ist noch in Dunkel gehüllt, es scheint sich um einen Racheakt zu handeln.« In der letzten Nummer des Oktober wurden in dem Artikel >Provokatio- nen< Schmidts abgefeimte Spitzeleien im Dienste der SPD und der Politischen Polizei, vor allem aber seine Verbrechen als gemeiner Sprengstoffprovoka- teur geschildert. Es war der Liebling der SPD, weshalb der Vorwärts prompt schreit: »Audi schon kommunistische Feme?« Gleichzeitig fungierte er als Paradespitzel des Reichsanwaltes Neumann und des Untersuchungsrichters beim Reichsgericht Braune in einer Reihe laufender Prozesse gegen revolu- tionäre Arbeiter und Funktionäre der KPD. Sein plötzliches Ende macht einen Schlußstrich unter seine Verbrechen am revolutionären Proletariat. Oktober Militärpolitisches Mitteilungsblatt Nr. 5/1930, S. 36. 83. ENTSCHLIESSUNG DES POL-BÜROS DER KPD ÜBER DIE PAUL MERKER-GRUPPE (1930)^ 1. Die Plenarsitzung des Zentralkomitees unserer Partei vom 20./21. März, die zu den Beschlüssen des Präsidiums des EKKI Stellung nahm, erklärte sich vollinhaltlich einverstanden mit diesen Beschlüssen. Ausgehend von der Vertiefung der allgemeinen Krise des kapitalistischen Systems, der weiteren Erschütterung der kapitalistischen Stabilisierung, dem beschleunigten Tempo des revolutionären Aufschwunges, prüfte das Zentralkomitee die Erfolge und Mängel unserer Arbeit im verflossenen Zeitabschnitt. Das Zentralkomitee stellte vor die gesamte Parteimitgliedschaft als Hauptaufgabe den entschei- denden Kampf um die Mehrheit des Proletariats, die Anwendung der revo- lutionären Einheitsfront von unten, die entschiedene Verstärkung unserer revolutionären Massenarbeit auf Grund der klaren und richtigen Linie, wie sie bei den Betriebsrätewahlen eingeschlagen wurde, die Politik des verschärf- Im April 1930 versuchte die KPD-Führung den ultralinken Kurs abzu- schwächen. Paul Merker wurde dabei (wie aus der auszugsweise abgedruckten Ent- schließung hervorgeht) als Sündenbock geopfert. Merker stand auf dem äußersten linken Flügel der Partei und war für die RGO-Politik verantwortlich. Er und seine Anhänger übten später »Selbstkritik«. Im übrigen zeigte sich, daß der ultralinke Kurs der KPD, insgesamt gesehen, weitergeführt wurde. 268 DIE KPD IN DER WEIMARER REPUBLIK ten Angriffs auf den konterrevolutionären Sozialfaschismus, die Loslösung der sozialdemokratischen Arbeitermassen vom reformistischen Einfluß, die Festigung und Erweiterung der revolutionären Gewerkschaftsopposition .. . Unmittelbar nach der Tagung des Zentralkomitees, dessen Beschlüsse einstimmig gefaßt wurden, trat eine Gruppe von Parteimitgliedern unter Führung des Genossen Merker gegen die Parteilinie auf. Unter dem Vor- wand eines Kampfes gegen den Artikel des Genossen Remmele »Schritt halten«, der eine richtige Erläuterung der Parteibeschlüsse darstellt, wandte sich Genosse Merker mit einer Protesterklärung an die Exekutive, ohne das Zentralkomitee, das Polbüro oder das Sekretariat von ihrem Inhalt in Kennt- nis zu setzen, obwohl er die volle Möglichkeit besaß, seine Auffassung in den drei genannten Körperschaften darzulegen. Genosse Merker eröffnete damit den Kampf gegen die Parteiführung, die seit dem Weddinger Parteitag ein- heitlich die Politik der KPD geleitet hat. Genosse Merker erhebt gegen die Parteileitung die Anschuldigung, daß sie »eine brandierische Beurteilung der Sozialdemokratischen Partei«, »eine rein brandleristische Stellung zur Koalitionsregierung und zur Bürgerblock- regierung« duldet (Protesterklärung Merkers an die Exekutive). Er beschuldigt unsere Partei, daß sie einen Standpunkt ermögliche, der »die sozialfaschistische Rolle der SPD und der Gewerkschaftsbürokratie ver- hüllt und alle Voraussetzungen schafft, die als Konsequenz die Anwendung der Einheitsfronttaktik zwischen dem ZK ¿er Partei und dem Parteivor- stand der SPD haben« (Protesterklärung Merkers an die Exekutive). Das Polbüro weist diese Behauptungen als parteifeindliche Verleumdung zurück. Die Gegensätze zwischen dem Genossen Merker und der Partei sind kei- neswegs, wie er es hinzustellen versucht, untergeordnete Meinungsverschie- denheiten in taktischen Fragen, sondern sein Standpunkt unterscheidet sich prinzipiell von der Parteilinie. Der Angriff des Genossen Merker gegen die Linie des Zentralkomitees ist eine Unterstützung des sektiererischen Linksopportunismus, der die sozial- demokratischen Arbeitermassen als Klassenfeinde, nicht als Proletarier be- handelt, anstatt sie vom Einfluß ihrer sozialfaschistischen Führung loszulösen und für die proletarische Revolution zu gewinnen ... 11. Um seine unsozialistische, kleinbürgerliche Plattform im Gegensatz zur Parteilinie und zur Parteiführung durchzusetzen, schritt Genosse Merker zum fraktionellen Kampf gegen die Beschlüsse des Zentralkomitees. Dieser Fraktionskampf äußerte sich in seinem Protestschreiben an die Exekutive, das Merker selbst als Gruppenerklärung angeblich »in Übereinstimmung mit einer größeren Zahl wichtiger Funktionäre« (Telegramm vom 27. 3.) bezeich- net, ferner in der, trotz entgegengesetzter Parteibeschlüsse, einberufenen Fraktionssitzung der Gewerkschaftsabteilung vom 31. 3. und in den fort- gesetzten Vorstößen der parteifeindlichen ultralinken Gruppe Peuke in dem DAS INNERPARTEILICHE REGIME DER KPD                                                              269 Berliner Unterbezirk Zentrum. Peuke und seine Fraktionsanhänger über- trugen, unter offenem Disziplinbruch und direkter Verhöhnung der Partei- beschlüsse, die Fraktionsplattform der Gruppe Merker in die Parteiorgani- sationen, in die Betriebs- und Straßenzellen, um die Durchführung der Be- schlüsse des Zentralkomitees zu verhindern. Das Politbüro verurteilt auf schärfste diese Fraktionstätigkeit des Genossen Merker. Das Polbüro weist die Gruppe Merker auf die Beschlüsse der Kom- munistischen Internationale hin, nach denen die Bildung von Fraktionen und Gruppierungen unvereinbar mit der Zugehörigkeit zur Kommunistischen Partei ist. Das Politbüro fordert den Genossen Merker und seine Gruppe kategorisch auf, sofort jede weitere Fraktionstätigkeit einzustellen, die be- gangenen Fehler anzuerkennen und bedingungslos die Parteilinie durch- zuführen. Das Polbüro beschließt zur Sicherung der Parteilinie und ihrer Durchführung in der revolutionären Massenbewegung die Enthebung des Genossen Merker aus dem Sekretariat des Zentralkomitees und seine Abbe- rufung aus der Gewerkschaftsleitung des ZK . . . Die Rote Fahne vom 6. April 1930. 84. »SCHÄRFSTER KAMPF GEGEN DIE ÜBERRESTE DES LUXEMBURGISMUS« Von Ernst Thälmann ...Ich will nur zwei Fragen in diesem Zusammenhang kurz behandeln: Die erste Frage ist die des Luxemburgismus. Was ist dazu zu sagen? Wir denken nicht daran, die Bedeutung Rosa Luxemburgs, Karl Liebknechts, Franz Mehrings und der übrigen Genossen, die den linksradikalen Flügel in der Vorkriegssozialdemokratie bildeten, abzuschwächen. Wir denken nicht daran, diese wahrhaft revolutionären Kämpfer und Führer und ihre guten revo- lutionären Traditionen zu verleugnen, oder gar den sozialfaschistischen, SAP-istischen oder Brandieristischen Leichenschändern zu überlassen. Rosa Luxemburg und die anderen gehören zu uns, gehören der Kommunistischen Internationale und der KPD, an deren Gründung sie mitgewirkt haben. Aber bedeutet dies eine Abschwächung der notwendigen Aufklärung unserer Partei über die Fehler Rosa Luxemburgs und der übrigen Linksradikalen? Eine solche Kritik an den Fehlern des Luxemburgismus ist unerläßlich vom Stand- punkt der Bolschewisierung der Partei. Der Weg der Linksradikalen aus der Vorkriegssozialdemokratie führte *7° DIE KPD IN DER WEIMARER REPUBLIK unter den Bedingungen der Kriegszeit teilweise zum Kommunismus, aber nur insoweit, wie sich diese Gruppen von den halbmenschewistischen Fehlern ihrer Ideologie befreien konnten und in der Richtung zum Bolschewismus, zur Politik Lenins und der bolschewistischen Partei entwickelten. Heute, wo die Komintern besteht, wo in der Sowjetunion unter der prole- tarischen Diktatur der Sozialismus verwirklicht wird, würde jeder Versuch zur Erneuerung des Luxemburgismus und jeder Überrest des Luxemburgis- mus niemals eine Brücke zum Marxismus-Leninismus bilden können, sondern stets einen Übergang zum Sozialfaschismus, zur Ideologie der Bourgeoisie, wie wir es am besten bei den Brandieristen sehen. Wir müssen also mit aller Klarheit aussprechen: in all den Fragen, in denen Rosa Luxemburg eine andere Auffassung als Lenin vertrat, war ihre Meinung irrig, so daß die ganze Gruppe der deutschen Linksradikalen in der Vor- kriegs- und Kriegszeit sehr erheblich an Klarheit und revolutionärer Festig- keit hinter den Bolschewiki zurückblieb. Diese Erkenntnis gibt uns erst das Verständnis dafür, warum es in Deutsch- land verspätet zur Spaltung zwischen dem revolutionären Marxismus und den kleinbürgerlichen Opportunisten oder ihren zentristischen Helfershel- fern innerhalb der Arbeiterbewegung kam. Rosa Luxemburgs Fehler in der Akkumulationstheorie, in der Bauernfrage, in der nationalen Frage, in der Frage des Problems der Revolution, in der Frage der proletarischen Diktatur, in der Organisationsfrage, in der Frage der Rolle der Partei bzw. der Spontaneität der Massen — das alles ergibt ein System von Fehlern, die Rosa Luxemburg nicht zur vollen Klarheit eines Lenin aufsteigen ließen. . . Was ist »Zentrismus«? Ich komme zu einer zweiten Frage, die mit dem Problem des Luxemburgis- mus in Verbindung steht: die Frage des Zentrismus. Es handelt sich in dieser Frage darum, ob der Zentrismus vor dem Kriege, während des Krieges oder in der ersten Nachkriegszeit eine besondere selbständige Richtung zwischen dem rechten und linken Flügel der internationalen Arbeiterbewegung dar- gestellt habe. Das ist falsch ... Die Frage ist nun, ob man heute noch von Zentrismus sprechen kann, ob man z. B. die heutige SAP oder Brandler-Gruppe als zentristisch bezeichnen kann. Das ist nicht möglich... Heute hat sich der kleinbürgerliche rechte Flügel der Vorkriegssozial- demokratie zum Sozialfaschismus entfaltet. Die Gruppen, die betrügerisch den Anschein erwecken, als ob sie zwischen dem Sozialfaschismus und uns, dem Marxismus-Leninismus, eine Zwischenstellung einnähmen, ich meine die Seydewitz-Gruppe oder die Brandieristen, sind in Wirklichkeit lediglich eine DAS INNERPARTEILICHE REGIME DER KPD                                                              2/1 Spielart des Sozialfaschismus, eine Filiale der Sozialdemokratischen Partei. Es war deshalb ein schwerer, unverzeihlicher Fehler der »Roten Fahne«, wenn sie in ihrer Vorrede zum Stalin-Briefe die Formulierung gebrauchte, daß die SAP eine »allerdings kleine Partei des Zentrismus« sei, die »zwischen dem revolutionären Marxismus-Leninismus und dem Sozialfaschismus eine prinzipienlose Position bezieht«. Diese schwere opportunistische Entgleisung mußte erst durch das Gesamtsekretariat des Zentralkomitees korrigiert werden. Der Trotzkismus ist der konterrevolutionäre Vortrupp der Bourgeoisie In der gleichen Vorrede der »Roten Fahne« war die Rede von einer »links«- drapierten Sumpfideologie des Trotzkismus. Auch das ist eine völlig unzu- lässige opportunistische Formulierung. Der Trotzkismus das ist keine Sumpf- ideologie, sondern stellt einen konterrevolutionären Vortrupp der Bourgeosie dar. Der Trotzkismus betreibt die wütendste Interventionshetze gegen die Sowjetunion. Trotzki liefert die schamlosesten Argumente für die sozial- faschistische Politik gegen die Arbeiterklasse. Schlimmer als der »Vorwärts« und der sozialdemokratische Parteivorstand setzt er sich für das Betrugs- manöver der SPD mit dem sogenannten »kleineren Übel« ein. Er schlägt in seiner neuesten Broschüre über Deutschland den deutschen Kommunisten nicht mehr und nicht weniger vor, als sich »mit Noske und Grzesinski gegen den Faschismus zu verbünden«. Das ist, wie jeder versteht, eine aufgelegte politische Hochstapelei und nichts als Sozialfaschismus in Reinkultur. . . Ernst Thälmann: Der revolutionäre Ausweg und die KPD Rede auf der Plenartagung des ZK der KPD am 19. Februar 1932 in Berlin 71-74. Stalin hatte Ende Oktober 1931 in einem Brief an die Redaktion der Zeit- schrift Proletarskaja Rewoluzija den Parteihistoriker Sluzki angegriffen. Dabei ent- wickelte Stalin auch einige Gedanken über die deutschen Linken in der Vorkriegs- sozialdemokratie (Luxemburg u. a.), die er als Antileninisten bezeichnete und mit Trotzki in Verbindung brachte. Die Folge war, daß in der KPD 1931/32 eine Dis- kussion über die Parteigeschichte einsetzte. Der »Luxemburgismus« wurde scharf verurteilt. Den Höhepunkt der Angriffe bildete ein Buch von Kurt Sauerland über den dialek- tischen Materialismus, in dem Rosa Luxemburg, Karl Liebknecht und Franz Mehring als »Pseudomarxisten entlarvt« wurden. H. DIE KOMMUNISTISCHEN OPPOSITIONSGRUPPEN 85. ERSTER AUFRUF DER KAPD (1920)70 Die von Karl Liebknecht, Rosa Luxemburg, Franz Mehring und anderen be- gründete Kommunistische Partei Deutschlands (Spartakusbund) ist an ihrem politischen und moralischen Bankrott angelangt. Nach dem Tode jener großen Vorkämpfer des internationalen Proletariats hat eine ehrgeizige, machtlü- sterne, mit allen Mitteln der Korruption arbeitende Führerclique es ver- standen, im Interesse ihrer eigenen egoistischen Zwecke den Gedanken der proletarischen Revolution zu sabotieren, die Partei ins reformistische Fahr- wasser zu drängen und dadurch den größten Teil der Mitglieder zur heftig- sten Opposition gegen den Reformismus der Zentrale des Spartakusbundes zu veranlassen. Diese Zentrale hat es fertiggebracht, alle diejenigen Bezirke der KPD, die ihren unversöhnlichen Kampf gegen die konterrevolutionären Institutionen des Parlamentarismus, der Gewerkschaften und der gesetzlichen Betriebsräte nicht aufgeben wollte, aus der Partei auszuschließen, ohne diesen (größten) Bezirken Gelegenheit zu geben, ihren Standpunkt vor der höchsten Instanz der Partei, dem Parteitag, darzulegen und zu begründen. Damit hat die Zentrale des Spartakusbundes den Beweis erbracht, daß sie die Partei- spaltung wollte, weil das revolutionäre Wollen der Mitgliedschaften dem konterrevolutionären Wirken der Zentrale entgegengesetzt war. Die bisherige Opposition hat sich nunmehr als Kommunistische Arbeiter- partei Deutschlands konstituiert. Die Kommunistische Arbeiterpartei Deutsch- lands ist keine Partei im überlieferten Sinn. Sie ist keine Führerpartei. Ihre Hauptarbeit wird darin bestehen, das deutsche Proletarat auf seinem Wege zur Befreiung von jeglichem Führertum nach Kräften zu unterstützen. Die Befreiung von der verräterischen, konterrevolutionären Führerpolitik ist das wirksamste Mittel zur Einigung des Proletariats. Die Kommunistische Arbei- terpartei Deutschlands ist sich nichtsdestoweniger bewußt, daß die Einigung des Proletariats, die Einigung im Geiste des Rätegedankens das eigentliche Ziel der Revolution bedeutet. Der Aufruf wurde vom Gründungsparteitag der KAPD erlassen, der im April 1920 in Berlin tagte und 38 000 Mitglieder vertrat. Der Parteitag beschloß u a.: »Die KAPD lehnt die Teilnahme an Parlamenten (Reichs-, Landes- und Ortsparla- ment) ab.« 274 DIE KPD IN DER WEIMARER REPUBLIK Arbeiter, Genossen! Die KAPD ist die entschiedene Vorkämpferin des revolutionären Proletariats. Genossen, macht unsere Partei so aktionsfähig, daß sie das deutsche Proletariat zum Siege führt. Es lebe die Weltrevolution! Es lebe die Dritte Internationale! Kommunistische Arbeiterpartei Deutschlands Die Aktion Heft 15/16, April 1920. 86. PAUL LEVI ÜBER DIE MÄRZAKTION (1921) . .. Wie kam es zu der Aktion? Der erste Anstoß zu dieser Aktion kam nicht aus der deutschen Partei. Wir wissen nicht, wer dafür die Verantwortung trägt. Der Fall war schon häufiger, daß Abgesandte des Exekutivkomitees über ihre Vollmacht hinaus gingen, d. h., daß sich nachträglich ergab, die Abgesandten hätten zu dem oder jenem keine Vollmachten gehabt. Wir sind also nicht in der Lage, dem Exekutivkomitee der Kommunistischen Inter- nationale die Verantwortung zuzuschieben, wenngleich nicht verhehlt werden darf, daß in Kreisen der Exekutive eine gewisse Mißstimmung über die »Inaktivität« der Partei bestand. Abgesehen von schweren Fehlern in der Kapp-Bewegung konnten freilich positive Unterlassungen der deutschen Partei nicht nachgesagt werden. Es lag also ein gewisser starker Einfluß auf die Zentrale vor, jetzt, sofort und um jeden Preis in die Aktion einzutreten... Zur Verdeutlichung dessen, was nun eine »Angriffsaktion« sei, führte ein anderes verantwortliches Mitglied aus: »Das was die Zentrale jetzt vorschlägt, ist ein vollkommener Bruch mit der Vergangenheit. Bisher hatten wir die Taktik oder vielmehr wir sind ge- zwungen gewesen zu der Taktik, daß wir die Dinge an uns herankommen ließen, und sobald eine Kampfsituation gegeben war, in dieser Situation unsere Entschlüsse faßten. Jetzt sagen wir: wir sind so stark und die Situa- tion ist so verhängnisschwanger, daß wir daran gehen müssen, das Geschick der Partei und der Revolution selbst zu zwingen .. .« Die Aktion begann. Es ist der Zentrale zunächst erspart geblieben, die neuerworbene theoretische Grundlage in die Praxis umzusetzen. Hörsing kam ihr zuvor. Er rückte ins Manfeldische ein und hatte damit bereits einen DIE KOMMUNISTISCHEN OPPOSITIONSGRUPPEN                                                           275 Erfolg für sich: den geeigneten Zeitpunkt. Mit der Gerissenheit eines alten Gewerkschaftsbürokraten suchte er sich die Woche aus, die Ostern voranging, wohl wissend, was die viertägige Schließung der Betriebe von Karfreitag bis Ostermontag bedeutet. Damit war die Zentrale schon von vornherein die Gefangene ihrer eigenen »Parolen« geworden. Sie konnte diese Hör- singsche Provokation gar nicht mehr entsprechend der Lage ausnützen. Die mansfeldischen Arbeiter schlugen los . .. Wie aber dachte sich die Zentrale das Verhältnis der Kommunisten zu den Massen? Wie schon oben angeführt, dachte sie zunächst, man könne die Situation auch mit nichtpolitischen Mitteln schaffen. Nun hatte sie ihre Toten. In Hamburg und im Mansfeldischen lagen sie. Aber die Situation war von Anfang an so ohne jede Voraussetzung für eine Aktion, daß nicht einmal die Toten die Massen in Bewegung zu bringen vermochten. Man hatte aber noch ein anderes Mittel bereit. In Nr. 133 der »Roten Fahne« vom Sonntag, dem 20. März, steht ein Artikel mit der Überschrift: »Wer nicht für mich ist, der ist wider mich! Ein Wort an die sozialdemokratischen und unabhängigen Arbeiter.« ... Wir wissen nicht, ob der Verfasser jenes Artikels erfahren genug ist, um zu wissen, daß er mit diesem Artikel einen Vorgänger hat. Dieser Vorgänger besaß wenigstens die Bescheidenheit zu sagen: Wer nicht für uns ist, der ist wider uns.« Er war nun freilich kein Marxist-, er war kein Sozialist; er hieß - Bakunin, der russische Anarchist, der im Jahre 1870 einen Aufruf an die russischen Offiziere unter dieser Alternative richtete. . . Der Kommunismus ist nie und nimmer gegen die Arbeiterklasse. Aus die- ser Bakunistischen, allem Marxistischen Hohn sprechenden Grundeinstellung der Aktion, diesem völligen Verkennen, der völligen Verleugnung aller marxistischen Stellung der Kommunisten zu den Massen, ergeben sich dann alle folgenden, bewußten oder unbewußten, gewollten oder ungewollten, gezwungenen oder freiwilligen, bereuten oder nicht bereuten anarchistischen Wesenszüge dieses MärzaufStandes ganz von selbst: der Kampf der Arbeits- losen gegen die Arbeitenden, der Kampf der Kommunisten gegen die Prole- tarier, das Hervortreten des Lumpenproletariats, die Dynamitattentate — das alles waren die logischen Folgen. Durch das alles wird die Märzbewegung als das charakterisiert, was sie ist: der größte Bakunisten-Putsch der bisherigen Geschichte . . . Wir glauben, daß nicht nur hier in Deutschland, sondern überall empfun- den wird, daß die Leitung der Exekutive ungenügend ist. Das liegt nicht nur an der Tatsache, daß an ihrer Spitze weder ein Marx, wie an der Spitze der I. Internationale, noch ein Lenin steht. Es liegt an großen technischen Schwierigkeiten, Mangelhaftigkeit der Postverbindung usw. So ist die Exe- kutive von Westeuropa, ihrem wichtigsten Betätigungskreis, isoliert. Wir glauben, daß das nicht am wenigsten die Exekutive selbst empfindet. Als 276                      DIE KPD IN DER WEIMARER REPUBLIK Ausweg aber benutzte sie einen, der der allerunglücklichste war und über den zu reden ich als Vorsitzender der Partei mir etwas Zurückhaltung auf- erlegen mußte, über den ich aber als Parteimitglied mit aller Offenheit reden kann. Es ist das System der Vertrauensleute. Zunächst ist natürlich Rußland nicht in der Lage, die besten Kräfte abzugeben. Die haben in Rußland Posten, an denen sie nicht zu ersetzen sind. So kommen nach Westeuropa Kräfte und Genossen, jeder einzelne voll des besten Willens, jeder einzelne voll eigener Gedanken, und jeder einzelne voll des Eifers, um einmal zu zeigen, wie er »die Sadie schmeißt«. So wird Westeuropa und Deutschland zum Versuchs- feld für allerhand Staatsmänner im Duodezformat, von denen man den Ein- drude hat, daß sie hier ihre Künste entwickeln wollen. Ich habe nichts gegen die Turkestaner und wünsche ihnen nichts Böses: aber ich habe oft den Ein- druck, diese Kräfte würden bei ihren Kunststüdcen dort weniger Sdiaden anrichten. Verhängnisvoll wird die Sache aber dann, wenn Vertreter gesandt werden, die nicht einmal menschlich die nötigen Garantien bieten. Ich muß auch hier noch einmal auf die italienische Angelegenheit zurückkommen. Der Ge- nosse Rakosi, der in Italien die III. Internationale vertrat/1 kam von da nach Deutschland. Er wurde in die Sitzungen der Zentrale wie des Zentral- ausschusses als Vertreter der Exekutive eingeführt. Er hat dort wörtlich aus- geführt, man habe in Italien »ein Exempel statuiert«, er hat privat wie öffentlich erklärt, auch die deutsche Partei müsse wieder gespalten werden. . Paul Levi: Unser Weg. Wider den Putschismus A. Seehof Verlag, Berlin 1921 S. 21/22, 23, 25, 26, 30, 31, 45/46. Rakosi, der spätere stalinistische Diktator Ungarns, hatte am Parteitag der italienischen Sozialisten in Liverno teilgenommen. Dort war es zur Spaltung der italienischen Sozialisten gekommen, da nur ein Teil der Partei bereit war, die 21 Bedingungen der Komintern anzunehmen. DIE KOMMUNISTISCHEN O P P O S ITIO N S G RU P PE N ¿77   RESOLUTION DER I. REICHSKONFERENZ DER KOMMUNISTISCHEN ARBEITSGEMEINSCHAFT (1921) Die erste Reichskonferenz der KAG beschloß einstimmig folgende Erklärung^2 Die KAG erstrebt nicht die Gründung einer eigenen Partei; sie glaubt vielmehr, daß bei dem selbstverschuldeten Schicksal der KPD und dem zu- rückgegangenen Ansehen der Kommunistischen Internationale die kommende Herausbildung der großen revolutionären Massenpartei nicht im Wege der Spaltung, sondern im Wege der Zusammenfassung erfolgen wird. Hält die KPD fest an der Politik, die sie sich auf der letzten Zentralausschußsitzung gegeben hat, führt sie diese Politik ehrlich und nicht zur Erreichung taktischer Parteiinteressen durch, so läßt sie auf die Dauer keinen Spielraum zwischen ihr und dem, was die übergroße Mehrheit der USP-Arbeiter und ein großer Teil ehrlicher, revolutionärer SPD-Arbeiter wollen. Soll aus diesen Verhältnissen heraus die große revolutionäre Partei auch organisatorisch entstehen, und soll die KPD dabei eine ausschlaggebende Rolle spielen, so muß sie folgende Voraussetzungen erfüllen, die ihr das nötige Ansehen und Vertrauen in den Massen wiedergeben würden: Völlige materielle Unabhängigkeit von der Kommunistischen Inter- nationale. Unterstellung aller von auswärtigen kommunistischen Organisationen (auch Organen der Kommunistischen und Roten Gewerkschaftsinternationale) er- scheinenden Literatur unter die Mitkontrolle der deutschen Parteileitung. Sicherheit gegen alle offenen oder verdeckten organisatorischen Eingriffe des Zentralexekutivkomitees der Kommunistischen Internationale neben, außerhalb oder gegen die Organe der deutschen Sektion. Programmatische Festlegung einer Politik, die die Zusammenarbeit aller revolutionären Arbeiter in Deutschland ermöglicht, unter ausdrücklichem Verzicht auf alle putschistischen Bestrebungen im Sinne der Märzaktion. Festlegung einer Gewerkschaftspolitik, die unbeschadet aller revolutionären Die beiden auf dem Vereinigungsparteitag von KPD und linker USP 1920 gewählten Parteivorsitzenden Paul Levi und Ernst Däumig sowie eine Reihe wei- terer Parteiführer und Funktionäre hatten im Verlaufe der Diskussion über die Märzaktion die KPD verlassen. Sie gründeten auf einer Konferenz am 20. November 1921 die »Kommunistische Arbeitsgemeinschaft« (KAG), deren Resolution wir in die Auswahl mit aufnahmen. Die KAG trat im April 1922 wieder der USP bei und kam mit ihr im September 1922 zur SPD zurück. 2/8                                     DIE KPD IN DER WEIMARER REPUBLIK Ziele die organisatorische Einheitlichkeit und Geschlossenheit der deutschen Gewerkschaften aufrechterhält. Unser Weg (Sowjet) Zeitschrift für kommunistische Politik Herausgeber: Paul Levi Heft 15, Dezember 1921, S. 415.   PLATTFORM DER WEDDINGER OPPOSITION (1926) (Von Hans Weber, Peters und Max Riese, Berlin) ...4. Die Fehler der Partei Bei der Volksentscheidskampagne für die entschädigungslose Enteignung der Fürsten ergab sich für die Partei ein großes Tätigkeitsfeld. Jedoch ver- stand sie es nicht, durch eine wirkliche revolutionäre Mobilisierung der Ar- beiterschaft und des Mittelstandes sich den politischen und organisatorischen Gewinn aus dieser Kampagne zu sichern. Es wäre die Aufgabe der Partei gewesen, durch die rücksichtslose Demaskierung der bürgerlichen Demokratie und ihrer Verfechter die bei den Wählermassen noch vorhandenen Illusionen zu zerstören und für die Partei neue Kämpfer zu gewinnen. Statt dessen ließ die Partei vor und während der Kampagne trotz der offe- nen Staatsstreichdrohung der Reaktion jegliche revolutionäre Klarheit und Initiative sowie die Verknüpfung der Enteignungskampagne mit den Tages- förderungen vermissen, so daß mit dem Tage der Abstimmung auch die ganze Bewegung ein plötzliches und unrühmliches Ende fand. Des weiteren war es ein unverzeihlicher Fehler der Parteiführung, die ganze Bewegung im parla- mentarischen Sinne durchzuführen und dadurch die Weitertreibung auf das außerparlamentarische Gebiet unmöglich zu machen. Infolgedessen mußte auch der von der Partei erst am Abschluß der Bewegung parolisierte Kongreß der Werktätigen seinen Zweck, die Überleitung des parlamentarischen Kamp- fes auf das außerparlamentarische Gebiet vollständig verfehlen... Die neuere Entwicklung der reformistischen Politik der sozialdemokrati- schen Gewerkschafts- und Parteibürokratie zeigt, daß dieselbe nicht nur in lokalen Teilkämpfen und in den Kämpfen um die gewerkschaftlichen Tages- förderungen der Arbeiterschaft versagt, bzw. sabotiert, sondern wie im Hamburger Kampf selbst jahrzehntealte Errungenschaften und Grundrechte der Gewerkschaften (Koalitions- und Streikrecht) kampflos preisgibt und DIE KOMMUNISTISCHEN O P P O S IT I O N S G RU PPE N 279 verrät. Diese unerhörten Tatsachen hat die KPD unter schonungslosester Auf- zeichnung der Rolle der Reformisten als Lakaien der Bourgeoisie in das Be- wußtsein der Arbeiterschaft zu bringen. Die KPD kann sich aber als revolutionäre Vorhut des Proletariats nicht allein mit diesen Feststellungen und mit Schimpfen auf die verräterische, reformistische Gewerkschafts- und Parteibürokratie begnügen. Sie hat die noch höhere Aufgabe, selbst der Arbeiterschaft weg- und zielweisend vor- anzugehen, die notwendigen Kämpfe durch eigene revolutionäre Initiative zu beleben und zu forcieren. Statt dessen hat die Partei in einer Reihe von Bewegungen der letzten Zeit schwer versagt, schwere reformistische Fehler begangen. . . Unter der jetzigen Parteiführung entwickelt sich ein innerparteilicher Kurs, der, wenn er nicht schleunigst geändert wird, zur direkten Gefahr für die Existenz der Partei wird. Mit dem Kampfruf »Der Feind steht links« wird seit vielen Wochen das Feuer gegen alle linken Elemente konzentriert, die sich mit ihrer ganzen Überzeugungskraft gegen den sich immer mehr ausbreitenden Opportunismus in der Partei und gegen jede Neuauflage des Brandierismus stemmen. Selbst überzeugt davon, daß man die durchaus linke Mitgliedschaft nicht durch sach- lichen Kampf für den neuen Kurs gewinnen würde, griff das ZK zu den verwerflichsten Mitteln. Die systematische Ausrottung linker Funktionäre und Zersetzung der Mit- gliedschaft durch eine fraktionell durchgeführte Reorganisation, die bis zu dem grotesken Versuch der Einführung von zweierlei Stimmrecht (erster und zweiter Klasse) ging, war die verschärfte Fortsetzung des von der Fischer- Maslow-Zentrale begonnenen Maßregelungsfeldzugs gegen die damalige, sich gegen die Volksblocktheorie aufbäumende sogenannte ultralinke Opposition. Seitdem hagelt es mit Ausschlüssen und sonstigen mechanischen Maßnahmen des jetzigen ZK gegen die linke Opposition. Erst dieser Tage wurden aus demselben Grunde wiederum durchweg ehrliche oppositionelle Arbeiter- elemente aus der Partei ausgeschlossen. Weitere Ausschlüsse und Maßregelun- gen sind im Gange und bereits angekündigt. Die zum größten Teil unter Ignorierung und Bruch der Parteistatuten er- folgten Ausschlüsse sind in der letzten Zeit zu einer wahren Epidemie aus- geartet, wodurch die Einheit der Partei auf das höchste gefährdet wurde... Im Hinblick auf die der Partei bevorstehenden großen revolutionären Auf- gaben müßte es die erste Pflicht der leitenden Parteiinstanzen sein, durch die Einstellung ihres unsachlichen Kampfes den Weg zur Gesundung der Partei freizumachen. Die Weddinger Opposition ist der Meinung, daß es ausschließlich in der Hand des ZK liegt, eine fraktionelle Zerklüftung der Partei zu verhindern, indem es die Ursachen derselben schleunigst aus der Welt schafft. Dazu ge - 28o DIE KPD IN DER WEIMARER REPUBLIK nügt es nicht, wie die Erfahrung seit dem EKKI-Brief besonders lehrt, in allgemeinen Redensarten von der Notwendigkeit der Parteidemokratie zu sprechen. Vielmehr ist es notwendig, daß mit der praktischen Verwirklichung der Parteidemokratie wirklich ernst gemacht wird, indem das ZK mit konkre- ten Vorschlägen (Zusicherung der freien Meinungsäußerung in Organisation und Presse, Zurücknahme der mechanischen Maßnahmen und Ausschlüsse gegen ehrliche Oppositionsgenossen, Einstellung der personellen Hetze gegen die Opposition usw.) vor die Parteimitgliedschaft tritt und durch die so ge- schaffene Kontrollmöglichkeit deren Durchführung garantiert. Mit der Durch- führung eines solchen innerparteilichen Kurses würden sämtliche Fraktionen ohne weiteres überflüssig. Die Weddinger Opposition fordert in dieser besonders ernsten innerpartei- lichen Situation die sofortige und wirklich ehrliche Abkehr von dem ver- derblichen innerparteilichen Kurs des ZK und die Sicherung eines kamerad- schaftlichen Zusammenarbeitens zwischen Parteimehrheit und der linken Opposition. Die Weddinger Opposition Berlin, den 20. November 1926 Die Internationale Zeitschrift für Praxis und Theorie des Marxismus Heft 24, Dezember 1926, S. 756, 758, 759/760.   DIE STREITFRAGE IN DER KOMINTERN (1927) (»Linke Plattform« von Willi Kötter - Berlin, Arthur Vogt - Leipzig, Jädicke - Berlin) ... Da wir der Überzeugung sind, daß wir eine Zeit der revolutionären Zu- spitzung erleben, die den Ausbruch des proletarischen Befreiungskampfes in kürzerer Zeit als möglich erscheinen läßt, sehen wir die Aufgaben der Partei in der Vorbereitung dieses Befreiungskampfes und der Organisierung der proletarischen Massen zum Sturze der Bourgeoisie. Zu diesem Zwecke muß die Partei in folgender Linie arbeiten: ... 2. Die Einheitsfront darf nicht zu Kompromissen mit SPD-Führern oder zur prinzipienlosen Berücksichtigung dieser oder jener Stimmung füh- ren. Bei den Regierungsfragen muß die Partei ein Programm in den Vor- dergrund stellen und in den Massen verankern. Die Partei darf nur den DIE KOMMUNISTISCHEN O P P O S ITI O N S G RU PPE N 18l unterstützen, der sich bereit erklärt, dieses von den Massen gestützte Pro- gramm zu vertreten. Jeder, der gegen das Programm ist, gegen den sind auch wir. Da ein proletarisches Programm nur von der einzigen Arbeiterpartei, der KPD, vertreten wird, ist die Unterstützung anderer Parteien außer Frage gestellt. .. Unsere Arbeit in den Gewerkschaften muß in dem Sinne geleistet wer- den, den Einfluß der reformistischen Führer zu brechen und die gewerkschaft- lich organisierten Arbeiter im Sinne des Klassenkampfes zu beeinflussen. Nicht Kompromisse mit den reformistischen Gewerkschaftsführern, sondern Kampf gegen sie und ihre Politik. Der gegenwärtige Stand der Organisation der KPD zeigt die Notwen- digkeit der Anwendung neuer Methoden, wodurch es uns gelingen muß, tat- sächlich jeden Betrieb zu unserer Burg zu machen. Breitere Zusammenkünfte der Mitgliedschaft, Vereinfachung des Organisationsapparates, wozu noch hinzukommen muß die Beseitigung der Klassifizierung unserer Genossen in »Betriebsgenossen« und »Nicht-Betriebsgenossen«, müssen sofort durchge- führt werden. Die Organisation muß geleitet werden zu dem Zweck der Ver- breiterung unseres Einflusses in den Massen und nicht zur fraktionellen Er- ledigung der Opposition. Der innerparteiliche Kurs, der in der KPD durch zahlreiche Ausschlüsse durch Maßregelung und Ausschaltung linker Genossen von jeder verantwort- lichen Mitarbeit gekennzeichnet ist, muß geändert werden. An Stelle der fraktionellen Vergiftung der Partei durch das ZK muß eine loyale Zusam- menarbeit aller revolutionären Kräfte der Partei trotz taktischer Meinungs- verschiedenheiten möglich gemacht werden. Bei der Fortführung des jetzigen innerparteilichen Kurses, der in einer dauernden Vergewaltigung des demo- kratischen Zentralismus besteht, wird die Partei in ihren Grundfragen er- schüttert. Schlussbemerkung Der XI. Parteitag der KPD bietet zwei Möglichkeiten. Die erste Möglichkeit ist, daß er jeden Genossen, der es wagte, eine andere Meinung, als die jeweils vorherrschende zu vertreten, ausschließt aus der Partei, oder daß er, das ist die zweite Möglichkeit, eine Basis schafft, auf der trotz aller Meinungsver- schiedenheiten eine für die Partei und für die Revolution nutzbringende Ar- beit aller revolutionären Kräfte der Partei möglich ist. Die Internationale Zeitschrift für Praxis und Theorie des Marxismus Heft 4, Februar 1927, S. 114, 118/119. 182 DIE KPD IN DER WEIMARER REPUBLIK   ERKLÄRUNG DER »LINKEN OPPOSITION« AUF DEM XL KPD-PARTEITAG IN ESSEN (1927)73 Wolfgang Bartels (Berlin, Urbahns-Gruppe): Es ist meiner Gruppe unmög- lich gemacht, zu den in den Referaten aufgeworfenen Problemen und Fragen unseren Standpunkt ausführlich darzulegen. Ebenso ist es uns unmöglich, auf die Angriffe gegen uns, so wie es notwendig wäre, eingehend zu antworten. Ich bin infolgedessen genötigt, unsere politischen Auffassungen in einer Er- klärung zusammenzufassen. (Zuruf: Hat die Scholem gestern geschrieben?) »Im Namen der Urbahns-Gruppe der Partei protestiere ich dagegen, daß uns, die wir gegenüber der falschen Linie der Parteimehrheit eine Reihe von Forderungen und eine ausführliche Kritik vorzubringen hätten, ganze 10 Minuten Redezeit zugebilligt sind. Diese Tatsache beweist, daß die Partei- mehrheit den Kurs der Strangulierung und der Niederknüppelung der Oppo- sition fortsetzen will, der durch den Ausschluß und die Herausdrängung von Hunderten linker Genossen begonnen wurde. Zu den Referaten der Genossen Dengel und Thälmann stellen wir folgen- des fest: Die Vertreter des nach dem Offenen Brief?« eingesetzten ZK haben nicht von Erfolgen der Partei berichten können, obwohl die Beseitigung der linken Parteiführung mit dem Vorwurf begründet wurde, daß diese Führung nicht genügend Erfolge erzielt habe. Das heutige ZK, das eine günstige Situa- tion für sich hatte, kann trotzdem nur auf eine Reihe von Mißerfolgen zu- rückblicken. In den Gewerkschaften wurden trotz allen Geschreies keine Erfolge erzielt, sondern wichtige Positionen gingen an die Reformisten verloren. Die Ergeb- nisse der letzten Wahlen in Lübeck, Thüringen, Oberschlesien und bei anderen Kommunalwahlen beweisen den Rückgang der Kommunistischen Partei und ein Wachsen des sozialdemokratischen Einflusses auf die Arbeiterschaft. Die Mitgliederzahl der Partei ist nicht gewachsen. Die Partei hat keineswegs mehr organisierte Mitglieder als zur Zeit der linken Zentrale. Die Referenten ver- suchen, die Verantwortung für diese Mißerfolge, die sie hier auf dem Par- Auf dem XL Parteitag der KPD im März 1927 in Essen war die linke Oppo- sition nur noch schwach vertreten. Die Unterzeichner der hier abgedruckten Erklä- rung, Bartels, Grylewicz und Schlecht wurden am 1. April 1927 ebenfalls aus der KPD ausgeschlossen. Mit dem Offenen Brief ist der Brief des Exekutivkomitees der Komintern vom 1. September 1925 gemeint, der sich gegen die Maslow-Führung richtete (vgl, Dok. 70). DIE KOMMUNISTISCHEN O P P O S ITI O N S G RU P PE N                                            283 teitag zugeben mußten, vom Zentralkomitee abzuwälzen. Derselbe Genosse Dengel, der die in Mecklenburg betriebene Koalitionspolitik persönlich mit eingeleitet hat, versucht hier, sich von der Verantwortung zu drücken. Ebenso können wir nicht zulassen, daß Genosse Dengel die Verantwortung für die Thüringer Wahlniederlage auf den für diese Niederlage mitverantwortlichen Tittel allein abschiebt. Als die linke Opposition während der Parteidiskussion alle diese jetzt notgedrungen zugegebenen schweren opportunistischen Fehler kritisierte, wurde sie deshalb vom Zentralkomitee als Parteiverleumder und -Zerstörer beschimpft und gemaßregelt. In Wirklichkeit zeigte sich in all die- sen Fehlern die falsche politische Linie, die das Zentralkomitee seit dem Offenen Brief verfolgt. In der Erwerbslosenfrage, beim Volksentscheid, beim Kongreß der Werktätigen, bei der Bildung der Bürgerblockregierung, bei der schon kritischen Koalitionspolitik in Mecklenburg, bei der Unterstützung der SPD bei der Regierungsbildung in Sachsen, überall wurde der die Partei zer- störende und die revolutionäre Bewegung lähmende opportunistische Kurs eingeschlagen. Allgemein: In allen auf geführten Fragen wurden die kommunistischen Grundsätze verwischt oder sogar versteckt. Schwammige, unklare Zwischen- lösungen wurden aufgestellt. Das Zurückweichen vor der SPD beweist deren Anwachsen. Wir verweisen auf die von uns vorgelegte politische Resolution. In ihr haben wir nicht nur die wesentlichsten Punkte des Versagens des ZK aufgeführt und daran die falsche opportunistische Linie nachgewiesen, son- dern wir haben auch positiv ein ausführliches Aktionsprogramm der Partei vorgeschlagen. Das Programm, das in den Mittelpunkt der Tageskämpfe den Kampf gegen den Bürgerblock stellt, geht aus von der jetzt in der Partei vergessenen Tatsache, daß alle Tagesfragen verbunden werden müssen mit der unablässigen Betonung unseres klaren kommunistischen Endziels in der Partei. Eine der wichtigsten Aufgaben in der Partei, wozu wir ebenfalls kon- krete Anträge eingereicht hatten, ist der englisch-russische Konflikt. Der Par- teitag begeht eine schwere politische Unterlassungssünde, wenn er nicht be- schließt, folgende von uns vorgelegten Punkte der Partei als Aufgabe gegen die drohende Intervention zu stellen: Sofort für die Einberufung einer Konferenz der Transportarbeiter und Seeleute im deutschen und internationalen Maßstab zu sorgen unter der Lo- sung: Kein Soldat und kein Seemann darf gegen Sowjetrußland gehen oder transportiert werden. Sofort für die Einberufung einer Konferenz der Waffen- und Munitions- arbeiter, Arbeiter der chemischen Industrie zu sorgen, unter der Losung: Keine Kugel, kein Maschinengewehr, keine Kanone, kein Gas gegen Sowjet- rußland. Sofort eine großzügige Agitations-, Versammlungs- und Demonstrations- 284 DIE KPD IN DER WEIMARER REPUBLIK kampagne unter Heranziehung aller revolutionären Kräfte, das heißt auch der ungerechterweise aus der Partei »Ausgeschlossenen« zu organisieren. Sofort die Einberufung des anglo-russischen Komitees zu fordern, dessen reformistische Mitglieder selbstverständlich nichts gegen ihre von ihnen unter- stützte imperialistische Regierung tun werden, worauf diese Gelegenheit der Entlarvung dieser Verräter ausgenutzt werden muß und das beim englischen Generalstreik Versäumte nachgeholt wird. Sofort die Einheit der Partei herzustellen durch Aufhebung aller Aus- schlüsse der Linken.« Mit Entrüstung stellen wir vor der Partei fest, daß das ZK es abgelehnt hat, diesen Antrag gedruckt dem Parteitag vorzulegen. Indem wir diese Erklärung abgeben, solidarisieren wir uns ausdrücklich auf der Tribüne dieses nach dem Ausschluß der führenden oppositionellen ZK-Mitglieder einberufenen Parteitags mit den ausgeschlossenen Genossen Maslow, Ruth Fischer, Urbahns, Scholem, Schwan und den anderen, die auf unserem Boden, dem Boden der alten Linken in der Partei, stehen. Wir ver- weisen auf den Offenen Brief, den diese zu unrecht ausgeschlossenen Partei- genossen an den XL Parteitag gerichtet haben und unterschreiben den Inhalt dieses Briefes. Wir fordern die Rückgängigmachung der zu Unrecht erfolgten Ausschlüsse. Für diese Forderung werden wir innerhalb der Partei weiterkämpfen, auch dann, wenn dieser Parteitag, der die Stimmung der Mitgliederschaft nicht widerspiegelt, weitere Terrormaßnahmen gegen die Linke beschließt und höhnisch über unsere sachlichen Vorschläge hinweggeht. Unterschriften: Bartels, Grylewicz, Schlecht. Bericht über die Verhandlungen des XL Parteitages der KPD Essen vom 2. bis 7. März 1927 Vereinigung Internationaler Verlagsanstalten GmbH Berlin 1927 S. 86/87. DIE KOMMUNISTISCHEN O PP O S ITIO N S G RU P PE N 285 91- DER KAMPF UM DIE KOMMUNISTISCHE PARTEI Plattform der linken Opposition der KPD75 Thesen zur Lage in der deutschen Partei Die Krisenerscheinungen in der gesamten Kommunistischen Internationale sind permanent geworden. Die Jahre 1924 und 1925 brachten, äußerlich gesehen, eine Wendung nach links in der KI, welche die Besorgnisse der Linken zu widerlegen schienen. Die Wendung nach links wurde sehr bald durch eine völlige Schwenkung nach rechts, durch Aufstellung revisionistischer Theorien und Herauswurf führender antiliquidatorischer Elemente abgelöst. Die Krise der Kommunistischen Internationale kann nicht erklärt wer- den durch Redensarten über »Abweichungen« oder durch Charaktereigen- schaften einzelner Personen oder Gruppen; sie spiegelt vielmehr die relative Stabilisierung des Kapitalismus mit ihren mannigfaltigen, einander gegen- sätzlichen Tendenzen wider. Die in der Periode der relativen Stabilisierung besonders schwierige Lage der Sowjetunion erzeugt bei denen, welche die Stabilisierung heimlich für absolut halten, revisionistische Anschauungen und liquidatorische Absichten. Trotz aller hochtrabenden Siegesnachrichten und »einstimmigen« Ab- stimmungen ist die offizielle Politik der KI in eine Sackgasse geraten, aus der sie nur herauskommen kann, wenn ihre gesamte Politik radikal geändert wird. Pflicht eines jeden Kommunisten ist es, mit allen Kräften an der not- wendigen Kursänderung zu arbeiten, um die Liquidation der KI zu ver- hindern. Eine radikale Kursänderung ist nur möglich, wenn man den Charakter der gegenwärtigen Periode klar erkennt und die daraus entspringenden Auf- gaben präzis stellt. 75. Die Linke Opposition der KPD wurde von Ruth Fischer, Maslow und Ur- bahns geführt, die nach ihrem Ausschluß aus der KPD eine eigene kommunistische Gruppe gebildet hatten. Die Linken bildeten keine neue Partei, weil dazu die Massen- basis fehlte. Doch konnte die von Urbahns geführte Linke KPD bei den Wahlen von 1928 in 24 von 35 Wahlkreisen 80000 Stimmen erringen, obwohl Ruth Fischer und Maslow noch kurz vor der Wahl kapituliert hatten und die Linken Kommunisten nicht unterstützten. Die KPD erhielt zwar 1928 3,2 Millionen Stimmen, hatte aber z. B. 1920 auch nur 600 000 erhalten. Unter Urbahns Führung entstand aus den Linken Kommunisten der am 4. März 1928 gegründete Leninbund, der bis 1933 existierte. 286 DIE KPD IN DER WEIMARER REPUBLIK Derjenige ist kein Kommunist, sondern ein Liquidator, welcher glaubt, daß die Grundsätze des Kommunismus nur für unmittelbar revolutionäre Si- tuationen »passen«. Alle wirklichen Kommunisten müssen sich sammeln zur Verhinderung der Liquidation und zur Herstellung einer wirklichen Kommunistischen Par- tei ... C. Die Aufgaben der KPD und Kl Die KPD, die einzige revolutionäre Partei des Proletariats, ist ihrem We- sen nach die einzige Arbeiterpartei, die Kommunistische Internationale die einzige Arbeiterinternationale. Dementsprechend haben sie die Aufgabe, die entscheidenden Schichten der Arbeiterklasse um sich zu sammeln, und zwar in jeder Periode nicht durch Verschleierung ihrer Ziele und Endlösungen (Diktatur des Proletariats und Rätestaat als einziger möglicher Weg zum Sozialismus nach dem gewaltsamen Sturz der Bourgeoisie), sondern durch zähe, beharrliche, offene Propaganda dieser ihrer Losungen und Ausrichtung ihrer gesamten Tätigkeit, in jeder Situation, auf diese Ziele ... iv. Entwicklung und Lage der Komintern und der KPD Die russische Diskussion als Krisenzeichen i.Die mit der vorläufig vollständigen Niederlage der russischen Opposition abgeschlossene Diskussion in der KPdSU signalisiert die ernsteste und tiefste Krise, die die KI bisher in ihrem von Anfang an krisenreichen Dasein erlebt hat. Der offizielle Optimismus, mit welchem Sprecher wie Bucharin die Krise als nicht vorhanden zu behaupten wagen, entspricht weder den Tatsachen, noch hat er etwas mit Marxismus zu tun, da die »Erklärung« der Krise der KPdSU und der KI aus den Charaktereigenschaften »mißvergnügter ehe- maliger Führer« typisch bürgerlich ist. Die mit mechanischen Mitteln erzwungene »Erledigung« der russischen Diskussion ändert nichts an den objektiven Ursachen der Krise und der Dif- ferenzen. In politisch artikulierter Form hat die russische Opposition ihre Kritik an der falschen Linie der Stalinschen Mehrheit in verschiedenen Doku- menten niedergelegt. Eine zusammengedrängte Darstellung findet sich in den folgenden Zeilen, welche von ihrer Richtigkeit durch mechanische Repressa- lien der leitenden Körperschaften nichts eingebüßt haben. Die tiefen Differenzen in der sogenannten russischen Frage sind ihrem Wesen nach Differenzen in allen Fragen der proletarischen Revolution. Die DIE KOMMUNISTISCHEN O P P O S IT I O N S G RU P PE N 287 KI steht vor der entscheidenden Frage, ob sie die Revision des Marxismus und Leninismus (welche Stalin bereits offen an Zitaten aus Engels vornimmt) dulden und dabei sich selbst als Kommunistische Internationale streichen will, oder ob sie die Kraft aufbringt, die Revisionisten zu schlagen. Die Theorie der »nationalen Beschränktheit«, d. h. die Theorie von der Möglichkeit des Aufbaues des vollen Sozialismus in Rußland allein, ist gleich- bedeutend mit der Praxis des Verzichts auf die proletarische Revolution in den fortgeschrittenen Industrieländern, d. h. der Theorie und Praxis des Liquidatorentums. Diese Theorie und Praxis bestimmt die Gesamtlinie der KL Ohne ihre Zurückweisung und Ausrottung ist die Liquidierung des Kom- munismus als Ideologie unvermeidlich, der kommunistischen Organisationen aber unaufhaltsam. Die Entwicklung der KPD In der KPD trat das Liquidatorentum bereits kurz nach der Vereinigung des Spartakusbundes mit der linken USP auf. Nur dem fortwährenden hart- näckigen Kampfe der Linken gegen die Liquidatoren (Levi, Friesland, Brand- ler, Thalheimer) ist es zu verdanken, daß die revisionistischen, sozialdemo- kratischen und liquidatorischen Tendenzen in der KPD nicht noch viel stär- ker und früher in Erscheinung traten als in der letzten Zeit, ja zeitweilig sogar völlig zurückgeschlagen zu sein scheinen konnten. Nach der Niederlage des deutschen Proletariats im Herbst 1923, und nach dem völligen Bankrott der offiziellen, von Brandler geführten, von der Exekutive der Komintern immer unterstützten Politik, haben die Linken allein die Parteitrümmer gesammelt, reorganisiert und die Partei wiederher- gestellt, und zwar unter den schwierigsten und ungünstigsten Verhältnissen. Die Zeit vom Frankfurter Parteitag bis zum Anfang des Jahres 1925 war die einzige Periode in der Existenz der KPD, wo die Partei geschlossen, einheitlich und krisenlos leben konnte. Während der Zeit der linken Führung machte die Partei auch Versuche, der Mitgliedschaft das Bewußtsein der Führerrolle der KPD einzuprägen (die KP, die einzige Arbeiterpartei), was angesichts der Niederlage und des weitverbreiteten Gefühls der »Überlegenheit« der SPD doppelt notwendig war und bleibt. Die Partei machte auch ernsthafte Versuche, international mit den Bruderparteien zusammenzuarbeiten. Alles das hat mit dem »Offenen Brief« vollkommen aufgehört. Die großen Erfolge der KPD zur Zeit der linken Führung waren relativ sehr bedeutend, nämlich gemessen am Zustand der Partei Ende 1923 und Anfang 1924. Hätte man die Partei und die Führung nicht von oben her zerstört, so wären diese Erfolge ohne Zweifel fortgesetzt und vergrößert worden. Daß es aber der Exekutive gelang, die linke Führung zu beseitigen, 288 DIE KPD IN DER WEIMARER REPUBLIK zeigt, daß Fehler gemacht worden sind, welche objektive Wurzeln besitzen. Die Entwicklung seit dem »Offenen Brief« zeigt aber, daß dessen Sinn nicht im entferntesten der war, die Partei allgemein politisch wie innerpartei- lich auf einen besseren Weg zu bringen. Der wirkliche »Erfolg« des »Offenen Briefes« ist der, das Parteileben getötet, die Partei atomisiert, den Rechten die Bahn freigemacht, den Einfluß der Partei auf das Proletariat stark her- untergedrückt und die Partei beinahe liquidationsreif gemacht zu haben. Diesem »Offenen Brief« zuzustimmen, war ein katastrophaler Fehler. Die KPD hat seit dem »Offenen Brief« eine Politik getrieben, die im- mer mehr von der Klassenlinie abweicht. Dieses Abweichen von der Klassen- linie zeigt sich: in der Gewerkschaftsarbeit der Partei, die immer offener lediglich eine Politik des Nachlaufens hinter den Reformisten ist; in dem Verzicht auf selbständige Zusammenfassung der Erwerbslosen- bewegung; in der Politik der Unterstützung bürgerlicher oder sozialdemokratischer Regierungen, einer Politik, die nicht einmal konsequente Oppositionspolitik dem bürgerlichen Staat gegenüber ist, nach »links«-sozialdemokratischem Muster. in der Aufstellung staatskapitalistischer Übergangslosungen für kapita- listische Länder in der heutigen Periode; im Verzicht der Linie auf die Spaltung der SPD hin und auf die Zer- setzung des Reichsbanners. ii. Die Art der innerparteilichen Leitung, der »Vorbereitung des Partei- tages« und der Diskussion, die jetzt mit der Sanktion der Exekutive der KI möglich geworden ist, zeigt deutlich, wohin der Kurs geht. Niemals ist den Rechten gegenüber auch nur ein Bruchteil dessen gewagt worden, was jetzt den Linken gegenüber unter dem heuchlerischen Geschrei der Liquidatoren über die angeblich »kleinbürgerlichen« und »sozialdemokratischen« Abwei- chungen der Linken gegen den Willen der Kommunisten in der Partei durch- geführt wird... Der Kampf um die Kommunistische Partei Plattform der linken Opposition der KPD o. O. und o. J., S. 8, 12/14. DIE KOMMUNISTISCHEN O PP O S ITIO N S G RU P PE N 289 92. OFFENER BRIEF DER KAPD ÜBER DIE »SOWJETGRANATEN« AN DAS ZENTRALKOMITEE DER KPD (1927)76 Anfang Dezember v. J. machte die englische Zeitung »Manchester Guardian« ihre bekannten Enthüllungen über die Errichtung einer Flugzeugfabrik, einer anderen für Giftgase und einer weiteren für Granaten deutscher Firmen in Rußland im Auftrage der deutschen und im Einverständnis mit der russischen Regierung. Diese Kriegsfabriken, eingerichtet auf russischem Territorium, um die Bestimmungen des Versailler Vertrages zu umgehen, sollen zur Bewaff- nung Deutschlands gedient haben. »Manchester Guardian« machte auch die Mitteilung, daß in Stettin mehrere Schiffe mit Munition aus Rußland ange- langt sind. Trotzdem Tschitscherin, der in dieser Zeit in Berlin weilte, auf die Frage über die »Sowjetgranaten« laut »Rote Fahne« vom 7. 12. 26 antwortete: »Sowjetgranaten... ja, >Made in England< oder vielleicht in der Berliner englischen Botschaft. Ich bin über die Internas nicht genau informiert«; trotz - 76. Ende 1926 wurden einige Tatsachen bekannt, die eine Zusammenarbeit zwi- schen der Sowjetregierung und der deutschen Reichswehr enthüllten. Die KPD ver- suchte vergeblich, diese Zusammenarbeit abzustreiten. Es kam innerhalb der Arbeiter- bewegung zu größeren Diskussionen. Der Offene Brief der KAPD an die KPD gibt einen Einblick in diese Diskussionen. Die SPD gab im März 1927 eine Broschüre Sowjetgranaten heraus, in der es u. a. hieß: »Bis ins Innerste steht heute die KPD erschüttert angesichts der Entlarvung des Moskauer Doppelspiels da. Moskau hat die von der Reichswehr 1922 bestellten Granaten bis zum November 1926 geliefert. Moskau hat also die deutsche Reichswehr bewaffnet und mit den Mitteln des mo- dernen Kriegs und Bürgerkriegs versehen ... Der deutsche kommunistische Arbeiter hat in seiner grenzenlosen Gutgläubigkeit es für seine proletarische Pflicht gehalten, gemäß dem Befehle Moskaus, in bewaff- netem Aufstand das »Klassenregiment der Deutschen Republik< zu stürzen und an seine Stelle die »Diktatur des Proletariats< zu setzen. Getreu der Order aus Moskau haben sich Hunderttausende dieser Aufgabe hingegeben, in der Märzaktion 1921, in Hamburg 1922 und 1923 in Sachsen und Thüringen. Die irrgeführten Arbeiter sind zu Hunderten von den Maschinengewehren der Reichswehr niedergemäht worden. Viele Tausende wanderten in die Gefängnisse. Die Arbeiter sind berechtigt, die Frage aufzuwerfen, ob nicht die Maschinengewehre und Kanonen der Reichswehr 1923 den Aufstand der deutschen Kommunisten mit russischer Munition niederkartätscht ha- ben. Niemals ist schurkischer an der Idee der sozialen Revolution gefrevelt worden als von den leitenden Männern Sowjetrußlands und ihren Drahtziehern in Deutsch- land.« 2^0 DIE KPD IN DER WEIMARER REPUBLIK dem also Tschitscherin, der als Außenminister Rußlands am besten darüber informiert sein sollte, nicht den Mut hatte, die Wahrheit der Enthüllungen des »Manchester Guardian« zu leugnen, und sich mit der faulen Ausrede begnügte: »Ich bin nicht genau informiert« - fühlte sich Eure Presse, an der Spitze die »Rote Fahne«, autorisiert, die obigen Enthüllungen als Lüge und Hetze gegen Rußland zu erklären — was selbst Tschitscherin nicht wagte. Um die Verneinung der Tatsache, daß die deutsche Bourgeoisie mit ihrer weißen und schwarzen Reichswehr von Rußland bewaffnet worden ist, zu erleichtern, bediente sie sich einer demagogischen Methode. Sie weiß, daß die SPD-Presse und an ihrer Spitze der »Vorwärts« keinen Kredit unter der revolutionären Arbeiterschaft hat, deswegen benützte sie die Tatsache, daß der »Vorwärts« als erster die Enthüllungen des »Manchester Guardian« brachte, um sie für eine »Vorwärts«-Lüge zu erklären. Ihre Beweismittel bestanden weniger aus Argumenten gegenüber den Enthüllungen des »Man- chester Guardian«, als aus Erläuterungen der Motive der SPD und ihrer Presse, aus welchen sie diese Enthüllungen groß aufzieht.. . Die wichtigste Frage für das revolutionäre Proletariat jedoch ist: ist es wahr, daß die deutsche Bourgeoisie im Einverständnis mit der russischen Regierung sich von privatkapitalistischen Firmen eine Kriegsindustrie auf russischem Boden zum Zweck ihrer Bewaffnung bauen ließ? Wir behaupten auf Grund von Dokumenten, die Eure Presse totschweigt, sowie auf Grund ihrer eigenen Zugeständnisse, daß die Bewaffnung der deutschen Konterrevolution durch Rußland, wo ihre Kriegsindustrie ist, eine Tatsache ist. Dazu führen wir folgende Dokumente und Beweise an: Geständnisse der deutschen Bourgeoisie. Das »Berliner Tageblatt«, das Organ der Demokratischen Partei, deren Führer Rathenau gemeinsam mit Wirth die ersten Verträge zur Errichtung einer deutschen Kriegsindustrie auf russischem Boden mit den Bolschewiki geschlossen hat, schreibt in Nr. 575 vom 6. Dezember 1926 folgendes: »Die Mitteilungen, die der »Manchester Guardian« und nach ihm der »Vorwärts« veröffentlicht haben, sind zum großen Teil richtig, dürften aber doch erst durch nähere Erläuterungen in ihrem wahren Sinne und Umfang verständlich werden und betreffen eine Periode, die, wie versichert wird, abgeschlossen ist. Es wird, zum Verständnis dieser Vorgänge, daran erinnert, daß im Jahre 1921 das Londoner Ultimatum kam, die deutsche Flugzeug- fabrikation stillgelegt wurde und dann 1922 die ergebnislose Konferenz von Genua und der Rapallo-Vertrag folgten und schließlich die Ruhrpolitik Poincares zum Einmarsch führte .. . Es wurden von deutschen Ingenieuren drei Fabriken in Rußland einge- richtet: eine Fabrik der Junkerswerke, eine Granatfabrik und eine Gasfabrik. Die Junkerswerke kauften eine ältere Fabrikanlage und stellten sie für ihre Zwecke her, bauten aber nicht viele Flugzeuge, da ihnen das Metall fehlte DIE KOMMUNISTISCHEN O P P O S ITI O N S G RU PPE N 291 und auch sonst unerquickliche Verhältnisse emtraten. Auch für die beiden anderen Fabriken wurden alte Gebäude übernommen, die Gasfabrik wurde eingerichtet, funktionierte aber nicht, die Granatenfabrik dagegen kam in Betrieb. Natürlich konnte die Existenz dieser Unternehmungen, die von ehe- maligen deutschen Offizieren geleitet wurden, den Ententemächten nicht ver- borgen bleiben. Ein Einspruch konnte indessen nicht erhoben werden, da, wie gesagt, die Verlegung der Industrie in das Ausland nicht im Widerspruch zu den Versailler Vertragsbestimmungen stand« .. . Aus dieser halbamtlichen (beachte: »so wird uns erklärt«) Erklärung des »Berliner Tageblatts« anläßlich der Enthüllungen des »Manchester Guardian« ist zu ersehen, daß Deutschland im Einverständnis mit der russischen Regie- rung einen Teil seiner Kriegsindustrie nach Rußland verlegte und daß es bis zum Abschluß des Locarno-Vertrags Granaten von dort bezogen hat. . . Der völkische Graf Reventlow, der Mitarbeiter der »Roten Fahne« von 192377, der sich stark aufregte über die »landesverräterischen« Ausführungen Scheidemanns, mußte auch bestätigen, daß Deutschland von Rußland be- waffnet worden ist. In seiner Reichstagsrede sagte er: »Vorausschicken möchte ich, daß die Sache mit den sogenannten Sowjet- granaten für die deutsche Reichswehr ein vollkommen korrekter, selbstver- ständlicher Vorgang ist.« (Reichstagsprotokoll. Sitzung 253.) Und in einem Artikel im »Deutschen Tageblatt« vom 18. 12. 1926 schreibt derselbe Mitarbeiter der »Roten Fahne«: »Wollte man ganz sachlich den jetzt so erregt besprochenen Umstand er- örtern, daß in Rußland befindliche Munitionsfabriken Munition geliefert haben, um die Bestände der Reichswehr auf die vorschriftsmäßige Höhe auf- zufüllen — so ergäbe sich tatsächlich nichts, was man nicht als selbstverständ- lich bezeichnen müßte.« ... Die Geständnisse der KPD- und bolschewistischen Presse. Eure Presse kann die Existenz der schon erwähnten drei Kriegsfabriken in Rußland nicht leugnen. Sie gesteht das schon unzweideutig in der »R. F.« vom 25. 12. 26. Sie behauptet nur: »Die ganze Produktion der Fabriken, die in Zusammenarbeit mit den deutschen Industriellen errichtet wurden, und von denen eben die Rede war, ist in der Sowjetunion geblieben.« Um dieser Behauptung Kredit zu verschaffen, versucht Eure Presse, die deutschen Kriegs- fabriken in Rußland als privatkapitalistische Konzessionen hinzustellen . . . Dagegen müssen wir feststellen, daß ein grundlegender Unterschied zwi- schen den üblichen Konzessionsbetrieben und den schon erwähnten deutschen Während des Schlageter-Kurses der KPD hatte Graf Reventlow im Zentral- organ der KPD Die Rote Fahne Diskussionsmaterial veröffentlicht (vgl. Anmer- kung 42). 292                      DIE KPD IN DER WEIMARER REPUBLIK Kriegsfabriken besteht. Die Konzessionsbetriebe kommen auf Grund eines Vertrages zwischen der russischen Regierung und den privatkapitalistischen Firmen, die sich von ihren Profiten leiten lassen, zustande. Wie steht es aber mit den drei deutschen Kriegsfabriken? Eure Presse gesteht, daß das Reich bisher 80% der Aktien der Junkers- Werke besaß. (»R. F.« v. 25. 12. 26.) .. . Aber nicht nur die Junkers-Flugzeugfabrik wurde in Rußland auf Grund von Staatsverträgen von Deutschland und Rußland errichtet. Auf Grund von Staatsverträgen sind auch die übrigen Kriegsfabriken errichtet worden. Die »Prawda« vom 16. 12. 26 läßt keinen Zweifel darüber. Sie schreibt: »Es sollen im Gebiete der Sowjetunion, gemäß einer Vereinbarung zwi- schen den Militärbehörden der Sowjetunion und Deutschlands, einige deutsche Firmen vor einigen Jahren drei Werke errichtet haben, die Gegenstände her- stellen, die für unseren (?) Schutz notwendig sind. Zu diesen Gegenständen sollen Flugzeuge, Giftgase, Geschosse usw. gehören. Wir sind nicht in die Geheimnisse unserer Militärbehörden eingeweiht und wir wissen nicht (??/ ob diese Nachrichten der Wirklichkeit entsprechen oder nicht. Wenn wir annehmen, daß sie keine Lüge sind, so haben sie an sich gar keine Bedeu- tung.« (Der kursiv gesetzte Teil ist in der deutschen Übersetzung AesPrawda- Artikels ausgelassen. (Siehe Inprekorr. vom 31. 12. 1926.) Jeder, der weiß, daß die Prawda das Organ des ZK der bolschewistischen Partei ist und dazu, daß ihr Chefredakteur Bucharin ein Mitglied des Pol- büros des ZK ist und noch dazu, daß die bolschewistische Partei oder rich- tiger gesagt: ihr Polbüro die Diktatur in Rußland ausübt — der weiß, daß für die Prawda nichts aus der Tätigkeit der bolschewistischen Regierung und ihres Kriegskommissariats geheim bleibt. Wenn aber die Prawda versucht, sich hinter der lächerlichen und dummen Lüge — daß sie nicht in die Geheim- nisse des Kriegskommissariats eingeweiht ist (wie Tschitscherin hinter seiner angeblichen Uninformiertheit) - zu verschanzen, so ist das ein Beweis, daß sie nicht den Mut hat, die Tatsachen zu leugnen. Diese undankbare Arbeit überläßt Bucharin offensichtlich seinen Knechtseelen aus den Redaktionen Eurer Presse. Die Tatsache also, daß die Prawda (wie auch Tschitscherin) nicht den Mut besitzt, zu leugnen, daß die deutschen Militärfabriken in Rußland »gemäß einer Vereinbarung der Militärbehörden der Sowjetunion und Deutschlands« errichtet worden sind. — Diese Tatsache zeigt zu allem Überfluß, daß so wie die Junkersfabrik, so die Granatenfabrik, so auch diese für Giftgase keine privatkapitalistischen Konzessionen sind, sondern eine Verlegung eines Teils der deutschen Kriegsindustrie nach Rußland zur Bewaffnung der deutschen Bourgeoisie. Das kann nicht geleugnet werden . .. Eure Führerin Clara Zetkin konkretisierte in ihrer Reichstagsrede zum Lo- carno-Vertrag die programmatische Erklärung Bucharins in folgender Weise: DIE KOMMUNISTISCHEN O PPO S ITI O N S G RU PPE N                                                293 »Deutschlands Zukunft beruht auf einer engen Interessengemeinschaft in wirtschaftlicher, politischer und, wenn es sein muß, auch militärischer Hin- sicht mit der Sowjetunion ... Ich glaube sogar, im Gegensatz zu dem Herrn Abgeordneten Wels, daß es nicht so aussichtslos ist, wie er sich das vorstellt, daß unter Umständen ein Zusammenwirken zwischen der Reichswehr und den Rotarmisten erfolgt.« (Reichstagsprotokoll, 127. Sitzung, S. 4637/8.) Wenn Ihr im Besitz eines Tropfens Ehre wäret, müßtet Ihr also zugeben, daß vom Standpunkt der Prinzipien der 3. Internationale und Eurer Partei die Bewaffnung der deutschen Konterrevolution durch Rußland ein »korrek- ter und selbstverständlicher Vorgang« ist; denn für ein erfolgreiches Zusam- mengehen der Reichswehr und der »Roten« Armee ist das Vorhandensein von Munition die erste Bedingung. Nach den Bestimmungen des Versailler Ver- trages kann Deutschland auf seinem Boden nicht das notwendige Quantum Munition produzieren. Es blieb also nichts übrig, als daß Rußland sich ein- verstanden erklärte, daß auf seinem Boden Deutschland Munition produziert. Und das haben die Bolschewiki und ihre Regierung getan. Trotz der Unbe- streitbarkeit dieser Tatsache leugnet Eure Presse, an der Spitze die »Rote Fahne«, sie. Sie leugnet sie, weil eingestehen bedeutet, den konterrevolutio- nären Charakter der russischen Außenpolitik zu enthüllen; sie leugnet sie, weil eingestehen bedeutet, den revolutionären Arbeitern zu sagen, daß das heutige Rußland nicht das Rußland von 1917 ist; es ist das Rußland der NEP-Bourgeoisie78 und der Kulaki, dessen Außenpolitik nicht mehr die Poli- tik der Weltrevolution ist, sondern diese des Paktierens mit der Bourgeoisie gegen das Proletariat. Eure Presse leugnet die Bewaffnung der deutschen Konterrevolution durch Rußland und verschweigt die theoretische »Recht- fertigung«, die ihr Bucharin und Zetkin geben, weil die revolutionären Arbei- ter anderenfalls sehen werden, daß die 3. Internationale und die KPD ein Instrument in den Händen der nationalen Außenpolitik Rußlands sind, das mittels der revolutionären Phrase der von ihr abhängigen 3. Internationale das Proletariat in die Arme der Bourgeoisie führt zum Burgfrieden mit ihr, wie das die Sozialdemokratie 1914 getan hat. Von der Revolution zur Konterrevolution Rußland bewaffnet die Reichswehr KAPD Verlags-Buchhandlung für Arbeiter-Literatur Berlin (1927), S. 16-26. Die NEP - Neue ökonomische Politik - war die 1921 von der Kommunisti- schen Partei Rußlands nach der Etappe des Kriegskommunismus eingeführte Taktik, die Zugeständnisse an die Bauern, den Handel usw. gewährte. 294                      DIE KPD IN DER WEIMARER REPUBLIK 93- ERKLÄRUNG VON ARTHUR EWERT UND ERNST MEYER ZUR INNERPARTEILICHEN LAGE79 (Abgegeben auf der Plenarsitzung des ZK der KPD vom 13./14. Dezember 1928) Unter Aufrechterhaltung unserer Erklärungen zur innerparteilichen Lage, die wir in den beiden letzten Plenarsitzungen des Zentralkomitees abgegeben haben, sowie unserer Bemerkungen »Über die Meinungsverschiedenheiten bei der Durchführung der Beschlüsse des VI. Weltkongresses« erklären wir: Das Charakteristische an der Entwicklung der innerparteilichen Lage seit der letzten Plenarsitzung des ZK und der Reichsparteiarbeiterkonferenz ist: Erstens, die Entwicklung der liquidatorischen Auffassungen und partei- feindlichen Kampfmethoden der rechten Fraktion, die objektiv (zum Teil auch subjektiv) aus der Partei herausstrebt. Zweitens, gefährliche »linke« Schwankungen in der Politik der Mehrheit des ZK. i Die opportunistische rechte Fraktion entfernt sich immer mehr von der Grundlinie der Partei und der Internationale, wie sie in den Beschlüssen des Weltkongresses niedergelegt ist. Sie entwickelt in ihren Organen eine selb- ständige Ideologie, die aus einer falschen Beurteilung der Lage und der Auf- gaben der revolutionären Partei heraus zwischen dem Leninismus und dem revolutionären Radikalismus der Vorkriegszeit hin und her schwankt. Die prinzipielle Fehlerquelle der opportunistischen Auffassung ist eine außer- ordentliche Verkennung der gegenwärtigen Situation, des geschichtlichen Milieus, in dem das Proletariat kämpft und aus dem die Bedingungen und die Taktik seines Kampfes erwachsen ... Die rechte Gruppe kämpft gegen die organisatorischen Grundprinzipien Die sogenannten Versöhnler in der KPD versuchten den ultralinken Kurs, den die KPD 1928 einschlug, zu bekämpfen. Das vorliegende Dokument ist von den Führern der Versöhnler, den beiden Politbüro-Mitgliedern Meyer und Ewert, ver- faßt worden. Wie die Rechten wurden die Versöhnler nach der Wittorf-Affäre ange- griffen (vgl. Dok. 81 und Anmerkung 66). Auf dem XII. Parteitag wurden die Versöhnler ausgeschaltet. Ernst Meyer starb 1930, die übrigen Versöhnler kapitu- lierten vor der Thälmann-Führung. DIE KOMMUNISTISCHEN O PP O S ITI O N S G RU PPE N                                             295 des Bolschewismus: die Einheit der Partei und ihre revolutionäre Disziplin gegenüber dem Klassenfeind (die Herausgabe eigener Organe, die Prokla- mierung des Bruches der Parteidisziplin, als angebliches revolutionäres Recht, die Ausnutzung der Fehler und der Schwächen der Partei und des falschen innerparteilichen Kurses zum Kampfe gegen die Beschlüsse und die prinzi- pielle Linie des VI. Weltkongresses ist unvereinbar mit leninistischen Auf- fassungen). Deshalb ist der Inhalt ihres Kampfes um die Parteidemokratie objektiv parteifeindlich. Für die Verwirklichung der Parteidemokratie, ge- gen einen falschen innerparteilichen Kurs kann man nur auf dem Boden leninistischer Anschauungen kämpfen. Aus alldem ergibt sich, daß die opportu- nistischen Auffassungen und die innerparteilichen Kampfmethoden der Brand- ler-Thalheimer-Fraktion objektiv in offenes Liquidatorentum umschlagen müssen. Die Opportunisten schwimmen gegen den Strom des Kommunismus. Die rechte Gefahr ist die Hauptgefahr. ii Die »linken« sektiererischen Abweichungen der Mehrheit des ZK ergeben sich einerseits aus jener falschen Analyse der gegenwärtigen Lage, die auf der Unterschätzung der Kraft der deutschen Bourgeoisie und des Einflusses des Sozialimperialismus auf die Arbeiterklasse und die Ersetzung der revolutio- nären Perspektive des VI. Weltkongresses durch die radikale Phrase beruhen (Ablehnung der »dritten Periode«80 oder ihre verständnislose und demago- gische Auslegung) und andererseits aus dem Versagen der Mehrheit des ZK bzw. des Polbüros, den Kampf gegen Opportunismus und Liquidatorentum zu führen. Es erweist sich, daß die Politik der Mehrheit des ZK in vollem Umfang die Warnung des VI. Weltkongresses bestätigt, »daneben (neben der rechten Hauptgefahr) bestehen auch >linke< Abweichungen, die ihren Ausdruck finden in einer gewissen Tendenz zur Ablehnung der Einheits- fronttaktik, in dem Nichtverstehen der ganz ungeheuren Bedeutung der Gewerkschaftsarbeit, in der Politik der revolutionären Phrase«. (Thesen des VI. Weltkongresses.) . .. In der Parteileitung und unter den Spitzenfunktionären bildet sich immer deutlicher eine pseudolinke Gruppierung heraus, die bewußt und systematisch die Beschlüsse des VI. Weltkongresses durchkreuzt (Remmele, Neumann, Lenz, Grube, Opitz usw.). Ebenso wie die »linken« Abweichungen setzt das Polbüro des ZK dieser Gruppe keinen Widerstand entgegen. Es erweist sich 80. Unter »dritter Periode« wurde die Entwicklung nach 1928 verstanden. Die »erste Periode« war die revolutionäre Zeit von 1918 bis 1923; als »zweite Periode« wurde die Stabilisierung von 1924 bis 1928 betrachtet. 2^6 DIE KPD IN DER WEIMARER REPUBLIK immer deutlicher, daß nicht nur die Gefahr der Versöhnlichkeit gegenüber dem Opportunismus besteht, sondern auch die Versöhnlichkeit gegenüber den »linken« Abweidiungen. Dieser Versöhnlichkeit macht sich deutlich und un- widerlegbar das Polbüro des ZK schuldig. Eine nicht minder gefährliche Abweichung von der Linie des VI. Weltkon- gresses, die in den letzten Wochen immer stärker hervortritt, ist die vollkom- mene Ausschaltung der Selbstkritik der leitenden Organe der Partei und ihrer Förderung in den Organisationen. Jede Meinung, die mit der der Mehrheit des ZK nicht bedingungslos übereinstimmt, wird unterschiedslos als rechts oder versöhnlerisch abgestempelt... Wir erklären, daß es auch die Schuld der Mehrheit des ZK und seiner den Beschlüssen des VI. Weltkongresses widersprechenden Methoden des Kamp- fes gegen den Opportunismus ist, wenn es den Rechten gelingt, in einer Reihe von Bezirken nicht unbedeutende Teile der Partei zu gewinnen. Wir werden keinen Maßnahmen der Mehrheit des ZK zustimmen, die dies begünstigen. Im Augenblick: der Möglichkeit und Wahrscheinlichkeit der Trennung der Partei von einer ganzen Reihe von Genossen wie Brandler, Thalheimer, Wal- cher, Frölich, Enderle, Schreiner, die zu den Gründern des Spartakusbundes gehören, die am 4. August 1914 bei Karl Liebknecht und Rosa Luxemburg standen, halten wir es für unsere Pflicht, vor der Partei zu erklären: diese Genossen können nicht mit Verrätern ä la Levi, Friesland oder Kleinbürgern ä la Maslow und Ruth Fischer auf eine Stufe gestellt werden. Wir verbinden unsere Überzeugung, daß gegenwärtig der schärfste Kampf gegen sie uner- läßlich und im Interesse der Partei und der Revolution ist, mit der Auffor- derung an diese Genossen, ihre schweren Fehler einzusehen und unsere Partei nicht zu verlassen . .. Ungeachtet der Tatsache, daß die Mehrheit des ZK uns systematisch vor der Parteiöffentlichkeit zu diskreditieren versucht, daß sie fast alle, die sich mit uns solidarisieren, ihrer Funktion enthoben und gemaßregelt hat, daß sie nicht nur einen falschen innerparteilichen Kurs führt, sondern auch die Beschlüsse des VI. Weltkongresses mit großen Schwankungen und Fehlern durchführt, sind wir bereit, alles zu tun, was in unserer Kraft steht, um die Einheitlichkeit der Partei wiederherzustellen ... Aber ebenso wie unversönlichen Kampf gegen die rechten Abweichungen und die rechte Fraktion, so auch unversöhnlichen Kampf gegen die Verfäl- schungen der Beschlüsse des VI. Weltkongresses und gegen den innerpartei- lichen Kurs der Mehrheit des ZK. Die Internationale Zeitschrift für Praxis und Theorie des Marxismus Nr. 2, Februar 1929, S. 109-112. DIE KOMMUNISTISCHEN O P P O S ITI O N S G RU P PE N 297 94- PLATTFORM DER KPD-O (1930) 1. Was ist die Kommunistische Opposition?81 Frage: Worin unterscheidet sich die Politik der Kommunistischen Oppo- sition von der Politik der KP Deutschlands? Antwort: Sie unterscheidet sich von ihr nicht durch die Grundsätze und Ziele, sondern durch die Taktik, d. h. durch die Mittel zur Verwirklichung ihrer Grundsätze und Ziele. Nur die Anwendung der richtigen Mittel zur Verwirklichung der kommunistischen Grundsätze und Ziele ist die tatsächliche Gewähr der Grundsatztreue. Umgekehrt muß eine falsche Taktik, d. h. die Anwendung von ungeeigneten Mitteln ihrer Verwirklichung auf die Dauer zur Preisgabe ihrer Grundsätze führen. Frage: Welches sind die entscheidenden Grundsätze und Ziele des Kom- munismus? Antwort: Die entscheidenden Grundsätze des Kommunismus sind folgende: Das Mittel, um den bürgerlichen Staat zu stürzen, um die kapitalistische in die sozialistische Wirtschaftsordnung überzuführen und die Aufhebung der Klassen zu verwirklichen, ist die Diktatur des Proletariats. Die allgemeine Staatsform der Diktatur des Proletariats ist die Räte- republik. Das Ziel des Kommunismus ist die Abschaffung der anarchischen kapitali- stischen Wirtschaftsweise durch Aufhebung des Privateigentums an den Pro- duktionsmitteln und ihre Ersetzung durch die planmäßige sozialistische Wirt- schaftsordnung, die die Produktionsmittel in gesellschaftliches Eigentum ver- wandelt. Die voll entwickelte sozialistische Gesellschaft wird eine klassenlose Gesellschaft. Der Staat, d. h. die Zwangsorganisation der herrschenden Klasse, ist in ihr abgestorben . .. 81. Am 19. Dezember 1928 nahm das EKKI den »Offenen Brief über die rechte Gefahr in der KPD« an, der am 22. Dezember in der Roten Fahne veröffentlicht wurde. Damit begann die Säuberung in der KPD. Die ZK-Mitglieder Hausen und Galm wurden ebenso ausgeschlossen wie Brandler und Thalheimer selbst und ihre Anhänger Walcher, Frölich, Enderle, Schreiner, Tittel u. a. Am 30. Dezember 1928 veranstalteten die Ausgeschlossenen eine Reichskonferenz in Berlin, auf der Hausen, Walcher und Thalheimer sprachen. Es wurde die KPD- Opposition gegründet, die insbesondere in Sachsen und Thüringen starke Positionen hatte. Die hier abgedruckten Auszüge aus einer KPO-Broschüre zeigen die politischen Vorstellungen der KPO. 2^8                      DIE KPD IN DER WEIMARER REPUBLIK Frage: Warum hat sich die kommunistische Opposition in den taktischen Streitfragen nicht den Entscheidungen der führenden Instanzen der KPD und KI unterworfen? Antwort: 1. Weil es sich um solche taktischen Fragen handelt, die über die Existenz der kommunistischen Partei entscheiden. Weil diese Entscheidung einen Bruch mit den taktischen Grundsätzen des Leninismus bedeutet. Weil diese Entscheidungen nicht erfolgt sind auf Grund des demokrati- schen Zentralismus, d. h. in freier Diskussion der Parteimitgliedschaft, im Rahmen der kommunistischen Grundsätze, sondern auf Grund selbstherr- licher Entscheidungen der führenden Körperschaften der KPD und KL Frage: Was ist die KPDO als Organisation? Antwort: Die KPDO ist keine neue Partei. Sie ist eine organisierte kom- munistische Richtung. Die KPDO ist keine neue Partei, weil sie keine anderen Grundsätze und Ziele hat als die des Kommunismus, weil sie nichts anderes bezweckt, als die richtige Anwendung dieser Grundsätze und Ziele in Deutschland und in den anderen Ländern. Frage: Was ist das Ziel der KPDO? Antwort: Das Ziel der KPDO ist 1. die Gewinnung der Mehrheit der Mit- glieder der KPD sowie der Sektionen der Komintern für die richtige kommu- nistische Taktik: also die Eroberung der Parteimitglieder und der Mitglieder der KI für diese Taktik. Gleichzeitig aber, solange die Partei und KI noch eine falsche Taktik einschlägt die selbständige Führung der Kämpfe der Arbeiterklasse und die Gewinnung von Anhängern innerhalb der Arbeiterklasse. Wenn die falsche Taktik der KPD unbegrenzt fortgesetzt wird, und dadurch sowohl zur Preisgabe der kommunistischen Grundsätze führt wie die Verbindung der Partei mit der Arbeiterklasse und ihren Aktionen zerstört, so wird die KPDO zur kommunistischen Partei selbst werden. Die kommu- nistische Opposition ist sich klar bewußt, daß in einem Lande nur eine kom- munistische Partei existieren kann. Die offiziellen Instanzen spalten die kom- munistische Bewegung. Die kommunistische Opposition will die KPD retten und stärken ... 7. Frage: Wie verhält sich die KPDO zur Sozialdemokratie? Antwort: Die KPDO steht der SPD in der schärfsten unüberbrückbaren, grundsätzlichen Gegnerschaft gegenüber. Ihr Ziel ist die Überwindung der Sozialdemokratie und des Reformismus, d. h. ihres Einflusses auf die Arbei- terklasse. . . DIE KOMMUNISTISCHEN O PP O S ITI O N S G RU PPE N 299 Frage: Welche Gründe werden von der heutigen Führung der KPD dafür angeführt, daß die Taktik der Einheitsfront aufgegeben werden muß? Antwort: Als Gründe dafür werden angeführt, daß nicht nur der obere und mittlere, sondern auch der untere reformistische Funktionärkörper ein für allemal fest mit dem bürgerlichen Staat und dem Kapitalismus verbun- den sei; ja in der letzten Zeit, daß der reformistisch organisierte Teil der Arbeiter für den Klassenkampf und die proletarische Revolution endgültig verloren seien. Die sozialdemokratische Arbeiterschaft wird heute für »sozial- faschistisch« erklärt. Frage: Sind diese Behauptungen richtig? Antwort: Sie sind absolut falsch, soweit die einfachen sozialdemokratischen Arbeiter in Betracht kommen. Sie sind falsch in bezug auf den unteren refor- mistischen Funktionärstamm, der unter dem unmittelbaren Druck der Mit- glieder steht. Sie treffen nur zu in bezug auf den oberen und größtenteils den mittleren Funktionärkörper. Die Gründe für das Fallenlassen der Taktik der Einheitsfront sind nur eine wenig veränderte Wiederholung der Scheingründe, mit denen seinerzeit von den Maslow-Ruth Fischer der ultralinke Verzicht auf die Taktik der Einheitsfront begründet wurde ... 172. Frage: Haben die Kommunisten jederzeit für die Einheit der Gewerk- schaften zu wirken und warum? Antwort: Ja und zwar deshalb, weil jede Spaltung der Gewerkschaften den wirtschaftlichen Kampf der Arbeiter und letzten Endes auch ihren poli- tischen Kampf schwächt. Falls den Reformisten die Spaltung einer Gewerk- schaft, oder der Gewerkschaften eines ganzen Landes gelungen ist, sind die Kommunisten erst recht verpflichtet, für die Einheit der Gewerkschaften ein- zutreten . . . 189. Frage: Worin zeigt sich die Krise in der KPD? Antwort: Die Krise der KPD zeigt sich: 1. Im Innern: In der Spaltung der Kommunistischen Bewegung in dem nicht abbrechenden Fraktionskampfe innerhalb der Partei, im geheimen und offenen Kliquenkampf innerhalb der Führung, zunehmendem Strebertum, beamtenmäßiger Charakterlosigkeit, Korruption im oberen und mittleren Funktionsapparat der Partei, in der Abspaltung der alten revolutionären Kader wie der besten jüngeren Kader von der Partei. 2. Nach außen: In der Unfähigkeit der Partei, die Tageskämpfe der Ar- beiterklasse zu führen und eine wirksame Propaganda für den Kommunismus damit zu verbinden. Die Folgen sind: Der Rückgang des Einflusses der Partei in der Arbeiterklasse, die Stärkung 3oo DIE KPD IN DER WEIMARER REPUBLIK des Reformismus, trotz günstiger objektiver Voraussetzungen für seine Nie- derkämpfung. Der Verlust fast aller wichtigen Positionen der Partei in den Gewerkschaf- ten und den übrigen proletarischen Massenorganisationen. Die Stärkung des Faschismus. Der Rückgang des Mitgliederbestandes der Partei. Die wachsende Passivität der Parteimitglieder und der unteren Funk- tionäre. Die Herabdrückung des Niveaus der Parteipresse. Die Verhinderung jeder theoretischen Arbeit. .. 191. Frage: Was sind die besonderen Ursachen der Krise der KPD? Antwort: Der verschärfte Rückfall in »linke Kinderkrankheiten«, in die ultralinke Taktik. Ihre Haupterscheinungen sind: Die Preisgabe der Taktik der Einheitsfront. Die Ablehnung der revolutionären Übergangslosungen, somit einer kon- kreten revolutionären Propaganda des Kommunismus. Die falsche Gewerkschaftslinie. Ihre Hauptmerkmale sind: Der Verzicht auf den Kampf für die Einheit der Gewerkschaftsbe- wegung. Der Verzicht auf die Eroberung der Gewerkschaften; statt dessen der Kurs auf ihre Spaltung und die Bildung besonderer »revolutionärer« Ge- werkschaften. Der Versuch der direkten Führung der Gewerkschaftskämpfe durch den Parteiapparat. Die Verlegung des Schwerpunktes auf die Unorganisierten. Als allgemeines Resultat: Die Züchtung einer antigewerkschaftlichen Einstellung in der Parteimitgliedschaft und den mit ihr sympathisierenden Arbeitermassen. Der Spaltungskurs in allen proletarischen Massenorganisationen (Sport- bewegung, Freidenkerverbände usw.). Die Unterdrückung der innerparteilichen Demokratie, die bürokratische Selbstherrlichkeit und Entartung des oberen und mittleren Parteiapparats, die Ersetzung des demokratischen durch den bürokratischen Zentralismus. Die Hauptmerkmale dieser Krankheit sind: Die Unterdrückung der Teilnahme der Parteimitgliedschaft an der Aus- arbeitung der Politik der Partei. Die Rolle der Mitgliedschaft wird beschränkt auf die der Ausführung von oben gegebener Befehle. Die Unterdrückung der Kontrolle und Kritik der Mitgliedschaft gegenüber den Parteifunktionären und der zentralen Parteiführung. Dies ist die Lahm- DIE KOMMUNISTISCHEN O P P O S IT I O N S G RU P PEN 301 legung des geistigen Lebens der Partei. Dies wird ersetzt durch ein mecha- nisches Drillsystem. Die Einsetzung der Parteifunktionäre durch die oberen Parteiinstanzen und ihre Unterwerfung unter die leitenden Organe durch mechanische Diszi- plin- und wirtschaftliche Druckmittel oder Begünstigungen. Die Bestimmung der Zusammensetzung der Parteitage, Bezirkstage usw. nicht durch die Mitgliedschaft auf Grund freier Diskussion, sondern durch den Parteiapparat, wodurch die Kontrolle und Mitbestimmung der Mit- glieder in einen bloßen Schein verwandelt wird. Dasselbe Verfahren wird angewandt bei den Delegationen zu den inter- nationalen Kongressen (Komintern, Profintern usw.). Der Mißbrauch des grundsätzlich richtigen Prinzips der Betriebszellen- organisation zur Atomisierung der Parteimitgliedschaft, zu ihrer Auslieferung an den Parteiapparat... An die Stelle der Ableitung der Politik der Partei aus einer wirklichen Analyse der internationalen und nationalen Klassenverhältnisse ist das um- gekehrte Verfahren getreten: die willkürliche scholastische Konstruktion von »Analysen« und »Schlagworten« als Über- oder Unterbau zu bereits fest- gelegten taktischen Linien oder als Mittel des Fraktionskampfes. Die Fähigkeit und sogar das Bedürfnis zu wirklicher Analyse der Wirk- lichkeit, auf der die revolutionäre Politik fußen muß, wird so abgetötet. Das ist der Tod der revolutionären Theorie. Die Methode der Sündenbekenntnisse, d. h. des Erzwingens der Ab- schwörung von Überzeugungen — als Mittel, um selbständige Charaktere zu brechen und diffamieren. 192. Frage: Wohin führt die Krise der KPD, wenn sie nicht behoben wird? Antwort: Sie führt dazu, daß die Partei aufhört, in der Wirklichkeit die Trägerin des Kommunismus zu sein, daß sie sich in einen leerlaufenden, selbstgenügsamen Apparat verwandelt, der mit dem wirklichen Kampf der Arbeiterklasse nichts mehr zu tun hat und der schließlich bei der ersten ernsten revolutionären Probe an seiner inneren Hohlheit zusammenbricht... Was will die Kommunistische Partei Deutschlands - Opposition? (Verbesserter Entwurf der Plattform der KPD-O) Junius-Verlag, Berlin 1930 S. 5-69. 302 DIE KPD IN DER WEIMARER REPUBLIK 95- TROTZKI GEGEN DIE KPD-LINIE A Gegen den Nationalkommunismus (1931) (Lehren des »Roten Volksentscheids«) ... Die Fehler der deutschen Kommunistischen Partei in der Frage des Volks- entscheids gehören zu jenen Fehlern, die je weiter, umso klarer werden und am Ende in die Lehrbücher der revolutionären Strategie hineingehen als Muster dafür, was man nicht tun darf. An dem Verhalten des Zentralkomitees der deutschen Kommunistischen Partei ist alles fehlerhaft: Falsch die Einschätzung der Situation, falsch das nächste Ziel gestellt, falsch die Wahl der Mittel zu seiner Erreichung. Neben- bei hat es die Parteileitung verstanden, alle jene »Prinzipien« umzustülpen, die sie während der letzten Jahre predigte. Am 21. Juli wandte sich das Zentralkomitee an die preußische Regierung mit der Forderung demokratischer und sozialer Zugeständnisse und drohte andernfalls, für den Volksentscheid einzutreten. Ihre Forderungen stellend, wandte sich die Stalinsche Bürokratie faktisch an die Spitzen der sozialdemo- kratischen Partei mit dem Vorschlag, unter bestimmten Bedingungen eine Einheitsfront gegen den Faschismus zu bilden. Als die Sozialdemokratie die ihr angebotenen Bedingungen ablehnte, schufen die Stalinisten eine Einheits- front mit den Faschisten gegen die Sozialdemokraten. Mithin wird die Politik der Einheitsfront nicht nur von »unten«, sondern auch von »oben« verfolgt. Mithin ist es Thälmann erlaubt, sich an Brüning und an Severing zu wenden mit einem »offenen Brief« über gemeinsame Verteidigung der Demokratie und soziale Gesetzgebung gegen die Banden Hitlers. So stürzten diese Leute, sogar ohne es zu merken, was sie tun, ihre Metaphysik der Einheitsfront »nur von unten« durch den sinnlosesten Versuch einer Einheitsfront »nur von oben«, überraschend für die Massen und gegen den Willen der Massen. Ist die Sozialdemokratie nur eine Abart des Faschismus, wie kann man dann Sozialfaschisten offiziell die Forderung der gemeinsamen Verteidigung der Demokratie stellen? Den Weg des Volksentscheids betretend, hat die Parteibürokratie den Nationalsozialisten keinerlei Bedingungen gestellt. Weshalb? Wenn Sozialdemokraten und Nationalsozialisten nur Schattierun- gen des Faschismus sind, warum darf man dann den Sozialdemokraten Be- dingungen stellen, und warum darf man sie nicht den Nationalsozialisten stellen? Ober bestehen zwischen diesen zwei »Abarten« irgendwelche quali- tativen Unterschiede in bezug auf die soziale Basis und die Methoden des DIE KOMMUNISTISCHEN O PPO S ITI O N S G RUPPEN                                                 303 Massenbetruges? Dann aber nennt man doch nicht sowohl die einen wie die anderen Faschisten, denn Bezeichnungen dienen in der Politik, um zu unter- scheiden, nicht aber um alles auf einen Haufen zu werfen. Stimmt es aber, daß Thälmann in eine Einheitsfront mit Hitler eingetreten ist? Die kom- munistische Bürokratie bezeichnete Thälmanns Volksentscheid als den »roten« zum Unterschiede von Hitlers schwarzem oder braunem Volksentscheid. Daß es um zwei todfeindliche Parteien geht, steht selbstverständlich außer Zweifel, und die ganze Lüge der Sozialdemokratie kann die Arbeiter nicht zwingen, dies zu vergessen. Doch bleibt die Tatsache bestehen: in einer bestimmten Kampagne hat die Stalinsche Bürokratie die revolutionären Arbeiter in eine Einheitsfront mit den Nationalsozialisten gegen die Sozialdemokratie hinein- gezerrt ... Alle Abstimmenden verschmelzen zu einer ungegliederten Masse, die auf eine bestimmte Frage die gleiche Antwort gibt. Im Rahmen dieser Frage ist die Einheitsfront mit den Faschisten eine unbezweifelbare Tatsache. »Volksrevolution* statt proletarischer Revolution. Der auf den ersten Blick so »jähe« Zickzack des 21. Juli ist keinesfalls wie ein Blitz aus heiterem Himmel gekommen, sondern durch den gesamten Kurs der letzten Periode vorbereitet gewesen. Daß die KPD von dem aufrichtigen und heißen Bestreben geleitet wird, die Faschisten zu besiegen, die Massen ihrem Einfluß zu entreißen, den Faschismus niederzuwerfen und zu vernich- ten, darüber kann natürlich kein Zweifel bestehen. Das Unglück aber ist, daß die Stalinsche Bürokratie je weiter umso mehr bestrebt ist, gegen den Faschis- mus mit dessen Waffen zu operieren: sie entlehnt die Farben seiner politischen Palette und will ihn auf der Auktion des Patriotismus überschreien. Das sind nicht die Methoden prinzipieller Klassenpolitik, sondern Kniffe kleinbürger- licher Konkurrenz. Es läßt sich schwer eine beschämendere prinzipielle Kapitulation denken, als die Tatsache, daß die Stalinsche Bürokratie die Parole der proletarischen Revolution durch die Parole der Volksrevolution ersetzt hat. Keine Spitz- findigkeiten, kein Spiel mit Zitaten, keine historischen Fälschungen können an der Tatsache ändern, daß es sich um einen prinzipiellen Verrat am Marxis- mus zum Zwecke einer bestmöglichen Anpassung an die Charlanterle der Faschisten handelt. . . L. Trotzki: Gegen den 'Nationalkommunismus Über Arbeiterkontrolle der Produktion 3. Auflage, Berlin März 1932, S. 1, 2, 6, 7/8. 304 DIE KPD IN DER WEIMARER REPUBLIK B Was nun? (1932) Schicksalsfragen des deutschen Proletariats ... Im Laufe vieler Jahrzehnte haben die Arbeiter innerhalb der bürgerlichen Demokratie, unter deren Ausnutzung und im Kampf mit ihr, eigene Festun- gen, eigene Grundlagen, eigene Herde der proletarischen Demokratie, ge- baut: Gewerkschaften, Parteien, Bildungsklubs, Sportorganisationen, Ge- nossenschaften usw. Das Proletariat kann zur Macht gelangen nicht im for- mellen Rahmen der bürgerlichen Demokratie, sondern nur auf revolutionärem Wege: das ist durch Theorie und Praxis gleichermaßen erwiesen. Aber gerade für den revolutionären Weg benötigt es die Stützpunkte der Arbeiterdemo- kratie innerhalb des bürgerlichen Staates. Auf die Schaffung solcher Punkte lief ja die Arbeit der Zweiten Internationale in jener Epoche hinaus, da sie noch eine progressive historische Arbeit versah. Der Faschismus hat zur grundlegenden und einzigen Bestimmung: bis aufs Fundament alle Einrichtungen der proletarischen Demokratie zu zerstören. Hat dies für das Proletariat einen »Klassensinn« oder nicht? Mögen die hohen Theoretiker darüber nachdenken. . . Die Sache beschränkt sich nicht bloß auf Deutschland. Die Idee, der Sieg des Faschismus werde nichts Neues bringen, wird jetzt eifrig in allen Sek- tionen der Komintern propagiert. Im Januarheft der französischen Zeit- schrift Cahiers du Bolchevisme lesen wir: »Die Trotzkisten, die in der Praxis wie Breitscheid handeln, übernehmen jetzt die berühmte Theorie der Sozial- demokratie, vom kleineren Übel, nach der Brüning nicht so schlecht sei wie Hitler, nach der unter Brüning Hungers zu sterben weniger unangenehm sei als unter Hitler und unendlich vorteilhafter, von Groener erschossen zu wer- den als von Frick.« Dieses Zitat ist nicht das dümmste, obwohl — man muß Gerechtigkeit üben — dumm genug. Doch leider drückt es den Kern der poli- tischen Philosophie der Kominterführung aus. Die Sache liegt daran, daß die Stalinisten die beiden Regimes unter dem Gesichtswinkel der Vulgärdemokratie vergleichen. In der Tat, geht man an das Brüning-Regime mit formal-»demokratischen« Kriterien heran, ergibt sich der unwiderlegbare Schluß: von der stolzen Weimarer Verfassung sind nichts als Haut und Knochen geblieben. Doch für uns entscheidet das die Frage noch nicht. Man muß sie vom Standpunkt der proletarischen Demo- kratie betrachten. Dies ist das einzig verläßliche Kriterium auch für die Frage, wo und wann die »normale« Polizeireaktion des verfaulenden Kapi- talismus durch das faschistische Regime ersetzt wird. Ob Brüning besser ist als Hitler (etwa sympathischer?), diese Frage inter- essiert uns, wir müssen gestehen, wenig. Es genügt aber, die Liste der Arbei- DIE KOMMUNISTISCHEN O PP O S ITI O N S G RU PPEN 305 terorganisationen anzusehen, um zu sagen: in Deutschland hat der Faschismus noch nicht gesiegt. Noch stehen gigantische Hindernisse und Kräfte auf dem Weg zu seinem Sieg. .. Brüning ist genötigt, das Bestehen der Arbeiterorganisationen zu dulden, sofern er nicht heute schon Hitler die Macht zu übergeben gewillt ist und sofern er nicht selbständige Kräfte zu deren Liquidierung besitzt. Brüning ist genötigt, die Faschisten zu tolerieren und zu begünstigen, sofern er den Sieg der Arbeiter auf den Tod fürchtet. Das Brüning-Regime ist ein Übergangs- regime von kurzer Dauer, das der Katastrophe vorausgeht. Die gegenwärtige Regierung kann sich nur deshalb halten, weil es zwischen den Hauptlagern noch zu keinem Messen der Kräfte gekommen ist. Der richtige Kampf hat noch nicht begonnen. Er steht noch bevor. Die Pause bis zum Kampf, bis zum offenen Kräftemessen füllt die Diktatur der bürokratischen Ohnmacht aus. Die Weisen, die sich dessen rühmen, daß sie keinen Unterschied »zwischen Brüning und Hitler« kennen, sagen in Wirklichkeit: ob unsere Organisationen noch bestehen oder ob sie bereits zertrümmert sind, ist ohne Bedeutung. Hinter dieser scheinradikalen Phraseologie versteckt sich die niederträchtigste Pas- sivität: einer Niederlage können wir nicht entgehen! ... Brünings Regime ist ein Regime der Vorbereitung. Wofür? Entweder für den Sieg des Faschismus oder für den Sieg des Proletariats. Es ist ein Vorbe- reitungsregime aus dem Grunde, weil beide Lager sich auf den entscheidenden Kampf erst vorbereiten. Brüning mit Hitler zu identifizieren bedeutet, die Situation vor dem Kampfe mit der Situation nach der Niederlage zu identi- fizieren: bedeutet, im voraus die Niederlage als unvermeidlich zu betrachten: bedeutet die Aufforderung, ohne Kampf zu kapitulieren. Die erdrückende Mehrheit der Arbeiter, insbesondere der Kommunisten, will das nicht. Auch die stalinsche Bürokratie will es natürlich nicht. Doch man muß nicht von den guten Absichten ausgehen, mit denen Hitler die Stra- ßen seiner Hölle pflastern wird, sondern von dem objektiven Sinn der Politik, ihrer Richtung, ihren Tendenzen. Es ist notwendig, den passiven, ängstlich abwartenden, kapitulationsbereitcn, deklamatorischen Charakter der Politik Stalin-Manuilski-Thälmann-Remmele zu entlarven! Es ist notwendig, daß die revolutionären Arbeiter begreifen: der Schlüssel zur Position ist bei der Kommunistischen Partei, aber mit diesem Schlüssel versucht die stalinsche Bürokratie das Tor zur revolutionären Tat zu verschließen. .. Notwendig ist: voller Verzicht auf den Nationalkommunismus, offene und endgültige Liquidierung der Losungen »Volksrevolution« und »Natio- nale Befreiung«. Nicht: »Nieder mit den Versailler Verträgen!« sondern: »Hoch die Vereinigten Sowjetstaaten Europas!« Der Sozialismus ist durchführbar nur auf Grund der höchsten Errungen- schaften der modernen Technik und auf Grund internationaler Arbeitsteilung. 306                      DIE KPD IN DER WEIMARER REPUBLIK Der sozialistische Aufbau in der UdSSR ist kein selbstgenügsamer natio- naler Prozeß, sondern Bestandteil der internationalen Revolution. Die Machteroberung durch das deutsche und das europäische Proletariat ist eine unermeßlich realere und näherliegende Aufgabe als der Aufbau einer abgeschlossenen und selbstgenügsamen sozialistischen Gesellschaft in den Grenzen der UdSSR. Vorbehaltlose Verteidigung der UdSSR, des ersten Arbeiterstaates vor den äußeren und inneren Feinden der proletarischen Diktatur! Doch darf die Verteidigung der UdSSR nicht mit verbundenen Augen ge- führt werden. Internationale proletarische Kontrolle über die Sowjetbüro- kratie. Unbarmherzige Entlarvung ihrer nationalreformistischen und thermi- dorianischen Tendenzen, die ihre Verallgemeinerung in der Theorie vom Sozialismus in einem Lande gefunden haben. Was braucht die Kommunistische Partei? Rückkehr zur strategischen Schule der ersten vier Kominternkongresse. Verzicht auf Ultimatums gegenüber den Arbeiter-Massenorganisationen: die kommunistische Führerschaft läßt sich nicht auf drängen; sie läßt sich nur erobern. Verzicht auf die Theorie des Sozialfaschismus, die der Sozialdemokratie wie auch dem Faschismus hilft. Nachdrückliche Ausnutzung des Antagonismus zwischen Sozialdemokratie und Faschismus: a) zwecks wirksameren Kampfes gegen den Faschismus; b) zwecks Gegenüberstellung der sozialdemokratischen Arbeiter und refor- mistischen Führer. Kriterien der Bewertung des Wechsels politischer Regimes der bürgerlichen Herrschaft sind für uns nicht die Prinzipien der formalen Demokratie, son- dern die Lebensinteressen der proletarischen Demokratie. .. L. Trotzki: Was nun? Schicksalsfragen des deutschen Proletariats 2. Auflage Berlin 1932, S. 19-23 und 113/114. DIE KOMMUNISTISCHEN O PP O S IT I O N S G RU PPEN 3°7 96. PRINZIPIENERKLÄRUNG DER SAP (1932) Das Ziel der SAP Die Sozialistische-Arbeiter-Partei erstrebt einen Gesellschaftszustand, in dem das Privateigentum an den Produktionsmitteln aufgehoben und diese in die Hände der Gesellschaft übergeleitet sind; in dem es deshalb keine Aus- beutung des Menschen durch den Menschen und keine Klassen mehr gibt und der Staat, die organisierte Gewalt in den Händen einer herrschenden Klasse, beseitigt ist. Staat und Proletariat Die entscheidende Voraussetzung für die Verwirklichung des Sozialis- mus, die Enteignung der Kapitalistenklasse, ist die Eroberung der politischen Macht durch das Proletariat. Jeder Tageskampf ist diesem Ziel unterzuord- nen. Der unmittelbare Kampf um die Macht setzt eine revolutionäre Situa- tion voraus, die gekennzeichnet ist durch eine tiefgehende Zersetzung der bürgerlichen Gesellschaft und die Bereitschaft der proletarischen Klasse, alle Mittel des organisierten Kampfes vom Streik bis zur Auseinandersetzung mit der bewaffneten Gewalt der Bourgeoisie anzuwenden. Der Staat ist stets ein Werkzeug zur Unterdrückung einer Klasse durch eine andere. Seine Form wird in fortdauernden Klassenkämpfen den jeweiligen Bedürfnissen der herrschenden Klasse angepaßt. Der bürgerliche Staat ist daher nichts als Werkzeug zur Ausübung der bürgerlichen Klassenherrschaft 82. Am 4. Oktober 1931 spaltete sich der linke Flügel (Seydewitz und Rosenfeld) von der SPD ab und bildete die Sozialistische Arbeiterpartei Deutschlands (SAP). Der vor allem in Sachsen vertretene linke Flügel hatte die »Tolerierungspolitik« der SPD abgelehnt. Zur SAP stießen neben anderen Splittergruppen (z. B. der »Sozia- listische Bund« Ledebours, die USP Theodor Liebknechts, die Pazifisten usw.) auch ein Teil der KPO (vgl. Anmerkung 81) unter Führung von Frölich und Walcher. Die SAP-Gründung war der letzte Versuch in der Weimarer Republik, alle Kräfte innerhalb der Arbeiterbewegung zu sammeln, welche sowohl die SPD als auch die KPD ablehnten. Der Linksradikalismus der KPD und der Reformismus der SPD wurden von der SAP gleichermaßen bekämpft und die Entartung der KPD deutlich herausgestellt. Die SAP wurde von der KPD als »der gefährlichste Feind der Ein- heitsfront« (Die Rote Fahne vom 27. April 1932) angegriffen. Die Prinzipienerklä- rung wurde vom 1. Parteitag der SAP am 25. März 1932 angenommen. 3o8 DIE KPD IN DER WEIMARER REPUBLIK über das Proletariat, und zwar nicht nur in der Monarchie, oder in der faschi- stischen Diktatur, sondern auch in der demokratischen Republik. Da die un- geheure bürokratische und militärische Organisation des kapitalistischen Staates und das parlamentarische System vollkommen den Herrschaftsbedürf- nissen der Bourgeoisie angepaßt sind, können sie von der siegreichen Arbeiter- klasse nicht übernommen werden. Das Proletariat muß vielmehr diesen Staat, das Herrschaftsorgan der Bourgeoisie, zertrümmern und seinen eigenen aufbauen, gestützt auf die Räte der arbeitenden Massen und geführt durch die revolutionäre Partei. Sozialismus oder Barbarei? Die gegenwärtige Wirtschaftskrise unterscheidet sich von allen früheren nicht nur durch den Umfang, Tiefe und Dauer, sie ist zugleich der Ausdruck dafür, daß der Weltkapitalismus in seine Niedergangsperiode eingetreten ist... In dieser Situation reichen die parlamentarisch-demokratischen Herr- schaftsmethoden nicht mehr aus: die Bourgeoisie ist gezwungen, zur Auf- rechterhaltung des kapitalistischen Systems zur offenen Diktatur über die Arbeiterklasse zu greifen, zugleich wächst mit dem Drang nach einer Neu- aufteilung des Weltmarktes die Kriegsgefahr. Die menschliche Gesellschaft steht vor der Alternative: Sozialismus oder Untergang in die Barbarei. Die Eroberung der politischen Macht durch das Proletariat ist zur aktuel- len Aufgabe geworden. Unsere Stellung zu SPD und KPD, ii. und in. Internationale .. . Die Bourgeoisie kann ihre Macht nur noch durch Diktatur und Terror aufrechterhalten. Ist der Gedanke, die politische Macht auf parlamentarisch- demokratischem Wege, d.h. ohne die Zertrümmerung des bürgerlichen Macht- apparats zu gewinnen, an sich eine Illusion, so wird jetzt durch die Zerstörung des Parlamentarismus und die Aufrichtung der offenen Diktatur diesem Glauben jede Grundlage entzogen. Die reformistische Politik wirkt sich daher nicht nur gegen die Zukunftsinteressen des Proletariats, sondern unmittelbar gegen seine Tagesinteressen aus und führt zur fortschreitenden Zerklüftung der Arbeiterbewegung. Ihr Wesen als Werkzeug der Reaktion offenbart sich in krassester Weise. Die SPD ist durch ihre bisherige Politik unlösbar mit dem kapitalistischen Staat und dem kapitalistischen System verbunden und damit die Gefangene ihrer eigenen Politik. Die Rückkehr zum Klassenkampf ist ihr für immer ver- DIE KOMMUNISTISCHEN O PP O S ITIO N S G RU PPE N                                                309 baut. Ihre Politik kann und muß sich darum um so mehr zum Schaden der Arbeiterklasse auswirken, als der Kapitalismus in seiner Niedergangsperiode ihr die Rolle zuweist, als Instrument zur Niederhaltung der Arbeiterklasse zu fungieren. Zugleich wird hierdurch naturgemäß jede Grundlage zu einer internationalen Orientierung der Arbeiterklasse beseitigt und damit der In- ternationalismus, der ein Lebenselement des Proletariats ist. Das völlige Versagen der II. Internationale ist hierfür der sinnfällige Ausdruck. Die Sozialistische Arbeiterpartei steht daher in unüberbrückbarem prinzi- piellem Gegensatz zur SPD und zur II. Internationale. Sie sieht eine ihrer wichtigsten Aufgaben darin, die sozialdemokratischen Arbeiter für die revo- lutionäre Politik zu gewinnen. Die Kommunistische Partei und die Kommu- nistische Internationale haben diese Aufgabe nicht erfüllt und zeigen sich unfähig, den proletarischen Massen in der revolutionären Krise die Führung zu geben. Trotz ihrer Grundsätze und im Widerspruch zu den Lehren Lenins treiben sie eine Politik, die die Arbeiterklasse verwirrt und lähmt und ihre Spaltung begünstigt und damit die Verwirklichung ihrer Ziele hindert. Die entscheidenden Fehler bestehen in der Preisgabe der Einheitsfrontpolitik, die sich auf die verhängnisvolle Theorie vom Sozialfaschismus stützt, im RGO- Kurs und in der Politik des kleinbürgerlichen Nationalismus. Verstärkt und zum Teil verursacht werden diese Fehler durch die Monopolstellung, die die Kommunistische Partei der Sowjetunion in der Kommunistischen Internatio- nale ausübt. Diese Monopolstellung hat nicht nur fehlerhafte Direktiven, sondern auch die schematische Übertragung russischer Erfahrungen, die oben- drein oftmals noch verzerrt werden, zur Folge. Durch die Aufhebung der Par- teidemokratie und das ganze organisatorische System, das sich in der Kom- munistischen Internationale herausgebildet hat, wird die Gesundung der revolutionären Arbeiterbewegung außerordentlich erschwert. Die Sozialistische Arbeiterpartei stellt sich die Aufgabe, durch eine revolu- tionäre Politik den kommunistischen Arbeitern die verhängnisvollen Folgen dieser Fehler zum Bewußtsein zu bringen und damit die Voraussetzungen für eine einheitliche revolutionäre Organisation auf nationaler und inter- nationaler Grundlage zu schaffen. Wir schützen die Sowjet-Union! Mit der russischen Oktoberrevolution ist eine neue Epoche in der inter- nationalen Arbeiterbewegung angebrochen. Die Erfahrungen des heroischen Kampfes um die politische Macht beim Aufbau des Rätestaates, im Bürger- krieg und bei der Ausübung der Diktatur haben allgemeine Bedeutung für die internationale Bewegung des Proletariats. Unter Führung der Kommu- nistischen Partei der Sowjetunion, die die Diktatur der Arbeiterklasse zum 3io DIE KPD IN DER WEIMARER REPUBLIK machtvollen Instrument des Proletariats gestaltet, werden in Sowjetrußland die Grundlagen für die Verwirklichung des Sozialismus geschaffen. DieserProzeß geht vor sich unter besonders schwierigen Vorbedingungen wegen der kul- turellen und wirtschaftlichen Rückständigkeit des vorrevolutionären Ruß- lands, wegen der Verheerungen des imperialistischen Krieges und des Bürger- krieges und wegen des Fehlens jeglicher Erfahrungen im Aufbau des Sozialis- mus. Die objektiven Schwierigkeiten werden verschärft durch die Fehler der gegenwärtigen Parteiführung, der Aufbau wird gefährdet durch die antileni- nistische Theorie von der Möglichkeit, den Sozialismus in einem einzelnen Lande zu vollenden, durch die Überbürokratisierung der Partei und der Staatsorgane, durch die Nichtachtung der Grundsätze des demokratischen Zentralismus. Ungeachtet der notwendigen proletarischen Kritik an der Füh- rung der KPdSU muß jedoch unter Berücksichtigung der objektiven Schwie- rigkeiten bei jeder Gelegenheit mit hervorgehoben werden, daß sich in der Sowjetunion die gewaltige Überlegenheit der sozialistischen Planwirtschaft gegenüber der kapitalistischen Wirtschaftsanarchie bewährt. Die Sozialistische Arbeiterpartei setzt es sich zur Aufgabe, die großen Lehren der russischen Revolution auszuwerten, sie den Bedingungen des revolutionären Kampfes in Deutschland anzupassen und ihr politisches Wir- ken von diesen Erfahrungen leiten zu lassen. Die Sozialistische Arbeiterpartei sieht in der Sowjetunion das Bollwerk des internationalen Proletariats. Sie gegen alle Angriffe der kapitalistischen Konterrevolution zu verteidigen, ist die Pflicht der gesamten Arbeiterklasse der Welt. Krieg dem imperialistischen Kriege! ... Die SAP lehnt daher jeden imperialistischen Krieg ab, mag er auch als Verteidigungskrieg oder als Krieg zum Schutz der Neutralität getarnt sein. Die SAP wird ihre ganze Kraft und alle revolutionären Mittel anwen- den, einen drohenden Krieg zu verhindern und den äußersten Widerstand gegen ihn zu organisieren, indem sie die Massen über das Wesen der kapita- listischen Außen- und Rüstungspolitik aufklärt und den illusionären Glauben an die Möglichkeit, innerhalb der kapitalistischen Welt den Frieden herzu- stellen und zu sichern, zerstört, der nationalistischen Verhetzung entgegen- wirkt und die Arbeiterklasse so stärkt, daß sie in einem imperialistischen Kriege den Kampf gegen das kapitalistische System wirksam durchführen kann. In einem Krieg kapitalistischer Mächte gegen die Sowjetunion mobilisiert die Sozialistische Arbeiterpartei alle Kräfte des Proletariats für die Unter- stützung der Arbeiter- und Bauernmacht Rußlands. In den revolutionären Aufständen der Kolonialvölker sieht die Sozia- DIE KOMMUNISTISCHEN O P P O S ITIO N S G RU PPE N                                              3II listische Arbeiterpartei eine Erschütterung des Imperialismus und der Grund- lage der kapitalistischen Herrschaft überhaupt. Sie unterstützt deshalb den Befreiungskampf der unterdrückten Völker in den Kolonien und Halbkolo- nien mit dem Einsatz aller ihr zur Verfügung stehenden Mittel, insbesondere durch die äußerste Entfaltung des Klassenkampfes gegen die eigene Bour- geoisie. Die Aufgaben der revolutionären Arbeiterpartei im Kampf um die Macht Die Befreiung der Arbeiterklasse kann nur das Werk der Arbeiterklasse selbst sein. Dieser Befreiungskampf bedarf zur Vorbereitung und Organi- sierung einer revolutionären Partei. Die Aufgabe der Partei ist, dem Kampf die Parole, die Richtung zu geben, die Taktik so einzurichten, daß in jeder Phase des Kampfes die ganze Summe der vorhandenen und bereits in Be- wegung gesetzten Macht des Proletariats realisiert wird und in der Kampf- stellung der Partei zum Ausdruck kommt; daß die Taktik der Partei nach ihrer Entschlossenheit und Schärfe nie unter dem Niveau des tatsächlichen Kräfteverhältnisses steht, sondern vielmehr dieses Verhältnis ständig zugun- sten des Proletariats ändert. Die revolutionäre Partei muß die führende Vor- hut der Arbeiterklasse sein. Als solche darf sie weder den Schwächen rück- ständiger Schichten nachgeben, noch sich von dem proletarischen Gros lösen durch Aktionen, die dessen Reifegrad nicht entsprechen. Um ihren Aufgaben zu genügen, muß die revolutionäre Partei in ihren Reihen den demokratischen Zentralismus verwirklichen, der besteht in der Einheitlichkeit der grundsätzlichen Auffassungen, in der Initiative und Ver- antwortung der Führung in einem Organisationsaufbau, der die beständige Kontrolle und Beeinflussung aller leitenden Organe bis zum Parteivorstand und ihrer politischen und organisatorischen Entscheidungen durch die Mit- glieder und die unteren Organisationen sichert, sowie in der disziplinierten Durchführung aller Aktionen. Die Sozialistische Arbeiterpartei will der Ar- beiterschaft diese Führung geben. Was will die SAP? Prinzipienerklärung - Aktionsprogramm angenommen auf dem 1. Parteitag 1932 der SAP mit einem Vorwort von Paul Frölich Berlin, o. J. (1932), S. 22-25 312 DIE KPD IN DER WEIMARER REPUBLIK 97- AUFRUF DER KOMMUNISTISCHEN OPPO SITI ONS GRUPPEN An alle klassenbewussten Arbeiter Berlins! An die Führer ihrer politischen, wirtschaft- lichen, KULTURELLEN UND SPORTLICHEN ORGANISATIONEN und an die Jugend-Verbände! Klassengenossen! Die deutsche Arbeiterklasse steht am Vorabend schwerwiegender Entschei- dungen. Der Faschismus schickt sich an, die Staatsmacht zu ergreifen. Die Herrschaft des Faschismus bedeutet die Zerschlagung der Arbeiter- organisationen, blutigen Vernichtungskampf gegen die klassenbewußten Ar- beiter, Krieg gegen Sowjetrußland und die Zurückwerfung des Proletariats in aller Welt auf Jahrzehnte hinaus. Arbeiter Berlins! Klassengenossen! Wo immer Ihr politisch stehen mögt, Ihr dürft nie und nimmer zulassen, daß es so weit kommt. Erinnert Euch Eurer erfolgreichen Kämpfe gegen die Konterrevolution in den Jahren 1918 und 1919, im Kapp-Putsch und in den Jahren 1922 und 1923. Wir wissen, daß Ihr in verschiedenen politischen Lagern steht und große Meinungsverschiedenheiten über den Weg zum Sozia- lismus habt, aber trotz aller politischen Differenzen dürft Ihr nicht vergessen, daß Euer grausamster und schlimmster Feind, der Faschismus, seine Mord- waffen gegen jeden klassenbewußten Arbeiter richtet, ohne nach dem Partei- buch seines Opfers zu fragen. Darum wenden wir uns an die gesamte Arbeiterklasse von Berlin und an die verschiedenen Arbeiterorganisationen und versichern mit allem Nach- druck: In dieser ernsten Stunde erklären wir unsere Bereitschaft, mit allen und jedem gegen die faschistische Gefahr zu kämpfen, der bereit ist, Arbeiter- interessen zu vertreten. Wir stellen keinem Genossen, der sich an der gemein- samen Kampffront gegen den Faschismus beteiligen will, als Vorbedingung, seine politische Überzeugung preiszugeben. Wir stellen absichtlich nur kleine, minimale Forderungen auf, weil wir wollen, daß sich jeder Arbeiter, unbe- schadet seiner politischen Einstellung, in diese Front dinreihen kann. Als Basis für den gemeinsamen Kampf schlagen wir unter der Parole: »Der Faschismus muß geschlagen werden, ehe er zur Macht kommt!« vor: Kampf gegen Faschismus und Schaffung eines überparteilichen anti- DIE KOMMUNISTISCHEN O PP O S ITI O N S G RU PPEN                                              313 faschistischen Abwehrkartells aller proletarischen Organisationen und der Betriebe. Kampf gegen die Notverordnungspolitik. Kampf gegen Lohn- und Gehaltsabbau. Kampf gegen die Zerschlagung der Sozialpolitik und des Tarifrechtes. Schaffung einer einheitlichen Abwehrorganisation. Wir fordern darum die Führungen aller politischen, wirtschaftlichen, kul- turellen, Sport- und Jugendorganisationen des Proletariats und zugleich die breiten Arbeitermassen in den Betrieben und Stempelstellen, in den Gewerk- schaften, Kultur- und Sportorganisationen auf, zu unserem Aufruf Stellung zu nehmen. Wir laden die Organisationen ein zu einer öffentlichen Versammlung, deren Termin und Lokal wir noch bekanntgeben, in der wir uns über den gemeinsamen Kampf gegen den Faschismus verständigen wollen. Wir sichern den Vertretern der Organisationen ausgiebige Redezeit zu. SAP Groß-Berlin H. Gostomski KPDO Groß-Berlin W. Bolze Lenin-Bund (Linke Kommunisten) Groß-Berlin K. Spicker Volksiville Reichsorgan des Lenin-Bundes (Linke Kommunisten) vom 31. Dezember 1931. DIE KPD IN DER ILLEGALITÄT UND EMIGRATION EINLEITUNG Am Spätabend des 27. Februar 1933 brannte der Reichstag in Berlin. Das war für Hitler das Signal, die KPD zu verbieten und ihre Anhänger zu ver- folgen. Die Kommunistische Partei hatte sich schon seit längerer Zeit auf ein Verbot eingestellt. Wie jede Sektion der Komintern mußte auch sie schon immer einen Teil ihrer Arbeit illegal erledigen, so war es in den 21 Bedin- gungen der Komintern von 1921 vorgeschrieben worden (Dok. 64). Trotz- dem wurde die Partei durch das Verbot schwer getroffen. Noch in der Nacht des Reichstagsbrandes wurden Tausende von Parteifunktionären, darunter Parteiführer und Reichstagsabgeordnete (Ernst Schneller, Ernst Grube, Al- bert Kuntz, Walter Stoecker u. a.) verhaftet. Am 3. März nahm die Gestapo auch den Parteivorsitzenden Ernst Thälmann fest. In den folgenden Wochen fiel eine große Zahl von Funktionären der Polizei oder der SA in die Hände, viele wurden ermordet, andere in KZs und Zuchthäuser gebracht. Durch die- sen großen Aderlaß brach die Partei vollends auseinander. Die KPD war - mindestens seit 1928 - zu einer zentralistischen Appa- ratpartei entartet. Schon jahrelang bestimmten ausschließlich die von der Führung eingesetzten Sekretäre und nicht die gewählten Leitungen. Die Schläge Hitlers wirkten sich daher besonders verheerend aus. Hinzu kam, daß nach der Verhaftung Thälmanns innerhalb des Politbüros ein Kampf um die Nachfolge entbrannte. John Schehr, Hermann Schubert und Walter Ulbricht versuchten die Parteiführung an sich zu reißen und führten erbit- terte Fraktionskämpfe. Bei diesen Streitigkeiten wurden nicht selten die Rücksichten auf die Fraktion über die Sorge um die illegale Partei gestellt. Die KPD, die so lange die Illegalität »geübt« hatte, erwies sich im ent- scheidenden Augenblick unfähig, Widerstand zu leisten. Aufrufe zum Ge- neralstreik (Dok. 100) waren schon im Januar kaum beachtet worden; schließ- lich war die KPD längst eine Partei der Erwerbslosen, nur noch n°/o ihrer Mitglieder arbeiteten in Betrieben. Aber noch besaß die KPD genügend Anhänger, die nicht bereit waren, vor der NSDAP einfach zu kapitulieren. Überall entstanden nach dem ersten Schock, den die kampflose Niederlage ausgelöst hatte, illegale Widerstands- gruppen. Es gelang in relativ kurzer Zeit, wieder eine zentrale Leitung mit Verbindungen zu den Bezirken aufzubauen. Die KPD besaß 1933 noch eine Massenbasis. Bei den Wahlen im März 1933 erhielt sie 4,8 Millionen Stimmen (12,3%), angesichts des Terrors von SA und SS ein beachtlicher Erfolg. Die Führung zog daraus den falschen Schluß, gegen das Hitler-Regime sei ein Massenwiderstand möglich. Sie rief 3i8 DIE KPD IN DER ILLEGALITÄT UND EMIGRATION zu Demonstrationen auf, die nur zur Verhaftung ihrer Anhänger führten. Auch ihre verderblichen politischen Ansichten änderte die Zentrale zu- nächst nicht. Selbst der Sieg Hitlers hatte sie keines besseren belehrt. Die Erklärungen und Entschließungen der KPD im Jahr 1933 lassen keine Ver- änderung des taktischen Kurses erkennen (Dok. 102). Die abstruse Vor- stellung der Kommunisten von der RGO-Arbeit nach dem Parteiverbot (Dok. 113) zeigt, daß die Führung völlig ihren ultralinken Ansichten ver- haftet blieb. Noch immer wurde der »Hauptstoß« gegen die SPD gerichtet und als Ziel ein Sowjetdeutschland proklamiert. Im Mai 1933 hatte das ZK »festgestellt«, die SPD - die kurz danach verboten wurde - sei die »Haupt- stütze« des Hitler-Staates: »Die völlige Ausschaltung der Sozialfaschisten a is dem Staatsapparat, die brutale Unterdrückung auch der Sozialdemo- kratischen Organisation und ihrer Presse ändern nichts an der Tatsache, daß sie nach wie vor die soziale Hauptstütze der Kapitalsdiktatur darstellt.« (Dok. 102) Die Parteiführung entwickelte - von Moskau inspiriert - außerdem die groteske Theorie, der Sieg Hitlers bedeute keine Niederlage der Arbeiterbe- wegung. Obwohl die KPD schwer getroffen und ihrer besten Funktionäre beraubt war, sprach die Führung von einem »geordneten Rückzug« und be- hauptete bis 1935, die Parteilinie sei richtig gewesen. Da der Erfolg versagt blieb, wälzten die Führer die Schuld am Mißerfolg auf die unteren Partei- organe ab und warfen diesen vor, die Linie nicht richtig befolgt zu haben. Die unteren Einheiten der KPD versuchten aber sehr bald mit anderen oppo- sitionellen Gruppen gegen Hitler zusammenzuarbeiten. Die KPD-Führung selbst entschloß sich nur zögernd, die »Einheitsfront« zu proklamieren. Erst 1935 erfolgte die offizielle Wendung, doch war die neue Taktik nicht aus bes- serer Einsicht geboren, sondern wurde erst beschlossen, nachdem entspre- chende neue Anweisungen der Komintern vorlagen. Dimitroff, der durch seine Haltung im Reichstagsbrandprozeß international bekannt geworden war, hatte auf dem VII. Weltkongreß der Komintern 1935 die bisherige Po- litik kritisch analysiert und offiziell die neue »Einheits- und Volksfront- Politik« proklamiert. Auf der anschließenden Parteikonferenz der KPD in Moskau (der sogenannten Brüsseler Konferenz) übernahm die KPD die neue Linie (Dok. 98). Dieser Konferenz kommt daher programmatisches Ge- wicht zu. Hier wurden der neue Kurs der »Einheitsfront« sowie die Taktik des illegalen Kampfes in Deutschland beschlossen. Doch inzwischen war die offizielle Parteilinie für die illegalen Genossen in Deutschland nicht mehr von Bedeutung. Gegen die Schläge der Gestapo führten die kommunistischen Gruppen einen zähen Kleinkrieg. Die Verbindungen rissen durch immer neue Verhaftungen ab, der Massencharakter der Bewegung verschwand. Der Zusammenhalt beschränkte sich auf kleine Zirkel. Die offizielle Parteilinie war mehr eine Angelegenheit der kommunistischen Emigration, die sich vor EINLEITUNG 319 allem in die Tschechoslowakei und nach Frankreich zurückgezogen hatte. Sie vollzog rigoros die neue Schwenkung und versuchte, mit allen hitlerfeind- lichen Gruppen in einer Einheits- und Volksfront zusammenzukommen (Dok. ii8). Die »Selbstkritik« Florins (Dok. 115) läßt die Wendung von 1935 deutlich erkennen. Wie weit sie ging, wird aus den Dokumenten 116 und 117 deutlich. Die sogenannte Berner Konferenz im Januar 1939, deren Beschlüsse eben- falls programmatische Bedeutung hatten, proklamierte nicht nur wiederum die Volksfront, sondern bezeichnete als Ziel der KPD die demokratische Re- publik und die Einheitspartei (Dok. 99). Die Dokumente der kommunistischen Opposition werfen ebenfalls Licht auf die KPD-Politik. Der Lenin-Bund zum Beispiel forderte im Januar 1933 auf, »eine Front gegen Hitler« zu bilden (Dok. 121), die KPD reagierte nicht. Die KPO, die 1933 eine ähnliche Haltung einnahm (Dok. 122), wurde von der KPD-Führung nach der Schwenkung von 1935 angegriffen, weil sie nicht jeden Winkelzug mitmachte. Die Kritik der trotzkistischen Opposition (Dok. 123) legt weitere Schwächen der KPD-Führung bloß. Die zweckoptimistischen Behauptungen der KPD-Führung, in Deutsch- land herrsche eine hitlerfeindliche Stimmung, es gebe eine elementare Mas- senopposition gegen die NSDAP, entsprachen nicht der Wirklichkeit. Entge- gen allen Prophezeiungen erwies sich die Hitlerdiktatur als recht stabil. Der Glaube vieler Kommunisten wurde dadurch erschüttert. Ein kleiner Teil der kommunistischen Anhänger war schon früh zur NSDAP übergelaufen. Die zwielichtige Haltung der KPD in den dreißiger Jahren (Zusammenarbeit mit der NSDAP im preußischen Volksentscheid und Berliner Verkehrs- arbeiterstreik) rächte sich bitter. Es wirkte sich auch aus, daß gewisse Apparate (so beispielsweise der seit 1929 illegal wirkende Rote Frontkämpferbund) sich immer mehr der geistigen und politischen Kontrolle durch die Partei entzogen hatten. Einzelne Gruppen waren regelrechte Abenteurercliquen geworden, die sich den Nazis anboten. In der Parteiführung selbst gab es da- gegen (anders als in Frankreich oder Italien) kaum Überläufer zur äußer- sten Rechten. Während in Deutschland die illegalen Gruppen der KPD zerschlagen wur- den, festigte in der Emigration der Apparat weiter seine Macht. Die haupt- amtlichen Funktionäre, die schon früher durch ihre materielle Abhängigkeit der Führung ausgeliefert waren, mußten diese Unselbständigkeit im Aus- land (ohne eigene materielle Mittel, nicht selten illegal lebend) doppelt ver- spüren. Wer auch nur die geringsten Anzeichen von oppositionellen Gedan- ken zeigte, wurde isoliert, wenn nicht gar der Gestapo in die Hände ge- spielt. Ein großer Teil der emigrierten Kommunisten nahm am spanischen Bürgerkrieg teil; auch dort versuchte der Apparat unbequeme Kommunisten als Trotzkisten zu denunzieren, auszuschalten oder gar zu liquidieren. 320 DIE KPD IN DER ILLEGALITÄT UND EMIGRATION Das ZK der KPD stellte sich hinter die stalinistischen Säuberungen und »begrüßte« die Prozesse gegen die alten Bolschewiki (Dok. 107). In den Säuberungen wurden jedoch nicht nur Altbolschewiken, sondern auch die Führungen der Emigranten-Parteien dezimiert. Damals sind wohl Tausende von deutschen Kommunisten, die in der Sowjetunion Schutz vor Hitler ge- sucht hatten, verhaftet worden. Die Liste der KPD-Führer, die Opfer der sta- linschen Säuberungen wurden, ist umfangreich (vgl. Anmerkung 92.) Betrach- tet man die obersten Spitzengremien der Partei, tritt sogar die überraschende Tatsache zutage, daß Stalin in den Reihen des Politbüros der KPD größere Blutopfer forderte als Hitler. Durch Hitlers Leute wurden vier Politbüro- Mitglieder ermordet: 1934 John Schehr, 1943 Conrad Blenkle, 1944 Ernst Thälmann und Ernst Schneller. (Schneller war allerdings nach der Wittorf- Affäre 1928 als Thälmann-Gegner aus dem Politbüro entfernt worden). Ein früheres Politbüro-Mitglied der Ruth-Fischer-Ära, Werner Scholem (1940 in Buchenwald ermordet) war bereits 1926 aus der KPD ausgeschlossen worden. In Moskau wurden während der Stalinschen Säuberungen fünf Politbüro- Mitglieder und zwei Kandidaten des Polkbüros liquidiert: Hugo Eberlein, Leo Flieg, Hermann Remmele, Hermann Schubert und Fritz Schulte sowie Heinz Neumann und Heinrich Süßkind. Zahlreiche Mitglieder und Kandi- daten des ZK der KPD kamen zwischen 1933 und 1945 unter Hitler in Deutschland ums Leben, wurden ermordet oder starben in faschistischen Ge- fängnissen, aber ebenso fielen Mitglieder und Kandidaten des ZK den Sta- linschen Säuberungen zum Opfer. Schließlich ermordeten vermutlich Agenten des NKWD 1940 in Frankreich Willi Münzenberg, der einst ein Mitstreiter Lenins und der erste Führer der kommunistischen Jugendinternationale ge- wesen war. Während der Säuberungen hat er sich von den Stalinisten ge- trennt (Dok. 125). Natürlich soll eine solche Gegenüberstellung nicht den Hitler-Terror bagatellisieren, dem Tausende von Kommunisten zum Opfer fielen, doch zeigt sie erst das ganze Ausmaß des stalinistischen Terrors. Nach dem Tode Stalins ist ein Teil der Kommunisten, die in der Stalin-Ära verfolgt und liquidiert wurden, öffentlich rehabilitiert worden. Die SED hat bisher diese Rehabili- tierungen nur zögernd nachvollzogen und wenig über die deutschen Kommu- nisten verlauten lassen, die Opfer der stalinistischen Säuberungen wurden. Der illegale Kampf gegen Hitler wurde in Deutschland jahrelang in der Hauptsache von Kommunisten, Sozialdemokraten, Gewerkschaften und An- gehörigen der sozialistischen Splittergruppen getragen. 1936 wurden wegen illegaler kommunistischer Betätigung 11000 und 1937 8000 Personen ver- haftet (Dok. 128). Der Polizeiapparat Hitlers wurde immer perfekter und erschwerte die illegale Tätigkeit immer mehr. Die kommunistischen Gruppen operierten daher meist unabhängig von der Emigrationsführung. Die SED versucht heute allerdings glaubhaft zu machen, daß die gesamte kommuni- EINLEITUNG 321 stische Arbeit von 1933 bis 1945 von der »Auslandsleitung«, also dem ZK, geleitet worden sei. Das ist eine Legende, die das Prestige der Führung he- ben soll. Selbst so große Widerstandsgruppen wie die Schumann-Gruppe in Leipzig, die Bästlein-Gruppe in Hamburg, die Saefkow-Gruppe in Berlin und die Lechleiter-Gruppe in Mannheim arbeiteten meist ohne »zentrale An- leitung«. Der kommunistische Widerstand blieb ebenso erfolglos wie der Wider- stand anderer politischer Kreise. Die undemokratische Natur der KPD und speziell das heuchlerische Wesen des Stalinismus (1936 bis 1938 wütete der Stalin-Terror in Rußland besonders grausam) waren eine schwere Belastung für die kommunistischen Antifaschisten. Trotzdem sollte nicht übersehen werden, daß es sich bei der Mehrzahl von ihnen um anständige und tapfere Kämpfer für eine bessere Welt gehandelt hat, die heute nicht wegen ihrer Parteizugehörigkeit diskriminiert werden sollten. Auf jeden Fall sollte man sich davor hüten, die Geschichtsklitterungen der SED mit umgekehrten Vor- zeichen zu kopieren und den kommunistischen Widerstand einfach zu igno- rieren. Auch wenn dieser Widerstand nicht die von der SED verkündeten Ausmaße hatte, war er doch bedeutsam. In Leipzig z. B. wurden von den bis 1933 eingeschriebenen 4000 KPD-Mitgliedern in der NS-Zeit 2280 ins Zuchthaus oder KZ geworfen, in Chemnitz 1 600 von 4 000, in Dresden 1500 von 4 000. Viele der im antifaschistischen Kampf stehenden Kommunisten waren nicht einfach Moskauer Befehlsempfänger. Daß die illegalen Gruppen, von denen einige gegen Kriegsende größere Bedeutung erlangten, durchaus nicht immer die Ansichten der offiziellen Emigrationsleitung teilten, geht aus ver- schiedenen Aufrufen hervor (Dok. 129). Vor allem die Schumann-Gruppe (Dok. 131) zeigte wenig Linientreue. Dieser Gruppe gehörte auch eine Reihe oppositioneller Kommunisten an; z. B. war Otto Engert 1929 als »Rechter« aus der KPD ausgeschlossen worden, Georg Schumann galt als »Versöhn- ler«. Auch diese Gruppe wurde von der Gestapo zerschlagen, ihre Mitglieder wurden hingerichtet. Die Emigrationsleitung, die ihren Sitz von Paris nach Moskau verlegt hatte, wurde immer moskau-höriger. So billigte das ZK »im Interesse der deutschen Arbeiter« den Stalin-Hitler-Pakt (Dok. 108). Ulbricht verteidigte ihn nachdrücklich in der Komintern-Zeitung Die Welt (Dok. 109). Maßgeb- lich für die Haltung der Emigrationsleitung war nur noch die sowjetische Außenpolitik. Der Krieg, der im September 1939 zwischen Deutschland und den Westmächten ausbrach, wurde als imperialistischer Krieg bewertet und abgelehnt (Dok. 105 u. 106). Als sich Hitlers Aggression gegen die Sowjet- union richtete, hieß es, der Krieg habe nunmehr einen neuen Charakter an- genommen, es gelte, die Sowjetunion mit allen Kräften zu verteidigen (Dok. 110). 322 DIE KPD IN DER ILLEGALITÄT UND EMIGRATION Als Frucht der Volksfrontpolitik entstand 1942 das Nationalkomitee Freies Deutschland (Dok. 120). Mit dieser Gründung zeichnete sich schon die spätere Taktik des Stalinismus in Deutschland ab: die eigenen Ziele hin- ter demokratischen und friedlichen Parolen zu verbergen und Tarnorganisa- tionen ins Leben zu rufen. Die KPD-Führer gingen sogar so weit, sich im Rahmen des Nationalkomitees zu den Farben Schwarz-Weiß-Rot zu be- kennen. A. PROGRAMMATISCHE DOKUMENTE DER KPD   DER NEUE WEG ZUM GEMEINSAMEN KAMPF ALLER WERKTÄTIGEN FÜR DEN STURZ DER HITLERDIKTATUR Resolution der »Brüsseler« Parteikonferenz der KPD (Oktober 193 5)83 Die Parteikonferenz begrüßt die vom VII. Weltkongreß der Kommunisti- schen Internationale^ beschlossene neue taktische Orientierung der kom- munistischen Parteien auf die Sammlung der werktätigen Massen für den Klassenkampf. Die Konferenz stimmt allen Beschlüssen des Weltkongresses zu und begrüßt die Wahl des Genossen Dimitroff zum Generalsekretär der Kommunistischen Internationale. Die Parteikonferenz zieht aus der vom Kongreß an der Arbeit der Partei und an den von ihr gemachten Fehlern geübten Kritik die Lehre, sofort mit aller Energie und mit allem Enthusiasmus die neue taktische Orientierung in ihrer gesamten Arbeit vorzunehmen, die sektiererischen Tendenzen restlos auszumerzen und ernste Garantien für die Durchführung der Beschlüsse zu schaffen. Die Beschlüsse des VII. Weltkongresses sind von der größten Bedeutung für den Klassenkampf des Proletariats in den kapitalistischen Ländern sowie für den Befreiungskampf der unterdrückten Völker der kolonialen und ab- hängigen Länder. Diese Beschlüsse beruhen auf den Veränderungen in der Weltlage, die durch den Sieg des Sozialismus in der Sowjetunion, durch die Weltwirtschaftskrise, die Offensive des Faschismus, die politische Krise in einigen Ländern und die Radikalisierung der werktätigen Massen in der gan- zen kapitalistischen Welt hervorgerufen sind. Mit diesen Beschlüssen zog der VII. Weltkongreß die Lehren einerseits aus den bitteren Erfahrungen, die die deutsche Arbeiterklasse dadurch machte, daß sie den Sieg des Faschismus in Die Resolution ist nur auszugsweise wiedergegeben. Der VII. Weltkongreß der Kommunistischen Internationale wurde vom 25. Juli bis 20. August 1935 in Moskau abgehalten. Auf ihm wurde offiziell die Wen- dung zur Einheitsfront-Politik vorgenommen, nachdem dieser Weg schon seit 1934 tastend beschritten worden war. Das Hauptreferat auf dem Kongreß hielt Georgi Dimitroff, der zum Generalsekretär der Komintern gewählt wurde. Im Anschluß an den VII. Weltkongreß tagte dann die »Brüsseler« Konferenz der KPD. 324 DIE KPD IN DER ILLEGALITÄT UND EMIGRATION Deutschland nicht verhinderte, und andererseits aus den Erfolgen, die das französische Proletariat in der Schaffung der Einheitsfront und Volksfront und damit im Zurückdrängen des faschistischen Ansturms erreichte. Die Beschlüsse des VH. Weltkongresses verpflichten die kommunistischen Parteien, neue Wege und Arbeitsmethoden in der Sammlung der Kräfte des werktätigen Volkes und seiner Jugend zum Kampf gegen Kapitalsoffensive, Faschismus und imperialistische Kriegsgefahr zu finden, die proletarische Einheitsfront und die antifaschistische Volksfront des gesamten werktätigen Volkes mit allen Kräften anzustreben. Die Erfüllung dieser Aufgaben findet ihre mächtige Unterstützung in dem endgültigen, unwiderruflichen Siege des Sozialismus in der Sowjetunion, der in der ganzen Welt Millionen von Menschen dem Gedanken des Sozialismus nähergebracht hat und ihnen den Weg zur Befreiung aus der kapitalistischen Knechtschaft und zur Aufrichtung des Sozialismus zeigt. .. Die proletarische Einheitsfront - die Voraussetzung für den Sturz der Hitlerdiktatur a) Die Bedingungen für die Verwirklichung der Einheitsfront Die Beschlüsse des VII. Weltkongresses sind für die werktätigen Massen Deutschlands, die unter der faschistischen Diktatur auf das tiefste versklavt sind und in immer tieferes Elend hinabsinken, von besonderer Bedeutung. Der Faschismus in Deutschland konnte nur siegen, weil das deutsche Proletariat durch die von den sozialdemokratischen Partei- und Gewerkschaftsführern betriebene Politik der Klassenzusammenarbeit mit der Bourgeoisie gespalten war und sich nicht zum Kampfe gegen den Faschismus vereinigte. Der VII. Weltkongreß stellte der Kommunistischen Partei Deutschlands als zentrale Aufgabe der nächsten Zukunft: die Herstellung der Aktionsein- heit aller Teile der deutschen Arbeiterklasse und die Schaffung der antifaschi- stischen Volksfront aller Werktätigen zum Kampf gegen die faschistische Diktatur und für ihren Sturz. Der Ausgangspunkt und der Hauptinhalt der Einheitsfront der Arbeiter ist der Kampf um die ständige Verteidigung ihrer unmittelbaren wirtschaft- lichen und politischen Interessen, der Kampf um die Verbesserung ihrer Lohn- und Arbeitsbedingungen und gegen die faschistische Unterdrückung. Die für den Kampf aufgestellten Losungen und die dafür angewandten Kampfformen müssen sich aus den unmittelbaren Tagesnöten der Arbeiter und dem Grade ihrer Kampffähigkeit ergeben. Die Anwendung der Einheitsfronttaktik auf neue Art ist in Deutschland besonders notwendig infolge der wesentlichen Veränderung der Lage der PROGRAMMATISCHE DOKUMENTE DER KPD 325 Sozialdemokratie, die durch das Verbot ihrer Organisation und die Verfol- gung ihrer Mitglieder herbeigeführt wurde und die die Sozialdemokratie in eine Kampfstellung gegen das faschistische Regime drängte. Das schafft ein neues Verhältnis zwischen der Kommunistischen und Sozialdemokratischen Partei und erfordert die Schaffung der Aktionseinheit zwischen den beiden Parteien, ihren Organisationen und Mitgliedern. Der Radikalisierungsprozeß in der Sozialdemokratischen Partei vollzieht sich aber keineswegs allgemein und gleichmäßig. Es gibt einen reaktionären Teil, der gegen die Einheitsfront auftritt und der ihr Zustandekommen ver- hindern will. Aber die überwiegende Mehrheit der sozialdemokratischen Arbeiter und Funktionäre steht auf den Positionen des Klassenkampfes und fängt an zu begreifen, daß nur durch die Einheitsfront mit den Kommunisten die Kraft zum Sturze der Hitlerdiktatur geschaffen werden kann. Große Teile der Jugend aus den sozialdemokratischen Organisationen suchen eben- falls den Weg der Verständigung mit der kommunistischen Jugend. Die Anwendung der Einheitsfronttaktik auf neue Art hat zur Vorausset- zung, daß die Kommunistische Partei, ihre Organisationen und Mitglieder an die Erfüllung ihrer Aufgaben mit einer neuen Einstellung zur Sozialdemo- kratie herangehen müssen. Es müssen solche Auffassungen ausgemerzt wer- den, als ob das Herantreten an die sozialdemokratischen Organisationen eine formale Angelegenheit, eine Werbung sozialdemokratischer Arbeiter für die KPD, eine Gelegenheit zur Entlarvung sozialdemokratischer Führer sei. Wir müssen rücksichtslos alle sektiererischen Hemmungen bei der Erfüllung die- ser Aufgabe in unseren eigenen Reihen überwinden. Aber auch alle Versuche zur Verhinderung der Aktionseinheit, woher sie auch kommen mögen, sind rücksichtslos zu bekämpfen... Ausgehend von der Überzeugung, daß die Sache des Proletariats die Schaf- fung einer einheitlichen politischen Massenpartei der deutschen Arbeiterklasse erfordert, arbeitet die Kommunistische Partei daran, alle klassenbewußten Arbeiter dafür zu gewinnen. Die praktische Voraussetzung zu ihrer Verwirk- lichung ist die Schaffung der Aktionseinheit. Die bitteren Erfahrungen, die die deutsche Arbeiterklasse durch ihre Niederlage und den Sieg des Faschis- mus machte, haben in ihr den Willen zur Wiedervereinigung in einer einheit- lichen politischen Massenpartei hervorgerufen. Aber eine solche Massenpartei wird ihre Aufgabe nur erfüllen, wenn sie völlig unabhängig von der Bour- geoisie ist, wenn sie die Notwendigkeit des revolutionären Sturzes der Bour- geoisie und die Aufrichtung der Diktatur des Proletariats in der Form der Sowjets anerkennt, wenn sie die Unterstützung der eigenen Bourgeoisie im imperialistischen Kriege ablehnt und auf der Grundlage des demokratischen Zentralismus aufgebaut ist8^. 85. 1935 wurde, wie aus dem vorliegenden Dokument ersichtlich, zwar schon von einer Einheitspartei gesprochen, aber noch immer, ohne daß formale Konzessionen 326 DIE KPD IN DER ILLEGALITÄT UND EMIGRATION Die Arbeit in den FASCHISTISCHEN MASSENORGANISATIONEN Für die Organisierung gemeinsamer Kampfaktionen zur Verteidigung der täglichen Interessen der werktätigen Massen, für die Schaffung der Einheits- front und der Volksfront sind die von den Faschisten beherrschten Massen- organisationen, in die das werktätige Volk hineingetrieben wurde, das ent- scheidende Wirkungsfeld. Das trifft vor allem auf die »Deutsche Arbeits- front« zu, in der sich die Massen der von den Faschisten aufgelösten Ge- werkschaften befinden. Die Faschisten vermochten ihre Absicht, diese Orga- nisation lediglich zu »erzieherischen Zwecken« für den Faschismus zu ver- wenden, nicht durchzusetzen und konnten eine, wenn auch beschränkte ge- werkschaftliche Betätigung der Arbeiter in dieser Organisation nicht verhin- dern. Für die Arbeit in der »Deutschen Arbeitsfront« ist eine Reihe von legalen und halblegalen Möglichkeiten gegeben, die die Kommunisten im Interesse der Mitglieder ausnutzen müssen. Dadurch werden sie auch in der Lage sein, sogar Anhänger der Hitlerpartei in die antifaschistische Bewegung einzu- beziehen .. . Auch in allen übrigen von den Faschisten beherrschten Massenorganisatio- nen (Jugendorganisationen, »Kraft durch Freude«, Luftschutz, NS-Volks- wohlfahrt, NS-Kriegsopferversorgung, Wehrorganisationen, Mittelstands- organisationen, Genossenschaften, Organisationen des »Reichsnährstandes«) sind große Möglichkeiten der Organisierung einer Opposition unter den mit der großkapitalistischen Politik der Hitlerregierung unzufriedenen Elemen- ten, für eine systematische Aufklärungsarbeit unter den politisch indifferen- ten oder den Faschisten nachfolgenden Mitgliedern dieser Organisationen gegeben. Genosse Dimitroff hat auf dem VII. Weltkongreß die große revolutionäre Bedeutung der Arbeit in den faschistischen Massenorganisationen aufgezeigt und mit dem Beispiel des trojanischen Pferdes86 eine taktische Anweisung für diese Arbeit gegeben. Der Faschismus muß mit den Massen der von ihm be- herrschten Organisationen geschlagen werden. Dazu ist aber die ständige und systematische Arbeit in diesen Organisationen eine ebenso unbedingte Vor- aussetzung wie auch der Kampf außerhalb dieser Organisationen. Die bisherige Unterschätzung dieser Arbeit und der gegen sie geleistete an die SPD gemacht wurden. Diese Einheitspartei sollte praktisch eine Kommu- nistische Partei sein (Anerkennung der Sowjetform usw.). In der Resolution der Berner Konferenz 1939 wurden solche Forderungen fallengelassen (vgl. S. 336). Vgl. hierzu den Artikel von Walter (Ulbricht) über die Taktik des trojani- schen Pferdes (Dok. 129). PROGRAMMATISCHE DOKUMENTE DER KPD 327 Widerstand in unseren eigenen Reihen muß schnellstens und gründlich besei- tigt werden. Nur wenn es gelingt, allen Antifaschisten die revolutionäre Be- deutung dieser Arbeit verständlich zu machen, werden wir die großen Mög- lichkeiten der Mobilisierung der Massen in diesen Organisationen für die Verteidigung der Arbeiterinteressen, für die Entfaltung der Einheitsfront und für den Kampf gegen den Faschismus ausschöpfen können. Dazu gehört, daß alle erreichbaren Funktionärsposten von den Antifaschisten besetzt und im Interesse der Massen ausgenutzt werden. Bei guter Arbeit ist es sogar möglich, Mehrheiten in den Leitungen der unteren Organisationen zu be- setzen und diese für den Kampf der Massen auszunutzen. Die Antifaschisten müssen sich das Vertrauen der Mitgliedermassen dieser Organisationen er- werben und verstehen, durch eine den Organisationsbedingungen angepaßte Sprache und Arbeitsmethode den größten Erfolg in der Mobilisierung dieser Massen gegen den Faschismus zu erzielen. Die Arbeit unter der Jugend Die Gewinnung der werktätigen Jugend in den von den Faschisten beherrsch- ten Massenorganisationen ist für die Verbreiterung und Steigerung des anti- faschistischen Kampfes von besonderer Bedeutung. Die Organisierung und Führung des Kampfes um die Verbesserung der Lohn- und Arbeitsbedingun- gen, um die Berufsausbildung und die politischen Rechte der Jugend gegen ihre Eingliederung in die Zwangsarbeit, gegen die Militarisierung und den Krieg ist dazu die wichtigste Voraussetzung. Die Gewinnung der Jugend für diesen Kampf muß auf der Grundlage der Arbeit und der Schaffung von Jugendgruppen in den Betrieben und Massenorganisationen, in der Hitler- jugend, im Bund deutscher Mädchen, in den Sport- und Kulturorganisationen erfolgen. Dabei müssen die besonderen Wünsche und Forderungen der Jugend, ihre Gewohnheiten gründlich studiert und zum Ausgangspunkt der Gewin- nung der Jugend für die Widerstandsaktionen genommen werden. Für die Erfüllung dieser Aufgaben ist eine gründliche Änderung des Cha- rakters des Kommunistischen Jugendverbandes und seiner Arbeit, vor allem die restlose Ausmerzung des Sektierertums in seinen Reihen, dringend not- wendig. Der Kommunistische Jugendverband ist zu einer wirklichen Massen- organisation der proletarischen Jugend auf der Grundlage einer breiten De- mokratie und äußerst elastischer Organisationsformen umzugestalten, die ihre Mitglieder im Geiste des Klassenkampfes, des proletarischen Internatio- nalismus und des Marxismus-Leninismus erzieht. Von größter Bedeutung ist die Vereinigung der kommunistischen und so- zialdemokratischen Jugendorganisation, zu der der Kommunistische Jugend- verband die Initiative ergreifen muß . .. 318 DIE KPD IN DER ILLEGALITÄT UND EMIGRATION Die antifaschistische Volksfront Die Schaffung der antifaschistischen Volksfront, die Vereinigung aller Geg- ner des faschistischen Regimes auf ein politisches Kampfprogramm gegen die faschistische Diktatur, die Herstellung des Kampfbündnisses der Arbeiter- klasse mit den Bauern, Kleinbürgern und Intellektuellen, der Zusammen- schluß aller Werktätigen in Stadt und Land zum Kampf für Freiheit, Frieden und Brot ist die entscheidende Voraussetzung für den Sturz der Hitlerdikta- tur. Die in allen Schichten des werktätigen Volkes wachsende Unzufrieden- heit gegen das faschistische Regime schafft dafür günstige Möglichkeiten. Alles, was die werktätigen Massen im Kampfe gegen die Versklavung und Ausplünderung durch die Hitlerregierung vereint, ist in den Vordergrund der Aufklärungsarbeit und der Organisierung des gemeinsamen Kampfes zu stellen. Der Kampf um die demokratischen Freiheiten Angesichts der ungeheuren Versklavung und Entrechtung des deutschen Vol- kes, des politischen Gewissenzwanges und der unerhörten Verfolgungen aller freiheitsliebenden Menschen durch die faschistische Diktatur stellt die Kom- munistische Partei den Kampf für alle demokratischen Rechte und Freiheiten an die Spitze des antifaschistischen Kampfes. Wir Kommunisten kämpfen für die Organisations- und Versammlungsfreiheit, für die Freiheit der Presse und der Meinungsäußerung, für Glaubens- und Gewissensfreiheit, für die Gleichheit aller Staatsangehörigen, für die völlige Wahlfreiheit für alle Kör- perschaften. Wir kämpfen gegen die braune Bonzenwirtschaft in den faschisti- schen Arbeiter-, Mittelstands-, Bauern- und anderen Organisationen. Wir Kommunisten stehen an der Seite aller von den Faschisten verfolgten und unterdrückten Schichten und Organisationen des werktätigen Volkes. Wir stehen an der Seite der katholischen Oppositionsbewegung zur Ver- teidigung ihrer selbständigen Organisationen. Wir stehen an der Seite der Bauern- und Bürgermassen des aufgelösten »Stahlhelm«, der von den Fa- schisten deshalb aufgelöst wurde, weil in ihm die Rebellion dieser Schichten gegen das faschistische Regime immer offener zum Ausdruck kam. Wir Kommunisten wollen die großen Freiheitstraditionen der Revolution von 1848 in den breiten Volksmassen wieder lebendig werden lassen und eine Ideologie des Freiheitskampfes gegen den barbarischen Faschismus schaffen. Der große Freiheitsdrang des werktätigen Volkes, den die Faschisten in die Bahn ihrer abenteuerlichen Kriegspolitik zu lenken versuchen, muß durch die antifaschistische Volksfrontbewegung zu einer gewaltigen Stoßkraft für den Sturz der Hitlerdiktatur werden. Die Parteikonferenz verweist hierbei auf die vom VII. Weltkongreß der PROGRAMMATISCHE DOKUMENTE DER KPD                                                           329 Kommunistischen Internationale in Betracht gezogene Möglichkeit und Not- wendigkeit der Bildung einer Regierung der proletarischen Einheitsfront oder der antifaschistischen Volksfront, die sich aus dem Aufschwung der Massen- bewegung unter den Bedingungen der politischen Krise bei dem Sturz der Hitlerdiktatur ergeben kann. Die endgültige Befreiung der werktätigen Massen von der kapitalistischen Ausbeutung und Unterdrückung kann nur durch die Aufrichtung der Sowjet- macht erfolgen, die allein die Klassenherrschaft der Ausbeuter stürzt, den Sozialismus aufbaut und dem ganzen Volke Freiheit und wachsenden Wohl- stand sichert. Der Kampf um den Frieden Die abenteuerliche und provokatorische Außenpolitik der Hitlerregierung, durch die das werktätige Volk Deutschlands über Nacht in den Krieg hinein- gerissen werden kann, steht im schärfsten Widerspruch zu seinen nationalen Interessen. Deutschland braucht Frieden und Zusammenarbeit mit den ande- ren Völkern, braucht vor allem eine Verständigung mit der Sowjetunion. Hit- lers Politik schafft dem deutschen Volke überall Feinde. Die Rassenhetze der Rosenberg und Goebbels wird in der ganzen Welt als der Machthunger des deutschen Imperialismus verstanden, der die Welt beherrschen will. Dem faschistischen Regime kommt es bei seinen Phrasen von Volks- und Blutver- bundenheit nur auf die Verschleierung dieser imperialistischen Ziele an. Das beweist auch der skrupellose Schacher, den Hitler mit den Deutschen in Süd- tirol, im Polnischen Korridor, in Oberschlesien treibt, durch den er sich Ver- bündete für seine Kriegspolitik erkaufen will. Wir Kommunisten sind für die restlose Beseitigung des Versailler Diktats und für die freiwillige Wiedervereinigung aller durch dieses Diktat ausein- andergerissenen Teile des deutschen Volkes in einem freiheitlichen Deutsch- land. Das soll nicht durch den Krieg, sondern auf dem Wege einer friedlichen Verständigung mit den Nachbarvölkern erfolgen. Hitlers Politik treibt aber das deutsche Volk in den Krieg und führt zu einer neuen Niederlage. Wir Kommunisten wollen das deutsche Volk vor den Schrecken und den unabseh- baren Opfern eines neuen imperialistischen Weltkrieges bewahren. Wir wol- len den Hauptkriegstreiber, den Hitlerfaschismus, vernichten ... Die organisatorischen Aufgaben der Partei Die durch die veränderte Lage in Deutschland erforderliche neue taktische Orientierung der Partei stellt auch die Organisations- und Kaderfrage auf neue Art. Die Parteiorganisation ist so umzugestalten, daß sie befähigt wird, die Massenarbeit innerhalb und außerhalb der faschistischen Organisationen 33° DIE KPD IN DER ILLEGALITÄT UND EMIGRATION und der Betriebe durchzuführen. Das macht den Aufbau der Parteiorgani- sation hauptsächlich in den faschistischen Massenorganisationen und in den Betrieben und die Anpassung ihrer Formen an deren Struktur notwendig. Die Mitglieder der bisherigen Straßenzellen sollen im allgemeinen in die faschistischen Massenorganisationen überführt werden. Es ist großes Gewicht darauf zu legen, daß alle unsere Mitglieder in den faschistischen Organi- sationen, insbesondere in der »Arbeitsfront« und im Betrieb, organisiert sind. Die Betriebszellen der Partei müssen zum organisierenden Zentrum des anti- faschistischen Kampfes in den Betrieben werden. Ferner ist eine grundlegende Umstellung der Methoden unserer Massen- arbeit in allen Organisationen, die Ausnutzung aller legalen und halblega- len Möglichkeiten und die Verknüpfung der legalen mit der illegalen Arbeit notwendig, wobei die größte Aufmerksamkeit auf die Sicherung der Partei- mitglieder vor den faschistischen Spitzeln und Verfolgungen gelegt werden muß. Durch die Übernahme von legalen Funktionen in den faschistischen Massenorganisationen werden unsere Genossen am besten in der Lage sein, eine legale Massenarbeit zu leisten und sich gleichzeitig vor den Verfolgern zu schützen. Die illegalen Bedingungen unserer Massenarbeit erfordern die größte Elastizität in den Formen des Parteiaufbaus und auch in der Form der Leitung. Es ist die stärkste Dezentralisation erforderlich. Manchmal wird es sogar nötig sein, vollständig von der bisherigen Organisationsstruktur abzu- gehen und verschiedene selbständige Organisationen aufzubauen. Dabei ist die Frage der Verbindungen aller Organisationseinheiten mit den übergeord- neten Parteiinstanzen und umgekehrt von größter Bedeutung, wofür ebenfalls neue Formen und Methoden gefunden werden müssen, um die schnellste Über- mittlung von Direktiven und Berichten zu sichern und die Aktionsfähigkeit der Partei zu gewährleisten ... Der Kampf gegen die Abweichungen von unserer revolutionären Linie, vor allem gegen das in der Partei noch eingewurzelte Sektierertum, gegen das Unverständnis für die Notwendigkeit der neuen taktischen Orientierung in unserer Massenarbeit, gegen den Rechtsopportunismus muß mit aller Gründ- lichkeit und Beharrlichkeit geführt werden. Dabei soll die Methode der kameradschaftlichen Überzeugung und nicht die Methode der Ausstoßung von Kräften, die zur Zerreißung und Gefährdung unserer inneren Geschlos- senheit führt, angewandt werden. Jedem Genossen, der einen Fehler machte und ihn anerkennt, soll die Gelegenheit gegeben werden, seinen Fehler durch die Arbeit für die Partei zu korrigieren. Schonungslos müssen aber jene be- kämpft werden, die hartnäckig an ihren Fehlern festhalten und die Partei zu desorganisieren versuchen. Ebenso muß mit aller Rücksichtslosigkeit parteifeindlichen, konterrevolutionären Einflüssen, vor allem denen des Trotz- kismus, entgegengetreten werden . .. Die Aufgaben sind der Partei gestellt. Die Beschlüsse des VII. Weltkon- PROGRAMMATISCHE DOKUMENTE DER KPD 331 gresses der Kommunistischen Internationale und der 4. Parteikonferenz^ stellen der Partei als zentrale Aufgabe die Schaffung der Einheitsfront in der Arbeiterklasse und der antifaschistischen Volksfront aller Werktätigen. Durch die Organisierung und Führung des Kampfes in den Betrieben, in den Mas- senorganisationen, in den Wohnvierteln, im Dorfe, durch die Schaffung der Aktionseinheit aller Werktätigen wird der Sturz der Hitlerdiktatur in Deutschland herbeigeführt werden. Dokumente zur Geschichte der Kommunistischen Partei Deutschlands aus den Jahren 1935 bis 1939 Hrsg, von der SED, Berlin o. J. (1946) S. 22-35. 99- RESOLUTION DER »BERNER« KONFERENZ DER KPD (1939)87 88 Die drohende Kriegs- und Wirtschafts Katastrophe Die Entwicklung seit der Eroberung Österreichs und der Annexion des Su- detengebietes bestätigt die Feststellung der Resolution des ZK vom Mai 1938, daß die Losungen des Hitlerregimes: »Großdeutschland« und »Selbstbestim- mungsrecht des deutschen Volkes« nur ein Vorwand zur Durchführung der Eroberungspläne gegen andere Völker und zur imperialistischen »Neuvertei- lung« der Welt durch den Faschismus sind. Den Sieg von München aus- nützend, den er nur infolge der Hilfsstellung der englischen und französi- schen Reaktion erringen konnte, versucht das Hitlerregime, im Bunde mit Mussolini, mit allen Mitteln das heldenmütige spanische Volk niederzuringen. Spanien soll in eine Kolonie des deutschen und italienischen Faschismus ver- wandelt werden, um dem französischen Volk die Pistole auf die Brust zu setzen und durch Kriegsdrohungen von ihm die Preisgabe französischer 87. Die »Brüsseler« Konferenz wurde zunächst 4. Parteikonferenz genannt (die vorhergehenden Parteikonferenzen hatten 1925, 1928 und 1932 stattgefunden). Spä- ter bezeichnete man sie jedoch als XIII. Parteitag (vgl. Anhang: Die Parteitage der KPD - SED). 88. Nähere Einzelheiten über die als Berner Konferenz bezeichnete Tagung sind im Anhang (Seite 640) zu finden. Die Resolution der Konferenz ist nur auszugsweise wiedergegeben. 332 DIE KPD IN DER ILLEGALITÄT UND EMIGRATION Gebiete zu erpressen. In seiner Rede vom 30. Januar 1939 hat Hitler zum ersten Male seine verbrecherische Intervention in Spanien öffentlich einge- standen und seine Bereitschaft erklärt, das deutsche Volk für die Eroberungs- politik Mussolinis in den Krieg gegen Frankreich zu treiben. Gleichzeitig setzt das Hitlerregime in brutalster Weise die Politik der Versklavung der kleinen Völker fort, droht, jeden Widerstand dieser Völker mit militärischen Maßnahmen zu brechen, verlangt Kolonien, um sie als militärische Stütz- punkte für den Krieg auszubauen, und bereitet seine Anschläge gegen die Sowjetunion vor.' Im Westen wie im Osten schafft daher das Hitlerregime eine Lage, wo über Nacht das deutsche Volk in die Katastrophe gestürzt werden kann, — eines Krieges gegen die gewaltige Front aller von Hitler und der Kriegsachse bedrohten und angegriffenen Völker . .. Der Kampf um die Rettung der deutschen Nation Diese Politik des Hitlerfaschismus dient nicht den nationalen Interessen Deutschlands, sondern den Interessen der großen Rüstungskapitalisten und der Nazibürokratie. Sie ist in Wirklichkeit ein Verrat an den Interessen des deutschen Volkes und bedroht die Existenz der deutschen Nation. Denn der Versuch der Nazidiktatur und der Kriegsachse, den Völkern ein faschistisches Versailles aufzuzwingen, muß ebenso unweigerlich Schiffbruch erleiden, wie das seinerzeit über Deutschland verhängte Versailles und kann nur in einem furchtbaren und hoffnungslosen Krieg enden. Daher erklärt die Berner Konferenz der KPD, daß der Kampf gegen den Krieg, für den Sturz des Kriegstreibers Hitlers die höchste nationale Aufgabe aller Deutschen ist... Die Berner Konferenz der KPD erklärt, daß die Politik des Hitlerregimes gegen die Sowjetunion der niederträchtigste Verrat an den nationalen Inter- essen Deutschlands ist. Die Sowjetunion war nach der Niederlage Deutsch- lands im Weltkrieg, trotz der barbarischen Handlungen der Armeen Kaiser Wilhelms in der Ukraine, der einzige Freund Deutschlands, der unversöhnliche Gegner des Diktats von Versailles, das von Lenin und Stalin als unvereinbar mit der Größe des deutschen Volkes bezeichnet wurde. Die Sowjetunion hat seit ihrer Existenz bewiesen, daß von ihrer Seite Deutschland niemals eine Gefahr droht. Die Sowjetunion hat in den Zeiten der Isolierung Deutsch- lands durch den Versailler Vertrag der deutschen Wirtschaft Milliarden-Auf- träge gegeben und die Beschäftigung von hunderttausenden von Arbeitern ermöglicht. In der Sowjetunion genießen die Werktätigen mit Bewunderung die unsterblichen Werke der großen deutschen Geisteshelden. Gegen dieses Land mit seinen 180 Millionen Menschen, mit seiner gewaltigen sozialistischen Industrie und Landwirtschaft, mit seinen unerschöpflichen Rohstoff- und PROGRAMMATISCHE DOKUMENTE DER KPD 333 Lebensmittelquellen, mit seinen gewaltigen Goldschätzen, mit der stärksten Armee der Welt, verbunden mit jahrelanger erprobter Freundschaft mit dem deutschen Volke, geliebt von der deutschen Arbeiterklasse, ein unversöhn- licher Feind der Unterdrückung anderer Völker — gegen ein solches Land eine Politik der Feindschaft zu betreiben und das deutsche Volk in den Krieg jagen zu wollen, ist nationale Katastrophenpolitik. Das deutsche Volk muß auch durchschauen, daß die reaktionären Groß- kapitalisten in England und Frankreich versuchen, Hitler als Gendarm und das deutsche Volk als Kanonenfutter gegen die Sowjetunion zu benutzen, mit der Absicht, nicht nur die Sowjetunion, sondern auch Deutschland zu schwä- chen. Das deutsche Volk darf sich niemals dazu hergeben, gegen die sozialistische Sowjetunion zu kämpfen. Im Kriegsfälle muß und wird es alle Mittel an- wenden, um durch seine selbständige Aktion, im Bündnis mit der Roten Armee, den Faschismus zu stürzen, den Frieden und die Freiheit Deutschlands zu erkämpfen. Es ist besonders die heilige Pflicht der Kommunisten und Sozialisten, die Wahrheit über die große sozialistische Macht zu verbreiten und die Lügen- hetze der Faschisten, ihrer trotzkistischen Agenten und aller ihrer Feinde zunichte zu machen. Die Kommunistische Partei Deutschlands erklärt: Wenn es trotz aller Anstrengungen der Hitlergegner nicht möglich ist, den von Hitler gegen an- dere Völker provozierten Krieg zu verhindern, liegt es im nationalen Inter- esse des deutschen Volkes, ihn schnellstens und mit allen Mitteln durch den Sturz des Hitlerregimes zu beenden. Denn nur dadurch kann sich das deutsche Volk vor den grauenhaften Folgen eines solchen Krieges für Blut und Gut, für die ganze Existenz der Nation retten. Das befreite deutsche Volk wird dann auch die Kraft haben, gestützt auf eine wirkliche Volksarmee, im Bunde mit der Sowjetunion, der internatio- nalen Arbeiterklasse, der französischen Volksfront, mit allen friedens- und freiheitsliebenden Völkern und Kräften, alle etwaigen imperialistischen An- schläge gegen ein freies Deutschland abzuschlagen ... Die Volksfront - Der Weg zum Sturz Hitlers Die Berner Konferenz der KPD stellt mit tiefer Besorgnis fest, daß die Zu- sammenfassung der antifaschistischen Kräfte in der Volksfrontbewegung in keiner Weise den Notwendigkeiten und Möglichkeiten entspricht. Das Hitlerregime kann noch immer über die Uneinigkeit seiner Gegner, zu denen sich aus allen Schichten des Volkes immer neue gesellen, triumphieren. Noch immer kann es Gegensätze aus der Vergangenheit und weltanschau- 334 DIE KPD IN DER ILLEGALITÄT UND EMIGRATION liehen Differenzen zwischen seinen Gegnern ausnutzen, um nach dem Grund- satz: »Teile und herrsche« seine Macht aufrechtzuerhalten. Noch immer ver- hindern enge Partei- und Gruppeninteressen Spekulationen auf »Revolution von oben«, auf Militärdiktatur, auf Koalitionspolitik, die schon unter Wei- mar bankrott gemacht hat, sowie der planmäßig gezüchtete »Kommunisten- schreck« die Einigung aller Hitlergegner. Das ZK der KPD wiederholt ausdrücklich vor allen Sozialdemokraten, vor allen verantwortungsbewußten Deutschen, daß die Politik der Kommu- nistischen Partei Deutschlands fest und gradlinig darauf gerichtet ist, in eng- ster Gemeinschaft mit allen friedens- und freiheitsliebenden Deutschen Hitler zu stürzen und an die Stelle der Hitlerdiktatur eine vom ganzen Volk frei gewählte Volksregierung in eine neue demokratische Republik zu setzen. Die Berner Konferenz der KPD erklärt, daß die Rettung Deutschlands vor der Katastrophenpolitik des Hitlerregimes die Unterordnung der Sonder- interessen aller Hitlergegner unter das Gesamtinteresse der deutschen Nation erheischt.. . Diese in allen Schichten des Volkes anwachsende Opposition und die zuneh- menden Widerstandsbewegungen gegen das Hitlerregime zu einer breiten ein- heitlichen Volksbewegung zusammenzufassen und weiter zu entwickeln — das ist die entscheidende Aufgabe aller Anhänger der deutschen Volksfront. Die Berner Konferenz der KPD stellt daher vor alle Antifaschisten, ins- besondere vor die Kommunisten, die sich für die Schaffung der Volksfront besonders verantwortlich fühlen müssen, folgende Hauptaufgaben: Entwicklung der intensiven, in allen Schichten des Volkes zu führenden Propaganda für den Frieden, für die freiheitlichen und materiellen Forde- rungen, für die Einigung des deutschen Volkes in der Volksfront, für den Kampf um eine neue demokratische Republik. Gegenseitige Unterstützung, Rat und Hilfe in den Widerstandsbewegungen der einzelnen Schichten und Entwicklung ihres gemeinsamen Kampfes. Die Arbeiter müssen systematisch die engste Verbindung mit den Bauern, Mittelständlern und Intellektuellen entwickeln ... Die Antifaschisten dürfen der erbärmlichen Judenhetze des Regimes nicht die geringsten Konzessionen machen, sondern müssen überall der Judenhetze aufklärend entgegentreten, die pogromistischen Anhänger im Volke isolieren und die jüdischen Mitbürger moralisch und materiell nach Kräften unter- stützen. Der Kampf gegen den Antisemitismus ist untrennbar verbunden mit dem Kampf gegen den Krieg und zur Befreiung des ganzen Volkes vom Joch der Hitlerdiktatur. Angesichts der Gefahr der wachsenden Katholikenverfolgung ist es eine dringende Pflicht, den katholischen Leidensgefährten die Hand zum gemein- samen Kampf zu geben und ihnen gegen Anschläge des Hitlerregimes auf ihren Glauben und ihre kirchlichen Einrichtungen mit allen Mitteln beizu- PROGRAMMATISCHE DOKUMENTE DER KPD 335 stehen. Die Kommunisten und die nichtkatholischen Antifaschisten müssen sich von allen sektiererischen Hemmungen gegenüber den Katholiken befreien und die engste Kampfgemeinschaft mit den früheren Anhängern des Zen- trums und der christlichen Gewerkschaften herstellen. Kein Kommunist und kein Antifaschist darf sich darin durch die Haltung einiger Bischöfe und katholischer Politiker beirren lassen, die die verhängnisvolle Politik des sogenannten Zweifrontenkrieges »gegen Faschismus und Bolschewismus«, trotz all der gemachten schlechten Erfahrungen fortsetzen, eine Politik, die, wie das Beispiel Innitzers zeigt, zu katastrophalen Erfolgen für die Katho- liken führt... Die neue demokratische Republik Auf Grund der ganzen letzten Entwicklung wächst nicht nur die Opposition gegen einzelne Maßnahmen des Hitlerregimes, sondern die Stimmung »Hit- ler muß weg — so kann es nicht weitergehen — es gibt keine Ruhe, solange die am Ruder sind«, verbreitet sich im Volk. In allen Schichten wächst die Sehn- sucht nach einem Regime und einer Regierung, unter der man nicht immer in ständiger Furcht vor dem Ausbruch des Krieges, vor der Gestapo, vor neuen, das Leben umstürzenden Maßnahmen bangen muß und in der man mit Zu- versicht der Zukunft entgegensehen kann. Aber es besteht noch wenig Klarheit darüber, was nach Hitler kommen soll. Die Verschiedenheit der Auffassungen und Meinungen ist zweifellos ein großes Hemmnis für die Zusammenfassung aller oppositionellen Kräfte in der Volksfrontbewegung. Die Schaffung einer einmütigen Meinung darüber, was nach Hitler kommen soll und der Verständigung über ein gemeinsames Programm für das neue Regime ist daher eine dringende Aufgabe aller Hit- lergegner. Diese Verständigung ist nicht nur eine Aufgabe für die Zukunft, sondern würde helfen, die Einigung aller Hitlergegner zum gemeinsamen heutigen Kampf gegen die Nazidiktatur herbeizuführen. Sie würde helfen, breite Schichten, die infolge der Zersplitterung keinen Ausweg sehen, zu ermutigen und der Bewegung der Millionen Hitlergegner Richtung und Ziel zu geben ... Angesichts der Sonderbestrebungen und Hemmungen, die der Einigung der Hitlergegner noch im Wege stehen, stellt die KPD vor allen Hitlergegnern und dem gesamten deutschen Volk ein Programm über den Charakter der neuen demokratischen Republik zur Diskussion, auf das sich alle Gruppen der Hitlergegner zum gemeinsamen Kampf einigen können. Die Grundforderun- gen dieses Programms sind folgende: Aufhebung aller volksfeindlichen Gesetze. Persönliche und politische Freiheit für alle Bürger, ohne Unterschied der Herkunft, des Standes, der Rasse und der Religion; volle Glaubens- und Gewissensfreiheit, Freiheit der $$6 DIE KPD IN DER ILLEGALITÄT UND EMIGRATION Organisationen, der Presse und der Versammlung; Freiheit der Lehrtätigkeit, der wissenschaftlichen Forschung und künstlerischen Gestaltung, Wiederher- stellung des freien, gleichen und direkten Wahlrechts; Selbstbestimmungs- recht für das österreichische Volk und die Bevölkerung in allen von Hitler annektierten Gebieten. Enteignung der faschistischen Trustkapitalisten, Durchführung einer Wirtschaftspolitik, die der Hebung des Volkswohlstandes und dem Frieden dient, anstelle der heutigen wirtschaftszerstörenden Rüstungs- und Autarkie- politik der nationalsozialistischen Diktatur. Schutz des bäuerlichen und mit- telständischen Eigentums, demokratische Bodenreform zugunsten der Bauern und Landarbeiter. Sicherung einer Außenpolitik, die die Einheit und Unabhängigkeit Deutschlands und die Lebensrechte des deutschen Volkes in jeder Hinsicht ge- währleistet und für die Erhaltung des Friedens im Geiste der Völkerverstän- digung wirkt. Die neue demokratische Republik wird die Schwächen der Weimarer Republik gegenüber der Reaktion nicht wiederholen, eine gründliche Demo- kratisierung des Staatsapparates durchführen und solche Maßnahmen zur Verteidigung der neu errungenen Freiheit treffen, die eine Wiederkehr der faschistischen Tyrannei ein für allemal unmöglich machen. Die Einheitsfront und die Schaffung der Einheitspartei der deutschen Arbeiterklasse Die deutsche Arbeiterklasse war noch nicht geeinigt und daher auch nicht vor- bereitet, um sich in den Septembertagen an die Spitze der elementaren Mas- senopposition gegen den Krieg zu stellen. Die Kommunisten und die aktiv- sten Kader der Sozialdemokraten haben daraus mit Recht die Lehre gezogen, daß die Ursache dafür vor allem in der Schwäche der sozialdemokratisch- kommunistischen Einheitsfront lag. Im Lichte dieser Erfahrungen und ange- sichts der Entwicklung der neuen Kriegsgefahr erweist sich die volle Richtig- keit der Feststellung des ZK der KPD in der Mai-Resolution, daß die Arbei- terklasse ihre historische Mission, die führende Kraft gegen das Hitlerregime zu sein, nur dann wird erfüllen können, wenn sie selbst einheitlich und geschlossen auf tritt: »Somit ist die Herstellung der Einheit der deutschen Arbeiterklasse zur Lebensnotwendigkeit für das deutsche Volk und für die deutsche Zukunft geworden.« (Mai-Resolution 1938 des ZK der KPD.)... Die Berner Konferenz weist nachdrücklich auf die Mai-Resolution des ZK der KPD hin: »Wir Kommunisten sind überzeugt, daß im Prozeß gegen das Hitlerregime auch die einheitliche revolutionäre Partei der deutschen Arbei- terklasse geschaffen werden muß.« PROGRAMMATISCHE DOKUMENTE DER KPD 337 Die Berner Konferenz der KPD ist der Auffassung, daß eine gemeinsame Aktionsplattform zum Sturz Hitlers und zur Schaffung einer neuen demo- kratischen Republik die Grundlage dieser Vereinigung sein kann. Das ZK der KPD stellt die Frage der Schaffung der Einheitspartei zur Diskussion vor der gesamten deutschen Arbeiterklasse und fordert insbesondere die Kommuni- sten und Sozialdemokraten auf, sich dazu zu äußern, sich zu verständigen und, wo die Verständigung zwischen einer sozialdemokratischen Organisa- tion und einer kommunistischen Organisation (Betrieb, Ort usw.) zur ein- heitlichen Auffassung erfolgt ist, auch einheitliche Organisationen der zu- künftigen Einheitspartei der deutschen Arbeiterklasse zu schaffen. Die Berner Konferenz der KPD wendet sich mit ihren Vorschlägen zur Schaffung der Einheitsfront und Einheitspartei auch an den Parteivorstand und die übrigen Führer der sozialdemokratischen Emigration. Die Lage er- laubt nicht, daß die Führer in der sozialdemokratischen Emigration im Ge- gensatz zu dem wachsenden Einheitswillen der Arbeiter im Lande die wieder- holten Einheitsfrontangebote der KPD ablehnen oder weiter mit Schweigen übergehen. Zweifellos tragen die Führer der sozialdemokratischen Emigra- tion mit ihrer Politik des Abwartens und des Kampfes gegen die Einheits- front eine große Schuld an der Schwäche der Einheits- und Volksfrontbewe- gung ... Die Berner Konferenz der KPD appelliert an jeden einzelnen Kommuni- sten, immer daran zu denken, daß er die Partei repräsentiert, daß es von seinem Verständnis für die Politik der Partei, von seiner Treue zur Partei, von seiner Zähigkeit und Initiative abhängt, in welchem Maße und Tempo die Politik der Partei zum Gemeingut der Massen wird. Jeder Kommunist muß es als seine Pflicht betrachten, die noch nicht aktiven Genossen in die Arbeit einzureihen, Verbindungen mit anderen Antifaschisten herzustellen und helfen, Parteigruppen und Parteileitungen in den Betrieben und Massen- organisationen aufzubauen. Damit die Partei ihre großen Aufgaben erfüllen kann, muß unter strengster Einhaltung der Konspiration ein Netz von Par- teiverbindungen, Parteileitungen und Stützpunkten im ganzen Lande ge- schaffen werden. Denn zur Durchführung ihrer Politik braucht die Partei eine starke Organisation. Jedes Mitglied der Partei muß die größte Wachsamkeit gegen das Eindrin- gen der Gestapo, der Trotzkisten und aller andern Parteifeinde in die Partei- organisation entfalten. Die Berner Konferenz ruft die gesamte Partei auf, alles zu tun, um die trotzkistischen Agenten des Faschismus vor dem werk- tätigen Volk zu entlarven und dort, wo sie sich in die Reihen der Antifaschi- sten eingeschlichen haben, zu vertreiben und unschädlich zu machen. Die Verbesserung der Schulungsarbeit im Geiste von Marx-Engels-Lenin- Stalin, vor allem durch die Entwicklung und Anleitung zum Selbststudium, wird von immer größerer Bedeutung für die Kader und für jeden Kommuni- 338 DIE KPD IN DER ILLEGALITÄT UND EMIGRATION sten. Nur mit Hilfe des Kompasses der revolutionären Theorie ist die Partei, jede Parteiorganisation, jeder Kommunist imstande, sich in den komplizier- ten Situationen zurechtzufinden, die ganze Lage und alle Tendenzen der Ent- wicklung rechtzeitig zu übersehen, den Ereignissen nicht hilflos gegenüber- zustehen, sich durch keine Mißerfolge und Rückschläge kleinkriegen zu lassen und jede Möglichkeit für den Kampf auszunutzen. Ohne revolutionäre Theorie kann es auch keine revolutionäre Bewegung geben. Stolz auf ihre heldenmütigen Kämpfer, vertrauend auf die Kraft der deut- schen Arbeiterklasse und den Freiheitswillen des deutschen Volkes erwartet die Parteikonferenz von allen Kommunisten, daß sie mit Kühnheit, Zähigkeit und unbeirrbarem Siegesbewußtsein alle ihre Kräfte zur Lösung der gestell- ten Aufgaben einsetzen und im Befreiungskämpfe des deutschen Volkes im- mer in den ersten Reihen kämpfen werden. Die KPD sieht mit Stolz auf die vergangenen zwanzig Jahre Kampf im Interesse der deutschen Arbeiter und des deutschen Volkes zurück. Sie senkt ihre Fahnen im Gedenken an Karl Liebknecht und Rosa Luxemburg, im Ge- denken an die zahllosen Kämpfer, die ihr Leben für die große Sache der Be- freiung der Menschheit opferten! Die Berner Konferenz der KPD sendet heiße Grüße dem Führer der Par- tei, unserem geliebten Genossen Ernst Thälmann, in dessen Geiste der Stand- haftigkeit, der Treue, der nie versiegenden Zuversicht der Kommunisten ihre Arbeit durchführen. Heiße Grüße auch den vielen anderen teuren Genossen in den Zuchthäu- sern und Konzentrationslagern. Wir geloben, daß wir nicht rasten noch ruhen werden, bis wir sie und alle Opfer des Hitlerregimes befreit haben. Heiße Grüße den deutschen Freiheitskämpfern, die in den Internationalen Brigaden dem spanischen Volke im Kampf um seine Freiheit zur Seite standen und damit zugleich die Freiheit und die Ehre des deutschen Volkes verteidigten. Heiße Grüße all den zahllosen heldenmütigen antifaschistischen Kämpfern und Kämpferinnen, in den Betrieben und Gruben, unter den Intellektuellen, unter dem Mittelstand und den Bauern, unter der Jugend und in der Armee! Dokumente zur Geschichte der Kommunistischen Partei Deutschlands aus den Jahren 1935 bis 1939 Hrsg, von der SED, Berlin o. J. (1946) S. 36-46. B. DIE KPD IN DER TAGESPOLITIK 100. AUFRUF DER KPD VOM 30. JANUAR 1933 ZUM GENERALSTREIK Hitler Reichskanzler! Papen Vizekanzler! Hugenberg Wirtschaftsdiktator! — Die Frick und Göring an der Spitze der Polizei — Stahlhelm-Seldte Arbeits- minister — dies neue Kabinett der offenen faschistischen Diktatur ist die bru- talste unverhüllteste Kriegserklärung an die deutsche Arbeiterklasse, an das werktätige Volk! Die Betrugsmanöver des »sozialen« Generals sind zu Ende. Die Zuspitzung der Krise, der machtvolle, revolutionäre Aufschwung der Massen zwingt die Bourgeoisie, das nackte Gesicht ihrer Diktatur mit äußer- ster Brutalität zu enthüllen. An die Stelle der »sozialen« Phrasen treten Ba- jonette der Reichswehr und die Revolver der mordenden SA- und SS-Kolon- nen. Schamloser Raub der Löhne, schrankenloser Terror der braunen Mord- pest, Zertrampelung der letzten spärlichen Überreste der Rechte der Arbeiter- klasse! Hemmungsloser Kurs auf den imperialistischen Krieg — das alles steht unmittelbar bevor! Die Partei der deutschen Arbeiter, die Partei der Streiks gegen Lohnraub, der Verteidigung der Interessen aller Werktätigen, des Kampfes für die Frei- heit der Arbeiterklasse und für den Sozialismus — die KPD will man ver- bieten. Die Kampforganisation der proletarischen Jugend, der KJVD, die Massen- kampforganisation, die den Kampf gegen Lohnraub und Unternehmerwill- kür führt, die RGO, sollen verboten werden. Diese faschistischen Anschläge sollen den Kurs auf die volle Zerschlagung aller Arbeiterorganisationen Deutschlands einleiten. Das blutige barbarische Terrorregime des Faschismus wird über Deutsch- land aufgerichtet. Massen, laßt nicht zu, daß die Todfeinde des deutschen Volkes, die Todfeinde der Arbeiter und armen Bauern, der Werktätigen in Stadt und Land ihr Verbrechen durchführen! Setzt euch zur Wehr gegen die Anschläge und den Terror der faschistischen Konterrevolution! Verteidigt euch gegen die schrankenlose soziale Reaktion der faschistischen Diktatur! Heraus auf die Straße! Legt die Betriebe still! Antwortet sofort auf den Anschlag der faschistischen Bluthunde mit dem Streik, mit dem Massenstreik, mit dem Generalstreik! 340 DIE KPD IN DER ILLEGALITÄT UND EMIGRATION Arbeiter, Arbeiterinnen, Jungarbeiter! Nehmt in allen Betrieben, in allen Gewerkschaften, in allen Arbeiterorganisationen, auf allen Stempelstellen so- fort Stellung für den Generalstreik gegen die faschistische Diktatur. Beschließt die Arbeitsniederlegung. Beschließt Massendemonstrationen, wählt Einheitskomitees und Streikleitungen, organisiert den Kampf. Die Kommunistische Partei Deutschlands wendet sich vor der gesamten proletarischen Öffentlichkeit mit diesem Aufruf zugleich an den ADGB, an den AFA-Bund, an die SPD und die christlichen Gewerkschaften mit der Aufforderung, gemeinsam mit den Kommunisten den Generalstreik gegen die faschistische Diktatur der Hitler, Hugenberg, Papen, gegen die Zerschlagung der Arbeiterorganisationen, für die Freiheit der Arbeiterklasse durchzuführen! Die KPD appelliert an die Millionen der sozialdemokratischen, freigewerk- schaftlichen, christlichen und Reichsbannerarbeiter in Stadt und Land wie an die unorganisierten Arbeitermassen! Führt gemeinsam mit euren kommuni- stischen Klassengenossen in allen Betrieben und Arbeitervierteln die Massen- demonstration, den Streik, den Massenstreik, den Generalstreik durch! Helft den Kommunisten, die übrigen Massen, die armen Bauern auf dem Lande, die Mittelschichten, die Intellektuellen in den Städten zur Unterstützung des Kampfes für die Freiheit der Arbeiterklasse zu mobilisieren! Schart euch um die bedrohte Kommunistische Partei, um den KJVD, um die RGO, erkennt, daß der Schlag gegen das revolutionäre Proletariat ein Schlag gegen die ganze deutsche Arbeiterklasse ist. Es lebe die proletarische Einheitsfront gegen die faschistische Hitler-Diktatur! Fort mit den Hitler, Papen, Hugenberg! Es lebe der Generalstreik! Es lebe der Kampf für die Freiheit der Arbeiterklasse! Es lebe der Kampf für eine Arbeiter- und Bauernrepublik! Berlin, 30. Januar 1933 Kommunistische Partei Deutschland Rundschau über Politik, Wirtschaft und Arbeiterbewegung Basel, Nr. 2, Februar 1933. IOI. ERKLÄRUNG DES ZK DER KPD ZUM REICHSTAGSBRAND Das Zentralkomitee der KPD sandte am 1. März an die Presse eine Erklä- rung, in der aufs schärfste zurückgewiesen wird, daß es mit der Brandstiftung im Reichstag irgend etwas zu tun hätte. In der Erklärung heißt es: DIE KPD IN DER TAGESPOLITIK 341 »Die Arbeiterklasse und die werktätige Bevölkerung wissen, auf welchen Wegen die Kommunistische Partei den Kampf führt. Die Erklärungen ver- schiedener Parteien in den letzten Wochen haben gezeigt, wer ein Interesse daran hat, daß der Reichstag nicht wieder zusammentritt. Unter den heutigen faschistischen Bedingungen der Hitlerregierung kämpft gerade die KP als einzige Partei um die Verteidigung der letzten Reste »demokratischer Frei- heit«. Die sechs Millionen kommunistischer Wähler wissen, daß die KPD unter Führung ihres ZK und unter Führung des Genossen Thälmann sich stets gegen den individuellen Terror und erst recht gegen einen solchen der Brand- stiftung gewendet hat. Die Pressemeldungen, daß im Reichstag eine kommu- nistische Konferenz stattgefunden habe, sowie die Behauptung, daß der Ver- haftete Lubbe Mitglied der KP Hollands wäre, entsprechen nicht den Tat- sachen.« Im übrigen wird in der Erklärung als merkwürdig bezeichnet, daß ein Mann, der angeblich seine Kleidungsstücke zur Brandstiftung benützte, das Mitgliedsbuch irgendwo bei sich gehabt haben soll. Die Erklärung weist auf Ähnlichkeit dieser Brandstiftung mit der Brandstiftung in Großbeeren sowie bei der Besetzung von Gewerkschaftshäusern hin. Die bürgerlichen Pressemeldungen erinnern lebhaft an den »Sinowjew- brief«8?, der seinerzeit vor den Wahlen 1926 in England fabriziert wurde, sowie an die Meldungen über das Jüterboger Eisenbahnattentat und Ähn- liches. Die KPD appelliert an die gesamte Arbeiterklasse, diese Vorgänge durch Kampfmaßnahmen in den Betrieben, Stempelstellen zu beantworten. Die KPD hat weiter an den ADGB, das Reichsbanner und alle Arbeiterorganisa- tionen appelliert, alle Kräfte gegen den Faschismus einzusetzen. Rundschau über Politik, Wirtschaft und Arbeiterbewegung Basel, Nr. 3, 1. März 1933 Im Oktober 1924 (nicht 1926, wie es irrtümlich in der Erklärung der KPD heißt) wurde ein sogenannter Sinowjew-Brief in London veröffentlicht. Es soll sich um ein Schreiben Sinowjews vom 15. September 1924 an das ZK der britischen Kommunisten gehandelt haben. Der Brief führte zu heftigen Kontroversen zwischen der sowjetischen und britischen Regierung. Da der Brief während des Wahlkampfes in Großbritannien auftauchte und wahrscheinlich dazu beitrug, daß die Regierung Macdonald (Labourparty) die Wahlen verlor, tauchten sofort Zweifel an seiner Echt- heit auf. Auch einige formale Fehler des Briefes nährten die Vermutung, daß es sich um eine Fälschung handle. 342 DIE KPD IN DER ILLEGALITÄT UND EMIGRATION 102. ENTSCHLIESSUNG DES ZK DER KPD »ZUR LAGE UND DEN NÄCHSTEN AUFGABEN« (MAI 1933) Das Zentralkomitee weist mit Genugtuung auf die Feststellung des EKKI hin, daß die Politik der KPD unter Führung des Genossen Thälmann bis zum 30. Januar richtig war und daß das EKKI die Maßnahmen der Partei seit dem 30. Januar als Fortführung der richtigen Generallinie unserer Partei feststellt... Aber das Proletariat konnte die bis zu den wildesten Provokationen ge- steigerten Angriffe des Faschismus noch nicht durch revolutionäre Massen- aktionen abwehren und selbst zu entscheidenden Machtkämpfen übergehen, weil die Mehrheit des Proletariats, insbesondere in den Betrieben und Ge- werkschaften, noch unter dem Einfluß der sozialfaschistischen Führer stand, weil die KPD noch nicht stark und manövrierfähig genug war, um gegen den Widerstand der sozialfaschistischen Bürokratie große Massenaktionen aus- zulösen. Dem sozialdemagogischen Schleicher-Regime, dem die Gewerkschafts- bürokratie umfassende und erfolgreiche Hilfsdienste leistete, gelang es, eine weitere Steigerung der Streikbewegung über den Höhepunkt des Berliner Verkehrsarbeiterstreiks hinaus zu unterbinden und damit unmittelbar die Hitler-Regierung vorzubereiten. Bei dieser Lage war es für die Partei unmöglich, allein mit der revolutionä- ren Avantgarde des Proletariats, ohne die Massengefolgschaft der Mehrheit der entscheidenden Schichten des Proletariats einen von vornherein zur Nie- derlage verurteilten aussichtslosen Kampf gegen die faschistische Diktatur aufzunehmen. Das ZK handelte richtig, wenn es sich das Gesetz des Handelns durch die wilden Provokationen des Klassenfeindes nicht vorschreiben ließ, wenn es eine Politik der Abenteuer ablehnte. Die Voraussetzungen für den siegreichen Aufstand des Proletariats, die von Lenin in klassischer Form analysiert wurden, waren in Deutschland zwar im Keime vorhanden, aber noch nicht ausgereift. Unter diesen Umständen mußte für das ZK der Partei Lenins Auffassung über die Rolle der Avant- garde des Proletariats in der Zeit des Heranreifens der Voraussetzungen der revolutionären Krise maßgebend sein: »Mit der Vorhut allein kann man nicht siegen. Die Vorhut allein in den entscheidenden Kampf werfen, solange die ganze Klasse, solange die breiten Massen die Avantgarde nicht direkt unterstützen oder wenigstens eine wohl- wollende Neutralität ihr gegenüber üben, wäre nicht nur eine Dummheit, sondern auch ein Verbrechen.« DIE KPD IN DER TAGESPOLITIK 343 Der Sieg der konterrevolutionären Partei des Faschismus hat die Arbeiter- klasse und ihre Partei vorübergehend zum Rückzug gezwungen. Aber nur Kapitulanten und Opportunisten können davon reden, daß die Arbeiter- klasse im Kampf gegen den Faschismus geschlagen sei, daß sie eine »Schlacht verloren« und eine »Niederlage erlitten« habe. Nur Abenteurer und Put- schisten können verlangen, daß die Partei in dieser Situation den bewaffneten Aufstand hätte proklamieren müssen. Alle Widersprüche des kapitalistischen Systems, deren Verschärfung in Deutschland den Übergang zur offenen faschistischen Diktatur erzwang, ent- wickeln sich unter der faschistischen Diktatur verschärft weiter und gehen einer gewaltsamen Sprengung der bestehenden ökonomischen und politischen Verhältnisse entgegen, wenn die Kommunistische Partei ihre Aufgabe als Führer und Organisator des revolutionären Massenkampfes auf bolschewi- stische Weise erfüllt. Trotz der absolut richtigen politischen Linie des ZK der KPD vor und während des Staatsstreiches Hitlers, trotz der Auswirkung des Versailler Diktats und der entscheidenden Verantwortung, die die Sozialdemokratie durch ihre jahrzehntelange Politik der Spaltung und Schwächung der Arbei- terklasse trägt, die durch die Kapitulation am 20. Juli 1932 und am 30. Ja- nuar 1933 gekrönt wurde, muß unsere Partei selbstkritisch alle Ursachen untersuchen, die die schnellere Entwicklung der subjektiven Voraussetzungen für die revolutionäre Krise gehemmt haben. Die entscheidende Schwäche unserer Parteiarbeit, in der die ungenügend fortgeschrittene Bolschewisierung unserer Partei zum Ausdruck kommt, liegt darin, daß die richtigen Beschlüsse der Führung der Partei, die Betriebe zum wirklichen politischen Zentrum der Parteiarbeit, zur Basis der Einheitsfront- politik zu machen, nur ungenügend in die Praxis umgesetzt wurden. Unsere Initiative zur Entfaltung der Teilkämpfe, zur revolutionären Mas- senarbeit in den Betrieben, Gewerkschaften und auf den Stempelstellen reichte nicht aus, um das Tempo der Entwicklung der revolutionären Kräfte mit dem der faschistischen Kräfte Schritt halten zu lassen. In der Durchführung der Einheitsfrontpolitik hemmte verschiedentlich die Starrheit und noch nicht genügende Manövrierfähigkeit das sofortige Reagie- ren auf konkrete Maßnahmen des Gegners, der Unternehmer, der Faschisten, der Sozialdemokratie. Trotz der richtigen Generallinie, die das XII Plenum des EKKI bestätigte, gelang es der Parteiführung nicht, die Schere zwischen richtigen Beschlüssen und ihrer richtigen Durchführung zu schließen. Das Freiheitsprogramm unserer Partei wurde nicht als wirkliches soziales und nationales Kampfprogramm ausgewertet. Die Tatsache, daß nicht unsere Partei, sondern Deutschnationale und Faschisten ein Volksbegehren gegen den Youngplan demagogisch einleiteten, hemmte vorübergehend unseren 344 DIE KPD IN DER ILLEGALITÄT UND EMIGRATION Kampf gegen die nationale Demagogie des Faschismus. Unsere Agitation und Propaganda gegen Versailles, Dawes- und Youngplan, die Zerreißung Deutschlands, war nicht ausreichend, nicht umfassend und aufwühlend genug, um die Massen zur Verwirklichung unseres Freiheitsprogramms mitzureißen. Das ZK erinnert an die Feststellung des Genossen Thälmann auf dem Fe- bruarplenum über die hemmende Rolle, die der Opportunismus in der Praxis überall dort spielte, wo die Arbeiterfeindlichkeit der SPD- und Gewerk- schaftsführer unterschätzt wird, wo die Partei in Betriebs- und Gewerkschafts- arbeit, bei Lohnbewegungen, Betriebsrätewahlen, Oppositionsausschlüssen, Naziterror usw. zurückwich. Wenn auch der rechte Opportunismus die Hauptgefahr in der Durchset- zung der Generallinie der Partei bildet, so muß daneben mit Nachdruck hin- gewiesen werden auf den »links« maskierten Opportunismus, wie er in aller Klarheit nicht nur im Merkerschen Sektierertum (Theorie der »kleinen Zör- giebels«) zum Ausdruck kam, sondern vor allem 1931 von der Neumann- Gruppe in Widerspruch zu den Beschlüssen des ZK als offener Angriff auf den Parteiführer Thälmann unternommen wurde (Widerstand gegen den Preußen-Volksentscheid, Losungen der Neumann-Gruppe: Zertrümmert den ADGB, Beitragssperre, »keine Angst bei Gründung roter Verbände« usw.). Hinzu kommt noch die hemmende Rolle der Neumann-Gruppe, die in der ideologischen Massenoffensive gegen den Faschismus durch Theorien über die Unvermeidlichkeit der faschistischen Diktatur, Losungen wie »Schlagt die Faschisten ...«, durch Spekulationen auf Niederlagen der Partei in den Wahlkämpfen und durch aktiven Widerstand gegen die vom Genossen Thäl- mann geführte ideologische Offensive der Partei immer wieder Hemmungen bereitete, rückständige Stimmungen der Peripherie der Partei und des Klein- bürgertums zum Ausdruck brachte. Die organisatorische und politische Schwäche unserer Massenorganisationen, insbesondere der RGO und der roten Verbände, die ungenügende Verwirk- lichung der führenden Rolle der Partei in diesen Organisationen, die oft- malige Gleichsetzung der Arbeit dieser Organisationen mit der Arbeit der Partei, das alles führte zu einem Tempoverlust im antifaschistischen Kampf, der uns die Heranführung der Arbeitermassen über die politischen und wirt- schaftlichen Teilkämpfe zum politischen Massenstreik und Generalstreik nicht ermöglichte und die Organisierung und Auslösung von Widerstandsbewegun- gen und dem allgemeinen Massenwiderstand gegen die faschistische Diktatur gehemmt hat. Diese Schwächen und Fehler wurden von der Neumann-Gruppe planmäßig und gruppenmäßig gefördert. Die kleinbürgerliche Panikstimmung, die die offene faschistische Diktatur nicht nur als unvermeidlich, sondern sogar als »notwendiges Durchgangsstadium« zur proletarischen Diktatur ansah, die Unterschätzung der faschistischen Massenbewegung verbunden mit einer DIE KPD IN DER TAGESPOLITIK 345 feindlichen Einstellung zu den Massen der sozialdemokratischen Arbeiter be- deutete den Verzicht auf die ideologische Offensive gegen den Faschismus, hemmte die Klärung der Probleme des Kampfes gegen den Faschismus (z. B. der Ablehnung des individuellen Terrors) und erschwerte zugleich die Orga- nisierung des wehrhaften Massenkampfes zur Verteidigung der Arbeiterklasse und ihrer Organisationen. Die sektiererische Politik der Neumann-Gruppe im Kommunistischen Ju- gendverband, verbunden mit dem verbrecherischen Versuch, den Jugendver- band in Kampfstellung gegen die Partei, gegen den Komsomol und gegen die KJI zu bringen, erweist sich jetzt als eine direkte Unterstützung für das Vordringen des faschistischen Einflusses unter den Massen der Jugendlichen, auf die die Nazibewegung zielbewußt den Kurs genommen hat... Die völlige Ausschaltung der Sozialfaschisten aus dem Staatsapparat, die brutale Unterdrückung auch der sozialdemokratischen Organisationen und ihrer Presse ändert nichts an der Tatsache, daß sie nach wie vor die soziale Hauptstütze der Kapitalsdiktatur darstellen. Sowohl die Reichstagswahl als auch die Betriebsrätewahlen beweisen, daß die entscheidenden Schichten des Proletariats noch überwiegend unter dem Einfluß der SPD und der sozialfa- schistischen Gewerkschaftsbürokratie, nicht unter dem des Nationalsozialis- mus stehen. Die sozialfaschistischen Führer haben, treu ihrer bisherigen Rolle der Bin- dung von Arbeitermassen an das kapitalistische Wirtschafts- und Regierungs- system mit dazu beigetragen, die Eingliederung der proletarischen Kader in das Staatssystem zu ermöglichen, den Widerstand der proletarischen Massen zu lähmen, die proletarische Einheitsfront zu sabotieren (höhnische Zurück- weisung des Einheitsfrontangebotes der Komintern an die II. Internationale, der wiederholten Vorschläge des ZK der KPD an den Hauptvorstand der SPD und den Bundesausschuß des ADGB, Wels’ Austritt aus dem Büro der II. Internationale und Auslandsreise im Auftrage Goerings, Tarnows Austritt aus der Holzarbeiter-Internationale, feierliche Unabhängigkeitserklärungen von politischen Parteien, knechtische Bereitschaft eine faschistische Einheitsge- werkschaft zu schaffen, weitere Denunziationen oppositioneller Betriebs- und Gewerkschaftsfunktionäre an die faschistische Polizei usw.). Die brutalen offenen Sozialfaschisten, deren entschiedenste Vertreter Wels, Leipart, Tarnow, Graßmann, Höltermann und Gellert sind, sind offen in den faschistischen Hilfsdienst übergegangen, betreiben die Arbeitsgemeinschaft mit der faschistischen Bourgeoisie, begrüßen die faschistische Staatskontrolle der Arbeiterorganisationen als förderlich, fordern von sich aus die rasche Bildung von Einheitsgewerkschaften, beantragen den Anschluß der Arbeitersportbe- wegung an den faschistischen Wehrsportpolitischen Reichsausschuß für Leibes- übungen und liquidieren freiwillig die Eiserne Front-Organisation. Die »lin- ken« Sozialfaschisten, wie sie international durch den Austromarxismus und 346 DIE KPD IN DER ILLEGALITÄT UND EMIGRATION in Deutschland (Berlin, Sachsen, Ruhr, Schlesien) noch Positionen besitzen, halten — befruchtet von reumütig heimgekehrten SAP-Führern und Brand- ieristen — eine Scheinopposition gegen den Faschismus in Worten aufrecht, sabotieren nach wie vor jeden Schritt zur proletarischen Einheitsfront, be- kämpfen die Kommunisten, lähmen die Massen durch Theorien des Abwar- tens und Abwirtschaften-Lassens, finden tausend Entschuldigungen für den schändlichen Verrat der Parteiführer und ADGB-Führer. Der Einfluß dieser »linken« maskierten Führer ist desto gefährlicher, weil sie durch die Verfolgung des Faschismus sich eine »Märtyrer«-Popularität zu verschaffen suchen. Ist die Einheitsfront von unten mit den Antifaschisten, Sozialdemokraten und ADGB-Anhängern, Reichsbannerarbeitern und unte- ren Funktionären dieser Organisation die Grundlage für einen erfolgreichen antifaschistischen Massenkampf weit über den Rahmen der kommunistischen Anhänger und Wähler hinaus, so sind in bestimmten Situationen Spitzen- angebote zur gemeinsamen Aktionen unerläßlich, um die Sabotage jeder anti- faschistischen Aktion durch die sozialfaschistische Führung vor den Augen der breiten Arbeiterschaft klarzustellen, ihre eigene Initiative zu stärken und die kampfgewillten Arbeiter für die Bildung der Einheitsfront von unten zu- gänglicher zu machen. Das ZK begrüßt deshalb den Aufruf der Komintern anläßlich der Errichtung der offenen faschistischen Diktatur in Deutschland und stellt die Richtigkeit der Maßnahmen des ZK der KPD in der Linie dieses Aufrufes fest, daß es mit Hilfe des Kominternaufrufes und unseres Angebotes an den sozialdemokratischen Parteivorstand, die Massen für die Lebensforde- rungen der Arbeiterklasse in den Kampf gegen die faschistische Diktatur zu führen, gelungen ist, das demagogische Geschrei über den sogenannten »Nicht- angriffspakt« zu zerschlagen und die sozialdemokratischen Arbeiter in der Richtung des Vereinbarens von antifaschistischen Angriffspakten für die Ein- heitsfront zu beeinflussen. Vor der ganzen Partei steht die Aufgabe, in breite- stem Ausmaß die Konsequenzen aus dem Vorgehen der KI und dem Angebot des ZK zu ziehen und eine gewaltige Verstärkung der Einheitsfrontpolitik von unten herbeizuführen, sowie opportunistische Auslegung und trotzki- stisch-brandlerische Blockpolitikvorschläge zu bekämpfen und der Auffassung auf das Schärfste entgegenzutreten, als ob die Vorschläge und die Maßnahmen des ZK, die in einer bestimmten Situation unter Berücksichtigung einer be- stimmten Lage getroffen wurden, nunmehr in jeder Situation durchgeführt werden können. Spitzenangebote sind besondere Ausnahmefälle in, einer be- sonders komplizierten Lage. Das Bleibende, das Ständige, die Grundlinie unserer Massenarbeit zur Gewinnung der Mehrheit der Arbeiterklasse ist die Einheitsfrontpolitik von unten... Die Eingliederung der Gewerkschaften in den faschistischen Staat mit Hilfe der Spitzen des ADGB und durch den Gewaltstreich vom 2. Mai?0 verpflichtet die KPD und die RGO als die führende Kraft in der Verteidigung der Ge- DIE KPD IN DER TAGESPOLITIK 347 werkschaften gegen Terror und Faschisierung, für die Gewerkschaften als Klassenkampforganisationen die gewerkschaftlich organisierten Arbeitermas- sen zu mobilisieren... Auf der Partei, auf allen ihren Organisationen und Leitungen liegt die größte Verantwortung für die Entwicklung des Klassenkampfes nicht nur in Deutschland, sondern in der ganzen Welt. Der Faschismus in Deutschland ist eine ernste Bedrohung nicht nur der deutschen Arbeiterklasse, sondern auch des internationalen Proletariats und der Sowjetunion. Das deutsche Pro- letariat stützt sich in seinem ganzen Kampf auf die aktive internationale Solidarität der Arbeiter aller Länder und des ersten proletarischen Staates. Höher denn je muß unsere Partei das Banner des proletarischen Inter- nationalismus erheben, den siegreichen Vormarsch des sozialistischen Aufbaus in der Sowjetunion dem verfaulenden Kapitalismus in seiner faschistischen Barbarei gegenüberstellen und die Massen gegen die chauvinistische Völker- verhetzung, die ein Bestandteil der imperialistischen Kriegspolitik ist, mobi- lisieren. Die Krise der kapitalistischen Wirtschafts- und Gesellschaftsordnung ver- schärft sich sprunghaft. Die Entwicklung steuert im Innern zu ökonomischen Katastrophen, nach außen zu kriegerisdien Abenteuern. Die grundlegenden objektiven Faktoren, wie das XII. Plenum voraussagte, entwickeln sich auf Grund der Maßnahmen der Hitler-Regierung schneller zur revolutionären Krise hin. Alles kommt jetzt darauf an, daß der subjektive Faktor, d. h. die Aktions- kraft der Partei und damit der Arbeiterklasse, voll entfaltet wird, und der Tempoverlust gegenüber den objektiven Möglichkeiten des revolutionären Kampfes eingeholt wird. Deshalb ist eine Entfesselung des Widerstandes ge- gen den faschistischen Terror und die Unternehmeroffensive in allen seinen Formen von größter Bedeutung für das Heranführen an entscheidende Ak- tionen gegen die faschistische Diktatur. Die faschistische Diktatur der Bourgeoisie kann keines der aktuellen Pro- bleme lösen. Nur die proletarische Revolution kann den Massen soziale Befreiung bringen und die nationale Befreiung Deutschlands ist nur möglich nach Niederwerfung der deutschen Bourgeosisie und ihrer faschistischen Ge- waltherrschaft durch die bewaffnete deutsche Arbeiterklasse. Das aktuelle Ziel der Partei, in ihrer gesamten Massenarbeit, in ihrer Agitation wie in der Organisierung der kleinsten Widerstände (Streiks, Ak- tionen) ist gerichtet auf die systematische Vorbereitung und Durchführung Am 2. Mai 1933 wurden in Deutschland die Gewerkschaftshäuser von der SA besetzt, die freien Gewerkschaften zerschlagen und die Mitglieder in die Deutsche Arbeitsfront (DAF) überführt. Am 1. Mai hatte der ADGB noch zur Teilnahme an den (nationalsozialistischen) Maifeiern aufgerufen. 348 DIE KPD IN DER ILLEGALITÄT UND EMIGRATION der sozialen und nationalen Revolution, die nur möglich ist durch den Sturz der jetzigen kapitalistischen faschistischen Herrschaft auf dem Wege des be- waffneten Aufstandes. Der Faschismus kann den hungernden Massen Arbeit und Brot nicht geben, er bringt ihnen nur gesteigerte Not, brutalsten Terror, der sich bei der wei- teren Verschärfung der Klassenkämpfe noch zu wilderen Orgien steigern wird, und schließlich die Massenmetzelei eines neuen Krieges. Nur der revo- lutionäre Kampf des Proletariats nach den Grundsätzen des internationalen Marxismus-Leninismus kann den Ausweg aus der Krise des Kapitalismus eröffnen, die werktätigen Massen aus sozialer Not und nationaler Knecht- schaft befreien, Arbeit und Brot für alle Werktätigen erkämpfen. Gegen das »Dritte Reich« des Hungers und der Unterdrückung stellen wir die Arbeiter- und Bauernpolitik, das Reich des Sozialismus. Nicht zurück zu der bankrotten bürgerlichen Demokratie, die sich folgerichtig zur faschisti- schen Diktatur entwickelt hat, sondern vorwärts zur proletarisdien Diktatur, welche die breiteste und freieste Demokratie für alle Werktätigen gewähr- leistet. Wenn wir die Massen an die entscheidenden Kämpfe heranführen, durch wachsende Massenaktionen die faschistische Diktatur erschüttern, dann wird die revolutionäre Krise in einem raschen Tempo heranreifen, dann wird das deutsche Proletariat in naher Zukunft dem Beispiel des siegreichen Prole- tariats in der Sowjetunion folgen. Rundschau über Politik, Wirtschaft und Arbeiterbewegung Basel, Nr. 17 vom 2. Juni 1933, S. 541-548. 103. RESOLUTION DES ZK DER KPD VOM 30. JANUAR 193 5 Proletarische Einheitsfront und ANTIFASCHISTISCHE VOLKSFRONT ZUM STURZ DER FASCHISTISCHEN DIKTATUR Zwei Jahre Hitlerdiktatur haben den Beweis erbracht, daß der Faschismus die Krise des Kapitalismus nicht beseitigen und die Lage der Arbeiter und Werktätigen nicht verbessern kann. Das führte bereits am 30. Juni 193491 zur ersten Erschütterung der faschistischen Diktatur. Die Hitler-Regierung ver- Am 30. Juni 1934 ließ Hitler die SA-Führung säubern und Stabschef Röhm u. a. ermorden. DIE KPD IN DER TAGESPOLITIK 349 suchte, durch verstärkten Terror gegen die Arbeiterklasse, durch brutale Unterdrückung der Opposition in den eigenen Reihen die Austragung der inneren Konflikte hinauszuschieben, um eine Atempause zur Umgruppierung ihrer Kräfte zu gewinnen und eine allgemeine Offensive auf die Lebenshal- tung der Werktätigen vorzubereiten. Die Arbeiterklasse vermochte noch nicht, ihre von der Sozialdemokratie erzeugte Passivität zu überwinden und damit die beginnende Krise der faschi- stischen Diktatur, die am 30. Juni besonders in Erscheinung trat, durch Mas- senaktionen weiterzutreiben, wodurch es dem Faschismus erleichtert wurde, seine gegen die werktätigen Massen gerichtete Politik fortzusetzen. Trotz des beispiellosen heroischen Kampfes der Kommunisten hat die Kommunistische Partei es nach dem 30. Juni nicht verstanden, diesen Herois- mus in die Bahn einer kühnen Einheitsfrontpolitik zu lenken, durch eine bol- schewistische Massenarbeit in den Betrieben, unter der Jugend, auf dem Gewerkschaftsgebiet und in den faschistischen Massenorganisationen die Mas- senopposition gegen das Hitler-Regime zu organisieren und zu Aktionen zu führen. Das Zentralkomitee stellt fest, daß diese Schwäche unserer Parteiarbeit in erster Reihe zurückzuführen ist auf eine sektiererische Einstellung auf allen Gebieten der Massenarbeit, vor allem in der Einheitsfrontpolitik, und auf eine opportunistische Spekulation auf ein Abwirtschaften des Faschismus, auf eine spontane Entwicklung der Massenbewegung. Der Faschismus zerfällt nicht von selbst. Die Arbeiterklasse muß die faschistische Diktatur stürzen. Die Kommunistische Partei vollzieht eine kühne Wendung in ihrer revolu- tionären Massenpolitik zur Organisierung der proletarischen Einheitsfront, um die Voraussetzungen des revolutionären Aufschwungs zum Sturz der faschistischen Diktatur zu entwickeln. Die Durchführung dieser Aufgabe erfordert in den Reihen der Partei und des Jugendverbandes den stärksten Kampf gegen das Sektierertum und den doktrinären Schematismus, als der ernstesten Hemmnisse der revolutionärem Massenbasis, sowie gegen alle rechtsopportunistischen Kapitulanten und feigen Versöhnler, die die bolschewistische Wendung der Partei in der Einheitsfront in parteifeindlichem Sinne ausnützen wollen. Das Zentralkomitee wendet sich an alle Mitglieder der Partei mit der Auf- forderung, alle Kräfte zu konzentrieren auf die revolutionäre Massenarbeit, auf die wirkliche Schaffung der proletarischen Einheitsfront des gemeinsamen Kampfes mit der sozialdemokratischen Arbeiterschaft, auf den Wiederaufbau der Freien Gewerkschaften und die Entfaltung einer breiten Massenarbeit in den faschistischen Organisationen. Diese Arbeit muß geführt werden in der richtigen Verbindung der illegalen mit den halblegalen und legalen Methoden des Kampfes. Zur Herbeiführung des Sturzes der Hitler-Diktatur ist es die zentrale Auf- 3J0                     DIE KPD IN DER ILLEGALITÄT UND EMIGRATION gäbe des Proletariats, durch die Gewinnung der Verbündeten aus allen Schich- ten des werktätigen Volkes die breiteste antifaschistische Volksfront herzu- stellen zur Volksrevolution für ein freies sozialistisches Deutschland der Räte- macht! ... Die Kommunistische Internationale Heft 8, 1935. 104, RESOLUTION DES ZK DER KOMMUNISTISCHEN PARTEI DEUTSCHLANDS ZUR LAGE (MAI 1938)   Die gegenwärtige Lage wird gekennzeichnet durch Hitlers Übergang zu unmittelbaren Eroberungsaktionen und durch die daraus erwachsende akute Gefahr des allgemeinen Krieges. Hitler hat Österreich militärisch überfallen und annektiert. Er verstärkt seine kriegerische Intervention in Spanien. Er schickt sich an, die Unabhängigkeit der Tschechoslowakei ebenfalls mit Ge- walt zu erdrosseln. Die weiteren Eroberungspläne Hitlers richten sich im Westen gegen die demokratischen Staaten, insbesonders gegen Frankreich, im Südosten gegen die Balkanstaaten und im Osten gegen das Land des Sozialis- mus, gegen die Sowjetunion. Mit deutschem Blut und Gut unterstützt Hitler die Raubzüge Mussolinis an den Gestaden des Mittelmeeres und die des japa- nischen Militarismus in China. Er hat sich mit ihnen verbunden, um die ge- waltsame Neuaufteilung der Welt durchzuführen, wie er es in JAein Kampf' begründete. So treibt er mit erschreckender Geschwindigkeit Deutschland und das deutsche Volk in einen Weltkrieg, der furchtbarer sein wird als der von 1914 bis 1918. Die gewaltsame Besetzung Österreichs durch die Hitlerregierung im In- teresse des deutschen Finanzkapitals, um das österreichische Volk seiner Aus- beutung zu unterwerfen und die eigenen Kriegsvorbereitungen zu verstärken. Der Nationalsozialismus versucht diese brutale Unterwerfung eines Volkes mit den betrügerischen Phrasen von der angeblichen ,Herstellung der Einheit des deutschen Volkes’ und der angeblichen ,nationalen Befreiung aller Deut- schen’ zu verdecken... DIE KPD IN DER TAGESPOLITIK 351   Die zentrale Aufgabe des deutschen Volkes ist der Kampf gegen Hitlers Kriegs- und Eroberungspolitik und für die Erhaltung des Friedens. Die Kom- munistische Partei zeigt den Weg, wie der Frieden erhalten, die Interessen des deutschen Volkes und die Zukunft der deutschen Nation gesichert werden können. Unser Volk kann seine nationalen Interessen und seine Unabhängigkeit nicht durch räuberische Kriegspakte, wie die der Kriegsachse Berlin—Rom- Tokio, und nicht durch militärische Eroberungen, sondern einzig und allein durch Verständigung mit anderen Völkern auf der Grundlage der Gleichbe- rechtigung und der Aufrechterhaltung des Weltfriedens wahren. Nur durch eine konsequente Friedenspolitik können die wirtschaftlichen Interessen Deutschlands gesichert werden. Die ungezählten Milliarden Mark — heute für Franco, für die Unterdrückung Österreichs, für die Vorbereitung des Überfalls auf die Tschechoslowakei und für Rüstungszwecke vergeudet - könnten für die Hebung des Wohlstandes des deutschen Volkes verwendet werden. Die Mangel- und Ersatzstoffwirtschaft würde aufhören. Es gäbe zwar weniger Kanonen, aber mehr Brot und Butter, weniger Ersatzstoffe, aber mehr Qualitätsware. Es gäbe weniger Kasernen, aber mehr Wohnungen. Die Durchführung einer solchen Friedenspolitik bedeutet nicht, daß Deutsch- land schütz- und wehrlos Angriffen durch andere Staaten preisgegeben wäre. Jedes Volk muß die Verteidigung seines Landes sichern, solange durch die Existenz des Imperialismus die Gefahr kriegerischer Überfälle besteht. Aber dazu muß das Volk frei sein und über seine bewaffneten Kräfte, über seine Volksarmee durch seine demokratische Volksregierung selbst bestim- men. Heute jedoch ist das deutsche Volk geknechtet und die Macht- und Wehrmittel des Reiches sind ausschließlich in Händen einer wahnwitzigen Clique von Kriegstreibern, welche diese Mittel nicht zur Verteidigung Deutsch- lands, sondern zur Eroberung fremder Länder verwenden und das deutsche Volk, vor allem seine Jugend, als Kanonenfutter in ihren Eroberungskriegen opfern wollen. .. Angesichts der unmittelbaren Kriegsgefahr wendet sich die KPD an alle Antifaschisten, an alle Freunde des Friedens und der Freiheit mit dem drin- genden Appell, sich über den gemeinsamen Kampf um die Erhaltung des Friedens zu verständigen. Allen Menschen, die das wollen, reichen wir die Hand. Schließen wir uns zusammen zur deutschen Volksfront, kämpfen wir gemeinsam! Die historische Aufgabe der deutschen Volksfront ist es, Deutschland vor dem Krieg zu retten und die Freiheit des deutschen Volkes zu erkämpfen. Die Grundlage des gemeinsamen Handelns der Arbeiterklasse, der Bauern, des Mittelstandes und anderer demokratischer Kräfte ist das alle verbindende 3J2                     DIE KPD IN DER ILLEGALITÄT UND EMIGRATION gleiche Interesse des Kampfes für die drei großen Forderungen: Frieden, Brot und Freiheit!... IV. i. Der Sturz des Hitlerfaschismus ist die große, entscheidende Aufgabe, zu deren Erfüllung sich alle Freunde des Friedens und der Demokratie, alle Kommunisten, Sozialdemokraten, Katholiken, Protestanten und andere Hit- lergegner zum gemeinsamen Kampfe vereinigen müssen. Keiner dieser Teile des deutschen Volkes vermag allein diese Aufgabe zu erfüllen, keiner dieser Teile darf in diesem Kampfe beiseitestehen oder ausgeschaltet werden. Alle müssen sich zur Erreichung dieses Zieles einigen. Die unter ihnen bestehenden grundsätzlichen politischen und weltanschaulichen Auffassungen und sozialen Unterschiede dürfen kein Hindernis für diese Einigung sein. Der Zusam- menschluß erfordert von keinem Menschen das Aufgeben seines politischen oder weltanschaulichen Bekenntnisses, aber über die grundlegende Aufgabe der Sicherung des Friedens, der Erringung der demokratischen Rechte und Freiheiten und des Sturzes des Hitlerfaschismus kann schon heute bei allen Teilen des werktätigen Volkes die weitgehendste Übereinstimmung erreicht werden... Rundschau über Politik, Wirtschaft und Arbeiterbewegung Basel, Nr. 33/1938, S. 1108-1110. 105. DIE KPD ZUM AUSBRUCH DES ZWEITEN WELTKRIEGES Vom ZK der KPD wird uns folgende Stellungnahme übermittelt: Die KPD hat stets — im Gegensatz zu anderen Strömungen in der deutschen Opposition — die Auffassung vertreten, daß die Erlösung unseres Volkes von der faschistischen Diktatur nicht von außen kommt (Krieg), sondern das Er- gebnis des Kampfes der Volksmassen zum Sturze der faschistischen Diktatur sein wird. Deshalb haben die Kommunisten seit Jahren alle Kräfte auf die Entfaltung des Massenkampfes gegen Hitlers Kriegspolitik konzentriert und eine starke Bewegung des deutschen Volkes für den Frieden ausgelöst. Eng mit den Massen verbunden und stets an der Spitze der Bewegungen gegen das Hitlerregime hat unsere Partei alles versucht, die zersplitterte Opposition zu vereinigen und damit ihre Kräfte zu vervielfachen. Die Berner DIE KPD IN DER TAGESPOLITIK 353 Konferenz begrüßte die Initiative des Vorsitzenden unserer Partei, des Ge- nossen Wilhelm Pieck, und seine Vorschläge zur Herstellung der Aktionsein- heit und der Schaffung einer revolutionären Einheitspartei der deutschen Arbeiterklasse wurden von zahlreichen SP-Gruppen in Deutschland begeistert aufgenommen. Im Vertrauen auf die wachsende Kraft der Volksmassen un- seres Landes, die Friedenspolitik der Sowjetunion und die Solidarität der internationalen Arbeiterklasse hat die KPD ihre ganze Kraft eingesetzt und im Kampfe für den Frieden, für die Freiheit unseres Volkes, für den Sturz Hitlers kein Opfer gescheut. Leider hatten die Bemühungen, mit den emigrierten Führern der SPD eine Einigung über die einheitliche Mobilisierung der Volksmassen zu ermöglichen, nur geringen Erfolg, Während seit Beginn dieses Jahres die Einigung im Lande rasche Fortschritte machte, Einheitskomitees und Ausschüsse entstan- den und gemeinsame Flugblätter und Losungen herausgegeben wurden, wäh- rend einzelne frühere SPD-Führer in der Emigration die Notwendigkeit der Einheit erkannten, haben die Wels, Vogel, Stampfer, Hilferding und Geyer, die sich noch immer als Vorstand der deutschen Sozialdemokratie aufspielen, obwohl es seit 1933 keine einheitliche SPD mehr gibt und eine Bestätigung dieses »Vorstandes« nie erfolgte, den endgültigen Bruch mit der deutschen Arbeiterbewegung vorbereitet. Bereits im Juni dieses Jahres sah sich unser ZK veranlaßt, in den »Thesen zur Lage« unter anderem festzustellen: »Die Ablehnung der Einheitsfront mit den Kommunisten (durch den PV) kann nicht durch Sturheit und Verkalkung erklärt werden. Hinter dieser Ablehnung steckt der politische Plan, gemeinsam mit reaktionären Kräften in Deutschland und reaktionären Kräften des Auslandes eine wirkliche deutsche Volksrevolution zu verhindern und 1918 zu wiederholen... Hinter der strikten Ablehnung der Einheitsfront mit den Kommunisten durch den PV steckt der politische Plan, morgen mit den Generälen, mit bourgeoisen Krei- sen, mit ausländischen Bajonetten eine ebenso verderbliche Rolle gegen die künftige deutsche Volksrevolution zu spielen, wie die Ebert und Noske sie 1918 gegen die deutsche Arbeiterklasse und gegen die deutsche Revolution gespielt haben.« Zwei Monate später, unmittelbar vor Kriegsausbruch, in einem Moment, der die äußerste Anspannung aller Kräfte der Opposition in Deutschland erforderte, lassen die Wels und Konsorten endlich die Maske fallen. Sie wis- sen, daß alle kommunistischen Zeitungen in Frankreich verboten sind, sie wissen, daß die reaktionären Polizisten Daladiers bereits Jagd auf die deut- schen Kommunisten machen, sie wissen, daß die reaktionären Imperialisten Englands und Frankreichs in diesem Krieg keine fortschrittliche Rolle mehr spielen werden und können, eben deshalb zeigen in diesem Augenblick die 354 DIE KPD IN DER ILLEGALITÄT UND .1 ' TION Wels, Stampfer, Ollenhauer und Hilferding ihr w Fratze der Kaisersozialisten, der »Burgfriedenspoli deutschen Kapitalismus vor der proletarischen Revi »Neuer Vorwärts« vom 2. September ist die Sprac Januar 1919, ist die Sprache der Noskiden, der 1 der deutschen Bourgeoisie und der Würger des eige von heute ist die Fortsetzung jener Politik, die im J frontangebote der Kommunisten ablehnte und di Macht verhalf, ist die Fortsetzung der Politik jener rede von Wels im Mai 1933, in der er sich mit keil nullierung der kommunistischen Reichstagsmandate Außenpolitik Hitlers seine Zustimmung gab, einei Kriege führen mußte. Wels und der PV, die damal rieten und aus dem Büro der SAI austraten, haben der I. Interationale verraten, indem sie sich auf die und damit auch der deutschen Reaktion gegen die kc revolution stellten. isicht: Es ler »Rett Ihre Spn Vorwärt! jn Speich« kes. Ihre ?33 die E 1 Faschist igten Rei< rt gegen c , dafür a x politik, d :emation;: e den Ge r internat 5 deutsche Im Moment des Ausbruchs dieses Krieges, der :                    h die Kr Volksmassen unseres Landes und die Solidarität der ionalen A bewegung beendet werden kann und der mit den: Vernichtung und Ausrottung der imperialistischen F proklamieren die Stampfer und Hilferding ihr Bün England und Frankreich und mit der deutschen Bou gung der deutschen Volksrevolution. Damit ist die ehemaligen PV der SPD und der antifaschistischen land endgültig vollzogen. Die vom PV durch Geyer ganisierung der SP als Partei »der Freiheit« entpt sierung einer Partei der Freiheit der Bourgeoisie, d der offenen Abkehr vom Marxismus, der wütende der Kommunisten, sondern aller mit demMarxismu: und der ganzen deutschen Arbeiterklasse, entpupp der Konterrevolution, schlimmer noch als 1918. Für die Sozialdemokraten und die Kommunisten aus dieser Lage die Notwendigkeit, gestützt auf die fes zur Verhinderung des Krieges und die erfolgre Hitlergegner, die Einheit zu festigen, zu erweitern u Bedingungen des Krieges alle Vorbereitungen zur ] revolution zu treffen. Sie setzen ihre Hoffnungen Chamberlains und Daladiers, noch auf einen »lib sehen Bourgeoisie, sondern ausschließlich auf die geei die Solidarität und den Kampf der internationale Hitlers ai iber führe der Real zur Nied ig zwisch tion in L ropagiert als die ( :en Liber; ipfung ni denen S02 s ein Insi schland e ingen des ammen ar I : den schv irung der .uf die B; lügel« de ft unseres :erklasse t Hilfe der großen und starken Sowjetunion. DIE KPD IN DER TAGESPOLITIK 355 Die reaktionären Führer der II. Internationale, des IGB und des PV haben durch ihre Ablehnung aller Einheitsfrontangebote mit der Komintern und der KPD, durch ihre Unterstützung und Tolerierung der Nichtinterventions- und Münchener-Politik die unermüdlichen Bestrebungen der Sowjetunion, eine wirksame Friedensfront gegen den Aggressor aufzurichten, sabotiert und damit die Aggression Hitlers ermöglicht. Die KPD fordert alle Antifaschisten in Deutschland und in der Emigra- tion auf, jetzt erst recht zäh und beharrlich im Sinne der Einigung der deut- schen Arbeiterbewegung und der deutschen Opposition zu wirken, die Feinde der Einheit und die Trotzkisten rücksichtslos zu bekämpfen und alle Kräfte für den Sturz Hitlers zu mobilisieren. Die verbrecherische Haltung einiger ehemaliger Führer der SPD hat die Kriegsvorbereitungen Hitlers erleichtert und den Zusammenschluß der Opposition in der Emigration verhindert. Es gibt deshalb heute keine gemeinsame Plattform der Opposition zum Sturze Hitlers. Die KPD ist die einzige Kraft in Deutschland, die — mit den Massen verbunden — ihre Absichten eindeutig verkündete, die ohne Schwankungen den Weg zur Volksrevolution beschritten hat. Mehr denn je fühlen wir uns innig verbunden mit allen sozialdemokrati- schen Funktionären und Arbeitern in Deutschland, welche die Abwartepolitik überwunden haben, die für die Einheit der Arbeiterbewegung eintreten und für die Vernichtung der imperialistischen Kriegstreiber kämpfen. Wir sind überzeugt, daß die kommende revolutionäre Demokratie in Deutschland keine Wiederholung von Weimar sein wird und keine Demo- kratie des englischen Imperialismus, denn sie wird mit den Besteiros, Casados und Noskes kurzen Prozeß machen. Wir sind überzeugt, daß aus der Zusammenarbeit von Kommunisten und Sozialdemokraten an der Front wie im Hinterlande, aus der Kameradschaft der Soldaten und Arbeiter untereinander, aus der opferreichen Arbeit zur Vorbereitung und Durchführung der Volksrevolution, daß also aus dem Kampf der Arbeiterklasse die revolutionäre Einheitspartei hervorwachsen wird, die in der Lage ist, das ganze deutsche Volk zu führen. Die Welt Zeitschrift für Politik, Wirtschaft und Arbeiterbewegung Stockholm, Nr. i vom 18. bis 24. September 1939 S. 16/17. 356 DIE KPD IN DER ILLEGALITÄT UNI)                                                                      .ATION IO6. UM WAS GEHT ES IN DIESE EG? Von Wilhelm Pieck Die an dem gegenwärtigen europäischen Kriege                     m großk; sehen Mächte versuchen mit allen Mitteln der Agitt e imperF t Kriegsziele vor den werktätigen Massen zu verbei                 andere 2 zuschützen. In diesem Bestreben werden die groß!                ischen M:                r Englands und Frankreichs von den sozialdemok                     7 Führer) Internationale eifrigst unterstützt, die den großka                  >chen Mat             1 bei der Durchführung ihrer imperialistischen Rai                   helfen; si                1 ebenso wie diese vor der Erkenntnis der Massen ül:              ngeheure,               1 durch diesen Krieg verübte Unrecht und vor den 1                 nären Kc zen, die die Massen daraus ziehen werden... Um was geht es in dem gegenwärtigen europä                   rieg, der                 a dem englischen und französischen Imperialismus ei              und dem                 n Imperialismus andererseits geführt wird? Das w                     besten kl                n man sich vor Augen führt, wie schroff die Reglern                glands ur reichs alle Versuche zurück weisen, den Frieden                    herzuste               e Chamberlain-Regierung hat kategorisch erklärt, u                  )aladier-I              g ist ihr darin gefolgt, daß sie den Krieg nicht been                   Frieden beiführen wollen, sondern daß sie entschlossen sin                rieg geger land fortzusetzen bis zur » Vernichtung      desHitleri            Im die wc              n Massen Englands und Frankreichs für          die Unter            ; dieses K               u gewinnen, suchen die imperialistischen      Regierung            meiden La             n Anschein zu erwecken, als ob sie den Krieg für De                e, für die                 e Freiheit der kleinen Völker und für die Garantie <                 lerhaften,               n Friedens führen. Damit wollen sie die Massen üb< iperialisti d reaktionären Pläne täuschen, zu deren Verwirkli                     3 den Kri                t fortsetzen. Und wieder, wie im Weltkriege 1914                    en die so.             >- kratischen Führer diesem Betrüge der Massen Bei;               d unterst                 n Krieg für die Durchführung der imperialistische                    -eaktionäi               e des englischen Imperialismus. Der englische Imperialismus ist in seiner ausw                   Politik in                ir gewundene Schleichwege gegangen, um seine wah               chten zu                 n und andere Völker für seine Machterweiterung bh                 assen. Die              k setzt er auch mit diesem Kriege fort. Sein Ziel ist                   rwerfung              t- sehen Volkes, die Errichtung eines »konservative) nes in De das seine Aufgabe darin erblickt, der Gendarm                      italismus               ie Sowjetunion zu sein. DIE KPD IN DER TAGESPOLITIK 357 Das deutsche Volk soll durch Hungerblockade und militärisch Gewalt- mittel auf die Knie gezwungen werden. Es soll ihm ein noch schlimmeres Versailles als 1918 auf erlegt, ihm ein nicht weniger reaktionäres Regime als das jetzige aufgezwungen und ihm eine Befreiung aus den Fesseln des Impe- rialismus und der Reaktion verwehrt werden. Deutschland soll in Vasallen- staaten des englischen Imperialismus aufgeteilt werden, durch die dieser seine Kriegspläne gegen die Sowjetunion zu verwirklichen hofft. Die sozial- demokratischen Führer, auch die deutschen, unterstützen diese Kriegsziele des englischen Imperialismus durch die gemeinste Hetze gegen die Sowjetunion und gegen die Kommunisten; sie rufen zur Unterstützung des Krieges gegen Deutschland auf. .. Der Krieg zwischen England, Frankreich und Deutschland ist ein imperia- listischer Krieg, der von den Kapitalmächten dieser Länder um die Neuauf- teilung der Erde geführt wird, ein Krieg, der von den werktätigen Massen nicht unterstützt, sondern auf das schärfste bekämpft werden muß. Die sozialdemokratischen Führer der II. Internationale, die die Massen zur Un- terstützung dieses Krieges an der Seite des englischen und französischen Im- perialismus auffordern, handeln damit gegen die wichtigsten Lebensinteressen der werktätigen Massen. Mit dem Pakt, den die Sowjetunion mit Deutsch- land abschloß, wurde den werktätigen Massen der größte Dienst erwiesen, weil dadurch der Krieg zwischen den beiden Mächten und die Ausbreitung des imperialistischen Krieges zum allgemeinen Weltkriege verhindert wurde. Der Pakt dient nicht, wie die sozialdemokratischen Führer in ihrer Hetze gegen die Sowjetunion und gegen die Kommunisten behaupten, der Unter- stützung der Aggression und des Krieges des deutschen Imperialismus, son- dern unterstützt den Willen der werktätigen Massen zum Frieden. Gegenüber dem verbrecherischen Plan des englischen und französischen Imperialismus, durch den Krieg das deutsche Volk zu schlagen, ihm ein noch schlimmeres Versailles als 1918 aufzuzwingen und es in den Krieg gegen die Sowjetunion hineinzutreiben, steht vor den werktätigen Massen der ganzen Welt, insbesondere vor der englischen und französischen Arbeiterklasse die Aufgabe, die Durchführung dieses Verbrechens unmöglich zu machen und die englische und die französische Regierung zum Abbruch des Krieges gegen Deutschland zu zwingen. Dem imperialistischen Krieg muß die internationale Solidarität der werktätigen Massen gegenübergestellt werden. Nur so ist diesem Verbrechen ein Ende zu bereiten ... Die Kommunistische Internationale Dezember 1939, S. 1260-1266. C. DIE KPD UND DIE SOWJETUNION 107. RESOLUTION DES ZK DER KPD ZU DEN »KONTERREVO- LUTIONÄREN TROTZKISTISCH-SINOWJEWISTISCHEN VERBRECHEN GEGEN DIE ARBEITERKLASSE« (1936)92 Durch die Wachsamkeit der Sicherheitsorgane des sozialistischen Staates wurde in der Sowjetunion eine von Trotzki geleitete niederträchtige Bande konterrevolutionärer trotzkistisch-sinowjewistischer Terroristen aufgedeckt und unschädlich gemacht. Diese Bande stand in Verbindung mit der Gehei- men Staatspolizei (Gestapo) des Hitlerfaschismus und hatte sich zum Ziel ge- stellt, die Führer der bolschewistischen Partei und des Sowjetstaates zu er- morden. Vom 19. bis 24. August 1936 fand der erste der drei Moskauer Schauprozesse (gegen Sinowjew, Kamenew u. a) statt. Unter den Angeklagten befanden sich auch drei kommunistische Funktionäre, die in der KPD gearbeitet hatten: Fritz David, Alexander Emel (M. Lurje) und Berman-Yurin. Alle Angeklagten legten über ihre angeblichen Verbrechen die üblichen Geständnisse ab und wurden erschossen. Die blutige stalinsche Säuberung 1936 bis 1938 hatte auch verheerende Auswir- kungen auf die deutsche kommunistische Emigration in der Sowjetunion. Eine Reihe führender Funktionäre (ebenso wie eine große Anzahl weniger bekannter Kommunisten) fielen der großen Säuberung zum Opfer: die Politbüromitglieder Hugo Eberlein, Leo Flieg, Hermann Remmele, Hermann Schuberc (Richter) und Fritz Schulte, die Politbüro-Kandidaten Heinz Neumann und Heinrich Süßkind, ZK-Mitglieder wie Paul Dietrich und der Parteikassierer Arthur Goike, der Leiter der Organisationsabteilung, August Creutzburg, der Leiter des Militärapparates, Hans Kippenberger, der Leiter des Roten Frontkämpferbundes, Willi Leow, der Leiter der Roten Hilfe Deutschlands, Willi Koska, der Chefredakteur der »Roten Fahne«, Werner Hirsch und die Redakteure der »Roten Fahne«, Erich Birkenhauer, Alfred Rebe, Theodor Beutling und Heinrich Kurella, der Parteitheoretiker Kurt Sauerland, der Jurist des ZK, Felix Halle, und die Landtagsabgeordnete Johanna Ludwig. Schon 1934 war Max Hölz angeblich beim Baden ertrunken. 1940 wurde Willi Münzenberg, enger Freund Lenins, Führer der Jugendinternationale und Leiter der KPD-Massenpropaganda, in Frankreich ermordet. Während der sowjetischen Säuberungen waren zeitweise inhaftiert: Bernhard Koenen, Paul Schwenk, die Söhne der Parteiführer Maddalena, Sobottka und Beimier u. a. 360 DIE KPD IN DER ILLEGALITÄT UND E Der öffentliche Gerichtsprozeß in Moskau gegen d union hat durch das beigebrachte Beweismaterial die bande zu dem Eingeständnis gezwungen, daß sie aui halb der Sowjetunion lebenden Trotzki die Ermordui liehen Tribunen des Sozialismus, Genossen Kirow, c Dezember 1934 durchführten und neue Mordansd Schüler Lenins, gegen den genialen und heißgeliel: Sowjetvolkes und der Werktätigen aller Länder, Ge seine nächsten Mitarbeiter, vorbereiteten und zur Ai ten. Der Gerichtsprozeß hat Trotzki, Sinowjew ur teurer entlarvt, denen nur noch die grenzenlose Gier und nach Rache an dem Führer der Sowjetunion < Kampfes war, wobei sie auf die Stufe krimineller Ve Die Kommunistische Partei Deutschlands vereint i’ derung des von Empörung und Zorn erfüllten 1 Sowjetunion auf schonungslose Ausrottung des men; trotzkistisch-sinowjewistischen Mörderbande. Das vo fällte Todesurteil und seine Vollstreckung ist die ver erhörten Verbrechen dieser Banditen. Es gilt, alle r reste des Gesindels unschädlich zu machen. Alle Werk erkennen, daß der Trotzkismus ein Feind der Arbeit Unter den im Moskauer Gerichtsprozeß entlarvter sich auch Leute, denen es infolge unserer absolut ung gelungen ist, sich in die Reihen der Kommunistischen zuschleichen, und die es verstanden, die Partei über Tätigkeit zu täuschen. Einer davon, der abgefeim Fritz David, der nach seinem ins Einzelne gehende liehen Auftrage Trotzkis die Ermordung des uns teil großen Lehrers und Führers, des Genossen Stalin, v heit auf dem VII. Weltkongreß der Kommunistisch führen wollte, gelang es sogar, sich das Vertrauen KPD zu erschleichen, um unter dieser Deckung seit können. Die Kommunistische Partei Deutschlands muß a Erfahrungen sehr weittragende Lehren ziehen. Unsc erkennen, daß infolge unserer absolut ungenügend samkeit und leichtfertiger Vertrauensseligkeit es den stapo gelungen ist, durch die in unsere Reihen einge Spionage- und Mordtätigkeit in der Sowjetunion z die strengste Überprüfung unserer Reihen vorzune ION ide der S« dieser M jung des ; oßen unv rten und gen den Ter des $ talin und g bringen mew als sönlicher ige Inhal herabsan me mit d< ionenvolk Abschaui owjetgeri träfe für । handenen ler Welt 1 ist . . . inditen b en Wachs )eutschlar terrevolu dstische * idnis im lenschen, seiner Ar nationale er Genos tat ausfül d dieser 1 •ssen muss utionären sten und en Schurl ten. Es gi 7ir müsse DIE KPD UND DIE SOWJETUNION 361 einzelnen unserer Genossen zu größter Wachsamkeit und Kampfentschlossen- heit gegen die trotzkistischen Feinde der Partei und des Proletariats anspornen und den Kampf für die Zerschlagung der letzten Überreste des faschistisch- trotzkistischen Gesindels organisieren, um die Arbeiterklasse und das Leben unserer Genossen vor diesen Banditen zu schützen. Dieser Kampf erfordert eiserne Geschlossenheit und Festigkeit, strengste Disziplin und unerschütter- liche Treue zur Partei. Das blanke Schild der Kommunistischen Partei Deutschlands kann durch diese Banditen, die sich das Mitgliedsbuch der KPD erschlichen, nicht be- schmutzt werden. Die Kommunistische Partei hat unter der Führung des Ge- nossen Ernst Thälmann den schärfsten Kampf gegen Trotzki, gegen seine konterrevolutionäre Tätigkeit und gegen das von ihm beauftragte Gesindel geführt. Die Internationale Zeitschrift für Praxis und Theorie des Marxismus Nr. 6/7 1936, S. 96-99. 108. ERKLÄRUNG DES ZK DER KPD ZUM ABSCHLUSS DES NICHTANGRIFFSPAKTES ZWISCHEN DER SOWJETUNION UND DEUTSCHLAND?} Der Nichtangriffspakt entlarvt die Hetze des Naziregimes über die angebliche >Einkreisung< Deutschlands. Weder die Sowjetvölker, weder das französische und englische Volk noch andere Völker wollen Deutschland angreifen oder einkreisen. Ebenso wie das bisherige Geschrei über eine Gefährdung der Exi- stenz Deutschlands durch die Sowjetunion sich als gemeine Lüge erwiesen hat, ist auch das Geschrei über die ,Einkreisung’ nichts als Lüge zur Tarnung der imperialistischen Angriffspläne des Naziregimes. Der Nichtangriffspakt mit der Sowjetunion beweist auch dem deutschen Volke erneut, daß durch eine friedliche Verständigung mit anderen Völkern Der deutsch-sowjetische Nichtangriffspakt wurde am 23. August 1939 abge- schlossen. Die Erklärung des ZK der KPD (insbesondere die Schlußsätze) läßt noch Spuren der alten, gegen Hitler gerichteten Taktik erkennen. In den folgenden Mo- naten wurde auch hier zugunsten Hitlers umgeschwenkt. In der Erklärung des ZK zum Kriegsausbruch (Dok. 105), in einem Artikel Piecks (Dok. 106) und Ulbrichts (Dok. 109) wurden die Nationalsozialisten nicht mehr für den Krieg verantwortlich gemacht. 362 DIE KPD IN DER ILLEGALITÄT UND Deutschland seine wirtschaftlichen Beziehungen mi und alle Rohstoffe und Lebensmittel, die es braucht liehen Warenaustausches von Land zu Land erhaltet die Politik der tollsten Kriegsrüstungen, um andere zu versklaven, die fortgesetzte Steigerung der Ma stoft- und Lebensmittelmangels und daher den Ruin Eine Lüge ist es, wenn die Nazi behaupten, Deut ren, indem es sich den Lebensraum anderer Völker Phrasen vom ,antibolschewistischen Kreuzzug’, die auch das Geschrei vom ,Lebensraum’ nur ein Mitti der Krupp und Thyssen zu verbergen, andere Vö Volk selbst, auszuplündern und auszubeuten. Das deutsche Volk begrüßt den Nichtangriffsp;; union und Deutschland, weil es den Frieden will ur folgreiche Friedenstat von Seiten der Sowjetunion si weil er nicht wie das Bündnis Hitlers mit Musse Militaristen, ein Instrument des Krieges und der in tigung anderer Völker, sondern ein Pakt zur Wahr Deutschland und der Sowjetunion ist. Die durch den Pakt geschaffene außenpolitische stellt aber allen Antifaschisten, allen friedens- unc sehen große Aufgaben, die im verstärkten Kamp gelöst werden müssen. Das deutsche Volk fordert den Ausbau der wii mit der Sowjetunion im Geiste einer rückhaltlose zwischen beiden Ländern. Es weiß, daß Hitler von listischen Landes träumte: des Landes ohne Kapit Völkerhaß, ohne Unterdrückung und Ausbeutung, c sozialistischen Demokratie und der Freiheit der A: lektuellen, des Landes einer glücklichen, zukunftsf Die Arbeiter und die friedliebenden Massen in De mehr, daß nur sie ein wirklicher Garant des Frie< sind. Das werktätige deutsche Volk und besonders die die Friedenspolitik der Sowjetunion unterstützen, den Nazis unterdrückten und bedrohten Völker recht dafür kämpfen, daß im Geiste des von der S< senen Nichtangriffspaktes sofort ebensolche Friedei nien, mit Frankreich und England, mit allen Völker die Angriffspolitik Hitlers bedroht fühlen, geschl Nieder mit den Kriegsdrohungen des Naziregimes! Schluß mit den räuberischen Überfällen auf ander S.TION entwiche n Wege di lingegen 1 :u überfa eutung, d tschen Wi cönne nur meignet. nkrott sir iuberische wie das chen der sem Pakt >egrüßt d< . den jap rischen Vc Friedens 2 ienpolitis( rsliebende die Nazi chen Bezi hen Freu ichtung d )hne Ras? iS der leui Bauern ur iigend. d erkenne der Sow n Arbeite lie Seite 0 ind nunn ierung ab mit Polen h mit Rec jrden. ! DIE KPD UND DIE SOWJETUNION                                                                      363 Wahrung der nationalen Unabhängigkeit und Freiheit aller Völker! Freiheit und nationale Selbstbestimmung für das österreichische und tsche- choslowakische Volk! Heraus mit den deutschen Truppen und der Gestapo aus diesen Ländern! Hände weg von Danzig! Friedliche Verständigung mit Polen! Schluß mit dem Antikominternpakt mit Tokio, Rom, Madrid und Budapest! Frieden und Verständigung mit Frankreich und England! Sofortige Demobilisierung der Armee bis auf den Friedensstand! Verständigung mit den anderen Völkern über eine allgemeine Abrüstung! Durch den Abschluß des Wirtschaftsabkommens und des Nichtangriffs- paktes mit der Sowjetunion eröffnet sich für Deutschland die Möglichkeit, einen Weg zu beschreiten, auf friedliche Weise die großen wirtschaftlichen Fragen Deutschlands zu lösen, den Handel zwischen beiden Ländern in groß- zügiger Weise zu entfalten. Dies ist der einzige Weg, genügend Lebensmittel für das deutsche Volk und genügend Rohstoffe für die deutsche Wirtschaft zu erhalten. Wenn also das deutsche Volk Hitler zur Aufgabe der imperiali- stischen Kriegspolitik zwingt, wenn Deutschland seine Handelsbeziehungen mit der Sowjetunion und allen Ländern auf eine friedliche Grundlage stellt, so könnte die deutsche Wirtschaft von der Kriegsproduktion auf die Geleise der Produktion von Konsumgütern und Exportartikeln überführt und die schwierige Lebensmittellage der Volksmassen bald behoben werden. Deshalb erhebt das deutsche Volk die folgenden Forderungen: Schluß mit der Kriegsproduktion. Schluß mit der Autarkiewirtschaft und dem wirtschaftszerstörenden Vier- jahresplan. Umstellung auf Friedenswirtschaft. Schluß mit den Opfern für die wahnwitzige Rüstung. Zurück zum Achtstundentag. Herauf mit den Löhnen. Entfaltung des Wohnungsbaus. Herunter mit den Steuern, weg mit den Zwangsabgaben. Schluß mit der Zwangswirtschaft gegen die Bauern, Handwerker und Ge- werbetreibenden. Die Kommunistische Partei Deutschlands warnt das deutsche Volk, sich Illusionen hinzugeben, daß das Hitlerregime eine solche Politik, die allein im Interesse des deutschen Volkes liegen würde, durchführen wird. Hitler hat den Nichtangriffspakt mit der Sowjetunion nur in der Notlage einer schwie- rigen Situation abgeschlossen... Das ganze deutsche Volk muß der Garant für die Einhaltung des Nichtangriffspaktes zwischen der Sowjetunion und Deutschland sein. Nur wenn das deutsche Volk selbst das Schicksal der deut- schen Nation in seine Hände nimmt, wird der Friede gesichert sein. Vertraut nur auf Eure eigene Kraft! 364 DIE KPD IN DER ILLEGALITÄT UND El Deshalb Kampf gegen Terror und Rechtlosigkeit, für Stimmung. Freie Wahl der Vertrauensleute in den Organisationei Freie Meinungsäußerung in den Versammlungen. Für eine vom ganzen Volke in allgemeinen, gehe! Volksvertretung. Für eine freie Deutsche Republik, in der das deutsch Schicksal und seine Zukunft entscheiden kann... Stürzt Hitler das deutsche Volk trotz allem in die F dann muß jeder Deutsche wissen: der Nationalsozia, am Krieg! Dann kommt es darauf an, für die Niederlage des und für den Sturz der Nazis zu kämpfen. Die Arb deutsche Volk werden dann den Frieden schließen neuen glücklichen Zukunft entgegenführen. Zentralkomitee der Kommunistischen Partei Deut (Sektion der Kommunistischen Internationale). 25. August 1939 Rundschau über Politik, Wirtschaft und Arbeiterb wegung Basel, Nr. 46/1939, S. 1323/1324. 109. WALTER ULBRICHT ZUM STALIN-H Der Neue Vorwärts, das Organ des früheren Parte demokratischen Partei Deutschlands (abgekürzt: SP Artikel von Dr. Hilferding, betitelt: »Der Sinn des kommt zu der Schlußfolgerung, man müsse »rückhali den Sieg Frankreichs und Englands bejahen«. Hilferding behauptet, der Krieg werde von den Re Frankreichs für die Ideale der Freiheit geführt und Ulbrichts Artikel erschien in der von der Kominte gebenen Zeitschrift Die Welt. Diese Zeitschrift kann als Basel veröffentlichten »Rundschau« angesehen werden. N; tern erschienen in Stockholm an Stelle der Welt die Infor brichts ist geringfügig gekürzt worden. ION t und Sei der Gern« ihlen gev selbst übe >he des K t der Sch imes im I se, das b< utschland. -PAKT94 des der 5 •ffentlicht « Der Ve ohne Vor n Englan r kapital! iweden he ng der vo sung der I . Der Arti DIE KPD UND DIE SOWJETUNION 3^5 Klasseninteressen. Etwas genauer äußert sich die bürgerliche Presse Englands und Frankreichs über den Sinn des Krieges. Sie muß es ja wissen, denn nicht die sozialdemokratischen Kriegspropagandisten, sondern die Herren der Lon- doner Hochfinanz bestimmen die Kriegsziele. Ihre Presse hat in den letzten Wochen offener ausgesprochen, daß durch den Krieg die »Freiheit« errungen werden soll, Deutschland zu zerstückeln und als Kriegswerkzeug gegen die sozialistische Sowjetunion zu gebrauchen. Indem Hilferding den Sieg Eng- lands und Frankreichs ohne Vorbehalt bejaht, bejaht er auch dieses Kriegs- ziel. Diese Kriegspolitik der sozialdemokratischen Führer ist nicht nur gegen die Interessen des deutschen Volkes gerichtet, sondern steht auch im Wider- spruch zum Willen von Millionen Arbeitern und Arbeiterfrauen in England und Frankreich ... Die deutschen Arbeiter kennen die Herren der Londoner Bankwelt und die 200 Familien in Frankreich und wissen, was ihnen ein Sieg Englands bringen würde. Die revolutionären Arbeiter und fortschrittlichen Kräfte in Deutschland, die unter größten Opfern den Kampf gegen den Terror und gegen die Reaktion in Deutschland führen, wollen nicht das jetzige Regime mit einer nationalen und sozialen Unterdrückung durch den engli- schen Imperialismus und durch die englisch orientierten Kreise des deutschen Großkapitals vertauschen, sondern kämpfen gegen jede Knechtung des werk- tätigen Volkes, für ein Deutschland, in dem wirklich das arbeitende Volk bestimmt... Das Hitlerregime hielt es für zweckmäßig, den Weg der Herstellung fried- licher Beziehungen zur Sowjetunion zu gehen, weil die Unterstützung des englischen Planes nicht nur Deutschland zu einem Objekt des englischen Planes, zu einem Vasallen des englischen Imperialismus gemacht hätte, son- dern auch, weil die Stärke der Roten Armee, die internationale Kraft der Sowjetunion und die Sympathie in den werktätigen Massen Deutschlands für die sozialistische Sowjetunion, dieses Abenteuer als aussichtslos erscheinen ließ. Die herrschenden Kreise Deutschlands entschlossen sich zu einer Neu- orientierung der Außenpolitik Deutschlands. Die deutsche Regierung erklärte sich zu friedlichen Beziehungen zur So- wjetunion bereit, während der englisch-französische Kriegsblock den Krieg gegen die sozialistische Sowjetunion will. Das Sowjetvolk und das werktätige Volk Deutschlands haben ein Interesse an der Verhinderung des englischen Kriegsplanes. Das Sowjetvolk und das werktätige Volk Deutschlands wün- schen eine baldige Beendigung de« Krieges in einer Weise, die den Interessen der werktätigen Massen entspricht. Das Sowjetvolk und das werktätige Volk Deutschlands sind gegen die Ausdehnung des Krieges. Das werktätige Volk Deutschlands hat ein Interesse an einem umfassenden Wirtschaftsverkehr mit der Sowjetunion. Durch den friedlichen Handel mit der Sowjetunion, mit den anderen Völkern Ost- und Südosteuropas kann Deutschland nicht nur seinen Warenbedarf decken, sondern es wird damit auch der Beweis erbracht, daß $66 DIE KPD IN DER ILLEGALITÄT UND E nicht »Mangel an Lebensraum« die Ursache der Not daß nicht imperialistische Unterdrückung fremder Vi und freundschaftliche Beziehungen, vor allem zum g deutschen Volke nützen. Viele Werktätige, die den grüßen den Pakt, besonders weil er die Freundschai Sozialismus stärkt. Herr Hilferding wärmt nun die alte sozialdemokr wieder auf, der Pakt beweise, daß das bolschewistisc Regime wesensgleich seien. Er kann nicht die einfache daß in Deutschland der Kapitalismus herrscht, wähl der Kapitalismus durch die Große Sozialistische Okto und durch die Stalinsche Verfassung die sozialistische tätigen weiterentwickelt wurde. Die Sowjetunion ha kapitalistischen Deutschlands Verträge abgeschlossen, kapitalistischen Ländern. Der Abschluß eines Vertrag union und einer kapitalistischen Regierung ist also : Neues. Das Neue besteht darin, daß die Sowjetmacht der sozialistischen Wirtschaft und auf die moralisc Sowjetvolkes, zu einer aktiven Politik im Kampfe um überging. Wenn Hilferding und die anderen früheren sozk ihre Kriegspropaganda gegen den deutsch-sowjetisd halb, weil der englische Plan umso weniger zum Freundschaft zwischen dem deutschen Volke und d werktätigen Massen verwurzelt ist. Deshalb sehen nid sondern auch viele sozialdemokratische Arbeiter u Werktätige ihre Aufgabe darin, unter keinen Ums Paktes zuzulassen. Wer gegen die Freundschaft de* wjetvolkes intrigiert, ist ein Feind des deutschen Voll helfet des englischen Imperialismus gebrandmarkt. Deutschlands verstärken sich die Bemühungen, die clique, dieser Feinde des sowjetisch-deutschen Pakte wurde die Entfernung dieser Feinde aus der Armee und die Konfiszierung ihres Eigentums gefordert. Der Kampf der deutschen Werktätigen gegen die Imperialismus, gegen die Thyssenclique und ihre Fn sozialdemokratischen und katholischen Führer inDet wegs eine Blockbildung mit dem nationalsozialist Duldsamkeit gegenüber der Unterdrückung österr Slowakei. Vielmehr erfordert gerade diese Stellung^ deneren Kampf gegen alle imperialistischen Bestrel Kreise Deutschlands. Diese imperialistische Politik rioN ktätigen i ndern fri< owjetvoll nus wolle roßen La: Igitations das faschi e untersd ler Sowje ution ver ratie der r Regieru lern mit a hen der S lichts wes :t auf die ;che Einh ¡den in de ratischen richten, rt, je tie jetvolke e Kommu malsozial einen Brt ien und c vird als E rktätigen er der T1 decken. X m Staatsa n des en£ den Reil: bedeutet .egime ur d der Ts en noch ei ler herrsc vor allen DIE KPD UND DIE SOWJETUNION                                                                      367 Ausdruck in der nationalen Unterdrückung des österreichischen, tschechischen, slowakischen und polnischen Volkes. Während die früheren sozialdemokrati- schen Führer den Kampf der national unterdrückten Völker in keiner Weise unterstützten, kämpfen die Kommunisten und alle fortschrittlichen Kräfte in Deutschland für das volle Selbstbestimmungsredit der genannten Völker. ... Ohne die nationale Unterdrückung würden die Volksmassen Österreichs und der Tschechoslowakei entschlossen gegen den englischen Plan kämpfen. Vor dem deutschen Volke wie vor den im deutschen Nationalitätenstaat ein- gegliederten Völkern steht die Frage: nicht mit dem englischen Großkapital für die Ausdehnung des Krieges und ein neues Versailles, sondern mit der Sowjetunion für den Frieden, für die nationale Unabhängigkeit und die Freundschaft der Völker. Die Arbeiterklasse, die Bauern und die werktätige Intelligenz Deutschlands, Österreichs, der Tschechoslowakei und Polens wer- den der stärkste Garant des sowjetisch-deutschen Paktes und der Verhinde- rung des englischen Planes werden. Hilferding hebt besonders hervor, daß Deutschland durch die Entscheidung des Krieges, das heißt mit Hilfe der englischen Bajonette, von der Reaktion befreit werden solle. Dazu fordert er von der englischen und französischen Regierung, daß sie den Krieg rasch zum Siege führen soll. Die deutschen Kommunisten und die revolutionären Arbeiter, die schon in der Weimarer Zeit gegen das Erstarken der reaktionären großkapitalistischen Kräfte in Deutschland gekämpft und die größten Opfer im Kampfe gegen das nationalsozialistische Terrorregime gebracht haben, halten es für Wahn- sinn und Verbrechen, wenn einige sozialdemokratische und katholische Führer glauben, auf dem Wege eines reaktionären Krieges, durch Vernichtung von Millionen deutscher Werktätiger, durch die Herbeiführung grenzenlosen Elendes, schlimmer als es im 30jährigen Krieg war, das Regime in Deutsch- land ändern zu wollen. Diese Kriegspolitik ist umso verbrecherischer, als jene Macht, die nach Hilferdings Meinung das politische Schicksal Deutschlands durch die Entscheidung des Krieges bestimmen soll, die reaktionärste Kraft in der Welt ist. Der englische Imperialismus stellte sein reaktionäres Wesen aufs neue unter Beweis, indem er den Vorschlag Deutschlands, der von der Sowjetregierung unterstützt wurde, auf Beendigung des Krieges, ablehnte, indem er die Offensive gegen die Werktätigen führt und in der antibolsche- wistischen Verleumdungskampagne alles bisher dagewesene übertrifft und indem er vor allem die Konzentration aller reaktionären Kräfte zum Krieg gegen die Sowjetunion organisiert. Originaltitel: Hilferding über den »Sinn des Krieges* Die Welt Zeitschrift für Politik, Wirtschaft und Arbeiterbewegung Stockholm, Nr. 6 vom 9. Februar 1940, S. 13 5-137. ATION 368             DIE KPD IN DER ILLEGALITÄT UND HO. APPELL DES ZK DER KPD (6. OK »Bringt mit allen Mit’ Hitlers Kriegsmaschine zui Aufruf an das deutsche V< ... Wir Kommunisten warnten euch mehrfach v< die Hitler für unser Volk und für unser Land dar Kampf gegen die Bestie Hitler. Wir sagten euch, beispiellose Schmach und endlosen Krieg bedeutet. Unglück früher noch nie so groß wie gegenwärtig Hitlers in Holland, Belgien, Frankreich und auf Frieden gebracht, sondern nur neue Kriege, neue Leiden. Am 22. Juni hat Hitler durch seinen heim gen Überfall auf die Sowjetunion das schwerste Vei Volk begangen und das größte Unheil über Deuts« Die einzige Rettung für das deutsche Volk bes Schluß zu machen. Um aber mit dem Krieg Schluß stürzt werden. Der Krieg wird so lange weitergi Bande Deutschland regieren. Und wehe unserem sal bis zuletzt an Hitler bindet, wenn wir Deutsd land Ordnung schaffen, sondern es den anderen 5 von der faschistischen Pest zu säubern. Die Stunde hat geschlagen, wo unser Volk da: seine eigenen Hände nehmen, mit dem Krieg Schli. vollen Frieden erlangen muß. Wir wenden uns an a ihre Kräfte geht, die Leiden des Krieges zu ertrag Front, an ihre Familien, an die Arbeiter, die Bau Volk im Hinterland und rufen ihnen zu: Kämpft für die Einstellung des Krieges, kämpft fü Hitler, das ist der Krieg ohne Ende. Hitlers Weg führt zur Ausrottung des Volkes, zi zur Katastrophe. Dieser Weg ist nicht der Weg des deutschen Volk Soldaten, beendet den Krieg! Weigert euch, anzu Arbeiter, bringt mit allen Mitteln die Kriegsmas« Frauen, verlangt die Rückkehr eurer Männer, I Front! < 1941) EN« ewal tiger ir riefen 1 tler maß' ar unser n litärischei Ikan habe rößere O n und tre gegen da; jbracht... in, mit d en, muß 1 e Hitler enn es se selber in überlassei al Deutsc :n und ein ;chen, dem lie Soldat das ganz« ztungDeu chtung dc n Stehen! nd Söhm DIE KPD UND DIE SOWJETUNION 369 Deutsches Volk, vorwärts zum Kampf für ein Volksdeutschland, für ein Deutschland des Friedens und der Freiheit! Walter A. Schmidt: Damit Deutschland lebe Ein Quellenwerk über den deutschen antifaschistischen Widerstandskampf 1933-1945 Kongreß-Verlag, Berlin 1959, S. 773-775. ui. DIE AUFLÖSUNG DER KOMINTERN ... Die historische Rolle der Kommunistischen Internationale, die im Jahre 1919 im Ergebnis des politischen Zusammenbruches der überwältigenden Mehrheit der alten Arbeiterparteien der Vorkriegszeit entstanden war, be- stand darin, daß sie die Lehren des Marxismus vor ihrer Verflachung und Verdrehung seitens der opportunistischen Elemente der Arbeiterbewegung verteidigte, in einer Reihe von Ländern den Zusammenschluß der Vorhut der fortgeschrittenen Arbeiter in wahrhaften Arbeiterparteien förderte, ihnen half, die Massen der Werktätigen zu mobilisieren zur Verteidigung ihrer wirtschaftlichen und politischen Interessen, zum Kampf gegen den Faschismus und den von ihm vorbereiteten Krieg, zur Unterstützung der Sowjetunion als Hauptstütze gegen den Faschismus... Noch lange vor dem Kriege wurde es immer klarer, daß mit der zuneh- menden Komplizierung sowohl der inneren als auch der internationalen Situation der einzelnen Länder die Lösung der Aufgaben der Arbeiterbewe- gung jedes einzelnen Landes durch die Kräfte irgendeines internationalen Zentrums auf unüberwindliche Schwierigkeiten stoßen wird. Dieser Unterschied der historischen Wege der Entwicklung der einzelnen Länder der Welt, der unterschiedliche Charakter, ja, sogar die Gegensätzlich- keit ihres gesellschaftlichen Aufbaus, der Unterschied im Niveau und im Tempo ihrer gesellschaftlichen und politischen Entwicklung, schließlich der Unterschied im Grade des Bewußtseins und der Organisiertheit der Arbeiter, bedingen auch, daß vor der Arbeiterklasse der einzelnen Länder verschiedene Aufgaben stehen .. . Der von den Hitleristen entfesselte Weltkrieg hat die Unterschiede in der Lage der einzelnen Länder noch mehr verschärft, er schuf eine tiefe Kluft zwischen den Ländern, die zu den Trägern der Hitlertyrannei wurden, und den freiheitliebenden Völkern, die in der mächtigen Antihitlerkoalition zu- sammengeschweißt sind. Während in den Ländern des Hitlerblocks die Haupt- 370 DIE KPD IN DER ILLEGALITÄT UND E aufgabe der Arbeiter, der Werktätigen und aller el besteht, allseitig auf die Niederlage dieses Blockes der hitlerischen Kriegsmaschine von innen heraus hin: der am Kriege schuldigen Regierungen mitzuwirken der Antihitlerkoalition eine heilige Pflicht der breit< allem der fortgeschrittenen Arbeiter, die Kriegsansti gen dieser Länder allseitig zu unterstützen, um den I zu zerschmettern und die Zusammenarbeit der Nati der Gleichberechtigung zu sichern. Dabei darf ebensc lassen werden, daß auch einzelne Länder, die der j schlossen sind, ihre besonderen Aufgaben haben. Sc den von den Hitleristen okkupierten und ihrer sta beraubten Ländern die Hauptaufgabe der fortges breiten Volksmassen in der Entfaltung des bewaffne nationalen Befreiungskrieg gegen Hitlerdeutschlanc zeitig hat der Befreiungskrieg der freiheitliebenden tyrannei die breitesten Volksmassen in Bewegung Unterschied ihrer Partei- oder Religionszugehörig mächtigen Antihitlerkoalition zusammenschließen, gezeigt, daß der allnationale Aufschwung und die 1 zum raschesten Sieg über den Feind durch die Vorh jedes einzelnen Landes am besten und fruchtbarsten verwirklicht werden kann . . . Von den vorstehenden Erwägungen ausgehend des Wachstums und der politischen Reife der komn ihrer leitenden Kader in den einzelnen Ländern s Umstandes, daß im Verlaufe des jetzigen Krieges Frage der Auflösung der Kommunistischen Interna trum der internationalen Arbeiterbewegung aufv Präsidium des Exekutivkomitees der Kommunistis« es unter den Bedingungen des Weltkrieges nicht Kongreß der Kommunistischen Internationale einzu schlag den Sektionen der Kommunistischen Internat unterbreiten: Die Kommunistische Internationale als leitendes nalen Arbeiterbewegung aufzulösen und die Sektio Internationale von den aus dem Statut und den I der Kommunistischen Internationale entspringende binden. Das Präsidium des Exekutivkomitees der Komm ruft alle Anhänger der Kommunistischen Internatk auf die allseitige Unterstützung und aktive Teiln riON Menscher e Unterg m, an der in den L ¡massen u ;n der Re •ck aufs rs f der Gn. □s dem A rkoalitioi zum Bei: Unabhär in Arbeit ipfes, der rwächst. ;egen die it, die sie- den Reil t offensic rung der .rbeiterbe nen ihres Berücksid ien Parte ch angesi* he Sektio lIs leitend ;estattet < ernationa lichkeit 1 - folgend ar Bestäti n der int Kommun en der K ichtungen en Intern :, alle ihn i Befreiu DIE KPD UND DIE SOWJETUNION                                                                      371 der Völker und Staaten der Antihitlerkoalition zu konzentrieren zur rasche- sten Zerschmetterung des Todfeindes der Werktätigen — des deutschen Faschis- mus, seiner Verbündeten und Vasallen. Die Mitglieder des Präsidiums des Exekutivkomitees der Kommunistischen Internationale: Dimitroff, Ercoli, Florin, Gottwald, Kolaroff, Koplenig,Kuusinen,Manuilski, Marty, Pieck, Shdanow, Thorez. Vorstehendem Beschluß haben sich folgende Vertreter der Kommunistischen Parteien angeschlossen: Bianco (Italien), Dolores Ibarruri (Spanien), Leh- tinen (Finnland), Pauker (Rumänien) Rakosi (Ungarn). 15. Mai 1943. Die Welt Zeitschrift für Politik, Wirtschaft und Arbeiterbewegung Stockholm, Nr. 21 vom 28. Mai 1943, S. 627/628. D. DIE KPD UND DIE EINHEITSFRONT 112. EINHEITSFRONTANGEBOT DER KPD (14. MÄRZ 1933)95 An den Parteivorstand der Sozialdemokratischen Partei Deutschlands! Gegenüber dem unerhörten Terror der Hitler-Papen-Hugenberg-Regierung, der SA- und SS-Banden der Hitlerpartei gegen die werktätigen Massen, ins- besondere die Kommunisten und auch die Sozialdemokraten, muß die kämp- fende Einheitsfront aller Werktätigen geschaffen und sofort mit Kampf- aktionen aus den Betrieben und von den Stempelstellen aus begonnen wer- den. Durch eine Welle aktiver Kämpfe der verschiedensten Art und ihre Zu- sammenfassung und Steigerung zu gewaltigen Massenstreiks muß die Arbei- terschaft den Kampf gegen diesen Terror aufnehmen. Wir hatten uns bereits Ende Februar dieses Jahres, als nach dem Reichstags- brand von der Regierung eine Pogromhetze gegen Kommunisten und Sozial- demokraten entfaltet wurde, mit einem schriftlichen Angebot an Sie gewandt, gemeinsam mit uns die Arbeiterschaft zum Kampfe gegen den Terror und die Unterdrückung jeder Wahlfreiheit aufzurufen. Sie haben dieses Angebot ab- lehnend beantwortet. Nachdem nunmehr auch der faschistische Umsturz in allen Ländern durchgeführt wird und bereits Maßnahmen zur völligen Un- terdrückung der Arbeiterbewegung eingeleitet werden, treten wir erneut an Sie mit dem Angebot des gemeinsamen Kampfes heran. Der Führer unserer Partei, der Genosse Ernst Thälmann, und auch Führer der Sozialdemokrati- schen Partei, insbesondere aber Tausende von kommunistischen und sozial- demokratischen Arbeitern sind in den Kerkern dem faschistischen Mordterror ausgeliefert. Alle kommunistischen Zeitungen und auch ein großer Teil der Zeitungen der Sozialdemokratie sind verboten. Gewerkschaftshäuser und Das Einheitsfront-Angebot der KPD vom 14. März 1933 unterscheidet sich erheblich von den übrigen Aufrufen, die von der KPD 1933 veröffentlicht wurden. In diesem Brief wurde nicht nur die These fallengelassen, die SPD sei der »Haupt- feind« und die »Stütze des Staates« (die Behauptungen, die dann im Mai 1933 wieder- holt wurden, vgl. Dok. 102), die KPD bot sogar an, auf alle Angriffe gegen die SPD zu verzichten. Wie die Dokumente der folgenden Zeit zeigen, verfiel die KPD jedoch wieder in ihre alte Taktik. 374 DIE KPD IN DER ILLEGALITÄT UND Arbeiterwohnungen wurden von den Faschisten ge schießungen von Arbeitern »auf der Flucht« habet fang begonnen. Mit diesem ganzen Terror, der von berg-Regierung und von den SA- und SS-Bandei wird, sollen die werktätigen Massen geknebelt we listische und großagrarische Wirtschaftsprogramr Massen einzusetzen. Wir machen Ihnen deshalb den Vorschlag, in ei die werktätigen Massen, insbesondere die Komm kraten, aufzufordern: Kommunisten und Sozialdemokraten beginnen rung und Durchführung der Abwehr gegen die 1 Reaktion auf die Arbeiterorganisationen, für die verhafteten Arbeiter und Arbeiterführer, für die gegen die kommunistischen Abgeordneten und I Organisationen, für die Aufhebung der Notverordr Demonstrationsverbote und die Einführung der H Kommunisten und Sozialdemokraten organisiere gegen die bewaffneten Überfälle der faschistisch Hilfspolizei durch Massenproteste, Massendemom senstreiks und Massenselbstschutz. Kommunisten und Sozialdemokraten organisi« Betrieben, Stempelstellen und Arbeitervierteln und gruppen zum Schutz des Arbeiterlebens und Arbei Kommunisten und Sozialdemokraten beginnen u aktionen, Kundgebungen, Demonstrationen und gegen den Lohnabbau, gegen jede Verschlechterun gegen die Anschläge auf die Sozialversicherung, werbslosenunterstützung, gegen die Entlassung a Verteidigung der Arbeiterfunktionäre in den Beti nung der Polizei und SA-Hilfspolizei vor den Bet Bei der Annahme und praktischen Durchführm Kampfaufgaben wird sich das Zentralkomitee de mit der Exekutive der Kommunistischen Internat] meinsamen Kampfes gegen das Kapital und gegen griffes auf die Sozialdemokratie enthalten. Gegen alle, die die Bedingungen des Abkomm, der Einheitsfront verletzen, muß der rücksichtslose: Angesichts des Ernstes der Lage, die unmittelba beiter gegen den faschistischen Terror erfordert, hs daß alle kommunistischen, sozialdemokratischen, Gewerkschaftsmitglieder, ohne die Resultate zentr ATION nd demol in größer er-Papen itlerparte i das gro die wei ^einsamer und Soz lit der C' der fasd : Freilassi ng der Sc äre der j ber Zeitu n. meinsamc len und n, politise tionsaussc ieren Selb ums. lieh durch mit dem •beitsbedi m Abbau Betrieben, id für dit • zwei wi im Einve ir die Zei ;chismus j der Durci ?f geführt •faktioner es für nc annerarbc handlung DIE KPD UND DIE EINHEITSFRONT 375 warten, die Organisierung gemeinsamer Kampfaktionen und die Wahl ge- meinsamer Kampfleitungen unverzüglich in Angriff nehmen. Berlin, den 14. März 1933 Zentralkomitee der Kommunistischen Partei Deutschlands. Rundschau über Politik, Wirtschaft und Arbeiterbewegung Basel, Nr. 6/1933, S. 149. 113. RGO-POLITIK (1933) BRIEF DES ZK DER KPD Manche Kommunisten und viele klassenbewußte Gewerkschaftsmitglieder sind im Begriff, die Gewerkschaftsmitgliedsbücher hinzuwerfen und die Bei- tragszahlung einzustellen. Sie glauben damit ihrem Protest gegen den faschi- stischen Gewaltstreich, gegen die direkte Unterstellung der Gewerkschaften unter das Kommando des Monopolkapitals und seiner Hitlerregierung Aus- druck zu geben. Dieses Verhalten mancher Genossen bedeutet jedoch keinen Protest, sondern ein offenes Zurückweichen vor dem faschistischen Angriff auf die Gewerkschaften und vor der Kapitalsoffensive. Die faschistische Dik- tatur in den Gewerkschaften kann für uns nur der Anlaß sein, uns um so fester mit den Massen der Gewerkschaftsmitglieder zu verbinden, eine syste- matische revolutionäre Arbeit in den Betrieben und kommunistische Frak- tionsarbeit in den Gewerkschaften zu leisten und die Revolutionäre Gewerk- schaftsopposition durch den Masseneintritt revolutionärer Arbeiter in die Gewerkschaften zu verstärken bei gleichzeitiger Förderung der bestehenden roten Einheitsverbände . . . Alle scheinbar furchtbar »radikalen« Tendenzen der »Nichtabführung der Gewerkschaftsbeiträge«, der »Beitragssperre« und dergleichen bedeuten nichts anderes als die Isolierung der revolutionären Arbeiter von den Massen der Gewerkschaftsmitglieder. Statt des Kampfes um die Gewinnung der Gewerk- schaftsmitglieder zur Verteidigung der Arbeiterinteressen gegen den Willen der faschistischen Kommissare würde das ein Davonlaufen vor den faschisti- schen Gewerkschaftskommissaren bedeuten, einem Verzicht auf den gewerk- schaftlichen Kampf gleichkommen und das Bestreben der Nazi, die Kampf- kraft der Gewerkschaftsmitglieder zu dezimieren, nur fördern. Es ist im Gegenteil nötig, jede Gelegenheit zu benutzen, das Bestimmungsrecht der Ge- 376 DIE KPD IN DER ILLEGALITÄT UND Werkschaftsmitglieder zu verteidigen, den Kampf ui die Wählbarkeit der Funktionäre in den Gewerksdb die Mitglieder dafür zu gewinnen, daß sie nur sold gen anerkennen, die von den Mitgliedern selbst kämpfen weiter um die Eroberung der unteren Gev Gewinnung der Funktionäre und setzen gegen den Gewerkschaftskommissare die Wahl revolutionärer Vertrauensleute und Gewerkschaftsfunktionäre durd Gewerkschaftskommissare Mitgliederversammlunge: Meinungsäußerung der Mitglieder fürchten, so ist auf den Kampf um die Gewerkschaften zu verzieht mehr ein Ansporn sein, nun erst recht die Massen de in den Betrieben und an den Stempelstellen für die ’ die faschistischen Gewerkschaftskommissare durch in den Gewerkschaften die Kampforganisierung v winnt die Sammlung der Massen der Gewerkschaft tätigen und der Erwerbslosen, ihre Mobilisierung fü front, ihre organisatorische Zusammenfassung durd Bedeutung. Die historische Aufgabe der RGO ist di sierung der Massen der Arbeiter, Arbeiterinnen u und der Angestellten auf dem Boden des revolutio Kampf um die Verbesserung der Arbeitsbedingunge der kapitalistischen Ausbeutung überhaupt... Auf diesem Wege muß die RGO zu einer breiten * Massen der Gewerkschaftsmitglieder werden, ohne c den Unorganisierten versäumt wird. Der Aufbau d der Gewerkschaften entsprechen. Unter Ausnutzung lässe sollen die Massen der Gewerkschaftsmitglieder missionen zusammengefaßt und für die selbständige wonnen werden. Wenn wir so den Kampf um die Gewerkschafte Gewerkschaftsmitglieder und auch die UnorganisL Einheitsfront gewinnen, die Massen im Prozeß der tischen Massenstreik und an den Generalstreik ge$ tatur heranführen, werden wir nicht nur mit Ei Forderungen der Arbeiter erkämpfen, sondern im zum Sturze der faschistischen Diktatur den Einfluß der faschistischen Gewerkschaftskommissare beseitig ten erobern .. . ^TION beiterdem dterzufüh und Best >en wurd Jsfunktio der fasch ?r als bet: die fasch: dern, wei 1 weniger muß für 1 cschaftsmi gewinnei listische I n wollen ler, der I npfende I rO um so ung und idlichen j arxismus ir die Bes onsbeweg i die Arbc soll der $ schiedens irschieden organisier 1, die Ma: r die kär ipfe an d Faschistiscl : wirtschi ionären ’ ialfaschisr Jie Gewe Rundschau über Politik, Wirtschaft und Arbeiterbewegur Basel, Nr. 16 vom 26. Mai 1933, S. 501/502. DIE KPD UND DIE EINHEITSFRONT 377 II4. »BRÜSSELER« KONFERENZ FÜR EINHEITSGEWERKSCHAFTEN ... Eine sehr wichtige Aufgabe der kommunistischen, sozialdemokratischen und christlichen Gewerkschaftsmitglieder ist der gemeinsame Kampf um die gewerkschaftlichen Interessen, um den gemeinsamen Wiederaufbau der Freien Gewerkschaften innerhalb der »Deutschen Arbeitsfront«, wobei an erster Stelle die Schaffung von Gewerkschaftsgruppen steht. Wo solche Gruppen bereits auf Initiative einer politischen Organisation geschaffen wurden, sollen die Mitglieder und Anhänger der anderen politischen Organisationen sich diesen Gruppen anschließen. Unter keinen Umständen darf wieder die frühere Zerreißung der gewerkschaftlichen Bewegung nach Parteirichtungen eintreten. Die Kommunistische Partei ist für die Einheit und die volle Selbständigkeit der Gewerkschaftsbewegung und wird ihren Wiederaufbau mit allen Kräften unterstützen und fördern. Durch eine vorbildliche gewerkschaftliche Arbeit müssen sich die Kommunisten das Vertrauen der Gewerkschaftskollegen er- werben . .. Aus: Resolution der Brüsseler Parteikonferenz der KPD vom Oktober 1935 in: Dokumente zur Geschichte der Kommunistischen Partei Deutschlands aus den Jahren 1935 bis 1939 Hrsg, von der SED, Berlin o. J. (1946), S. 28/29. 115. »UNSER VERHÄLTNIS ZUR SOZIALDEMOKRATIE UND ZU DEN SOZIALDEMOKRATISCHEN MASSEN«^ Von Wilhelm Florin Die zentrale Aufgabe, die am dringendsten die taktische Neuorientierung erfordert, ist die Herstellung der Aktionseinheit aller Teile der deutschen Wilhelm Florin war Mitglied des Politbüros der KPD. Er hielt auf der Brüs- seler Konferenz im Oktober 1935 eine Rede, in der er sich kritisch mit dem Ver- hältnis der Kommunisten zu den Sozialdemokraten auseinandersetzte. Die Rede wurde in der Kommunistischen Internationale abgedruckt und ist auszugsweise wie- dergegeben. 378 DIE KPD IN DER ILLEGALITÄT UNI Arbeiterklasse und die Schaffung der Volksfront s Menschen im Kampf gegen die faschistische Dikta Die Erfüllung dieser Aufgabe setzt in erster L der Kommunisten zum sozialdemokratischen Ai eines anderen Verhältnisses zu der Sozialdemoki früher ... Die faschistische Diktatur richtete sich in ihren i gen immer stärker auch gegen die Träger der sozia Die faschistische Diktatur hat den sozialdemc gelernten wie den ungelernten, Freiheiten und Red front der gewerkschaftlich organisierten Arbeiter i Verlust an freiheitlichen Rechten am allerwenigst Wir müssen uns der entscheidenden Bedeutung daß die sozialdemokratischen Arbeiter in ihren Fc tischen Willen und Sehnen gegenwärtig in schäri geoisie stehen... Worin bestehen die Fehler der Einheitsfrontpol begangen haben? Im Grunde stellten wir die Frage der Vereinigung in den Reihen unserer Partei. Wir die zu einer Entstellung unserer Einheitsfrontpc nur den reaktionären Führern der Sozialdemoki heitsfront erleichtert, wir haben durch unsere F( lösung der linken Elemente von den reaktionären tischen Führung gehemmt, haben es ihnen ersehe demokratie erfolgreich für die Einheitsfront aufzi Diese Hemmungen und Fehler in unserer Einh bis heute sehr stark aus. Die Tatsache, daß wir der Einheitsfrontpolitik ausgenutzt haben, erschwert Ausnutzung der heutigen Gegensätze im Lager de einer wirklichen Einheitsfront, auch wenn wir ber getan haben. Wir müssen noch eine sehr große Ar unserer Partei waren von allen großen Parteien c nationale die größten Schwierigkeiten und sogi wirkliche Einheitsfrontpolitik vorhanden. Für die Beschlüsse des VII. Weltkongresses sein bloßen Zustimmung zur Resolution zu begnüge] Wendung liegt darin, daß wir uns an die Soziald formaler Weise, sondern an die sozialdemokratis« wieder herantreten, um den sozialdemokratisch« Bewußtsein zu bringen, daß wir die aufrichtigst tarische Einheitsfront sind. Leider gibt es nod 30. Juni 1934 - vgl. Anmerkung 91. LATION ktätigen < anderes ind die ü Partei v n und Au atischenB en Arbei isen.Dieh diland ka hmerzen. sache bev sn, mit ih igensatz 2 wir Kon- heitsfront lurch unse führt hat Sabotage 1 Prozeß ler sozial erhalb d« politik w ii97 nicht1 e Zweifel oisie zur ! irsten Sch :en, denn munistisd rstände g t, sich nid >inn der ie wendei ;anisation tern wir! pfer für • Genosse DIE KPD UND DIE EINHEITSFRONT 379 Grunde ihres Herzens der Meinung sind, daß es sich bei unserer Einheits- front im Wesen um Manöver zur Entlarvung der sozialdemokratischen Führer handelt, die meinen, es genüge, an die sozialdemokratischen Führer heranzu- treten, um sich ihre ablehnende Haltung gegenüber der Einheitsfront bestä- tigen zu lassen. Eine solche Einstellung muß wirklich ausgerottet werden. Wir müssen an die sozialdemokratischen Organisationen immer wieder ernst her- angehen, mit dem unerschütterlichen Willen, die Einheitsfront tatsächlich zu- stande zu bringen, allen Hemmungen und Schwierigkeiten, allen Widerstän- den und aller Sabotage zum Trotz ... Denken wir daran, wie ungenügend und schlecht wir auf die Zerschlagung der Gewerkschaften reagierten, wie wenig wir den 30. Juni auszunutzen ver- standen. Und haben wir etwa auf die Ermordung Husemanns?8 richtig rea- giert? Haben wir verstanden, das Wachsen der Solidaritätsstimmungen mit Hilfe der neuen Methoden der Einheitsfront zu organisieren? Haben wir nicht auch die einzelnen Lohnabbaumaßnahmen, die Unternehmerangriffe und alle Vorgänge in den Betrieben nur in den seltensten Fällen zu wirklichen Einheitsfrontaktionen und Abkommen auszunutzen verstanden? All diese Tatsachen hängen damit zusammen, daß wir deutschen Kommunisten uns der eingetretenen Veränderung der Lage nicht voll bewußt waren und nicht be- griffen, daß die Einheitsfronttaktik auf neue Art angewendet werden mußte. Das trifft besonders die Führung der Partei. Weil wir nicht in der richtigen Weise die Bildung der Einheitsfront geleitet und gefördert haben, wurde in den unteren Organisationen an konkreten Anknüpfungsmöglichkeiten zur Schaffung der Einheitsfront sehr viel verpaßt... Die Kommunistische Internationale Zeitschrift des Exekutivkomitees der Kommunistischen Internationale Nr. 20 vom 30. November 1935, S. 1769-1771. 116. DIE KPD UND DER KIRCHENKAMPF Der Kampf zwischen der faschistischen Diktatur auf der einen Seite und der katholischen Kirche und der evangelischen Bekenntniskirche auf der anderen Seite spitzt sich zu und erfordert die volle Aufmerksamkeit und aktive Unter- stützung der um die Religionsfreiheit kämpfenden katholischen und evange- Fritz Husemann, von 1919 bis 1933 erster Vorsitzender des Bergarbeiterver- bandes und von 1924 bis 1933 MdR (SPD), wurde am 15. April 1935 von der SS ermordet. 380 DIE KPD IN DER ILLEGALITÄT UND I lischen Massen durch alle Antifaschisten. Allwöchen und Protestanten verhaftet und verurteilt, weil sie gesetzgebung Hitlers brandmarken, für den Frieden freien Predigt ihres Glaubens verteidigen, sich geger katholischen Jugend- und Gesellenorganisationen v grüß verweigern. Fast die ganze Leitung der Beken und auch ihr aktivster Prediger Martin Niemöller w Die verschärften Angriffe der Hitlerdiktatur gege Kriegsplänen Hitlers und der zunehmenden Oppe gegen die Unterdrückung jeder Gewissensfreiheit uni begründet. Zu Hitlers totaler Vorbereitung des Erol: Beseitigung der Rechte der katholischen und evanj Schaffung einer Staatsreligion, die die faschistische I lers Kampf gegen die Rechte der Kirchen ist ein An Massen der Mittelschichten, die den Kern der K Gerade diese wurden von Hitler mit unzähligen Vei und deren bittere Enttäuschung, die steigende Für Wunsch nach Freiheit, findet heute einen dramatisch« nähme am Kirchenkampf. Wie der Terror gegen die religiöse Bekenntnisfreih« gemeinen Kampfes der Hitlerdiktatur gegen die Frc Rede, der Schrift, der Versammlung und Vereinigt der Kampf der Katholiken und Protestanten um di< bensfreiheit ein Teil des großen Freiheitskampfes de Erfolg der Massen im Kirchenkampf versetzt dei einen ernsten Schlag, durchbricht ihre Totalität, f Volksmassen und stärkt ihr Selbstbewußtsein und große Volksbewegung für Freiheit und Frieden Tyrannen siegen wird. Im Sinne unserer großen Aufgabe der Einigung de stische Barbarei unterstützen wir den Kampf der k; sehen Organisationen um die Verteidigung ihrer Ri Der Versuch mancher katholischen Führer, einen » Faschismus und Kommunismus zu eröffnen, ist ebei teilt, wie die Kompromißpolitik bestimmter deut dem Hitlerfaschismus 1933. Der Kampf um Freihe in gemeinsamer Schlacht aller Freunde der Freiheit ... Die Wirkung des Kampfes gegen den Faschismus die Kommunisten bekämpft, ohne die der gemeins« möglich ist. Der »Zweifrontenkrieg« zersplittert die ein Zurückweichen vor der Goebbelspropaganda, die stische Hetze die Einigung der Volksmassen gegen I TION •den Kati endliche I n, das Re ter drückt der den he ist ver gekerkert rchen sind reitester raunen D rieges geh Kirche t itik segne □nders ge mein den igen irreg dem Kri uck in ihr standteil ; Gedank« >0 ist um; ligung de en Volke1 tischen E lie Einigt ¡vißheit, c lie faschi gegen die en und e^ ntenkrieg Scheitern rchenfürs •rieden k;: s Frieden , wer glei ; über Hi es Volkes lie antibo rhindern DIE KPD UND DIE EINHEITSFRONT 381 Wenn es in der Tat bestimmte Kräfte gibt, die den selbstmörderischen Weg des Kompromisses mit Hitler oder den »Zweifrontenkrieg« dem geeinten Kampf aller antihitlerischen Kräfte vorziehen, so dürfen die Antifaschisten demgegenüber nicht untätig abwarten. Sie müssen alles tun, um die Zu- sammenarbeit mit jenen Kräften im katholischen Lager herbeizuführen, die das Gebot und die Notwendigkeit der Einigung aller Hitlergegner begreifen. Je entschiedener wir für die Forderungen nach Glaubensfreiheit eintreten, und je mehr wir das durch die Tat bekräftigen, indem wir den Katholiken bei ihrem Kampf zur Seite stehen, umso sicherer verhindern wir, daß die katholischen Massen von reaktionären Führern auf den Irrweg gegen die Volksfront gezogen werden. Wenn die Antifaschisten nicht entschieden ihre Stellung an der Seite der verfolgten Gläubigen beziehen, dann sind sie selbst mit Schuld, wenn diese zur Beute verräterischer Führer werden. Die Hitlerdiktatur sucht den Widerstand der katholischen Kirche durch eine Flut von Sittlichkeitsprozessen zu brechen, die ein Erpressungsmanöver sind, um die Kirche nachgiebig zu machen. Demgegenüber verweisen wir auf die Massenkorruption im Lager der Hitlerführung selbst. Die Göring, Goeb- bels und Konsorten, deren Luxus und Riesengehälter das ganze Volk empören, die ganze hohe Partei- und Regierungsbürokratie, deren Massenunterschla- gungen und sittliche Vergehen sorgsam vertuscht werden — diese Leute mit dem peinlichen Privatleben, diese Verderber einer ganzen Jugend, diese Ver- brecher am ganzen Volk haben kein Recht, über Fehltritte Gericht zu sitzen. Die von ihnen inszenierten Sittlichkeitsprozesse gegen die katholischen Or- densangehörigen sollen nur die Unterdrückung der Katholiken rechtfertigen und von der Beseitigung der Glaubensfreiheit ablenken. Aus dieser Situation ergeben sich folgende Aufgaben: Aktivste Unterstützung des Kampfes der Katholiken und Protestanten um ihre Rechte, für die Glaubensfreiheit. Massenmobilisierung für die Frei- lassung von Niemöller, Rossaint und der vielen anderen verhafteten Pfarrer. Verteidigung der Rechte der katholischen und evangelischen Jugendorgani- sationen und gemeinsamer Kampf mit ihnen gegen die Verschickung deut- scher Jugendlicher zu Franco, gegen den Kriegsdrill der deutschen Jugend. Kameradschaftliche Zusammenarbeit und gemeinsamer Kampf mit den christlichen Arbeitern in den Betrieben, in der DAF und in anderen Massen- organisationen. Herstellung der Einheit des antifaschistischen Kampfes durch Zusammen- arbeit für die Propaganda und für die Durchführung der Volksfrontfor- derungen. Gemeinsame Schaffung von... Stützpunkten der Volksfront. Zentralkomitee der KPD Direktive Nr. 3 Anlage zur Deutschland-Information des ZK der KPD Juni 1937, S. 104-107. /HON 382 DIE KPD IN DER ILLEGALITÄT UND II7. AUFRUF FÜR DIE DEUTSCHE V( FÜR FRIEDEN, FREIHEIT UND In kurzem werden vier Jahre seit Hitlers Machtei Bei seinem Amtsantritt versprach der Führer und Re dem Bauern und dem gewerblichen Mittelstand Den und Wohlstand. Hitler hat sein Versprechen nicht gehalten. Die Stadt und Land, in Fabriken, Schächten und Konto del und auf den Bauernhöfen hat sich ständig verscl der Persönlichkeit wird immer brutaler. Die Volksinteressen werden rücksichtslos der V< geopfert, der furchtbarer sein wird als alle bisherigei Nürnberger Parteitag hat Adolf Hitler die Steigei kündigt. Sie droht nicht nur Deutschland, sonderr entsetzliche Katastrophe zu stürzen. Um ihretwillei gezwungen, dem Rüstungskapital immer größere C Die Volksfront will keine neue Partei sein. Sie werden, die entschlossen sind, ihre Kraft für Freiheit sehen Volkes einzusetzen. Alle in ihr vereinigter bleiben ihren besonderen weiterreichenden Zielen 1 die braune Zwangsherrschaft zu vernichten. Erst der Sturz der nationalsozialistischen Mach sehen, geistigen und religiösen Strömung die Mö Ansichten, Ziele und Ideale in freier Gleichberechti| zu erreichen, verpflichten sich alle Gegner des heu bleiben und in geschlossener Front zu streiten, bis d freies Deutschland geschaffen ist. Wir fordern: Freiheit für das Volk! Freiheit für alle Opfer Zuchthäusern, Gefängnissen und Konzentrationsla bung aller Terror- und Ausnahmegesetze! Keine tionslager mehr! Bestrafung aller, die für die Verbrechen des heut lieh sind! Freiheit der Presse, Versammlungsfreiheit! Freiheit des Gewissens, des Denkens und der reli Ein Ende der Rassenhetze, dieser Schmach für di Ein Ende der kriegshetzerischen Propaganda in RONT *937) ; vergang ler dem A s Arbeit, r Werktäi dandwerl e Unterdi ng eines Auf dem ser Politi ize Welt as deutscl bringen . Bund alb hlstand d m und C e eint de drd jeder geben, 1 zutreten, igimes, g< ;r besiegt jimes, die machten! ¿eine Kor tems vera bung! ie Kultur istalt! DIE KPD UND DIE EINHEITSFRONT 383 Wahl der Richter durch das Volk! Sicherung des Einzelnen gegen Willkür durch eine verbürgte Rechtsordnung! Koalitionsrecht für alle schaffenden Männer und Frauen! Befreiung der Wissenschaft von allen Fesseln, Neuaufbau aller Unterrichts- anstalten in freiheitlichem und modernem Geist!... Das Volk entscheidet: Nicht Hitlers brutale Macht- und Kriegspolitik, sondern die Politik der Deutschen Volksfront wird dem ganzen Volk Freiheit und Brot bringen. Sobald dies erreicht und die Freiheit gesichert ist, wird das Volk auf Grund seines unverfälschten demokratischen Wahlrechtes seine Vertreter wählen, die ihm allein verantwortlich sind. In dem freien Deutschland werden die Ge- meinden und werden alle Einrichtungen des öffentlichen Lebens wieder auf die Grundlage der Selbstverwaltung gestellt sein ... Zur Erreichung dieser Ziele haben wir uns zusammengefunden, sicher der Zustimmung unserer Gesinnungsgenossen in der Heimat. Allen Gegnern des blutigen Schandregimes rufen wir zu: Sucht Verbindung untereinander und mit uns! Vereinigt Eure Kräfte mit den unseren zu gemeinsamem Kampf! Schlagen wir in einer Front den, der unser aller Feind ist! Unser nächstes Ziel ist der Sturz Hitlers und aller Peiniger des deutschen Volkes! Für Freiheit, Frieden und Brot! Der Aufruf trägt folgende Unterschriften: Rudolf Breitscheid, Albert Grzesinski, Max Braun, Professor Denicke, Toni Sender, Professor Siegfried Marek, Dr. E. Drucker, Professor Alfred Meusel, Alfred Braunthai, Professor Julius Lips, Emil Kirschmann, Dr. Hans Hirschfeld, Max Hoffmann, Bruno Süß, Siegfried Aufhäuser, Karl Böckel, Alexander Schifrin, Richard Kirn, Bernhard Menne, Dr. Otto Friedländer (Sozialdemokraten). Wilhelm Pieck, Wilhelm Florin, Walter Ulbricht, Franz Dahlem, Kurt Funk, Paul Merker, Willi Münzenberg, Ackermann, Weber, Bertz, Wilhelm Koenen, Philipp Daub, Hugo Gräf, Philipp Dengel (Kommunisten). Willi Brandt, H. Diesel, K. Franz, R. Frey, Dr. Fried, J. Ewas, M. Koch, K. Sachs, J. Schwab, Th. Vogt (Für die Sozialistische Arbeiterpartei, SAP). Lion Feuchtwanger, Arnold Zweig, Heinrich Mann, Professor Georg Bern- hard, Ernst Toller, Professor E. J. Gumbel, Rudolf Olden, Balder Olden, Egon Erwin Kisch, Rudolf Leonhard, Professor Alfons Goldschmidt, Kurt Rosenfeld, Professor Anna Siemsen, Otto Lehmann-Rußbüldt, Dr. Wolfgang Hallgarien, Bodo Uhse, Theodor Fanta, Wolf Frank, Dr. Felix Boenheim, Johannes R. Becher, Walter Schönstedt, Professor Dr. J. Schaxel, Professor 384 DIE KPD IN DER ILLEGALITÄT UND Fritz Lieb, Klaus Mann, Dr. Budzislawski, Kurt K land Herzfelde, Max Seydewitz. Rundschau über Politik, Wirtschaft und Arbeiterbewegui Basel, Nr. 2 vom 14. Januar 1937, S. 46/47. 118. VORSCHLAG ZUR EINIG DER DEUTSCHEN OPPOSITK Der furchtbare Ernst der deutschen Kriegsgefahr deutschen Opposition den Ruf nach Einigung ve werden sich ihrer geschichtlichen Verantwortung Welt bewußt. Trotz Differenzen und Schwierigke setzt sich der Gedanke der Einigung immer mehr der gegenwärtigen Situation erheischt gebieterisch d Sonderinteressen und alles Trennenden, soll die deu gewichtigen politischen Faktor werden. Nur wenn die deutsche Opposition einig ist, kam: gegner in Deutschland planmäßig und erfolgreiche sie einig ist, kann sie als selbständiger Verbündeter < in der Welt auftreten und Anerkennung finden ... Sozialdemokraten und Kommunisten, Katholiken kirche, Vertreter jüdischer Kreise und Männer des d des fortschrittlichen Bürgertums sind sich in folgern i. Die deutsche Opposition kämpft mit allen ihr Mitteln gegen die Kriegspolitik Hitlers. Die Sich« einzige wahre deutsche Volkspolitik. Der Sturz Garantie des Friedens. Sollte Hitler den Krieg beginnen, so kämpft innerhalb und außerhalb des Landes für die mög des Krieges durch den Sturz der kriegsverbrechens« damit im Lebensinteresse der deutschen Nation um der demokratischen, fortschrittlichen Kräfte in der Das gemeinsame Ziel der deutschen Oppositi volksfeindlichen Gewaltherrschaft des Nationalso? einer neuen deutschen demokratischen Republik. Die neue deutsche demokratische Republik Grundforderungen verwirklichen: KTION Srnst Bio» 38) allen Kre Die Hitl tschland ler Verga denn die kstellung »Position Arbeit de: :ützen. N »kratischei ;er der Bel Geistesiel ptpunkte fügung sl :s Frieder lerregime ätsche O{ melle Bec annei. Sie h als Ver! ie Beseitig , die Erk Igende el< DIE KPD UND DIE EINHEITSFRONT                                                                      385 Persönliche und politische Freiheit für alle Bürger ohne Unterschied der Herkunft, des Standes, der Rasse und der Religion; volle Glaubens- und Ge- wissensfreiheit, Freiheit der Organisationen, der Presse und Versammlung; Freiheit der Lehrtätigkeit, der wissenschaftlichen Forschung und künstleri- schen Gestalung; Wiederherstellung des freien und gleichen Wahlrechtes; Selbstbestimmungsrecht für das österreichische Volk. Durchführung einer Wirtschaftspolitik, die der Hebung des Volkswohl- standes und dem Frieden dient, an Stelle der heutigen wirtschaftszerstörenden Rüstungs- und Autarkiepolitik der nationalsozialistischen Diktatur. Sicherung einer Außenpolitik, die die Einheit und Unabhängigkeit Deutschlands in jeder Hinsicht gewährleistet und für die Erhaltung des Frie- dens im Geiste der Völkerverständigung wirkt. Die neue demokratische Republik wird die Schwächen der Weimarer Zeit gegenüber der Reaktion nicht wiederholen und solche Maßnahmen zur Verteidigung der neu errungenen Freiheit treffen, die eine Wiederkehr der faschistischen Tyrannei ein für allemal unmöglich machen. Was könnte die deutsche Opposition gegenwärtig schon tun, um den Kampf für die ihr gemeinsamen Ziele zu fördern und zu unterstützen? Allein die Tatsache des Zusammenschlusses der deutschen Oppositionsgruppen in einem aktiv arbeitenden Volksfront-Zentrum würde schon als moralischer Faktor eine starke, belebende Wirkung auf die innerdeutsche Opposition ausüben und die Verwirklichung der Idee der Einigung aller Schichten des Volkes gegen Hitler erleichtern. Im Kampf um den Frieden könnte sich die deutsche Opposition unmittel- bar über folgende gemeinsam zu treffende Maßnahmen einigen: Gemeinsame Aufklärung des deutschen Volkes durch Radio, Flugschriften und andere den deutschen Bedingungen angepaßte Methoden über die Kriegs- gefahr und die Kriegsschuld Hitlers, über die drohenden Kriegsleiden für das deutsche Volk, über die nationalsozialistischen Kriegslügen, über die Rassen- hetze, über die Religionsverfolgungen, über die Möglichkeit des Volkswider- standes usw. Festlegung gemeinsamer volkstümlicher Losungen bei wichtigen Ereig- nissen, die durch alle verfügbaren Verbindungen und Kanäle zu gleicher Zeit im Lande verbreitet werden. Ständige gemeinsame Information der demokratischen freiheitlichen Welt über den Kampf des anderen Deutschlands gegen Hitler. Dies liegt besonders im nationalen Interesse Deutschlands, damit die anderen Völker nicht ihre berechtigte Abscheu über das Hitlerregime auf das unterdrückte deutsche Volk übertragen. — Aufbringung von Geldmitteln zur Unterstützung des inner- deutschen Kampfes. Gemeinsame hitlergegnerische Arbeit unter den Ausländsdeutschen und innerhalb der deutschsprachigen Minderheiten anderer Länder. 386 DIE KPD IN DER ILLEGALITÄT UND Schaffung einer gemeinsamen Tageszeitung d Gemeinsame Anstrengungen zur Hilfe für die und ihre Familien in Deutschland. Gemeinsame Förderung der Interessen der dei Angesichts der außerordentlich ernsten Lage müßt sehen Opposition sofort zusammentreten, um die £ Gruppen im Falle des Krieges festzulegen. In der gemeinsamen Tätigkeit der deutschen C trauen zueinander wachsen. Das schädliche Gege Hitler profitiert, wird durch ein Miteinander in i werden. Die Volksfront läßt die religiösenÜberzeut Grundsätze der in ihr vereinigten Parteien, Grup unangetastet, sie verlangt von ihren Partnern nur Kräften für die freiwillig anerkannten Ziele ein Schicksalsaufgabe der deutschen Opposition alles unt Die Volksfrontbewegung erstrebt eine zeitweilig digung mit allen hitlergegnerischen Kräften, die r der Volksfront anzuschließen. In dieser Zeit, in der infolge von Hitlers Angrifl täglich der Krieg ausbrechen kann, in der jeder H tion auch persönlich vor die schwierigsten Entschei ist die rasche Einigung der deutschen Opposition zur Erfüllung minimalster Aufgaben — das Gebot Dringend erinnern wir an die Mahnung, wie sie reitung einer deutschen Volksfront auf seiner Taj durch den Mund seines Präsidenten Heinrich Mani deutsche Volk erließ: »Reichen wir einander die Hand! Verbünden v samen Feind Hitler! Sozialisten, Kommunisten, aller Konfessionen, handeln wir gemeinsam, helfe enden wir jegliche Zersplitterung, die nur Hitler zusammen zur großen deutschen Volksfront, die a zum Sturze Hitlers führen kann und wird.« 16. September 1938 Zentralkomitee der Kommunist! ^TION chen Op] nen Hitk Lmigratio ertreter d me Haitu n wird c ?r, von c -er Arbei nd die pc l Persönli sich mit nd dieser 1. lauernde t bereit s Tschecho er in der gestellt se es zuni: nde. ;schuß zui m 17. Ap r Botscha ¡egen den -aten, Ar ns gegensi Schließen >er deutsc irtei Deu Rundschau über Politik, Wirtschaft und Arbeiterbewegu Basel, Nr. 48/1938, S. 1607/1608. DIE KPD UND DIE EINHEITSFRONT 387 II9. KPD-ANGRIFFE GEGEN DIE SPD (1940) . .. Der Weg der gegenwärtigen Sozialdemokratie ist der Weg des schwärze- sten Verrats und des niederträchtigsten Verbrechens an der Arbeiterklasse. In allen Sektionen der Zweiten Internationale bestand in der Frage der Unterstützung der Entente und des von ihr entfesselten Krieges völliges Ein- verständnis. Die Führer der Zweiten Internationale haben versucht, diesen Umstand als einen Beweis der Richtigkeit ihres Standpunktes auszunützen. Besonders beharrlich haben die deutschen Sozialdemokraten dieses »Argu- ment« gebraucht, aber auch die italienischen Sozialisten, die sich bekanntlich ebenfalls auf die Seite England-Frankreich gestellt haben. Die deutschen sozialdemokratischen Führer, sowie auch die Führer der italienischen Sozialisten, widerspiegeln die Stimmungen unter jenen Teilen ihrer »vaterländischen« Bourgeoisie, die bereit waren, vor dem englisch-fran- zösischen Block zu kapitulieren. Gleichzeitig führen sie eine wütende Kam- pagne gegen die Sowjetunion und die revolutionäre Arbeiterbewegung. Diese braven Kerle haben keine Verbindungen mit den Arbeitern ihrer Länder, sondern stehen einfach im Dienste der englischen Kundschafterwesen. Schon in der ersten Etappe des Krieges spezialisierte sich die Sozialdemo- kratie auf die Verbreitung der englisch-französischen Propaganda über den »Krieg gegen den Hitlerismus«, »die Verteidigung der Demokratie und Zivilisation« und dergleichen mehr. . . Wenn man den sozialdemokratischen Schwätzern glauben darf, sind die Börsen in London und Paris um nichts anderes besorgt gewesen als um die Freiheit anderer Nationen. Die Schlußfolgerung ergibt sich von selbst: »alle Nationen müßten an der Seite der ,Altruisten’« in London aufmarschieren und in den Krieg eintreten. Und dafür haben die sozialdemokratischen Führer im Verlaufe der letzten Monate unaufhörlich und intensiv gearbeitet, das heißt, daß sie aktiv für eine Erweiterung des Kriegsbrandes aufgetreten sind. Eine besonders große Aktivität hat die Zweite Internationale anläßlich der finnischen Ereignisse entfaltet. Die sozialdemokratischen Führer strengten sich an, um den Kriegsherd in Finnland zu erweitern. Citrine, Blum, Höglund und andere gaben die heimtückischsten Parolen für einen antisowjetischen Kreuzzug aus. In ihrer Eigenschaft als vertierte Feinde des Landes des Sozialismus haben sich die sozialdemokratischen Führer die Verachtung und den Haß der gan- zen fortgeschrittenen Menschheit erworben. Die sozialdemokratischen Führer spielen im Kampfe der Reaktion gegen 388 DIE KPD IN DER ILLEGALITÄT UNI                                                                       NATION die revolutionäre Arbeiterbewegung eine führende                ue haben die Funktion des Gendarms und des Henkers über                 l ... Die Welt Zeitschrift für Politik, Wirtschaft und Arbeiterbewegur Stockholm, Nr. 33/1940, S. 947. 120. MANIFEST DES NATIONAL! EES FREIES DEUTSCHLAND ( ... »Die Ereignisse fordern von uns Deutschen ei düng. In dieser Stunde der höchsten Gefahr für Zukunft bildete sich das Nationalkomitee Freies D komitee gehören an: Arbeiter und Schriftsteller, S werkschaftler und Politiker, Menschen aller politisi Richtungen, die noch vor einem Jahre einen solcl für möglich gehalten hätten. Das Nationalkomite<i den Willen von Millionen Deutschen an der Fron Ausdruck, denen das Schicksal ihres Vaterlandes ar 99. Bereits im Juni 1943 hatten Ulbricht und Erich Emigration lebten, das Kriegsgefangenenlager Krasno ziere für die Gründung des Nationalkomitees Freies ; winnen, das am 12. und 13. Juli 1943 gegründet wurde 25 Vertretern kriegsgefangener Offiziere und Mannsch KPD-Funktionären (darunter Pieck, Ulbricht, J. R. Bei Herrnstadt). Die Kommunisten wandten in diesem Kon in der Zusammenarbeit mit nichtkommunistischen Kreis deten im Komitee nur eine Minderheit, aber sie besi übrigen Mitglieder kamen aus den verschiedensten Be und waren ein vorzügliches Aushängeschild. Das Nationalkomitee sollte in erster Linie nationale sieren, deswegen waren die KPD-Vertreter auch da NKFD die Farben Schwarz-Weiß-Rot wählte. Ab 21. Juli 1943 gab das Nationalkomitee die Wochen-! heraus. Es hatte außerdem den Sender »Freies Deutsch Juli 1943 auf Kurz- und Mittelwelle arbeitete. Am wurde schließlich noch der Bund deutscher Offiziere (u. gegründet. rzügliche ands Bes id. Demi und Offiz weltanscl immensch die Gedai i der Heij 1 liegt. D; , die in so ucht, um < nd (NKFJ 2 sich zusa 1 aus 15 ei ern, Acker Igreich ihn ie KP-Ver die Politil I sozialen egen Hitlc erstanden, Freies Dei. r Verfügur 12. Septen eneral von DIE KPD UND DIE EINHEITSFRONT 389 nalkomitee erachtet sich als berechtigt und verpflichtet, in dieser Schicksals- stunde im Namen des deutschen Volkes zu sprechen, klar und schonungslos, wie die Lage es erfordert. Hitler führt Deutschland in den Untergang... Hitler hat Deutschland politisch isoliert. Er hat die drei größten Mächte der Welt gewissenlos herausgefordert und zum unerbittlichen Kampf gegen die Hitlerherrschaft zusammengeschlossen. Er hat ganz Europa zum Feind des deutschen Volkes gemacht und dessen Ehre besudelt. So ist er verantwort- lich für den Haß, der Deutschland heute umgibt. Kein äußerer Feind hat uns Deutsche jemals so tief ins Unglück gestürzt wie Hitler. Die Tatsachen be- weisen: Der Krieg ist verloren. Deutschland kann ihn nur noch um den Preis unermeßlicher Opfer und Entbehrungen hinschleppen. Eine Weiterführung des aussichtslosen Krieges würde das Ende der Nation bedeuten. Aber Deutschland darf nicht sterben! Es geht jetzt um das Sein oder Nichtsein unseres Vaterlandes. Wenn das deutsche Volk sich weiter willenlos und wider- standslos ins Verderben führen läßt, dann wird es mit jedem Tag des Krieges nicht nur schwächer und ohnmächtiger, sondern auch schuldiger. Dann wird Hitler nur durch die Waffen der Koalition gestürzt. Das wäre das Ende unserer nationalen Freiheit und unseres Staates, das wäre die Zerstückelung unseres Vaterlandes. Und gegen niemanden könnten wir dann Anklagen er- heben als gegen uns selbst. Wenn das deutsche Volk sich jedoch rechtzeitig er- mannt und durch seine Taten beweist, daß es ein freies Volk sein will und entschlossen ist, Deutschland von Hitler zu befreien, erobert es sich das Recht, über sein künftiges Geschick selbst zu bestimmen und in der Welt gehört zu werden. Das ist der einzige Weg zur Rettung des Bestandes, der Freiheit und der Ehre der deutschen Nation. Das deutsche Volk braucht und will unver- züglich den Frieden. Aber mit Hitler schließt niemand Frieden. Niemand wird auch nur mit ihm unterhandeln. Daher ist die Bildung einer wahrhaft deutschen Regierung die dringendste Aufgabe unseres Volkes. Nur sie wird das Vertrauen des Volkes und seiner ehemaligen Gegner genießen. Nur sie kann den Frieden bringen. Eine solche Regierung muß stark sein und über die nötigen Machtmittel verfügen, um die Feinde des Volkes, Hitler und seine Gönner und Günstlinge unschädlich zu machen, mit Terror und Korruption rücksichtslos aufzuräumen, eine feste Ordnung zu schaffen und Deutschland nach außen hin würdig zu vertreten. Sie kann nur aus dem Freiheitskampf aller Volksschichten hervorgehen, gestützt auf Kampfgruppen, die sich zum Sturz Hitlers zusammenschließen. Die volks- und vaterlandstreuen Kräfte in der Armee müssen dabei eine entscheidende Rolle spielen. Eine solche Regierung muß den Krieg sofort ab- brechen, die deutschen Truppen an die Reichsgrenzen zurückführen und Frie- densverhandlungen einleiten unter Verzicht auf alle eroberten Gebiete. Erst 390 DIE KPD IN DER ILLEGALITÄT UND : so wird sie den Frieden erzielen und Deutschland gleichberechtigten Völker zurückführen. Erst sie sch die Möglichkeit, im Frieden seinen nationalen Will seine Staatsordnung souverän zu gestalten. Das Ziel land .. . Vorwärts Deutsche zum Kampf für ein freies I Opfer sind unvermeidlich. Aber sie werden umso g sener der Kampf gegen Hitler geführt wird. Die Opf lands Befreiung werden tausendfach geringer sein al eine Fortsetzung des Krieges erfordert. Deutsche Soldaten und Offiziere an allen Fronten unter den Waffen! Bahnt euch mutig unter verani rern, die eins sind mit euch im Kampf gegen Hith zum Frieden. Schaffende Männer und Frauen in der Heimat Macht sie zur Stoßkraft durch Organisation! Bildt trieb, im Dorf, im Arbeitslager, auf den Hochschi sammenkommt! Leistet Hitler keine Gefolgschaft m mißbrauchen zur Mithilfe an der Verlängerung c allen Mitteln, jeder auf seine Weise an seinem P’ Staats- und Wirtschaftsleben! Wir haben in unserer< bild. Vor 130 Jahren wandten sich, als noch deutsd russischem Boden standen, die besten Deutschen, v witz, Yorck und andere von Rußland aus über die Machthaber hinweg an das Gewissen des deutschen Freiheitskampf auf. Gleich ihnen werden wir all un Leben emsetzen, um alles zu unternehmen, was dc Volkes entfaltet und den Sturz Hitlers beschleur freies Deutschland erfordert Mut, Tatkraft und Ei Mut. Die Zeit drängt. Rasches Handeln tut not. 'N oder blindem Gehorsam weiter mit Hitler geht., Deutschland in eine Katastrophe treiben. Wer ab höher stellt als den Befehl des »Führers« und das L Volk einsetzt, handelt mutig und hilft das Vatc Schmach erretten. Für Volk und Vaterland! Gegen Hitler und seim tigen Frieden! Für die Rettung des deutschen Volk abhängiges Deutschland! Nationalkomitee Freies Deutschland. Major Karl Hetz, Königsberg, Major Heinrich F Herbert Stößling, Enns, Hauptmann Bodo Fleische TION Semeinsd deutschei ;u bekunc: in freies I nd! Wir ¡ein, je en mpf uml alosen Oj: >t Waffen ;sbewußt< Veg zur 1 id die M fgruppen *rall, wo t euch nie jes! Käm gesellscha :e ein grol en als Fei 1, Arndt, ler verrät md riefet ft und au fitskampf r Kampf mheit. Vc Furcht, K t feige u iebot der 1 die Ehre ?r seiner ! Für eine fin freies Hambur; hing, Hai. DIE KPD UND DIE EINHEITSFRONT 391 Dr. Emst Hadermann, Kassel, Oberleutnant Eberhard Charisius, Düsseldorf, Oberleutnant Friedrich Reyher, Dresden, Oberleutnant Fritz Rücker, Berlin, Leutnant Heinrich Graf von Einsiedel, Berlin, Leutnant Ernst Kehler, Pillau, Leutnant Bernt von Kügelgen, Berlin, Max Emmendörfer, Schuharbeiter, Soldat, Frankfurt a. M., Gefreiter Jakob Eschborn, Theologiestudent, Heides- heim a. R., Reinhold Fleschhut, Soldat, Plauen, Heinz Kessler, Soldat, Ma- schinenschlosser, Chemnitz, Unteroffizier, Matthäus Klein, evangelischer Pastor, Bettinger in Baden, Erich Kühn, Soldat, Arbeiter, Berlin, Obergefrei- ter Fritz Ludeneit, Waldarbeiter, Ostpreußen, Obergefreiter Otto Sinz, Bau- arbeiter, Lörrach, Gefreiter Hans Zippel, Angestellter, Berlin, Gefreiter Leonhard Helmschrott, Bauer, Unterkührheim, Anton Ackermann, Martha Arendsee, Johannes R. Becher, Willi Bredel, Wilhelm Florin, Edwin Hoernle, Hans Mahle, Wilhelm Pieck, Gustav Sobottka, Walter Ulbricht, Erich Wei- nert, Friedrich Wolf.« Politische Informationen Stockholm Nr. 3 vom 15. August 1943. E. DIE KOMMUNISTISCHE OPPOSITION 121. AUFFORDERUNG AN DIE KPD: EINE FRONT GEGEN HITLER Die Harzburger Front hat die Macht übernommen. Hitler sitzt mit den Stahl- helmern und Hugenberg in der Regierung. Sie führen sie im Auftrage der Großagrarier, deren Osthilfeskandal eben erst gezeigt hat, wie sie sich aus der Not der Arbeiterklasse mästen. Sie führen sie für die Zechenbarone, die ihre Pleite mit verstärktem Lohnabbau, mit Raub der Sozialversicherung, mit neuen Steuern abwenden wollen. Die Hitler-Papen sind zur Macht gekommen, ohne daß die Arbeiterklasse ihnen erheblichen Widerstand emtgegensetzte. Sie werden diese Macht nutzen, um dem Proletariat die wirtschaftlichen und politischen Rechte zu nehmen. Noch reden sie zuckersüß. Noch erzählen sie, daß die Arbeiterorganisationen bestehen. Die jetzige Regierung hat neben den staatlichen Hilfsmitteln die Bürger- kriegsorgane, die Hitlersche SA und den Stahlhelm, zur Verfügung. Ihre Macht ist sehr groß. Stärker aber noch ist die Kraft der proletarischen Klasse, wenn sie in geschlossener Front in den Klassenkampf eingesetzt wird. Die jetzige Regierung und ihr System kann nur durch den Sieg der Arbei- terklasse beseitigt werden. Die Frage stand und steht: Konterrevolution oder Revolution? Die Revolution hat die Geschlossenheit des Proletariats zur Voraussetzung. Diese Einheit ist nicht vorhanden. Es wird in allen politischen Lagern der Arbeiterklasse viel von Einheit geredet. Es gilt, sie zu schaffen. Die SPD will die Einheitsfront in der »Eisernen Front«.Die KPD sagt dagegen: »Rote Front«. Die freien Gewerkschaften haben eine Arbeitsgemeinschaft mit den Christen und Hirsch-Dunckerschen, sie lehnen aber die Zusammenarbeit mit den Kommunisten ab. Die Sozialdemokratische Partei hat in ihrem Partei- ausschuß erklärt: »Unser aller Wunsch wäre, daß damit auch ein neuer Ab- schnitt in unserem Verhältnis zur Kommunistischen Partei beginnen könnte. Ob das möglich ist, hängt jedoch vom Verhalten der Kommunisten ab.« Die KPD erklärt in allen Aufrufen, daß sie bereit ist, mit sozialdemokratischen und gewerkschaftlichen Organisationen zusammenzuarbeiten. Aber über diese 394 DIE KPD IN DER ILLEGALITÄT UNE Erklärungen hinaus macht keine Partei einen Schri Die ungeheure Verantwortung, die auf jedem liegt, die ungeheure Gefahr, in der sich die A erfordert, daß alle Kräfte des Proletariats zusamr meinsamen Kampf. Die große Mehrheit des Prolet will ihn unter allen Umständen und mit allen Mitt« führung nur gehindert durch das Verhalten ihrer die Bürokraten zwar von Einheit reden, aber ihr treiben. Arbeiter aller Richtungen! Eiserne Front und R heitliche proletarische Klassenfront werden. Setzt alle Kräfte an, um dieses Ziel zu erreiche Bürokratien! Nehmt in allen Betrieben, an alle Organisationen, allüberall Stellung. Fordert das beiterorganisationen gegen den Faschismus! Forde der Parteien, Gruppen und Gewerkschaften zusam die Kampfmaßnahmen zur Rettung der Arbeiter ihre Durchführung herangehen! Wir wissen, daß die tiefen Gegensätze in den A ben, aber wir wissen auch, daß für die nächstlieg klasse ein gemeinsamer Kampf möglich ist. Arbeiter, Sozialdemokraten, Kommunisten, zv zu gemeinsamem Handeln. Arbeiter aller Betriebe, schickt Delegationen zu schäften, daß sie gemeinsam die ersten Schritte ( tariats gegen die vereinigte Reaktion einleiten. Sorgt dafür, daß als erstes Zeichen der Einheil monstrationen aufhören, daß überall Arbeiterde: von allen Arbeiterorganisationen, zustandekomme Wir sind Kommunisten; wir verhehlen den / Schritte erst die Einleitung zu einem viel umfasse Jeder wird begreifen, daß die Arbeiterklasse dieEii werden — davon sind wir fest überzeugt — alle / Revolution allein den Sieg der Arbeiterklasse verl: Sein und Nichtsein! Lenin-Bii lation rf es nich ewußten swegung >t werden ill den Ki vird an di Nationen, dekomme it müssen t die Sabc »eistellen, engehen sich die I en und ge ig beratet gen beste aele der . re Partei :eien und mwehr d> ie getren ionen, oi i nicht, d Kampf d raucht. In erkennen, •beiter, es ie Komm Volkswille Reichsorgan des Lenin-Bundes (Linke Kommunisten) i. Februar-Ausgabe 1933. DIE KOMMUNISTISCHE OPPOSITION 395 122. OFFENER BRIEF DER KPD (O) An das Polit. Büro des ZK. der KPDSU. An die russische Delegation des EKKI. An das Exekutiv-Komitee der Kommunistischen Internationale. Werte Genossen! Die kommunistische Bewegung in Deutschland ist in einer schweren Lage. Der faschistische Terror macht keinen Unterschied zwischen KPD und KPD (O). Die volle praktische Solidarität mit den Genossen der KPD im Kampfe gegen die faschistische Diktatur ist für uns unbedingtes Gebot. In vielen Fäl- len arbeiten unsere Genossen bereits mit denen der KPD zusammen. Not- wendig ist aber mehr: die Schaffung der Bedingungen für die allgemeine Zu- sammenarbeit beider Organisationen und weiter für die Wiederherstellung der organisatorischen Einheit der kommunistischen Bewegung in Deutschland. Wir wünschen nichts dringlicher als die Überwindung der Spaltung. Sie ist notwendig für den Neuaufbau der kommunistischen Bewegung. Sie ist aber an bestimmte Voraussetzungen gebunden. Diese Voraussetzungen sind die offene und vollständige Bereinigung der Fehler, die zum Zusammenbruch ge- führt haben, und die darauf aufgebaute Ausarbeitung der Methoden des Kampfes gegen die faschistische Diktatur... Was ist jetzt zu tun? Die Richtigkeit und Notwendigkeit der Forderungen, die wir als KPD (O) vom ersten Augenblick an erhoben haben, ist durch die Tatsachen bewiesen. Sie müssen der konkreten Lage entsprechend durchgeführt werden. Im einzelnen schlagen wir vor: i. Die Eröffnung einer gründlichen Diskussion, die sich bis auf die untersten Organisationseinheiten der Kommunistischen Internationale erstreckt: über die Ursachen des Zusammenbruchs der KPD und des Sieges der faschi- stischen Diktatur in Deutschland, sowie über die Wirkungen der ultra- linken Taktik in den anderen Ländern; über die einzuschlagende Taktik im Kampfe gegen die faschistische Dik- tatur in Deutschland und in den anderen Ländern, wie über die notwen- digen Änderungen der Taktik in der Kommunistischen Internationale über- haupt. ^6 DIE KPD IN DER ILLEGALITÄT UND Formen und Mittel der Diskussionen sind natür Illegalität der KPD usw. anzupassen. Die Diskussr ren Einschränkungen als denen, die durch die kor und die Aktionsdisziplin geboten sind, vor allem d; kungen unterworfen werden in Bezug auf die 1 Komintern und ihrer Sektionen. Wir, die KPD (O) sind bereit, mit allen Kräften mitzuwirken. Die KPD (O) hat stets erklärt, daß den Reihen der KPD und der KI eine gründliche nehmen, die zur Niederlage geführt haben und di« gen die faschistische Diktatur auf Grund einer s arbeiten. Wir sind bereit, mit Euch sofort Verhandlung praktisches Vorgehen aller Kommunisten gegen aufzunehmen. Schon jetzt sind wir bereit, unter Ai nisatorischen Selbständigkeit beider Seiten eine s< Rahmen Deutschlands und der anderen Länder, di; men, in Angriff zu nehmen. Wir sind überzeugt, daß nur die rücksichtslose Bc heit wirkliche revolutionäre Disziplin, wirkliche A Autorität ihrer Leitungen, wirkliche revolutionäre Kommunistischen Parteien schaffen und sie so befä ihrer geschichtlichen Aufgaben zu stehen, zu siegen zu halten. Mit kommunistischem Gruß! Kommunistische Partei I Anfang April 1933 Gegen den Strom Straßburg Nr. 5, Mai 1933. ATION Verhältn liegt kein sehen Gn einerlei Ei er Leitur aufbau d< rzeit bere ler Fehle des Kan Diskussior ein gern« listische 1 haltung d sammena in Betrac tg der Vei higkeit, ’v nd Festig nn, auf d gewönnet inds (Opj DIE KOMMUNISTISCHE OPPOSITION 397 123. DIE TAKTIK DER KPD UND DER INTERNATIONALEN KOMMUNISTEN DEUTSCHLANDS (TROTZKISTEN) IM KAMPF GEGEN DAS HITLER-REGIME (1935) . . . Der Stalinismus leitet die Richtigkeit seiner Generallinie immer aus seiner abstrakt »richtigen« Strategie ab. Überhaupt beschäftigt sich der Stalinismus am liebsten mit Strategie. Das ist nicht zufällig. Die stalinistische Revision des Leninismus läßt sich in der Strategie am leichtesten verdecken. Zum Bei- spiel: Bis vor wenigen Monaten bestimmte die Komintern die Sozialdemo- kratie als soziale Hauptstütze der Bourgeoisie. Der Hauptangriff mußte demnach gegen die Sozialdemokratie geführt werden. (Die Bestimmung des Hauptangriffes ist eine strategische Orientierung). Ohne Vernichtung oder wenigstens entscheidende Schwächung dieser Hauptstütze kann das Prole- tariat die Bourgeoisie nicht besiegen. Die Generallinie der Komintern also »war und ist richtig«, so heißt es im stalinistischen Jargon. Doch man vergißt hierbei eine Kleinigkeit, nämlich daß die Durchsetzung der strategischen Linie, auch der Komintern, abhängt von taktischen Erfolgen. Wo sind diese Erfolge? ... Der Stalinismus erklärt seine Niederlagen, soweit er sich überhaupt dazu herabläßt, durch widrige objektive Faktoren. Die stalinistische Opposition — Versöhnler, KPO usw. — durch fehlerhafte Taktik. Tatsächlich erklären sich die Niederlagen des Stalinismus weder durch objektive Faktoren noch durch fehlerhafte Taktik, sondern — daß er überhaupt auf Taktik verzichtet, oder genauer gesprochen: auf Lenins Lehren verzichtet. Der Frontalangriff, das einfache Anrennen gegen die gegnerische Position ist noch keine Taktik. Das Wesen der stalinistischen »Taktik« während ihrer ultralinken Periode besteht aber in diesem einfachen frontalen Angriff. Die Einheitsfronttaktik »von unten« z. B. war keine »schlechte Taktik«, sondern nur die Verbrämung des Verzichtes auf die Taktik der Einheitsfront überhaupt. Die Taktik der Ein- heitsfront »von unten« ist in Wirklichkeit eine Form des stalinistischen Revi- sionismus des Leninismus. Wie steht es aber, so könnte man einwenden, in der Gewerkschaftsfrage? Versucht die KPD nicht wenigstens hier ihre verhängnisvolle Taktik zu revidieren? Ist die KPD nicht beredt, die RGO zu liquidieren? Solche Einwen- dungen beruhen auf einem Mißverständnis. Die RGO-Politik ist nicht an die organisatorische Form der RGO gebunden. Da der Faschismus den alten, schon immer schwachen Rahmen der RGO bis auf unbedeutende Überbleibsel zerschlagen hat, macht die KPD eine »Wendung«, um für die »alte bewährte Taktik« einen neuen organisatorischen Rahmen zu finden. »Klassengewerk- 398 DIE KPD IN DER ILLEGALITÄT UND schäften«, »Einheitsgewerkschaften« usw., das sir onyme für RGO. Daß sie auf die Fiktion der RG zichtet, ist noch keine Wendung, sondern nur eine v deutschen Proletariat nichts nützen kann, weil es d früher hatte. Wir machen diese Feststellungen keineswegs, Pointe gegen den Stalinismus zu finden, sondern ur für seine »Taktik« im Kampf gegen das Hitlerregii STALINISTISCHE TAKTIK IN DE Verzicht auf Taktik führt letzten Endes zum Verz haupt. Als die Nazis im Januar 1933 der Arbeite.! anboten, ist die KPD, als führende Partei der Arb ausgewichen. Tatsächlich konnte die Partei die Schl, weil sie durch nichts darauf vorbereitet war. Dam deutschen Arbeiterklasse besiegelt. Als pfiffige Dei internbürokraten die Lehren aus dieser Niederlage, »Werflieht,kann später doch noch siegen, ein toter’ Wer nicht kämpft, sagten sie, kann auch nicht ved KPD noch das Proletariat eine Niederlage erlitten, derlage bequemte sich die Komintern endlich zu d< deutsche Arbeiterklasse denn doch eine »vorüber litten habe. Was das Wörtchen »vorübergehend« ( andere Version lautet) bedeuten soll, ist nicht einzu hatte mit einer endgültigen Niederlage gerechnet. Es gibt heute Stalinisten, die behaupten: Mit der intern bezüglich der Niederlage sei der wichtigste E zwei Jahre, in der deutschen Frage wenigstens, be Frage »Niederlage oder nicht« ging es nicht um ei sondern vor allem um die taktischen Lehren. Die lernt. Niederlage oder nicht — ihre Taktik ist in I die gleiche geblieben ... Die »Neumannsche Opposition« kennzeichnet »Demonstrationspolitik«. Der Höhepunkt dieser 1 diesen »Oppositionellen«, sei im Januar 1933 errei liner Proletariat kurz vor der Machtübernahme di Thälmann vorbeimarschieren mußte. Neumann ist ( ren der Komintern, aber in dieser Frage hat er entsi mann sitzt bereits 2 Jahre im Gefängnis. Was hat Demonstrationspolitik geändert? Qualitativ nichts, ATION ie KPD i )rganisati : Einsicht, icht schon neue pc htigen Bl iben. dLAND den Kam ie offene se, dieser 1 nicht an ie Nieder zogen di land der i eibt ewig so hat w ihr nach ( ständnis, « Nieder ilweise« 1 .ein Revo ändnis de punkt dei \ch nein, demischer rn hat ni nd nach Imannpol ;o hört m den, als c er 5 Stur traurigste echt. Doc enüber d( ativ jedoi DIE KOMMUNISTISCHE OPPOSITION                                                                   399 wenig. Während man unter dem Regime des »Sozialfaschismus« 100 ooo Arbeiter 5 Stunden lang marschieren lassen konnte, begnügt man sich heute mit Demonstrationen von 5—10 Mann. (Dieser Unterschied ist natürlich auch qualitativ, indes nur soweit man seine objektive Seite betrachtet. Im Bewußt- sein eines Stalinisten handelt es sich nur um einen quantitativen Unterschied.) »Blitzdemonstrationen« nennen die Stalinisten das. Diese 10 Mann springen für eine Minute oder nur für Sekunden auf die Straße, und wenn es ihnen gelingt, verschwinden sie wieder, wie sie gekommen sind. Man muß jedoch betonen: Diese Blitzdemonstrationen sind höchst selten, und sie werden gegen den passiven Widerstand der Parteiarbeiter erpreßt. Das war schon unter Papen so. Unterbezirke, die damals noch über 1200 Parteimitglieder ver- fügten, ohne Jugend, Einheit, usw., erschienen durchschnittlich mit 100 Mann zur illegalen Demonstration. Die Parteimitglieder hatten wenig Verständnis dafür, daß sie auf Kommando regelmäßig die Woche zweimal 5 Minuten illegal demonstrieren sollten. In diesem passiven Widerstand kommt keines- wegs Feigheit zum Ausdruck, sondern die bedeutsame Tatsache, daß die unteren Parteiarbeiter etwas mehr von politischer Taktik verstehen als die Kominternbürokraten. Um der bloßen Demonstration willen: »Wir sind da!« die mutigsten Ar- beiter den Kugeln und Zuchthäusern der Nazis auszusetzen, das ist die alte Taktik: Angriff um jeden Preis. Wer braucht eigentlich diese Angriffe im Augenblick? Wem nutzt der Angriff von 10 Mann gegen eine von 1000 Mann befestigte Stellung? So ungefähr ist das Kräfteverhältnis augenblicklich in Deutschland. Solche Angriffe kommen nur dem Faschismus gelegen und — dem Prestige der Kominternbürokratie, die seit einem halben Jahr schon wieder dabei ist, eine revolutionäre Situation für Deutschland zu konstruieren. Zu einer revolutionären Situation gehören selbstverständlich die Demon- strationen. Aber auch die anderen Formen des politischen Kampfes der KPD zeigen dieselbe beschränkte Eigenart, die Neumann »Demonstrationspolitik« nennt... In einer Zeit, wo wir in Deutschland (und mit uns jede revolutionäre Orga- nisation) um jeden Mann, buchstäblich um jeden einzelnen Mann kämpfen, treibt die stalinistische Bürokratie die Arbeiter in sinnlose Demonstrationen (im weitesten Sinne dieses Wortes) hinein; opfert sie die mutigsten Arbeiter, als könne morgen ein Aufgebot der 100000 sie wieder ersetzen... Die Kominternbürokratie prahlt gern mit den Heldentaten der unteren Parteikader in Deutschland. Der Opfermut der unteren Parteikader indes kann die verbrecherische Politik der Kominternbürokratie nicht vergessen machen. Wir denken über diese Heldentaten ähnlich wie Carnot, der Ober- kommandierende der französischen Revolutionsarmee von 1793. Als ihm ein General über die Heldentat einer Abteilung berichtete, antwortete er: »Dem Wohlfahrtsausschuß gefällt diese Meldung nicht. Sie besagt ja nur, daß ein 400                     DIE KPD IN DER ILLEGALITÄT UND schwacher Punkt einer feindlichen Übermacht wide Vorfall beweist immer eine schlechte Führung. D überall dort, wo der Feind angreift, in der Mehrz politischen Kampf muß man sich noch öfter als im überlegenen Gegner verteidigen. Aber keine große mit Heldentaten erreicht. Indessen die Komintern 1 Heldentaten der Arbeiterklasse. Unser Wort Halbmonatszeitschrift der IKD Paris, Nr. 2 (54), Anfang März 1935, S. 2/3. 124. DAS PROGRAMM DER ÜBERGANGS! IN DEN FASCHISTISCHEN LÄNI Die Tage, da die Kominterstrategen verkündeten, < Vorstufe zum Siege Thälmanns sei, liegen weit him Hitlers Gefängnis seit über fünf Jahren noch nicht lini hält Italien seit über sechzehn Jahren in den F fangen. In all diesen Jahren erwiesen sich die Parte ten Internationale zu ohnmächtig, nicht nur um ei vorzurufen, sondern auch um eine ernste illegale ( die nur irgendwie einen Vergleich mit der russisch der zaristischen Epoche aushalten könnte. Es besteht nicht der mindeste Grund, die Ursach Stärke der faschistischen Ideologie zu erblicken. ! niemals irgendeine Ideologie gehabt. Hitlers »IdeoL ernstlich gepackt. Die Bevölkerungsschichten, den: Rausch des Faschismus betäubt waren, d. h. haupts hatten Zeit genug, zu ernüchtern. Wenn sich denno bare Opposition auf protestantische oder katholische so ist die Ursache dafür nicht in der halb phantastisc »Rassen«- und »Blut«-Theorie zu suchen, sondern sammenbruch der Ideologien der Demokratie, d< der Komintern. Nach der Zerschmetterung der Pariser Kommune < tion rund acht Jahre. Nach der Niederlage der n 1905 blieben die Arbeitermassen fast ebenso lange i lTION 1 hat. Ein nst, Gem ein.« Fre ;chen gege düng wir ich allein RUNGE 1939) ers Sieg 1 Fhälmani kommen, ^s Faschis zweiten w enbewegu tion zu s lutionärer Versagen . hat im t die Arbi e seinerz« lie Mittel gendwie 1 kreise bes( j charlata furch tba Idemokra lie dumpl Revoluti rung. Inc DIE KOMMUNISTISCHE OPPOSITION 401 delte es sich in diesen beiden Fällen nur um physische, durch das Kräftever- hältnis bedingte Niederlagen. In Rußland handelte es sich ferner um ein noch fast jungfräuliches Proletariat. Die Fraktion der Bolschewiki war da- mals noch nicht drei Jahre alt. Ganz anders stand die Sache in Deutschland, wo die Führung bei mächtigen Parteien lag, von denen die eine auf eine siebzigjährige, die andere auf eine fünfzehnjährige Existenz zurückblickte. Diese beiden Parteien, deren Wähler nach Millionen zählten, haben sich schon vor der Schlacht als moralisch gelähmt erwiesen und sich kampflos ergeben. Eine solche Katastrophe hat es in der Geschichte noch nicht gegeben Das deutsche Proletariat wurde nicht in der Schlacht vom Feinde geschlagen. Es wurde vernichtet durch die Feigheit, die Niedertracht und den Verrat seiner eigenen Parteien. Kein Wunder, wenn es den Glauben an alles verlor, woran es während beinahe drei Generationen zu glauben gewöhnt war. Hitlers Sieg hat seinerseits Mussolini gestärkt. Das tatsächliche Versagen der revolutionären Arbeit in Italien und Deutsch- land ist nichts weiter als der Preis für die verbrecherische Politik der Sozial- demokratie und der Komintern. Für illegale Arbeit braucht man nicht nur die Sympathie der Massen, sondern geradezu die Begeisterung ihrer fortge- schrittenen Schichten. Kann man aber Begeisterung für historisch bankrotte Organisationen erwarten? Als emigrierte Führer treten in der Hauptsache bis ins Mark demoralisierte Kreml- und GPU-Agenten auf, sowie ehemalige sozialdemokratische Minister der Bourgeoisie, die auf irgendein Wunder hof- fen und davon träumen, daß die Arbeiter ihnen wieder zu ihren verlorenen Posten verhelfen würden. Kann man sich diese Herrschaften auch nur eine Minute lang als Führer der künftigen »antifaschistischen« Revolution vor- stellen? Die Ereignisse in der Weltarena (Niederschlagung der österreichischen Ar- beiter, Niederlage der spanischen Revolution, Entartung des Sowjetstaates) konnten bislang keinen revolutionären Aufstieg in Italien oder Deutschland fördern. Insoweit die italienischen und deutschen Arbeiter bezüglich der poli- tischen Information in entscheidendem Maße vom Rundfunk abhängen, kann man mit Sicherheit sagen, daß der Moskauer Sender, der thermidorianische Ver- logenheit mit Dummheit und Frechheit paart, zu einem mächtigen Faktor der Demoralisierung der Arbeiter in den totalitären Staaten geworden ist. In die- ser wie in anderer Beziehung ist Stalin lediglich Goebbels Helfershelfer... Die »Volksfront« der Emigration ist die übelste und verräterischste aller möglichen Volksfronten. Ihrem Wesen nach bedeutet sie ohnmächtig-wehmü- tiges Sehnen nach der Koalition mit einer nicht vorhandenen liberalen Bour- geoisie. Hätte sie Erfolg, sie würde dem Proletariat nur eine Reihe neuer Schiffbrüche nach spanischem Muster bescheren. Unbarmherzig die Theorie und Praxis der »Volksfront« zu entlarven ist darum erste Vorbedingung des revolutionären Kampfes gegen den Faschismus. 402 DIE KPD IN DER ILLEGALITÄT UND EMIGRATION Das bedeutet natürlich nicht, daß die 4. Internationale die demokratischen Losungen ablehnt. Im Gegenteil können diese in einem gewissen Augenblick eine gewaltige Rolle spielen. Doch die Formeln der Demokratie (Verbands- freiheit, Pressefreiheit usw.) bedeuten für sie nur etappenmäßige oder epi- sodische Losungen in der selbständigen Bewegung des Proletariats und nicht einen demokratischen, dem Proletariat von den Agenten der Bourgeoisie um den Hals gelegten Strick (Spanien!). Sobald die Bewegung Massencharakter annimmt, verflechten sich die demokratischen mit den Übergangslosungen; Fabrikkomitees werden vermutlich entstehen, noch bevor die alten Bonzen, aus ihren Konzentrationslagern zurückgekehrt, an den Aufbau neuer Ge- werkschaften schreiten; Deutschland wird mit Räten übersät sein, noch bevor in Weimar eine neue verfassunggebende Versammlung tagen wird. Dasselbe gilt für Italien und die übrigen totalitären und halbtotalitären Länder. Der Faschismus hat diese Länder in politische Barbarei zurückgeworfen Aber ihre soziale Struktur hat er nicht verändert. Der Faschismus ist ein Werkzeug des Finanzkapitals und nicht des feudalen Großgrundbesitzes. Ein revolutionäres Programm muß sich auf die Dialektik des Klassenkampfes stützen, die auch für die Länder des Faschismus gilt, und nicht auf die Psycho- logie erschrockener Bankrotteure. Die 4. Internationale verwirft mit Abscheu die Methoden einer politischen Maskerade, die die Stalinisten, die ehemaligen Helden der »dritten Periode«, veranlassen, sich abwechselnd die Maske von Katholiken, Protestanten, Juden, deutschen Nationalisten und Liberalen auf- zusetzen, um nur ja ihr eigenes wenig liebreizendes Antlitz zu verbergen. Die 4. Internationale tritt immer und überall unter ihrem eigenen Banner auf. Offen bietet sie ihr Programm dem Proletariat der faschistischen Länder an. Schon jetzt sind die fortgeschrittenen Arbeiter der ganzen Welt unerschütter- lich davon überzeugt, daß der Sturz Mussolinis, Hitlers und ihrer Agenten und Nachahmer unter der Führung der 4. Internationale erfolgen wird. Unser Wort Halbmonatszeitung der IKD Paris, Nr. 1 (92), Mitte Februar 1939, S. 2. DIE KOMMUNISTISCHE OPPOSITION 403 I25. AUS DEN BRIEFEN MÜNZENBERGS Münzenberg an Dimitroff am 14. Juni 1938 Lieber Freund, .. . Ich weiß, daß meine politische Konzeption kommunistisch und richtig ist. Aber ich weiß auch, daß ich gleichzeitig schwer gegen die formale Partei- disziplin verstoßen habe. Ich habe Dir schon in einem früheren Briefe ge- schrieben, daß ich verurteilt werde, wenn man an mich das übliche Maß anlegt.. . Ich habe bisher nicht versucht, die Schwere meiner Irrtümer zu verkleinern, und ich werde es auch künftig nicht tun. Heute will ich nur versuchen, Dir eine Erklärung für meine Haltung zu geben, die sonst unverständlich er- scheinen würde. Ich habe Fehler, besonders veranlaßt durch mein Temperament, begangen, aber ich habe das niemals in großen politischen Fragen getan: weder in der Frage des Krieges von 1914 noch in der Frage der Gründung der »Zimmer- walder Linken«, weder bei der Gründung der III. Internationale noch im Kampf gegen Brandler, Ruth Fischer und die Tendenzen, die gegen die Lei- tung der Komintern gerichtet waren, und auch nicht in der Frage von Trotzki. Meinen eigenen Ideen folgend, habe ich mich mit Thälmann als erster gegen Sinowjew erklärt. In kritischen Stunden habe ich mich gegen Trotzki und für Stalin erklärt, gegen Trotzki nicht nur in meiner Revue Unsere Zeit, sondern in meiner ganzen politischen Tätigkeit. Münzenberg an das Sekretariat der Komintern zur Weiterleitung an Dimi- troff, am 30. August 1938. Ich bin überzeugt, daß keine andere Partei als die KPD in Verbindung mit der Kommunistischen Internationale und der Sowjetunion als erste das Recht beanspruchen kann, die deutsche antifaschistische Bewegung zu leiten, wenn sie ihre historische Mission versteht und ihr treu bleibt, indem sie sich auf die Faktoren, auf die objektiven Bedingungen, auf die Geschichte und ihre Traditionen stützt. Ich kämpfe für eine Politik der Partei, die ihr Pre- stige und Autorität verschafft und sichert. Ich habe heftige Kämpfe mit der Ulbricht-Gruppe wegen dieser und vieler anderer Fragen der Strategie unserer Partei gehabt. Ich bin fest überzeugt, daß die Taktik, für die ich ein- getreten bin, die einzig richtige ist und daß sie der kommunistischen Ideologie, der kommunistischen Bewegung und ihrer Tradition entspricht. 404 DIE KPD IN DER ILLEGALITÄT UND EMIGRATION Idi will nicht gegen die Partei und gegen die Kommunistische Internationale handeln, und ich habe das niemals getan, aber ich bin heute mehr als jemals überzeugt, daß ich in diesem Kampfe die Interessen der KPD und der Kom- munistischen Internationale verteidigt habe. In diesem Kampf stand auf dem Spiel, was ich am meisten schätze: die fundamentalen Prinzipien der kom- munistischen Bewegung. Ich habe immer gedacht, daß die erste Pflicht, die ein wahrer Kommunist und Revolutionär erfüllen muß, diesen Prinzipien und nicht Individuen gegenüber besteht. Man muß Gott mehr gehorchen als den Menschen, und der Revolution und der Treue gegenüber den sowjetischen Freunden mehr als den Mitgliedern einer Parteiorganisation. Aus: Günther Nollau: Die Internationale 2. Auflage Verlag Kiepenheuer & Witsch, Köln 1961, S. 394/95. F. DER ILLEGALE KAMPF DER KPD 126. DER AUFBAU DER ILLEGALEN KPD (1935) Kurz nach der Machtübernahme durch die nationalsozialistische Bewegung wurde die KPD und ihre Gliederungen verboten und ihr Vermögen beschlag- nahmt. Ihre hoch- und landesverräterische Tätigkeit übt sie aber illegal und getarnt weiter. Durch die vielen polizeilichen Zugriffe und das Aufrollen oft ganzer Leitungen wurde der Zusammenhalt immer mehr unmöglich gemacht und so ganze Bezirke mit ihren Organisationen stillgelegt. Jegliche Weiter- arbeit mußte immer wieder von vorne angefangen werden. Um einen noch möglichen Zusammenhalt wiederherzustellen, ging die Parteileitung Ende 1934 daran, eine Umstellung ihrer gesamten illegalen Organisation vorzu- nehmen. Hierbei suchte sie vor allen Dingen ein System zur Anwendung zu bringen, bei dem die Gefahr des Aufrollens ganzer Leitungen oder des Zer- schlagens der wichtigsten Verbindungen auf ein Mindestmaß herabgedrückt wird. Bei der neuen Organisation ist das sogenannte Dreiersystem bis in die kleinsten Organisationen durchgeführt worden. Immer nur 3 Mann kennen sich und wissen voneinander; die Arbeiten für Pol. Org. und Agitprop sind auf diese drei verteilt. Entgegen von früher hat immer nur die Pol.-Leitung zur nächsten Pol.-Leitung Verbindung. Die Spitze der Partei, der sogenannte Dreierkopf (Pol.-Leiter, Org -Leiter und Agitprop.-Leiter), hat seinen Sitz in Paris. Es folgen dann die beiden wichtigsten Stellen und zwar .die sog. »Durchgangsstelle« und . das sog. Reichstechnikum, die bis zum Januar d. J. ihren Sitz in Saarbrücken hatten und jetzt nach Luxemburg und Holland verlegt worden sind. Die nächstwichtigste Stelle ist die »Landesleitung« mit ihrem Sitz in Berlin. Nach dem neuen Organisations- plan ist Deutschland in 8 Oberbezirke mit je einem Oberberater als Leiter eingeteilt. Oberbezirk Nordwest (frühere Bezirke 18, 19, 20/21) mit dem Sitz in Düsseldorf, umfassend die Bezirke: Mittelrhein, Sitz Köln, 406            DIE KPD IN DER ILLEGALITÄT UND EMIGRATION Niederrhein, Sitz Düsseldorf, Ruhrgebiet, Sitz Essen, Oberbezirk Südwest (frühere Bezirke 22, 23, 24, 25) mit dem Sitz Frankfurt/M., umfassend die Bezirke: Mannheim, Frankfurt/M., Karlsruhe Oberbezirk Norden (frühere Bezirke 14, 15, 16, 17) mit dem Sitz in Hamburg, umfassend die Bezirke: Hamburg, Bremen, Hannover. Oberbezirk Berlin-Brandenburg (frühere Bezirke 1 und 2) mit dem Sitz in Berlin, umfassend die Bezirke: Groß-Berlin, Provinz Brandenburg, Sitz Berlin. Oberbezirk Süddeutschland (frühere Bezirke 26, 27, 28) mit dem Sitz in Stuttgart, umfassend die Bezirke: Stuttgart, Nürnberg, München. Oberbezirk Mitteldeutschland (frühere Bezirke 8, 9, 10, 11 ) mit dem Sitz in Leipzig, umfassend die Bezirke: Halle, Leipzig, c) Dresden. Oberbezirk Zentrum (frühere Bezirke 12 und 13) mit dem Sitz in Erfurt, umfassend die Bezirke: Magdeburg, Thüringen, Sitz Erfurt. Oberbezirk Osten (frühere Bezirke 3, 4, 5, 6, 7) mit dem Sitz in Königs- berg, umfassend die Bezirke: Königsberg, Danzig, Pommern, Sitz Stettin, d) Schlesien, Sitz Breslau. Die Landesleitung und die Oberberater werden alle 7 bis 8 Monate aus- gewechselt. Die Durchgangsstelle unterhält eigenen Kurierdienst mit je 1 Kurier für jeden Oberbezirk. Diese 8 Kuriere haben wöchentlich einmal zu verschiedenen Zeiten und über verschiedene Grenzübergangsstellen ihre Ober- berater und deren Bezirksleitungen anzulaufen, um Material abzuliefern und neues entgegenzunehmen. DER ILLEGALE KAMPF DER KPD 407 Außerdem gehört jeder Oberbezirk zu einer sog. Grenzleitung, die in dem nächstliegenden Auslande ihren Sitz hat. Es gehört der Oberbezirk Nordwest                        zur Grenzleitung Amsterdam, Südwest                          zur Grenzleitung Straßburg, Norden                           zur Grenzleitung Kopenhagen, Berlin-Brandenburg Süddeutschland Mitteldeutschland Zentrum Osten zur Grenzleitung Luxemburg, zur Grenzleitung Luxemburg, zur Grenzleitung Luxemburg, zur Grenzleitung Prag, zur Grenzleitung Prag. Jede Grenzleitung hat wieder mehrere Grenzkontrollstellen, die z. T. noch im Auslande, z. T. bereits auf deutschem Boden liegen. Die Organisa- tion der Grenzleitungen liegt dem Reichstechnikum ob. Seine Hauptaufgabe ist die Organisation für die Herstellung von illegalem Druckschriftenmaterial und das »Über-die-Grenze-bringen« nach Deutschland. So weit dies möglich ist, hat es auch eigene Druckereien in Deutschland zu organisieren, diese mit Manuskripten zu versehen, zu finanzieren und zu überwachen. Auch das Reichstechnikum unterhält eigenen Kurierdienst über seine Grenzstellen in derselben Weise, wie die Durchgangsstelle. Durch diese doppelte Sicherung erhält die Parteileitung, entweder durch den Kurierdienst der Durchgangs- stelle oder durch den Kurierdienst des Reichstechnikums, immer gleich Nach- richt, wenn durch die Polizei etwas »krank geworden« oder sonstwie eine Verbindung abgerissen ist. Durch den einen oder anderen Kurierdienst wird die »krank gewordene« Stelle immer wieder gleich aufgefüllt und die Ver- bindung wiederhergestellt. Es sind auch die Kuriere, die die Geldmittel zur Aufrechterhaltung der illegalen Organisation nach Deutschland bringen. Die Oberberater und die Obertechniker haben monatlich einmal auf der Durchgangsstelle resp. beim Reichstechnikum zur Berichterstattung zu er- scheinen und neue Verhaltungsmaßregeln zu empfangen. Transportmittel, ob Flugzeug, Eisenbahn oder Auto, Tag und Stunde des Grenzüberganges so- wie die Grenzübergangsstelle selbst werden ihnen von der Zentrale vorge- schrieben. Die Losungsworte, auf Grund deren sie vorgelassen werden, erhalten sie vorher durch den Kurierdienst. Sie haben dafür zu sorgen, daß die Konspirationsregeln jedem Mitglied bekannt sind und strikte eingehalten werden. Die erwähnten besonderen Organisationen der Partei, die z. T. noch be- stehen und erneute Tätigkeit entfalten, sind, wie die politische Organisation der Partei, nach dem Dreiersystem eingeteilt und halten Verbindung mit dem Pol.-Leiter ihres Bezirkes. .. 408            DIE KPD IN DER ILLEGALITÄT UND EMIGRATION Bericht aus dem Polizeiinstitut Berlin-Charlottenburg. Hektographierter Auszug. Veröffentlicht in: Siegfried Bahne: Die Kommunistische Partei Deutschlands in: Das Ende der Parteien 1933 Veröffentlichung der Kommission für Geschichte des Parlamentarismus und der po- litischen Parteien in Bonn. Droste-Verlag, Düsseldorf 1960, S. 7^7/739. 127. LAGEBERICHT DER GESTAPO ÜBER DIE KPD (1937) A. Statistische Angaben: »Im Jahre 1937 wurden wegen illegaler kommunistischer Betätigung 8068 Personen gegenüber 11 687 Personen im Jahre 1936 festgenommen. Davon ist über ca. 50 % im Jahre 1937 im Vergleich zu ca. 6qq/q im Jahre 1936 Haftbefehl verhängt worden. Hierbei handelt es sich nicht in allen Fällen um Personen, die bis zu ihrer Festnahme illegal tätig waren, sondern ein großer Teil von ihnen ist erst neuerdings einer staatsfeindlichen Tätigkeit in früheren Jahren überführt worden. Aufgetauchte kommunistische und marxistische Hetzschriften: Es sind im Jahre 1937: 927 430 (1936: 1 643 200) Hetzschriften zur Verbrei- tung gelangt, wovon ca. 70 % kommunistische Erzeugnisse gewesen sind. Die Gesamtzahl setzt sich zusammen aus: 84000 (1936: 222000) getarnten Broschüren, 788 000 (1936: 1234 000) anderen Schriften, die im Buchdruck, sowie aus 55430 (1936: 187200) Schriften, die im Abzugsverfahren hergestellt waren. Verstöße gegen das Heimtückegesetz: Es wurden im Jahre 1937 17 168 Verfahren wegen Vergehens gegen das Heimtückegesetz eingeleitet.« Die Umstellung der regionalen Organisationsform auf illegale Betriebs- organisationen wird beobachtet: »Konnte zunächst ein Übergang der illegalen Mitglieder von den örtlichen Organisationen zu betrieblichen, nämlich zu Betriebs- und Gewerkschaftszel- len festgestellt werden, so haben sich die Dinge bis zum Ende des Jahres 1937 doch dahin entwickelt, daß von einer Organisation in der alten Form über- haupt nicht mehr gesprochen werden kann ... DER ILLEGALE KAMPF DER KPD                                                                    409 In Berlin konnten neben einer örtlich völlig unabhängigen und direkt mit Prag in Verbindung stehenden Betriebszelle bei der Fa. Osram GmbH 3 Un- terbezirke, und zwar UB-Schöneberg mit 130 Personen, UB-Steglitz mit 45 Personen und UB-Südost mit 116 Personen, erfaßt werden. Zu den Unter- bezirken Schöneberg und Südost gehörten 3 bzw. 2 Betriebszellen, während der UB-Steglitz seine 3 Betriebszellen an einen Prager Verbindungsmann ab- gegeben hatte. Von diesem Mann erhielten die Zellen zentrales Material, an ihn gaben sie auch ihre Betriebsberichte, während sie die Beiträge an den örtlichen Unterbezirk Zehlendorf zahlten ... Bedeutend geschwächt wurde die KPD besonders noch in Dortmund, wo vom UB-Schwelm 64 Personen, in Köln, wo ca. 100 Personen, zum Teil aus 3 Betriebszellen, und im Bereich der Stapo Wilhelmshaven, wo ebenfalls ca. 100 Personen aus Emden und Umgebung festgenommen werden konnten... « Schlussbetrachtung: Wenn auch die kommunistische Tätigkeit in Deutschland im abgelaufenen Jahre gegen früher verhältnismäßig gering erschien, so darf doch nicht ver- kannt werden, daß auch in dem dünnen Netz der über Deutschland gezo- genen Betriebsverbindungen eine ungeheure Gefahr zu erblicken ist. Nicht nur, daß diese Verbindungen dieNachrichtenquelle der gesamten Hetz- presse der Emigration und aller sonstigen deutschfeindlichen Blätter dar- stellen, so sind sie auch für die Polizei wesentlich schwerer zu ermitteln und zu erfassen als illegale Organisationen, die durch ihren Umfang zwangsläufig viel mehr Anhaltspunkte für ihre Existenz und damit für ihre Aufrollung geben. Darüber hinaus muß für die Zukunft mit einem Wiederaufleben der kom- munistischen Arbeit im Reich gerechnet werden, und zwar mit dem Zeitpunkt, an dem der spanische Bürgerkrieg beendet sein wird. Zahlreiche durch den Krieg gereifter und entschlossener gewordene deutsche Kommunisten werden dann in die an Deutschland grenzenden Staaten zurückkehren und ihre Tätig- keit gegen das Reich wieder aufnehmen.« Aus: Günther Weisenborn: Der lautlose Auf stand Bericht über die Widerstandsbewegung des deutschen Volkes 1933-1945 Rowohlt-Verlag, Hamburg 1953, S. 151 und 153. 410 DIE KPD IN DER ILLEGALITÄT UND EMIGRATION 128. DIE TAKTIK DES TROJANISCHEN PFERDES Von Walter100 Das Hauptproblem, das alle Antifaschisten bewegt, ist die Frage: Wie kom- men wir zu Massenbewegungen, die zum Sturze Hitlers führen? Wir erleben in Deutschland, wie der Nationalsozialismus mit Hilfe der Massenorganisa- tionen, in denen die Mehrheit der Bevölkerung zwangsweise oder freiwillig organisiert ist, die Massen mit den faschistischen Argumenten betrommelt und den Krieg vorbereitet. Wir sollen die Wirkung der nationalsozialistischen Propaganda nicht unterschätzen. Auch breite Massen haben die Friedens- beteuerungen Hitlers ernst genommen oder erkennen manche Maßnahmen der »Kraft-durch-Freude«-Bewegung an oder halten die Winterhilfe für eine nützliche Einrichtung, obwohl sie selbst über die unzähligen Abgaben stöhnen. Wenn der Nationalsozialismus vor allem auf dem Wege der faschistischen Massenorganisationen die Massen zu beeinflussen sucht, so müssen wir Kom- munisten die Schlußfolgerung ziehen, dort zu arbeiten, wo diese Massenarbeit des Nationalsozialismus geschieht, dort unsere Gegenpropaganda führen, dort, anknüpfend an die besonderen Interessen der Mitglieder jeder Organi- sationen, diese Mitglieder für die Vertretung ihrer eigensten Interessen akti- visieren... Wenn also ein Genosse sich mit einem solchen Argument gegen die Arbeit in den faschistischen Massenorganisationen wendet: »Man kann nicht verlangen, daß ich meine Überzeugung verrate«, so möchten wir antworten: Um keinen Preis! Aber es wird Zeit, daß alle Kommunisten lernen, ihre Überzeugung nicht für sich zu behalten, sondern mit den ihnen als verläßlich bekannten Sympathisierenden über die Argumente des Faschismus zu diskutieren und darüber hinaus nach Methoden zu suchen, wie man eine legale Aufklärungs- arbeit durchführen kann, ohne als kommunistisch verdächtig ins KZ zu kommen . .. Die Taktik des trojanischen Pferdes bedeutet nicht nur eine Tarnung un- serer Arbeit, sondern eine solche Massenpolitik, die unter Anknüpfung an die nächsten Interessen der Werktätigen die breitesten Massen zum Kampf gegen das nationalsozialistische Regime führt. Es gibt schon zahlreiche Beispiele der erfolgreichen Arbeit in Massenorganisationen, aber es gibt auch viele Leitungen und Gruppen, die bisher nur platonische Liebeserklärungen zur Taktik des trojanischen Pferdes abgegeben haben, ohne mit den neuen Methoden der Massenarbeit zu beginnen. 100. Der Artikel stammt von Walter Ulbricht. DER ILLEGALE KAMPF DER KPD                                                                    411 Vor allem kommt es darauf an, sich zu erkundigen, was die Nazis vor 1933 im allgemeinen und besonders für die einzelnen Schichten versprochen haben und was sie heute noch versprechen, aber nicht erfüllen. Manche Genossen meinen: »Man kann doch nicht nationalsozialistische Forderungen propa- gieren.« Ist es nicht besser, statt solcher allgemeiner Deklamationen sorgfältig zu prüfen, welche Naziforderungen den Interessen der Feinde des Volkes entsprechen, die man konsequent bekämpfen muß, und welche der Losungen wir ausnutzen können, weil sie den Interessen der Werktätigen entsprechen? Wieviele Losungen haben die Nazis aus der Arbeiterbewegung der vergange- nen Zeit übernommen und nur etwas anders formuliert! Sollten wir auf solche bei den Massen populäre Forderungen nur deshalb verzichten, weil sie heute von den Nazis vertreten werden? Wie oft zeigt es sich, daß die Nazis gar kein Interesse daran haben, daß an ihre früheren Versprechungen und Forderun- gen erinnert wird (z. B. »für den gerechten Lohn«), daß aber die V ertretung dieser Losungen für uns die einzige Möglichkeit bietet, legal die Arbeiter zu Widerstandsbewegungen zu aktivisieren . .. Oftmals wird auch über die Passivität der Arbeiter geklagt. Verlangen wir von den Arbeitern nicht manchmal zu viel auf einmal? Viele Arbeiter sind heute noch nicht bereit zu der schwierigen illegalen Arbeit. Aber sie sind ge- willt, in legaler Weise an der gemeinsamen Vertretung der Interessen der Arbeiter teilzunehmen, sie sind bereit, für ihre Rechte einzutreten. Wir sollten sorgfältiger prüfen, was die Arbeiter in den einzelnen Betriebsabteilungen, in den verschiedenen Massenorganisationen, was die verschiedenen Bevölke- rungsschichten bewegt, um sie, anknüpfend an ihre kleinsten Interessen, in Bewegung zu bringen. Große Empörung herrscht in den Betrieben über die Gesundschreiberei der Vertrauensärzte. Ein Arbeiter bricht den Arm, bekommt einen Gipsverband angelegt und der Arzt erklärt ihm, daß er ihn nicht krank schreiben dürfe, da der andere Arm noch gebrauchsfähig sei. Er mußte mit dem gebrochenen Arm im Betrieb eine andere Arbeit ausüben. In solchen Fällen müßten die Arbeiter an die nationalsozialistischen Erklärungen über die Menschenwürde anknüpfen und die Vertrauensräte zur Arbeitsfront schicken, um die Abschaf- fung dieser unmenschlichen Gesundschreiberei zu fordern. Alle solche Bei- spiele müßten der DAF-Presse mitgeteilt und unter der Rubrik: »Ihr fragt — wir antworten! « um Antwort ersucht werden . .. Die Internationale Nr. 6/7 1936, S. 31-36. 412 DIE KPD IN DER ILLEGALITÄT UND EMIGRATION 129. ILLEGALES FLUGBLATT DER NEUB AUER-POSER-GRUPPEioi Hitlers Krieg ist verloren! Nur Kindsköpfe träumen noch vom Sieg! Das katastrophale Scheitern der deutschen Sommeroffensive im Osten, die Landung der Engländer und Amerikaner auf Sizilien, der Sturz Mussolinis haben die letzte Phase dieses Krieges eingeleitet, der mit dem Zusammen- bruch des nationalsozialistischen Regimes enden wird. Verpulvert sind die Vorräte an Waffen, Kriegsgerät und Lebensmitteln, ausgepumpt auch die Menschenreserven; alles geht zur Neige in Deutschland, während die Macht der Gegner ständig anwächst. Während die Armeen Hit- lers unter den Schlägen der Roten Armee zertrümmert und zurückgejagt wer- den, während die Engländer und Amerikaner die Südflanke der Festung Europa aufbrechen, während der Luftkrieg die Kerngebiete der deutschen Industrie in Klumpen schlägt und eine Stadt nach der anderen ausradiert, rüsten sich die 200 Millionen Menschen der unterdrückten Völker, die Hit- ler zu Sklaven seiner Kriegsmaschine machen wollte, auf den Tag, wo sie die Deutschen wie tolle Hunde aus ihren Ländern verjagen und ihre Hitler- Lakaien um Laval, Quisling, Stauning, Mussert an den Laternenpfählen auf- knüpfen können. Soweit hat es Hitler gebracht. Zerstoben sind die Illusionen, die Träume von Welteroberung und fetter Beute. Das Volk durchschaut das Lügengewebe der Goebbelspropaganda und erkennt, wie schamlos es betrogen wurde. Ins Riesenhafte sind die Gegen- sätze gesteigert zwischen Reichtum, Macht, Schiebertum und Korruption auf der einen Seite und Not, Elend, Sklaverei auf der anderen Seite. Der Krieg begann als ein Krieg der imperialistischen Gruppen des Finanz- kapitals von Deutschland, Italien und Japan auf der einen, England, Frank- reich und Amerika auf der anderen Seite, um die Neuverteilung der Welt, um Rohstoffe, Absatz- und Kapitalmärkte und Ausbeutung der Völker, als imperialistischer Krieg. Insofern aber dieser Krieg für die Interessen der Finanzkapitalisten auf Kosten der breitesten Massen des werktätigen Volkes geführt wird, ist er zugleich ein Klassenkrieg. Der Charakter als Klassen- krieg wurde verstärkt durch den Überfall auf die Sowjetunion, mit dem sich Die Neubauer-Poser-Gruppe umfaßte eine Reihe kommunistischer Wider- standsgruppen, die 1939-1944 illegal in Thüringen arbeiteten. Die Führung hatten Dr. Theodor Neubauer (1924-1933 MdR) und Magnus Poser. Neubauer wurde im Februar 1945 hingerichtet, Poser starb am 21. Juli 1944 an den Folgen von Schuß- verletzungen; er war bei seiner Flucht aus dem Gefängnis angeschossen worden. DER ILLEGALE KAMPF DER KPD                                                                    413 Hitler nach dem Scheitern seines Blitzkrieges gegen England, durch Raub der russischen Kohlen-, Eisen-, Erdölquellen und Brotkammern die Grund- lage für eine längere Kriegsführung schaffen wollte. An dem heldenmütigen Widerstand der russischen Arbeiter und Bauern ist Hitlers Krieg gescheitert. Jetzt naht das Ende. Millionen Tote und Verwundete an den Fronten, Verwüstung eines großen Teiles der deutschen Industrie, Hunderttausende Tote an der Heimatfront und grenzenloses Elend: das ist die Bilanz dieses verbrecherischen Krieges. Hitler und seine Bande wissen, daß sie den Krieg verloren haben. Trotz- dem wollen sie ihn weiterführen, mag auch ganz Deutschland dabei zu- grundegehen, nur um ihre Hälse zu retten. Das deutsche Volk aber muß leben. Darum muß Hitler fallen und mit ihm das Finanzkapital, das ihn zum »Führer« gemacht hat. Heute fragt jeder; was soll nach Hitlers Sturz werden? Schon ist ein großer Teil der Bourgeoisie bereit, um ihre Existenz als Ausbeuterklasse zu retten, ganz Deutschland an den englisch-amerikanischen Imperialismus zu verkaufen und einen Frieden in Kauf zu nehmen, der zehnmal schlimmer sein würde als Versailles. Herrschaft des englisch-amerikanischen Imperialis- mus würde bedeuten: doppelte Versklavung des deutschen Volkes unter die ausländischen und die deutschen Kapitalisten. Deutschland würde jede poli- tische und wirtschaftliche Selbständigkeit verlieren, zu einer Kolonie der kapitalistischen Ausbeuter werden und nicht einmal die Möglichkeit einer modernen Kultur behalten. Das wäre ein Untergang in Barbarei! Für das arbeitende Volk Deutschlands gibt es nur eine Rettung: Sturz Hit- lers und des Finanzkapitals, Errichtung einer Regierung des werktätigen Volkes, Bündnis mit Sowjetrußland und den befreiten Völkern Europas im Rahmen einer Union sozialistischer Republiken. Nur auf diesem Wege kann Deutschland ein Eigenleben, ein Kulturleben, eine politische und wirtschaft- liche Selbständigkeit erhalten. Die Stunde naht, da das deutsche Volk aufstehen wird, das Nazijoch zu zerbrechen. Wie der Zerfall des italienischen Kapitalismus durch den Sturz Mussolinis eingeleitet wurde, so wird auch der Zerfall des deutschen Kapita- lismus durch den Sturz Hitlers beginnen. Das Urteil der Geschichte ist ge- sprochen: wir selber müssen die Vollstrecker sein! Schluß mit dem Krieg! Tod den Kriegsverbrechern! Auflösung der National-Sozialistischen Partei und aller ihrer Organisa- tionen! Errichtung einer Regierung der Werktätigen für Frieden, Freiheit, Brot! Bündnis mit Sowjetrußland und den befreiten Völkern Europas im Rah- men einer sozialistischen Weltunion! September 1943 4i4 DIE KPD IN DER ILLEGALITÄT UND EMIGRATION Aus Gertrud Glondajewski - Heinz Schumann: Die Neubauer-Pöser-Gruppe Dokumente und Materialien des illegalen Kampfes (Thüringen - 1939 bis 1945) Dietz-Verlag, Ost-Berlin 1957, S. 105-107. 130. »KADERMATERIAL« DER SAEFKOW-JAKOB-BASTLE IN-GRUPPE 102 Material Nr. 1                                                                                  1. Oktober 1943 Nur für den Gebrauch der Kader. Aktuelle Fragen unserer Arbeit Uns sind in den letzten Wochen eine Reihe von Dokumenten in die Hände gelangt, die ein erfreuliches Zeichen für die ansteigenden Versuche darstellen, den Massenwillen und den beginnenden spontanen Widerstand gegen das dritte Reich und den Krieg auf eine breitere organisatorische Basis zu stellen. Wir begrüßen jeden derartigen Versuch, weil wir wissen, daß nur die wirk- liche Zusammenfassung aller revolutionären Kräfte des deutschen Proletariats, gleich, wo die einzelnen in der Vergangenheit gestanden haben mögen, uns einen Schritt weiterhilft. Aus der Erfahrung unserer Arbeit jedoch und aus dem Studium der uns vorliegenden Dokumente ergeben sich eine Reihe von Fragen, aber auch eine Serie von Unklarheiten, deren kameradschaftliche Überwindung die Vor- aussetzung für eine erfolgversprechende Arbeit ist. Aussprechen was ist, war immer die beste Waffe revolutionärer Marxisten. Wir wollen auch heute von ihr Gebrauch machen, ohne uns zu scheuen, da- mit auf Widerspruch zu stoßen. Klarheit ist ebenso nötig wie entschlossener Wille, mit der Passivität der letzten Jahre Schluß zu machen. Eine allgemeine Einschätzung und Untersuchung der politischen Situation nehmen wir in einer besonderen Arbeit vor. Das vorliegende Material soll sich beschränken, Diese kommunistische Gruppe wirkte 1942-1944 vor allem in Berlin. Sie wurde von Anton Saefkow, der vor 1933 Polleiter der KPD in verschiedenen Partei- bezirken war, aufgebaut. Bernhard Bästlein und Franz Jacob, die zusammen mit Saefkow den Dreierkopf der weitverzweigten Gruppe bildeten, hatten vorher in Hamburg einen kommunistischen Widerstandskreis geleitet. Die drei Führer der Saefkow-Gruppe wurden im September 1944 hingerichtet. DER ILLEGALE KAMPF DER KPD 415 auf eine Reihe von Fragen, die sich aus unserer Arbeitsmethodik ergeben, Antwort zu geben ... Der deutsche Faschismus ist in die letzte Etappe seiner Entwicklung einge- treten. Er kämpft mit dem Rücken an der Wand, um die Krise, in der er sich befindet, zu meistern. Die Krise des deutschen Faschismus ist aber nicht nur die Krise einer Clique oder des Staatsapparates allein, sondern die Krise der deutschen Bourgeoisie. Und genauso, wie die italienische Bourgeoisie durch den Sturz Mussolinis sich einen Ausweg zur Sicherung ihrer eigenen Klassenherrschaft zu sichern ver- sucht, ist auch die deutsche Bourgeoisie nicht auf immer und ewig mit Hitler verheiratet, sondern wird alles tun, um, wenn nicht mit Hitler — dann gegen ihn — trotz militärischen Zusammenbruchs und politischer Katastrophe, sich einen kapitalistischen Ausweg zu eröffnen. Die Spekulation, daß die Rote Armee einerseits und der spontane Wille der antifaschistischen Massen Deutschlands andererseits diesen Weg verbauen werden, ist eine reine sozialdemokratische Illusion. Es gibt weder eine sieg- reiche spontane soziale Revolution, noch ist es möglich, allein durch die Kraft der Roten Armee, von außen her, in dem industrialisiertesten, traditions- reichsten und bedeutendsten Staat Mitteleuropas die proletarische Revolu- tion durchzuführen. Selbst in so kleinen Ländern wie den baltischen Rand- staaten war der Anschluß an die UdSSR immer das Ergebnis einer nur von außen her beeinflußten inneren Entwicklung. Der Ablauf der kommenden Ereignisse in Deutschland ist darum zuerst und vor allen Dingen von un- serem Vermögen oder Unvermögen abhängig, der Arbeiterklasse eine poli- tische Führung durch die Partei zu geben. Der erste Versuch, im Jahre 1918 in einer akut revolutionären Situation die proletarische Staatsmacht aufzurichten, scheiterte, weil nur die Ansätze einer wirklichen kommunistischen Partei vorhanden waren. Der zweite Ver- such, im Jahre 1923 den entscheidenden Schlag zu führen, ging fehl, weil die Führung der bereits vorhandenen Partei versagte. Wieder nähern wir uns mit Riesenschritten einer Situation, in der die deutsche Arbeiterklasse vor der Frage Sein oder Nichtsein steht. Heute die Notwendigkeit einer Parteiorganisation zu leugnen, heißt den Sieg in aller- fernste Zukunft zu vertagen, wenn nicht überhaupt für unmöglich zu er- klären .. . 11. Massenpartei oder Kaderorganisation ... Unter den Verhältnissen der Legalität gibt es auch in einer revolutionären Partei eine praktische Trennung in aktive und passive Mitglieder. Je nach dem Grad der politischen Zuspitzung nimmt ein größerer oder kleinerer Teil der Parteimitglieder aktiven Anteil an der politischen Arbeit, die sich in 416 DIE KPD IN DER ILLEGALITÄT UND EMIGRATION scheinbar ruhigen Perioden mehr oder weniger auf die Funktionäre der Par- tei beschränkt. Ein solcher Zustand ist heute untragbar. Unter den Bedingungen des faschi- stischen Terrors muß notwendigerweise die Zahl der Parteimitglieder be- schränkt bleiben auf jene, die sich nicht nur zu uns bekennen, sondern auch bereit sind, im Auftrage und unter Leitung der Partei eine politische Tätig- keit in organisierter Form zu verrichten. In der Partei erfaßt werden können heute nicht etwa alle »Soldaten des Klassenkampfes«, sondern nur seine »Unteroffiziere«. Warum eine solche Einschränkung? Es wäre unsinnig, leugnen zu wollen, daß jedwede Form organisatorischen Zusammenschlusses heute große Ge- fahren heraufbeschwört. Um Mitglied und Mitarbeiter einer illegalen Orga- nisation zu sein, ist nicht nur der Wille allein dazu ausreichend, sondern sind auch Kenntnisse und Erfahrungen notwendig, um sich selbst und seine Mit- arbeiter zu schützen. Kommunist sein ist heute nicht nur ein weltanschau- liches Bekenntnis, sondern setzt auch einen genauen Einblick in die Methodik konspirativer Arbeit voraus. Darüber hinaus sind organisationsreif in dieser ersten Etappe nur alle jene Genossen, die an Stellen stehen, wo ihre politische Tätigkeit mit größtmöglichem Nutzen entfaltet werden kann. Nicht jeder Kommunist muß unbedingt von der Partei erfaßt sein, aber an jeder entscheidenden Stelle der deutschen Kriegsmaschine muß es eine kommunistische Zelle geben. Die Schaffung einer Kaderorganisation bedeutet die wirkliche, rücksichts- lose, ja, wenn es sein muß, brutale Konzentration auf die entscheidenden Aufgaben und Gebiete, die sich aus unserem strategischen Kriegsplan ergeben. Noch ein Argument spricht gegen die Massenpartei und für Kaderorga- nisation. Mit den Formen der Massenpartei untrennbar verbunden sind alle jene Einrichtungen, die wir unter dem Begriff der Parteidemokratie zusam- menfassen, wie die Wahl aller Leitungen, Mitgliederkarteien, Kassenabrech- nungen, Parteitage usw. Heute kann und darf unsere Partei nur zentralistisch sein. Ja, sie muß unter Umständen Forderungen an ihre Mitglieder stellen, die sich nicht we- sentlich von den Forderungen militärischen Gehorsams unterscheiden. Bedingungslose Disziplin und Eingliederung kann nur von den Besten der Besten verlangt werden. in. Die Konzentration auf die Betriebe .. .Wir appellieren auch hier an dieser Stelle an die große Zahl jener Berliner Parteiarbeiter, die aus der Zeit der Legalität nicht nur den Genossen, sondern auch den Arbeitern bekannt sind. Sie haben heute eine entscheidende Auf- DER ILLEGALE KAMPF DER KPD 417 gäbe. Wenn es auch mit konspirativen Grundsätzen unvereinbar ist, daß sie die ganze Last der Parteiarbeit auf ihre Schultern nehmen, niemand verlangt das von ihnen, Verbindungen herstellen, ihre Namen in die Waagschale wer- fen, müssen sie heute, das ist das mindeste, was wir von ihnen verlangen müssen. Jede betriebliche Verbindung muß konspirativ gesichert werden. Es darf keine Zellen geben, in denen jeder jeden kennt. Je nach der Größe des Betriebes und der Zelle hat der Zellenkopf, aus ein bis drei Genossen be- stehend, Verbindungen zu den einzelnen Genossen der Zelle. Zusammen- künfte von mehr als drei Genossen auf einem Haufen sind auf jeden Fall verboten. Und auf noch etwas muß geachtet werden. Man kann heute keinen Genossen und Arbeiter in den Klassenkampf und die Parteiarbeit »ein- schmuggeln«. Wer unmittelbar in die Parteiarbeit einbezogen wird, muß wissen, daß er Parteiarbeit leistet. Nur dann wird er auch alles tun, um seine eigene Tätigkeit zu sichern ... v. Die Losungen Zum Abschluß noch ein Wort zu unseren politischen Losungen. Unsere Agi- tation und Propaganda wickelt sich in den Grenzen ab, die uns durch die Aufnahmebereitschaft der Massen des Proletariats und der zu neutralisieren- den Schichten des Bauerntums und des Kleinbürgertums gezogen sind. Wir sind nicht imstande, die eigenen Erfahrungen dieser Massen durch radikale Reden zu ersetzen. In der ersten Etappe der Entwicklung des Widerstandes gegen das Hitlerregime, in der politischen Krise des deutschen Faschismus und des Herannahens der militärischen Katastrophe besteht unsere entschei- dende Aufgabe in der Sammlung aller antifaschistischen Kräfte unter einem Ziele: Fort mit Hitler — Schluß mit dem Krieg. Die Konkretisierung dieser beiden Losungen bietet uns Gelegenheit, zu zwei großen, alle Menschen bewegenden Fragen Stellung zu nehmen. Das Herausstellen unserer sozialistischen Losung bewahren wir uns für die Zeit, wo die Entwicklung der innenpolitischen Lage in Deutschland aus dem Sta- dium der Erwartung in das Stadium des Handelns übergegangen ist. Eine eingehende Stellungnahme zur Frage unserer Taktik nehmen wir in dem kommenden allgemeinen, politischen Material zur Lage vor. Für heute kam es uns auf drei Dinge an: Die Entwicklung unserer Partei ist Voraussetzung für unseren Sieg. Unsere Partei kann nur eine Kaderpartei sein, solange der faschistische Druck noch anhält. Die Basis unserer Partei aus politischen und organisatorischen sowie kon- spirativen Erwägungen muß der Betrieb sein. Zu diesen Fragen sollen alle Genossen Stellung nehmen. Wenn das in wirk- 418 DIE KPD IN DER ILLEGALITÄT UND EMIGRATION lieh revolutionärer leninistischer Weise geschieht, sind wir davon überzeugt, daß wir auch in Berlin bald einen Schritt vorwärts machen. An die Arbeit Genossen! Das Schicksal des deutschen Proletariats liegt in unserer Hand. Aus Gerhard Nitzsche: Die Saefkow-Jacob-Bästlein-Gruppe Dokumente und Materialien des illegalen antifaschistischen Kampfes (1942-194$) Dietz-Verlag, Ost-Berlin 1957, S. 137-149. 131. ILLEGALES MATERIAL DER SCHUMANN-ENGERT-KRESSE-GRUPPE“3 Leitsätze über die Liquidierung des Imperialistischen Krieges und der Naziherrschaft Der gegenwärtige Krieg beruht auf den Interessengegensätzen der kapitali- stischen Staaten und wird von ihnen als imperialistischer Krieg, »d. h. als ein Eroberungs-, Raub- und Plünderungskrieg, als ein Krieg um die Neuauf- teilung der Welt geführt« (Lenin). Die Beherrschung der Absatzmärkte, Roh- stoffquellen, Verkehrswege und die Sicherung von Machtstützpunkten sind die eigentlichen Ziele aller am Kriege beteiligten kapitalistischen Länder. Träger der imperialistischen Politik ist das Monopolkapital, wobei es grund- sätzliche Unterschiede zwischen den bürgerlich-demokratischen und faschi- stisch-autoritären Ländern nicht gibt. Durch die Unterstützung des Klein- 103. Die Schumann-Engert-Kresse-Gruppe war eine der stärksten kommunisti- schen illegalen Organisationen. Sie wirkte 1943/44 in Mitteldeutschland, vor allem in Leipzig. Georg Schumann war ein bekannter KPD-Funktionär, Mitbegründer des Spartakusbundes, der 1923 in die Zentrale gewählt wurde. Er gehörte zur Gruppe der Versöhnler. Otto Engert war 1928 als »Rechter« aus der KPD ausgeschlossen worden, er wurde Funktionär der KPO und kam erst während der Hitlerherrschaft zur KPD zurück. Die abgedruckten Leitsätze sind von Otto Engert verfaßt. Die SED kritisiert die Leitsätze und die anderen Materialien der Gruppe. Otto Winzer schrieb zum Beispiel in 12 Jahre Kampf gegen Faschismus und Krieg: »... die Einschätzung der internationalen und innerdeutschen Lage sowie die daraus abgeleiteten Aufgaben stimmten nicht mit der Stellungnahme des Politischen Büros des Zentralkomitees der KPD und auch nicht mit den Aufgaben überein, die es für die breite Entfaltung der Bewegung »Freies Deutschland< gestellt hatte.« (S. 218.) DER ILLEGALE KAMPF DER KPD                                                                    419 bürgertums und der Arbeiter, die in der Ausbeutung anderer Völker die einzige Möglichkeit des sozialen Aufstiegs sehen, erhält der Imperialismus seine Massenbasis. In Deutschland und Italien ist das der Nationalsozialismus bzw. Faschismus, bei den Westmächten der Reformismus und die ihm art- verwandten bürgerlichen Parteien. In die imperialistische Auseinandersetzung einzugreifen, lag der Sowjet- union (SU) fern, erst der überfall des deutschen Imperialismus zwang sie zum Krieg. Es geht den deutschen Imperialisten hierbei nicht nur um die Er- oberung russischer Gebiete mit ihren reichen Bodenschätzen und Kornkam- mern und die Versklavung ihrer Bewohner, sondern vor allem um die Zer- störung des Bollwerks der proletarischen Revolution. Dieser Krieg, der von beiden Seiten mit rücksichtsloser Härte geführt wird, weist alle Merkmale des Klassenkrieges auf. Sind somit die Gründe und Ursachen der SU für ihre Teilnahme am Kriege wesentlich andere als die ihrer zeitweiligen Bündnis- partner England-Amerika, so erst recht ihre Kriegsziele. Das einzige, wirk- liche gemeinsame Ziel, das Sowjetrußland mit seinen Verbündeten anstrebt, ist die Vernichtung der faschistischen Kriegsmacht, wobei es die Hauptlast des Kampfes trägt. In der Verteidigung ihrer sozialistischen Heimat ent- wickeln die russischen Arbeiter und Bauern jene gewaltigen ideellen und materiellen Kräfte, die entscheidend für die militärische Niederlage des Faschismus und seiner Kriegspolitik sind. Von den Kapitalisten und Nazimachthabern in das Verderben geführt, steht das deutsche Volk nun vor der folgenschwersten Entscheidung seiner Geschichte. Um ihre Existenz als Ausbeuterklasse zu retten, ist die deutsche Bourgeoisie bereit, vor den englisch-amerikanischen Imperialisten zu kapi- tulieren und ihnen ganz Deutschland als Aufmarschbasis und Waffenhilfe für ihre künftige Auseinandersetzung mit der SU auszuliefern. Seiner politischen und wirtschaftlichen Selbständigkeit beraubt, müßte Deutschland zu einer Kolonie fremder Ausbeuter herabsinken. Doppelt versklavt unter die aus- ländischen und deutschen Kapitalisten, wäre dem deutschen Volk der Auf- stieg zum Sozialismus verwehrt und sein Untergang gewiß. Es bleibt ihm daher kein anderer Ausweg als der des rücksichtslosen Kampfes gegen die Kriegsverbrecher und die rasche Liquidierung des imperialistischen Krieges. Nur in engster Zusammenarbeit mit der siegreichen Sowjetunion, die keinerlei Eroberungsabsichten gegenüber anderen Völkern hegt, kann sich das deutsche Volk die nationale und soziale Freiheit sichern. Im Wege der revolutionären Erhebung muß es die alten Gewalten stürzen, die kapitalistische Macht nie- derreißen, mit den Methoden der Vergewaltigung anderer Völker brechen und auf den Fundamenten der Arbeit und des Friedens die wirkliche soziali- stische Ordnung begründen. Die unverzügliche Beendigung des Krieges mit Sowjetrußland und der alsbaldige Abschluß eines Bündnisses mit ihm ist der erste Schritt auf dem neuen Wege. Auf dieser Grundlage vereinigen sich die 420 DIE KPD IN DER ILLEGALITÄT UND EMIGRATION Interessen des deutschen und russischen Volkes mit denen aller Völker. Dieses Bündnis enthält reale Sicherheiten vor den fortbestehenden Angriffsabsichten der Imperialisten und ist die Voraussetzung der endgültigen Befriedung Eu- ropas und seiner sozialistischen Neugestaltung. Verwirklichen kann diese Politik nur die Arbeiterklasse unter Führung ihres Vortrupps, der Kommunistischen Partei. Der Sieg der Revolution setzt jedoch die aktive Teilnahme aller Werktätigen an ihr voraus. Der Gegensatz zwischen Stadt und Land muß deshalb beseitigt und ein festes und dauer- haftes Bündnis mit den Bauern geschlossen werden. Alle Opfer der faschisti- schen und imperialistischen Politik, die einen Ausweg aus der Katastrophe su- chen, müssen sich mit den Arbeitern zum gemeinsamen Kampf gegen Krieg und Faschismus verbünden. Um diese antifaschistische Volksfront über alle poli- tischen und konfessionellen Meinungsverschiedenheiten hinweg herzustellen, schlagen die Kommunisten ungeachtet ihrer weitergehenden Bestrebungen vor: Sturz des Naziregimes. Bildung einer Regierung des werktätigen Volkes. Bewaffnung der Arbeiter. Abbruch aller Kriegshandlungen gegen die SU. Ersuchen um Waffen- ruhe und Frieden. Zurücknahme der deutschen Truppen. Freigabe der Ge- fangenen. Sofortiges Friedensangebot auch an alle anderen Länder. Deutschland ist zum Frieden bereit, sofern seine Souveränität und territoriale Unver- sehrtheit anerkannt und das Recht auf Selbstbestimmung seiner Neugestal- tung gewährleistet wird. Abschluß eines Bündnisses mit der SU zum Zwecke der engsten Zusam- menarbeit auf allen Gebieten der Politik, Wirtschaft und Kultur sowie der Herbeiführung eines allgemeinen Friedens. Wiederherstellung der Freiheit aller unterdrückten Völker im Zuge der sozialistischen Neuordnung. Sühne aller im In- und Ausland verübten Grausamkeiten der Nazis. Strenge Bestrafung aller Kriegsverbrecher. Beschlagnahme deren Eigentums und Vermögens. Beschlagnahme des Eigentums und Vermögens der Kriegs- gewinnler, Schieber und Spekulanten sowie der Naziführer. Auflösung der NSDAP und aller Untergliederungen. Verhaftung der Naziführer. Auflösung der Geheimen Staatspolizei. Freilassung aller politischen Gefangenen, einschließlich der von den Militärgerichten verurteilten Soldaten. Straffreiheit für die aus der sozialen Not heraus entstandenen Straftaten. Wiederherstellung der demokratischen Rechte des Volkes, wie: Frei- heit der Person, der Meinung, der Presse, der Versammlung, der Vereinigung. Sicherstellung der Religionsfreiheit. Wiedereinführung des Achtstundentages. Aufhebung aller Dienstver- DER ILLEGALE KAMPF DER KPD 421 pflichtungen sowie der Beschränkung der Freizügigkeit. Abbau des Lohn- stopps für alle Arbeiter und Angestellten. Gleicher Lohn für gleiche Arbeit an die Frauen. Aufhebung der Zwangsarbeit für alle Ausländer. Gleichstel- lung mit den inländischen Arbeitern hinsichtlich der Behandlung, Entlohnung und Verpflegung. Umfassende Hilfsmaßnahmen für die Opfer des Krieges und der revo- lutionären Erhebung. Bereitstellung von Wohnraum, Kleidung und Hausrat für die Bombengeschädigten. Anerkennung des Eigentums der Bauern und Werktätigen in Handel, Handwerk und Gewerbe. Abbau aller Nazigesetze, die ihre Entwicklung hemmen. Aufbau leistungsfähiger Genossenschaften vor allem in der Land- wirtschaft und in der Waren Verteilung (Handel). Förderung und Unterstüt- zung dieser Bestrebungen durch den Staat. Selbstverwaltung an Stelle büro- kratischer Willkür und Formularwirtschaft. Februar 1944 Aus Ilse Krause: Die Schumann-Engert-Kresse-Gruppe Dokumente und Materialien des illegalen antifaschistischen Kampfes (Leipzig 1943 bis 1945) Dietz-Verlag, Ost-Berlin 1960, S. 129-132. ANHANG DIE PARTEITAGE PARTEITAG DER KPD (Gründungsparteitag 30. Dezember 1918-1. Januar 1919 in Berlin) Am 29. Dezember hatte eine Vorkonferenz des Spartakusbundes gegen drei Stim- men (darunter Jogiches) beschlossen, den Spartakusbund von der Unabhängigen Sozialdemokratischen Partei zu trennen. Auf dem Parteitag schlossen sich der Spar- takusbund und Internationale Kommunisten (Bremer Linksradikale) zur Kommu- nistischen Partei Deutschland (Spartakusbund) zusammen. Auf dem Parteitag waren 150 Te Inehmer, darunter 127 Delegierte aus 56 Orten, anwesend. Vorsitzende des Parteitages waren Wilhelm Pieck und Jacob Walcher, begrüßt wurde der Parteitag von Ernst Meyer. Tagesordnung Die Krisis in der USP. (Karl Liebknecht) - 2. Die Nationalversammlung. (Paul Levi) - 3. Unser Programm und die politische Situation. (Rosa Luxemburg) - 4. Unsere Organisation. (Hugo Eberlein) - 5. Wirtschaftliche Kämpfe. (Paul Lange) - 6. Internationale Konferenz. (Hermann Duncker). Karl Radek begrüßte die Delegierten im Namen der Russischen Räterepublik. Der Parteitag beschloß gegen den Willen der Zentrale (mit 62 gegen 23 Stimmen) den Boykott der Wahlen zur Nationalversammlung. Er nahm ein von Rosa Luxemburg verfaßtes Programm an (Dok. 2) und wählte eine Zentrale aus 12 Personen. PARTEITAG DER KPD (20.-24. Oktober 1919 in Heidelberg) Der Parteitag tagte illegal auf der Wachenburg bei Weinheim, in Heidelberg, Mann- heim und auf dem Dilsberg am Neckar. Tagesordnung Politische Lage und Geschäftsbericht - 2. Parlamentarismus - 3. Gewerkschafts- frage - 4. Frauenagitation - 5. Neuwahl des Zentralausschusses. Über die politische Lage referierte Levi, den Geschäftsbericht erstattete Eberlein. Nach Angaben der Zentrale zählte die KPD am 1. Oktober 1919 in 23 Bezirken 106656 Mitglieder. Die Zentrale hatte Leitsätze über kommunistische Grundsätze und Taktik (Dok. 11) vorgelegt. Nach heftigen Debatten stimmten 31 Delegierte für, 18 gegen die Leitsätze. Die Linksradikalen Gegner der Leitsätze (unter Führung von Wolftheim und Laufenberg aus Hamburg, Karl Schröder aus Berlin und Rühle aus Dresden) 426                                                                                  ANHANG wurden daraufhin ausgeschlossen und verließen den Parteitag. Sie gründeten im April 1920 die Kommunistische Arbeiterpartei Deutschlands. Die restlichen Delegierten nahmen Leitsätze über den Parlamentarismus an, die eine Beteiligung der KPD an Wahlen vorsahen, sie beschlossen Leitsätze zur Ge- werkschaftsfrage (Dok. 50) und eine Satzung der Partei (Dok. 74). Auf dem Par- teitag wurde eine Zentrale aus 7 Personen gewählt. PARTEITAG DER KPD (25.-26. Februar 1920 in Karlsruhe) Der Parteitag tagte illegal und konnte nicht beendet werden, da die Delegierten am 26. Februar in der Tagungsstätte »Kühler Krug« verhaftet und aus Baden aus- gewiesen wurden. Es waren 43 stimmberechtigte Delegierte und 33 Gäste anwesend. Vorsitzende des Parteitages: Pieck und Hans Tittel. Tagesordnung Bericht der Zentrale: a) Die politische Lage und die Situation der Partei. (Ernst Meyer) - b) Geschäftsbericht. (Eberlein) - c) Bericht von der internationalen Kon- ferenz. (Clara Zetkin) - 2. Die internationale Lage. (Zetkin) - 3. Die Taktik der Kommunistischen Internationale. (August Thalheimer) - 4. Unser Agrarprogramm. (Thalheimer) - 5. Unsere Aufgaben in den wirtschaftlichen Organisationen. (Fritz Heckert) - 6. Die Betriebrätewahl und unsere Tätigkeit in den Betriebräten. (Paul Lange) - 7. Steuerfragen. (Posener) - 8. Wahl des Zentralausschusses. Punkt 7 wurde wegen Erkrankung des Referenten sofort von der Tagesordnung abgesetzt. Durch das Eingreifen der Polizei wurden auch die Tagesordnungspunkte 2, 3, 4, 5 und 6 nicht behandelt. Nach dem Bericht der Zentrale zählte die Partei (nach der Spaltung) nur noch 45000 Mitglieder. Der Parteitag nahm einen Aufruf an die Partei an und wählte eine Zentrale aus 7 Mitgliedern und 7 Stellvertretern sowie einen Zentralausschuß aus 11 Personen. PARTEITAG DER KPD (14. und 15. April 1920 in Berlin) Vorsitzende des (illegal tagenden) Parteitages waren Pieck und Schnellbacher. Auf dem Parteitag waren 49 stimmberechtigte Delegierte anwesend. Tagesordnung Die politische Lage und die Parlamentswahlen. (Levi) - 2. Unsere Wahlagitation. (Pieck) - 3. Unsere Tätigkeit in den Arbeiter- und Betriebsräten. (Ludwig und Heckert) - 4. Geschäftliches. - 5. Neuwahl der Zentrale und des Zentralausschusses. Auf Antrag von Edwin Hoernle wurde die Tagesordnung um den Punkt »Land- agitation« erweitert. DIE PARTEITAGE 427 In der Diskussion spielte die Haltung der Zentrale während des Kapp-Putsches (vgl. Dok. 40) eine große Rolle. Die Delegierten nahmen einen Aufruf zu den Reichstagswahlen an und wählten eine Zentrale aus 7 Mitgliedern und 7 Ersatzleuten sowie einen Zentralausschuß. PARTEITAG DER KPD (1.-3. November 1920 in Berlin) 101 stimmberechtigte Delegierte und 46 Gäste vertraten 78715 Mitglieder. Vor- sitzende des Parteitages: Pieck und Robert Siewert. Am 1. November fand eine nichtöffentliche Sitzung statt. Behandelt wurden: Die Situation in der Partei. (Thalheimer) - 2. Geschäftsbericht. (Eberlein) - 3. Wahl der Zentrale und des Zentralausschusses. Außerdem wurde diskutiert über die Vereinigung mit der linken USP, über Fra- gen des Zentralismus der Partei und die Verbindung zur Komintern. Die Delegier- ten stimmten einmütig der Vereinigung mit der linken USP zu. Gegen eine Stimme wurde der Name der Partei (Kommunistische Partei Deutschlands-Spartakusbund) in: Kommunistische Partei Deutschlands (Sektion der Kommunistischen Internatio- nale) umgewandelt. Die bisherige Zentrale wurde bis zur Vereinigung mit der USP bestätigt und ein neuer Zentralausschuß wurde gewählt. Tagesordnung der öffentlichen Sitzung 1. Die politische Lage. (Thalheimer) - 2. Unsere Stellung zu den politischen Par- teien. (Levi) - 3. Bericht vom II. Kongreß der Kommunistischen Internationale. (Ernst Meyer) - 4. Betriebsräte, politische Arbeiterräte und Arbeitslosenfrage. (Heinrich Brandler) - 5. Unsere Tätigkeit in den Gemeindeparlamenten. (Georg Handke). Der Parteitag billigte Richtlinien für die Arbeit der Betriebsräte und Leitsätze für die politischen Arbeiterräte. PARTEITAG DER KPD (4.-7. Dezember 1920 in Berlin) Der VI. Parteitag war der Vereinigungsparteitag von KPD und linker USP, an- wesend waren 349 Delegierte der USP und 146 der KPD. Tagesordnung Das Aktionsprogramm der vereinigten Partei. (Ernst Däumig und Levi) - 2. Das kommunistische Agrarprogramm. (Thalheimer) - 3. Die Organisation der Partei. (Wilhelm Koenen) - 4. Die Arbeitslosenfrage. (Heckert) - 5. Gewerkschaften und Betriebsräte. (Brandler) - 6. Die Frauenfrage. (Zetkin) - 7. Wahl der zentralen Körperschaften und Verschiedenes. Die Partei nahm den Namen Vereinigte Kommunistische Partei Deutschlands an. 428 ANHANG Die Delegierten wählten einen Vorstand aus zwei Vorsitzenden (Levi und Däu- mig), sieben Sekretären und fünf Beisitzern sowie einen Zentralausschuß mit 39 Mitgliedern. Sie nahmen ein Manifest »An das deutsche Proletariat« an und be- schlossen ein Agrarprogramm sowie die Organisationssatzung der VKPD. PARTEITAG DER KPD (22,-26. August 1921 in Jena) Offiziell als 2. Parteitag bezeichnet. 281 stimmberechtigte Delegierte vertraten 359613 Mitglieder. Tagesordnung Bericht vom III. Kongreß der Kommunistischen Internationale. (Heckert und Hertha Sturm) - 2. Bericht der Zentrale: a) Politischer Bericht. (Ernst Meyer) - b) Geschäftsbericht. (Pieck) - 3. Die nächsten Aufgaben der Partei. (Stoecker) - 4. Un- sere Tätigkeit in den Gewerkschaften. (Walcher) - 5. Die Lage in Sowjetrußland und die Hilfsaktion. (Ernst Friesland). Breiten Raum nahmen die Debatten über die Märzaktion ein. Eine linke Opposi- tion (vor allem aus Berlin) und eine rechte Opposition (Malzahn, Paul Neumann u. a.) griffen die Zentrale an. Der Parteitag stimmte den Beschlüssen des III. Welt- kongresses der Komintern zu, erließ ein Manifest an die Arbeiterschaft und gab Richtlinien für die Arbeit in den Gewerkschaften heraus. Er wählte eine Zentrale (14 Mitglieder) und einen 36 Personen umfassenden Zentralausschuß. Die Partei nahm den bis 1933 gültigen Namen Kommunistische Partei Deutschlands (Sektion der Kommunistischen Internationale) an. PARTEITAG DER KPD (28. Januar-i. Februar 1923 in Leipzig) Offizielle Bezeichnung: III. (8.) Parteitag. Anwesend waren 228 Delegierte aus 26 Bezirken, die 218 555 Mitglieder vertraten (Stand vom September 1922). Tagesordnung Bericht der Zentrale: a) Politischer Bericht. (Meyer) - b) Geschäftsbericht. (Pieck) - c) Bericht der Revisionskommission. (Hans Pfeiffer) - 2. Bericht vom IV. Welt- kongreß der Kommunistischen Internationale und vom II. Kongreß der Roten Ge- werkschafts-Internationale. (Zetkin und Heckert) - 3. Einheitsfront und Arbeiter- regierung. (Brandler) - 4. Unsere Tätigkeit in den Gemeindeparlamenten und unser Kommunalprogramm. (Iwan Katz) - 5. Erledigung von Anträgen - 6. Wahl der zentralen Körperschaften. Eine linke Opposition (Bezirke Berlin, Wasserkante, Mittelrhein und Hessen) unter Führung von Ruth Fischer und Maslow trat gegen die Brandler-Zentrale auf. Der Parteitag nahm u. a. ein Manifest an das Proletariat (wegen der Ruhrkämpfe), eine DIE PARTEITAGE 429 »Kundgebung« an Rußland und die Rote Armee sowie Leitsätze zur Taktik der Einheitsfront und der Arbeiterregierung an. Er wählte eine Zentrale (21 Mitglieder) und einen Zentralausschuß (37 Mitglieder). PARTEITAG DER KPD (7.-10. April 1924 in Frankfurt/Main) Auf diesem illegalen Parteitag vertraten 126 stimmberechtigte Delegierte 294230 Mitglieder, die in 26 Bezirken organisiert waren. Tagesordnung Bericht der Zentrale: a) allgemeiner Bericht - b) Kassenbericht - c) Bericht der Revisionskommission - 2. Bericht über die Januar-Konferenz in Moskau und die Taktik der Partei (Drei Referenten: je einer der linken Opposition, der Mittel- gruppe und der Brandler-Gruppe) - 3. Die Aufgaben der KPD - 4. Gewerkschafts- frage - 5. Wahl der zentralen Körperschaften - 6. Festlegung der Kandidatenliste für die Reichstagswahl - 7. Erledigung von Anträgen. Der Parteitag diskutierte über die Niederlage der KPD im Oktober 1923. Da 92 der Delegierten zur linken Opposition gehörten (gegenüber nur 34 Delegierten der »Mittelgruppe« - die Brandler-Gruppe hatte keine Delegierten) vollzog der Partei- tag eine radikale Schwenkung der Parteilinie. Er nahm Beschlüsse an über die poli- tische Lage und die »Organisierung der Revolution« sowie ein Aktionsprogramm. Die Linken übernahmen die Parteiführung (Maslow, Ruth Fischer, Scholem, Thäl- mann). Die Namen der 15 Personen, die in die Zentrale gewählt wurden, sind nicht veröffentlicht worden. PARTEITAG DER KPD (12.-17. Juli 1925 in Berlin) Anwesend waren i7o Delegierte, die Geschke, Pieck und Wittorf zu Vorsitzenden des Parteitages wählten. Tagesordnung Politischer und organisatorischer Bericht der Zentrale - 2. Allgemeiner Bericht. (Ernst Schneller) - 3. Die weltpolitische Lage und die Aufgaben der Komintern. (Samuely, d. i. Manuilski) - 4. Parlamentsbericht. (Stoecker) - 5. Die Kommunisti- sche Partei und die Organisation ihrer Arbeit (Ottomar Geschke) - 6. Politische Lage, Aufgaben und Taktik der Partei. (Ruth Fischer) - 7. Der Kampf um die Gewerkschaftseinheit und die deutsche Arbeiterklasse. (Ernst Thälmann). Eine »ultralinke« Opposition (Scholem, Rosenberg, Katz) trat gegen die Ruth- Fischer-Führung auf. Beschlossen wurden die Reorganisierung der KPD auf der Grundlage von Betriebszellen und ein neues Parteistatut. Als Leitungsorgan wurde - anstelle der früheren Zentrale und des Zentralausschusses - das Zentralkomitee 430                                                                                  ANHANG gewählt. Im Anschluß an den Parteitag fanden eine Reichs-Agit-Prop-Konferenz sowie eine Frauen- und eine Jugendkonferenz statt. I. REICHSPARTEIKONFERENZ DER KPD (31. Oktober-1. November 1925) Anwesend waren 249 Delegierte. Die Konferenz war einberufen worden aus An- laß des Offenen Briefes der Komintern gegen die Ruth-Fischer-Maslow-Führung. Vorsitzende: Geschke und Pieck. Das Hauptreferat hielt Thälmann, Korreferent war Scholem. Über die politische Lage und die Aufgaben der KPD referierte Philipp Dengel. Heckert sprach zur Gewerkschaftsfrage und Braun (d. i. Arthur Ewert) zu Jugend- problemen. Die Konferenz billigte die im Sinne des Offenen Briefes abgefaßten Entschließungen über die politische Lage und die Gewerkschaftsfrage. Scholem wurde (gegen 26 Stimmen bei 8 Enthaltungen) aus dem ZK ausgeschlossen. Nach späteren Berichten wurde Thälmann auf der Konferenz zum Parteivorsitzenden ge- wählt. XL PARTEITAG DER KPD (2.-7. März 1927 in Essen) 183 stimmberechtigte Delegierten wählten Geschke, Pieck und Becker zu Vorsit- zenden des Parteitags, in ein Ehrenpräsidium Stalin, Bucharin, Rykow und Tomski. Tagesordnung Die Arbeit der Partei seit dem X. Parteitag. (Philipp Dengel) - 2. Die politische Lage und die Aufgaben der Partei. (Thälmann) - 3. Die Ergebnisse der Parteidis- kussion und die innerparteilichen Aufgaben (Ewert) - 4. Die Aufgaben der Partei in den überparteilichen proletarischen Massenorganisationen. (Schneller) - 5. Bericht von der VII. Tagung der Erweiterten Exekutive der Komintern. (Jansen) - 6. Be- richt über die Gewerkschaftsarbeit. (Heckert) - 7. Partei und Jugend. (Geschke). Der Parteitag wurde als Parteitag der Konzentration bezeichnet, da die in der Führung verbliebenen Linken (Thälmann, Dengel, Geschke u. a.) zusammen mit Vertretern der Mittelgruppe (Ernst Meyer, Ewert) fortan offiziell die Partei leite- ten. Nur noch 10 Delegierte gehörten drei verschiedenen linken Oppositionsgruppen an. Der XL Parteitag nahm eine Reihe von Entschließungen an, u. a. über die Ge- werkschaftsarbeit. REICHSPARTEIKONFERENZ DER KPD (3.-4. November 1928 in Berlin) Anwesend waren 225 Delegierte, darunter 23 Oppositionelle (19 »Versöhnler« und 4 »Rechte«). DIE PARTEITAGE 431 Tagesordnung 1. Die Weltlage, die Kriegsgefahr, die revolutionäre Strategie und die Taktik der Kommunistischen Internationale und die Aufgabe der Partei. (Thälmann) - 2. Das Programm der Kommunistischen Internationale. (Lenz, d. i. Joseph Winternitz) - 3. Die revolutionäre Gewerkschaftstaktik und die Wirtschaftskämpfe (Fritz Heckert) - 4. Die revolutionären Bewegungen in den Kolonien. (Hermann Remmele) - 5. Die Lage in der Sowjetunion und in der KPdSU. (Heinz Neumann). Für die »Versöhnler« erhielt Arthur Ewert eine verlängerte Redezeit. Die Kon- ferenz beendete die Zusammenarbeit der Thälmann-Fraktion mit der Mittelgruppe (»Versöhnler«) und leitete den neuen ultralinken Kurs ein. Anlaß waren die Links- schwenkung Stalins und die Affäre Wittorf. Nach der Konferenz wurden die Rech- ten (unter Führung von Brandler, Thalheimer, Frölich und Walcher) aus der KPD ausgeschlossen. XII. PARTEITAG DER KPD (9.-12. Juni 1929 in Berlin-Wedding) 2i7 stimmberechtigte Delegierte wählten ein Präsidium und ein Ehrenpräsidium mit Stalin, Molotow, Andre Marty u. a. Tagesordnung 1. Die politische Lage und die Aufgaben der Partei. (Thälmann) - 2. Bericht über die Arbeit des Kommunistischen Jugendverbandes. (Walter Häbich) - 3. Bericht über die Arbeit unter den Arbeiterinnen. (Lene Overlach) - 4. Der Kampf gegen den imperialistischen Krieg, die Verteidigung der Sowjetunion, das Wehrprogramm der SPD und die Aufgaben der KPD. (Remmele) - 5. Wirtschaftskämpfe und revo- lutionäre Gewerkschaftspolitik. (Paul Merker). Der Parteitag stand ganz im Zeichen des ultralinken Kurses. Die blutigen Ereig- nisse des 1. Mai in Berlin bestimmten die Atmosphäre. Die wenigen Oppositionellen (»Versöhnler«) kamen kaum zu Wort. Angenommen wurden ein Manifest an das deutsche Proletariat und eine Reihe von Entschließungen. III. REICHSPARTEIKONFERENZ DER KPD (zweite Oktoberhälfte 1932) Anwesend waren 233 Delegierte. Das einzige Referat hielt Ernst Thälmann. Die Konferenz verabschiedete eine längere Entschließung, sprach Thälmann das Ver- trauen aus und verurteilte die Heinz-Neumann-Gruppe. 432 ANHANG DIE »BRÜSSELER« PARTEIKONFERENZ DER KPD (3-15. Oktober 1935) Im Anschluß an den VII. Weltkongreß der Komintern tagte in Moskau eine Par- teikonferenz der KPD, die als Brüsseler Konferenz und später als XIII. Parteitag bezeichnet wurde. Anwesend waren etwa 35 Delegierte. Das Hauptreferat »Der neue Weg zum gemeinsamen Kampf für den Sturz der Hitlerdiktatur« hielt Wil- helm Pieck. Wilhelm Florin referierte über das Verhältnis zur Sozialdemokratie, Walter Ulbricht über Gewerkschaftsfragen, Franz Dahlem über Organisationsfragen und Anton Ackermann über Jugendprobleme. Die Konferenz beschloß - entsprechend den Weisungen des VII. Weltkongresses der Komintern - eine Wendung nach rechts und verurteilte bis zu einem gewissen Grade den früheren ultralinken Kurs. 16 Mitglieder und Kandidaten wurden in das neue ZK gewählt; Schubert, Schulte u. a. aus der Parteiführung entfernt. Anstelle des eingekerkerten Thälmann wurde Pieck Parteivorsitzender. Die Konferenz nahm eine Resolution und ein Manifest an. DIE »BERNER« PARTEIKONFERENZ DER KPD (30. Januar-2. Februar 1939) Die sogenannte Berner Parteikonferenz (später als XIV. Parteitag bezeichnet), tagte in der Nähe von Paris. Anwesend waren etwa 25 Teilnehmer. Das Hauptreferat hielt Pieck. Da er jedoch vorzeitig nach Moskau zurückreiste, wurde das Schlußwort von Dahlem gehalten. Außerdem referierten Merker und Koplenig (Österreich). Die österreichische KP sollte mit der KPD verschmolzen werden, doch wurde das von Moskau abgelehnt. Auf der Konferenz wurde eine Resolution angenommen und ein ZK gewählt, in das auch einige nicht auf der Konferenz Anwesende (Dengel, Florin, Ulbricht u. a.) gewählt wurden. DIE PARTEIFÜHRUNGEN Mitglieder der auf den Parteitagen gewählten Zentralen (1919-1924) der Zentral- komitees (1925-1939). PARTEITAG (1918) Hermann Duncker, Käthe Duncker, Hugo Eberlein, Paul Frölich, Leo Jogiches, Paul Lange, Paul Levi, Karl Liebknecht, Rosa Luxemburg, Ernst Meyer, Wilhelm Pieck, August Thalheimer. PARTEITAG (1919) Heinrich Brandler, Hugo Eberlein, Paul Frölich, Paul Levi, Ernst Meyer, August Thalheimer, Clara Zetkin. PARTEITAG (1920) Heinrich Brandler, Hugo Eberlein, Paul Frölich, Ernst Meyer, Wilhelm Pieck, August Thalheimer, Clara Zetkin. Ersatzleute (Kandidaten) : Ernst Friesland, Arthur Hammer, Fritz Heckert, Joseph Köring, Paul Lange, Fritz Schnellbacher, Jacob Walcher. PARTEITAG (1920) Heinrich Brandler, Hugo Eberlein, Paul Levi, Ernst Meyer, Wilhelm Pieck, August Thalheimer, Clara Zetkin. Ersatzleute (Kandidaten): Ernst Friesland, Paul Frölich, Fritz Heckert, Paul Lange, Fritz Schnellbacher, Jacob Walcher, Rosi Wolfstein. PARTEITAG (1920) Heinrich Brandler, Hugo Eberlein, Paul Levi, Ernst Meyer, Wilhelm Pieck, August Thalheimer, Clara Zetkin. Ersatzleute: Ernst Friesland, Paul Frölich, Fritz Heckert, Paul Lange, Fritz Schnellbacher, Jacob Walcher, Rosi Wolfstein. 434 ANHANG PARTEITAG (1920) Paul Levi (Vors.), Ernst Däumig (Vors.). Sekretäre: Heinrich Brandler, Otto Braß, Wilhelm Koenen, Wilhelm Pieck, Her- mann Remmele, Walter Stoecker, Clara Zetkin. Beisitzer: Otto Gaebel, Kurt Geyer, Fritz Heckert, Adolf Hoffmann, August Thalheimer. PARTEITAG (1921) Paul Böttcher, Bertha Braunthai, Hugo Eberlein, Ernst Friesland, Fritz Heckert, Edwin Hoernle, Ernst Meyer, Wilhelm Pieck, Hermann Remmele, Felix Schmidt, August Thalheimer, Jacob Walcher, Rosi Wolfstein, Clara Zetkin. PARTEITAG (1923) Carl Becker, Paul Böttcher, Heinrich Brandler, Hugo Eberlein, Arthur Ewert, Paul Frölich, Fritz Heckert, Edwin Hoernle, August Klein, Wilhelm Koenen, Rudolf Lindau, Hans Pfeiffer, Wilhelm Pieck, Hermann Remmele, Felix Schmidt, Georg Schumann, Walter Stoecker, August Thalheimer, Walter Ulbricht, Jacob Walcher, Clara Zetkin. Dazu ab 17. Mai 1923: Ruth Fischer, Ottomar Geschke, Arthur König, Ernst Thälmann. PARTEITAG (1924) Hugo Eberlein, Ruth Fischer, Wilhelm Florin, Ottomar Geschke, Fritz Heckert, Iwan Katz, Arthur König, Arkadij Maslow, Wilhelm Pieck, Hermann Remmele, Arthur Rosenberg, Ernst Schneller, Werner Scholem, Max Schütz, Ernst Thälmann. PARTEITAG (1925) Philipp Dengel, Hugo Eberlein, Ruth Fischer, Wilhelm Florin, Ottomar Geschke, Fritz Heckert, Arthur König, Arkadij Maslow, Wilhelm Pieck, Hermann Remmele, Paul Schlecht, Ernst Schneller, Werner Scholem, Wilhelm Schwan, Max Schütz, Hugo Urbahns, Ernst Thälmann, Hans Weber. DIE PARTEIFÜHRUNGEN 435 XL PARTEITAG (1927) Karl Becker, Adolf Betz, Conrad Blenkle, Julius Biefang, Franz Dahlem, Philipp Dengel, Paul Dietrich, Hugo Eberlein, Arthur Ewert, Leo Flieg, Wilhelm Florin, Max Gerbig, Ottomar Geschke, Arthur Goike, Walter Hähnel, Fritz Heckert, Wil- helm Hein, Paul Merker, Ernst Meyer, Willi Münzenberg, Michael Niederkirchner, Helene Overlach, Wilhelm Pieck, Hermann Remmele, Joseph Schlaffer, Ernst Schneller, Hans Schröter, Fritz Schulte, Georg Schumann, Walter Stoecker, Ernst Thälmann, Walter Ulbricht, Jean Winterich, John Wittorf, Clara Zetkin. XII. PARTEITAG (1929) Joseph Büser, Franz Dahlem, Philipp Dengel, Leo Flieg, Wilhelm Florin, Ottomar Geschke, Ernst Grube, Arthur Goike, Walter Häbich, Margarete Hahne, Fritz Hastenreiter, Fritz Heckert, Wilhelm Hein, Wilhelm Kasper, Robert Klausmann, Wilhelm Koenen, Karl Küll, Willi Leow, Friedrich Lux, Paul Merker, Willi Münzen- berg, Gustav Nitsche, Heinz Neumann, Michael Niederkirchner, Helene Overlack, Wilhelm Pieck, Gustav Pötsch, Hermann Remmele, Rudolf Renner, Helene Rosen- hainer-Fleischer, Joseph Schlaffer, Fritz Schulte, Walter Stoecker, Ernst Thälmann, Walter Ulbricht, Karl Winter, Jean Winterich, Joseph Winternitz-Lenz. »BRÜSSELER« KONFERENZ (1935) Anton Ackermann, Paul Bertz, Franz Dahlem, Leo Flieg, Wilhelm Florin, Walter Hähnel, Fritz Heckert, Paul Merker, Willi Münzenberg, Wilhelm Pieck, Elli Schmidt, Walter Ulbricht, Herbert Wehner, Heinrich Wiatrek, Ernst Thälmann (in Abwesen- heit). Kandidaten: Wilhelm Knöchel, Wilhelm Kowalski, Karl Mewis. »BERLINER« KONFERENZ (1939) Anton Ackermann, Paul Bertz, Franz Dahlem, Wilhelm Florin, Walter Hähnel, Wilhelm Knöchel, Johann Koplenig, Paul Merker, Karl Mewis, Wilhelm Pieck, Siegfried Rädel, Elli Schmidt, Emil Svoboda, Walter Ulbricht, Herbert Wehner, Heinrich Wiatrek. BIBLIOGRAPHIE DOKUMENTENSAMMLUNGEN, BIBLIOGRAPHIEN Die Antifaschistische Aktion. Dokumentation und Chronik. Mai 1932 bis Januar 1933. Hrsg. Karl Heinz und Erika Kücklich. Berlin (Ost) 1965. Archivalische Forschungen zur Geschichte der deutschen Arbeiterbewegung. Band 4, I-IV: Die Auswirkungen der Großen Sozialistischen Oktoberrevolution auf Deutsch- land. Hrsg. Leo Stern. Berlin (Ost) 1959. Beschlüsse, Die wichtigsten, der Kommunistischen Internationale und der KPD nach dem VI. Weltkongreß im Zitat. Berlin (1932). Buchner, Eberhard: Revolutionsdokumente. Bd. I: Im Zeichen der Roten Fahne. Berlin 1921. 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REGISTER PERSONENREGISTER (Die im Anhang aufgeführten Namen sind im Register nicht erfaßt) Ackermann, Anton 383, 388, 391 Albert, Max siehe Eberlein, Hugo Arendsee, Martha 391 Aufhäuser, Siegfried 103, 383 Baden, Prinz Max von 67 Bästlein, Bernhard 414 Bakunin, Michael 275 Bartels, Wolfgang 282, 284 Bauer, Otto 67, 112, 138 Bebel, August 161 Becher, Johannes R. 383, 388, 391 Becker, Carl 244 Beimier, Hans 359 Berman-Yurin, Konon 359 Bernhard, Georg 383 Bertz, Paul 383 Besteiro, Julian 355 Beutling, Theodor 359 Bianco (Pseud.) 371 Birkenhauer, Erich 359 Bloch, Ernst 383 Blum, Leon 387 Boenheim, Felix 383 Böckel, Karl 383 Böttcher, Paul 210 Bolze, Waldemar 313 Borsig, Ernst von 155 Boschkowitsch 242 Brandes, Alwin 193 Brandler, Heinrich 16, 17, 18, 81, 182, 210, 214, 218, 243, 251, 287, 296, *97, 403 Brandt, Willy 383 Braß, Otto 211 Braun, Otto 25, 110, 148, 149, 152, 153, i84, 383 Braune 267 Braunthai, Alfred 383 Brecht, Bert 398 Bredel, Willi 391 Breitscheid, Rudolf 304, 383 Brown 242 Brüning, Heinrich 25, 152, 153, 154, 155, 156, 158, 185, 302, 304, 305 Bucharin, Nikolaj Iwanowitsch 46, 198, 200, 201, 242, 265, 286, 292, *93 Büchner, Hermann 193 Budzislawski, Hermann 383 Cachin, Marcel 227 Carnot, Lazare 399 Casado, Sigismundo 355 Chamberlain, Arthur Neville 129, 354 Charisius, Eberhard 391 Citrine, Walter 387 Creutzburg, August 359 Crispien, Arthur 103 Dahlem, Franz 265, 383 Daladier, Edouard 353, 354 Daub, Philipp 383 David, Eduard 161, 162 David, Fritz 359, 360 Däumig, Ernst 210, 277 Degoutte, Jean 144 Dengel, Philipp 17, 242, 265, 282, 283, Denicke 383 Diesel, H. (Pseud.) 383 Dietrich, Paul 244, 359 Dimitroff, Georgi 242, 318, 323, 326, 37i,4O3 Dittmann, Wilhelm 103 Drucker, E. 383 Duisberg, Carl 193 Duncker, Käte 29 Ebert, Friedrich 24, 71, 89, 138, 139, 148, 149, 353 Eberlein, Hugo 26, 29, 198, 208, 244, 247, 251, 264, 320, 359 Ehrhardt Hermann 91 448 ANHANG Eichhorn, Emil 71 Einsiedel, Heinrich Graf von 391 Eisler, Gerhart 264, 265 Emel, Alexander (Lurje) 359 Emmendörfer, Max 391 Enderle, August 296, 297 Engert, Otto 321, 418 Engels, Friedrich 48, 57, 287, 338, Ercoli, siehe Togliatti, Palmiro Ernst, Eugen 71 Eschborn, Jakob 391 Escherich, Georg 79 Ewas, J. (Pseud.) 383 Ewert, Arthur 244, 264, 294 Falkenhayn, Erich von 137 Fanta, Theodor 383 Felix (d. i. Felix Wolf) 210 Feuchtwanger, Lion 383 Fischer, Ruth 17, 18, 86, 218, 219, 220, 222, 224, 226, 228, 230, 231, 233, 240, 242, 259, 260, 284, 285, 296, 299, 403 Fleischer, Bodo 390 Fleschhut, Reinhold 391 Flieg, Leo 265, 320, 359 Florin, Wilhelm 265, 319, 371, 377, 383, 391 Franco, Francisco 351, 381 Frank, Wolf 383 Franz, K. (Pseud.) 383 Frey, R. (Pseud.) 383 Freska, Friedrich 143 Frick, Wilhelm 59, 304, 339 Fried (Pseud.) 383 Friedländer, Otto 383 Friesland siehe Reuter, Ernst Frölich, Paul 17, 115, 163, 210, 243, 296, 297, 307 Frossard, L. 226, 227 Funk, Albert 182 Funk, Kurt (d. i. Herbert Wehner) 383 Galm, Heinrich 243, 297 Geißler 90 Gellert, Cornelius 345 Gerhart siehe Eisler, Gerhart Geschke, Ottomar 265 Geyer, Kurt 353, 354 Gneisenau, Neithardt von 146 Goebbels, Josef 329, 381, 401 Göring, Hermann 339, 345, 381 Goldschmidt, Alfons 383 Goldschmidt 155 Goike, Arthur 359 Goltz, Rüdiger von der 144 Gostowski, H. 313 Gottwald, Klement 371 Graefe, Albrecht von 91 Gräf, Hugo 383 Graßmann, Peter 345 Groener, Wilhelm 304 Grube, Ernst 295, 317 Grylewicz, Anton 282, 284 Grzesinski, Albert 59, 271, 383 Gumbel, E. J. 383 Hadermann, Ernst 391 Hallgarien, Wolfgang 383 Halle, Felix 359 Hausen, Erich 243, 265, 297 Heckert, Fritz 174, 251, 265 Helmschrott, Leonhard 391 Herrnstadt, Rudolf 388 Hertling, Georg von 67 Herzfelde, Wieland 383 Herzog, Wilhelm 214, 218 Hetz, Karl 390 Heydebrand, Ernst von 161 Hilferding, Rudolf 194, 204, 207, 353, 354, 364, 365, 366, 383 Hillquith, Morris 204 Hindenburg, Paul von 24, 106, 107, 117, 148, 149, 150 Hintze, Paul von 67 Hirsch, Paul 71 Hirsch, Werner 359 Hirschfeld, Hans 383 Hitler, Adolf 19, 25, 26, 28, 59, 60, 90, 91, 106, 107, 112, 153, 154, 302, 303, 304, 305, 317, 318, 319, 320, 321 329, 332, 333, 334, 335, 336, 337, 33% 340, 343, 348, 350, 351, 352, 353, 354, 355, 3^i, 3^2, 3^3, 3^8, 380, 381, 382, 383, 384, 385, 386, 389, 390, 393, 398412,413,414,415,417, Hoernle, Edwin 391 Höglund, Zeth 227, 387 Höltermann, Karl 345 Hölz, Max 88, 359 Hoffmann, Johannes 72, 73 REGISTER 449 Hoffmann, Max 383 Homann, Heinrich 390 Hoover, Herbert 132 Hubrich, Louis 161 Hugenberg, Alfred 152, 153, 154, 156, 339, 34°> 393 Husemann, Fritz 193, 379 Hutten, Ulrich von 121 Ibarruri, Dolores 371 Innitzer, Kardinal 335 Jacob, Franz 414 Jacob 242 Jädicke 280 Jarres, Karl 148 Jogiches, Leo 15, 16, 71, 199, 200, 201, 207, 208 Kamenew, Lew Borissowitsch 359, 360 Kapp, Wolfgang 24, 208, 209 Katajama, Sen 242 Katz, Iwan 226, 228 Kautsky, Karl 204, 221 Kehler, Ernst 391 Kerenski, Alexander 115 Kersten, Kurt 383 Keßler, Heinz 391 Kilborn, Karl 242 Kippenberger, Hans 81, 131, 359 Kirn, Richard siehe Hilferding, Ru- dolf Kirdorf, Emil 61 Kirow, Sergej Mironowitsch 360 Kirschmann, Emil 383 Kisch, Ego Erwin 383 Klein, Matthäus 391 Knief, Johann 29, 115 Koch, M. (Pseud.) 383 Koenen, Bernhard 359 Koenen, Wilhelm 383 Koettgen 193 Kötter, Willi 280 Kolaroff, Wasil 214, 242, 371 Koplenig, Johann 371 Korsch, Karl 262, 263 Koska, Willi 359 Kriebel 60 Krupp, Gustav, von Bohlen und Hal- bach 155, 362 Kuczinsky, Robert 96 Kügelgen, Bernt von 391 Kühn, Erich 391 Kühne, Otto 242 Kuntz, Albert 317 Kuntz 60 Kunze, Richard 90 Kurella, Heinrich 359 Kurt (d. i. Bleidokat, Kurt) 244 Kuusinen, Otto 242, 371 Landsberg, Otto 161, 162 Langer, Alfred siehe Kippenberger, Hans Laval, Pierre 412 Ledebour, Georg 71, 307 Lehmann siehe Wilhelm IL Lehmann-Rußbüldt, Otto 383 Lehtinen 371 Leipart, Theodor 193, 345 Lenin, Wladimir Iljitsch 18, 29, 30, 54, 56, 81, 103, 115, 116, 117, 119,120,121, 131, 178, 195, 200, 201, 202, 226, 227, 228, 229, 230, 232, 240, 241, 270, 275, 308, 320, 332, 338, 342, 359, 360, 397, 418 Lenz (d. i. Josef Winternitz) 263, 295 Leonhard, Rudolf 383 Leow, Willy 93, 359 Levi, Paul 18, 22, 27, 79, 118, 121, 199, 208, 209, 210, 211, 225, 226, 227, 228, 251, 274, 277, 287, 296 Levine, Eugen 72, 198 Lieb, Fritz 383 Liebknecht, Karl 15, 16, 18, 24, 27, 69, 71, 103, 137, 139, 161, 162, 269, 271, *73, 296, 338 Liebknecht, Theodor 307 Liebknecht, Wilhelm 161 Liesching, Theodor 161 Lindau, Rudolf 29 Lips, Julius 383 Longuet, Jean 204 Losowski, Salomon A. 174, 242 Lubbe, Marinus van der 341 Ludendorff, Erich 88, 90, 94, 138, 144 Ludeneit, Fritz 391 Ludewig, Johanna 359 Lüttwitz, Walther von 138 Lukacs, Georg 398 Lutterbeck, 140, 142, 145 Luxemburg, Rosa 15, 16, 17, 22, 23, 26, 27, 29, 30, 34, 35, 43, 70, 71, 116, 450 ANHANG I l8, 121, I39, 163, 198, 199, 200, 207, 269, 27O, 271, 273, 296, 338 Macdonald, Ramsay 132,204, 223, 341 Maddalena, Max 359 Mahle, Hans 391 Mann, Heinrich 383, 386 Mann, Klaus 383 Manuilski, Dimitrij Zacharowitsch 242, 305, 371 Marat, Jean-Paul 115 Marcks, Siegfried 383 Marty, André 371 Marx, Karl 275, 338 Marx, Wilhelm 35, 48, 57, 148, 149, 150 Maslow, Arkadij 17, 18, 86, 214, 218, 219, 222, 226, 227, 228, 229, 230, 231, 232, 233, 240, 284, 285, 296, 299 Matern, Hermann 388 Medern 144 Mehring, Franz 29, 269, 271, 273 Menne, Bernhard 383 Merker, Paul 182, 265, 267, 268, 269, 344» 383 Meusel, Alfred 383 Meyer, Ernst 17, 18, 29, 69, 207, 209, 210, 251, 294 Minoux, Friedrich 90 Minster, Karl 29 Mitskewitsch-Kapsukas, W. S. 242 Moeller, Arthur van den Bruck 143 Modigliani, Emanuele 204 Morgan, J. P. 218 Müller, Adolf 213 Müller, Hermann 59, 103 Müller-Meiningen, Heinrich 161 Münzenberg, Willi 213, 320, 359, 383, 403 Mussolini, Benito 103, 331, 332, 350, 362, 400, 401, 412, 413, 414, 415 Mussert, Anton 412 Mutschmann, Martin 61 Neubauer, Theodor 412 Neumann, Heinz 17, 58, 242, 261, 265, -9S. 32O> 359» 398, 399 Neumann, Sigmund 21 Neumann 267 Niemöller, Martin 380, 381 Noske, Gustav 89, 102, 138, 139, 190, 27J» 353, 355 Oertel, Ernst Georg 161 Olden, Balder 383 Olden, Rudolf 383 Ollenhauer, Erich 354, Opitz, Max 295 Orthmann 193 Pabst, Waldemar 60 Papen, Franz von 109, no, 112, 113, 159» 339» 34°, 393» 399 Pauker, Anna 371 Petain, Henri 227 Peters 278 Peuke, Werner 268, 269 Pfemfert, Franz 227 Piatnitzki, Ossip 242 Pieck, Wilhelm 71, 251, 353, 356, 361, 371, 383, 388, 391 Poincare, Raymond 290 Poser, Magnus 412 Presche, Willy 265 Quisling, Widkun 412 Radek, Karl 24, 26, 115, 142, 143, 198, 210, 211, 218 Rakosi, Mathias 211, 276, 371 Rakowski, Christian 198, 200, 201 Rathenau, Walter 125, 290 Rebe, Alfred 359 Remmele, Hermann 17, 130, 242, 265, 268, 295, 305, 320, 359 Reuter, Ernst (Friesland) 225, 230, 251, 287, 296 Reventlow, Ernst von 143, 291 Reyher, Friedrich 391 Richter, Eugen 161 Riese, Max 278 Rieß, Ludwig 265 Röhm, Ernst 348 Romanow, Nikolaus (Zar) 115 Rosenberg, Alfred 329 Rosenberg, Artur 71, 72, 220, 226, 228, 263 Rosenfeld, Kurt 307, 383 Rossaint, Joseph 381 Roy, Manabendra Nath 242 Rückert, Fritz 391 Rühle, Otto 29, 227 Sachs, K. (Pseud.) 383 REGISTER 451 Saefkow, Anton 414 Sauerland, Kurt 271, 359 Scharnhorst, Gerhard von 146 Schaxel, J. 383 Scheflo 242 Schehr, John 242, 265, 317, 320 Scheidemann, Gustav 67, 71, 161, 291 Schifrin, Alexander 383 Schlageter, Albert Leo 24, 140, 142, 143, 144, 145, 146, 147, 195 Schlecht, Paul 282, 359 Schleicher, Kurt von 159 Schmidt, Erich 266, 267 Schneider-Creusot 144 Schneller, Ernst 131, 233, 242, 265, 3*7» 3^0 Schönstedt, Walter 383 Scholem, Werner 17, 220, 226, 228, 263, 282, 284, 320 Scholze, Paul 71 Schreiner, Albert 296, 297 Schröter, Johann 244 Schubert, Hermann 317, 320, 359 Schuhmacher, Fritz 174, 175 Schulte, Fritz 320, 359 Schumann 193 Schumann, Georg 29, 244, 321, 418 Schwab, J. (Pseud.) 383 Schwan, Wilhelm 242, 284 Schwenk, Paul 152, 193, 359 Seldte, Franz 339 Sender, Toni 103, 383 Severing, Carl 59, 107, 110, 152, 153, 154,189, 190, 194, 302 Seydewitz, Max 307, 383 Seydlitz, von 388 Shdanow, Andrej A. 371 Siemens, Carl Friedrich von 155 Siemsen, Anna 383 Sinowjew, Grigorij Jewsejewitsch 79, 242, 341, 359, 360, 403 Sinz, Otto 391 Sluzki 271 Sobottka, Gustav 359, 391 Sollmann, Wilhelm 103 Spicker, K. 313 Stalin, Joseph Wissarionowitsch 17, 18, 25, 99> 178, 180, 182, 185, 198, 214, 218, 246, 265, 271, 287, 302, 303, 305, 320, 332, 338, 360, 401, 403 Stampfer, Friedrich 194, 353, 354 Stauning, Thorwald 412 Stinnes, Hugo 140, 144 Stoecker, Walter 265, 317 Stößling, Herbert 390 Strötzel, Max 242 Süß, Bruno 383 Süßkind, Heinrich 320, 359 Tarnow, Fritz 345 Tereschtschenko, Michail Iwanowitsch 115 Tessendorf, Hermann 161 Thalheimer, August 18, 29, 43, 124, 182, 214, 218, 243, 251, 287, 296, 297 Thalheimer, Bertha 29 Thälmann, Ernst 17, 18, 19, 23, 24, 58, 93, 96 106 107, 148, 150, 152, 155, 157, 159, 185, 188, 194, 229, 242, 264, 265, 269, 282, 302, 303, 305, 317, 320, 338, 341, 342, 344, 361, 373, 398, 400, 403 Thorez, Maurice 371 Thyssen, Fritz 90, 155, 362 Tirpitz, Alfred von 137 Tittel, Hans 251, 283, 297 Toller, Ernst 383 Togliatti, Palmiro 371 Trotzki, Lew Dawidowitsch 18, 58, 99, 119, I2I, I52, IjS, 198, 2CO, 201, 226, 271, 302, 359, 360, 361, 403 Tschiangkaischek 99, 131 Tschitscherin, Georgij Wassilijewitsch 289, 290, 292 Turati, Filippo 204 Uhse, Bodo 383 Ulbricht, Walter 188, 265, 317, 320, 321, 326, 361, 364, 365, 383, 388, 391, 410 Ulrich, Fritz 193 Urbahns, Hugo 219, 284, 285 Vogel, Hans 353 Vogler, Albert 155 Vogt, Arthur 280 Vogt, Th. (Pseud.) 383 Waentig, Heinrich 184 Walcher, Jacob 17, 208, 209 Watter, Oskar von 144 Weber, Fritz (d. i. Heinrich Wiatrek) 383 ANHANG 45^ Weber, Hans 278 Weinert, Erich 388, 391 Wels, Otto 96, 102, 103, 104, 195, 217, 218, 293, 345, 353, 354 Wetzel 60 Weyer, Paul 175 Wilhelm II. 94, 175, 332 Wilson, Woodrow 144 Winnig, August 144 Winterich, Jean 265 Winzer, Otto 418 Wirth, Joseph 123, 290 Wittorf, John 27, 264, 265, 266 Wohlgemuth 78 Wolf, Friedrich 391 Wolff, Otto 90 Wulle, Reinhold 90 Zereteli, Irakli 115 Zetkin, Clara 143, 148, 210, 229, 251, 292, 293 Zeutschei, Walter 266 Zippel, Hans 391 Zörgiebel, Karl 59, 103, 189, 190, 194, 344 Zweig, Arnold 383 SACHREGISTER Abweichung 225, 226, 240, 245, 246, 285, 295, 296, 330 rechte Abweichung 100, 219, 240, 296 ultralinke Abweichung 100, 240 ADGB (s. auch Gewerkschaften) 9$, 141, 152, 168, 185, 191, 195, 223, 340, 341, 344, 346 Agitation 33, 55, 58, 166, 175, 187, 202-205, 234-236, 257, 283, 344, 34,7 356, 366, 405, 417 Aktionseinheit (s. auch Einheitsfront) 168, 324, 325, 353 Anarchie 34, 134, 275 Antisemitismus (s. auch Rassenhetze, Zionismus) 41, 334 Apparat (s. auch Parteiapparat) 18, 20, 27, 28, 131, 189, 193, 251, 264, 266, 301, 317, 319 Arbeiteraristokratie 56, 180, 182 Arbeiterbewegung 13, 21, 32, 48, 53, 117, 151, 158, 179, 182, 203, 221, 236, 270, 309, 318, 353, 355, 369, 370, 387, 388,394,411 Arbeiterklasse, Arbeiterschaft (s. auch Proletariat) 24, 25, 29, 30, 32, 34, 36-38, 40, 41, 43, 45, 47, 52, 55, 58, 60, 63, 64, 67, 68, 73, 87, 97, 98, 100- 104, 107, in, 112, 119, 125, 127, 129, 134, 135, 138-141, 145, 146, 148, 150, 152, 162, 164, 170-173, 177, 179, 180, 183, 184, 191-194, 206, 214-217, 219, 221-224, 228, 234, 235, 237, 241, 243, 253, 260, 262, 271, 278, 279, 282, 286, 290, 295, 298, 299, 301, 308-312, 324, 328, 331, 333, 336-341, 343, 345-347. 349. 35b 353. 354. 357. 359-36’, 364. 367-369, 373, 387, 393, 394, 398, 400, 415, 420, 428, 429 Arbeiterkontrolle (s. auch Mitbestim- mung, Produktionskontrolle) 55, 87 Arbeiterräte 41, 55, 56, 74, 76, 87, 172, 173, 204, 426, 427 Arbeiterregierung 170-173, 428 Arbeiterstaat 125, 263, 306 Arbeiter- und Bauernregierung 102, 213,228 Arbeiter- und Soldatenräte 34, 36, 39, 40, 69, 70, 247 Arbeitslosigkeit, Erwerbslosigkeit 34, 40, 64, 188, 427 Arbeitslose, Erwerbslose 80, 88, 95, 169, 194, 288, 317, 376 Armee, Rote (Sowjet-) 62, 121, 127, 128, 131-135, 293> 333, 3f>5, 4i2, 4n, 429 Rote Ruhrarmee 78 Aufstand 22, 23, 44, 73, 79, 81, 105, REGISTER 453 106, 133, 134, 141, 165, 166, 260, 266, 342 bewaffneter Aufstand 56, 68, 105, 289. 343, 348 Ausbeutung 35, 37, 44-49, 60, 61, 64, 73, 89, 108, 149, 164, 184, 193, 194, 3°7, 35°, 362, 413 kapitalistische Ausbeutung 31, 34, 38, 165, 329, 376 Außenpolitik, sowjetische (russische) 18, 143, 222, 223, 263, 293, 321 Bauern, Bauerntum 38, 44, 58, 63, 64, 88, 92, 95, 108-110, 126, 127, 146, 179, 194, 203, 239, 246, 257, 262, 270, 293> 318> 334, 336, 338-34°, 351, 362, 363, 367, 368, 382, 417, 419-421 Betriebsräte 41, 55, 76, 87, 90, 172, 173, 178, 179, 186, 187, 189-191, 204, 235, 236, 254, 267, 273, 344, 345, 426, 427, Betriebszellen 98, 238, 253, 254, 259, 269, 301, 330 Bolschewik!, Bolschewismus 22, 23, 100, 115-118, 120, 121, 195, 207, 225, 233, 237, 261, 270, 290, 293, 295, 320, 335, 401 Bolschewisierung der KPD 21, 22, 27, 214, 215, 218, 239, 259-261, 269, 343 Bourgeoisie 32, 33, 38, 41, 44, 47, 48, 5>, 53> 56-?8,          63, 64, 73, 74, 97, 100-102, III, 122, 126, I33, I45, I49, I50, I53-I55, I59, l60, 164, l66, I7I- 173, 178, l80, l8l, 183, 189, I90, I95, 204, 221, 226, 234, 239, 24O, 252, 253, 260, 261, 27I, 279, 280, 286, 29O, 292, 293, 295, 307, 308, 31 I, 324, 339, 345, 347, 354, 378, 387, 397, 401, 402, 413, 415, 419 Brandler-Gruppe, Brandieristen (s. auch KPDO, Rechte) 154, 180, 186, 195, 225, 228, 241, 262, 268-270, 279, 346, 429 Bürgerkrieg 22, 38, 44, 45, 51, 56, 81, 83, 92, 100, 133, 134, 140, 203, 205, 206, 289, 309, 310, 409 Bürokratie, Bürokraten 104, 119, 193, 302, 303, 305, 306, 394, 398, 399 Christentum (s. auch Kirche) 393 Dawes-Plan 59 Demonstrationen 56, 80, 87, 104, 142, 150, 166, 193, 223, 283, 318, 340, 374, 394, 399 Demokratie 14, 31, 38, 39, 88, no, 118, 120, 158, 172, 182, 260, 302, 352, 35 5, 356,387,400,402 bürgerliche Demokratie 24, 70, 101, 119, 158, 172, 201, 278, 304, 348 innerparteiliche Demokratie siehe Parteidemokratie, proletarische Demokratie 304, 306 sozialistische Demokratie 70, 119, 120,366 Deutschnationale 153, 160, 343 Dialektischer Materialismus 48 Diktatur 77, 90, 119, 127, 149, 159, 169, 260, 292, 305, 308, 309, 336, Diktatur der Bourgeoisie 87, 107, 139, 148, 185 Diktatur des Finanzkapitals 46, 51 Diktatur des Kapitals 102, 185 Diktatur des Proletariats 38, 47, 48, 51, 52, 54, 57, 65, 70, 73, 77, 87, 92, 93, 101, 104, 113, 115, 119, 120, 128, 140, 172, 173, 179, 202, 246, 286, 289, 297, 325, faschistische Diktatur 61, 109, no, 112, 151-153, 157-160, 188, 308, 349, 35*, 375, 37*, 378-380, 395, 324, 328, 339, 340, 342-344, 346- 396 Hitlerdiktatur 319, 322, 325, 329, 33J, 334, 349, 380, 381, 432 Militärdiktatur 138, 139, 140, 162 Nationalsozialistische Diktatur 385 proletarische Diktatur 47, 52-55, 62, 64, 101, 104, no, 116, 133, 135, 139, 150, 183, 201, 270, 306, 344, 348 Diktatur des Sozialfaschismus 104 Disziplin 36, 39, 55-57, 173, 205, 245, 251, 262, 295, 361, 396, 416 Parteidisziplin 255, 258, 295 proletarische Disziplin 217 Eigentum 49, 366, 420 bäuerliches Eigentum 336 Einheit Deutschlands (s. auch Wieder- vereinigung) 90, 336 Einheitsfront (s. auch Aktionseinheit) 24, 25, 86, 94, 10T, 102, 107, 109, HO, 454 ANHANG 129, 142, 153, 156, 170-173, 179, 186, l88, I94, I95, 220, 228, 23O, 235, 236, 262, 280, 299, 3OO, 302, 303, 309, 318, 319, 323-327, 331, 336, 337, 34°, 343, 345, 346, 348, 349, 354, 355, 373, 374, 378, 379, 393, 394, 397, 4*8 Einheitsfront von unten 171, 178, 183, 189, 267, 302, 346 Einheitspartei 325, 337, 353, 355 EKKI (Exekutivkomitee der Komin- tern) 26, 43, no, in, 113, 158, 191, 197, 198, 206, 209, 212, 214, 218-220, 226, 228-232, 234, 240-246, 255-257, 268-265, 267, 268, 274-276, 280, 282, 287, 288, 297, 342, 343, 370, 371, 374, 395, 43° Emigration 318, 319, 353, 355, 359, 386, 401, 409 Enteignung des Kapitals (s. auch Na- tionalisierung, Sozialisierung) 156 Faschismus 25, 58-62, 65, 94, 107-113, 143, 149-151, 153, 158, 159, 178-182, 184, 192, 194, 300, 302-306, 312, 313, 323“328, 331-333» 335» 337» 339» 34^“ 347» 349» 354» 369"37i» 374» 38°» 394» 397» 399» 400» 402» 410, 415» 4*7» 4*9» 420 . Hitlerfaschismus (s. auch National- sozialismus) 157, 329, 332, 352, 359 Finanzkapital (s. auch Monopolkapi- tal) 46, 56, 60, 107, 155, 350, 412, 413 Föderalismus (der Organisation) 27, 75» 25T Fraktionen (innerparteiliche) 18, 27, 28, 180, 210, 211, 214, 245, 265, 268, 269, 279, 280, 294, 295, 299, 301, 317, 43 \ Freiheit 30, 35, 118, 155-157, 248, 328, 329, 333, 336, 351-354» 356, 362" 365» 369» 378, 380, 382, 383, 389, 390, 419 Pressefreiheit 328, 336, 384, 402, 420 Religions-, Glaubensfreiheit 328, 336, 380, 381, 420 Frieden 31, 32, 35, 41, 104, 116, 126, I29» 135, 137, 142, 210, 328, 329, 333, 334» 336» 351-353» 356» 357» 3^2> 363» 366-369, 380, 383-385, 389, 390, 410, 414, 419, 420 Brest-Litowsker Frieden 116 Friedensvertrag von Versailles siehe Versailler Friedensvertrag Funktionäre 18-20, 219, 268, 279, 299, 300, 317, 325, 359, 376 Generallinie (s. auch Parteilinie) 27, 112, 179, 180, 342-344, 397 Generalstreik (s. auch Streik 24, 25, 56, 72, 77-81, 138, 139, 165, 284, 317, 339» 340» 344» 376 Genossenschaft 40, 55, 171, 203, 204 Gestapo 318, 319, 321, 335, 337, 359, 408, 409, 420 Gewalt 37, 38, 40, 43-45, 84, 91, 147, i72» 307 Gewerkschaften (s auch ADGB, DGB) 14, 20, 26, 55, 57, 75, 90, 98, 100, 104, 110, 129, 149, 163-167, 169, 171, 174-178, 182, 189—193, 203-205, 216, 219, 221-225, 228-230, 235-239, 246, 257, 262, 273, 278, 279, 281, 282, 288, 299» 300, 304, 320, 335, 340, 343, 344, 347» 349» 375-377» 379» 3^8, 393» 394» 397» 402, 425-428, 43°-432 Gewerk Schaftsbürokratie 166, 172, 192, 193, 268, 278, 345 Gleichberechtigung 21, 351, 382 Gleichberechtigung der Frau 40, 64, 109, 421 Gleichberechtigung der Jugend 64 Gleichberechtigung der Nationen 370 Gleichheit 38 Granaten, russische, für die Reichs- wehr 27, 129, 289, 291 Ideologie (s. auch Theorie) 33, 228, 230, 270, 287, 294, 400, 403 Illegalität 101, 180, 203, 254, 317, 396, 405, 407, 412, 416, 418 Imperialismus, imperialistisch 29-33, 46-48, 51-54, 56-60, 93, 104, 116, 117, 120, 126, 128, 129, 132, 135, 137, 138, 140, 142, 143, 145, 178, 179, 181, 204, 247» 311, 351, 353, 355-357, 365“3^7» 413,419,420 Internationale, II. 29, 30, 32, 33, 57, 199-201, 204, 206, 309, 345, 356, 357, 387, 400 Internationale, III. siehe Kommunisti- sche Internationale REGISTER 45 S Internationale, IV. 402 Internationalismus 24, 100 Kapital, Kapitalismus 30, 31, 34, 36- 38, 43, 46, 51, 54, 56, 62, 63, 65, 70, 73, 74, 83, 84, 86, 89, 90, 104, 106, 108, 109, 113, 127-129, 141, 143, 147, 151, 154, 163, 164, 166, 168, 170, 171, 174, 183, 193—195, 2O4, 217, 299, 3°4, 308, 309, 347, 348, 354, 356, 362, 366, 374, 413, 418, 419 relative Stabilisierung des Kapitalis- mus (s. auch Krise, allgemeine des Kapitalismus) 220, 261, 267, 285 Kapp-Putsch 24, 77, 78, 89, 138, 149, 208, 209, 274, 312 Katholiken 335, 352, 380, 381, 384, 402 Kirche 380 Katholische Kirche 379, 381, 400 Klassen 30, 31, 35, 37, 46, 48-50, 52, 55, 74, 106, 108, 117, 120, 145, 149, 153, 168, 172, 173, 297, 307, 342, 393 Klassenherrschaft, herrschende Klas- se 30-32, 34-39, 4b 45, 61, 67, 92, 120, 151, 161, 307, 329, 415 Klassenbewußtsein 171 Klassenkampf 30-33, 42, 45, 47, 48, 64, 70, 102-104, in, 113, 137, 138, 150,   154, 159, 161,  162,   171, 172, 178,   180, 183,  193,  203,   224, 235, 241,   244, 247, 253,  262,   281, 299, 307,   308, 311, 322,  325,   327, 347, 348, 393, 402, 416, 417 klassenlose Gesellschaft 21 Kleinbürger 41, 58, 179, 182, 205, 239, 268, 328, 344, 417, 419 Koexistenz 51, 52 Kolonien 133, 178, 204, 332, 431 Kolonialpolitik 32, 38 Kolonialvölker 45-47, 51-54, 56, 57, 323 Aufstand der Kolonialvölker 51, 60, Kampf der Kolonialvölker 60, 99, 221, 310, 311 Kommunismus 13, 14, 19-21, 24, 43, 44, 47-51, 84, 91, 92, 102, 104, 109, 112, 126, 127, 139, 154, 172, 182, 184, 221, 243, 244, 246, 270, 275, 286, 287, 295, 297, 299-301, 380, westeuropäischer Kommunismus 227 Kommunistische Arbeitsgemeinschaft (KAG) 27, 277 Kommunistische Arbeiterpartei (KAP) 27, 80, 168, 208, 209, 225, 273, 274, 289 Kommunistische Internationale (Kom- intern, III. Internationale) (s. auch EKKI) 14, 18, 19, 26, 33, 43, 45-48, 53, 56, 57, 65, 79, 81, 99, 104, 105, 112, 122, 142, 143, 146, 158, 174, 178, 188, 197, 198, 200-208, 210, 212-214, 218, 220, 222-234, 239, 241-243, 246, 254-256, 260, 262-265, 2^9, 27°, 274, 276, 277, 280, 282, 285-287, 292, 298, 301, 304, 306, 309, 317, 318, 321, 322, 331, 345, 346, 364, 369-371, 377, 378 395-401, 403,404, 427-432 Kommunistische Partei der Sowjet- union (KPdSU, KPR) 33, 53, 128, 135, 198, 199, 225, 233, 24b 243, 263, 286, 309, 310, 431 Kommunistische Partei Deutschlands - die einzige Arbeiterpartei 237, 260, 281, 286, 287 Kommunistische Partei Deutschlands - Opposition (KPO) (s. auch Brandie- risten, Rechte) 28, 297, 298, 313, 395- 397,4i8 Kommunistisches Manifest 35, 57 Korruption 25, 265, 273, 299, 389, 412 Krieg (Weltkrieg) 17, 20-24, 29-34, 39, 40, 44, 45, 47-49, 5b 53, 5^, ^8, 89, 90, 100, 101, 103, 104, 108, 117, 120, 127, 129-135, 137, 138, 145, 149, 161, 163, 165, 178-180, 183, 184, 193, 206, 210, 260, 270, 310, 321, 325, 327, 329, 332, 333, 335, 336, 34». 350-354, 356, 357, 361, 362, 364, 365, 367-370, 3^0, 384-387, 389, 390, 410, 412-414, 417- 421, 431 Volkskrieg 15 5 Krise 19, 110, m, 153, 168, 179, 286, 415 allgemeine Krise des Kapitalismus 46, 47, 51, 52, 54, 108, 160, 267, 348 Wirtschaftskrise 20, 49, 61, 100, in, 133, 183, 308, 339 Landesverrat 38, 59, 142, 161 Leninbund (s. auch Linke Kommuni- sten) 28, 285, 313, 394 Leninismus (s. auch Marxismus-Leni- ANHANG nismus) 48, 115, 158, 217, 225-228, 239, 261, 294, 298, 397 Linke (Kommunisten in der KPD) 218, 229-231, 234, 240, 241, 246, 279, 282-284, 287, 288 Linke Politik (der KPD) 25, 26, 28, 268 Luxemburgismus 22, 27, 269, 270 Macht, politische 31, 133 Märzaktion (1921) 28, 79, 210, 274, 275, 277, 289 Marxismus 48, 52, 55, 154, 216, 270, 286, 303, 354, 369, 376 Marxismus-Leninismus (s. auch Leni- nismus) 246, 370, 271, 287, 327, 348, Militarismus 31, 32, 116, 161 Monarchie 149 Nadirichtendienst 82 Nation 24, 30, 34, 47, 126, 128, 137, 145, 146, 204, 351, 363, 384, 389, Nationalbolschewismus 143 Nationalisierung (s. auch Enteignung des Kapitals, Sozialisierung) 63 Nationalismus 143, 144, 309 Nationalkomitee Freies Deutschland 322, 388 Nationalsozialismus, NSDAP 18, 19, 24, 25, 28, 58, 64, 107, 110, 142, 151- 153, 155, 156, 159, 160, 182, 185, 195, 302, 303, 317, 319, 350, 361, 384, 410, 413, 419, 420 Opportunismus, Opportunisten 48, 104, hi, 115, 173, 178, 192, 203, 226, 227, 243, 270, 279, 295, 296, 343, 344 Opposition (innerparteiliche, kommu- nistische) 13, 14, 27, 28, 219, 264, 273, 279-285, 297, 298, 312, 319, 397, 398, 428-430 Opposition gegen Hitler (s. auch Wi- derstand gegen Hitler) 326, 352, 354, 355, 384-386, 400 Opposition in der KPdSU 286 Pakt, deutsch-sowjetischer (Stalin-Hit- ler-Pakt) 321, 357, 361-364, 366, 367 Partei Parteiapparat (s. auch Apparat) 252, 253, 281, 300, 301 Parteibürokratie (s. auch Bürokra- tie) 278, 279 Parteidemokratie, innere (s. auch Zentralismus, demokratisdxer) 18, 27, 219, 231, 232,237,245,280,295, 300, 309, 416 Parteifeinde, parteifeindliche Grup- pe 268, 295 Parteiführung der KPD (s. auch Po- litbüro, Zentralkomitee) 18, 20, 27, 268, 278, 279 Parteilinie (s. auch Generallinie) 100, 268, 318 Pazifismus 100, 132, 180, 204 Planwirtschaft (s. auch Fünfjahrplan, Wirtschaftsplanung) 310 Politbüro der KPD 150, 242-245, 251, 267-269, 320, 359, 377, 418 Politbüro der KPdSU 292 Privateigentum an Produktionsmitteln (s. auch Eigentum) 49, 307 Produktionskontrolle (s. auch Arbei- terkontrolle) 36, 41, 76 Produktionsmittel 34, 297 Produktionsweise 35, 76 Produktivkräfte 46, 49, 50 Proletariat (s. auch Arbeiterklasse) 30-36, 38, 39, 41-48, 51, 52, 54-57, 62-64, 69, 7°, 73_76, 79, 81, 82, 86, 87, 89, 92, 94, 97-100, 102-104, 106, 108, 110-113, 116-123, 126-128, 130, 132, 134, 137-140, 143, 148-150, 159, 162-171, 174-177, 180, 182, 183, 185, 186, 188, 193, 194, 202, 215-217, 221, 235, 238, 240, 242, 245, 253, 254, 260, 261, 263, 267, 273, 274, 279, 286, 288, 290, 293, 294, 304-313, 323, 324, 340, 34*, 345, 347, 348, 35°, 361, 393, 397, 398, 401, 402, 414, 417, 418, 428, 431 Propaganda 55, 80, 97, in, 149, 177, 192, 202, 203, 205, 219, 231, 239, 257, 260, 299, 300, 334, 344, 380, 382, 387, 405, 410, 417 Prozesse Schauprozesse 320, 359, 360 Putsch, Putschismus 22, 28, 134, 208, 211, 275 Rapallo-Vertrag 23, 124, 290 Rassenhetze, Judenhetze (s. auch Anti- semitismus, Zionismus) 329, 334, 362, 382, 385 Rechte Gruppe in der KPD (s. auch Brandieristen, KAG, KPO) 25, 27, 28, REGISTER 457 231, 232, 239-241, 243, 245, 246, 265, 288, 294, 296, 418, 428, 431 Reformismus 48, 86, 171, 175, 176, 178, 179, 182, 183, 199, 200, 203, 204, 273, 282, 288, 298, 299, 419 Reichsbanner Schwarz-Rot-Gold 94, 150, 185, 340 Reichstagsbrand 28, 317, 318, 340, 373 Reichswehr 27, 159, 160, 289-291, 339 Religion 50, 370, 379,7 380, 384, 386 Religionsverfolgung 385 Reparationen 59, 62 Republik 20, 21, 88, 90, 149, 364 Arbeiter- und Bauern-Republik 340 bürgerliche Republik 125 demokratische Republik 139, 214, 308, 319, 334-337» 384» 385» Räterepublik 40, 45, 52, 92, 139, 140, 179, 297 Münchener Räterepublik 72, 73, 201 sozialistische Republik 39, 69, 149 Revisionismus 287, 397 Revolution (s. auch Weltrevolution) 17-22, 35» 3^» 38» 39» 4b 42, 45-47» 54, 55, 68, 72-76,93,95,101,102,111, 113, 116, 118, 120, 128, 131, 143, 165, 166, 175, 177, 179, 180, 185, 203, 215, 216, 225, 228, 252-254, 260, 261, 270, 274, 281, 289, 296, 306, 328, 393, 401, 420, 429 bürgerliche Revolution 37, 43, 44, 182 chinesische Revolution 100 deutsche Revolution 151, 213, 226, 253, 261, 353 kommunistische Revolution 57 nationale Revolution 348 Oktoberrevolution, russische Revo- lution 115-118, 125, 310, 366 proletarische Revolution 37, 38, 40, 42, 44, 48, 87, 91,          100,   102,  103, no,     116, 122,   127,  132,   150,  152, 154,   159, 181,   183,  186,   203.  216, 217,   227,  234,   235,  253,   262,  263, 268, 273, 286, 287, 299, 303, 347, 354, 415» 419 soziale Revolution 348, 415 sozialistische Revolution 36, 41, 51, 52, 64 Volksrevolution 112, 303, 353-355 Revolutionäre Gewerkschaftsopposi- tion (RGO) 26, 110, 156, 175, 187, 190-194, 246, 267, 268, 309, 318, 339, 340» 344» 346, 375» 376, 397» 398 Roter Frauen- und Mädchenbund (RFMB) 97 Roter Frontkämpferbund (RFB) 20, 22, 93-95» 97» 103» J5O» 153» 225, 238, 319» 359 SA (Sturmabteilung der NSDAP) 23, 155, 156, 160, 195, 317, 339, 373, 374, 393 Sabotage 165-167 Säuberungen Säuberungen der SED 205 Stalinsche Säuberungen 198, 320 Schlageter-Kurs der KPD 142 Schulung 97, 252, 338 Sektierertum 216, 330, 349 Selbstbestimmung 36, 126, 364 Selbstbestimmungsrecht 336, 337, 384, 420 Selbstbestimmungsrecht der Natio- nen 52, 62, 363 Selbstkritik (s. auch Kritik und Selbst- kritik) 225, 245, 267, 296, 319 Sowjets, Räte 118, 119, 308, 325, 402 Sowjetdeutschland, Rätedeutschland 60, 62, 63, 65, 77, 107, 113, 189, 197» 318» 350 Sowjetmacht 329 Sowjetunion, UdSSR, Sowjetrußland 21, 23, 24, 33, 44, 52-54, 56, 60-62, 64, 79, 92, 99, 100, 102, 104, 105, 107-H0, 122-131, 144, 154, 169, 177, 178, 183, 184, 220, 225, 234, 236, 242, 262, 265, 270, 283, 285, 289, 291-293, 310, 312, 320, 321, 323, 324, 329, 332, 333, 347> 348, 35°, 353-357. 355^3^3. 365-369, 387, 403, 413, 415. 4*9, 4*°, 4*5, 4*8, 431 SU - das Vaterland des Proletariats 53, 105, 108 Verteidigung der Sowjetunion 56, 104, 132, 133, 431 Sozialdemokratische Partei Deutsch- lands (SPD), Sozialdemokratie 14, 17, 18, 20-22, 24-26, 29, 30, 42, 44, 47, 56, 58-61, 64, 65, 67, 80, 88-92, 94- 96, 100-104, 107, 110-113, 117, 121, 125, 130, 141, 149-154, 157-162, 165, 4$8 ANHANG 168, 171-173, 715, 178, 181—186, 188— 190, 194, 195, 202, 215, 217, 225, 226, 234-237, 260-262, 267, 268, 271, 277, 280, 283, 288-29O, 293, 298, 302-304, 306, 308, 309, 318, 32O, 325, 334, 336, 340, 344-346, 349, 352"355» 364, 373» 374, 377» 378, 384» 387» 393» 394» 397, 400, 401, 431-432 Krise in der SPD 153 Linke in der SPD 17, 182, 185, 378 SPD »soziale Hauptstütze« des Ka- pitalismus 112, 154, 157, 183, 185, 195, 318, 345, 397 Sozialfaschismus 25, 103, 104, in, 151, 158, 180, 182-184, 186-190, 268, 270, 271, 299, 306, 309, 318, 342, 345, 376, 199 Sozialisierung (s. auch Nationalisie- rung) 36, 37 Sozialismus 17, 24, 29-32, 35, 36, 38, 42, 47, 50-52, 54, 63, 70, 99, 102, 109, HO, 116, 117, 119-121, 135, 139, 156, 157, 162, 270, 286, 305, 307, 310, 312, 323, 324, 329, 339, 348, 350, 360, 366, 387, 419 Aufbau des Sozialismus in der So- wjetunion 23, 47, 135, 287, 306 Sozialismus in einem Land 306, 310 Sozialistische Arbeiterpartei Deutsch- lands (SAP) 28, 186, 195, 269-271, 307, 309-311, 313, 346 Spartakusbund, Spartakusgruppe 14, 17, 23, 24, 29, 33, 34, 39, 41, 42, 67- 69, 73, 116, 137, 161, 198, 199, 208, 247, 273, 287, 425 Staat (s. auch Arbeiterstaat, Arbeiter- und Bauernstaat) 14, 17, 19, 31, 32, 35, 36, 46, 47, 55, 63, 126, 127, 173, 199, 288, 297, 304, 308, 345, 347, 359, 370, 3^9, 401 Staatsapparat (s. auch Apparat) 172, 182, 189, 336, 345, 366 Staatsgewalt 18, 39, 49, 52, 56, 127 Staatsmacht 158, 415 Stahlhelm 151, 153, 159, 160, 328, 393 Stalinismus 19, 158, 304, 321, 397, 398, 402 Straßenkampf 105, 106 Strategie 132, 185, 223, 228, 253, 397, 403, 431 Streik (s. auch Generalstreik) 36, 41, 56, 68, 73, 77, 84, 87, 110, H2, 141, 156, 164, 166, 193, 194, 223, 236, 278, 3°7, 339, 340, 347, 373, 374, 37* Südtirol 59, 60, 109 Taktik 18, 24, 28, 30, 32, 33, 54, 72, 73, 83, 106, 120, 132, 170, 178, 180, 206, 224, 228, 229, 233, 250, 260, 274, 293, 294, 297-300, 3”, 318, 322, 361, 373, 395, 397-399, 403, 410, 417, 425, 426, 429, 431 Terror 22, 37, 44, 53, 57, 99, in, 120, 150, 151, 157, 159, 184, 187, 194, 195, 201, 266, 284, 308, 317, 320, 321, 339, 347-349, 359, 364, 365, 367, 373, 380, 382, 389, 395, 416 individueller Terror 165, 341, 345 Theorie (s. auch Ideologie) 13, 21, 55, 167, 188, 231, 304, 338 Trotzkismus, Trotzkisten 27, 180, 228, 271, 304, 319, 330, 333, 337, 346, 355, 359-361, 397 Ultralinke Gruppe in der KPD 70, 232, 233, 239, 241, 262, 263, 268, 279, 429 Ultralinke Politik der KPD 25, 27, 103, 220-222, 226, 230, 299, 300, 318, 395, 397, 431» 432 Umsturz 57, 99, 253 Unabhängige Sozialdemokratische Partei Deutschlands (USP) 17, 29, 42, 71, 72, 74, 79, 80, 121, 165, 168, 202, 207, 210, 277, 287, 425, 427 Unabhängigkeit 27, 30, 54, 126, 127, 277» 336, 350, 351, 362, 367, 370, 385 Ungleichheit 49, 50 Unterdrückung 44-46, 48, 64, 73, 149, 156, 329, 362, 365-367, 382 nationale Unterdrückung 53 Unternehmerinitiative 435 Verfassung, Stalinsche 366 Verfassung, Weimarer 158 Versailler Friedensvertrag 58-62, 64, 89, 108-110, 125, 154, 289, 291, 293, 305, 3^9, 332, 343, 344, 357, 367, 4*3 Versöhnler 27, 28, 180, 188, 244, 245, 264, 265, 294, 349, 397, 418, 431 Volksentscheid zur Fürstenenteignung (1926) 23, 95-97, 278 REGISTER 459 Volksentscheid, »roter« (1931) 25, 152-154,302 Volksfront (s. auch Einheitsfront) 318, 319, 322, 324, 326, 328, 329, 331, 333“335, 348, 35b 3/8, 381-383, 386, 402, 420 Wachsamkeit 122, 360, 361 Weltrevolution (s. auch Revolution) 35, 38, 41, 46, 47, 51, 53, ^7, 68, 73, 100, 105, 123, 128, 274, 293 Widerstand gegen Hitler (s. auch Op- position) 317, 320, 344, 412, 414, 418 Wirtschaft 50, 76, 88, 145, 163 Wirtschaftskämpfe 191, 192, 246, 425> 431 Wirtschaftkrise siehe Krise Wirtschaftspolitik 14, 336 Wirtschaftssystem, kapitalistisches 164,297 Wirtschaftssystem, sozialistisches 119, 120 Wittorf-Affäre 27 264, 265, 294, 431 YOUNG-Plan, 58, 59, 61, 62, 64, 65, 156, 183 Zentralismus, Zentralisierung 27, 75, 173, 202, 231, 238, 251, 300, 416, 427 Zentralismus, demokratischer (s. auch Parteidemokratie, innere) 55, 205, 252, 255, 281, 298, 310, 311, 325 Zentralkomitee (ZK) der KPD 65, 95, 96, 98, 102, 106, 107, 110, 129, 135, 183, 186-188, 191, 212, 243, 245, 255-258, 265, 267-269, 271, 279-281, 283, 284, 289, 294, 295, 302, 318, 320, 321, 331, 334, 336, 337, 340-346, 348- 350, 352, 353, 359, 361, 364, 368, 374, 375, 381, 386, 418, 429, 430, 432 Zentralkomitee (ZK) der KPdSU 208, 209, 218, 292, 395 Zentrum 157, 159, 160, 335 ABKÜRZUNGEN ADB ADGB ADN AfA Agitprop A. und S.-Räte CDU CSR DAF DDR EKKI FDGB FDP Gescha Gestapo (Stapo) GPU IAH IG IKD Informbüro ISK JEIA KAG KAPD KI KJI KJVD Kominform Komintern Komsomol Allgemeiner Deutscher Beamtenbund Allgemeiner Deutscher Gewerkschaftsbund Allgemeine Deutsche Nachrichtenagentur der Sowjetzone Allgemeiner freier Angestelltenbund Agitation und Propaganda Arbeiter- und Soldatenräte Christlich Demokratische Union Tschechoslowakische Republik Deutsche Arbeitsfront Deutsche Demokratische Republik Exekutivkomitee der Kommunistischen Internationale Freier Deutscher Gewerkschaftsbund Freie Demokratische Partei Geschäftsabteilung (des ZK der KPD) Geheime Staatspolizei Gossudarstwennoje Polititscheskoje Uprawlenije = Staat- liche Politische Verwaltung. (Name der sowjetischen Ge- heimpolizei 1922 bis 1934) Internationale Arbeiterhilfe Industrie-Gewerkschaft Internationale Kommunisten Deutschlands (Trotzkisten) (siehe Kominform) Internationaler Sozialistischer Kampfbund (Nelson-An- hänger) Joint Export Import Agency (Vereinigte Export- und Im- port-Agentur - von den englischen und amerikanischen Be- satzungsbehörden geschaffene Institution, die 1948/49 die Ein- und Ausfuhr Westdeutschlands bestimmte und kon- trollierte). Kommunistische Arbeitsgemeinschaft (Levi-Gruppe) Kommunistische Arbeiterpartei Deutschlands Kommunistische Internationale Kommunistische Jugendinternationale Kommunistischer Jugendverband Deutschlands Informationsbüro der Kommunistischen und Arbeiterpar- teien Kommunistische Internationale Kommunistitscheskij Sojus Molodjoshi; die genaue Bezeich- nung dieser Jugendorganisation lautet: Wsesojusnyj Lenin- skij Kommunistitscheskij Sojus Molodjoshi (WLKSM), All- russischer Leninscher Kommunistischer Bund der Jugend. 462 ANHANG KP KPC KPD KPD-O und KPO KPdSU(B) KPF KPJu KZ LDP LPG NEP NKFD NKWD Kommunistische Partei Kommunistische Partei der Tschechoslowakei Kommunistische Partei Deutschlands Kommunistische Partei-Opposition (Brandler-Gruppe) Kommunistische Partei der Sowjetunion (Bolschewiki) Kommunistische Partei Frankreichs Kommunistische Partei Jugoslawiens Konzentrationslager Liberaldemokratische Partei Landwirtschaftliche Produktionsgenossenschaft Neue ökonomische Politik Nationalkomitee Freies Deutschland Narodnyj Komissariat Wnutrennich Djel = Volkskommissa- riat für innere Angelegenheiten. (Name der sowjetischen Geheimpolizei seit 1934.) NS NSBO NSDAP Org. Or.-Büro Orgesch OSS Nationalsozialismus Nationalsozialistische Betriebs-Organisation Nationalsozialistische Deutsche Arbeiterpartei Organisation Organisationsbüro Organisation Escherich Office of Strategie Service (amerikanischer Nachrichten- dienst) Polbüro und Politbüro Pol-Leiter Profintern PV Reichsbannersdiufo RFB RGO RIAS RKP SA SAG-Betriebe Politisches Büro (des ZK der KPD) Politischer Leiter (siehe RGI) Parteivorstand Reichsbanner-Schutzformationen Roter Frontkämpfer-Bund Revolutionäre Gewerkschaftsopposition Rundfunk im amerikanischen Sektor (Berlins) Russische Kommunistische Partei Sturm-Abteilung der NSDAP Sowjetische Aktiengesellschaft. (Enteignete deutsche Groß- betriebe, die von den Sowjets zur Demontage vorgesehen waren, in der Zone mit deutschen Arbeitern arbeiteten und deren Erzeugnisse Eigentum der SU blieben. Sie wurden später als VEB übergeben.) SAI SAP SED Sipo SP SPD SS SSD Sozialistische Arbeiter-Internationale Sozialistische Arbeiterpartei Sozialistische Einheitspartei Deutschlands Sicherheitspolizei der Weimarer Republik Sozialdemokratische Partei Sozialdemokratische Partei Deutschlands Schutz-Staffel der NSDAP Staatssicherheitsdienst der Sowjetzone ABKÜRZUNGEN 463 SU Teno Tscheka UdSSR und USSR UGO USC USPD VdgB VKPD WB VVN ZA ZK ZKK ZPKK Sowjetunion Technische Nothilfe Tschreswytschainaja Komissija po borbje s kontrrewoluzijej i ssabotashem = Außerordentliche Kommission zur Be- kämpfung von Gegenrevolution und Sabotage. (Im Dezem- ber 1917 gegründete sowjetische Geheimpolizei.) Union der Sozialistischen Sowjetrepubliken Unabhängige Gewerkschafts-Opposition in Berlin 1948 Unitarian Service Commitee (amerikanisches Hilfskomitee für Emigranten im 2. Weltkrieg) Unabhängige Sozialdemokratische Partei Deutschlands Vereinigung der gegenseitigen Bauernhilfe der Sowjetzone Vereinigte Kommunistische Partei Deutschlands (1921) Vereinigung Volkseigener Betriebe Vereinigung der Verfolgten des Naziregimes Zentral-Ausschuß Zentralkomitee Zentrale Kontrollkommission Zentrale Partei-Kontroll-Kommission der SED

Aufsatz

Berlin: Die Stalinallee - Vom Symbol des sozialistischen Aufbaus zum Zentrum des Arbeiterprotests

Stefan Wolle

  »Unser Tag ist voll fröhlicher Lieder und vom Rhythmus der Freude beschwingt«, schmetterten in den frühen fünfziger Jahren die gemischten Chöre der Freien Deutschen Jugend. »Aus Betrieben und Schulen hallt’s wider, wenn das Marschlied der Jugend erklingt. Baut die Straßen der Zukunft zu Ende. Vorwärts, Freunde vom Jugendverband!« Die Straße der Zukunft – das war der Weg der jungen Generation in eine neue Zeit, gleichzeitig aber auch schon die Zukunft selbst – neue, schöne, moderne und… Berlin: Die Stalinallee – Vom Symbol des sozialistischen Aufbaus zum Zentrum des Arbeiterprotests   Stefan Wolle               U nser Tag ist voll fröhlicher Lieder und vom Rhythmus der Freude beschwingt«, schmetterten in den frühen fünfziger Jahren die ge- mischten Chöre der Freien Deutschen Jugend. »Aus Betrieben und Schulen hallt’s wider, wenn das Marschlied der Jugend erklingt. Baut die Straßen der Zukunft zu Ende. Vorwärts, Freunde vom Jugendver- band!«1 Die Straße der Zukunft – das war der Weg der jungen Generation in eine neue Zeit, gleichzeitig aber auch schon die Zukunft selbst – neue, schöne, moderne und lichtdurchflutete Bauwerke. In den Städten der Zukunft soll- te es breite Straßen geben, auf denen Massen von Demonstranten Platz hatten, die den Blick auf den Himmel freigaben und die vom Sturmwind durchweht waren, der die Fahnen flattern ließ. Vor allem aber ging die Straße der Zukunft geradeaus ohne Kurven und Krümmungen der aufge- henden Sonne entgegen. Solche Straßen zu bauen – ja die ganze Welt in eine solche Straße zu verwandeln – schickte sich die junge Generation unter Führung der Partei der Arbeiterklasse an. So wenigstens sah es die propagandistische Selbst- stilisierung der Führung und ihrer aktiven Anhängerschaft. Der zentrale Topos der Lieder, Parolen und Bilder der frühen fünfziger Jahre war keineswegs der Sozialismus oder der neu gegründete Staat, son- dern neben dem Frieden vor allem der Begriff des Aufbaus, gelegentlich auch des Wiederaufbaus. Im Jahre 1951 wurde ein Nationales Aufbaupro- gramm ins Leben gerufen. Jedermann war aufgerufen, drei Prozent seines Monatseinkommens für die Dauer eines Jahres auf ein Aufbausparbuch einzuzahlen. Dafür gab es drei Prozent Zinsen und zusätzlich ein Los der Aufbaulotterie, in deren Rahmen Zwei- und Dreizimmerwohnungen sowie Geldbeträge verlost wurden. Der Maurer in weißer Montur und Schirm- 36  mütze mit einem Ziegelstein und der Maurerkelle in den Händen war ne-     ben dem Traktoristen und dem Stahlarbeiter am glühenden Hochofen das beliebteste Bildmotiv der Plakate. Noch heute sprechen viele trotz des historischen Scherbenhaufens nicht ohne Anerkennung von den Leistungen der Aufbaugeneration der DDR. Natürlich haben die späten Wortführer dieser Generation in der Regel keineswegs Ziegelsteine geschleppt und Wände verputzt – allenfalls gele- gentlich bei freiwilligen Arbeitseinsätzen zu Hacke und Schaufel gegriffen. Doch dieser Einwand geht ins Leere. Denn Aufbau war immer mehr als Städte- oder Wohnungsbau – in der Bildsprache und Metaphorik sollte das neu erbaute Haus für die neue Gesellschaft stehen. Immer wieder wurden in Gedichten, Liedern und Festreden die sicheren Fundamente beschworen, auf denen der Bau des Sozialismus stehen würde, seine starken Mauern gerühmt, und selbst der merkwürdig archaische Begriff vom »antifaschis- tischen Schutzwall« gehört im weitesten Sinne in das semantische Umfeld des Bauens. Denn im Mittelpunkt stand das Bild vom sicheren, geborgenen Zuhause. Das Wohnungsbauprogramm der siebziger und achtziger Jahre war das Kernstück von Honeckers Sozialpolitik und gleichzeitig deutlichs- ter Ausdruck ihres Scheiterns. So begleitete die Hausbaumetaphorik den Sozialismus bis ans bittere Ende. Als seit 1985 auch in der DDR viel von »Perestrojka« – was auf Deutsch nichts anderes als Umbau heißt – die Rede war, reagierte SED-Politbüromitglied Professor Kurt Hager mit seiner zum geflügelten Wort gewordenen Bemerkung, er sähe keinen Anlass, die »Wände neu zu tapezieren, nur weil der Nachbar es täte«. Er traf wohl un- gewollt ins Schwarze mit seinen Bedenken. Es war längst zu spät für Schön- heitsreparaturen, und gerade die als Heimwerker versierten DDR-Bürger wussten, dass beim Abnehmen alter Tapeten oft der Putz herunterfällt und das brüchige Mauerwerk erbarmungslos bloßgelegt wird.   »Wäre es schön? Es wäre schön!«   Ende 1951 erhielt die Aufbaupropaganda der SED ihren zentralen Bezugs- punkt und ihren konkreten Ort. Am 25. November 1951 stellte das Zen- tralorgan der SED in der Überschrift zum Leitartikel die rhetorische Frage: »Wäre es schön?« und lieferte die mit einem Ausrufezeichen versehene Antwort gleich mit: »Es wäre schön!« Der Rest der großformatigen Titelseite des Neuen Deutschland war gefüllt mit einem »Vorschlag des Zentralkomitees der Sozialistischen Einheitspartei Deutschlands für den Aufbau Berlins«. Natürlich war der Begriff des Vorschlags in diesem Zusammenhang ebenfalls rein rhetorisch             37     gemeint. Das Aufbauprogramm für Berlin war zu diesem Zeitpunkt längst beschlossene Sache. Nach einer kurzen und intensiven Diskussionsphase hatte die Parteiführung verfügt, die Stalinallee im Osten der Stadt gigan- tisch auszubauen. In einem internen Diskussionspapier hieß es: »Die Pla- nung und Rekonstruktion Berlins und der Aufbau im Jahre 1952 sind eine politische Aufgabe von besonderer Bedeutung. Sie schaffen das begeistern- de Beispiel des friedlichen Aufbaus und zeigen der Bevölkerung Westber- lins und Westdeutschlands, zu welchen Leistungen die Werktätigen fähig sind, die von der Herrschaft der Imperialisten befreit und nicht dem Kom- mando der anglo-amerikanischen Gouverneure unterworfen sind.«2 In dem veröffentlichten Aufruf wird vor allem an das Nationalgefühl appelliert: »Die Geschichte zeigt, daß auch das deutsche Volk imstande ist, große Leistungen im Namen der Nation zu vollbringen.«3 Den Menschen werden geräumige, moderne Wohnungen in neuen Stadtteilen verspro- chen. Von einem »Aufbaufieber« ist die Rede, das die Menschen in Ost und West erfassen würde. Von nun an überschlug sich die Propaganda über den Bau der Stalin- allee fast täglich. In Zeitungen, auf Plakaten und im Rundfunk wurde die Bevölkerung aufgerufen, sich am Aufbauprogramm zu beteiligen. Bereits wenige Wochen nach der öffentlichen Verkündung des Plans der Partei vermeldete das Nationale Aufbaukomitee zahlreiche Selbstverpflichtun- gen und Vorschläge für die Realisierung der hochgesteckten Ziele. In den Kinos lief seit Ende November 1951 ein DEFA-Film mit dem Titel »Die neue Wohnung«, in dem über die Aufbaupläne in der Stalinallee berichtet wurde. Überall in der Republik fanden Versammlungen zur Information der Bürger und Propagierung der Spendenaufrufe statt. Es bildeten sich Betriebskomitees, Schulkomitees und Komitees im Wohngebiet, die frei- willige Verpflichtungen übernahmen. Die Werktätigen standen Schlange, um die begehrten Aufbausparbücher zu bekommen und drei Prozent ihres Lohnes abzuführen – jedenfalls wurden Pressefotos mit solchen Szenen veröffentlicht. In der anlässlich der Weltfestspiele im Sommer 1951 aus dem Boden gestampften Sporthalle in der Stalinallee öffnete eine ständige Bauausstellung ihre Pforten. Dort konnten die Berliner ein Modell der ge- planten Allee bewundern. Es versteht sich, dass die Begeisterung riesengroß war. Und auch die Kunstschaffenden wollten nicht zurückstehen und liefer- ten einen Aufbau-Walzer ab, der von nun an im Demokratischen Rundfunk viel zu hören war. »Weit wie der Himmel, hell wie die Sonne schön / baun wir Häuser, schnell solln die Kräne sich drehn. / Wir rufen: Hau ruck! Hau ruck! Wir packen zu, und die Häuser erblühn! Hau ruck! / Hau ruck! Für 38  unser junges Berlin!«4     Sozialismus auf dem Rücken der Arbeiter   Auch das Jahr 1953 begann mit einem großen Aufbaueinsatz. Am 2. Januar 1953 zogen nach einer Kundgebung auf dem Strausberger Platz Tausende freiwillige Aufbauhelfer zu den Bauplätzen, um dort im Scheinwerferlicht und zu Musik aus den Lautsprecheranlagen das neue Planjahr mit heroi- schen Arbeitsleistungen zu beginnen. Die frohen Gesänge, die Parolen und Aufmärsche ließen keinen Raum für kritische Fragen, selbst wenn diese ganz im Sinne des Systems gewe- sen wären. So konnte es geschehen, dass gerade in dem Vorzeigeprojekt des sozialistischen Aufbaus ein kritisches Potential von ungeheurer sozi- aler und politischer Sprengkraft heranreifte, ohne dass die Parteiführung davon Kenntnis nahm. Am 22. Februar 1953 tagte im »Kulturhaus der Bau- und Holzarbeiter« in der Stalinallee eine »Große Bauarbeiterkonferenz«. Sie verabschiede- te ein »Kampfprogramm« zur Erfüllung der Aufgaben beim Nationalen Aufbauprogramm. Im Mittelpunkt der Wettbewerbsbewegung stand ein »Brigadevertrag«. Er enthielt alle Aufgaben, die im Kampf um den Titel »Baustelle der ausgezeichneten Qualität« gestellt wurden. Dazu gehörten die Senkung der Nebenkosten durch Neuerervorschläge, Erfüllung der Terminpläne, Rationalisierung, Materialeinsparung und Qualitätsarbeit. In der Propaganda wurden diese Forderungen auf die einprägsame Formel gebracht: »Spare mit jeder Minute, jedem Gramm und jedem Pfennig«. Einige Monate später formulierte Walter Ulbricht in einem Referat vor Staats- und Parteifunktionären die Forderung nach »Überwindung der rück- ständigen Arbeitsnormen« und eröffnete damit die Diskussionen um die Normenfrage. Auch auf den Reden zum Internationalen Kampf- und Feier- tag der Werktätigen am 1. Mai wurde vielfach die freiwillige Erhöhung der Arbeitsnormen propagiert. Schließlich veröffentlichte das Neue Deutsch- land am 16. Mai 1953 einen Beschluss des Politbüros über die mindestens zehnprozentige Erhöhung der Normen. Bereits am 1. Juni sollte diese Ver- änderung in Kraft treten, und die Mitarbeiter der Verwaltung machten sich ungesäumt an die Erarbeitung der notwendigen Kennziffern. Am 28. und 29. Mai sollten diese Normenerhöhungen auf Aktivtagungen beschlossen werden. Doch an der Basis regte sich Widerstand. Auf der Aktivtagung des VEB Industriebau Berlin gab es zahlreiche Gegenstimmen und Enthaltun- gen. Die Vertreter von den Baustellen Krankenhaus Friedrichshain und Polizeiwache Marchlewskistraße verweigerten der Regierungspolitik die Zustimmung. Dies war für damalige Verhältnisse mehr als ungewöhnlich, verstand sich doch die Gewerkschaft als Transmissionsriemen der Beschlüs-   39     se der Partei. Doch die zentralen Gremien nahmen die Unruhe unter den Basisvertretern nicht zur Kenntnis. Der Zentralvorstand der IG Bau-Holz bestätigte am 30. Mai einen »Kampfplan« zur Durchsetzung der neuen Normen. Der Beschluss enthielt Vorschriften für die Durchführung einer zehnprozentigen Normensteigerung auf allen Baustellen. Natürlich reichte die Zeit nicht, die komplizierten Berechnungssysteme von einem Tag auf den anderen umzustellen. Den Belegschaften wurde deswegen mitgeteilt, dass die Normenerhöhung vorläufig durch den Abzug des vorgesehenen Prozentsatzes vom Lohn erfolgen sollte. Das bedeutete faktisch eine Lohn- minderung um zehn Prozent. Diese Entscheidung stieß bei den Arbeitern auf allgemeine Empörung. Es gab Gerüchte, dass es aufgrund der rückwir- kenden Normenerhöhung ab 1. Mai im Juni zu Lohneinbußen von zwanzig Prozent und mehr kommen könnte. In diese aufgeheizte Situation platzten die überraschenden Meldungen vom »Neuen Kurs« hinein. Am 11. Juni veröffentlichten die Zeitungen eine in dieser Form noch nie dagewesene Selbstkritik der Parteiführung und die Rücknahme zahlreicher Maßnahmen. Allein die Normenfrage blieb unge- klärt. Am 12. Juni fanden überall auf den Baustellen Belegschaftsversamm- lungen statt, die teilweise die Normenerhöhung mehrheitlich beschlossen. Dort aber, wo die Funktionäre auf Widerstand stießen, vertagten sie die Entscheidung. Die Verunsicherung der Vorgesetzten und der Funktionäre war beträchtlich und in der Führungsspitze der SED herrschte Schweigen. Angesichts dieser Situation brach sich die lange aufgestaute Wut der Arbei- ter zunehmend Bahn und ließ sie Dinge wagen, die noch einige Tage zuvor undenkbar gewesen wären. In seinem Verhör bei der Staatssicherheit schilderte der am 19. Juni 1953 verhaftete Vorsitzende der Betriebsgewerkschaftsleitung des VEB Industriebau, Max Fettling, den Vernehmungsoffizieren die Ereignisse. Nach seiner Erinnerung fiel das explosive Wort Streik auf der Baustelle des Krankenhauses Friedrichshain zum ersten Mal an jenem 12. Juni 1953. Er sagte aus: »Kollege Foth teilte gegen 12.00 Uhr mit, er habe von Arbei- tern gehört, dass gestreikt werden solle«. »Welche Maßnahme ergriffen Sie?«, fragte darauf der Untersuchungs- führer der Staatssicherheit. »Ich habe die Kollegen aufgefordert, keinen Streik zu beginnen und den Oberbauleiter Kunze informiert.«5 Doch herrschte in den Führungsetagen des Baubetriebes entweder be- reits Wochenendstimmung oder aber die Konfusion war schon so groß, dass die brisante Meldung nicht weitergereicht wurde. Jedenfalls ließ man 40   die Dinge auf sich beruhen und am nächsten Tag, am Sonnabend, dem     13. Juni 1953, fand die legendäre Dampferfahrt der Bauarbeiter vom VEB Industriebau statt.   Eine revolutionäre Dampferfahrt   Fahrten mit Ausflugsschiffen über die Berliner Seen gehörten seit dem 19. Jahrhundert zu den beliebtesten Vergnügungen der kleinen Leute in Berlin. Am Wochenende fuhren diese Dampfer, wie die Berliner die Schif- fe der »Weißen Flotte« nannten, im Linienbetrieb stündlich oder öfter zu den Ausflugsgaststätten im Grünen. Dort gab es Bier und Blasmusik und abends wurden bunte Lampions angezündet. Die Dampferkarte kostete in den Nachkriegsjahren für Erwachsene 50 und für Kinder 25 Pfennig, 49 Pfennig kostete ein Bier, Bockwurst mit Senf eine Mark, Kartoffelsalat etwa ebenso viel. Das alles konnte sich selbst in schwierigen Zeiten jeder leisten. Der FDGB knüpfte in seinen Bemühungen um eine kulturvolle Frei- zeitgestaltung der Werktätigen nahtlos an den Brauch der Berliner Ar- beiterschaft an und veranstaltete in der Regel einmal jährlich eine solche Dampferfahrt mit den Kollegen und deren Familien. Für den Brigadeaus- flug wurde meistens der Sonnabend gewählt. So konnte man am nächsten Morgen ausschlafen. Und dies war angesichts der Nachwirkungen sehr oft auch nötig. Soweit verlief alles nach dem bekannten Schema, als der BGL-Vorsit- zende Max Fettling am 23. Mai 1953 bei der Weißen Flotte zwei Dampfer für den 13. Juni anheuerte. Der Termin stand bereits seit einer Produkti- onsberatung vom 12. Mai fest. Eine fünfköpfige Kommission nahm die or- ganisatorischen Vorbereitungen in die Hand. Insgesamt wurden von jedem Teilnehmer drei Mark für die Fahrt einschließlich Speisen und Getränken kassiert. Dazu gab es einen Zuschuss der Gewerkschaft in Höhe von 1050 DM, die mit weiteren 350 DM auch eine kleine Kapelle mit einem Akkor- deonspieler bezahlte. Um 7.30 Uhr ging es am 13. Juni bei strahlendem Frühsommerwetter von der zentralen Anlegestelle beim Bahnhof Jannowitzbrücke los. Die etwa 500 bis 600 Werktätigen des VEB Industriebau, teils mit Frauen und Kindern, verteilten sich auf die beiden Motorschiffe »Seid bereit!« und »Triumph«, auf denen sich auch andere Fahrgäste befanden. Dass die Ver- teilung der Belegschaft auf die beiden Schiffe einem Plan folgte, der die späteren Wortführer der Streikbewegung zusammenführte, ist wohl eine Fiktion der Staatssicherheit. Von Planung oder Organisation konnte keine                  41     Rede sein. Zunächst ging es die Spree aufwärts, vorbei an Oberschönewei- de, Köpenick und Friedrichshagen bis zum Müggelsee, an dessen Südufer sich die traditionsreiche Ausflugsgaststätte »Rübezahl« befand. Der Bier- konsum war offenbar erheblich. Am Nachmittag wurde an einigen Tischen heftig politisiert. Gegen 19 Uhr hielt der stellvertretende BGL-Vorsitzen- de Georg Brosda eine »humoristische Ansprache« und auch der Bauleiter Roepke ergriff das Wort und nahm wohl auf die Situation Bezug. Daraufhin stieg der Brigadier Alfred Metzdorf auf den Tisch und verkündete lautstark: »Kollegen, wir gehen am Montag um 7 Uhr nicht aus den Baubuden. Wir streiken.« Einer der Teilnehmer sagte während seiner Vernehmung durch das MfS aus: »Durch die umstehenden Kollegen wurde Metzdorf sofort vom Tisch gezogen und am Weitersprechen gehindert. Ebenso ertönten Zurufe der Empörung über das Verhalten des Metzdorf.« Es soll sich bei den Kollegen, die Metzdorf zum Schweigen bringen wollten, um den Bau- leiter Karl Roepke und den Brigadier Karl Foth gehandelt haben. Andere Teilnehmer hatten von dem Vorfall nichts bemerkt oder wollten sich spä- ter nicht mehr daran erinnern. Auch während der Rückfahrt habe es keine politischen Diskussionen mehr gegeben. Gegen 20 Uhr legten die beiden Dampfer wieder ab. Um 21.30 Uhr war man an der Anlegestelle Jannowitzbrücke angekommen und die Kollegen gingen nach Hause.   Die Vorhut bleibt ungerührt   Am Montagmorgen spitzte sich die Situation auf der Baustelle Kranken- haus Friedrichshain weiter zu. Um 7 Uhr versammelten sich die Arbeiter wie angekündigt in der Baubude und forderten die Einberufung einer Ver- sammlung. Alfred Metzdorf soll sich bei dieser Gelegenheit noch einmal lautstark hervorgetan haben. Daraufhin wurde für 9 Uhr eine Belegschafts- versammlung einberufen. Fettling versuchte seiner eigenen Schilderung nach, die Leute zu beruhigen und schlug vor, zwei bis drei Tage zu warten und das Ergebnis der neuen Regierungsbeschlüsse abzuwarten. Doch wäh- renddessen rief der Materialverwalter Rösner auf anderen Baustellen an, um über den Streik zu informieren. Gegen 8 Uhr tauchten zwei BGL-Mit- glieder von der Baustelle Staatsoper auf und erklärten, man habe gehört, hier werde gestreikt. Auch vom Block 40 der Stalinallee und dem Halbzeug- werk Schnellerstraße waren Vertreter anwesend. Aus der Sicht Max Fettlings stellte sich folgende Situation dar: »Die 42         Brigadiere teilten mit, daß die Brigaden nicht arbeiten wollen und eine     Betriebsversammlung verlangen, an der die Betriebs- und Bauleitungen und Vertreter vom FDGB-Kreis Friedrichshain teilnehmen sollten. In der Produktionsbesprechung wurde beschlossen, die Betriebsversammlung für 9 Uhr einzuberufen. Zunächst sprachen Roepke und Sprafke über die Nor- menerhöhung und forderten zur Aufnahme der Arbeit auf. Dann sprach der Sekretär der IG Bau-Holz Kreis Friedrichshain, Bienicke. Von ihm for- derten die Bauarbeiter, dass er Maßnahmen treffen solle, dass die zehnpro- zentige Normenerhöhung rückgängig gemacht werden sollen, was Bienicke ablehnte. Daraufhin forderte ein Bauarbeiter, daß ich eine Resolution ver- fassen solle, sie der Versammlung vorlegen und damit zur Regierung gehen solle. Darauf ging ich mit der BGL zum Kulturraum, wo sich Mitglieder des SED-Kreissekretariats Friedrichshain befanden. Einer der SED-Funktionä- re, Baum, formulierte dann eine Resolution an den Ministerpräsidenten, in der gebeten wurde, die zehnprozentige Normenerhöhung zurückzuneh- men. Die Resolution wurde der Versammlung vorgelegt. Die Resolution wurde abgelehnt, weil darin vorgesehen war, dass der Ministerpräsident sich innerhalb von vier Tagen äußern solle. Es wurde verlangt, daß die Ant- wort bis zum nächsten Morgen erfolgen solle und das Wort ›bitten‹ gestri- chen und an dessen Stelle ›fordern‹ geschrieben wird.«6 So geschah es. Äußerlich gleicht der historische Brief, dessen Origi- nal heute im Archiv der Parteien und Massenorganisationen der DDR (SAPMO) in Berlin-Lichterfelde einsehbar ist, unzähligen anderen Amts- schreiben. Im Kopf ist als Absender vermerkt »VEB Industriebau – Baustel- le Bettenhaus Friedrichshain«, dazu die Adresse mit Fernsprechnummer und das Datum vom 15.6.1953. Dann heißt es: »Wir Kollegen der Gross- baustelle vom VEB-Industriebau wenden uns an Sie, Herr Ministerpräsi- dent, mit der Bitte, von unseren Sorgen Kenntnis zu nehmen. Unsere Belegschaft ist der Meinung, dass die 10%ige Normenerhöhung für uns eine große Härte ist. Wir fordern, dass von dieser Normenerhöhung auf unserer Baustelle Abstand genommen wird. Wir haben aus dem Ministerrats-Beschluss zur Kenntnis genommen, dass alle republikflüchtigen Grossbauern und Gewerbetreibenden ihr Ei- gentum zurückerhalten werden, so dass wir Werktätigen demzufolge un- sere Normen, wie sie vorher bestanden, beibehalten wollen. In Anbetracht der sehr erregten Stimmung der gesamten Belegschaft fordern wir, zu diesen schwerwiegenden Punkten unverzüglich befriedi- gend Stellung zu nehmen und erwarten Ihre Stellungnahme bis spätestens morgen Mittag. Für die Belegschaft der Baustelle: B.G.L.«7 Darunter befinden sich die Unterschrift Fettling und der blaue Stempel der Betriebsgewerkschaftsleitung des VEB Industriebau sowie die Adres-   43                                                         Dem Demonstrationszug der Henningsdorfer Stahlwerker zum Haus der Ministerien schlossen sich Tausende Berliner an.       se: »An den Minister-Präsidenten Otto Grotewohl, Berlin W. Leipziger Strasse.« Es wurde beschlossen, die Resolution in dieser Form von einer Delegati- on dem Ministerpräsidenten überbringen zu lassen. Der Abordnung sollten neben Max Fettling der Brigadier Kurt Bluhm, Rathey und ein namentlich nicht bekannter Maurer angehören. Der Materialverwalter Rösner, der gleichzeitig als Einsatzleiter KfZ fungierte, stellte einen kleinen dreiräd- rigen Lieferwagen zur Verfügung. Gegen 13.15 Uhr machte sich die vier- 44   köpfige Delegation auf den Weg und erreichte etwa um 14 Uhr das Haus     des Ministerrates in der Leipziger Straße Ecke Wilhelmstraße. Sie fragten beim Pförtner nach dem Büro des Ministerpräsidenten und erhielten die Auskunft, sie mögen den Eingang Richtung Potsdamer Platz benutzen. Die Delegation meldete sich dort bei der Pförtnerin. Nach kurzem Telefo- nat erklärte sie, die Bürger könnten nicht vorgelassen werden, da sich der Herr Ministerpräsident nicht im Hause befinde. Doch die kleine Delegation wollte sich nicht so einfach wegschicken lassen. Nach weiteren Telefonaten fand sich ein zuständiger Mitarbeiter, der die Arbeiter über einen langen Hof hinweg in ein Zimmer im zweiten Stock geleitete. Dort wurden sie von zwei Mitarbeitern des Ministerpräsidenten empfangen. Es handelte sich um den damals erst 22-jährigen Genossen Ambrée und die nur wenig ältere Genossin Plaschke. Beide schilderten in einem nach den Ereignissen erstellten ausführlichen Bericht das Gespräch mit der Arbeiterdelegation.8 Die beiden Mitarbeiter des Ministerpräsidenten nahmen die Resolution entgegen und unterhielten sich etwa zwei Stunden lang mit der Delega- tion. Die Arbeiter wurden ausführlich nach den Gründen ihrer Unzufrie- denheit befragt. Die vier Bauarbeiter erklärten noch einmal eindringlich ihr Anliegen. In dem Bericht von Ambrée und Plaschke vom 25. Juni 1953 werden sie mit folgender Äußerung zitiert: »Die Kollegen sagten uns, daß mit ihnen über diese Frage noch nie so eingehend diskutiert wurde. Wenn das geschehen wäre, so erklärten sie, wäre es ihrer Meinung nach nicht zu der Arbeitsniederlegung gekommen.« Während Fettling und seine Leute mit den Mitarbeitern Grotewohls diskutierten, verbreitete sich die Nachricht von dem Schreiben auf ver- schiedenen Baustellen Berlins. Unter anderem auch an der Stalinallee: Der Maurer Stanike und ein Kollege, die im Auftrag ihres Brigadiers an der Belegschaftsversammlung der Baustelle Bettenhaus Friedrichshain teilgenommen hatten, überbrachten gegen Mittag die Resolution. »Der BGL-Vorsitzende von der Baustelle Stalinallee Block 40 wollte die durch Stanike überbrachte Resolution ungelesen vernichten, aber der Parteisekre- tär Gutezeit erhob dagegen Einspruch und dieselbe wurde durch den Stein- träger Kurt Schulz zur Verlesung gebracht und von der Belegschaft ange- nommen. Durch die Frau Nikodemski von der Oberbauleitung wurde die Resolution nochmals vervielfältigt und eine Abschrift der Baustelle Fern- heizwerk der Brigade Kloß übergeben.«9 Obwohl im Laufe des Nachmittags weitere Nachrichten von Arbeits- niederlegungen im Büro des Ministerpräsidenten eintreffen, scheitern am späten Nachmittag und Abend des 15. Juni 1953 alle Versuche, den Mi- nisterpräsidenten zu erreichen. Die Genossen Ambrée und Plaschke in- formierten zwar ihren Dienstvorgesetzten Tzschorn. Doch dieser war der                                                                45                                             Schild am Eingang des Ost-Berliner BEWAG-Hauptgebäudes       Meinung, die Verantwortung liege beim Magistrat von Berlin. Der Versuch, Oberbürgermeister Friedrich Ebert zu erreichen, scheiterte jedoch, wie aus einer Aktennotiz hervorgeht, gegen 17.50 Uhr. Auch die Bezirksleitung der SED erklärt sich für unzuständig. Immerhin wird Genosse Hafrang vom zuständigen Ministerium für Bauwesen informiert. Dieser verspricht, am nächsten Morgen einige Instrukteure auf die Baustelle zu schicken. Den- noch bleiben die brisanten Meldungen bei untergeordneten Instanzen hän- gen. So verstrich das Ultimatum der Arbeiter, ohne dass die Regierung den Versuch unternommen hätte, das schwelende Feuer auszutreten.   Die Geschichte nimmt ihren Lauf   Am Morgen des 16. Juni 1953 kam der Vorsitzende des Zentralvorstandes der IG Bau-Holz begleitet von 15 Instrukteuren zur Baustelle des Kranken- 46         hauses Friedrichshain und erklärte, dass an dem Beschluss des Ministerra-     tes der DDR zur Erhöhung der Normen nicht zu rütteln sei, dass allerdings die Art der Durchführung des Beschlusses auf dieser Baustelle nicht richtig gewesen sei. Er befand sich mit diesen Äußerungen auf der politischen Li- nie des Artikels im Neuen Deutschland vom Sonntag, dem 14. Juni 1953: »Es ist Zeit den Holzhammer beiseite zu legen.« Die Grundtendenz dieses Berichts über die Stalinallee lautete: Die Normensteigerung ist notwendig, darf aber nicht administrativ durchgesetzt werden. Inzwischen war aller- dings in der Gewerkschaftszeitung Tribüne ein Artikel erschienen, in dem es ausdrücklich hieß: »Die Beschlüsse über die Erhöhung der Normen sind in vollem Umfang richtig.« Während der Gewerkschaftsvorsitzende versuchte, die Kollegen zur Ar- beitsaufnahme zu bewegen, tagte die Bezirksleitung der SED von Groß- Berlin. Sie schlug die Rücknahme der Normerhöhung vor und wandte sich an das Politbüro, das sich im Laufe des Vormittags dieser Ansicht anschloss. Über Rundfunk und Lautsprecherwagen sollte die Mitteilung unter der Bevölkerung verbreitet werden. Doch es war bereits zu spät. Inzwischen waren die Ereignisse auf den Baustellen im Osten der Hauptstadt explo- diert. Der Versuch, die Tore der Baustelle Krankenhaus Friedrichshain zu schließen, führte zur weiteren Eskalation. Auf der Baustelle Block 40 ver- breitete sich die Nachricht, die Kollegen seien eingesperrt und man zog los, sie zu »befreien«. An der Spitze des Zuges wurde ein Plakat getragen mit der Aufschrift »Wir fordern Normensenkung«. Nun formierte sich auf dem Baustellengelände ein Demonstrationszug von ungefähr 2000 Ar- beitern; sie marschierten die Stalinallee entlang und weiter zum Haus der Ministerien. Die Arbeiter riefen im Sprechchor »Kollegen, reiht euch ein! Wir wollen freie Menschen sein!« Tausende Berliner schlossen sich der Demonstration an. Der Stein, der die Lawine des Aufruhrs gegen die SED- Herrschaft ins Rollen bringen sollte, war nicht mehr aufzuhalten. Der Rest ist ein Stück deutscher Geschichte und oft schon erzählt. Innerhalb weniger Stunden sollte aus einer Bewegung gegen die Normenerhöhung ein demo- kratischer Volksaufstand werden. Ausgelöst durch den Zug der Bauarbei- ter zum Sitz der Regierung in der Leipziger Straße und durch westliche Rundfunkmeldungen über diese Ereignisse, streikten und demonstrierten die Menschen im ganzen Land gegen die SED-Diktatur.   17. Juni 1953 – Menetekel für die SED-Diktatur   Die Tatsache, dass die demokratische Massenbewegung im Juni 1953 von den Bauarbeitern der Stalinallee und den benachbarten Baustellen ausging,         47     war von kaum zu überschätzender Bedeutung für den Gang der Ereignisse und für deren spätere Deutungsversuche durch die SED-Geschichtsschrei- bung. Für alles andere hätte die SED-Propaganda Begründungen finden kön- nen. Hätten die Studenten rebelliert, wären sie verzogene Bürgersöhnchen und arrogante höhere Töchter gewesen, denen der intellektuelle Hochmut zu Kopfe gestiegen sei. Wären es die Kleinbürger gewesen, hätte sich in den Augen der Ideologen nur einmal mehr die marxistische Theorie des Klassenkampfes bestätigt. Wäre die Bewegung aus der Kirche gekommen, wäre dies dem Staat willkommener Anlass gewesen, die Daumenschrauben gegen den »reaktionären Klerus« weiter anzuziehen. Aber ausgerechnet die Bauarbeiter der Stalinallee! Das ging mitten ins Herz. Niemals zuvor ist die Theorie von der Herrschaft der Arbeiterklasse im Sozialismus überzeugen- der und nachhaltiger widerlegt worden als von den Berliner Bauarbeitern. Hier versagten alle Erklärungsmuster der Parteipropagandisten, und wo die Erklärungen enden, beginnen die Märchen. Einige Tage nach den Ereignissen schrieb der treu der SED ergebene Arbeiterdichter Kurt Barthel alias Kuba ein solches treuherzig-rührendes Märchen, ließ es als Flugblatt verteilen und veröffentlichte es im Neuen Deutschland. Die Geschichte mit dem Titel »Wie ich mich schäme!« han- delt vom gutmütigen und starken, aber nicht sonderlich klugen Arbeiter, der vom bösen Zauberer verführt, sich gegen den guten König auflehnt und nun fleißig arbeiten muss, das verlorene Vertrauen wiederherzustellen. »Sonnengebräunte Gesichter unter weißleinenen Mützen, muskulöse Arme, Nacken – gut durchwachsen, nicht schlecht habt ihr euch in euerer Republik ernährt. Man konnte es sehen. Vierschrötig kamt ihr daher. Ihr setztet euch in Marsch, um dem Ministerium zu sagen, dass etwas nicht stimmt. Es stimmte etwas nicht, nämlich im Lohnbeutel; dagegen setzt man sich zur Wehr, das ist richtig. Dazu hattet ihr euer gutes, durch Geset- ze festgelegtes Recht auf freie Meinungsäußerung. Ein wenig wachsamer hättet ihr zwar sein können. Was hat schließlich ein amerikanisches Auto bei einer Demonstration Berliner Bauarbeiter zu suchen? … Ihr zogt in schlechter Gesellschaft durch die Stadt. Ihr zogt mit dem Gesindel, das von den großen Weltbrandstiftern gedungen, schon die Ben- zinflaschen in der Tasche trug, mittels denen sie morgen eure Baugerüste anzünden würden.«10 Bertolt Brecht verfasste darauf sein giftiges Epigramm »Die Lösung«, in der er das vielzitierte Wort ausspricht von der »Regierung, die sich ein neues Volk suchen möge«. Doch er ließ das Gedicht unveröffentlicht in 48   der Schublade liegen.11 Auch die nachdenklichen und melancholischen Ge-                                                                                     49     dichte, die Brecht in der Idylle am Schermützelsee schrieb, sind nicht ohne Hintersinn gewesen. Doch sie wurden erst nach seinem Tode als »Buckower Elegien« veröffentlicht. Brechts Haltung zu den Ereignissen mag ambiva- lent gewesen sein, seine öffentliche Stellungnahme war vollkommen ein- deutig. Noch am 17. Juni 1953 schrieb er in einem Brief an Walter Ulbricht: »… die Geschichte wird der revolutionären Ungeduld der Sozialistischen Einheitspartei ihren Respekt zollen. Die große Aussprache mit den Massen über das Tempo des sozialistischen Aufbaus wird zu einer Sichtung und zu einer Sicherung der sozialistischen Errungenschaften führen. Es ist mir ein Bedürfnis, Ihnen in diesem Augenblick meine Verbundenheit mit der Sozi- alistischen Einheitspartei Deutschlands auszudrücken.«12 Das Original die- ses Schreibens befindet sich zusammen mit den Dankschreiben Ulbrichts ebenfalls im bereits erwähnten Archiv. Brecht schwieg zu dem peinlichen Vorgang, dass im Neuen Deutschland allein der affirmative Schlusssatz ab- gedruckt, die doppeldeutigen Sätze über die »große Aussprache« dagegen unterschlagen wurden. Auch war er keineswegs immun gegen die Legen- de, Agentenorganisationen hätten Achtgroschenjungen in weiße Kittel ge- steckt, über die Sektorengrenze geschickt, um dort Streik und Aufruhr zu organisieren. »Die Straße freilich«, schrieb Brecht an seinen Verleger Peter Suhrkamp, »mischte die Züge der Arbeiter und Arbeiterinnen schon in den frühen Morgenstunden des 17. Juni auf groteske Art mit allerlei deklas- sierten Jugendlichen, die durch das Brandenburger Tor, über den Potsdamer Platz, auf der Warschauer Brücke kolonnenweise eingeschleust wurden, aber auch mit den scharfen, brutalen Gestalten der Nazizeit, den hiesigen, die man seit Jahren nicht mehr in Haufen hatte auftreten sehen …«.13 Wenn es darum ging, den Kinderglauben vom guten und ehrlichen Ar- beiter zu retten, verfiel selbst ein so scharfsichtiger Geist wie Bertolt Brecht in die Denkmuster der verlogenen SED-Propaganda. In den Akten der Staatssicherheit und der SED findet sich nicht der ge- ringste Beleg für »eingeschleuste Kolonnen« oder »Haufen von Nazis«. Der Unwille der Arbeiter wurde allein durch die SED-Politik verursacht und durch das ungeschickte Verhalten der Partei seit etwa April 1953 zudem ständig weiter geschürt. Stalins Tod war für die Ulbricht-Führung keines- wegs Anlass, den offensichtlich falschen Kurs zu korrigieren. Sie machte in den Monaten vor dem Juni-Aufstand jeden nur denkbaren Fehler und als sie mit den Folgen ihrer Politik konfrontiert war, bot sie ein Jammerbild an Unentschlossenheit und Verwirrung. Die SED-Funktionäre hätten gewarnt sein müssen angesichts der Ge- schichte der Arbeiterbewegung. Seit den Anfängen der sozialistischen 50  Bewegung im 19. Jahrhundert waren es stets die hoch qualifizierten und                                           Jugendliche Demonstranten zerreißen die rote Fahne vom Brandenburger Tor.                                       Bilder von Otto Grotewohl und Wilhelm Pieck werden auf der Straße verbrannt.               51     gut verdienenden Arbeiter, die in den sozialen und politischen Befreiungs- kämpfen die Vorhut bildeten. Auch in den zwanziger Jahren waren die Hochburgen der Sozialdemokratie und der Kommunistischen Partei die Betriebe, in denen die Arbeiter am besten verdienten, während die wirklich Elenden, wie Saisonkräfte in der Landwirtschaft, kaum politisch organisiert waren. Insofern ist es nur scheinbar ein Widerspruch, dass die sozial rela- tiv gut gestellten Arbeiter der Berliner Baubetriebe die Protestbewegung gegen den SED-Staat anführten. Auch bei den späteren Arbeiteraufstän- den im kommunistischen Machtbereich – wie 1956 in Posen, 1970 an der polnischen Ostseeküste oder 1980 auf der Danziger Lenin-Werft – sollte sich dieses alte Grundmuster der Arbeiterbewegung wiederholen. Immer wieder waren Preiserhöhungen der Funke im Pulverfass allgemeiner Un- zufriedenheit, und die selbstbewusste und gut organisierte Arbeiterschaft der Großbetriebe stellte sich an die Spitze der Bewegung. Überhaupt trägt der Juni-Aufstand in der DDR wenigstens in den Ur- sprüngen Züge einer Arbeiterbewegung. Doch aus der Bewegung für Lohn- erhöhung und Preissenkung wurde innerhalb weniger Tage eine politische Aufstandsbewegung gegen das stalinistische Regime. Der lange Zeit ver- wendete Begriff des Arbeiteraufstandes ist insofern gegenüber dem seit 1989 stärker verwendeten Begriff des Volksaufstandes keineswegs als Ab- wertung zu verstehen. Interessant ist in diesem Zusammenhang die Rolle von Brigadieren, Gewerkschaftsvertrauensleuten und selbst untergeordneten SED-Funkti- onären, die in der Situation der allgemeinen Verwirrung teilweise auf der Seite der Arbeiter standen oder sogar zu Wortführern der Rebellion wur- den. Nach der Niederschlagung des Aufstandes wurden viele von ihnen von ihren Positionen entfernt, erhielten Parteistrafen oder mussten für ihre Haltung sogar mit hohen Haftstrafen bezahlen. Ob solche Funktio- näre Protagonisten einer künftigen »sozialistischen Arbeiterdemokratie« hätten werden können, muss angesichts des weiteren Ganges der Ereig- nisse dahingestellt bleiben. In Stefan Heyms Roman »Fünf Tage im Juni« wird diese Perspektive eröffnet. Die Geschichte bot jedoch weder 1953 noch später eine Chance, ein sozialistisches Demokratiemodell in der Realität zu erproben. Der Ablauf der Ereignisse vom 12. bis 16. Juni 1953 zeigt vor allem, mit welcher Geschwindigkeit sich ein Lohnkonflikt in einem totalitär verfass- ten Staatswesen in eine allgemeine politische Erhebung gegen die Regie- rung verwandelt. Die konkrete soziale Unzufriedenheit, der Ärger über schmaler werdende Lohntüten und steigende Preise bildeten zusammen 52   mit dem allgemeinen politischen Unwillen eine hochexplosive Mischung.                                           Sowjetische Soldaten auf einem LKW im Einsatz gegen Berliner Demonstranten                                       An der Leipziger Straße suchen Demonstranten Schutz vor Gewehrkugeln.                         53     Mit Schrecken musste die SED-Führung 1953 feststellen, dass sich die Arbeiterbewegung in der Realität gegen die Parteidiktatur richtete. Künf- tighin reagierte die SED geradezu seismographisch auf sozial motivierte Missstimmungen unter den Arbeitern und tat alles, um Konfliktpotentiale zu entschärfen. Freilich stießen sie dabei immer wieder an die ökonomi- schen Grenzen ihres ineffizienten Systems. So waren alle Versuche zum Scheitern verurteilt, die Werktätigen durch den Ausbau des Sozialsystems ruhig zu stellen. Trotz aller Bemühungen blieb das SED-Regime gerade unter der Arbeiterschaft bis zum Ende unpopulär. Auch die Erinnerung an den Juni-Aufstand von 1953 lebte vor allem in den proletarischen Schichten weiter. In den Erzählungen war jener Tag, an dem die Genossen klamm- heimlich ihre Parteiabzeichen verschwinden ließen, an dem die Symbole der kommunistischen Herrschaft herabgerissen wurden und die HO-Läden brannten, ein großer Sieg. Niemand hat diese Denkweise besser verstan- den und tiefer verinnerlicht als die führenden Repräsentanten des SED- Regimes. Die Erinnerung an die Ereignisse im Juni 1953 war für sie ein unbewältigtes Trauma, das im Herbst 1989 wieder aktuell werden sollte. Während der Dienstberatung der Bezirksverwaltung des MfS an jenem entscheidenden 9. Oktober 1989, als rund siebzigtausend Demonstranten demokratische Reformen einforderten, notierte sich einer der MfS-Mit- arbeiter handschriftlich in sein Arbeitsbuch: »… Lageverschärfung durch Zusammenrottung/Störung [der] staatlichen und öffentlichen Ordnung. Verhinderung eines 17. Juni. Behauptung der Macht. Alle Aufgaben sind dieser Lage unterzuordnen.«14 So wurden die Berliner Bauarbeiter und deren Forderungen zum Me- netekel für die SED-Diktatur. Die sozialistische Prachtstraße aber – die im November 1961 in Karl-Marx-Allee umbenannt wurde – zum doppelten Symbol: zur steingewordenen Vision einer kommunistischen Zukunft und zum Ort des Scheiterns dieser menschenfeindlichen Utopie.         1 Baut die Straßen der Zukunft, Worte: Fritz Kracheel, Musik: Kurt Greiner-Pol, in: Seid bereit! Liederbuch der Thälmann-Pioniere. Leipzig 1973, S. 412 f. 2 Entwurf vom 2. August 1951; Bundesarchiv (BArch), DH 2 DBA/A/47. 3 Neues Deutschland, 25. November 1951. 4 Erwin Burkert: Aufbau-Walzer, zitiert nach: Herbert Nikolaus/Alexander Obeth:   Die Stalinallee. Geschichte einer deutschen Straße. Berlin 1997, S. 134. 5 BStU, ZA, MfS, AS 168/56. 6 BStU, ZA, MfS, AS 168/56. 54 7 BArch-SAPMO, ZPA, NY 4090/437 (Nachlass Otto Grotewohl).   Ebenda, Bericht vom 15.6.1953 über den Empfang der Delegation der Bauarbeiter der Stalinallee am 15.6.1953 im Sekretariat des Ministerpräsidenten. BArch-SAPMO, ZPA, NY 4090/437 (Nachlass Otto Grotewohl), Bericht vom 10.7.1953. Neues Deutschland, 20. Juni 1953. Bertolt Brecht, Gesammelte Werke, Bd. 10, S. 1009 f. BArch-SAPMO. ZPA, NL 182/1387. Bertolt Brecht, Briefe 1913–1956, Band 1, Berlin/Weimar 1983, S. 657 f. BStU, ASt. Leipzig, MfS, HA XX, Arbeitsbuch Nr. 1077, Bl. 54–57.                                                                 55 Ulrich Mählert (Hg.)         Der 17. Juni 1953 Ein Aufstand für Einheit, Recht und Freiheit                                                                               Bibliografische Information Der Deutschen Bibliothek Die Deutsche Bibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über http://dnb.ddb.de abrufbar.   ISBN 3-8012-4133-5   Copyright © 2003 by Verlag J.H.W.Dietz Nachf. GmbH Dreizehnmorgenweg 24, D-53175 Bonn Satz: Petra Strauch, Bonn Lektorat: Günter Hertel Umschlaggestaltung: Daniela Müller, Bonn, unter Verwendung eines Fotos aus dem Archiv der sozialen Demokratie der Friedrich-Ebert-Stiftung Druck und Verarbeitung: WB-Druck, Rieden Alle Rechte vorbehalten Printed in Germany 2003 Inhalt   7 Einleitung: Dimensionen eines Aufstandes Ulrich Mählert             I Der Aufstand in den Regionen 36 Berlin: Die Stalinallee – Vom Symbol des sozialistischen Aufbaus zum Zentrum des Arbeiterprotests Stefan Wolle   57 Potsdam: Im Schatten der Hauptstadt? Traditionen, Brüche und Konflikte Burghard Ciesla   77 Leipzig und Görlitz: Die SED-Macht zeigt sich hilflos Heidi Roth   109  Jena: Die Zeiss-Arbeiter proben den Aufstand Heinz Voigt   133  Bezirk Halle: Aufruhr im »blutroten Herzen Deutschlands« Udo Grashoff   157 Rostock: Erhebung an der Küste Klaus Schwabe             II Menschen machen Geschichte 174 Fallstudien zum sozialdemokratischen Widerstand in der SBZ/DDR Friedhelm Boll   199 Richard Haider – Ein Leipziger Sozialdemokrat Zusammengestellt von Heidi Roth   5 Inhalt       205   Stefan Weingärtner – Ein jugendlicher »Provokateur« Zusammengestellt von Heidi Roth   209 Walter Scheler – Die Courage des Augenblicks Zusammengestellt von Heinz Voigt   215 Paul Othma – Ein Streikführer in Bitterfeld Zusammengestellt von Udo Grashoff   219 Robert Dahlem – Wider die eigene Partei Zusammengestellt von Klaus Schwabe   225 »Der 16. Juni 1953 bleibt mir unvergesslich« – Ein Augenzeugenbericht Peter Bruhn     III Geschichtsbewusstsein und Geschichtspolitik   252 Die »Verarbeitung« des 17. Juni 1953 in der DDR und der Bundesrepublik Bernd Faulenbach     273   Weiterführende Literatur   277 Bildnachweis   278 Über die Autoren                   6

Umschlag des Buches "Die Wandlung des Kommunismus", Bd. 1

Monographie

Die Wandlung des deutschen Kommunismus. Band 1

Hermann Weber

Der Wandel der KPD von einer Organisation, in der große innerparteiliche Demokratie herrschte, die aber zugleich von inneren Fraktionskämpfen zerrissen wurde, in eine disziplinierte Partei mit zentralisierter Befehlsgewalt wird in Hermann Webers 1969 erschienenen Hauptwerk "Die Wandlung des deutschen Kommunismus" nachgezeichnet. "Wie kaum ein Werk hat Die Wandlung des deutschen Kommunismus die deutschsprachige Kommunismusforschung geprägt", schreibt der Historiker Marcel Bois 2018 im Jahrbuch… Der Wandel der KPD von einer Organisation, in der große innerparteiliche Demokratie herrschte, die aber zugleich von inneren Fraktionskämpfen zerrissen wurde, in eine disziplinierte Partei mit zentralisierter Befehlsgewalt wird in Hermann Webers 1969 erschienenen Hauptwerk "Die Wandlung des deutschen Kommunismus" nachgezeichnet. "Wie kaum ein Werk hat Die Wandlung des deutschen Kommunismus die deutschsprachige Kommunismusforschung geprägt", schreibt der Historiker Marcel Bois 2018 im Jahrbuch für Historische Kommunismusforschung. "Schon bald wurde es zum Standardwerk zur Geschichte der KPD in der Weimarer Republik. Selbst wenn verschiedene Wissenschaftler deutliche Kritik an der Stalinisierungsthese übten, behält die Kernaussage Hermann Webers bis heute Gültigkeit: Die Kommunistische Partei Deutschlands verwandelte sich im Lauf der 1920er-Jahre von einer demokratischen und lebendigen in eine bürokratische und dogmatische Partei. Aus einer gleichberechtigten Partnerin der KPdSU wurde ein Instrument der sowjetischen Außenpolitik. Notwendig hierfür war ein Austausch des Führungskorps der Partei und das Herausdrängen der innerparteilichen Opposition. Nur auf Grundlage dieser Einschätzung lässt sich der Zustand der KPD in der späten Weimarer Republik plausibel erklären." 

Dokumentation

Die Kommunistische Internationale

Hermann Weber

"Die Wandlungen des Weltkommunismus sind nicht mehr zu übersehen", schreibt der Mannheimer Historiker Hermann Weber 1966 im Vorwort zu seiner Dokumentation "Die Kommunistische Internationale". Der Konflikt zwischen Moskau und Peking mache deutlich, "welche unterschiedlichen, ja oft gegensätzlichen Formen der Kommunismus in unseren Tagen bereits angenommen hat. Auch das Verhältnis zwischen der KPdSU und den übrigen kommunistischen Parteien hat sich weitgehend geändert." Die Risse im einstmals… Vorwort Die Wandlungen des Weltkommunismus sind nicht mehr zu über­sehen. Der Konflikt zwischen Moskau und Peking macht deutlich, welche unterschiedlichen, ja oft gegensätzlichen Formen der Kom­munismus in unseren Tagen bereits angenommen hat. Audi das Verhältnis zwischen der KPdSU und den übrigen kommunistischen Parteien hat sich weitgehend geändert. Die Risse im einstmals monolithischen kommunistischen Lager veranlassen die Frage: Welche historischen Hintergründe führten zu dieser Entwicklung? Damit rückt die Kommunistische Interna­tionale (Komintern), die straffzentralisierte Organisation der kommunistischen Parteien zwischen 1919 und 1943, in den Mittel­punkt der Betrachtung. Die vorliegende Arbeit soll mit der Tätigkeit der Komintern be­kannt machen, deren eigene Aussagen hier wiedergegeben werden. Zwar gibt es auch in deutscher Sprache einige Untersuchungen über die Komintern, doch nur wenige Dokumentensammlungen dieser Organisation, vor allem fehlen die offiziellen Grundsatzer­klärungen. Der vorliegende Band soll mithelfen, diese Lücke zu schließen. Die Auswahl von 50 Dokumenten vermittelt einen Querschnitt der Kominternpolitik, ihres programmatischen Den­kens, revolutionären Handelns und taktischen Verhaltens, aber auch der Organisationsstruktur und der Fehleinschätzung von Situationen. Um ein authentisches Bild zu geben, wurden nur wichtige und offizielle Verlautbarungen aufgenommen, so Stel­lungnahmen der Kominternkongresse, wesentliche Entschließungen ihrer Führungsspitze (des Exekutivkomitees der Kommunistischen Internationale, des »EKKI«), grundsätzliche Artikel ihres Organs »Die Kommunistische Internationale«, Auszüge aus Reden ihrer bedeutenden Führer, aber auch drei Dokumente der kommunisti­schen Opposition der Komintern. Drei innerorganisatorische Briefe der Moskauer Komintern-Führung, die Dokumente 14, 18 und 19 (die beiden letzten werden hier erstmals veröffentlicht), illu- strieren die Methode der Anleitung nationaler Sektionen durch das EKKI. Natürlich ist eine Dokumentenauswahl kein Ersatz für eine Ge­schichtsdarstellung. Die Einleitung und die kurzen Einführungen zu den einzelnen Dokumenten erheben nicht den Anspruch, die Geschichte der Kommunistischen Internationale zu erklären, sie sollen lediglich die Benutzung der Dokumente erleichtern. Im übrigen sollen die Texte für sich selbst sprechen. Die wichtigsten Dokumente, vor allem einige grundlegende Be­schlüsse der Frühzeit, sind ungekürzt abgedruckt. Darunter ist in erster Linie das umfangreiche Programm der Komintern aus dem Jahre 1928 zu nennen, welches damit nach über 30 Jahren erstmals wieder in vollem Wortlaut in deutscher Sprache vorliegt. Andere Dokumente sind aus Platzmangel gekürzt oder nur aus­zugsweise wiedergegeben (alle Auslassungen sind durch drei Punkte gekennzeichnet, Zusätze in eckige Klammern gesetzt). Die Dokumente sind chronologisch geordnet. Das erleichtert (im Zusammenhang mit der Zeittafel, die besonders die Entstehung der kommunistischen Parteien registriert), organisatorisches Wachs­tum und ideologische Ausformung der Komintern zu verfolgen, aber auch den Niedergang durch die Stalinisierung zu beobachten. Die Entwicklung einer Organisation, welche den Anspruch erhob, eine straff organisierte »Weltpartei« zu sein, und die Weltrevo­lution voranzutreiben suchte, ist somit aus ihren eigenen Doku­menten abzulesen. Mannheim, im November 1965                                     Hermann Weber Einleitung In den turbulenten Jahren zwischen den beiden Weltkriegen glaubte die Öffentlichkeit, hinter Unruhen in aller Welt eine leitende Hand zu spüren; hinter Demonstrationen und Streiks hinter Aufruhr und Bürgerkrieg sah sie nur einen verborgenen Anstifter: die Kommunistische Internationale. Die Komintern (wie man die Kommunistische Internationale abgekürzt nannte) nährte diese Vermutungen noch. Ihr Moskauer Führungsstab, das vielzitierte EKKI (Exekutivkomitee der Kom­munistischen Internationale), bedachte Unruhen jeder Art mit Sympathieerklärungen, Deklarationen, Aufrufen und »Thesen«, gleichviel, ob es sich um Bauernaufstände in Asien, Studenten­krawalle in Europa, die Erhebung der Rifkabylen oder einen Lohnstreik in Amerika handelte. In jeder Aktion sahen die Mos­kauer Führer einen Schritt zur Weltrevolution; häufig berauschten sie sich an »kommunistischen« Erfolgen, die in Ländern »erreicht« wurden, deren analphabetische Bevölkerung noch nie das Wort Kommunismus gehört hatte. Erst recht versuchten die herrschenden Kreise in allen Teilen der Welt, den Anschein zu erwecken, als sei jedes Aufbegehren gegen soziale Ungerechtigkeit und politische Unterdrückung von der Komintern heraufbeschworen, gefördert und gelenkt. Aus dieser Sicht wurde ein bloßer Lohnstreik zum Teil einer immer wieder an die Wand gemalten riesigen »Verschwörung der Komintern«. Solche phantastischen Vorstellungen über Wesen und Wirken der Kommunistischen Internationale verhinderten eine nüchterne Be­trachtung der (sicher nicht zu unterschätzenden) revolutionär­aktiven Tätigkeit der Komintern. Das Verständnis für Entste­hungsgründe, Erfolge und Mißerfolge dieser »Weltpartei« der Revolution fehlte. Vor allem aber wurde der Komintern - und damit dem Weltkommunismus - eine Geschlossenheit und Kon­tinuität zugesprochen, die sie nicht besaß. In den rund 25 Jahren ihres Wirkens - von 1919 bis 1943 - wandelte die Komintern sich aus einer weltumspannenden Kampf­gemeinschaft radikaler Parteien zum Hilfsinstrument für Stalins Innen- und Außenpolitik. Der Mythos, mit dem Kommunisten, Sympathisierende, Indifferente und Anti-Kommunisten die Komin­tern umhüllten, verschleierte diese Veränderungen in gelungener Weise. Es ist daher nicht erstaunlich, wenn Anhänger und Gegner gleichermaßen Wesen und Politik der Komintern verkannten. Die Komintern - ein Produkt des Weltkrieges Bis zum 1. Weltkrieg waren die klassenbewußten Arbeiter Europas und Amerikas in den - mehr oder weniger marxistisch orientier­ten - sozialistischen Parteien organisiert. Sie waren in einer relativ losen Organisation, der II. Internationale, zusammenge­schlossen. Die Internationale erstrebte nicht nur den Sozialismus, sondern glaubte auch, mit ihren Millionen Anhängern einen Krieg verhindern zu können. Auf ihren Kongressen gab sie entsprechende Antikriegserklärungen ab, zuletzt 1912 in Basel. Als der Weltkrieg ausbrach, änderten jedoch fast sämtliche sozialistischen Parteien ihre Haltung und plädierten für die »Vaterlandsverteidigung«. Alle hielten ihren eigenen Staat für angegriffen, und statt der früher verfochtenen internationalen »Klassensolidarität« traten sie für den »Burgfrieden« mit ihren jeweiligen Regierungen ein. Die führende und stärkste Partei der II. Internationale, die deutsche Sozialdemokratie, bewilligte am 4. August 1914 im Reichstag einstimmig die Kriegskredite; es schien, als identifiziere sie sich mit dem undemokratischen Kaiserreich. Der Bankrott der Sozialistischen Internationale war offensichtlich, die einzelnen Parteien ersetzten ihre internationalen Schwüre sehr bald durch nationalistische Phrasen. Nur die serbischen und russischen Sozialisten wandten sich sofort gegen die allgemeine Kriegsbegeisterung. Doch das fiel kaum ins Gewicht. Als aber nach einigen Monaten die sozialistischen Kriegs­gegner in den verschiedenen Ländern - anfangs noch recht zö­gernd - ihre Stimme erhoben, waren erste Zeichen einer Spaltung der Internationale erkennbar. Die anscheinend einhellige Zustim­mung aller Sozialisten zum Krieg erwies sich vollends als trü­gerisch, nachdem sich Karl Liebknecht und Rosa Luxemburg innerhalb der deutschen Sozialdemokratie aus den Fesseln der »Parteidisziplin« gelöst hatten und mit ihrer Gruppe »Spartakus« die internationalen und linken Traditionen verfochten. Der Ein­fluß der Pazifisten und Linkssozialisten, die sich 1915 in Zimmer­wald und 1916 in Kienthai in der Schweiz trafen, wuchs be­trächtlich, je länger der Krieg dauerte, doch die Mehrheit der Sozialisten verharrte in den neuen nationalistischen Positionen. Von Anfang an aber hatte eine Partei und vor allem ein Mann aus dieser Haltung der Mehrheit der Sozialisten die schärf­sten Schlußfolgerungen gezogen: die russischen Bolschewiki unter Führung Lenins. Schon im September 1914 konstatierte Lenin den »Zusammenbruch der II. Internationale« und forderte eine »künftige Internationale«, die nach seiner Vorstellung radikal­marxistisch sein sollte und die »bürgerliche Richtung im Sozialis­mus« ausschließen müsse.Lenin war es, der unermüdlich seit dem Jahre 1914 die Schaffung einer neuen, einer »III. Internatio­nale« verlangte. Mit Lenin und seinen Ansichten ist die III., die Kommunistische Internationale, daher aufs engste verknüpft. Da Lenin sofort gegen den Krieg auftrat und eine Agitation für den Bürgerkrieg entfachte, wurde er in der Arbeiterbewegung Europas noch mehr isoliert, als er es ohnehin schon war. Der Schweizer Sozialist Grimm beispielsweise erkannte, daß er sich mit Lenin nie einigen würde, als Lenin auf die Feststellung, daß auch Grimm den Krieg ablehne, reagierte: »Gut, dann gibt es nur eine Losung, die Sie sofort ausgeben müssen, für die Schweiz wie für die anderen Länder: Bewaffneter Aufstand!« Diese radikale Alternative zum Krieg fand selbst bei sozialistischen Kriegsgeg­nern zunächst keinen Widerhall. Lenin sah im Weltkrieg eine tiefe Krise des Kapitalismus. Das veranlaßte ihn, eine neue Analyse der Weltsituation vorzunehmen. Als Basis seiner Taktik, die später die der Kommunistischen Internationale werden sollte, diente das 1916 erschienene Werk *) Lenin. Ausgewählte Schriften. Herausgegeben und eingeleitet von H. Weber. München 1963. S. 312. »Der Imperialismus als höchstes Stadium des Kapitalismus«. Lenin charakterisierte darin den Kapitalismus des 20. Jahrhun­derts seiner inneren Struktur nach als Monopolkapitalismus, seiner außenpolitischen Wirksamkeit nach als Imperialismus und seiner historischen Bedeutung nach als verfaulenden, sterbenden Kapi­talismus, als »Vorboten der nahenden Weltrevolution«. Für Lenin hatte sich mit der Periode des Imperialismus das Revolutions­zentrum aus Zentraleuropa verschoben: Die Kapitalisten der europäischen Großmächte hatten die führenden Arbeiterschichten (die »Arbeiteraristokratie«) mit den Kolonialprofiten korrumpiert und sie damit der Revolution entfremdet. Das schwächste »Ketten­glied« des Weltkapitalismus, das es zu zerreißen gelte, seien die europäischen Randstaaten, die Halbkolonien usw. Als erster wies Lenin auf die zunehmende Bedeutung der Weltrevolution hin, unter Einschluß der farbigen Völker sollte die III. Internationale eine tatsächliche We/ipartei werden. Es erschien Lenin nunmehr möglich, daß die bevorstehende rus­sische Revolution der Beginn einer internationalen sozialistischen Umwälzung sein würde. Die III. Internationale sollte die Welt­revolution vollenden. So war die Kommunistische Internationale von Anfang an eng mit der russischen Revolution, die sich selbst als »Prolog der Weltrevolution« verstand, verknüpft. Russische Revolution und III. Internationale aber resultieren aus dem Weltkrieg. Im Weltkrieg war die Gewalt als Mittel der Politik beschworen worden, die Gewalt sollte nun auch der russischen Revolution und der Weltrevolution zum Siege verhelfen. Ohne den ersten Weltkrieg ist die Machteroberung der Bolschewiki in Rußland undenkbar. Ohne ihn wäre auch die schroffe Spaltung des damaligen Sozialismus und damit die Gründung einer eigenen, kommunistischen Internationale (die dem Bolschewismus die Mög­lichkeit schuf, über die Grenzen Rußlands hinaus Einfluß zu erlangen) unmöglich gewesen. Nicht nur Lenin schien die Revo­lution der einzige Weg aus dem Krieg zu sein. Aber Lenin verband Krieg und Weltrevolution; so, wenn er 1918 erklärte: »Wenn wir wissen, wenn wir sagen - nicht nur durch Worte, sondern durch Taten -, daß nur die Weltrevolution Rettung aus dem Weltkrieg, aus dem imperialistischen Völkergemetzel bringen kann, dann müssen wir in unserer Revolution auf dieses Ziel hinsteuern, ohne Rücksicht auf alle Schwierigkeiten, auf alle Gefahren.« !) Je länger sich der Krieg hinzog, desto mehr Gläubige fand die radikale Propaganda der Bolschewiki und ihrer Verbündeten in aller Welt. Waren Lenin und die Bolschewiki auf den interna­tionalen Konferenzen in Zimmerwald und Kienthai noch isoliert, standen damals sogar die deutschen Spartakisten in vielen Fragen noch gegen sie, so änderte sich das besonders nach der russischen Oktoberrevolution 1917. Durch ihre unermüdliche Friedenspro­paganda gewannen die Bolschewiki immer mehr die Sympathien der im Krieg schwer leidenden europäischen Arbeiterschaft. Die Gelegenheit für die Gründung einer revolutionären Internationale wurde immer günstiger, und nach Kriegsende schien es Lenin höchste Zeit, zur Tat zu schreiten. Gründung und Zielsetzung der Komintern Am 24. Januar 1919 veröffentlichte die Kommunistische Partei Rußlands den Entwurf eines Manifestes. Die Arbeiter wurden aufgerufen, eine kommunistische Internationale zu schaffen. Vom 2. bis 6. März 1919 tagte in Moskau der Gründungskongreß der Kommunistischen, der III. Internationale. Zwar waren 51 Dele­gierte aus 29 Ländern anwesend, aber sie vertraten nur kleine revolutionäre Gruppen oder waren gar in Moskau lebende Aus­länder. Außer der russischen KP existierte nur eine wirkliche kommunistische Partei: die KPD. Aber gerade von ihrer Seite gab es Widerstände gegen die sofortige Gründung einer III. Inter­nationale. Rosa Luxemburg hatte schon Ende 1918 zwar grund­sätzlich eine neue Internationale, die in schärfstem Gegensatz zur II. Internationale stehen sollte, bejaht, hielt aber die Zeit noch nicht reif für die Gründung. Da es noch keine kommunistischen Massenparteien in Europa gab, befürchtete sie, daß eine Interna- !) W. L Lenin. Sämtliche Werke Bd. XXIII, Moskau 1940, S. 117. tionale, in der nur die Bolschewiki eine machtvolle Partei bildeten, von Lenin und Genossen abhängig werden müsse. Der deutsche Vertreter auf dem Gründungskongreß, Hugo Eberlein, war von ihr und der KPD-Führung verpflichtet worden, gegen die Grün­dung der neuen Internationale zu stimmen. Während der Verhandlungen in Moskau war Eberlein der einzige, der eine sofortige Gründung der III. Internationale ablehnte. Lenin entschied zunächst, daß von einer alsbaldigen Gründung abgesehen werden müsse, wenn die deutsche Partei ihre Zustimmung versage. Eberlein berichtete später: »Die Konferenz nahm einen begeisterten, glänzenden Verlauf. Über alle vorgelegten Resolutionen und Thesen wurde Ein­mütigkeit erzielt. Die Richtlinien der Kommunistischen Inter­nationale wurden von Bucharin und mir ausgearbeitet und vom Kongreß einstimmig angenommen. Auch das Manifest der Kommunistischen Internationale »An das Proletariat der ganzen Welt«, dessen erster Entwurf von Trotzki angefertigt, dann von einer Kommission, bestehend aus Trotzki, Lenin, Bucharin und mir, akzeptiert wurde, nahm der Kongreß ein­stimmig an. Die Leitsätze Lenins über »Bürgerliche Demokratie und proletarische Diktatur« wurden dem Büro der Internatio­nale zur Verbreitung in der ganzen Welt überwiesen ... In einer begeisterten Rede forderte Rakowski die sofortige Gründung der Kommunistischen Internationale. Ich blieb wie­der allein und versuchte, der Konferenz die Argumente der deutschen Partei auseinanderzusetzen ... Ich befand mich in einer außerordentlich schwierigen Situation. Während ich gefühlsmäßig mit den versammelten Delegierten, mit den russischen Genossen völlig konform ging und während mir eine Anzahl ihrer Argumente stichhaltig erschien, war ich an den strikten Auftrag meiner Parteileitung gebunden. In­zwischen war Leo Jogiches auch ermordet. Ich enthielt mich bei der Abstimmung der Stimme und gab dem Kongreß eine Erklärung ab, daß die deutsche Partei prinzipiell mit der Schaffung einer Dritten Internationale einverstanden sei und daß die deutsche Partei nach erfolgter Gründung der Kom­munistischen Internationale sicher beitreten würde. Sofort nach meiner Rückkehr nach Deutschland wurde der Beitritt zur Kommunistischen Internationale beschlossen ... «!) Die KPD schloß sich als erste Partei der Kommunistischen Inter­nationale an. Rosa Luxemburg und Leo Jogiches, die beiden Hauptgegner einer überstürzten Neubildung der Internationale, waren tot, ermordet. Ihre Nachfolger in der deutschen KP-Führung sahen in der III. Internationale einen Zusammenschluß gleichbe­rechtigter Parteien. Fast alle Kommunisten glaubten damals an einen Sieg ihrer Revolution binnen Jahresfrist, und schon dadurch wähnten sie, eine Hegemonie der russischen KP sei ausgeschlossen. Auch war im Gründungsbeschluß festgelegt worden, daß der »Sitz der Exekutive und das Büro nach Berlin gehören«; die Zentrale sollte nur bis zum Sieg der deutschen Räterepublik in Moskau bleiben. Die rasch aufeinanderfolgenden Gründungen kommunistischer Parteien, die Bildung von Räterepubliken in Ungarn und Bayern sowie die wachsende Sympathie linkssozialistischer Kreise mit der Komintern stärkten den Optimismus in der neuen Internationale. Nach Lenins Worten mußte das Wachstum durch eine genaue theoretische und praktische Festlegung und Abgrenzung der neuen Organisation gegenüber den anderen sozialistischen Parteien ge­sichert werden. Das geschah vor allem auf dem II. Weltkongreß der Komintern im Juli 1920. Bald zeigte sich, daß die III. In­ternationale sich nicht nur praktisch, sondern auch theoretisch recht weit von der II. Internationale entfernt hatte und die Kommunisten aller Länder eine eigene Zielsetzung verfochten. Die Grundvorstellungen der Komintern lassen sich kurz so um­schreiben: Die Geschichte ist eine Geschichte des Klassenkampfes, im Weltmaßstäbe stehen sich heute Proletariat und Kapitalismus gegenüber. Die kapitalistischen Produktionsverhältnisse führen zur Ausbeutung der Arbeiter sowie zu Wirtschafts- und politischen Krisen. Im 20. Jahrhundert hat sich die kapitalistische Profitwirt­schaft zum Imperialismus entwickelt. Die Epoche des Imperialis­mus ist die Periode der Kriege und Revolutionen. Auf der Tages- !) H. Weber (Hrsg.): Der deutsche Kommunismus. Dokumente. Köln 1963, S. 200/201. Ordnung steht die sozialistische Revolution (eingeleitet durch den »bewaffneten Aufstand«, der die politische Macht dem Proletariat in die Hände spielt) zur Umwandlung der kapitalistischen Pro­fitwirtschaft in die sozialistische Ordnung, die zur klassenlosen Gesellschaft führt. Die Revolution vernichtet nicht nur die bisherige Wirtschaftsord­nung, sondern zerschlägt auch die bisherige Staatsform. Der Staat ist im allgemeinen das politische Machtinstrument der wirtschaft­lich herrschenden Klasse zur politischen Niederhaltung der Ausge­beuteten. Die bürgerliche Demokratie ist eine Herrschaftsform des Kapitalismus. Die proletarische Revolution vernichtet diesen Staat und ersetzt ihn durch die Diktatur des Proletariats, deren adäquate Form das Rätesystem ist. Wegen des Widerstandes der Herr­schenden ist ein Bürgerkrieg unausweichlich. Die Kommunistische Partei, ursprünglich aus der sozialistischen Bewegung entstanden, ist die Vorhut der Arbeiterklasse, die mit Hilfe der marxistischen Theorie die Arbeiter führt. Die Spaltung war notwendig, weil die Sozialdemokratie zur Vertreterin der Arbeiteraristokratie, der vom Kapital bestochenen Oberschicht der Arbeiterklasse, geworden war. In den nächsten Jahren wird im Weltmaßstäbe die Entscheidung für den weiteren Weg der Revolution fallen. Sowjetrußland, dem ersten Arbeiterstaat, fällt dabei eine wichtige Rolle zu. Die Komintern, die straffe Zusam­menfassung aller kommunistischen Parteien und disziplinierte Weltpartei der Revolution, spielt in dieser weltweiten Auseinander­setzung die Führungsrolle. Wie man sieht, bestimmte der Wille zur Revolution die Aktionen der Kommunisten; das Ziel waren Räte- (Sowjet-) Herrschaft und Diktatur des Proletariats. Die Weltrevolution bleibt aus Die ersten Ergebnisse der Revolution von 1918 enttäuschten in Mit­teleuropa breite Massen; der Zug nach links war allgemein, und der chiliastische Enthusiasmus der Kommunistischen Internationale übte eine große Anziehungskraft aus. Viele sozialistische Parteien waren 1919 und 1920 bereit, sich der III. Internationale anzu­schließen: In der italienischen und französischen Sozialistischen Partei und in der Unabhängigen Sozialdemokratischen Partei Deutschlands (USPD) gab es lange Debatten über den Eintritt in die Komintern; die norwegische Arbeiterpartei trat geschlossen der neuen Internationale bei. Lenin wollte verhindern, daß mit diesem Trend auch nicht-kommunistische Gruppen in die Komin­tern gelangten, und arbeitete die »21 Bedingungen« aus (vgl. Dok. 6), welche die Kommunisten verpflichteten, nicht nur gegen die rechten Sozialdemokraten, sondern auch gegen die »Zentristen«, d. h. gegen die linken Sozialisten, zu kämpfen. Die strengen »21 Bedingungen« wurden vom II. Weltkongreß der Komintern im Juni 1920 angenommen. Es kam zur Spaltung der USPD, der französischen und italienischen Sozialisten, da nur die jeweils linken Flügel der Parteien Lenins Forderungen annahmen. Die »21 Bedingungen« schrieben vor, in jedem Land dürfe nur eine kommunistische Partei existieren. Daher schlossen sich im Dezem­ber 1920 in Deutschland KPD und linke USPD zusammen; damit wurde die KPD zur Massenpartei. Dank den »21 Bedingungen« entwickelte sich die Komintern zu einer straff zentralistisch geleiteten Organisation. Dieser Zentra­lismus sollte die III. Internationale als »Kommunistische Welt­partei« mit nationalen Sektionen von dem lockeren Bündnis un­abhängiger Parteien in der II. Internationale unterscheiden. Die meisten Linksradikalen hielten eine straff disziplinierte internatio­nale Organisation für notwendig, um die Fehler der II. Inter­nationale zu vermeiden, die gerade wegen der Selbständigkeit ihrer Mitgliederparteien und deren Nationalismus bei Kriegsbe­ginn auseinandergebrochen war. Zum andern glaubten sie auch, daß die »unter den Bedingungen des schärfsten Bürgerkrieges tätige Internationale« einer straffen Zentralgewalt bedürfe; es wurde offen erklärt, daß jede kommunistische Partei eine »fast militärische Disziplin« benötige. Anfangs bewirkte die Zentralisierung der Komintern noch nicht die Unterwerfung aller Sektionen unter den Willen Moskaus. Da eine Reihe stärkerer Parteien in die Komintern eingetreten war, erhöhte sich das Gewicht der nichtrussischen Parteien in der Komintern-Führung. Obwohl das Exekutivkomitee als Führungs­organ der Komintern nach den Beschlüssen des II. Weltkongresses fünf Vertreter der Sowjetunion und nur je einen Vertreter aus zehn weiteren Ländern umfaßte, war die Komintern noch kein Instrument der KP Rußlands. In den ersten Jahren waren die einzelnen kommunistischen Par­teien gleichberechtigt, auf den Weltkongressen wurde die ge­meinsame Linie erarbeitet. Doch unter den Parteien der Komin­tern überragte die russische alle übrigen um ein Vielfaches, sowohl an politischer Erfahrung und geistiger Potenz - man denke nur an Köpfe wie Lenin und Trotzki - als auch an handfester Macht und materiellen Hilfsquellen. Seit etwa 1921 wandelten sich die Beziehungen der nichtrussischen Kominternparteien zu Moskau. Zwar besaß die KPR formell im EKKI auch weiterhin keine Mehrheit, doch war die Komintern auf die technische und finanzielle Hilfe der UdSSR angewiesen. Sowjetrußland galt als Vorbild aller Kommunisten. Deshalb wuchs der ideologische und materielle Einfluß der russischen Kommunisten in der Komintern unaufhaltsam. Selbst die formale Struktur der Komintern ver­änderte sich zugunsten der KPdSU: Die von allen kommunisti­schen Parteien beschickten Weltkongresse wurden seltener (Kon­gresse fanden bis 1922 jährlich, dann 1924, 1928 und 1935 statt!), und die Macht verlagerte sich auf das EKKI in Moskau. Diese Entwicklung vollzog sich auf einem revolutionären Hinter­grund. Bis 1923 versuchte die Komintern, in verschiedenen Ländern (vor allem in Deutschland, Italien und auf dem Balkan) die Weltrevolution voranzutreiben. Zu ihrer Taktik gehörte neben den Auf ständen seit 1921 auch die »Einheitsfront«, mit deren Hilfe die noch immer sozialdemokratisch orientierte Masse der Arbeiter gewonnen werden sollte. Doch führte selbst die Schaffung von sozialdemokratisch-kommunistischen Regierungen (wie in Sachsen und Thüringen) nicht zum Erfolg. Die revolutionäre Nachkriegskrise endete im Herbst 1923, als in Bulgarien und in Hamburg die kommunistischen Aufstände niedergeschlagen wurden. Der erste Anlauf zur Weltrevolution war zunächst einmal mißlungen, nur Rußland war als Bastion der III. Internationale erhalten geblieben. Die Diskussionen in der Komintern kreisten daher seit 1922 immer mehr um russische Probleme, die Situation der UdSSR prägte die III. Internationale und führte zu einschneidenden Änderungen in der Komintern. Die Stalinisierung der Komintern Das entscheidende Kriterium im Wandel der Komintern war vor allem die Stellung Sowjet-Rußlands zur Weltrevolution. In den Jahren von 1917 bis 1919 suchten die Sowjetführer mit ihrer Politik fast ausschließlich die Weltrevolution zu fördern, nicht wenige von ihnen waren sogar bereit, in deren Interesse selbst den Sowjetstaat aufs Spiel zu setzen. Je mehr sich Sowjet-Rußland stabilisierte, um so mehr mußten die bolschewistischen Führer eigene Staatsinteressen berücksichtigen, die seit etwa 1920 in einer zweiten Phase der Beziehungen zwi­schen der UdSSR und der Komintern neben das weltrevolu­tionäre Ziel traten. Damit waren Gegensätze zwischen dem so­wjetrussischen Staatsinteresse und den weltrevolutionären Zielen der Komintern auf die Dauer unvermeidlich. Die oft widersprüch­liche Generallinie sowohl der Komintern als auch der Sowjet­union ist mit auf diesen Gegensatz zurüdezuführen. Als Beispiel sei die Zusammenarbeit von Roter Armee und Reichswehr er­wähnt, in deren Rahmen russische Granaten an die Reichswehr geliefert wurden. Diese Kooperation war für das sowjetische Staatsinteresse von Vorteil; den Kominternideen widersprach sie diametral. Die kommunistischen deutschen Arbeiter mußten be­fürchten, bei einem Aufstand von den Granaten ihrer russischen Genossen zusammengeschossen zu werden. Hinzu kam ein weiterer Grund: Die revolutionäre Aktivität der Komintern war bis 1923 ohne Erfolg geblieben. Dagegen hatte sich der russische Staat besser konsolidiert als ursprünglich er­wartet. Deshalb wurden die Versuche, in den Jahren nach der revolutionären Krise auch die Komintern zu festigen, von der inneren Entwicklung des Sowjetstaates bestimmt. Im gleichen Maße, in dem der Sowjetstaat erstarkte und die revolutionäre Welle in Westeuropa abebbte, entwickelte sich Mitte der zwanziger Jahre eine dritte Phase der Beziehungen zwischen Sowjetstaat und Komintern: Die Sowjetunion Stalins diktierte den Kurs der Komintern, und die kommunistischen Parteien in aller Welt wurden den Interessen - genauer gesagt: den vermeintlichen Interessen - der sowjetrussischen Staatspolitik untergeordnet. Da die Komintern inzwischen eine straff zentralisierte Weltor­ganisation geworden war, mußte sich die russische Entwicklung in den einzelnen Parteien widerspiegeln. Je mehr die revolutionäre Sowjetmacht sich zu einer Apparatdiktatur wandelte, desto mehr wurden auch die verschiedenen kommunistischen Parteien an das russische Staatsinteresse gebunden. In der Komintern wider­spiegelte sich nicht nur die Auseinandersetzung zwischen Stalin, Trotzki, Sinowjew, Bucharin und ihren Fraktionen, sondern auch der Wandel der Sowjetgesellschaft zum Stalinismus. Der Stalinismus als politisches und gesellschaftliches System ent­stand, als sich in den zwanziger Jahren die Funktionärsherrschaft in Rußland immer mehr bürokratisch festigte. Das Ziel der Ok­toberrevolution, eine neue, gerechte soziale Ordnung ohne Klassen und Privilegien aufzubauen, wurde nicht erreicht, wohl nicht zu­letzt, weil Rußland wirtschaftlich und kulturell zurückgeblieben war und die Revolution isoliert blieb. Die Bürokratie (besonders die Führerschicht und der Apparat in Partei, Wirtschaft, Ver­waltung, Armee und Geheimpolizei) errichtete ein diktatorisches Regime, unter dem sich in den folgenden Jahrzehnten die weitere Entwicklung vollzog. Parallel mit dieser Veränderung des Sowjet­staates lief eine immer größer werdende Abhängigkeit der Kom­intern-Sektionen von der Moskauer Führung. Alle diese Fak­toren bedingten sich gegenseitig und beschleunigten einen Prozeß, an dessen Ende die Komintern-Parteien als Hilfstruppen der Stalinschen Sowjetunion fungierten. Die Eigenständigkeit der einzelnen Parteien wurde auf gehoben; unter der offiziellen Losung der »Bolschewisierung« zeigte schon der V. Weltkongreß 1924 die Tendenz zur völligen Abhängig­keit der Komintern-Parteien von der KPdSU. Stalins Theorie vom »Sozialismus in einem Land« und die entsprechend prakti­zierte Politik Moskaus wiesen der Komintern vollends eine neue Rolle zu: Ihre Sektionen waren nicht mehr gleichberechtigte Par­teien, die internationalistisch dachten und handelten, ihre Politik orientierte sich nunmehr an den vermeintlichen Interessen des Sowjetstaates. Damit wurde die Komintern ein Instrument Sta­lins. Allerdings handelte es sich bei dieser Funktionsänderung nicht um einen einmaligen Akt, sondern um eine schrittweise Transformation. Stalin unterwarf die einzelnen kommunistischen Parteien - ebenso wie die KPdSU - ständigen Säuberungen. Die Führungen wurden mehrfach ausgewechselt und zahlreiche »abweichende« Gruppen ausgeschlossen. Schließlich bestimmte eine völlig von Moskau ab­hängige Führung mit Hilfe des Parteiapparats (d. h. der haupt­amtlichen Parteifunktionäre) autokratisch die politische Linie der einzelnen Parteien, die sich streng nach den Anweisungen Stalins richteten. Ursprünglich waren Führungswechsel und Fraktions­kämpfe noch von politischen Meinungsverschiedenheiten bestimmt. Bald aber spiegelten sie nur noch die sowjetischen Fraktions­kämpfe wider und arteten schließlich in die Stalinschen Säuberun­gen aus. Das Schicksal der Kominternführer beleuchtet diese Situation: Sinowjew, der erste Vorsitzende der III. Internationale, wurde bereits 1926 wegen seiner Gegnerschaft zu Stalin abgesetzt. Aber auch sein Nachfolger Bucharin mußte 1929 dem Druck Stalins weichen. Beide wurden sie in den dreißiger Jahren Opfer der Stalinschen »Tschistka«. Ihre Nachfolger Manuilski und Dimitroft führten nur noch Stalins Befehle aus. Zwar gelang es der Komintern, sich in dieser Zeit quantitativ zu vergrößern (1926 umfaßte sie 29 Parteien mit 1,2 Millionen Mitgliedern, 1928 40 Parteien mit 1,6 Millionen Mitgliedern und 1935 61 Parteien mit 3,1 Millionen Mitgliedern), aber die Radi­kalisierung der Arbeiterschaft war mehr auf die sozialen und politischen Mißstände in den einzelnen Ländern zurückzuführen als auf die bewußte Tätigkeit der Komintern selbst. Der Niedergang der Komintern Die Weltwirtschaftskrise 1929 bis 1933 brachte zahlreichen kom­munistischen Parteien einen großen Aufschwung. Die Komintern- Führung - deren Politik inzwischen Stalin diktierte - war über­zeugt, zumindest in Ländern wie Deutschland zeichne sich eine kommunistische Revolution ab. Doch die Abhängigkeit von Moskau und der starre Zentralismus lähmten viele kommunistische Parteien. Sie versagten in einer für sie günstigen Situation, denn sie waren weit entfernt davon, revolutionäre Politik leisten zu können. Hinzu kam, daß die Komintern infolge der seit 1928 eingeschla­genen ultralinken Politik die Gefahr des erstarkenden Faschismus unterschätzte. Selbst als Hitlers Machtanstieg in Deutschland im­mer bedrohlicher wurde, als er 1930 und vor allem 1932 immer neue Millionen von Anhängern fand, hielt die Komintern an ihren (einst von Stalin »theoretisch« fixierten - vgl. Dok. 21) Vorstellungen fest, nach denen zwischen Faschismus oder Na­tionalsozialismus einerseits und der Sozialdemokratie anderer­seits keine nennenswerten Unterschiede bestünden. Die Sozial­demokratie (als »Sozialfaschismus« diffamiert) galt weiterhin als »Hauptstütze« der Bourgeoisie (Dok. 31) und somit als Haupt­feind der KPD. Auch wurde jeder wesentliche Unterschied zwi­schen bürgerlicher Demokratie und Faschismus geleugnet. Als Hitler 1933 in Deutschland die Macht übernahm (die verfehlte Kominternpolitik trug daran ihr gerütteltes Maß Schuld), be­haupteten die Stalinisten, die deutsche Arbeiterbewegung habe keine Niederlage erlitten (Dok. 35). Doch nur zu rasch wurde klar, in welche Katastrophe die KPD (die neben der russischen wichtigste Sektion der Komintern) gestürzt war. Die Vernichtung der KPD durch Hitler machte darüber hinaus deutlich, daß die Konzeption der Komintern grundsätzliche Irrtümer und Fehl­einschätzungen enthielt. Es war ja nicht nur die falsche Taktik des »Hauptstoßes« gegen die Sozialdemokratie, die zum Unter­gang beigetragen hatte. Als irrig erwiesen hatte sich auch der dogmatisch vertretene Glaube, der Weg der russischen Oktober­revolution müsse der Weg aller kommunistischen Parteien sein; vorher genau geplanter Aufstand, Bürgerkrieg und Rätediktatur seien die einzig möglichen Formen kommunistischer Machteroberung. Nach diesem Schema aber hatten seit Jahren alle kommunistischen Parteien gearbeitet. Neben der legalen Partei besaßen sie eine illegale Organisation, entsprechend den »21 Bedingungen« von 1920. Darüber hinaus aber hatten viele Sektionen - unter ihnen die KPD - auch einen illegalen Militärapparat. Dieser war aber vor 1933 - genau wie die Partei selbst - längst im Schematismus erstarrt; auch die bis 1929 legale KPD-Schutztruppe, der »Rote Frontkämpferbund«, war eher ein Bürgerschreck als eine Bürger­kriegsarmee. Da bei allen Aufstandsüberlegungen des Militär­apparates immer nur die völlig anders gelagerte Strategie und Taktik der bolschewistischen Oktoberrevolution verbindlich war, blieben die Sandkastenspiele ohne wirkliche Bedeutung. Die »Mi­litär-Arbeit« der Komintern war ein Fehlschlag; sie zeitigte nur zwei Ergebnisse: Erstens verstärkte sie den Zentralismus und brachte eine »Militarisierung« der Komintern, die den »General­stab der Weltrevolution« spielte; zweitens diente sie als Popanz, mit dem die Gegner der Komintern den drohenden kommunisti­schen Umsturz »beweisen« konnten. Wo die militärischen Aktionen einer kommunistischen Partei tatsächlich Erfolge hatten, wie etwa in China, war das keineswegs das Verdienst der Komintern. Im Gegenteil, die chinesischen Kommunisten erlitten blutige Niederlagen, solange sie die Wei­sungen der Komintern erfüllten (vgl. Dok. 24); sie siegten erst, als sie unabhängige Wege beschritten. Auch die Massenorganisationen der Komintern erreichten ihre gesteckten Ziele nicht. Die Rote Gewerkschafts-Internationale erfaßte nur geringe Teile der Arbeiterschaft; die Kommunistische Jugend-Internationale war eine Vereinigung kleiner Sekten, und der Bauerninternationale blieb - wie auch der Frauen- und Genossenschaftsorganisation usw. - größerer Erfolg versagt. Je starrer die Anleitung durch Moskau erfolgte, je mehr die ein­zelnen Sektionen »russische Politik« zu machen hatten, desto deutlicher manifestierte sich der Niedergang der Komintern, ob­wohl der Weltkommunismus noch Fortschritte erzielte. In vielen Ländern trieben unhaltbare soziale Zustände breite Schichten und vor allem auch große Teile der qualifizierten Arbeiterschaft ins Lager des Kommunismus. Doch diese Erfolge entsprangen zumeist nicht der »weisen Politik« der Komintern; schon gar nicht waren sie das Ergebnis der Arbeit von Komintern-Instrukteuren, viel­mehr konnten die Kommunisten - und auch die Komintern- Emissäre - nur wirksam werden, weil die unzufriedenen Massen auf einen Ausweg warteten. So konnte die Komintern auch 1935, als sie den ultralinken Kurs beendete und zur Einheitsfront im Kampf gegen den Faschismus aufrief, nochmals Einfluß gewinnen. Der Spanische Bürgerkrieg und der Widerstandskampf gegen den Faschismus waren für die Komintern eine Chance, aus der Sackgasse herauszukommen. Viele Sozialisten, durch Hitlers Sieg auf geschreckt, waren zu gemein­samen Aktionen bereit. Doch die Wendung des VII. Weltkon­gresses sollte bald von den blutigen Säuberungen im Rußland Stalins überschattet werden. 1937 erfaßte die »Tschistka« auch den Kominternapparat, der fast völlig dezimiert und dessen wichtigste Führungskräfte liquidiert wurden. 1939 versetzte der Stalin-Hitler-Pakt der Komintern schließlich den Todesstoß. Maßgeblich war für die Komintern jetzt nur noch die sowjetische Außenpolitik. Der 2. Weltkrieg wurde zunächst als imperialisti­scher Krieg bewertet und abgelehnt, wobei England weit schärfer verurteilt wurde als das Deutschland Hitlers, das einen Freund­schaftsvertrag mit Stalin abgeschlossen hatte (Dok. 47). Als sich Hitlers Aggression 1941 auch gegen die Sowjetunion richtete, erklärte Moskau, der Krieg habe einen neuen Charakter ange­nommen, und es gelte, die UdSSR mit allen Kräften zu verteidigen. Indessen hatte die Komintern ihre Rolle ausgespielt. Am 15. Mai 1943 beendete der Auflösungsbeschluß (Dok. 50) das Schatten­dasein, das die Komintern zum Schluß noch geführt hatte. Nun­mehr wurde der internationale Kommunismus vom ZK der KPdSU direkt angeleitet. Und manche kommunistische Partei in Asien und Europa versuchte die Lockerung auszunutzen, um eigene Wege zu gehen. Als im Gefolge des 2. Weltkrieges neue, kommunistisch beherrschte Staaten entstanden, sollte die Abhängigkeit der dortigen kom­munistischen Parteien auch eine Abhängigkeit dieser Staaten von Moskau mit einschließen. Doch das »Informationsbüro der kom­munistischen und Arbeiterparteien«, das sogenannte Kominform, war keine zweite Komintern. Nur die kommunistischen Staats­parteien und die großen Parteien Italiens und Frankreichs gehörten ihm an. Hauptaufgabe dieser Organisation war es ohnehin bald, die Häresie der jugoslawischen Kommunisten zu bekämpfen. Nach der Versöhnung zwischen Moskau und Belgrad wurde das Komin- form aufgelöst. Seither zeichnet sich die Spaltung des Weltkom­munismus im Streit zwischen der Sowjetunion und der Volks­republik China ab. Gerade dieser Konflikt beweist, daß die Wiederherstellung einer Kommunistischen Internationale in der alten Form unmöglich geworden ist, sie gehört endgültig der Geschichte an. Die sowjetischen Kommunisten ringen heute mit ganz anders gearteten Problemen; Resolutionen und Thesen der Komintern haben für sie nur noch Fetischcharakter. Auch wenn der »chinesi­sche« Flügel des Weltkommunismus in seiner ideologischen Grund­haltung weit mehr auf die Komintern-Thesen zurückgreift (man vergleiche die Stellung zur Kolonialfrage oder zum Parlamen­tarismus, Dok. 9 und 10), so ist doch auch für diese radikale Richtung die Konzeption der Komintern mehr historische Tradition als aktuelle Politik. Schließlich spiegeln viele Dokumente der III. Internationale nur Wunschdenken wider, andere stellten lediglich Deklamationen dar, und auch die Kominternführung war keineswegs ein »Generalstab der Weltrevolution«, der für die heutigen Kommunisten Vorbild sein könnte. Dennoch berufen sich auch heute - zumindest ideologisch - Moskau und Peking gleichermaßen dogmatisch auf die Grundideen des Kommunismus und damit auch auf die Komintern. Doch nicht nur deswegen haben die Dokumente der Kommunistischen Interna­tionale mehr als bloß historische Bedeutung. Sie lassen die auch für den gegenwärtigen Kommunismus aktuelle Problematik deutlich erkennen: Welche Ziele verfolgt der Kommunismus eigentlich und mit welcher Taktik sind sie zu verwirklichen? Daß sich die Ant­wort auf diese Frage so oft änderte, macht die Wandlungen des Kommunismus selbst sichtbar. Dokumente ] Lenin: Eröffnungsrede auf dem Gründungskongreß (1919) Der Gründungskongreß der Kommunistischen Internationale tagte vom 2. bis 6. März 1919 in Moskau. 51 Vertreter (34 Delegierte und 17 Gäste) aus 29 Ländern versammelten sich am 2. März um 18.10 Uhr im Moskauer Kreml. Lenin, der Inspi­rator der Kommunistischen Internationale, hielt die Eröff­nungsansprache. Im Auftrage des Zentralkomitees der Kommunistischen Partei Rußlands eröffne ich den ersten internationalen kommunistischen Kongreß. Vor allem bitte ich alle Anwesenden, sich zum Andenken der besten Vertreter der III. Internationale, Karl Liebknechts und Rosa Luxemburgs, von den Sitzen zu erheben. Genossen! Unsere Zusammenkunft ist von weittragender welt­geschichtlicher Bedeutung. Sie beweist, daß alle Illusionen der bürgerlichen Demokratie zusammengebrochen sind. Denn nicht nur in Rußland, sondern auch in den entwickeltsten kapitalistischen Ländern Europas, wie in Deutschland, ist der Bürgerkrieg zur Tatsache geworden. Die Bourgeoisie hat heillose Angst vor der wachsenden revolu­tionären Bewegung des Proletariats. Dies wird verständlich, wenn wir bedenken, daß die Entwicklung nach dem imperialistischen Krieg unausbleiblich die revolutionäre Bewegung des Proletariats fördert, daß die internationale Weltrevolution beginnt und in allen Ländern erstarkt. Das Volk ist sich der Größe und Tragweite des sich gegenwärtig abspielenden Kampfes bewußt. Nur muß eine praktische Form gefunden werden, die dem Proletariat die Möglichkeit gibt, seine Herrschaft zu verwirklichen. Diese Form ist das Rätesystem mit der Diktatur des Proletariats. Diktatur des Proletariats! Das war bisher Latein für die Massen. Dank der Ausbreitung des Rätesy­stems in der ganzen Welt ist dieses Latein in alle modernen Sprachen übersetzt worden; die praktische Form der Diktatur ist von den Arbeitermassen gefunden. Sie ist den großen Arbeiter­massen verständlich geworden durch die Rätemacht in Rußland, durch die Spartakisten in Deutschland und ähnliche Organisationen in anderen Ländern, zum Beispiel die Shop Stewards Committees [Komitees der Betriebsobleute] in England. Alles das beweist, daß die revolutionäre Form der proletarischen Diktatur gefunden, daß das Proletariat jetzt imstande ist, seine Herrschaft praktisch aus­zuüben. Genossen! Ich glaube, nach den Ereignissen in Rußland, nach den Januarkämpfen in Deutschland ist es besonders wichtig zu be­merken, daß auch in den anderen Ländern die neueste Form der Bewegung des Proletariats sich durchsetzt und zur Herrschaft gelangt. Heute las ich zum Beispiel in einer antisozialistischen Zeitung die telegrafische Mitteilung, daß die englische Regierung den Rat der Arbeiterdeputierten in Birmingham empfangen und ihre Bereitwilligkeit erklärt hat, die Räte als wirtschaftliche Orga­nisationen anzuerkennen. Das Rätesystem hat nicht nur im zurück­gebliebenen Rußland, sondern auch in dem entwickeltsten Lande Europas, in Deutschland, und in dem ältesten Lande des Kapita­lismus, in England, gesiegt. Mag die Bourgeoisie noch so wüten, mag sie noch Tausende von Arbeitern niedermetzeln, der Sieg ist unser, der Sieg der kommu­nistischen Weltrevolution ist gesichert. Genossen! Ich begrüße Sie herzlich im Namen des Zentralkomitees der Kommunistischen Partei Rußlands und beantrage, die Wahl des Präsidiums vorzunehmen. Ich bitte um Vorschläge. Gründungsbeschluß der Komintern (1919) Am 3. Sitzungstag des I. Kongresses der Komintern bean­tragten die Delegierten Rakowski, Gruber (d. i. Steinhardt), Grimlund und Rudnyanski die »sofortige Gründung« der Kommunistischen Internationale. Der deutsche Delegierte Hugo Eberlein (Pseud.: Albert) riet nochmals von der Gründung ab. Bei Stimmenthaltung Eberleins (der für Deutschland über 5 Stimmen verfügte) beschloß der Kongreß die Gründung der Komintern. Nunmehr erklärte Eberlein: »Ich habe im Auf­trage meiner Partei wie auch nach meiner persönlichen Über­zeugung mir die größte Mühe gegeben, die Gründung der III. Internationale hinauszuschieben. Ihre Gründung ist jetzt trotzdem zur Tatsache geworden. Ich kann nicht verhehlen, daß ernste Bedenken und schwere Sorgen mich befallen, wenn ich denke, daß sie noch nicht die Kraft und Stärke in sich trägt, die wir ihr wünschen. Ich erkläre Ihnen aber, daß ich nach Deutschland zurückkehre und mit aller Kraft meine Genossen zu bewegen versuche, so schnell als möglich die Erklärung abzugeben, daß auch sie Mitglieder der III. Internationale seien.« (Protokoll, S. 146). In einer offiziellen Verlautbarung über die Gründung der Komintern und die Schaffung eines EKKI hieß es: Die Delegierten Rußlands, des Balkans, der Schweiz, Österreichs und Schwedens beantragten, die Gründung der III. Internationale sofort vorzunehmen. Der Vertreter Deutschlands wendet sich dagegen und verlangt, daß die hier angenommenen Richtlinien erst den Arbeitern der einzelnen Länder zu unterbreiten seien; erst wenn diese sich zu den hier aufgestellten Richtlinien bekennen, könne die offizielle Gründung der III. Internationale erfolgen. Nachdem alle Vertreter sich für die sofortige Gründung ausge­sprochen hatten, erfolgte diese unter stürmischem Beifall der ganzen Versammlung. Der deutsche Vertreter gab die Erklärung ab, daß auch die deut­schen Kommunisten zweifellos nach seiner Rückkehr ihren Beitritt zur III. Internationale erklären würden. Allgemein waren die Delegierten der Auffassung, daß der Sitz der Exekutive und des Büros nach Berlin gehöre. Da aber dies erst nach Errichtung einer deutschen Räterepublik möglich sei, so soll vorläufig Moskau als Zentrale gelten. Folgender Beschluß wurde einstimmig gefaßt: Beschluß des Kongresses der Kommunistischen Internationale in Moskau in der Organisationsfrage Um ohne Aufschub die Tätigkeit aufnehmen zu können, wählt der Kongreß sofort die notwendigen Organe, in der Ansicht, daß die endgültige Verfassung der Kommunistischen Internationale auf Vorschlag des Büros vom nächsten Kongreß gegeben werden soll. Die Leitung der Kommunistischen Internationale wird einem Exekutivkomitee übertragen. Dieses setzt sich zusammen aus je einem Vertreter der kommunistischen Parteien der bedeutendsten Länder. In das erste Exekutivkomitee sollen die Parteien: Rußlands Deutschlands Deutsch-Österreichs Ungarns der Balkanföderation der Schweiz Skandinaviens sofort ihre Vertreter entsenden. Parteien von Ländern, die vor dem Zweiten Kongreß der Kom­munistischen Internationale ihren Beitritt erklären, erhalten einen Sitz im Exekutivkomitee. Bis zur Ankunft der Vertreter aus dem Ausland übernehmen die Genossen des Landes, in dem das Exekutivkomitee seinen Sitz hat, die Last der Arbeit. Das Exekutivkomitee wählt ein Büro von 5 Personen. Manifest der Kommunistischen Internationale (1919) Am letzten Sitzungstag des Gründungskongresses der Kom­intern beschäftigten sich die Delegierten mit dem »Manifest der Kommunistischen Internationale an das Proletariat der ganzen Welt«. Verfasser war Trotzki, der es den Delegierten auch verlas. Bei der Abstimmung erklärte der Vorsitzende der Resolutionskommission, Platten: »Es folgt das Manifest des Genossen Trotzki. Sie haben dasselbe angehört. Es ist in einer langen Nachtsitzung des genauesten geprüft worden, und es ist selbstverständlich, daß es Aufgabe des Büros ist, sofort an die weitestgehende Verbreitung des Manifests heranzutreten. Wir beantragen Zustimmung.« (Protokoll, S. 199/200). Lenin konnte die allgemeine Zustimmung für das Manifest konstatieren. Das Manifest zeigt, daß die Komintern die - radikal ausge­legte - marxistische Theorie orthodox vertrat. Bemerkenswert ist dabei noch heute die kompromißlose Absage an die »Sozial­patrioten«, also die Sozialdemokraten, die Stellung zur Ver­elendungstheorie und zur Kriegsschuldfrage. Das Manifest gibt auch einen Überblick über die Haltung der Komintern zu Pro­blemen des Staatskapitalismus, der Nationalitätenfrage, der Kolonialfrage, der proletarisdien Revolution und zum Räte- bzw. Bauernproblem. Seiner Bedeutung wegen ist es ungekürzt wiedergegeben. Die Zusätze in eckigen Klammern fehlen ver­sehentlich im Protokoll des I. Kongresses. 72 Jahre sind verflossen, seit die Kommunistische Partei der Welt ihr Programm in Form eines Manifestes, von den größten Lehr­meistern der proletarischen Revolution, Karl Marx und Friedrich Engels geschrieben, verkündet hat. Schon zu jener Zeit war der Kommunismus, der erst kaum in die Arena des Kampfes getreten war, von Hetze, Lüge, Haß und Verfolgung der besitzenden Klassen, welche mit Recht in ihm ihren Todfeind ahnten, um­zingelt. Im Lauf dieser sieben Jahrzehnte ging die Entwicklung des Kommunismus schwere Wege: Stürme des Aufstiegs, aber audi Perioden des Niedergangs; Erfolge, aber auch harte Niederlagen. Im Grunde ging die Entwicklung doch den Weg, der ihr im Mani­fest der Kommunistischen Partei vorgezeigt war. Die Epoche des letzten entscheidenden Gefechts ist später eingetreten, als die Apostel der sozialen Revolution es erwartet und gewünscht haben. Aber sie ist eingetreten. Wir Kommunisten, die Vertreter des revolutionären Proletariats verschiedener Länder Europas, Ame­rikas und Asiens, die wir uns in Sowjet-Moskau versammelt haben, fühlen und betrachten uns als Nachfolger und Vollbringer der Sache, deren Programm vor 72 Jahren verkündet wurde. Unsere Aufgabe besteht darin, die revolutionäre Erfahrung der Arbeiter­klasse zusammenzufassen, die Bewegung von den zersetzenden Beimischungen des Opportunismus und Sozialpatriotismus zu reinigen, die Kräfte aller wirklich revolutionären Parteien des Weltproletariats zu sammeln und dadurch den Sieg der kommuni­stischen Revolution zu erleichtern und zu beschleunigen. Jetzt, da Europa mit Trümmern und rauchenden Ruinen bedeckt ist, sind die verruchtesten Brandstifter damit beschäftigt, die Schuldigen am Kriege zu suchen. Hinter ihnen stehen ihre Profes­soren, Parlamentarier, Journalisten, Sozialpatrioten und andere politische Zuhälter der Bourgeoisie. Im Laufe einer langen Reihe von Jahren hat der Sozialismus die Unvermeidlichkeit des imperialistischen Krieges vorhergesagt, hat die Ursache dieses Krieges in der unersättlichen Habsucht der besitzenden Klassen beider Hauptlager und aller kapitalistischen Länder überhaupt erblickt. Zwei Jahre vor Kriegsausbruch haben die verantwortlichen sozialistischen Führer aller Länder auf dem Baseler Kongreß den Imperialismus als Urheber des zukünftigen Krieges gebrandmarkt und haben der Bourgeoisie gedroht, sie durch die sozialistische Revolution - als Vergeltung des Prole­tariats für die Verbrechen des Militarismus - heimzusuchen. Jetzt, nach der Erfahrung der fünf Jahre, nachdem die Geschichte die räuberischen Gelüste Deutschlands aufgedeckt, die nicht weniger verbrecherischen Taten der Ententestaaten enthüllt hat, fahren die Staatssozialisten der Ententeländer fort, zusammen mit ihren Regierungen den gestürzten deutschen Kaiser immer und immer wieder zu entlarven. Noch mehr, die deutschen Sozialpatrioten, welche im August 1914 das diplomatische Weißbuch des Hohen- zoilern als heiligstes Evangelium der Völker erklärt haben, klagen jetzt in gemeiner Liebedienerei zusammen mit den Sozialisten der Ententeländer die gestürzte deutsche Monarchie, welcher sie früher wie Sklaven gedient haben, als Hauptschuldige an. Auf diese Weise hoffen sie ihre eigene Schuld vergessen zu machen und das Wohlwollen der Sieger zu verdienen. Aber neben den gestürzten Dynastien der Romanow, Hohenzollern und Habsburger und den kapitalistischen Cliquen dieser Länder erscheinen die Regierenden Frankreichs, Englands, Italiens und der Vereinigten Staaten im Lichte der sich abrollenden Ereignisse und der diplomatischen Enthüllungen in ihrer unermeßlichen Niedertracht. Die englische Diplomatie hat bis zum Augenblick der Entfachung des Krieges mit geheimnisvoll heruntergelassenem Visier dage­standen. Die Regierung der City hütete sich, ihre Absicht, auf Seite der Entente am Kriege teilzunehmen, unzweideutig kund­zugeben, um die Berliner Regierung nicht vom Kriege abzu­schrecken. In London wollte man den Krieg. Daher hat man sich dort so verhalten, daß Berlin und Wien zur selben Zeit auf die Neutralität Englands hofften, in der man in Paris und Petrograd fest auf Englands Eingreifen baute. Der von dem Gang der jahrzehntelangen Entwicklung vorbereitete Krieg war durch die direkte und bewußte Provokation Groß­britanniens entfesselt. Die Regierung Englands kalkulierte, Ruß­land und Frankreich nur so weit Unterstützung zu gewähren, um, indem sie sie entkräftet, auch Deutschland, den Todfeind, lahmzu­legen. Aber die Macht der deutschen Militärmaschine erwies sich als zu stark und verlangte nicht nur ein zum Schein unternom­menes, sondern ein wirkliches Eingreifen Englands in den Krieg. Die Rolle des lachenden Dritten, auf welche nach alter Tradition Großbritannien Anspruch hatte, ist den Vereinigten Staaten zugefallen. Mit der englischen Blockade, welche die Spekulationen der amerikanischen Börse mit dem Blute Europas vermengte, hat sich die Regierung in Washington desto leichter abgefunden, als die Länder der Entente die amerikanische Bourgeoisie für die Verletzung des »internationalen Rechts« mit fetten Profiten ent­schädigten. Aber das ungeheure militärische Übergewicht Deutsch­lands hat die Regierung in Washington dazu bewegt, aus dem Zustand der scheinbaren Neutralität herauszutreten. Die Ver­einigten Staaten übernahmen Europa gegenüber jene Rolle, welche England dem Kontinent gegenüber in früheren Kriegen gespielt und im letzten zu spielen versucht hat. Nämlich, das eine Lager mit Hilfe des anderen zu schwächen, sich in die militärischen Operationen nur so weit einzumischen, als es unvermeidlich war, um für sich alle Vorteile der Lage zu sichern. Der Einsatz Wilsons war den Methoden der amerikanischen Lotterie gemäß nicht groß, aber er war der letzte, und damit war der Gewinn sein. Die Widersprüche der kapitalistischen Ordnung sind durch den Krieg für die Menschheit zu tierischen Qualen des Hungers und der Kälte, zu Epidemien moralischer Verwilderung geworden. Dadurch ist auch der akademische Streit im Sozialismus über die Verelendungstheorie und über das Aushöhlen des Kapitalismus durch den Sozialismus endgültig entschieden. Statistiker und Pedanten der Theorie der Ausgleichung der Widersprüche haben sich im Laufe von Jahrzehnten bemüht, aus allen Weitenden wirkliche und scheinbare Tatsachen heranzuzerren, welche von der Vergrößerung des Wohlstandes verschiedener Gruppen und Kate­gorien der Arbeiterklasse zeugten. Man nahm an, die Verelen­dungstheorie sei unter dem verächtlichen Gepfiff der Eunuchen der bürgerlichen Katheder und der Bonzen des sozialistischen Opportunismus zu Grabe getragen. Heute steht die Verelendung vor uns, nicht nur die soziale, sondern die physiologische, die biologische in ihrer ganzen erschütternden Wirklichkeit. Die Katastrophe des imperialistischen Krieges hat alle Eroberungen des gewerkschaftlichen und parlamentarischen Kampfes glatt hin­weggefegt. Und dieser Krieg ist in demselben Maße aus den inneren Tendenzen des Kapitalismus herausgewachsen wie auch jene wirtschaftlichen Abmachungen und parlamentarischen Kom­promisse, welche er in Blut und Schmutz begraben hat. Das Finanzkapital, das die Menschheit in den Abgrund des Krieges geworfen, hat selbst im Laufe des Krieges katastrophale Ver­änderungen erlitten. Die Abhängigkeit des Papiergeldes von der materiellen Grundlage der Produktion ward vollends gestört. Immer mehr seine Bedeutung als Mittel und Regulator des kapi­talistischen Warenumlaufes verlierend, verwandelte sich das Papiergeld in ein Mittel der Requisition, des Raubes, überhaupt der militärisch-wirtschaftlichen Vergewaltigung. Die völlige Aus­artung des Geldpapiers spiegelt die allgemeine tödliche Krise des kapitalistischen Warenaustausches wider. Wenn der freie Wett­bewerb als Regulator der Produktion und der Verteilung in den Hauptgebieten der Wirtschaft von dem System der Trusts und Monopole noch in den dem Kriege vorangegangenen Jahrzehnten verdrängt wurde, so wurde durch den Gang des Krieges die regelnde Rolle den Händen der ökonomischen Vereinigungen ent­rissen und direkt der militärischen Staatsmacht ausgeliefert. Die Verteilung der Rohstoffe, die Ausnutzung des Petroleums von Baku oder Rumänien, der Donezkohle, des ukrainischen Getreides, das Schicksal der deutschen Lokomotiven, Eisenbahnwagen, Auto­mobile, die Versorgung des hungernden Europas mit Brot und Fleisch - all diese Grundfragen des wirtschaftlichen Lebens der Welt werden nicht durch den freien Wettbewerb, nicht durch Kombinationen nationaler und internationaler Trusts geregelt, sondern durch direkte Anwendung von militärischer Gewalt im Interesse ihrer weiteren Erhaltung. Hat die völlige Unterordnung der Staatsmacht unter die Gewalt des Finanzkapitals die Mensch­heit zur imperialistischen Schlachtbank geführt, so hat das Finanz­kapital durch diese Massenabschlachtung nicht nur den Staat, sondern auch sich selbst vollends militarisiert und ist nicht mehr fähig, seine wesentlichen ökonomischen Funktionen anders als mittels Blut und Eisen zu erfüllen. Die Opportunisten, die vor dem Weltkriege die Arbeiter zur Mäßigkeit im Namen des allmählichen Überganges zum Sozialis­mus aufforderten, die während des Krieges Klassendemut im Namen des Burgfriedens und der Vaterlands Verteidigung ver­langten, fordern wiederum vom Proletariat Selbstverleugnung zur Überwindung der entsetzlichen Folgen des Krieges. Fände diese Predigt bei den Arbeitermassen Gehör, so würde die kapitali­stische Entwicklung auf den Knochen mehrerer Generationen in neuer, noch konzentrierterer und ungeheuerlicherer Form ihre Wiederaufrichtung feiern mit der Aussicht eines neuen, unausbleib­lichen Weltkrieges. Zum Glück für die Menschheit ist dies nicht mehr möglich. Die Verstaatlichung des wirtschaftlichen Lebens, gegen welche der kapitalistische Liberalismus sich so sträubte, ist zur Tatsache geworden. Nicht nur zum freien Wettbewerb, sondern auch zur Herrschaft der Trusts, Syndikate und anderer wirtschaftlicher Ungetüme gibt es keine Rückkehr. Die Frage besteht einzig darin, wer künftig der Träger der verstaatlichten Produktion sein wird: der imperialistische Staat oder der Staat des siegreichen Proleta­riats? Mit anderen Worten: Soll die gesamte arbeitende Menschheit zum leibeigenen Frondiener einer siegesgekrönten Weltclique werden, die unter dem Namen des Völkerbundes mit Hilfe eines »inter­nationalen« Heeres und einer »internationalen« Flotte hier plün­dert und würgt, dort einen Brocken zuwirft, überall jedoch das Proletariat in Fesseln schlägt mit dem einzigen Ziel, die eigene Herrschaft zu erhalten, oder wird die Arbeiterklasse Europas und der fortgeschrittenen Länder der anderen Weltteile selbst die zerrüttete und zerstörte Volkswirtschaft in die Hand nehmen, um deren Wiederaufbau auf sozialistischer Grundlage sicherzustellen? Die Epoche der gegenwärtigen Krise abzukürzen ist nur durch die Mittel der proletarisdien Diktatur möglich, die nicht in die Ver­gangenheit Rückschau hält, weder erbliche Privilegien noch die Eigentumsrechte berücksichtigt, sondern von der Notwendigkeit der Rettung der hungernden Massen ausgeht, zu diesem Zweck alle Mittel und Kräfte mobil macht, die allgemeine Arbeitspflicht einführt, das Regime der Arbeitsdisziplin einsetzt, um auf diesem Wege im Laufe von einigen Jahren nicht allein die klaffenden Wunden zu heilen, die der Krieg geschlagen hat, sondern auch die Mensdiheit auf eine neue, ungeahnte Höhe zu erheben. Der nationale Staat, der der kapitalistischen Entwicklung einen mächtigen Impuls gegeben hat, ist für die Fortentwicklung der Produktivkräfte zu eng geworden. Um so unhaltbarer wurde die Lage der unter den Großmächten Europas und anderer Weltteile verstreuten kleinen Staaten. Diese Kleinstaaten, die zu verschie­denen Zeiten als Bruchstücke von großen Staaten, als Scheidemünze zur Bezahlung verschiedener Dienstleistungen, als strategische Puffer entstanden sind, haben ihre Dynastien, ihre herrschenden Banden, ihre imperialistischen Ansprüche, ihre diplomatischen Machenschaften. Ihre illusorische Unabhängigkeit hatte bis zum Kriege dieselbe Stütze wie das europäische Gleichgewicht: den ununterbrochenen Gegensatz zwischen den beiden imperialisti­schen Lagern. Der Krieg hat dieses Gleichgewicht gestört. Indem der Krieg anfänglich Deutschland ein gewaltiges Übergewicht verlieh, zwang er die Kleinstaaten, Heil und Rettung in der Großmut des deutschen Militarismus zu suchen. Nachdem Deutsch­land geschlagen wurde, wandte sich die Bourgeoisie der Klein­staaten gemeinsam mit ihren patriotischen »Sozialisten« dem siegreichen Imperialismus der Verbündeten zu und begann in den heuchlerischen Punkten des Wilsonschen Programms Sicherungen für ihr weiteres selbständiges Fortbestehen zu suchen. Gleichzeitig ist die Zahl der Kleinstaaten gestiegen: Aus dem Bestand der österreichisch-ungarischen Monarchie, aus den Teilen des Zaren­reiches sonderten sich neue Staatswesen ab, die, kaum in die Welt gesetzt, sich gegenseitig wegen der staatlichen Grenzen an die Kehle springen. Unterdessen bereiten die alliierten Imperialisten solche Kombinationen von neuen und alten Kleinstaaten vor, um sie durch die Haftpflicht des gegenseitigen Hasses und allgemeiner Ohnmacht zu binden. Die kleinen und schwachen Völker unterdrückend und verge­waltigend, sie dem Hunger und der Erniedrigung preisgebend, hören die Ententeimperialisten nicht auf, genau wie dies unlängst noch die Imperialisten der Zentralmächte taten, vom Selbstbe­stimmungsrecht der Völker zu sprechen, welches nunmehr in Europa wie in den übrigen Weltteilen vollständig zertreten daliegt. Den kleinen Völkern eine freie Existenzmöglichkeit zu sichern vermag nur die proletarische Revolution, welche die produktiven Kräfte aller Länder aus der Enge der Nationalstaaten befreit, die Völker im engsten wirtschaftlichen Zusammenarbeiten auf der Grundlage eines allgemeinen Wirtschaftsplanes vereinigt und auch dem kleinsten und schwächsten Volke die Möglichkeit gibt, frei und unabhängig die Angelegenheiten seiner nationalen Kultur zu führen, ohne Schaden für die vereinigte und zentralisierte Wirt­schaft Europas und der ganzen Welt. Der letzte Krieg, der nicht zuletzt ein Krieg um Kolonien gewesen, war gleichzeitig ein Krieg mit Hilfe der Kolonien. In nie dage­wesenem Umfang wurde die Bevölkerung der Kolonien in den europäischen Krieg hineingezogen. Inder, Neger, Araber, Mada­gassen kämpften auf dem europäischen Festlande. Wofür? Für ihr Recht, auch weiterhin Knechte Englands und Frankreichs zu bleiben. Niemals zeigte sich die kapitalistische Herrschaft scham­loser, nie wurde das Problem der kolonialen Sklaverei in solcher Schärfe aufgerollt wie jetzt. Daher eine Reihe offener Aufstände und revolutionärer Gärung in allen Kolonien. In Europa selbst erinnerte Irland in blutigen Straßenkämpfen daran, daß es noch immer ein geknechtetes Land ist und sich als solches fühlt. Auf Madagaskar, in Annam und in anderen Ländern haben die Truppen der bürgerlichen Republik während des Krieges mehr als einen Aufstand der Kolonialsklaven zu unterdrücken gehabt. In Indien ist die revolutionäre Bewegung auch nicht einen Tag zum Stillstand gekommen, und in der letzten Zeit kam es zu dem größten Arbeiterstreik in Asien, auf welchen die Regierung Großbritanniens mit der Arbeit der Panzerauto­mobile in Bombay antwortete. Auf solche Weise wurde die Kolonialfrage in ihrem ganzen Um­fang nicht nur an dem grünen Tische des Diplomatenkongresses in Paris, sondern auch in den Kolonien selbst auf die Tagesordnung gestellt. Das Programm Wilsons bezweckt im besten Falle nur eine Änderung des Firmenschildes der Kolonialsklaverei. Die Befreiung der Kolonien ist nur zusammen mit der Befreiung [der Arbeiter­klasse] der Metropolen möglich. Die Arbeiter und Bauern nicht nur von Annam, Algier, Bengalen, sondern auch von Persien und Armenien erhalten die Möglichkeit einer selbständigen Existenz erst dann, wenn die Arbeiter Englands und Frankreichs Lloyd George und Clemenceau gestürzt und die Staatsmacht in ihre Hände genommen haben. In den mehr entwickelten Kolonien geht der Kampf schon jetzt nicht bloß unter dem Banner der nationalen Befreiung vor sich, sondern nimmt gleich einen offen ausgesprochenen sozialen Charakter an. Wenn das kapitalistische Europa die rückständigen Weltteile zwangsweise in den kapitalistischen Strudel hineinge­zogen hat, so wird das sozialistische Europa den befreiten Kolonien zu Hilfe kommen mit seiner Technik, seiner Organisation, seinem geistigen Einfluß, um deren Übergang zur planmäßig organisierten sozialistischen Wirtschaft zu erleichtern. Kolonialsklaven Afrikas und Asiens! Die Stunde der proleta­rischen Diktatur in Europa wird auch die Stunde eurer Befreiung sein! Die gesamte bürgerliche Welt klagt die Kommunisten der Ver­nichtung der Freiheiten und der politischen Demokratie an. Zu- Unrecht! Zur Herrschaft gelangt, stellt das Proletariat nur die volle Unmöglichkeit fest, die Methoden der bürgerlichen Demo­kratie anzuwenden, und schafft Bedingungen und Formen einer neuen, höheren Arbeiterdemokratie. Der ganze Gang der kapita­listischen Entwicklung untergrub, besonders in der letzten, impe­rialistischen Epoche, die politische Demokratie nicht nur dadurch, daß er die Nationen in zwei unversöhnliche Klassen spaltete, sondern auch dadurch, daß er die zahlreichen kleinbürgerlichen und halbproletarischen Schichten ebenso wie die Unterschichten des Proletariats zur bleibenden wirtschaftlichen Verkümmerung und politischen Ohnmacht verurteilte. Die Arbeiterklasse derjenigen Länder, in denen die historische Entwicklung ihr dazu die Möglichkeit gegeben hat, hat das Regime der politischen Demokratie zur Organisation [des Kampfes] gegen das Kapital ausgenutzt. Dasselbe wird auch ferner in jenen Ländern geschehen, in denen die Vorbedingungen einer Arbeiterrevolution noch nicht herangereift sind. Aber die breiten Zwischenschichten auf dem flachen Lande wie in den Städten werden durch den Kapitalismus in ihrer historischen Entwicklung gehemmt und bleiben um ganze Epochen zurück. Der nicht über seine Kirch­turmspitze hinaussehende badische und bayerische Bauer, der durch die großkapitalistische Weinverfälschung zugrunde gerichtete französische kleine Weinbauer, der durch Bankiers und Abgeord­nete ausgeplünderte und betrogene amerikanische Kleinfarmer, alle diese durch den Kapitalismus von der großen Straße der Entwicklung abgedrängten sozialen Schichten werden auf dem Papier durch das Regime der politischen Demokratie zur Ver­waltung des Staates berufen. In Wirklichkeit aber fällt in allen wichtigen Fragen, welche die Geschicke der Völker bestimmen, die Finanzoligarchie ihre Entscheidungen hinter dem Rücken der parlamentarischen Demokratie. So war es vor allem in der Kriegs­frage, und dasselbe spielt sich jetzt in der Frage des Friedens ab. Wenn es die Finanzoligarchie für nützlich hält, ihre Gewalttaten durch parlamentarische Abstimmungen zu decken, stehen dem bürgerlichen Staate zur Erreichung der erforderlichen Ziele alle von früheren Jahrhunderten der Klassenherrschaft geerbten und durch die Wunder der kapitalistischen Technik vervielfachten Mittel zur Verfügung: Lüge, Demagogie, Hetze, Verleumdung, Bestechung und Terror. An das Proletariat die Forderung zu stellen, daß es im letzten Kampfe mit dem Kapitalismus, in dem es sich um Leben und Tod handelt, lammfromm den Forderungen der bürgerlichen Demo­kratie folge, hieße, von einem Menschen, der sein Leben und seine Existenz gegen Räuber verteidigt, die Befolgung der künstlichen, bedingten Regeln des französischen Ringkampfes zu verlangen, die von seinem Feinde festgestellt, von ihm aber nicht befolgt werden. Im Reiche der Zerstörung, in dem nicht nur die Produktions- und Transportmittel, sondern auch die Institutionen der politischen Demokratie blutige Trümmer darstellen, muß das Proletariat seinen eigenen Apparat schaffen, der vor allem als Bindemittel für die Arbeiterklasse dient und ihr die Möglichkeit eines revolutio­nären Eingreifens in die weitere Entwicklung der Menschheit sichert. Dieser Apparat sind die Arbeiterräte. Die alten Parteien, die alten Gewerkschaften haben sich in der Person ihrer Führer unfähig erwiesen, die von der neuen Epoche gestellten Aufgaben zu verstehen, geschweige denn sie auszuführen. Das Proletariat schuf einen Apparat, der die gesamte Arbeiterschaft umfaßt, un­beachtet des Berufs und der politischen Reife, einen elastischen Apparat, der fähig ist, sich immerwährend zu erneuern, zu er­weitern, immer neue und neue Schichten in seine Sphäre hineinzu­ziehen, seine Türen den dem Proletariat nahestehenden arbeitenden Schichten der Stadt und des Dorfes zu öffnen. Diese unersetzliche Organisation der Selbstverwaltung der Arbeiterklasse, ihres Kampfes und in Zukunft auch der Eroberung der Staatsmacht ist durch die Erfahrung verschiedener Länder erprobt und stellt die größte Errungenschaft und die mächtigste Waffe des Proletariats in unserer Zeit dar. In allen Ländern, in denen die Massen zum Denken erwacht sind, werden auch fernerhin Arbeiter-, Soldaten- und Bauernräte gebil­det. Die Räte zu befestigen, ihre Autorität zu heben, sie dem Staatsapparat der Bourgeoisie entgegenzustellen - das ist jetzt die Hauptaufgabe der klassenbewußten und ehrlichen Arbeiter aller Länder. Mittels der Räte vermag die Arbeiterklasse sich vor der Zersetzung zu retten, die in ihre Mitte durch die Höllenqualen des Krieges, des Hungers, durch die Gewalttaten der Besitzenden und den Verrat der ehemaligen Führer hineingetragen wird. Mittels der Räte wird die Arbeiterklasse am sichersten und leichtesten in all den Ländern zur Macht gelangen, in denen die Räte die Mehr­heit der arbeitenden Bevölkerung um sich vereinigen. Mittels der Räte wird die zur Macht gelangte Arbeiterklasse alle Gebiete des ökonomischen und kulturellen Lebens verwalten, wie dies zur Zeit in Rußland schon der Fall ist. Der Zusammenbruch des imperialistischen Staates, vom zaristischen bis zum meistdemokratischen, geht gleichzeitig mit dem Zusam­menbruch des imperialistischen Militärsystems vor sich. Die vom Imperialismus mobilisierten Millionenarmeen konnten nur so lange standhalten, als das Proletariat gehorsam unter dem Joche der Bourgeoisie verblieb. Der Zerfall der nationalen Einheit bedeutet auch einen unausbleiblichen Zerfall der Armee. So ge­schah es zuerst in Rußland, dann in Österreich-Ungarn und Deutschland. Dasselbe ist auch in anderen imperialistischen Staaten zu erwarten. Der Aufstand des Bauern gegen den Gutsbesitzer, des Arbeiters gegen den Kapitalisten, beider gegen die monarchi­stische oder »demokratische« Bürokratie führt unausweichlich zum Aufstand des Soldaten gegen das Kommando und im weiteren auch zu einer scharfen Spaltung zwischen den proletarischen und bürgerlichen Elementen der Armee. Der imperialistische Krieg, der eine Nation der anderen entgegenstellte, ging und geht in den Bürgerkrieg über, der eine Klasse der anderen entgegenstellt. Das Gezeter der bürgerlichen Welt gegen den Bürgerkrieg und den roten Terror ist die ungeheuerlichste Heuchelei, die die Geschichte der politischen Kämpfe bisher aufzuweisen hat. Es würde keinen Bürgerkrieg geben, wenn nicht die Cliquen der Ausbeuter, die die Menschheit an den Rand des Verderbens gebracht haben, jedem Vorwärtsschreiten der arbeitenden Massen entgegengewirkt hätten, [wenn sie nicht Verschwörungen und Morde angezettelt und be­waffnete Hilfe von außen gerufen hätten,] um ihre räuberischen Vorrechte aufrechtzuerhalten oder wiederherzustellen. Der Bürgerkrieg wird der Arbeiterklasse von ihren Erzfeinden auf­gezwungen. Die Arbeiterklasse muß Schlag mit Schlag beantwor­ten, wenn sie sich nicht von sich selbst und von ihrer Zukunft, die zugleich die Zukunft der ganzen Menschheit ist, lossagen will. In­dem die kommunistischen Parteien niemals den Bürgerkrieg künst­lich heraufbeschwören, streben sie danach, seine Dauer nach Mög­lichkeit zu verkürzen, falls er zur eisernen Notwendigkeit gewor­den, die Zahl seiner Opfer zu verringern und vor allem - dem Pro­letariat den Sieg zu sichern. Hieraus ergibt sich die Notwendigkeit der rechtzeitigen Entwaffnung der Bourgeoisie, der Bewaffnung der Arbeiter, der Bildung einer kommunistischen Armee als Be­schützerin der Macht des Proletariats und der Unantastbarkeit seines sozialistischen Aufbaus. Eine solche ist die Rote Armee So­wjetrußlands, welche zum Schutze der Errungenschaften der Arbei­terklasse gegen jeden Überfall von innen und außen entstanden ist. Die Rätearmee ist unzertrennbar von dem Rätestaat. Im Bewußtsein des weltgeschichtlichen Charakters ihrer Aufgaben haben die aufgeklärten Arbeiter schon bei den ersten Schritten ihrer organisierten sozialistischen Bewegung nach einer internatio­nalen Vereinigung gestrebt. Der Grundstein zu derselben wurde 1864 in London, in der Ersten Internationale, gelegt. Der Deutsch- Französische Krieg, aus dem das Deutschland der Hohenzollern erwachsen ist, untergrub die Erste Internationale, indem er gleich­zeitig zu der Entwicklung der nationalen Arbeiterparteien Anstoß gab. Schon im Jahre 1889 vereinigten sich diese Parteien auf dem Kongreß in Paris und schufen die Organisation der Zweiten Inter­nationale. Aber der Schwerpunkt der Arbeiterbewegung lag in dieser Periode gänzlich auf nationalem Boden, im Rahmen der nationalen Staaten, auf der Grundlage der nationalen Industrie, im Gebiete des nationalen Parlamentarismus. Jahrzehnte organi­satorischer und reformatorischer Arbeit schufen eine Generation von Führern, die in ihrer Mehrheit das Programm der sozialen Revolution in Worten anerkannten, in Wirklichkeit aber es ver­leugneten und im Reformismus und in der Anpassung an den bürgerlichen Staat versumpften. Der opportunistische Charakter der leitenden Parteien der Zweiten Internationale entpuppte sich endgültig und führte zum größten Zusammenbruch der Weltge­schichte im Moment, da der Lauf der Ereignisse von den Arbeiter­parteien revolutionäre Kampfmethoden verlangte. Wenn der Krieg von 1870 der Ersten Internationale einen Schlag versetzte, indem er die Tatsache enthüllte, daß hinter dem sozialrevolutio­nären Programm noch keine geschlossene Macht der Massen stand, so tötete der Krieg von 1914 die Zweite Internationale, indem er zeigte, daß über den zusammengeschweißten Arbeitermassen Par­teien stehen, die sich in untertänige Organe des bürgerlichen Staates verwandelten. Dies bezieht sich nicht nur auf die Sozialpatrioten, die heute offen in dem Lager der Bourgeoisie zu ihren bevorzugten Vertrauens­personen und zu verläßlichen Henkern der Arbeiterklasse ge­worden sind, sondern auch auf das verschwommene, unbeständige sozialistische Zentrum, das heute bemüht ist, die Zweite Inter­nationale, d. h. die Beschränktheit, den Opportunismus und die revolutionäre Machtlosigkeit ihrer leitenden Spitzen, zu erneuern. Die Unabhängige Partei Deutschlands [USPD], die heutige Mehr­heit der Sozialistischen Partei Frankreichs, die Gruppe der Men­schewiki in Rußland, die Unabhängige Arbeiterpartei Englands und andere ähnliche Gruppen versuchen tatsächlich, den Platz aus­zufüllen, den die alten offiziellen Parteien der Zweiten Interna­tionale vor dem Kriege eingenommen hatten, indem sie wie früher mit Ideen des Kompromisses und der Einigung auftreten, auf diese Weise mit allen Mitteln die Energie des Proletariats paralysieren, die Krise in die Länge ziehen und somit das Elend Europas noch vergrößern. Der Kampf gegen das sozialistische Zentrum ist die notwendige Vorbedingung des erfolgreichen Kampfes gegen den Imperialismus. Indem wir die Halbheit, Lügenhaftigkeit und Fäulnis der über­lebten offiziellen sozialistischen Parteien verwerfen, fühlen wir, die in der Dritten Internationale vereinigten Kommunisten, uns als die direkten Fortsetzer der heroischen Anstrengungen und des Märtyrertums einer langen Reihe revolutionärer Generationen, von Babeuf bis Karl Liebknecht und Rosa Luxemburg. Wenn die Erste Internationale die künftige Entwicklung voraus­gesehen und ihre Wege vorgezeichnet, wenn die Zweite Internatio­nale Millionen Proletarier gesammelt und organisiert hat, so ist die Dritte Internationale die Internationale der offenen Massenaktion, der revolutionären Verwirklichung, die Internationale der Tat. Die sozialistische Kritik hat die bürgerliche Weltordnung genügend gebrandmarkt. Die Aufgabe der internationalen kommunistischen Partei besteht darin, diese Ordnung umzustürzen und an ihrer Stelle das Gebäude der sozialistischen Ordnung zu errichten. Wir fordern die Arbeiter und Arbeiterinnen aller Länder auf, sich unter dem kommunistischen Banner zu vereinigen, unter dessen Zeichen die ersten großen Siege bereits erfochten sind. Proletarier aller Länder! Im Kampfe gegen die imperialistische Barbarei, gegen die Monarchien, gegen die privilegierten Stände, gegen [den bürgerlichen Staat und] das bürgerliche Eigentum, gegen alle Arten und Formen der sozialen oder nationalen Be­drückung - vereinigt euch! Unter dem Banner der Arbeiterräte, des revolutionären Kampfes für die Macht und die Diktatur des Proletariats, unter dem Banner der Dritten Internationale, Proletarier aller Länder, vereinigt euch! Aufruf des EKKI gegen den Versailler Frieden (1919) Am 28. Juni 1919 wurde in Versailles der Friedensvertrag unterzeichnet, den die Komintern scharf verurteilte. Im Juli veröffentlichte das EKKI eine offizielle Stellungnahme (hier etwas gekürzt wiedergegeben), in der die Bedingungen des Ver­sailler Friedens mit denen des deutsch-russischen Friedens von Brest-Litowsk 1918 verglichen und besonders die Sozialdemo­kratie angegriffen wurde. An die Werktätigen der ganzen Welt! Die Regierungen, die vor fünf Jahren den räuberischen Krieg begannen, versuchen jetzt, ihn mit einem räuberischen Frieden abzuschließen. Die englische, französische, amerikanische Bour­geoisie hat in Versailles den Vertretern der deutschen Bourgeoisie die sogenannten Friedensbedingungen eingehändigt. Versailles wird zu einem neuen Brest. Jeder Punkt des Versailler Friedens ist eine Schlinge zur Erwürgung dieses oder jenes Volkes. Die Wut und Rachgier der imperialistischen Bourgeoisie der siegreichen Koalition kennt keine Grenzen. Indem die anglo-fran- zösische und amerikanische Bourgeoisie die Gründung des »Völker­bundes« proklamiert, versucht sie in der Tat, dem Willen aller Europa bevölkernden Nationen Hohn zu sprechen. Die Bourgeoisie der Ententeländer versucht, Deutschland zu zerstückeln. Von Deutschland wird eine ganze Reihe von Territorien abgeschnitten, man will Deutschland der Kohle und des Brotes berauben, man nimmt Deutschland seine Handelsflotte, man will Deutschland zwingen, eine Kontribution von schwindelerregender Höhe zu be­zahlen. Die Bourgeoisie der Ententeländer, die in Worten angeb­lich gegen die Annexion fremder Länder Krieg führte, vollzieht jetzt eine Reihe der gröbsten, zynischsten Annexionen. Mit den Ko­lonien, die früher Deutschland gehörten, wird jetzt gehandelt wie mit Vieh. Die Imperialisten der Entente haben sich mit einem gro­ßen Messer bewaffnet und vivisezieren den Körper Deutschlands... Internationale Gendarmen - das sind die anglo-französischen und amerikanischen Imperialisten, die sich für Vertreter der Welt- »Demokratie« ausgeben. Alle Illusionen sind zerstört. Die Masken sind gefallen. Wen der endlose, schreckliche imperialistische Krieg noch nicht belehrt hat, den muß der imperialistische Frieden, mit dem man jetzt von Ver­sailles aus die Menschheit beglücken will, belehren. Die Regie­rungen, die im Laufe von vier und einem halben Jahr ihre Völker belogen haben, daß sie den Krieg für die »Selbstbestimmung der Nationen«, für die »Unabhängigkeit« der kleinen Völker, für »Freiheit und Kultur«, für die »Demokratie« führen - diese Regierungen sind jetzt entlarvt als Henkershenker, als vor Wut sinnlose Sklavenhalter, die kein Erbarmen kennen. Das Märchen vom Völkerbund verblüht, bevor es vermochte auf­zublühen. Nach den Versailler Friedensbedingungen wird es nicht gelingen, viele Arbeiter mit dem Völkerbund zu ködern. Der Völkerbund, an dessen Wiege der Metzger Clemenceau steht, ist vor der ganzen Welt als Räuberbund entlarvt, der die vielen Mil­lionen der werktätigen Massen Europas ans Kreuz schlägt. Der Versailler Frieden fällt in seiner ganzen Wucht in erster Linie auf die Arbeiterklasse Deutschlands. Wenn der Versailler Frieden sich als einigermaßen dauernd erweisen würde, so bedeutet das, daß die Arbeiterklasse Deutschlands unter einem Doppeljoch zu stöhnen hätte: unter dem der eigenen Bourgeoisie und dem der ausländischen Sklavenhalter. Es ist überflüssig zu erwähnen, daß die Sympathien der Kommu­nistischen Internationale, die Sympathien der ehrlichen Arbeiter der ganzen Welt auf Seiten der deutschen Arbeiterklasse sind. Die kommunistischen Arbeiter aller Länder empfinden die Versailler Friedensbedingungen als einen Schlag für das internationale Pro­letariat, als einen Anschlag, der nur mit vereinten Kräften der Proletarier aller Länder abgewendet werden kann. Die jetzige deutsche Regierung, die in Worten gegen den Versailler Frieden Protest erhebt, hilft in der Tat den Imperialisten der Entente, ihren teuflischen Plan in bezug auf die deutsche Arbeiter­klasse auszuführen. In Deutschland hat der Henker Clemenceau keine treueren Diener als Scheidemann und Ebert. Die Partei Scheidemanns und Eberts tanzt schon vom ersten Augenblick der deutschen Revolution an gehorsam nach der Pfeife der Entente- Imperialisten. Auf Antreiben Clemenceaus schickten und schicken Scheidemann und Ebert jetzt weißgardistische Truppen gegen Sowjetrußland. Den Imperialisten der Entente zu Gefallen ermor­deten die von Ebert und Scheidemann geführten Sozialdemokraten Karl Liebknecht und Rosa Luxemburg und unterdrückten mit Feuer und Schwert die große Bewegung der deutschen Arbeiter, die auf das Erringen der Rätemacht gerichtet ist. Indem die Re­gierung Scheidemanns die Aufträge der Londoner und Pariser Börse ausführt, hat sie bereits so manche Tausende kommunistischer Arbeiter Deutschlands ausgerottet. Jedesmal, wenn die Wogen der Arbeiterbewegung in Deutschland besonders hoch gingen, bereit, die Regierung der verräterischen Sozialdemokraten hin­wegzuspülen, schreckten Scheidemann und Ebert die hungernden Arbeiter damit, daß die Ententemächte, falls die Rätemacht in Deutschland konstituiert werden sollte, dem deutschen Volke kein Brot liefern würden. Der Zentralausschuß der sozialdemokratischen Partei Scheidemanns behauptet in seinem den Versailler Frieden betreffenden Aufruf, daß die Versailler Lektion »der beste Beweis für die Richtigkeit der von der deutschen Sozialdemokratie in der Frage der Vater­landsverteidigung eingenommenen Stellung« sei. »Sozialisten aller Länder, habt ihr schließlich unsere Handlungs­weise während des Krieges verstanden?« - so sagt Scheidemann in seinem Aufruf. O ihr Heuchler, o ihr Zyniker! Zwei Diebe stürzten sich im Jahre 1914 auf die gleiche Beute. Einer der Diebe hatte mehr Erfolg. Dieser Einbrecher schleppte nicht nur jene ganze Beute davon, auf die sein Konkurrent An­spruch erhob, sondern fuhr auch noch in die Tasche seines Rivalen. Da wendet sich der andere Dieb, indem er gute Miene zum bösen Spiel macht und gekränkte Unschuld heuchelt, an alle ehrlichen Leute und ruft: »Ihr seht, das Betragen meines Gegners hat endgültig die Richtigkeit meiner Taktik bewiesen. Werdet ihr auch jetzt nicht begreifen, daß wir Scheidemänner reiner sind als der Schnee der Alpenhöhen?« Die Versailler Friedensbedingungen haben allen ehrlichen Arbeitern etwas ganz anderes gezeigt. Die klassenbewußten Arbeiter der ganzen Welt legen sich vorzüglich Rechenschaft darüber ab, daß, wenn der Krieg mit dem Siege der deutschen Imperialisten geendet hätte, diese ebenso schonungslos gegen die Besiegten gewesen wären, wie ihre Gegner es eben sind. Und dann hätten sich sicherlich die Hendersons und Renaudels gewiß derselben lügenhaften Phrasen bedient, wie die Scheidemanns und Noskes es heute tun. Die Versailler Friedensbedingungen haben gezeigt, daß, solange der Imperialismus, und sei es auch nur in einem Lande, noch lebt, auch Gewalt und Raub fortleben ... Die proletarische Weltrevolution - das ist die einzige Rettung der unterdrückten Klassen der ganzen Welt. Die Diktatur des Proletariats und die Gründung der Rätemadit - das ist die einzige Schlußfolgerung der Versailler Lektion für die Proletarier der ganzen Welt. Solange der Kapitalismus lebt, kann es keinen dauernden Frieden geben. Der dauernde Friede wird auf den Trümmern der bürger­lichen Ordnung aufgebaut. Es lebe der Aufstand der Arbeiter gegen ihre Unterdrücker! Nieder mit dem Versailler Frieden! Nieder mit dem neuen Brest! Nieder mit der Regierung der Sozialverräter! Es lebe die Rätemacht in der ganzen Welt! Vorsitzender des Exekutivkomitees der Kommunistischen Internationale G. Sinowjew Petrograd, im ]uli 1919 Statuten der Kommunistischen Internationale (1920) Auf dem II. Weltkongreß der Komintern im Juli-August 1920 wurde über die Rolle und Struktur der Kommunistischen Internationale verhandelt. Der bulgarische KP-Führer Kabak- tschieff referierte über ein Statut, dessen Entwurf zur Verab­schiedung vorlag. U. a. führte er aus: »Der Sieg des revolu­tionären Proletariats in Rußland hat uns klar die Notwendigkeit einer starken Zentralisation der Organisation jeder kommuni­stischen Partei und folglich auch der Kommunistischen Inter­nationale selbst gezeigt. Die Kommunistische Partei Rußlands kann als Muster und als Vorbild zur Nachahmung nicht allein durch ihre zielklare Politik und durch ihre streng marxistischen Handlungen, sondern auch durch ihre eiserne Disziplin und strenge Organisation dienen.« (Protokoll, S. 572). Nach längeren Debatten wurde das Statut am 4. August 1920 einstimmig ange­nommen. Das (hier ungekürzt abgedruckte) Statut wurde später einigemale verändert. 1928 nahm der VI. Weltkongreß ein neues Statut an, in dem die ausführliche Präambel fehlte und das aus 37 Paragraphen bestand. Der prinzipielle Inhalt des vorliegenden Statuts blieb erhalten, doch wurden die Be­ziehungen der Sektionen zum EKKI genauer umrissen und die Rolle der vom IV. Weltkongreß geschaffenen »Internationalen Kontrollkommission« festgelegt. Im Jahre 1864 wurde in London die Internationale Arbeiter­assoziation, die I. Internationale, gegründet. In den Generalsta­tuten dieser Internationalen Arbeiterassoziation hieß es: »daß die Emanzipation der Arbeiterklasse durch die Arbeiterklasse selbst erobert werden muß; daß der Kampf für die Emanzipation der Arbeiterklasse keinen Kampf für Klassenprivilegien und Monopole bedeutet, sondern den Kampf für gleiche Rechte und Pflichten und die Abschaffung aller Klassenherrschaft; daß die ökonomische Unterwerfung des Mannes der Arbeit unter den Monopolisten der Arbeitsmittel, d. h. der Lebensquellen, der Knechtschaft in allen ihren Formen zugrunde liegt, allem sozialen Elend, aller geistigen Degradation und politischen Abhängigkeit; daß die ökonomische Emanzipation der Arbeiterklasse daher das große Ziel ist, dem jede politische Bewegung als Mittel untergeord­net sein muß; daß alle Bestrebungen nach diesem großen Ziele bisher gescheitert sind an dem Mangel an Solidarität zwischen den mannigfachen Zweigen der Arbeit in jedem Lande und an der Abwesenheit eines brüderlichen Bandes der Einigung zwischen den Arbeiterklassen der verschiedenen Länder; daß die Emanzipation weder ein lokales noch ein nationales, son­dern ein soziales Problem ist, welches alle Länder umfaßt, in denen die moderne Gesellschaft existiert, und daß die Lösung abhängt von dem theoretischen und praktischen Zusammenwirken der fortge­schrittensten Länder; daß das gegenwärtige gleichzeitige Wiederaufleben der Arbeiter­bewegung in den industriellen Ländern Europas einerseits neue Hoffnungen erweckt, anderseits feierlich warnt vor dem Rückfall in die alten Irrtümer und zur sofortigen Kombination der bisher zusammenhanglosen Bewegung auf ruft.« Die II. Internationale, die im Jahre 1889 in Paris gegründet wurde, verpflichtete sich, das Werk der I. Internationale fortzu­setzen. Aber im Jahre 1914, zu Beginn des Weltmordens, erlitt sie völligen Zusammenbruch. Untergraben vom Opportunismus und gebrochen durch den Verrat der Führer, die auf die Seite der Bourgeoisie übergingen, brach die II. Internationale zusammen. Die Kommunistische Internationale, gegründet im März 1919 in der Hauptstadt der Russischen Föderativen Sowjetrepublik, Moskau, erklärt feierlich vor der ganzen Welt, daß sie es auf sich nimmt, das große Werk, das von der I. Internationalen Arbeiter­assoziation begonnen wurde, fortzusetzen und zu Ende zu führen. Die Kommunistische Internationale bildete sich beim Abschluß des imperialistischen Krieges 1914-1918, in dem die imperialistische Bourgeoisie der verschiedenen Länder 20 Millionen Menschen opferte. »Gedenke des imperialistischen Krieges!» Das ist das erste, womit sich die Kommunistische Internationale an jeden Werktätigen wendet, wo er auch leben, in welcher Sprache er auch sprechen mag. Gedenke dessen, daß dank des Bestehens der kapitalistischen Ordnung ein kleines Häuflein von Imperialisten die Möglichkeit hatte, im Verlauf von vier langen Jahren die Arbeiter der ver­schiedenen Länder zu zwingen, einander den Hals abzuschneiden! Gedenke dessen, daß der Krieg der Bourgeoisie über Europa und die ganze Welt die fürchterlichste Hungersnot und das ent­setzlichste Elend heraufbeschwor! Gedenke dessen, daß ohne den Sturz des Kapitalismus die Wiederholung von derartigen Raub­kriegen nicht nur möglich, sondern unvermeidlich ist! Die Kommunistische Internationale stellt sich zum Ziel: mit allen Mitteln, auch mit den Waffen in der Hand, für den Sturz der internationalen Bourgeoisie und für die Schaffung einer interna­tionalen Sowjetrepublik als Übergangsstufe zur vollen Vernichtung des Staates zu kämpfen. Die Kommunistische Internationale hält die Diktatur des Proletariats für das einzige Mittel, das die Mög­lichkeit gibt, die Menschheit von den Greueln des Kapitalismus zu befreien. Und die Kommunistische Internationale hält die Sowjet­macht für die geschichtlich gegebene Form dieser Diktatur des Proletariats. Der imperialistische Krieg hat die Geschicke der Proletarier des einen Landes mit den Geschicken der Proletarier aller anderen Länder besonders eng verknüpft. Der imperialistische Krieg hat aufs neue bestätigt, was in den Generalstatuten der I. Inter­nationale gesagt war: Die Emanzipation der Arbeiter ist weder ein lokales noch ein nationales, sondern ein internationales Problem. Die Kommunistische Internationale bricht ein für allemal mit der Überlieferung der II. Internationale, für die in Wirklichkeit nur Menschen weißer Hautfarbe existierten. Die Kommunistische Inter­nationale stellt sich die Befreiung der Werktätigen der ganzen Welt zur Aufgabe. In den Reihen der Kommunistischen Inter­nationale vereinigen sich brüderlich Menschen weißer, gelber, schwarzer Hautfarbe - die Werktätigen der ganzen Erde. Die Kommunistische Internationale unterstützt restlos die Erobe­rungen [Errungenschaften] der großen proletarischen Revolution in Rußland, der ersten siegreichen sozialistischen Revolution in der Weltgeschichte, und ruft die Proletarier der ganzen Welt auf, denselben Weg zu gehen. Die Kommunistische Internationale verpflichtet sich, jede Sowjetrepublik zu unterstützen, wo immer sie auch geschaffen wird. Die Kommunistische Internationale weiß: Um den Sieg schneller zu erringen, muß die um die Vernichtung des Kapitalismus und für die Schaffung des Kommunismus kämpfende Arbeiterassozia­tion eine straff zentralisierte Organisation besitzen. Die Kommu­nistische Internationale muß wirklich und in der Tat eine einheit­liche kommunistische Partei der ganzen Welt darstellen. Die Par­teien, die in jedem Lande arbeiten, erscheinen nur als ihre einzelnen Sektionen. Der Organisationsapparat der Kommunistischen Inter­nationale muß den Arbeitern jedes Landes die Möglichkeit ge­währleisten, in jedem gegebenen Moment die größtmögliche Hilfe von den organisierten Proletariern der übrigen Länder zu erhalten. Zu diesem Zweck bestätigt die Kommunistische Internationale folgende Punkte der Statuten: 1 Die neue internationale Arbeitervereinigung ist geschaffen zur Organisierung von gemeinsamen Aktionen der Proletarier der verschiedenen Länder, die das eine Ziel anstreben: Sturz des Kapi­talismus, Errichtung der Diktatur des Proletariats und einer inter­nationalen Sowjetrepublik zur vollen Beseitigung der Klassen und zur Verwirklichung des Sozialismus, dieser ersten Stufe der kom­munistischen Gesellschaft. 2 Die neue internationale Arbeitervereinigung nennt sich »Kom­munistische Internationale«. 3 Alle der Kommunistischen Internationale angehörenden Par­teien tragen den Namen »Kommunistische Partei des und des Landes (Sektion der Kommunistischen Internationale)«. 4 Die höchste Instanz der Kommunistischen Internationale ist der Weltkongreß aller ihr angehörenden Parteien und Organi­sationen. Der Weltkongreß tritt regelmäßig einmal jährlich zu­sammen. Der Weltkongreß allein ist berufen, das Programm der Kommunistischen Internationale zu ändern. Der Weltkongreß berät und beschließt über die wichtigsten Fragen des Programms und der Taktik, die mit der Tätigkeit der Kommunistischen Inter­nationale Zusammenhängen. Die Zahl der auf jede Partei oder Organisation entfallenden beschließenden Stimmen wird durch besonderen Kongreßbeschluß bestimmt. 5 Der Weltkongreß wählt das Exekutivkomitee der Kommuni­stischen Internationale, welches das leitende Organ der Kommu­nistischen Internationale in der Zeit zwischen den Weltkongressen der Kommunistischen Internationale ist. Das Exekutivkomitee ist nur dem Weltkongreß verantwortlich. 6 Der Sitz des Exekutivkomitees der Kommunistischen Inter­nationale wird jeweils vom Weltkongreß der Kommunistischen Internationale bestimmt. 7 Ein außerordentlicher Weltkongreß der Kommunistischen Internationale kann entweder auf Beschluß des Exekutivkomitees oder auf Verlangen der Hälfte der Parteien, die zur Zeit des letzten Weltkongresses der Kommunistischen Internationale an­gehört haben, einberufen werden. 8 Die Hauptarbeit des Exekutivkomitees lastet auf der Partei des Landes, wo auf Beschluß des Weltkongresses das Exekutiv­komitee seinen Sitz hat. Die Partei des betreffenden Landes ent­sendet fünf ihrer Vertreter mit beschließender Stimme in das Exekutivkomitee. Außerdem entsenden die 10 bis 13 bedeutendsten kommunistischen Parteien, deren Liste von dem ordentlichen Welt­kongreß bestätigt wird, je einen Vertreter mit beschließender Stimme in das Exekutivkomitee. Den anderen in die Kommuni­stische Internationale aufgenommenen Organisationen und Parteien steht das Recht zu, je einen Vertreter mit beratender Stimme in das Exekutivkomitee zu delegieren. 9 Das Exekutivkomitee leitet die gesamten Arbeiten der Kom­munistischen Internationale von einer Tagung bis zur anderen, gibt in mindestens vier Sprachen das Zentralorgan der Kommuni­stischen Internationale (die Zeitschrift »Kommunistische Inter­nationale«) heraus, tritt mit den erforderlichen Aufrufen im Namen der Kommunistischen Internationale hervor und gibt für alle der Kommunistischen Internationale angehörenden Organi­sationen und Parteien bindende Richtlinien. Das Exekutivkomitee der Kommunistischen Internationale hat das Recht, von den ihr angehörenden Parteien den Ausschluß von Gruppen und Personen zu verlangen, die die internationale Disziplin verletzen, und ebenso diejenigen Parteien aus der Kommunistischen Internationale aus­zuschließen, die gegen die Beschlüsse des Weltkongresses ver­stoßen. Diese Parteien haben das Recht, Berufung beim Welt­kongreß einzulegen. Im Bedarfsfälle organisiert das Exekutiv­komitee in den verschiedenen Ländern seine technischen und anderen Hilfsbüros, die völlig dem Exekutivkomitee untergeordnet sind. Die Vertreter des Exekutivkomitees erledigen ihre politischen Aufgaben in engstem Kontakt mit der Parteizentrale des betref­fenden Landes. 10 Das Exekutivkomitee der Kommunistischen Internationale hat das Recht, Vertreter von solchen Organisationen und Parteien mit beratender Stimme in seine Mitte aufzunehmen, die zwar der Kommunistischen Internationale nicht angehören, aber mit ihr sympathisieren und ihr nahestehen. 11 Die Organe aller Parteien und aller Organisationen, die der Kommunistischen Internationale angehören und die zu den mit der Kommunistischen Internationale Sympathisierenden zäh­len, sind verpflichtet, alle offiziellen Beschlüsse der Kommunisti­schen Internationale und ihres Exekutivkomitees zum Abdruck zu bringen. 12 Die allgemeine Lage in ganz Europa und Amerika zwingt die Kommunisten der ganzen Welt zur Schaffung illegaler kommu­nistischer Organisationen neben der legalen Organisation. Das Exekutivkomitee ist verpflichtet, dafür zu sorgen, daß das überall praktisch verwirklicht wird. 13 In der Regel wird der politische Verkehr zwischen den ein­zelnen der Kommunistischen Internationale angeschlossenen Par­teien durch das Exekutivkomitee der Kommunistischen Interna­tionale geführt. In dringenden Fällen geht der Verkehr direkt, aber gleichzeitig wird davon dem Exekutivkomitee der Kommu­nistischen Internationale Mitteilung gemacht. 14 Die auf dem Boden des Kommunismus stehenden, im inter­nationalen Maßstabe unter der Leitung der Kommunistischen Internationale zusammengeschlossenen Gewerkschaften bilden eine Gewerkschaftssektion der Kommunistischen Internationale. Diese Gewerkschaften delegieren ihre Vertreter zu den Weltkongressen der Kommunistischen Internationale durch die kommunistischen Parteien der betreffenden Länder. Die Gewerkschaftssektion der Kommunistischen Internationale entsendet einen Vertreter in das Exekutivkomitee der Kommunistischen Internationale mit be­schließender Stimme. Das Exekutivkomitee der Kommunistischen Internationale hat das Recht, einen Vertreter mit beschließender Stimme in die Gewerkschaftssektion der Kommunistischen Inter­nationale zu entsenden. 15 Die Kommunistische Jugendinternationale ist als Mitglied der Kommunistischen Internationale wie alle übrigen dieser und ihrem Exekutivkomitee untergeordnet. In das Exekutivkomitee der Kommunistischen Internationale wird ein Vertreter des Exe­kutivkomitees der Kommunistischen Jugendinternationale mit be­schließender Stimme delegiert. Das Exekutivkomitee der Kom­munistischen Internationale hat das Recht, in das Exekutivkomitee der Kommunistischen Jugendinternationale seinen Vertreter mit beschließender Stimme zu entsenden. 16 Das Exekutivkomitee der Kommunistischen Internationale bestätigt den internationalen Sekretär der kommunistischen Frauenbewegung und organisiert die Frauensektion der Kommu­nistischen Internationale. 17 Bei Übersiedlung aus einem Lande in ein anderes erhält jedes Mitglied der Kommunistischen Internationale brüderliche Unter­stützung durch die dortigen Mitglieder der Kommunistischen Internationale. 6] Die »21 Bedingungen« für die Aufnahme in die Komintern (1920) Um die Aufnahme nichtkommunistischer Gruppen in die Komintern zu verhindern, nahm der II. Weltkongreß (mit allen gegen 2 Stimmen) die »Leitsätze über die Bedingungen der Aufnahme in die Kommunistische Internationale« an. Sie richteten sich vor allem gegen die sozialistischen »Zentristen« (rechte USPD, Mehrheit der italienischen und französischen Sozialisten usw.). Die »21 Bedingungen« führten 1920 zur Spaltung der USPD, dann auch der italienischen und franzö­sischen Sozialisten. Mit den »Bedingungen«, die hier ungekürzt abgedruckt sind, waren alle Voraussetzungen für einen straffen Zentralismus der Komintern geschaffen. Der erste Kongreß der Kommunistischen Internationale hat keine genauen Bedingungen für die Aufnahme in die Kommunistische Internationale aufgestellt. Bis zum Augenblick der Einberufung des I. Kongresses existierten in den meisten Ländern bloß kom­munistische Richtungen und Gruppen. Unter anderen Verhältnissen tritt der II. Kongreß der Kommu­nistischen Internationale zusammen. Zur Zeit gibt es in den meisten Ländern nicht nur kommunistische Strömungen und Richtungen, sondern kommunistische Parteien und Organisationen. An die Kommunistische Internationale wenden sich nun oft Parteien und Gruppen, die noch vor kurzem zur II. Internationale gehörten, die jetzt in die Kommunistische Internationale eintreten wollen, aber nicht in der Tat kommunistisch geworden sind. Die II. Inter­nationale ist endgültig zerschlagen. Die Zwischenparteien und die Gruppen des »Zentrums«, die die völlige Aussichtslosigkeit der II. Internationale einsehen, versuchen, sich an die immer kräftiger werdende Kommunistische Internationale anzulehnen. Sie hoffen jedoch, dabei eine solche »Autonomie« zu bewahren, die ihnen die Möglichkeit gewährt, ihre frühere opportunistische oder »Zen­trumspolitik« weiterzuführen. Die Kommunistische Internationale wird gewissermaßen Mode. Das Verlangen einiger führender Gruppen des »Zentrums«, in die Kommunistische Internationale einzutreten, ist eine indirekte Bestätigung dessen, daß die Kommunistische Internationale die Sympathien der überwiegenden Mehrheit der klassenbewußten Arbeiter der ganzen Welt erobert hat, und daß sie eine mit jedem Tag mehr wachsende Macht wird. Der Kommunistischen Internationale droht die Gefahr, durch wankelmütige und durch Halbheit sich auszeichnende Elemente, welche die Ideologie der II. Internationale noch nicht endgültig abgestreift haben, verwässert zu werden. Außerdem verbleibt in einigen großen Parteien (Italien, Schweden, Norwegen, Jugoslawien u. a.), deren Mehrheit auf dem Stand­punkt des Kommunismus steht, bis zum heutigen Tage ein bedeu­tender reformistischer und sozialpazifistischer Flügel, der nur auf den Augenblick wartet, wieder das Haupt zu erheben, mit der aktiven Sabotage der proletarischen Revolution zu beginnen und dadurch der Bourgeoisie und der II. Internationale zu helfen. Kein einziger Kommunist darf die Lehren der ungarischen Räte­republik vergessen. Die Verschmelzung der ungarischen Kommu­nisten mit den sogenannten »linken« Sozialdemokraten ist dem ungarischen Proletariat teuer zu stehen gekommen. Infolgedessen erachtet es der II. Kongreß der Kommunistischen Internationale für notwendig, die Bedingungen der Aufnahme von neuen Parteien ganz genau festzulegen und diejenigen Par­teien, die in die Kommunistische Internationale aufgenommen sind, auf die ihnen auferlegten Pflichten hinzuweisen. Der II. Kongreß der Kommunistischen Internationale stellt fol­gende Bedingungen der Zugehörigkeit zur Kommunistischen Inter­nationale auf: l.Die gesamte Propaganda und Agitation muß einen wirklich kommunistischen Charakter tragen und dem Programm und den Beschlüssen der Kommunistischen Internationale entsprechen. Alle Presseorgane der Partei müssen von zuverlässigen Kommunisten geleitet werden, die ihre Hingebung für die Sache des Proletariats bewiesen haben. Von der Diktatur des Proletariats darf nicht einfach wie von einer landläufigen, eingepaukten Forderung ge­sprochen werden, sondern sie muß so propagiert werden, daß ihre Notwendigkeit jedem einfachen Arbeiter, jeder Arbeiterin, jedem Soldaten und Bauern verständlich wird aus den Tatsachen des täglichen Lebens, die von unserer Presse systematisch beobachtet und die Tag für Tag ausgenützt werden müssen. Die periodische und die nichtperiodische Presse und alle Partei­verlage müssen völlig dem Parteivorstand unterstellt werden, ohne Rücksicht darauf, ob die Partei in ihrer Gesamtheit in dem betreffenden Augenblick legal oder illegal ist. Es ist unzulässig, daß die Verlage ihre Selbständigkeit mißbrauchen und eine Politik führen, die der Politik der Partei nicht ganz entspricht. In den Spalten der Presse, in Volksversammlungen, in den Ge­werkschaften, in Konsumvereinen - überall, wohin sich die An­hänger der Kommunistischen Internationale Eingang verschaffen, ist es notwendig, nicht nur die Bourgeoisie, sondern auch ihre Helfershelfer, die Reformisten aller Schattierungen, systematisch und unbarmherzig zu brandmarken. Jede Organisation, die sich der Kommunistischen Internationale anschließen will, muß regelrecht und planmäßig aus allen mehr oder weniger verantwortlichen Posten der Arbeiterbewegung (Parteiorganisationen, Redaktionen, Gewerkschaften, Parlaments­fraktionen, Genossenschaften, Kommunalverwaltungen) die refor­mistischen und Zentrumsleute entfernen und sie durch bewährte Kommunisten ersetzen, ohne sich daran zu stoßen, daß besonders am Anfang an die Stelle von »erfahrenen« Opportunisten einfache Arbeiter aus der Masse gelangen. Fast in allen Ländern Europas und Amerikas tritt der Klassen­kampf in die Phase des Bürgerkrieges ein. Unter derartigen Ver­hältnissen können die Kommunisten kein Vertrauen zu der bür­gerlichen Legalität haben. Sie sind verpflichtet, überall einen parallelen Organisationsapparat zu schaffen, der im entscheidenden Moment der Partei behilflich sein wird, ihre Pflicht gegenüber der Revolution zu erfüllen. In all den Ländern, wo die Kommunisten infolge des Belagerungszustandes und der Ausnahmegesetze nicht die Möglichkeit haben, ihre gesamte Arbeit legal zu führen, ist die Kombinierung der legalen mit der illegalen Tätigkeit unbedingt notwendig. Die Pflicht zur Verbreitung der kommunistischen Ideen schließt die besondere Verpflichtung zu einer nachdrücklichen systemati­schen Propaganda im Heere in sich. Wo diese Agitation durch Ausnahmegesetze unterbunden wird, ist sie illegal zu führen. Der Verzicht auf eine solche Arbeit würde einem Verrat an der revo­lutionären Pflicht gleichen und mit der Zugehörigkeit zur Kom­munistischen Internationale unvereinbar sein. Es ist eine systematische und planmäßige Agitation auf dem flachen Lande notwendig. Die Arbeiterklasse vermag nicht zu siegen, wenn sie nicht die Landproletarier und wenigstens einen Teil der ärmsten Bauern hinter sich und sich die Neutralität eines Teils der übrigen Dorfbevölkerung durch ihre Politik gesichert hat. Die kommunistische Arbeit auf dem flachen Lande gewinnt gegen­wärtig hervorragende Bedeutung. Sie muß vornehmlich mit Hilfe der revolutionären, kommunistischen Arbeiter der Stadt und des Landes geführt werden, die mit dem flachen Lande Verbindung haben. Der Verzicht auf diese Arbeit oder deren Übergabe in unzuverlässige, halbreformistische Hände gleicht einem Verzicht auf die proletarische Revolution. Jede Partei, die der Kommunistischen Internationale anzuge­hören wünscht, ist verpflichtet, nicht nur den offenen Sozialpa­triotismus, sondern auch die Unaufrichtigkeit und Heuchelei des Sozialpazifismus zu entlarven: den Arbeitern systematisch vor Augen zu führen, daß ohne revolutionären Sturz des Kapitalismus keinerlei internationale Schiedsgerichte, keinerlei Abkommen über Einschränkung der Kriegsrüstungen, keinerlei »demokratische« Erneuerung des Völkerbundes imstande sein werden, neue impe­rialistische Kriege zu verhüten. Die Parteien, die der Kommunistischen Internationale anzu­gehören wünschen, sind verpflichtet, den vollen Bruch mit dem Reformismus und mit der Politik des »Zentrums« anzuerkennen und diesen Bruch in den weitesten Kreisen der Parteimitglieder zu propagieren. Ohne das ist eine konsequente kommunistische Politik nicht möglich. Die Kommunistische Internationale fordert unbedingt und ulti­mativ die Durchführung dieses Bruches in kürzester Frist. Die Kommunistische Internationale vermag sich nicht damit abzu­finden, daß notorische Opportunisten, wie sie jetzt durch Turati, Modigliani, Kautsky, Hilferding, Hillquith, Longuet, Macdonald u. a. repräsentiert werden, das Recht haben sollen, als Angehörige der Kommunistischen Internationale zu gelten. Das könnte nur dazu führen, daß die Kommunistische Internationale in hohem Maße der zugrunde gegangenen II. Internationale ähnlich werden würde. In der Frage der Kolonien und der unterdrückten Nationen ist eine besonders ausgeprägte und klare Stellung der Parteien in denjenigen Ländern notwendig, deren Bourgeoisie im Besitz von Kolonien ist und andere Nationen unterdrückt. Jede Partei, die der Kommunistischen Internationale anzugehören wünscht, ist verpflichtet, die Kniffe »ihrer« Imperialisten in den Kolonien zu entlarven, jede Freiheitsbewegung in den Kolonien nicht nur in Worten, sondern durch Taten zu unterstützen, die Verjagung ihrer einheimischen Imperialisten aus diesen Kolonien zu fordern, in den Herzen der Arbeiter ihres Landes ein wirklich brüderliches Verhältnis zu der arbeitenden Bevölkerung der Kolonien und zu den unterdrückten Nationen zu erziehen und in den Truppen ihres Landes eine systematische Agitation gegen jegliche Unterdrückung der kolonialen Völker zu führen. Jede Partei, die der Kommunistischen Internationale anzuge­hören wünscht, muß systematisch und beharrlich eine kommuni­stische Tätigkeit innerhalb der Gewerkschaften, der Arbeiter- und Betriebsräte, der Konsumgenossenschaften und anderer Massen­organisationen der Arbeiter entfalten. Innerhalb dieser Organi­sationen ist es notwendig, kommunistische Zellen zu organisieren, die durch andauernde und beharrliche Arbeit die Gewerkschaften usw. für die Sache des Kommunismus gewinnen sollen. Die Zellen sind verpflichtet, in ihrer täglichen Arbeit überall den Verrat der Sozialpatrioten und die Wankelmütigkeit des »Zentrums« zu ent­larven. Die kommunistischen Zellen müssen der Gesamtpartei vollständig untergeordnet sein. Jede der Kommunistischen Internationale angehörende Partei ist verpflichtet, einen hartnäckigen Kampf gegen die Amsterdamer »Internationale« der gelben Gewerkschaftsverbände zu führen. Sie muß unter den gewerkschaftlich organisierten Arbeitern die Not­wendigkeit des Bruches mit der gelben Amsterdamer Internationale nachdrücklichst propagieren. Mit allen Mitteln hat sie die ent­stehende internationale Vereinigung der roten Gewerkschaften, die sich der Kommunistischen Internationale anschließen, zu unter­stützen. Parteien, die der Kommunistischen Internationale angehören wollen, sind verpflichtet, den persönlichen Bestand ihrer Parla­mentsfraktionen einer Revision zu unterwerfen, alle unzuverläs­sigen Elemente aus ihnen zu beseitigen, diese Fraktionen nicht nur in Worten, sondern in der Tat den Parteivorständen unterzu­ordnen, indem von jedem einzelnen kommunistischen Parlaments­mitglied gefordert wird, seine gesamte Tätigkeit den Interessen einer wirklich revolutionären Propaganda und Agitation zu un­terwerfen. Die der Kommunistischen Internationale angehörenden Par­teien müssen auf der Grundlage des Prinzips des demokratischen Zentralismus aufgebaut werden. In der gegenwärtigen Epoche des verschärften Bürgerkrieges wird die kommunistische Partei nur dann imstande sein, ihrer Pflicht zu genügen, wenn sie auf mög­lichst zentralistische Weise organisiert ist, wenn eiserne Disziplin in ihr herrscht und ihr Parteizentrum, getragen von dem Ver­trauen der Parteimitgliedschaft, mit der Fülle der Macht, Autorität und den weitestgehenden Befugnissen ausgestattet wird. Die kommunistischen Parteien derjenigen Länder, in denen die Kommunisten ihre Arbeit legal führen, müssen von Zeit zu Zeit Säuberungen (Neuregistrierungen) des Bestandes ihrer Partei­organisation vornehmen, um die Partei von den sich in sie ein­schleichenden kleinbürgerlichen Elementen systematisch zu reinigen. Jede Partei, die der Kommunistischen Internationale anzuge­hören wünscht, ist verpflichtet, jeder Sowjetrepublik in ihrem Kampfe gegen die konterrevolutionären Kräfte bedingungslosen Beistand zu leisten. Die kommunistischen Parteien müssen eine unzweideutige Propaganda führen zur Verhinderung des Trans­ports von Kriegsmunition an Feinde der Sowjetrepubliken; ferner müssen sie unter den zur Erdrosselung von Arbeiterrepubliken entsandten Truppen mit allen Mitteln legal oder illegal Propa­ganda treiben usw. Parteien, die bisher noch ihre alten sozialdemokratischen Pro­gramme beibehalten haben, sind verpflichtet, in möglichst kurzer Zeit diese Programme zu ändern und entsprechend den besonderen Verhältnissen ihres Landes ein neues kommunistisches Programm im Sinne der Beschlüsse der Kommunistischen Internationale auszu­arbeiten. In der Regel muß das Programm jeder zur Kommuni­stischen Internationale gehörenden Partei von dem ordentlichen Kongreß der Kommunistischen Internationale oder dem Exekutiv­komitee bestätigt werden. Im Fall der Nichtbestätigung des Pro­gramms einer Partei durch das Exekutivkomitee der Kommuni­stischen Internationale hat die betreffende Partei das Berufungs­recht an den Kongreß der Kommunistischen Internationale. Alle Beschlüsse der Kongresse der Kommunistischen Inter­nationale wie auch die Beschlüsse ihres Exekutivkomitees sind für alle der Kommunistischen Internationale angehörenden Parteien bindend. Die unter den Bedingungen des schärfsten Bürgerkrieges tätige Kommunistische Internationale muß bei weitem zentrali­sierter aufgebaut werden, als das in der II. Internationale der Fall war. Dabei müssen selbstverständlich die Kommunistische Inter­nationale und ihr Exekutivkomitee in ihrer gesamten Tätigkeit den verschiedenartigen Verhältnissen Rechnung tragen, unter denen die einzelnen Parteien zu kämpfen und zu arbeiten haben, und Beschlüsse von allgemeiner Gültigkeit nur in solchen Fragen fassen, in denen solche Beschlüsse möglich sind. Im Zusammenhang damit müssen alle Parteien, die der Kom­munistischen Internationale angehören wollen, ihre Benennung ändern. Jede Partei, die der Kommunistischen Internationale angehören will, hat den Namen zu tragen: Kommunistische Partei des und des Landes (Sektion der Kommunistischen Internationale). Die Frage der Benennung ist nicht nur eine formelle, sondern in hohem Maße eine politische Frage von großer Wichtigkeit. Die Kommunistische Internationale hat der ganzen bürgerlichen Welt und allen gelben sozialdemokratischen Parteien den Krieg erklärt. Es ist notwendig, daß jedem einfachen Werktätigen der Unter­schied zwischen den kommunistischen Parteien und den alten offiziellen »sozialdemokratischen« oder »sozialistischen« Parteien, die das Banner der Arbeiterklasse verraten haben, klar ist. Alle führenden Presseorgane der Parteien aller Länder sind verpflichtet, alle wichtigen offiziellen Dokumente des Exekutiv­komitees der Kommunistischen Internationale abzudrucken. Alle Parteien, die der Kommunistischen Internationale ange­hören oder einen Antrag auf Beitritt gestellt haben, sind ver­pflichtet, möglichst schnell, aber spätestens 4 Monate nach dem II. Kongreß der Kommunistischen Internationale, einen außer­ordentlichen Kongreß einzuberufen, um alle diese Bedingungen zu prüfen. Dabei müssen die Zentralen dafür sorgen, daß allen Lokal­organisationen die Beschlüsse des II. Kongresses der Kommuni­stischen Internationale bekannt werden. Diejenigen Parteien, die jetzt in die Kommunistische Inter­nationale eintreten wollen, aber ihre bisherige Taktik nicht radikal geändert haben, müssen vor ihrem Eintritt in die Kommunistische Internationale dafür sorgen, daß nicht weniger als zwei Drittel der Mitglieder ihrer Zentralkomitees und aller wichtigsten Zentral­institutionen aus Genossen bestehen, die sich noch vor dem II. Kon­greß der Kommunistischen Internationale unzweideutig für den Eintritt der Partei in die Kommunistische Internationale öffentlich ausgesprochen haben. Ausnahmen sind zulässig mit Zustimmung des Exekutivkomitees der Kommunistischen Internationale. Die Exekutive der Kommunistischen Internationale hat das Recht, auch für die im Paragraph 7 genannten Vertreter der Zentrumsrichtung Ausnahmen zu machen. Diejenigen Parteiangehörigen, welche die von der Kommuni­stischen Internationale aufgestellten Bedingungen und Leitsätze grundsätzlich ablehnen, sind aus der Partei auszuschließen. Dasselbe gilt namentlich von Delegierten zum außerordentlichen Parteitag. Leitsätze über die Arbeitersawjets (1920) Der Kommunismus war in seiner Frühzeit untrennbar mit der Räte(Sowjet)-Idee verbunden. Die Kommunisten waren An­hänger des Rätesystems, sie lehnten den Parlamentarismus ab. Der II. Weltkongreß diskutierte am 5. August 1920 über die »Bedin­gungen, unter welchen Arbeiter- und Soldatenräte geschaffen werden dürfen.« Der Kongreß nahm die von Sinowjew ver­faßten »Leitsätze über die Bedingungen, unter welchen Ar­beitersowjets geschaffen werden dürfen« an, die hier ungekürzt abgedruckt werden. Arbeiterdeputiertenräte (Sowjets) entstanden zuerst in Rußland im Jahre 1905, zur Zeit einer hohen Steigerung der revolutionären Bewegung der russischen Arbeiter. Der Petersburger Sowjet machte bereits im Jahre 1905 die ersten instinktiven Schritte auf dem Wege zur Eroberung der Macht. Der Petersburger Sowjet war zu jener Zeit nur in dem Maße stark, als er Aussichten auf die Eroberung der politischen Macht hatte. Sobald die zaristische Gegenrevolution sich kräftigte und die Arbeiterbewegung abzuebben begann, hörte der Sowjet nach einem Siechtum von kurzer Dauer überhaupt auf zu existieren. Als im Jahre 1916, bei Beginn eines neuen breiten revolutio­nären Aufstiegs in Rußland, die Idee einer sofortigen Organisie­rung von Arbeitersowjets entstand, warnte die bolschewistische Partei die Arbeiter vor einer sofortigen Bildung von Sowjets und wies darauf hin, daß die Bildung von Arbeitersowjets nur in dem Moment angebracht sein wird, wenn die Revolution bereits be­gonnen hat und der unmittelbare Kampf um die Macht auf der Tagesordnung steht. Zu Beginn der Revolution 1917 verwandelten sich die Sowjets der Arbeiterdeputierten in Rußland sofort in Sowjets von Ar­beiter- und Soldatendeputierten, zogen in den Bereich ihres Ein­flusses die breitesten Volksmassen und erlangten sofort eine unge­heure Autorität; denn die reale Macht war auf ihrer Seite und in ihren Händen. Als aber die liberale Bourgeoisie sich von der Über­raschung der ersten revolutionären Schläge erholte und als die Sozialverräter, die Sozialrevolutionäre und Menschewiki, der russischen Bourgeoisie halfen, die Macht in ihre Hände zu nehmen, begann die Bedeutung der Sowjets abzuflauen. Erst nach den Ereignissen vom Juli 1917 und nach dem Scheitern des gegenrevo­lutionären Feldzugs von Kornilow, als die breitesten Volksmassen in Bewegung gerieten und der Zusammenbruch der gegenrevolu­tionären bürgerlich-kompromißlerischen Regierung akut wurde, begannen die Arbeitersowjets wieder aufzublühen und erlangten bald darauf eine entscheidende Bedeutung im Lande. Die Geschichte der deutschen und der österreichischen Revolu­tionen zeigt das nämliche. Als breite Arbeitermassen sich erhoben, als die revolutionäre Woge besonders hoch stieg und die Festen der Monarchie der Hohenzollern und der Habsburger weg­schwemmte, entstanden in Deutschland und Österreich mit Natur­gewalt Arbeiter- und Soldatenräte. In der ersten Zeit war die reale Macht auf ihrer Seite, und die Räte waren auf dem Wege dazu, eine tatsächliche Macht zu werden. Als aber infolge einer ganzen Reihe von historischen Umständen die Macht an die Bour­geoisie und die gegenrevolutionären Sozialdemokraten überging, fingen die Räte bald zu erschlaffen an und schrumpften auf ein Nichts zusammen. In den Tagen des mißlungenen gegenrevolu­tionären Putsches von Kapp-Lüttwitz begannen die Räte in Deutschland für einige Tage wieder aufzuerstehen; sobald aber der Kampf abermals mit einem Siege der Bourgeoisie und der Sozialverräter endete, schliefen diese Räte, die ihr Haupt zu erheben begonnen hatten, wieder ein. Die angeführten Tatsachen zeigen, daß zur Schaffung von Sowjets bestimmte Vorbedingungen erforderlich sind. Arbeiter­sowjets organisieren und sie in Sowjets von Arbeiter- und Sol­datendeputierten verwandeln darf man nur bei Vorhandensein von folgenden drei Vorbedingungen: eines revolutionären Massenaufstiegs unter den breitesten Kreisen der Arbeiter und Arbeiterinnen, der Soldaten und der werktätigen Bevölkerung überhaupt; einer derartigen Verschärfung der wirtschaftlichen und politi­schen Krise, daß die Macht den Händen der früheren Regierung zu entgleiten beginnt; wenn in den Reihen von bedeutenden Schichten von Arbeitern und vor allem in den Reihen der kommunistischen Partei die ernste Bereitschaft ausgereift ist, einen entscheidenden, systema­tischen und planmäßigen Kampf um die Macht zu beginnen. Beim Fehlen dieser Vorbedingungen können und müssen die Kommunisten die Sowjetidee systematisch und beharrlich propa­gieren, sie in den Massen popularisieren, den breitesten Schichten der Bevölkerung beweisen, daß die Sowjets die einzig zweck­mäßige Form des Staates als Übergang zum vollendeten Kommu­nismus sind. Aber die unmittelbare Organisierung von Sowjets ohne die oben angegebenen Bedingungen ist unmöglich. Der Versuch der Sozialverräter in Deutschland, die Sowjets in das allgemeine bürgerlich-demokratische Verfassungssystem einzufügen, erscheint tatsächlich als Verrat an der Arbeitersache und als Irreführung der Arbeiter. Denn wirkliche Sowjets sind nur als Form der Staatsorganisation möglich, die die bürgerliche Demo­kratie ablöst, sie zerbricht und durch eine Arbeiterdiktatur ersetzt. Die Propaganda der rechten Führer der Unabhängigen [d. h. USPD] (Hilferding, Kautsky u. a.), die dahin gerichtet ist, die Vereinbarkeit des »Sowjetsystems« mit einer bürgerlichen Natio­nalversammlung zu beweisen, bedeutet entweder einen völligen Mangel an Verständnis der Entwicklungsgesetze der proletarischen Revolution oder eine bewußte Irreführung der Arbeiterklasse. Sowjets bedeuten die Diktatur des Proletariats. Die Nationalver­sammlung bedeutet die Diktatur der Bourgeoisie. Es ist unmöglich, die Diktatur der Arbeiter mit der Diktatur der Bourgeoisie zu vereinigen und zu versöhnen. Die Propaganda einzelner Vertreter der linken USP in Deutsch­land, die den Arbeitern einen ausgeklügelten und papiernen Plan eines »Rätesystems« präsentieren ohne Zusammenhang mit dem realen Verlauf des Bürgerkrieges, ist eine Schulmeisterei, die die Arbeiter von den Tagesaufgaben des wirklichen Kampfes um die Macht ablenkt. Die Versuche einzelner kommunistischer Gruppen in Frank­reich, in Italien, in Amerika und England, Sowjets zu schaffen, die keine breiten Arbeitermassen umfassen und die daher nicht in den unmittelbaren Kampf um die Macht einzutreten vermögen, schä­digen nur die wirkliche Vorarbeit für eine Sowjetrevolution. Derartige künstliche, treibhausartige »Sowjets« verwandeln sich bestenfalls in kleine Propagandagesellschaften zugunsten der So­wjetmacht, schlimmstenfalls aber können solche mißratenen »Sowjets« nur die Idee der Sowjetmacht in den Augen der brei­testen Volksschichten kompromittieren. Eine besondere Lage gestaltete sich in Deutsch-Österreich, wo es der Arbeiterklasse gelang, Arbeiterräte zu behaupten, die breite Massen von Arbeitern umfassen. Hier erinnert die Lage an den Zeitraum Februar-Oktober 1917 in Rußland. Die Arbeiterräte in Deutsch-Österreich stellen einen erheblichen politischen Faktor dar und bilden den Keim der neuen Macht. Es versteht sich von selbst, daß bei einer derartigen Lage der Dinge die Kommunisten an den Arbeiterräten teilnehmen und den Arbeiterräten helfen müssen, das gesamte soziale, wirtschaftliche und politische Leben des Landes zu durchdringen, daß sie in den Arbeiterräten kommunistische Fraktionen bilden und ihre Ent­wicklung in jeder Weise unterstützen müssen. Sowjets ohne Revolution sind unmöglich. Sowjets ohne prole­tarische Revolution verwandeln sich unabwendbar in eine Parodie auf Sowjets. Wirkliche Massensowjets erscheinen als historisch gegebene Form der Diktatur des Proletariats. Alle aufrichtigen und ernsten Anhänger der Sowjetmacht müssen mit der Sowjet­idee sorgsam umgehen, sie in den Massen unaufhörlich propagieren, aber an die unmittelbare Verwirklichung der Sowjets nur bei Vorhandensein der Bedingungen schreiten, die oben angeführt sind. Leitsätze über die Agrarfrage (1920) Lenin hatte im Bauernland Rußland der Agrarfrage immer eine große Bedeutung beigemessen. Die Komintern folgte seinen Vorstellungen. Am 4. August 1920 diskutierte der II. Welt’ kongreß über die von Lenin verfaßten »Leitsätze über die Agrarfrage«. Nach einem Referat Ernst Meyers wurden die Leitsätze (im folgenden gekürzt wiedergegeben) einstimmig, bei Stimmenthaltung des Italieners Serrati, angenommen. l.Nur das von der Kommunistischen Partei geführte städtische und industrielle Proletariat vermag die werktätigen Massen des flachen Landes vom Joche des Kapitals und des Großgrundbesitzes zu befreien, vor dem Verfall und vor imperialistischen Kriegen zu bewahren, die bei Aufrechterhaltung des kapitalistischen Sy­stems stets und ständig unvermeidlich sind. Die werktätigen Massen auf dem Lande können nicht anders als im Bunde mit dem kom­munistischen Proletariat, in der rückhaltlosen Unterstützung seines revolutionären Kampfes zum Sturze des Joches der Junker (Groß­grundbesitzer) und der Bourgeoisie ihre Rettung finden ... Die werktätigen und ausgebeuteten Massen des flachen Landes, die das städtische Proletariat in den Kampf führen oder jedenfalls auf seine Seite ziehen muß, sind in den kapitalistischen Ländern durch folgende Gruppen vertreten: Erstens: durch das landwirtschaftliche Proletariat, die Lohnar­beiter (Saison-, Wanderarbeiter und Tagelöhner), die ihren Lebens­unterhalt durch Lohnarbeit in den landwirtschaftlichen und mit ihnen verbundenen industriellen Unternehmungen finden. Die selb­ständige, von den übrigen Gruppen der Landbevölkerung getrennte Organisation dieser Klasse einschließlich der Forstarbeiter, Guts­handwerker usw. (politische wie militärische, gewerkschaftliche, ge­nossenschaftliche Organisation, desgleichen für Bildungswesen usw.), eine gesteigerte Propaganda und Agitation unter dieser Gruppe und das Herüberziehen dieser Gruppe auf die Seite der Sowjet­macht und der Diktatur des Proletariats - das ist die grundlegende Aufgabe der Kommunistischen Partei in allen Ländern. Zweitens: durch die Halbproletarier oder die Parzellenbauern, d. h. durch diejenigen, die ihren Lebensunterhalt teils durch Lohn­arbeit in landwirtschaftlichen, industriellen und kapitalistischen Unternehmungen, teils dadurch finden, daß sie sich auf ihrem eigenen oder einem gepachteten Fleckchen Land abmühen, das nur einen Teil der für ihre Familie notwendigen Lebensmittel abgibt... Drittens: die Kleinbauern, d. h. die Landwirte, die Eigentümer oder Pächter kleiner Grundstücke sind, welche die Bedürfnisse ihrer Familie und ihrer Wirtschaft gerade decken und die keine fremde Arbeitskraft mieten ... Die drei obengenannten Gruppen zusammengenommen bilden in allen Ländern die Mehrheit der ländlichen Bevölkerung. Daher ist der Enderfolg der proletarischen Umwälzung nicht nur für die Städte, sondern auch für das flache Land sichergestellt... Unter mittlerer Bauernschaft im wirtschaftlichen Sinne sind die kleinen Landwirte zu verstehen, d. h. Eigentümer oder Pächter kleiner Grundstücke, die unter dem Kapitalismus in der Regel nicht nur der Familie und der Wirtschaft Unterhalt gewähren, sondern auch noch einen kleinen Überschuß abgeben, der wenig­stens in den günstigsten Jahren in Kapital verwandelt werden kann; auch sind die Landwirte häufig in der Lage, fremde Arbeits­kraft zu mieten... Das revolutionäre Proletariat kann es sich, wenigstens für die nächste Zukunft und für den Beginn der Periode der Diktatur des Proletariats, nicht zur Aufgabe machen, diese Schicht auf seine Seite zu ziehen. Es muß sich vielmehr auf die Aufgabe beschränken, sie zu neutralisieren, d. h. zu verhindern, daß sie im Kampf zwi­schen Proletariat und Bourgeoisie der letzten aktive Hilfe leistet. Das Hinundherschwanken dieser Schicht ist unvermeidlich, und zu Beginn der neuen Epoche wird ihre vorwiegende Tendenz in den kapitalistisch entwickelten Ländern zugunsten der Bourgeoisie ausfallen, denn die Weltanschauung und die Stimmungen der Eigentümer sind überwiegend privatkapitalistisch orientiert. Das siegreiche Proletariat wird die Lage dieser Schicht durch Aufhe­bung des Pachtzinses und der Hypothekenschulden, durch Her­gabe von Maschinen, Einführung der Elektrizität in die landwirt­schaftlichen Betriebe usw. verbessern. Die sofortige Aufhebung des Privateigentums durch die proletarische Macht kommt in den meisten kapitalistischen Staaten keineswegs in Frage. Wohl aber wird die proletarische Staatsmacht die Aufhebung aller aus dem Privateigentum herrührenden Pflichten für diese Schicht durch­führen ... Als Großbauernschaft sind die kapitalistischen Unternehmungen in der Landwirtschaft zu betrachten, die in der Regel mit einigen Lohnarbeitern wirtschaften und mit der Bauernschaft nur durch ihre Kulturstufe, ihre Lebensart und durch persönliche, körperliche Mitarbeit in ihrer Wirtschaft verbunden sind. Dies ist die zahlreichste der bürgerlichen Schichten, die unmittel­bare und entschiedene Feinde des revolutionären Proletariats sind. Auf die Befreiung der werktätigen und ausgebeuteten Mehrheit der Landbevölkerung von dem geistigen und politischen Einfluß dieser Ausbeuter, auf den Kampf mit dieser Schicht muß bei der Arbeit der Kommunistischen Partei auf dem Lande das Haupt­augenmerk gerichtet sein. Nach dem Sieg des Proletariats in den Städten sind von dieser Schicht alle möglichen Äußerungen von Widerstand, Sabotage und unmittelbarem bewaffneten Widerstand gegenrevolutionären Cha­rakters unvermeidlich. Daher muß das revolutionäre Proletariat sofort mit der geistigen und organisatorischen Vorbereitung der notwendigen Kräfte beginnen, um diese Schicht zu entwaffnen und ihr, neben dem Sturz der Kapitalisten der Industrie, bei der ersten Äußerung von Widerständen einen entscheidenden, schonungs­losen, vernichtenden Schlag zu versetzen. Zu diesem Zweck muß das ländliche Proletariat bewaffnet und in Sowjets (Gutsräte) organisiert werden, in denen für Ausbeuter kein Platz sein darf und den Proletariern und Halbproletariern der überwiegende Einfluß gesichert werden muß. Die Enteignung der Großbauern selbst darf jedoch nicht die un­mittelbare Aufgabe des siegreichen Proletariats sein; denn für die Vergesellschaftung solcher Wirtschaften sind die materiellen, ins­besondere die technischen, ferner auch die sozialen Bedingungen noch nicht vorhanden. In einzelnen Fällen, wahrscheinlich in Aus­nahmefällen, werden jene Teile ihrer Grundstücke enteignet werden, die verpachtet oder für die kleinbäuerliche Bevölkerung der Umgebung besonders notwendig sind; dieser letzteren muß auch die unentgeltliche Benutzung eines Teiles der landwirtschaft­lichen Maschinen der Großbauern zu gewissen Bedingungen ge­sichert werden. Im allgemeinen kann die proletarische Staatsmacht den Großbauern das Land belassen und wird es nur im Falle des Widerstandes gegen die Macht der Werktätigen und Ausgebeuteten enteignen. Die Erfahrung der proletarischen Revolution Ruß­lands, in der sich der Kampf gegen die Großbauern infolge einer Reihe von besonderen Bedingungen in die Länge gezogen hat und besonders verwickelt war, hat demnach gezeigt, daß diese Schicht, wenn sie für den geringsten Widerstand eine gehörige Lehre erhält, fähig ist, die Anforderungen der proletarischen Staatsmacht loyal zu erfüllen, und daß diese Schicht sogar beginnt, Achtung vor dieser Macht zu empfinden, die jeden Arbeitenden schützt und den reichen Müßiggänger schonungslos verfolgt... Das revolutionäre Proletariat muß unverzüglich, ausnahmslos und ohne jede Entschädigung das gesamte Land der Großgrund­besitzer, Rittergutsbesitzer und derjenigen Personen enteignen, die unmittelbar oder durch ihre Pächter systematisch die Arbeitskraft der Lohnarbeiter, der umliegenden kleinen (nicht selten auch der mittleren) Bauernschaft ausbeuten und nicht selbst körperlich arbeiten... Für die fortgeschrittensten kapitalistischen Länder erkennt die Kommunistische Internationale es für richtig an, den landwirt­schaftlichen Großbetrieb vorwiegend beizubehalten und ihn nach der Art der Sowjetwirtschaften in Rußland zu führen. Ebenso wird es zweckmäßig sein, die Bildung von Kollektivbetrieben (Gutsgenossenschaften, Kommunen) zu unterstützen. In Rußland mußte man infolge der wirtschaftlichen Rückständig­keit des Landes meist zur Aufteilung der Ländereien unter die Bauern und zu ihrer Ausnutzung durch sie schreiten. Nur in ver­hältnismäßig seltenen Ausnahmefällen gelang es, die Ländereien zur Einrichtung einer sogenannten Sowjetwirtschaft zu verwenden, die vom proletarischen Staat auf eigene Rechnung geführt wird; die früheren Lohnarbeiter werden dann gleichzeitig in Staats­arbeiter und Mitglieder des Sowjets, die den Staat verwalten, ver­wandelt. Die Erhaltung der ländlichen Großbetriebe wahrt die Interessen der revolutionären Schicht der Landbevölkerung, der besitzlosen Landarbeiter und der halbproletarischen Parzellenbesitzer, die ihren Unterhalt in der Hauptsache durch Lohnarbeit in den Groß­betrieben verdienen, am besten. Außerdem macht die Nationa­lisierung der Großbetriebe die städtische Bevölkerung wenigstens teilweise in der Versorgungsfrage von der Bauernschaft unab­hängig ... Der Sozialismus wird erst dann den Kapitalismus endgültig besiegen und für immer gesichert sein, wenn die proletarische Staatsmacht jeden Widerstand der Ausbeuter gebrochen, sich voll­ständige Herrschaft und völligen Gehorsam gesichert und die Industrie auf der Grundlage des wissenschaftlichen Großbetriebes und der modernsten Errungenschaften der Technik (Elektrifizierung der gesamten Wirtschaft) wieder aufgebaut hat. Nur das gibt der Stadt die Möglichkeit, technisch und sozial der zurückgebliebenen und zerstreuten Landbevölkerung eine so wirksame Hilfe zu gewähren, daß dadurch die materielle Grundlage für die groß­zügige Hebung der landwirtschaftlichen Produktivität und der ländlichen Arbeit überhaupt geschaffen werden kann. Auch werden auf diese Weise die kleineren Landbesitzer durch die Macht des Beispiels und den eigenen Vorteil veranlaßt, zum großen, gemein­schaftlichen, mit Maschinen arbeitenden Betrieb überzugehen. Besonders auf dem Lande erfordert die wirksame Durchführung eines erfolgreichen Kampfes für den Sozialismus folgendes: Die kommunistischen Parteien müssen dem Industrieproletariat die Erkenntnis der Notwendigkeit von Opfern für den Sturz der Bourgeoisie und für die Festigung der proletarischen Macht an­erziehen; denn die Diktatur des Proletariats bedeutet sowohl die Fähigkeit des Proletariats, alle arbeitenden und ausgebeuteten Massen zu organisieren und zu leiten, als auch die Fähigkeit des Vortrupps, um dieses Zieles willen die äußersten Anstrengungen zu machen und die heroischsten Opfer zu bringen. Für den Erfolg ist es dringend notwendig, daß die arbeitenden, am meisten aus­gebeuteten Massen auf dem Lande durch den Sieg des Proletariats sofort und bedeutend auf Kosten der Ausbeuter in ihrer Lage verbessert werden; denn ohne dies könnte das industrielle Prole­tariat nicht sicher auf die Unterstützung des flachen Landes und auch nicht auf die Versorgung der Städte mit Lebensmitteln rechnen . . . Leitsätze über die Nationalitäten- und Kolonialfrage (1920) Die Komintern war die erste Organisation, die der Kolonial­revolution große Aufmerksamkeit widmete. Der II. Weltkon­greß verhandelte am 26. Juli 1920 über die Nationalitäten- und Kolonialfrage. Lenin selbst hielt dazu das einleitende Referat. Er verlangte, daß die Komintern den Kolonialvölkern »in ihren Aufständen gegen die unterdrückenden Nationen« helfe. Auch den bürgerlichen Freiheitsbewegungen in den Kolo­nien versprach er Unterstützung. Nach längeren Debatten nahm der II. Kongreß die (hier vollständig abgedruckten) Leit­sätze bei drei Stimmenthaltungen an. Die Leitsätze enthalten die grundsätzliche Stellungnahme der Komintern zu Nationalismus und Internationalismus (aber auch zu Bewegungen wie Panislamismus, Zionismus usw.) und spielten noch in den jüngsten Diskussionen des Weltkommu­nismus eine Rolle (vgl. H. Weber: »Konflikte im Weltkom­munismus«, S. 105 ff, 141 f). Der bürgerlichen Demokratie ist ihrem eigentlichen Wesen nach eine abstrakte oder formelle Auffassung in der Frage über die Gleichheit überhaupt und über die nationale Gleichheit im beson­deren eigen. Unter dem Anschein der Gleichheit der menschlichen Persönlichkeit überhaupt proklamiert die bürgerliche Demokratie die formelle juristische Gleichheit des Eigentümers und des Prole­tariers, des Ausbeuters und des Ausgebeuteten, und betrügt da­durch die unterdrückten Klassen in höchstem Maße. Die Idee der Gleichheit, die selbst eine Widerspiegelung der Verhältnisse der Warenproduktion ist, wird von der Bourgeoisie unter dem Vor­wand angeblich absoluter Gleichheit der menschlichen Persönlich­keiten in ein Werkzeug des Kampfes gegen die Vernichtung der Klassen verwandelt. Der wahre Sinn der Gleichheitsforderung liegt nur in der Forderung der Abschaffung der Klassen. Die kommunistische Partei als bewußter Ausdruck des proleta­rischen Klassenkampfes zur Abschüttlung des Jochs der Bourgeoisie soll entsprechend ihrer Hauptaufgabe - Kampf gegen die bürger­liche Demokratie und Entlarvung ihrer Lüge und Heuchelei - auch in der Nationalitätenfrage nicht abstrakte und formelle Prinzipien in den Vordergrund rücken, sondern erstens die genaue Wertung des geschichtlich gegebenen und vor allem wirtschaftlichen Milieus; zweitens die ausdrückliche Ausscheidung der Interessen der unter­drückten Klassen, der Werktätigen, der Ausgebeuteten, aus dem allgemeinen Begriff der sogenannten Volksinteressen, die die Inte­ressen der herrschenden Klasse bedeuten; drittens eine ebenso genaue Trennung der unterdrückten, abhängigen, nicht gleich­berechtigten Nationen von den unterdrückenden, ausbeutenden, vollberechtigten Nationen als Gegengewicht zu der bürgerlich­demokratischen Lüge, welche die der Epoche des Finanzkapitals und Imperialismus eigene koloniale und finanzielle Knechtung der ungeheuren Mehrheit der gesamten Bevölkerung der Welt durch eine geringe Minderheit der reichsten, vorgeschrittensten kapitali­stischen Länder vertuscht. Der imperialistische Krieg von 1914 hat allen geknechteten Nationen und unterdrückten Klassen der ganzen Welt mit beson­derer Klarheit die Lügenhaftigkeit der bürgerlich-demokratischen Phrase bewiesen. Von beiden Seiten mit den Phrasen der Völker­befreiung und des Selbstbestimmungsrechts der Nationen begrün- det, hat einerseits der Friede von Brest-Litowsk und Bukarest, andererseits der Friede von Versailles und St. Germain gezeigt, daß die siegende Bourgeoisie rücksichtslos auch die »nationalen« Grenzen nach ihren wirtschaftlichen Interessen bestimmt. Auch die »nationalen« Grenzen sind für die Bourgeoisie nur Handelsob­jekte. Der sogenannte Völkerbund (»Liga der Nationen«) ist nichts anderes als der Versicherungsvertrag, in dem die Sieger dieses Krieges sich gegenseitig ihren Raub garantieren. Die Bestrebungen auf Wiederherstellung der nationalen Einheit, auf »Wiederver­einigung mit abgetretenen Landesteilen« sind für die Bourgeoisie nichts anderes als der Versuch der Besiegten, Kräfte zu neuen Kriegen zu sammeln. - Die Wiedervereinigung der künstlich zer­rissenen Nationen entspricht auch dem Interesse des Proletariats; seine wirkliche nationale Freiheit und Einheit kann das Proletariat jedoch nur auf dem Wege des revolutionären Kampfes und über die niedergeworfene Bourgeoisie hinweg erreichen. Der Völker­bund und die gesamte Politik der imperialistischen Staaten nach dem Kriege decken diese Wahrheit noch deutlicher und schärfer auf, verstärken überall den revolutionären Kampf des Proletariats der vorgeschrittenen Länder sowie aller werktätigen Massen der Kolo­nien und der abhängigen Länder, beschleunigen den Zusammen­bruch der kleinbürgerlich-nationalen Illusionen über die Möglich­keit eines friedlichen Zusammenlebens und über die Gleichheit der Nationen unter dem Kapitalismus. Aus den dargelegten Grundsätzen folgt, daß der gesamten Politik der Kommunistischen Internationale in der Nationalitäten- und Kolonialfrage hauptsächlich der Zusammenschluß der Prole­tarier und werktätigen Massen aller Nationen und Länder zum gemeinsamen revolutionären Kampf für den Sturz der Grund­besitzer und der Bourgeoisie zugrunde gelegt werden muß. Denn nur ein solcher Zusammenschluß sichert den Sieg über den Kapi­talismus, ohne welchen die Vernichtung der nationalen Unter­drückung und der Nichtgleichberechtigung unmöglich ist. Die weltpolitische Situation hat jetzt die Diktatur des Prole­tariats auf die Tagesordnung gesetzt, und alle Ereignisse der Welt­politik konzentrieren sich unvermeidlich um einen einzigen Mit­telpunkt, und zwar um den Kampf der Weltbourgeoisie gegen die russische Sowjetrepublik, die einerseits die Sowjetbewegungen der Arbeitervorhut aller Länder und andererseits alle nationalen Freiheitsbewegungen der Kolonien und der unterdrückten Völker­schaften um sich schart, die sich durch bittere Erfahrung überzeugt haben, daß es für sie keine Rettung gibt außer ihrer Verbindung mit dem revolutionären Proletariat und dem Sieg der Sowjetmacht über den Weltimperialismus. Folglich darf man sich gegenwärtig nicht auf die bloße Aner­kennung oder Proklamierung der Annäherung der Werktätigen verschiedener Nationen beschränken, sondern muß eine Politik der Verwirklichung des engsten Bündnisses aller nationalen und kolo­nialen Freiheitsbewegungen mit Sowjetrußland führen, wobei die Formen dieses Bündnisses von der Entwicklungsstufe der kommu­nistischen Bewegung unter dem Proletariat jedes Landes oder der revolutionären Freiheitsbewegung in den zurückgebliebenen Län­dern und unter den rückständigen Nationalitäten bestimmt werden. 7. Die Föderation ist eine Übergangsform zur vollen Vereinigung der Werktätigen aller Nationen. Die Föderation hat in der Praxis bereits ihre Zweckmäßigkeit gezeigt, sowohl in den Beziehungen der Sozialistischen Föderativen Sowjetrepublik Rußland zu den übrigen Sowjetrepubliken (der ungarischen, finnischen, lettländi- schen in der Vergangenheit, der aserbeidshanischen, der ukraini­schen in der Gegenwart) als auch innerhalb der Sozialistischen Föderativen Sowjetrepublik Rußland selbst gegenüber den Natio­nalitäten, die weder eine staatliche Existenz noch eine Selbstver­waltung besaßen (z. B. die autonomen Republiken der Baschkiren und Tataren in der Sozialistischen Föderativen Sowjetrepublik Rußland, die 1919 und 1920 geschaffen worden sind). Die Aufgabe der Kommunistischen Internationale besteht in dieser Hinsicht nicht nur in der weiteren Entwicklung, sondern auch im Studium und in der Prüfung der Erfahrungen dieser auf der Basis der Sowjetordnung und der Sowjetbewegung entstehen­den Föderationen. In Anerkennung der Föderation als Über­gangsform zur vollen Vereinigung muß eine immer engere föde­rative Verbindung angestrebt werden, wobei in Erwägung zu ziehen ist: erstens die Unmöglichkeit des Bestehens der von mili­tärisch bedeutend mächtigeren imperialistischen Staaten der ganzen Welt umgebenen Sowjetrepubliken ohne engere Verbindung mit den anderen Sowjetrepubliken; zweitens die Notwendigkeit eines engen wirtschaftlichen Bundes der Sowjetrepubliken, ohne den die Wiederherstellung der durch den Imperialismus vernichteten Pro­duktivkräfte und die Sicherung des Wohlstandes der Werktätigen nicht möglich ist; drittens das Bestreben zur Schaffung einer ein­heitlichen Weltwirtschaft nach einem gemeinsamen Plan, der vom Proletariat aller Nationen geregelt wird. Diese Tendenz ist bereits unter dem Kapitalismus ganz offen zutage getreten und sieht unbedingt ihrer weiteren Entwicklung und Vollendung durch den Sozialismus entgegen. Auf dem Gebiet der innerstaatlichen Beziehungen kann sich die nationale Politik der Kommunistischen Internationale nicht mit der nackten, formalen, nur in Worten erklärten und praktisch zu nichts verpflichtenden Anerkennung der Gleichberechtigung der Nationen begnügen, auf die sich die - mögen sie sich auch »sozia­listisch« nennen - bürgerlichen Demokratien beschränken. Nicht nur in der ganzen Propaganda und Agitation der kommu­nistischen Parteien - sowohl von der Parlamentstribüne als auch außerhalb derselben - müssen die sich in allen kapitalistischen Staaten trotz der »demokratischen« Verfassungen fortgesetzt wiederholenden Verstöße gegen die Gleichberechtigung der Na­tionen und garantierten Rechte der nationalen Minderheiten un­entwegt enthüllt werden; es ist ferner notwendig: erstens beständig darüber aufzuklären, daß nur die Sowjetordnung imstande ist, den Nationen eine wirkliche Gleichberechtigung dadurch zu sichern, daß sie erst die Proletarier und darauf die ganze Masse der Werk­tätigen im Kampf gegen die Bourgeoisie vereinigt; zweitens die revolutionären Bewegungen unter den abhängigen und nicht gleichberechtigten Nationen (z. B. in Irland, unter den Negern Amerikas usw.) und in den Kolonien durch die kommunistische Partei des betreffenden Landes direkt zu unterstützen. Ohne diese letztere besonders wichtige Bedingung bleiben der Kampf gegen die Unterdrückung der abhängigen Nationen und Kolonien wie auch die Anerkennung ihres Rechtes auf staatliche Absonderung ein lügnerisches Aushängeschild, wie wir dies bei den Parteien der Zweiten Internationale sehen. Die Anerkennung des Internationalismus lediglich in Worten, seine Verwässerung in der Tat, in der ganzen Propaganda, Agita­tion ui.'d praktischen Arbeit durch kleinbürgerlichen Nationalismus und Pazifismus ist eine häufige Erscheinung nicht nur bei den Zentrumsparteien der Zweiten Internationale, sondern auch bei denen, die aus dieser Internationale ausgetreten sind. Diese Er­scheinung findet man nicht selten sogar bei solchen Parteien, die sich jetzt kommunistisch nennen. Der Kampf mit diesem Übel, mit den am tiefsten eingewurzelten kleinbürgerlich-nationalen Vor­urteilen, die in allen möglichen Formen auftreten wie Rassenhaß, nationale Verhetzung, Antisemitismus, muß um so mehr in den Vordergrund gerückt werden, je brennender die Frage der Um­wandlung der Diktatur des Proletariats aus einer nationalen Dik­tatur (d. h. einer nur in einem Lande existierenden und zur Führung einer selbständigen Weltpolitik unfähigen Diktatur) in eine internationale Diktatur (d. h. in eine Diktatur des Proleta­riats wenigstens in einigen vorgeschrittenen Ländern, die fähig ist, einen entscheidenden Einfluß auf die ganze Weltpolitik auszu­üben) wird. Der kleinbürgerliche Nationalismus erklärt als Inter­nationalismus die bloße Anerkennung der Gleichberechtigung der Nationen und hält (ganz abgesehen davon, daß eine derartige An­erkennung nur in Worten geschieht) den nationalen Egoismus für unantastbar. Der proletarische Internationalismus dagegen fordert: 1. die Unterordnung der Interessen des proletarischen Kampfes des einen Landes unter die Interessen dieses Kampfes im Weltmaßstäbe; 2. von der Nation, die ihren Sieg über die Bourgeoisie durchführt, die Fähigkeit und Bereitwilligkeit, die größten nationalen Opfer zu bringen, um den internationalen Kapitalismus zu stürzen. Daher ist in den bereits vollständig kapitalistischen Staaten, die Arbeiterparteien haben, die tatsächlich einen Vortrupp des Prole­tariats darstellen, der Kampf mit den opportunistischen und klein­bürgerlich-pazifistischen Verdrehungen der Begriffe und der Politik des Internationalismus die erste und wichtigste Aufgabe. In bezug auf die Staaten und Nationen, die einen mehr zurück­gebliebenen, vorwiegend feudalen oder patriarchalen oder pa­triarchal-bäuerlichen Charakter tragen, muß man insbesondere folgende Punkte im Auge behalten: Alle kommunistischen Parteien müssen die revolutionären Frei­heitsbewegungen in diesen Ländern durch die Tat unterstützen. Die Form der Unterstützung muß mit der kommunistischen Partei des betreffenden Landes erörtert werden, wenn es eine solche Partei gibt. In erster Linie trifft diese Verpflichtung zur tatkräftigen Hilfe die Arbeiter desjenigen Landes, von dem die zurückgebliebene Nation in kolonialer oder finanzieller Hinsicht abhängt. Unbedingt ist der Kampf gegen den reaktionären und mittel­alterlichen Einfluß der Geistlichkeit, der christlichen Missionen und ähnlicher Elemente zu führen. Notwendig ist der Kampf gegen den Panislamismus und die panasiatische Bewegung und ähnliche Strömungen, die den Ver­such machen, den Freiheitskampf gegen den europäischen und amerikanischen Imperialismus mit der Stärkung der Macht des türkischen und japanischen Imperialismus und des Adels, der Großgrundbesitzer, der Geistlichen usw. zu verbinden. Notwendig ist besonders die Unterstützung der Bauernbewe­gung in den rückständigen Ländern gegen die Grundbesitzer und alle Formen und Überreste des Feudalismus. Man muß vor allem danach streben, der Bauernbewegung einen möglichst revolutio­nären Charakter zu geben, womöglich die Bauern und alle Ausge­beuteten in Sowjets zu organisieren und so eine möglichst enge Verbindung zwischen dem westeuropäischen kommunistischen Pro­letariat und der revolutionären Bewegung der Bauern im Osten, in den Kolonien und den rückständigen Ländern herzustellen. Notwendig ist ein entschlossener Kampf gegen den Versuch, der nicht wirklich kommunistischen revolutionären Freiheitsbe­wegung in den zurückgebliebenen Ländern ein kommunistisches Mäntelchen umzuhängen. Die Kommunistische Internationale hat die Pflicht, die revolutionäre Bewegung in den Kolonien und den rückständigen Ländern nur zu dem Zweck zu unterstützen, um die Bestandteile der künftigen proletarischen Parteien - der wirk­lich und nicht nur dem Namen nach kommunistischen - in allen rückständigen Ländern zu sammeln und sie zum Bewußtsein ihrer besonderen Aufgaben zu erziehen, und zwar zu den Aufgaben des Kampfes gegen die bürgerlich-demokratische Richtung in der eigenen Nation. Die Kommunistische Internationale soll ein zeit­weiliges Zusammengehen, ja selbst ein Bündnis mit der revolutio­nären Bewegung der Kolonien und der rückständigen Länder her­stellen, darf sich aber nicht mit ihr zusammenschließen, sondern muß unbedingt den selbständigen Charakter der proletarischen Bewegung - sei es auch in ihrer Keimform - aufrechterhalten. Notwendig ist es, unter den breitesten Massen der Werktätigen aller und insbesondere der rückständigen Länder und Nationen fortgesetzt den Betrug aufzudecken und aufzuklären, den die imperialistischen Mächte mit Hilfe der privilegierten Klassen in den unterdrückten Ländern dadurch begehen, daß sie unter der Maske politisch unabhängiger Staaten Staatsgebilde ins Leben rufen, die wirtschaftlich, finanziell und militärisch vollständig von ihnen abhängig sind. Als ein krasses Beispiel des Betruges der arbeitenden Klassen jener unterdrückten Nation, zu dem der Ententeimperialismus und die Bourgeoisie der betreffenden Nation ihre Bemühungen vereinigen, kann die Palästina-Affäre der Zionisten bezeichnet werden (wie der Zionismus überhaupt unter dem Deckmantel der Schaffung eines Judenstaates in Palästina tatsächlich die arabische Arbeiter­bevölkerung Palästinas, wo die werktätigen Juden nur eine kleine Minderheit bilden, der Ausbeutung Englands preisgibt). In den heutigen internationalen Verhältnissen gibt es für die abhängigen und schwachen Nationen keine andere Rettung mehr als ein Bünd­nis mit Räterepubliken. 12. Die jahrhundertelang andauernde Knechtung der kolonialen und schwachen Völkerschaften durch die imperialistischen Groß­mächte hinterließ in den werktätigen Massen der geknechteten Länder nicht nur Gefühle der Erbitterung, sondern auch Gefühle des Mißtrauens gegen die unterdrückenden Nationen im allge­meinen, darunter auch gegen das Proletariat dieser Nationen. Der niederträchtige Verrat am Sozialismus durch die Mehrheit der offiziellen Führer dieses Proletariats in den Jahren 1914-19, als die Sozialpatrioten unter der »Vaterlandsverteidigung« die Ver­teidigung des »Rechts« »ihrer« Bourgeoisie auf Knechtung der Kolonien und Ausplünderung der finanziell abhängigen Länder verbargen - dieser Verrat konnte dieses vollständig gerechte Miß­trauen nur bestärken. Da dieses Mißtrauen und die nationalen Vorurteile erst nach der Vernichtung des Imperialismus in den vor­geschrittenen Ländern und nach der radikalen Umformung der gesamten Grundlagen des wirtschaftlichen Lebens der rückständi­gen Länder ausgerottet werden können, so kann die Beseitigung dieser Vorurteile nur sehr langsam vor sich gehen. Daraus ergibt sich für das klassenbewußte kommunistische Proletariat aller Länder die Verpflichtung zu besonderer Vorsicht und besonderer Aufmerksamkeit gegenüber den an sich überlebten nationalen Gefühlen in den lange Zeit geknechteten Ländern und Völker­schaften und zugleich die Verpflichtung, Zugeständnisse zu machen, um dieses Mißtrauen und diese Vorurteile desto rascher zu be­seitigen. Ohne freiwilligen Zusammenschluß des Proletariats und damit aller werktätigen Massen aller Länder und der Nationen der ganzen Welt zu einem Bunde und einer Einheit kann der Sieg über den Kapitalismus nicht mit vollem Erfolg zu Ende geführt werden. 10] Leitsätze über die kommunistischen Parteien und den Parlamentarismus (1920) Die Komintern lehnte den Parlamentarismus ab. Allerdings bedeutete das nicht, daß sie auch Parlamentswahlen, die Betei­ligung an Parlamenten usw. sabotierte, wie das ihr ultralinker Flügel forderte. Lenin wies dieses Ansinnen in seiner Schrift »Der >Radikalismus<, die Kinderkrankheit des Kommunismus« zurück. Auf dem II. Weltkongreß kam es am 2. August 1920 bei der Behandlung dieses Themas zu heftigen Diskussionen. Die von Bucharin ausgearbeiteten umfangreichen (im folgenden gekürzt wiedergegebenen) Leitsätze wurden vor allem vom italieni­schen Delegierten Bordiga kritisiert, der jede Wahlbeteiligung für falsch erklärte. Schließlich wurden die Bucharinschen Thesen angenommen. Sie zeigen die grundsätzliche Haltung der Kom­intern zum Parlamentarismus. Die Aktualität der Leitsätze bewies in den letzten Jahren der Konflikt zwischen Moskau und Peking. Während Peking (wie früher die Komintern) jeden »parlamentarischen Weg« zur Macht ablehnt, hält Mos­kau ihn unter bestimmten Voraussetzungen für möglich. ... 1. Der Parlamentarismus als Staatssystem ist eine »demokrati­sche« Herrschaftsform der Bourgeoisie geworden, die auf einer bestimmten Entwicklungsstufe der Fiktion einer Volksvertretung bedarf, die äußerlich als eine Organisation eines außerhalb der Klassen stehenden »Volkswillens« erscheint, im wesentlichen aber eine Maschine zur Unterdrückung und Unterjochung in den Hän­den des herrschenden Kapitals ist. Der Parlamentarismus ist eine bestimmte Form der Staatsord­nung; daher kann er durchaus nicht die Form der kommunisti­schen Gesellschaft sein, die weder Klassen noch Klassenkampf, noch irgendeine Staatsmacht kennt. Der Parlamentarismus kann auch keine Form der proletarischen Staatsverwaltung in der Übergangsperiode von der Diktatur der Bourgeoisie zur Diktatur des Proletariats sein. Im Augenblick des zugespitzten Klassenkampfes, im Bürgerkrieg, muß das Proletariat seine staatliche Organisation unvermeidlich als Kampfesorgani- sation aufbauen, in welche die Vertreter der früher herrschenden Klassen nicht zugelassen werden. Dem Proletariat ist in diesem Stadium jede Fiktion des »Volkswillens« direkt schädlich. Das Proletariat bedarf keiner parlamentarischen Teilung der Macht, sie ist ihm schädlich. Die Form der proletarischen Diktatur ist die Sowjetrepublik. Die bürgerlichen Parlamente, einer der wichtigsten Apparate der bürgerlichen Staatsmaschine, können als solche nicht auf die Dauer erobert werden, wie das Proletariat überhaupt nicht den bürgerlichen Staat erobern kann. Die Aufgabe des Proletariats besteht darin, die Staatsmaschine der Bourgeoisie zu sprengen, sie zu zerstören, und zugleich mit ihr die Parlamentsinstitutionen, mögen es republikanische oder konstitutionell-monarchistische sein. 5. Nicht anders ist es mit den Kommunaleinrichtungen der Bour­geoisie, die den Staatsorganen gegenüberzustellen theoretisch unrichtig ist. In Wirklichkeit sind sie ähnliche Apparate des Staats­mechanismus der Bourgeoisie, die von dem revolutionären Prole­tariat vernichtet und durch örtliche Sowjets der Arbeiterdepu­tierten ersetzt werden müssen. 6. Folglich verneint der Kommunismus den Parlamentarismus als Form der Zukunftsgesellschaft. Er verneint ihn als Form der Klassendiktatur des Proletariats. Er verneint die Möglichkeit, die Parlamente dauernd zu erobern; er setzt sich die Zerstörung des Parlamentarismus zum Ziel. Daher kann nur von der Ausnutzung der bürgerlichen Staatseinrichtungen zum Zweck ihrer Zerstörung die Rede sein. In diesem und nur in diesem Sinne kann die Frage gestellt werden ... Die wichtigste Kampfmethode des Proletariats gegen die Bour­geoisie, d. h. gegen ihre Staatsmacht, ist vor allen Dingen die Massenaktion. Die Massenaktionen werden von den revolutio­nären Massenorganisationen (Gewerkschaften, Parteien, Räten) des Proletariats unter der allgemeinen Führung einer einheitlichen, disziplinierten, zentralisierten kommunistischen Partei organisiert und geleitet. Der Bürgerkrieg ist ein Krieg; in diesem Krieg muß das Proletariat sein tapferes politisches Offizierkorps, seinen starken politischen Generalstab haben, die alle Operationen auf allen Gebieten des Kampfes leiten. Der Massenkampf ist ein ganzes System sich entwickelnder Aktionen, die sich in ihrer Form verschärfen und logisch zum Aufstand gegen den kapitalistischen Staat führen. In diesem Massenkampf, der sich zum Bürgerkrieg entwickelt, muß die führende Partei des Proletariats in der Regel alle legalen Stel­lungen festigen, indem sie sie zu Hilfsstützpunkten ihrer revolu­tionären Tätigkeit macht und diese Stellungen dem Plan des Hauptfeldzuges, der Kampagne des Massenkampfes, unterordnet. 11. Ein solcher Hilfsstützpunkt ist die Tribüne des bürgerlichen Parlaments. Gegen die Teilnahme am parlamentarischen Kampf kann durchaus nicht die Begründung angeführt werden, daß das Parlament eine bürgerliche Staatsinstitution sei. Die kommunisti­sche Partei geht in diese Institutionen nicht hinein, um dort orga­nische Arbeit zu leisten, sondern um vom Parlament aus den Massen zu helfen, die Staatsmaschine und das Parlament selbst durch die Aktion zu sprengen (z. B. die Tätigkeit Liebknechts in Deutsch­land, der Bolschewiki in der zaristischen Duma, in der »demo­kratischen Beratung«, in dem »Vorparlament« Kerenskis, in der »Konstituierenden Versammlung« und in den Stadtdumas, schließ­lich die Tätigkeit der bulgarischen Kommunisten)... 14. Die Wahlkampagne selbst soll nicht im Geiste der Jagd auf eine Höchstzahl von Parlamentsmandaten geführt werden, sondern im Geiste revolutionärer Mobilisierung der Massen für die Lo­sungen der proletarischen Revolution. Die Wahlkampagne soll von der gesamten Masse der Parteimitglieder geführt werden und nicht nur von der Elite der Partei. Es ist notwendig, dabei alle Massenaktionen (Ausstände, Demonstrationen, Gärungen unter den Soldaten und Matrosen usw.), die gerade stattfinden, auszu­nutzen und mit ihnen in enge Fühlung zu kommen. Das Heran­ziehen aller proletarischen Massenorganisationen zur aktiven Tä­tigkeit ist notwendig ... 16. Der prinzipielle »Antiparlamentarismus« in dem Sinne abso­luter und kategorischer Ablehnung der Teilnahme an den Wahlen und der revolutionären parlamentarischen Tätigkeit ist also eine naive kindische Doktrin unter jeder Kritik, eine Doktrin, die bis­weilen einen gesunden Ekel vor den politikasternden Parlamen­tariern zur Grundlage hat, die aber nicht zugleich die Möglichkeit eines revolutionären Parlamentarismus sieht. Außerdem ist diese Doktrin oft mit einer ganz unrichtigen Vorstellung von der Rolle der Partei verbunden, die in der Kommunistischen Partei nicht den zentralisierten Stoßtrupp der Arbeiter, sondern ein dezen­tralisiertes System lose miteinander verbundener Gruppen sieht... 19. Dabei soll man beständig die relative Unwichtigkeit dieser Frage im Auge behalten. Da der Schwerpunkt im außerhalb des Parlaments geführten Kampf um die Staatsmacht liegt, so ver­steht es sich von selbst, daß die Frage der proletarischen Diktatur und des Massenkampfes dafür mit der besonderen Frage der Aus­nutzung des Parlamentarismus nicht gleichzustellen ist. 20. Daher betont die Kommunistische Internationale mit aller Ent­schiedenheit, daß sie jede Spaltung oder jeden Spaltungsversuch innerhalb der kommunistischen Parteien in dieser Richtung und nur aus diesem Grunde für einen schweren Fehler hält. Der Kon­greß ruft alle Elemente, die auf dem Boden der Anerkennung des Massenkampfes um die proletarische Diktatur unter der Führung der zentralisierten Partei des revolutionären Proletariats stehen, die ihren Einfluß auf alle Massenorganisationen der Arbeiter aus­übt, auf, die völlige Einheit der kommunistischen Elemente anzu­streben, trotz der möglichen Meinungsverschiedenheiten über die Frage der Ausnutzung der bürgerlichen Parlamente ... Sinowjew: Die Kämpfe der Komintern (1921) Auf dem III. Weltkongreß (22.6.-12.7.1921) gab der Vor­sitzende der Komintern, Sinowjew, den Bericht des EKKI. In seinem sehr ausführlichen Referat ging er auch auf die Rolle des EKKI in Moskau und auf den Zentralismus ein. Dieser hier wiedergegebene Abschnitt bildet den Schluß seiner Aus­führungen. ... Was soll nun weiter geschehen? Welche Linie sollen wir weiter einhalten? Ich glaube, im großen und ganzen war die Linie des II. Kongresses richtig. Die linken Abweichungen der englischen und amerikanischen Genossen während des II. Kongresses müssen wir beseitigen, wir müssen eine gerade Linie haben. Der Kampf nach rechts ist bei weitem noch nicht beendigt; er hat noch nicht einmal angefangen, wenn wir bedenken, daß wir in Amsterdam noch eine Gewerkschaftsinternationale mit 20 Millionen Arbeitern haben. Der Kampf nach rechts ist die Hauptsache. Der Kampf gegen die Gewerkschaften, gegen die Zentristen ist eine Frage der Taktik. Nur weil wir eine gute Taktik vorgeschrieben haben, konnten wir im Laufe des Jahres in den verschiedenen Ländern diese Erfolge erzielen. Unsere Taktik war richtig, und auf diesem Wege werden wir auch siegen. Die große Parole für die Länder, in denen wir im dritten Jahre des Kampfes noch nicht die Mehr­heit haben, ist, dafür zu sorgen, daß wir uns die Mehrheit er­kämpfen und an die Massen herankommen. Eine internationale Strategie hatten wir fast noch nie. Ich hörte von manchen Genossen, ja, internationale Strategie, was soll das heißen? In einem Parlament Obstruktion treiben, an bestimmten Tagen internationale Demonstrationen und Streiks machen? Ja, Genossen, auch das, ich muß sagen, sogar das haben wir noch nicht getan. Wir haben keine einzige internationale Demonstration or­ganisiert. Diese Schwächen müssen wir erkennen und offen aus­sprechen. Wir müssen das nachholen und in diesem Jahre internationale Kundgebungen organisieren. Wir müssen internationale Demon­strationen veranstalten, international in den Parlamenten auftre- ten; das wird sogar in Frankreich geschehen. Es muß mit diesen kleinen Dingen angefangen werden. In ein Land eine Bresche zu schlagen zur Unterstützung und Vertiefung des Kampfes des zwei­ten Landes, das haben wir bisher noch nicht verstanden. Wir waren zu schwach. Wir standen auf zu schwachen Füßen. Das gutzuma­chen, ist unsere jetzige Aufgabe. Noch einige Worte über den Zentralismus. Man hat versucht zu behaupten, daß wir einen schrecklichen Druck, einen schrecklichen Zentralismus ausüben. Das Gegenteil ist der Fall. Wir waren eine viel zu lockere Organisation. Wir verstehen sehr gut, daß viele große Fragen solcher Natur sind, daß die betreffenden Parteien sie im Rahmen ihrer nationalen Verhältnisse selbst lösen müssen. Wir haben leichtfertige Forderungen aufgestellt, Fragen international zu lösen, die der Sache nach nur national gelöst werden können. Es gibt aber Fragen, wo internationale Bedingungen aufgestellt werden müssen. Wir müssen eine viel zentralistischere Organisation haben, wir müssen die Verbindungen viel straffer und besser aus­bauen, als dies bisher geschehen ist. Es wird in dümmster Weise viel über das Diktat von Moskau geschrien. In Wirklichkeit aber ist die einzige Beschuldigung, die man gegen uns erheben kann, die, daß wir nicht genügend zentralistisch, nicht genügend zusammen­fassend organisiert waren. (Rufe: sehr richtig!) Die Bourgeoisie organisiert sich viel besser als wir. Wir müssen ihr nachstreben, wir müssen verstehen, daß wir eine einheitliche internationale Partei aufbauen müssen. Genossen! Ihr sollt mit Eurem Urteil nicht zurückhalten. Die Fehler erkennen wir selbst. Ihr sollt für die nächste Exekutive aus jedem Lande die besten Kräfte geben. Ihr dürft nicht urteilen: Den brauchen wir zu Hause nicht, der kann nach Moskau gehen. Man wird zwanzigmal mehr Dummheiten machen, wenn von dem betreffenden Land nicht ein führender Genosse da ist, auf den man sich verlassen kann. Man muß einsehen, daß es kein Luxus ist, eine Exekutive zu haben; man darf nicht sagen, man hat ohnehin alles Gute: Partei, Gewerkschaften, Organisationen, wozu noch eine Exekutive. So ist die Sache nicht. Man muß die Arbeit der Exekutive sehr ernst nehmen! Wollt Ihr eine tüchtige Internatio­nale, eine tüchtige Exekutive, ein ernstes internationales Proleta­riat, so müßt Ihr uns die besten Kräfte geben. Man wirft uns Fehler vor, man sagt, die Verbindungen seien schlecht gewesen! Aber, Genossen, ich wende den Spieß um und frage die Parteien: Was habt Ihr gemacht, um das alles zu organisieren? Fast nichts. Eure Kritik ist uns willkommen; aber wir verlangen auch Selbst­kritik! Für die Exekutive brauchen wir die besten Kräfte, zahl­reiche Kräfte, auch genügend technische Hilfskräfte, ernste Opfer aller Parteien. Wird uns das gegeben, so werden wir im nächsten Jahre eine Exekutive haben, auf die das Wort »Generalstab der proletarischen Revolution« paßt. Denn bisher konnten wir diesen Ausdruck nur euphemistisch für uns in Anspruch nehmen. Wir haben diese Bezeichnung nicht verdient. Man hat der Partei ein bißchen nachgehinkt, ihr den Weg gezeigt, im großen ganzen haben wir aber die Linie des II. Kongresses nicht verlassen, sondern sie konkret ausgeführt. Im nächsten Jahre muß es besser werden; wir müssen eine wirkliche internationale Exekutive aufbauen. Wenn die Exekutive in dieser Art aufgebaut sein wird, wenn wir unsere Taktik noch einmal geprüft, wenn wir die Feuerprobe bestanden haben werden und wenn wir die Hauptlinie unserer Taktik im Kampf um die Massen bestätigt finden, dann erst wird die wirkliche internationale Arbeit der Exekutive der Kommuni­stischen Internationale einsetzen. Dann wird die Exekutive in der Zeit zwischen den Kongressen in der Tat die höchste Macht dar­stellen; ihr Wort wird Gesetz sein, es wird dann keine unantast­baren Parteien, keine unantastbaren Programme mehr geben, sondern eiserne Disziplin, internationale, proletarische Disziplin im Kampfe gegen die Bourgeoisie. (Stürmischer, langanhaltender Beifall.) Trotzki: Die neuen Aufgaben der Komintern (1921) Auf dem III. Weltkongreß hielt Trotzki am 27. Juni 1921 das Hauptreferat »Die wirtschaftliche Weltkrise und die neuen Aufgaben der Kommunistischen Internationale«. Aus der langen Rede Trotzkis, in der vor allem eine Analyse der Welt­wirtschaft gegeben wurde, sind hier der Anfang und der Schluß abgedruckt. Genossinnen und Genossen! Auf dem Ersten und Zweiten Kon­greß der Kommunistischen Internationale haben wir die Weltlage in Aufrufen, in Manifesten charakterisiert, ohne in eine nähere Diskussion darüber einzutreten. Damals handelte es sich darum, die neue Situation, wie sie durch den Krieg geschaffen worden ist, in allgemeinen prägnanten Zügen zu charakterisieren und in das Bewußtsein der Arbeiterschaft einzugraben. Jetzt stellt sich dieselbe Frage viel komplizierter vor uns. Das dritte Nachkriegsjahr naht seinem Ende. Es sind höchst wichtige Erscheinungen ökonomischer und politischer Art eingetreten. Das Kapital sitzt noch immer fast in der ganzen Welt auf dem Thron, und wir müssen uns darüber Rechenschaft geben, ob unsere Einstellung im großen und ganzen, die Einstellung auf die Weltrevolution, jetzt unter den gegebenen Verhältnissen noch immer richtig bleibt. Es ist eine Veränderung in den Kräfteverhältnissen eingetreten, die nicht zu leugnen ist. Es fragt sich nur, ob diese Veränderung auf tieferen Verschie­bungen in den Kräfteverhältnissen beruht, oder ob sie mehr ober­flächlicher Natur ist. Wenn wir uns in die Stimmung, die im Jahre 1919 geherrscht hat - das war das kritischste Jahr für das Kapital nach dem Kriege -, zurückversetzen und dann die psychologische Situation, die Stimmung der Klassen, der Parteien, der Staatsmacht usw. mit den betreffenden Erscheinungen von heute vergleichen, so werden wir konstatieren müssen, daß die Bourgeoisie sich heute noch immer stark fühlt. Gestern war sie vielleicht noch stärker - jedenfalls aber fühlt sie sich heute noch viel stärker, als sie sich im Jahre 1919 gefühlt hatte ... Mit einem Worte, die Situation ist jetzt zur Zeit des III. Kon­gresses der Kommunistischen Internationale nicht dieselbe wie zur Zeit des Ersten und Zweiten Kongresses. Damals haben wir uns die große Perspektive aufgestellt und die große Linie gezeichnet und haben gesagt: Auf dieser Linie, in diesem Zeichen wirst du das Proletariat erfassen und in der Welt siegen. Ist es richtig geblieben? Vollkommen! In diesem großen Umfange ist es vollkommen richtig geblieben. Nur die Auf- und Abbewegung dieser Linie hatten wir nicht vorgezeichnet, und wir bemerken sie jetzt. Wir bemerken sie durch unsere Niederlagen und unsere Enttäuschungen und auch durch unsere großen Opfer wie durch unsere irrtümlichen Aktio­nen, die in allen Ländern vorkamen; bei uns in Rußland in großem Umfange. Erst jetzt sehen und fühlen wir, daß wir nicht so un­mittelbar nahe dem Endziel, der Eroberung der Macht, der Welt­revolution stehen. Wir haben damals im Jahre 1919 uns gesagt: Es ist die Frage von Monaten, und jetzt sagen wir, es ist die Frage vielleicht von Jahren. Wir wissen es nicht genau, aber wir wissen um so besser, daß die Entwicklung in dieser Richtung geht, und daß wir während dieser Zeit in der ganzen Welt viel stärker ge­worden sind. Wir haben noch nicht die Mehrheit der Arbeiterklasse der gesamten Welt für uns. Wir haben aber einen viel größeren Teil, als wir vor ein oder zwei Jahren hatten. Nachdem wir diese Situation auch taktisch analysieren, was eine wichtige Aufgabe des Kongresses ist, müssen wir uns sagen: Der Kampf wird vielleicht langwierig sein, wird nicht so fieberhaft, wie es wünschenswert wäre, vorwärts­schreiten, der Kampf wird höchst schwierig und opferreich sein. Wir sind durch die angehäuften Erfahrungen gewitzigt worden. Wir werden in diesem Kampfe und durch den Kampf zu manö­vrieren verstehen. Wir werden nicht nur die eine mathematische Linie, sondern auch die wechselnde Situation für die reinrevo­lutionäre Linie einzusetzen wissen. Wir werden auch in der Zer­setzung der kapitalistischen Klasse zu manövrieren verstehen, immer, um die Kräfte der Arbeiterschaft für die soziale Revolution zusammenzufassen. Ich glaube, daß unsere Erfolge wie auch unsere Mißerfolge das bewiesen haben, daß nicht darin der Unterschied zwischen uns und den Sozialdemokraten und Unabhängigen be­steht, daß wir gesagt hätten, wir werden die Revolution im Jahre 1919 machen, und sie uns geantwortet haben, die Revolution werde viel später kommen. Nicht darin besteht der Unterschied. Er besteht darin, daß die Sozialdemokratie und die Unabhängigen das Bürgertum gegen die Revolution in jeder Situation unter­stützen, wir aber bereit sind und bereit bleiben, jede Situation, wie sie sich immer auch gestalten mag, für den revolutionären Angriff und für die Eroberung der politischen Macht auszunützen. (Stürmischer Beifall.) Radek: Die Taktik der Komintern (1921) Karl Radek referierte auf dem III. Weltkongreß am 30. Juni 1921 über die Taktik der Kommunistischen Internationale. Aus seinem umfangreichen Referat sind hier Anfang und Schluß wiedergegeben. Die Frage nach der Taktik der Kommunistischen Internationale ist keine von den Tatsachen, von der Zeitperiode des Wirkens der Kommunistischen Internationale unabhängig aufzustellende Frage. Die Kommunistische Internationale muß bei der Bestimmung ihrer Taktik von der konkreten Analyse der Epoche, in der sie wirkt, ausgehen. Darum haben wir versucht, am Anfang des Kongresses im Referat des Genossen Trotzki eine möglichst objektive Dar­stellung der jetzt wirkenden Kräfte zu geben, eine Darstellung, die erlaubte zu sagen, ob die Weltrevolution sich im allgemeinen in aufsteigender oder niedergehender Linie befindet. Denn es ist vollkommen klar, daß die Kommunistische Internationale auch im Falle einer Niederlage der Weltrevolution existieren und wirken würde. Im Falle einer langen Atempause der kapitalistischen Ge­sellschaft hat sie eben andere Aufgaben als in einer Situation, die wir im allgemeinen als die Tendenz der aufsteigenden Linie der Revolution ansehen. Sie hätte dann nicht die Aufgabe, die Prole­tarier auf alle Möglichkeiten des Bürgerkriegs direkt vorzubereiten. Sie hätte in erster Linie dann die Aufgabe der Organisation und Agitation, der Formierung der Heere für kommende Schlachten. Nun, Genossen, das Referat des Genossen Trotzki zeigte, daß wir der Meinung sind, daß bisher keine Kräfte sichtbar sind, die uns zu der Auffassung veranlassen könnten, daß die Entwicklung der Weltrevolution durch die aufbauenden und konsolidierenden Kräfte des Kapitalismus unterbrochen worden ist. In dem Referat Trotz­kis und der Diskussion wurde darauf hingewiesen, daß, wenn wir die Linie, den Kurs auf die Weltrevolution nehmen, es keinesfalls bedeutet, daß wir doktrinär uns vor der Möglichkeit verschließen, daß Intervalle eintreten können, daß die Weltwirtschaftskrise einer vorübergehenden Besserung der Konjunktur Platz machen kann. Aber als Grundlinie, als allgemeiner Kurs, den wir nehmen, ist die Tatsache festzustellen: Die Kräfte der Weltrevolution wirken sich weiter aus, und wir stehen nicht vor einem Nieder­gang der Weltrevolution, sondern wir stehen vor der Sammlung der revolutionären Kräfte zu neuen Kämpfen . . . Wir sehen den Weg zur Weltrevolution in der Eroberung der großen Massen. Diese Massen wollen wir in die großen Kämpfe führen, vor die uns die Geschichte gestellt hat. Und wir werden sie um so besser führen, wenn jeder Tag, sogar der Tag, an dem die Reveille nicht geblasen wird, diese Massen weckt und zusam­menschweißt, wenn wir jeden Tag alle Möglichkeiten prüfen und aus ihnen das Letzte herausholen, was revolutionäre Energie, ge­paart mit klarer Einsicht, herauszuholen uns erlaubt. Wenn wir so handeln, ist unser Sieg sicher. Der Kampf in Westeuropa wird schwerer sein als der, der uns zur Macht gebracht hat. Und wenn wir Niederlagen erleiden, wenn ein langes Martyrium hinter uns liegt, so ist es darum, weil dieses große Proletariat in diesen Nie­derlagen erst lernen muß, wie es zu siegen hat. Wenn wir im Jahre 1917 siegen konnten, so konnten wir es, weil wir bereits dreißig­jährige revolutionäre Erfahrungen hinter uns hatten, weil wir im Jahre 1905 geschlagen wurden. Die Geschichte gibt der Kommu­nistischen Internationale die Möglichkeit, das Martyrium des Pro­letariats abzukürzen. Wir stehen vor einem historischen Wende­punkt, und es gibt keine Kraft - wenigstens sieht man sie nicht -, die den Kapitalismus retten könnte. Wir wollen seinen Tod be­schleunigen, und das kann nur geschehen, wenn wir die großen Massen geeinigt unter das Banner des Kommunismus bringen. Wir sind nur die Wecker, die Organisatoren; zu Grabe wird ihn das Proletariat tragen, das Proletariat, das auch der große Hammer sein wird, der den Nagel in seinen Sarg hineinschlägt; das Prole­tariat, seine großen, schwerfälligen Massen, die sich nur langsam entwickeln, die tausendmal an sich verzweifeln, die aber uner­schütterlicher Boden sind, auf dem wir kämpfen und siegen werden. (Stürmischer, langanhaltender Beifall.) Rundschreiben Nr. 830 der Komintern-Führung (1921) Die Komintern verstand sich als »zentralistische« Weltpartei. Doch war in den ersten Jahren die Anleitung durch Moskau noch keineswegs perfekt. Wie das vorliegende Dokument zeigt, klappte selbst die bürokratische Berichterstattung der Sektionen nicht richtig. Auch das macht deutlich, daß in der Frühzeit der Komintern nur die Grundlinie der Politik aller kommunisti­schen Parteien von Moskau bestimmt wurde, bei Einzelfragen aber Spielraum für Meinungsverschiedenheiten blieb. An das Zentralkomitee der KP Deutschlands Ver traulich Werte Genossen! Auf dem 3. Weltkongreß der KI wurde ein Beschluß gefaßt, laut welchem die der KI angeschlossenen Sektionen verpflichtet werden, regelmäßige Vierteljahresberichte an die Exekutive einzusenden. Wir müssen leider feststellen, daß bis jetzt nur einige wenige Sek­tionen diesem Beschluß nachgekommen sind, daß dagegen die Mehrzahl der Parteien außerordentlich wenig dazu beiträgt, die Exekutive über die kommunistische und Arbeiterbewegung in ihrem betreffenden Lande zu informieren. Die Exekutive muß deshalb auf der strikten Durchführung des erwähnten Beschlusses des 3. Kongresses bestehen. Folgende Be­stimmung, die wir Euch hiermit zur Kenntnis bringen, wurde aus diesen Gründen erlassen: Die Überweisung der vierteljährlichen Unterstützungsbeiträge an die Sektionen erfolgt erst nach Eintreffen des dem Quartal ent­sprechenden Parteiberichtes. Die Berichte sollen jeweils 1. Januar, 1. April, 1. Juli und 1. Oktober fertiggestellt und dem Sekretariat der KI zugesandt werden. Überdies müssen wir von den Parteien für die Informationsab­teilung und die Bibliothek der KI die regelmäßige Zustellung folgender Materialien fordern: Programm, Statuten und Mitgliedsbuch der Partei, Zentralorgan (in zwei Exemplaren), Theoretische Zeitschrift der Partei, Aufrufe, Flugblätter und Propagandaschriften, Broschüren und Bücher, revolutionäre Liedersammlungen, Sämtliche Plakate, Fotografien von Versammlungen, Meetings, Fabrikkomitees, Bauernsektionen etc. etc. All dieses Material soll, wo das möglich ist, direkt an folgende Adresse gesandt werden: Informationsabteilung, Komintern, Mo- chowaja, Moskau. Andernfalls kann unsere gewöhnliche Verbin­dungsstelle benutzt werden. Die Informationsabteilung wird Euch nächstens einige kleinere Fragebogen zustellen, um deren rasche Erledigung wir Euch bitten. Mit kommunistischem Gruß Sekretariat des EK der KI Manifest des I. Kongresses der kommunistischen und revolutionären Organisationen des Fernen Ostens (1922) Seit 1920 richtete die Komintern ihr besonderes Augenmerk auf die Entwicklung in Asien. Im September 1920 organisierte das EKKI einen Kongreß der Arbeiter und Bauern des Nahen Ostens in Baku, auf dem Sinowjew zum »Heiligen Krieg« gegen England aufrief. Im Januar 1922 tagte in Moskau und Petro­grad ein Kongreß der kommunistischen und revolutionären Organisationen des Fernen Ostens. Im (hier vollständig abge­druckten) Manifest des Kongresses spiegelt sich die Linie der Komintern für Asien wider. Die dort aufgestellte Losung »Proletarier aller Länder und unterdrückte Völker der ganzen Welt, vereinigt Euch!« ist in jüngster Zeit - mit deutlicher Spitze gegen Moskau - von den chinesischen Kommunisten wieder aufgegriften worden. Werktätige des Fernen Ostens! Arbeiter und Bauern Chinas, Koreas, Japans, der Mongolei, der Inseln des Stillen Ozeans, Indochinas! Geknechtete Völker der Länder des Fernen Ostens! Schon viele Jahrzehnte lang leidet Ihr unter der rohen Willkür und Plünderung der europäischen, amerikanischen und japanischen Räuber. Ganz Korea, von einem Ende zum anderen, ist von den japanischen Gewalthabern mit Blut überschwemmt worden. Die japanischen, amerikanischen, französischen und englischen Räuber plündern das vierhundertmillionenköpfige China und zerreißen es in Stücke, ihren Wohlstand auf dem Blute und den Tränen des chinesischen Volkes errichtend. Sie halten die Vertreter der unter­drückten Nationen nicht für Menschen. Sie brauchen glänzendes Gold, Profite und Reichtum, und um das zu erreichen, schonen sie nicht Hunderte Millionen von Menschenleben. In den ausländischen Vierteln von Peking, Schanghai, Tien-Tsin, Hongkong, Seoul, Tschemulpo ist den Chinesen und Koreanern gleich Hunden der Eintritt in Gärten und öffentliche Gebäude verboten. Die vom fremden Schweiß und Blut fett gewordenen ausländischen Bour­geois fahren hier in Wägelchen, denen Menschen - Rikschas - als Pferde vorgespannt sind, und spornen sie durch Tritte und Stock­hiebe an. Für diese Parasiten arbeitet bis zur tödlichen Erschöp­fung der eingeschüchterteste und Unterdrückteste Sklave der Welt - der chinesische Kuli. Der chinesische Bauer krümmt seinen Rücken 16-18 Stunden täglich zu unerträglicher Arbeit, doch das Produkt seiner Arbeit kommt nur den ausländischen Wucherern und Blut­saugern zugute und ihren käuflichen Lakaien. Der arme Koreaner hat kein Land, um sein Brot zu erzeugen. Der Boden ist in den Händen der japanischen Pflanzer, der Grundherren und Kapitali­sten, die mit Bajonetten und durch Erschießen die Widerspen­stigen zur Arbeit treiben. Jedes Wort des Protestes, jeder Seufzer der Verzweiflung wird erstickt durch das Geknatter der Massen­erschießungen auf den Philippinen, in Formosa, in Indochina und auf den Inseln von Holländisch-Indien ebenso wie im benachbarten Britisch-Indien, das schon lange zum furchtbaren Kerker für das dreihundertmillionenköpfige Volk geworden ist. Millionen von Arbeiterleben sind auf den Reis-, Kaffee-, Baumwoll- und anderen Pflanzungen durch die grausame Ausbeutung vernichtet worden. Die Mongolei hat sich erst gestern aus dem japanisch-weißgardi- stischen Schraubstock befreit. In Japan, wo die herrschenden Klassen den Ruf der Henker des Fernen Ostens erworben haben, fristen die Arbeiter in den Fa­briken und die Bauern - die Halbtagelöhner - auf dem gepach­teten Boden ein wahrhaft tierisches Leben. Überall und allent­halben hört man das dumpfe Stöhnen von Hunderten und Aber­hunderten Millionen geknechteter Menschen. Die Gewalthaber wollen nichts hören von der Freiheit und Unabhängigkeit der unterdrückten Nationen, von ihren Menschenrechten. Erst kürzlich haben sie sich unter dem Dache der amerikanischen Börse in Washington versammelt, um sich untereinander über die fernere Plünderung der Länder des Fernen Ostens zu einigen. Dort haben sie ihren Bund der vier Blutsauger geschlossen, dort haben sie Korea, den russischen Fernen Osten und die Mandschurei zur Ausplünderung an Japan übergeben. Sie haben das Prinzip der gleichberechtigten Plünderung Chinas angenommen und dem ame­rikanischen Kapital die führende Rolle in dieser schändlichen Sache überlassen. Das Konsortium, das von Amerika 1918 geplant war, sollte die gesamte chinesische Bauernschaft zu tributpflichtigen Leibeigenen des amerikanischen Kapitals machen. Die chinesischen Bauern sollten den amerikanischen Bankiers eine ungeheure Steuer zahlen. Die chinesische Industrie sollte zum Anhängsel der ameri­kanischen werden. 1918 mißlang dieser Versuch infolge der Mei­nungsverschiedenheiten unter den Eroberern und dank dem ein­mütigen Protest der Volksmassen Chinas. Jetzt wollen diese Räuber ein neues Konsortium bilden, d. h. eine internationale Firma zur militärischen, finanziellen und industriellen Plünderung Chinas. Japan, Amerika, England und Frankreich haben auf kurze Zeit den schon drohenden Krieg um die Herrschaft über den Stillen Ozean aufgeschoben. Sie haben ihn aufgeschoben, aber nicht auf­gehoben. Sie haben ihn vertagt, um noch einige Zeit zusammen zu rauben. Der Weltkrieg von 1914-18 hat die Kräfte der Welträuber unter­graben. In Europa, dem Ort ihres blutigen Verbrechens, packt die Arbeiterrevolution sie an der Gurgel. Vier Jahre haben sie gegen Sowjetrußland, dieses gelobte Land aller Unterdrückten und Aus­gebeuteten, gekämpft. Jetzt sind sie jedoch gezwungen, offen seine Kraft anzuerkennen, ihre Machtlosigkeit, die Sowjets zu besiegen, einzugestehen. Im Fernen Osten hoffen sie, ihre ins Schwanken geratene Macht wiederherzustellen. Auf unsere Kosten, um den Preis unseres Lebens, unseres Blutes, unserer Mühe. Neue Ketten, neue Schrecken, neue, noch entsetzlichere Sklaverei bringen sie uns geknechteten und doch noch immer geduldig demü­tigen Völkern des Fernen Ostens. Das darf nicht sein, und das wird nicht geschehen! Wir wollen selbst die Herren unseres Schicksals werden und aufhören, ein Spielzeug in den Händen der Imperialisten zu sein, die miteinander in Habgier konkurrieren. Die Kommunistische Internationale hat die große Parole gegeben: Proletarier aller Länder und unterdrückte Völker der ganzen Welt, vereinigt Euch! Wir wollen sie in unsere zerstörten Dörfer, in die Pflanzungen der Sklavenhalter, in die Fabriken, in die Schulen, in die Kasernen tragen. Wir haben uns in Moskau versammelt und dann in Petrograd, den roten Hauptstädten der Sowjetrepublik, um von dieser Welt­tribüne aus unsere Stimme gegen die Welthenker, gegen den Washingtoner Bund der vier Blutsauger zu erheben. Wir, die Vertreter der unterdrückten Massen des vierhundert­millionenköpfigen China, Vertreter der revolutionär-nationalen Organisationen der Arbeiter, Bauern und werktätigen Intellek­tuellen, der republikanischen Partei »Go-Min-Dan« [Kuomin­tang] des südlichen China, der revolutionären Organisation der Provinzen Schantung, Hunan, Anhwei, Kanton, Tsche-kiang, der Städte Han-Kou, Schanghai, Ga-Yuan, Han-Dsak, Tien-Tsin, Tschang-Scha, des national-revolutionären Vereins »Jung-China«, der Gewerkschaftsorganisationen, des Verbandes der Eisenbahner, der Kommunistischen Partei Chinas, der patriotischen Frauenliga, der nationalen Presse in Gestalt der »Republikanischen Zeitung« und der Zeitschrift »Der Bote des Stillen Ozeans und Chinas«. Wir, die Vertreter der unterdrückten werktätigen Massen des imperialistischen Japans, der Arbeiterorganisation »Radoschi«, des linken Flügels der Gewerkschaftsföderation Japans, des Verbandes der Druckereiarbeiter in Tokio, Osaka und Kiu-schiu, der Föde­ration der Grubenarbeiter Kei-Sju-Kai, der Arbeiterpartei Japans, der Kommunistischen Partei Japans; Wir, die Vertreter des unterdrückten Korea, das unter dem Joch des japanischen Imperialismus stöhnt, des Großen Arbeiter-Ver­bandes Koreas »Keng-San-Do«, der gewerkschaftlichen Vereini­gung der Arbeiter der Provinz Shi-Do, der Kommunistischen Partei Koreas, des kommunistischen Jugendverbandes Koreas, der revolutionär-patriotischen Liga koreanischer Christen »To-Kung- Go«, der koreanischen revolutionären Truppen, der Organisation der »Wiederherstellung Koreas«, des Vereinigten Verbandes der koreanischen Jugendorganisationen, des Jugendverbandes »Jung- Korea«, des Verbandes der koreanischen Studenten in China, des Klubs der koreanischen Studenten in Japan, des Zentralverbandes der koreanischen studierenden Jugend, der Redaktion der Zeitung »Selbständigkeit Koreas«; Wir, die Vertreter der befreiten Mongolei, der revolutionären Volkspartei der Mongolei und des revolutionären Jugendver­bandes der Mongolei; Wir endlich, die Vertreter der Werktätigen Holländisch-Indiens, die vom amerikanischen, englischen und holländischen Imperialis­mus unterdrückt werden, des linken Flügels der Organisation »Sarikat-Islam«, der roten Gewerkschaftsföderation Holländisch- Indiens, der Kommunistischen Partei Holländisch-Indiens: Wir fordern Gleichheit, Freiheit und Unabhängigkeit! Wir fordern auf zum heiligen Kampf, wir rufen auf den rechten Weg alle die­jenigen, die nicht ihr Volk verraten haben, denen die Lebensinter­essen der unterdrückten Menschen teuer sind, die selbst Sklaven sind, aber nicht mehr Sklaven bleiben wollen. Wir wissen, daß wir die Freiheit nicht aus den Händen unserer Henker zu erwarten haben. Wir wissen, daß der Kampf um die Befreiung schwer und mühevoll sein wird. Aber wir wollen leben und das mit Gewalt nehmen, was uns von Rechts wegen gehört. Wir sind die Mehrheit, unser sind Hunderte von Millionen, unsere Kraft ist in der Einigkeit. Wir erklären Krieg auf Leben und Tod den japanischen, ameri­kanischen, englischen, französischen und allen anderen Welträu­bern. Wir erklären Krieg auf Leben und Tod den käuflichen Nach­betern und Lakaien unserer Unterjocher in China. Wir erklären Krieg auf Leben und Tod dem heuchlerischen amerikanischen Imperialismus und den habgierigen britischen Räubern. Hinaus aus China und Korea, aus Indochina und Holländisch-Indien! Weg von den Inseln des Stillen Ozeans! Nieder mit allen Ein­dringlingen im Fernen Osten! Die Arbeiterklasse Japans reicht den Werktätigen Chinas und Koreas brüderlich die Hand. Das Schwert des japanischen Imperialismus wird von den Händen des japanischen Proletariats zerbrochen werden. Von nun ab schließen wir einen unlösbaren Bund der Werktätigen des Fernen Ostens unter dem Banner der Kommunistischen Inter­nationale. Wir werden die Befreiung erzwingen. Wir werden die Gewalt­haber stürzen und eine gerechte Ordnung der Werktätigen er­richten; wir werden die Schmarotzer verjagen und unsere Leute aus den Reihen der Arbeiter und Bauern an die Macht stellen. Organisiert Euch! Tretet in unsere Kampfesreihen! Gründet Ar­beiter- und Bauernverbände zum Kampf gegen das Kapital und den Imperialismus! Bereitet Euch vor zum Kampf! Nieder mit den Washingtoner Verschwörern! Nieder mit dem Bund der vier Blutsauger! Es lebe der Bund der Werktätigen des Fernen Ostens! Es lebe die Kommunistische Internationale! Lenin: Die Perspektiven der Weltrevolution (1922) Auf dem IV. Weltkongreß im Dezember 1922 hielt Lenin das Referat »Fünf Jahre russische Revolution und die Perspektiven der Weltrevolution«. Darin beschäftigte sich Lenin in der Hauptsache mit der damals in Rußland eingeführten »Neuen ökonomischen Politik« (NEP). Im (hier wiedergegebenen) Schlußteil seiner Rede ging Lenin auch auf das Verhältnis der kommunistischen Parteien zu Rußland und die Perspektiven der Komintern ein. ... Im Jahre 1921, auf dem III. Kongreß, haben wir eine Resolution über den organisatorischen Aufbau der kommunistischen Parteien und über die Methoden und den Inhalt ihrer Arbeit angenommen. Die Resolution ist ausgezeichnet, aber sie ist fast durch und durch russisch, das heißt, alles ist den russischen Verhältnissen entnom- men. Das ist ihre gute Seite, aber auch ihre schlechte. Deshalb schlecht, weil ich überzeugt bin, daß nahezu kein Ausländer sie durchlesen kann - ich habe diese Resolution noch einmal durchge­lesen, bevor ich das sagte. Erstens ist sie zu lang, sie hat 50 oder mehr Paragraphen. Solche Sachen können Ausländer gewöhnlich nicht lesen. Zweitens, selbst wenn man sie lesen wird, so wird sie von den Ausländern kein einziger verstehen, eben deshalb, weil sie zu russisch ist. Nicht deshalb, weil sie russisch geschrieben ist — sie ist vortrefflich in alle Sprachen übersetzt sondern weil sie durch und durch von russischem Geist durchdrungen ist. Und drit­tens, wenn sie ausnahmsweise irgendein Ausländer verstehen wird, so wird er sie nicht durchführen können. Das ist ihr dritter Mangel. Ich habe mit einigen hier eingetroffenen Delegierten gesprochen, und ich hoffe, im weiteren Verlauf des Kongresses, wenn auch nicht persönlich an ihm teilnehmen - das ist mir leider unmöglich -, so doch mit einer größeren Zahl von Delegierten aus verschiedenen Ländern ausführlich zu sprechen. Mein Eindrude ist, daß wir mit dieser Resolution einen großen Fehler begangen haben, nämlich, daß wir uns selbst den Weg zum weiteren Erfolg abgeschnitten haben. Wie gesagt, die Resolution ist ausgezeichnet abgefaßt, ich unterschreibe alle ihre fünfzig oder mehr Paragraphen. Aber wir haben nicht verstanden, wie man mit unserer russischen Erfahrung an die Ausländer herankommen soll. Alles, was in der Resolution gesagt wird, ist toter Buchstabe geblieben. Doch wenn wir das nicht begreifen, so werden wir nicht vorwärtskommen können. Ich glaube, daß für uns alle, für die Russen ebenso wie für die aus­ländischen Genossen, das wichtigste ist, daß wir nach fünf Jahren russischer Revolution lernen müssen. Wir haben erst jetzt die Mög­lichkeit zum Lernen erhalten. Ich weiß nicht, wie lange diese Mög­lichkeit dauern wird. Ich weiß nicht, wie lange uns die kapitali­stischen Mächte die Möglichkeit zum ruhigen Lernen geben wer­den. Doch müssen wir jeden von Kampftätigkeit, von Krieg freien Augenblick zum Lernen, und zwar zum Lernen von Grund auf, benutzen. Die ganze Partei und alle Schichten Rußlands beweisen das durch ihren Wissensdrang. Dieses Streben zum Lernen zeigt, daß es für uns die wichtigste Aufgabe ist, zu lernen und zu lernen. Aber auch die ausländischen Genossen sollen lernen, nicht in dem Sinne, wie wir lernen müssen - lesen, schreiben und das Gelesene verstehen, was uns noch not tut. Man streitet darüber, ob das zur proletari­schen oder zur bürgerlichen Kultur gehört. Ich lasse diese Frage offen. Fest steht jedenfalls: Wir müssen vor allem lesen, schreiben und das Gelesene verstehen lernen. Die Ausländer haben das nicht nötig. Was sie nötig haben, ist schon etwas Höheres. Hierher gehört vor allem auch, daß sie ebenfalls verstehen, was wir über den organisatorischen Aufbau der kommunistischen Parteien ge­schrieben und was die ausländischen Genossen unterschrieben haben, ohne es zu lesen und ohne es zu verstehen. Das muß ihre erste Aufgabe werden. Man muß diese Resolution zur Ausführung bringen. Das läßt sich nicht in einer einzigen Nacht machen, das ist absolut unmöglich. Die Resolution ist zu russisch: Sie widerspiegelt die russische Erfahrung, deshalb ist sie für Ausländer völlig un­verständlich, und sie können sich nicht damit zufriedengeben, daß sie sie wie ein Heiligenbild in die Ecke hängen und davor ihr Gebet verrichten. Damit läßt sich nichts erreichen. Sie müssen ein anständiges Stück russischer Erfahrung verdauen. Wie das ge­schehen wird, das weiß ich nicht. Vielleicht werden uns zum Bei­spiel die Faschisten in Italien damit große Dienste erweisen, daß sie den Italienern klarmachen werden, daß sie noch nicht genügend aufgeklärt sind, und daß ihr Land noch nicht gegen die Schwarz- hundert-Banden gefeit ist. Vielleicht wird das sehr nützlich sein. Wir Russen müssen gleichfalls Mittel und Wege suchen, um den Ausländern die Grundlagen dieser Resolution klarzumachen. Sonst sind sie absolut nicht imstande, diese Resolution durchzuführen. Ich habe die Überzeugung, daß wir da nicht nur den russischen, sondern auch den ausländischen Genossen sagen müssen, daß in der jetzt anbrechenden Periode das Lernen das wichtigste ist. Wir lernen im allgemeinen Sinne. Sie aber müssen im speziellen Sinne lernen, damit sie wirklich die Organisation, den Aufbau, die Me­thode und den Inhalt der revolutionären Arbeit erfassen. Wenn das geschieht, so werden, davon bin ich überzeugt, die Perspek­tiven der Weltrevolution nicht nur gut, sondern ausgezeichnet sein. Einheitsfronttaktik und Arbeiterregierung (1922/23) Ab 1921 befaßte sich die Komintern mit der Frage der »Ein­heitsfront«, d. h. des Bündnisses mit sozialdemokratischen Anhängern und Parteien. Am 18. Dezember 1921 beschloß das EKKI einstimmig »Leitsätze über die Einheitsfront der Ar­beiter und über das Verhältnis zu den Arbeitern, die der 2., der 21/2. und der Amsterdamer Internationale angehören, sowie zu den Arbeitern, die die anarcho-syndikalistischen Organi­sationen unterstützen.« Im April 1922 trafen sich in Berlin Vertreter der Sozialistischen (2.), der Kommunistischen (3.) und der Linkssozialistischen (21/2.) Internationale. Diese Konferenz verlief zwar ergebnislos, aber sie war erster Erfolg der neuen kommunistischen Taktik. Bis 1923 versuchte die Komintern, vor allem in Deutschland eine Einheitsfront zu erreichen. Nach der Niederlage im Okto­ber 1923 wurden die Einheitsfront-Thesen durch die ultra­linke Führung aber praktisch widerrufen. 1924/25 und in den Jahren nach 1929 wurde nur eine »Einheitsfront von unten«, d. h. eine Lösung der sozialdemokratischen Anhänger von ihren Führern angestrebt. a) Der IV. Weltkongreß zur Einheitsfront Der IV. Weltkongreß der Komintern (5.11.-5.12.1922) gab in seinen Richtlinien »Über die Taktik der Einheitsfront« grundsätzliche Anweisungen für eine Einheitsfrontpolitik aller kommunistischen Parteien. ...Die Losung des 3. Kongresses »Zu den Massen« hat jetzt mehr denn je Gültigkeit. Erst jetzt beginnt der Kampf um die Bildung der proletarischen Einheitsfront in einer größeren Zahl von Län­dern. Erst jetzt beginnt man auch, die Schwierigkeiten der Taktik der Einheitsfront zu überwinden. Als bestes Beispiel kann Frank­reich dienen, wo der Gang der Ereignisse auch diejenigen, die noch vor kurzem prinzipielle Gegner dieser Taktik waren, von der Notwendigkeit der Anwendung dieser Taktik überzeugte. Die Komintern fordert, daß alle kommunistischen Parteien und Grup­pen die Taktik der Einheitsfront auf das strengste durchführen, weil sie allein in der gegenwärtigen Periode den Kommunisten den sicheren Weg zur Eroberung der Mehrheit der Werktätigen weist. Die Reformisten brauchen jetzt die Spaltung. Die Kommunisten sind an der Zusammenfassung aller Kräfte der Arbeiterklasse gegen den Kapitalismus interessiert. Die Taktik der Einheitsfront bedeutet das Vorangehen der kommu­nistischen Avantgarde in den täglichen Kämpfen der breiten Arbeitermassen um ihre notwendigsten Lebensinteressen. In die­sem Kampfe sind die Kommunisten sogar bereit, mit den verrä­terischen Führern der Sozialdemokraten und der Amsterdamer zu unterhandeln. Die Versuche der 2. Internationale, die Einheits­front als organisatorische Verschmelzung aller »Arbeiterparteien« hinzustellen, sind selbstverständlich auf das entschiedenste zurück­zuweisen. Die Versuche der 2. Internationale, unter dem Deck­mantel der Einheitsfront die weiter links stehenden Arbeiterorgani­sationen aufzusaugen (Vereinigung der SP und USP in Deutsch­land), bedeuten in der Tat nichts anderes als die Möglichkeit für die sozialdemokratischen Führer, neue Teile der Arbeitermassen an die Bourgeoisie auszuliefern. Die Existenz selbständiger kommunistischer Parteien und deren vollständige Aktionsfreiheit gegenüber der Bourgeoisie und der konterrevolutionären Sozialdemokratie ist die wichtigste histo­rische Errungenschaft des Proletariats, auf die die Kommunisten unter keinen Umständen verzichten werden. Die kommunistischen Parteien allein verfechten die Interessen des gesamten Proletariats. Die Taktik der Einheitsfront bedeutet auch keinesfalls sogenannte »Wahlkombinationen« der Spitzen, die diese oder jene parlamen­tarischen Zwecke verfolgen. Die Taktik der Einheitsfront ist das Angebot des gemeinsamen Kampfes der Kommunisten mit allen Arbeitern, die anderen Parteien oder Gruppen angehören, und mit allen parteilosen Arbeitern zwecks Verteidigung der elementarsten Lebensinteressen der Arbeiterklasse gegen die Bourgeoisie. Jeder Kampf um die kleinste Tagesförderung bildet eine Quelle revo­lutionärer Schulung, denn die Erfahrungen des Kampfes werden die Werktätigen von der Unvermeidlichkeit der Revolution und der Bedeutung des Kommunismus überzeugen. Eine besonders wichtige Aufgabe bei der Durchführung der Ein­heitsfront ist die Erreichung nicht nur agitatorischer, sondern auch organisatorischer Resultate. Keine einzige Gelegenheit darf ver­paßt werden, um in der Arbeitermasse selbst organisatorische Stützpunkte (Betriebsräte, Kontrollkommissionen aus Arbeitern aller Parteien und Parteilosen, Aktionskomitees usw.) zu schaffen. Das Wichtigste in der Taktik der Einheitsfront ist und bleibt die agitatorische und organisatorische Zusammenfassung der Arbeiter­massen. Der wirkliche Erfolg der Einheitsfronttaktik erwächst von »unten«, aus den Tiefen der Arbeitermasse selbst. Die Kom­munisten können dabei aber nicht darauf verzichten, unter gege­benen Umständen auch mit den Spitzen der gegnerischen Arbeiter­parteien zu unterhandeln. Über den Gang dieser Unterhandlungen müssen die Massen jedoch dauernd und vollkommen unterrichtet sein. Die Selbständigkeit der Agitation der kommunistischen Partei darf auch während der Verhandlungen mit den Spitzen keinesfalls eingeschränkt werden. Es versteht sich von selbst, daß je nach den konkreten Bedingungen die Taktik der Einheitsfront in den verschiedenen Ländern in verschiedener Form anzuwenden ist. Aber dort, wo in den wichtig­sten kapitalistischen Ländern die objektiven Verhältnisse für die sozialistische Umwälzung reif sind und wo - von konterrevolu­tionären Führern geleitet - die sozialdemokratischen Parteien bewußt auf die Spaltung der Arbeiterschaft hinarbeiten, wird die Taktik der Einheitsfront für eine neue Epoche maßgebend sein. 11. Die Arbeiterregierung Als allgemeine propagandistische Parole ist die Arbeiterregierung (evtl. Arbeiter- und Bauernregierung) fast überall zu gebrauchen. Als aktuelle politische Losung aber hat die Arbeiterregierung die größte Bedeutung in denjenigen Ländern, wo die Lage der bürger­lichen Gesellschaft besonders unsicher ist, wo das Kräfteverhältnis zwischen den Arbeiterparteien und der Bourgeoisie die Entschei­dung der Regierungsfrage als praktische Notwendigkeit auf die Tagesordnung setzt. In diesen Ländern ergibt sich die Losung der Arbeiterregierung als unvermeidliche Schlußfolgerung aus der ganzen Taktik der Einheitsfront. Die Parteien der 2. Internationale versuchen, in diesen Ländern die Lage dadurch zu »retten«, daß sie eine Koalition der Bürger­lichen und der Sozialdemokraten propagieren und verwirklichen. Die neuesten Versuche einiger Parteien der 2. Internationale (z. B. in Deutschland), eine offene Teilnahme an einer solchen Koali­tionsregierung abzulehnen und sie gleichzeitig in versteckter Form durchzuführen, bedeuten nichts anderes als ein Beschwichtigungs­manöver gegenüber den protestierenden Massen, als einen raffi­nierten Betrug der Arbeitermassen. Einer offenen oder maskierten bürgerlich-sozialdemokratischen Koalition stellen die Kommuni­sten die Einheitsfront aller Arbeiter und eine Koalition aller Ar­beiterparteien auf ökonomischem und politischem Gebiet zum Kampfe gegen die bürgerliche Macht und zu ihrem schließlichen Sturz gegenüber. Im vereinten Kampfe aller Arbeiter gegen die Bourgeoisie soll der ganze Staatsapparat in die Hände der Arbei­terregierung gelangen, und dadurch sollen die Machtpositionen der Arbeiterklasse gestärkt werden. Die elementarsten Aufgaben einer Arbeiterregierung müssen darin bestehen, das Proletariat zu bewaffnen, die bürgerlichen, konter­revolutionären Organisationen zu entwaffnen, die Kontrolle der Produktion einzuführen, die Hauptlast der Steuern auf die Schul­tern der Reichen abzuwälzen und den Widerstand der konter­revolutionären Bourgeoisie zu brechen. Eine solche Arbeiterregierung ist nur möglich, wenn sie aus dem Kampfe der Massen selbst geboren wird, sich auf kampffähige Arbeiterorgane stützt, die von den untersten Schichten der unter­drückten Arbeitermassen geschaffen werden. Auch eine Arbeiter­regierung, die einer parlamentarischen Konstellation entspringt, die also rein parlamentarischen Ursprungs ist, kann den Anlaß zu einer Belebung der revolutionären Arbeiterbewegung geben. Es ist selbstverständlich, daß die Geburt einer wirklichen Arbeiterregie­rung und die weitere Aufrechterhaltung einer Regierung, die revo­lutionäre Politik betreibt, zum erbittertsten Kampf, eventuell zum Bürgerkrieg mit der Bourgeoisie führen muß. Schon der Versuch des Proletariats, eine solche Arbeiterregierung zu bilden, wird von vornherein auf den schärfsten Widerstand der Bourgeoisie stoßen. Die Losung der Arbeiterregierung ist daher geeignet, das Prole­tariat zusammenzuschließen und revolutionäre Kämpfe auszu­lösen. Die Kommunisten müssen sich unter Umständen bereit erklären, zusammen mit nichtkommunistischen Arbeiterparteien und Ar­beiterorganisationen eine Arbeiterregierung zu bilden. Sie können das aber nur dann tun, wenn Garantien dafür vorhanden sind, daß die Arbeiterregierung wirklich einen Kampf gegen das Bürgertum im oben angegebenen Sinne führen wird. Dabei bestehen die selbst­verständlichen Bedingungen der Teilnahme der Kommunisten an einer solchen Regierung darin, daß die Teilnahme an einer Arbeiterregierung nur mit Zustimmung der Komintern erfolgen kann; die kommunistischen Teilnehmer an einer solchen Regierung unter der strengsten Kontrolle ihrer Partei stehen; die betreffenden kommunistischen Teilnehmer an dieser Arbei­terregierung in engster Fühlung mit den revolutionären Organi­sationen der Massen stehen; die kommunistische Partei ihr eigenes Gesicht und die volle Selbständigkeit ihrer Agitation unbedingt behält. Bei allen großen Vorteilen hat die Arbeiterregierungsparole auch ihre Gefahren, ebenso wie die gesamte Taktik der Einheitsfront Gefahren in sich birgt. Um diesen Gefahren vorzubeugen, müssen die kommunistischen Parteien folgendes ins Auge fassen: Jede bürgerliche Regierung ist zugleich eine kapitalistische Regierung. Aber nicht jede Arbeiterregierung ist eine wirklich proletarische, d. h. ein revolutionäres Machtinstrument des Proletariats ... Die Komintern als Weltpartei Die Kommunistische Internationale muß in immer höherem Maße gleichzeitig mit ihrer organisatorischen Ausgestaltung zu einer kommunistischen Weltpartei sich auch politisch als solche betätigen; sie hat insbesondere der Führung der notwendigen Aktionen in ganzen Ländergruppen ihr Augenmerk zuzuwenden. Internationale Disziplin Um die Taktik der Einheitsfront international und in jedem einzelnen Lande durchzuführen, bedarf es jetzt mehr denn je der strengsten internationalen Disziplin in der Komintern und in jeder ihrer einzelnen Sektionen. Der 4. Kongreß fordert kategorisch von allen Sektionen und allen Mitgliedern die strengste Disziplin in der Durchführung der Tak­tik, die nur dann Früchte zeitigen kann, wenn die einmütige und planmäßige Durchführung dieser Taktik in allen Ländern nicht nur in Worten, sondern auch in Taten geschehen wird. Die Zustimmung zu den 21 Bedingungen schließt in sich die Durch­führung aller taktischen Beschlüsse der Weltkongresse und der Exekutive als des Organs der Komintern in den Zeiten zwischen den Weltkongressen. Der Kongreß beauftragt die Exekutive, die Durchführung auch der taktischen Beschlüsse durch alle Parteien auf das strengste zu fordern und zu überwachen. Nur die scharf- umrissene revolutionäre Taktik der Komintern sichert der inter­nationalen proletarischen Revolution den möglichst raschen Sieg. b) Die KPD zur Arbeiterregierung Eine wichtige Rolle spielte die Einheitsfronttaktik in Deutsch­land. Der VIII. Parteitag der KPD im Januar 1923 beschloß nicht nur Leitsätze über die Einheitsfront, sondern nahm auch zur »Arbeiterregierung« Stellung. Die vom VIII. Parteitag angenommenen Leitsätze bildeten die theoretische Grundlage für den Eintritt der Kommunisten in die sozialdemokratischen Regierungen von Sachsen und Thüringen im Herbst 1923. Nach der Niederlage der KPD im Oktober 1923 und nachdem die Linken die Leitung der KPD übernommen hatten, wurden auch die Thesen zur Arbeiterregierung und Einheitsfront geändert. Die KPD erklärte sich zur »einzigen Arbeiterpartei«. Be­sonders nach 1929 wurde nur noch die Losung »Einheitsfront von unten« - also gegen die sozialdemokratischen Partei­führungen - zugelassen. 1923 hatte der Parteitag der KPD erklärt: .. .Die Taktik der Einheitsfront ist kein Manöver zur Entlarvung der Reformisten. Die Entlarvung der Reformisten ist umgekehrt ein Mittel zur Herstellung der einheitlich geschlossenen Kampfesfront des Proletariats. Die Kommunisten sind in jeder Stunde bereit, mit allen Proletariern und allen proletarischen Organisationen und Parteien den Kampf für die Interessen des Proletariats zu führen. Die Kommunistische Partei muß sich deshalb in jeder ernsten Situation sowohl an die Massen wie auch an die Spitzen aller proletarischen Organisationen mit der Aufforderung zum gemein­samen Kampf zur Bildung der proletarischen Einheitsfront wenden. Die Auffassung, als sei die Herstellung der Einheitsfront möglich nur durch den Appell an die Massen zum Kampf (nur »von unten«) oder nur durch Verhandeln mit den Spitzenkörper­schaften (nur »von oben«), ist undialektisch und starr. Die Ein­heitsfront wird sich vielmehr entwickeln im lebendigen Prozeß des Klassenkampfes und des Erwachens des Klassenbewußtseins und des Willens zum Kampf bei immer stärker werdenden Schich­ten des Proletariats. Durch den tatkräftigen Tageskampf gegen die Not der Arbeiter­klasse werden auch die durch den Verrat der sozialdemokrati­schen Führer passiv gewordenen Teile der Arbeiterschaft von neuem für den proletarischen Klassenkampf gewonnen. Der Kampf um die Einheitsfront führt zur Eroberung der alten proletarischen Massenorganisationen (Gewerkschaften, Genossen­schaften usw.). Er verwandelt diese durch die Taktik der Refor­misten zu Werkzeugen der Bourgeoisie gewordenen Organe der Arbeiterschaft wieder in Organe des proletarischen Klassenkamp­fes, der in der jetzigen Periode nur als Kampf zur Niederwer­fung der Bourgeoisie geführt werden kann. Neben der Eroberung dieser alten Organisationen muß die prole­tarische Einheitsfront zur Durchführung ihrer Ziele auch neue Organe schaffen, die die ganze Klasse erfassen (Betriebsräte, Kon­trollausschüsse, politische Arbeiterräte). Nur die ganze Klasse, organisiert in den politischen Räten der Arbeiter, Angestellten, Beamten und Kleinbauern und in den Betriebsräten, vermag die ganze Macht der ausgebeuteten Klasse als einheitliche Kampf­front der Bourgeoisie gegenüberzustellen, um mit diktatorischer Gewalt alle Widerstände der Gegenrevolution niederzuschlagen. Die in den politischen Arbeiterräten organisierte revolutionäre Einheitsfront zum Sturz der Bourgeoisie kann nicht im Anfang, sondern erst am Ende des Kampfes der Eroberung der Massen für den Kommunismus stehen ... Die Arbeiterregierung kann nur entstehen im Verlaufe der Kämpfe der breiten Massen gegen die Bourgeoisie als Konzession der re­formistischen Führer an den Kampfwillen der Arbeiterschaft. Die Arbeiterregierung wird auch nur entstehen in einer Zeit prole­tarischer Massenkämpfe, in einer Zeit, in der die Positionen der Bourgeoisie infolge ihrer Unfähigkeit, die Krise der Weltwirt­schaft zu lösen, durch die Kämpfe der Arbeiterklasse stark er­schüttert werden. Die Arbeiterregierung ist weder die Diktatur des Proletariats noch ein friedlicher parlamentarischer Aufstieg zu ihr. Sie ist ein Versuch der Arbeiterklasse, im Rahmen und vorerst mit den Mit­teln der bürgerlichen Demokratie, gestützt auf proletarische Or­gane und proletarische Massenbewegungen, Arbeiterpolitik zu treiben, während die proletarische Diktatur bewußt den Rahmen der Demokratie sprengt, den demokratischen Staatsapparat zer­schlägt, um ihn völlig durch proletarische Klassenorgane zu er­setzen. Die Arbeiterregierung ist eine Regierung von Arbeiterparteien, die den Versuch macht, gegenüber der Bourgeoisie eine prole­tarische Politik zu treiben durch Abwälzung aller Lasten auf die besitzende Klasse, während die bisherige Koalitionspolitik der SPD zur Abwälzung aller Lasten auf die Arbeiterklasse ge­führt hat. Eine solche Arbeiterregierung kann aber nur proletari­sche Politik treiben und das Programm der proletarischen Ein­heitsfront verwirklichen, wenn sie sich auf die breiten Massen der Arbeiterschaft und ihre Organe stützt, die aus der Einheitsfront­bewegung entstehen (Betriebsräte, Kontrollausschüsse, Arbeiter­räte usw.), sowie auf die bewaffnete Arbeiterschaft. ... Die Beteiligung an der Arbeiterregierung bedeutet für die Kommunistische Partei kein Abkommen auf Kosten der revolu­tionären Ziele des Proletariats, keinen Trick oder taktisches Ma­növer, sondern die erste Bereitschaft zum gemeinsamen Kampfe mit den reformistischen Arbeiterparteien, wenn sie ihren Willen klar zeigen, sich vom Bürgertum zu trennen und mit den Kom­munisten den Kampf für die Tagesförderungen des Proletariats aufzunehmen. Die Kommunistische Partei muß beim Eintreten in die Arbeiter­regierung Bedingungen stellen. Die wichtigsten sind die Teilnahme der Organe der proletarischen Einheitsfront an der Gesetzgebung (Beratung und Durchführung) und die Bewaffnung der Arbeiter­schaft. Für die Beteiligung der Kommunistischen Partei an einer Arbeiterregierung sind jedoch nicht die Versprechungen der re­formistischen Führer entscheidend, sondern die Einschätzung der allgemeinen politischen Lage, das Kräfteverhältnis zwischen Bour­geoisie und Proletariat, die Kampfbereitschaft der proletarischen Massen, das Vorhandensein eigener Klassenorgane, die Wider­standskraft der reformistischen Bürokratie und in erster Linie die Fähigkeit der Kommunistischen Partei, die Massen zum Kampfe für ihre Forderungen zu führen ... Einberufung einer EKKI-Tagung (1923) In diesem hier erstmals veröffentlichten Brief des EKKI an die kommunistischen Parteien wurde die Tagesordnung einer Sitzung des »Erweiterten EKKI« mitgeteilt, die (ursprünglich Mitte Mai vorgesehen) vom 12. bis 23. Juni 1923 in Moskau stattfand. Das Dokument ist für die Arbeitsmethode des EKKI interessant, es zeigt aber auch, daß im März 1923 der später (für November 1923) geplante Aufstand in Deutschland noch nicht auf die Tagesordnung gestellt wurde. An die Zentrale der KP Moskau, 13. März 1923                 Das Präsidium hat beschlossen, die Sitzung der Erweiterten Exe­kutive Mitte Mai zu veranstalten. Den Tag des Konferenzbe­ginnes werden wir Ihnen noch mitteilen. Das Präsidium schlägt die Tagesordnung wie folgt vor: Bericht des Präsidiums. Besetzung des Ruhrgebiets und damit zusammenhängende Fragen. Praktische Durchführung der Einheitsfront. Die englische Arbeiterbewegung und die Aufgaben der eng­lischen Sektion. Aussprache über die Grenzen des Zentralismus (in erster Linie mit den Skandinaviern). Gewerkschaftsfragen und Betriebsräte-Probleme. Kampagne gegen den Faszismus. Vorbereitungsarbeiten für das Programm der KI. Wir bitten Sie, zu diesem Vorschlag sofort Stellung zu nehmen und uns mitzuteilen, ob Sie irgendeine Ergänzung oder Abände­rung der Tagesordnung vorzuschlagen wünschen. Mit kommunistischem Gruß für das Präsidium der Komintern: Otto Kuusinen Arbeit der Massenorganisationen (1924) Die Kominternführung wollte vor allem die Arbeiterschaft gewinnen, sie maß den Gewerkschaften daher eine wichtige Rolle zu, und viele ihrer »Massenorganisationen« arbeiteten auf dem Gewerkschaftssektor. Die im Juli 1921 entstandene »Rote Gewerkschaftsinternationale« (RGI) war der Zusam­menschluß der selbständigen kommunistischen Gewerkschaften. Die RGI hatte nach ihren Statuten das Ziel, »zum Sturz des Kapitalismus« beizutragen. Die kommunistischen Gewerk­schaften blieben jedoch (mit Ausnahme der sowjetischen) kleine und meist einflußlose Gruppen. Die RGI schuf deshalb in Moskau verschiedene »Propagandakomitees«, die nicht nur die selbständigen kommunistischen Gewerkschaften anleiten, sondern auch die Tätigkeit der Kommunisten in den freien Gewerkschaften koordinieren sollten. Die bedeutendste dieser Propagandazentralen in Moskau war das »Internationale Pro­paganda-Komitee der Revolutionären Metallarbeiter« (IPK). Die Arbeitsweise dieses IPK (das nicht zuletzt dem inter­nationalen Erfahrungs- und Informationsaustausch diente), ist einem Rundschreiben zu entnehmen, das hier erstmals ver­öffentlicht wird. Moskau, den 7. April 1924 Rundschreiben Nr. 5 Paris, London, Berlin, Turin, Prag, Wien, Basel, Brüssel, Sofia, Belgrad, Klausenburg (Rumänien), Moskau, Christiania, Stock­holm, Helsingfors, Warschau, Riga, Reval, New York, Chikago, Toronto, Tokio, Buenos Aires (Argentinien), Barcelona (Spa­nien). Werte Genossen! Durch dieses Rundschreiben benachrichtigt Euch das IPK der rev. Metallarbeiter, daß anläßlich und während des III. Welt­kongresses der Roten Gewerkschaftsinternationale in Moskau eine Beratung der Delegierten-Metallarbeiter vorgesehen sei. Diese Beratung wird vorbereitenden Charakters sein und soll sich des­halb, nach Ansicht des Sekretariats, mit folgenden Fragen be­schäftigen: 1. gegenseitige Informierung der Delegierten verschiedener Länder, 2. Festsetzung des Datums und Ausarbeitung einer Tagesordnung für die 3. ordentliche internationale Konferenz der revolutio­nären Metallarbeiter. Der Erfolg dieser Beratung ist davon abhängig, wie die Metall­arbeiter in den Delegationen der verschiedenen Länder vertreten sein werden. Da die Metallarbeiter fast überall eine große Rolle in der oppositionellen Gewerkschaftsbewegung spielen, hofft das Sekretariat des IPK der rev, Metallarbeiter, daß fast in sämt­lichen Delegationen zum III. Kongreß der Roten Gewerkschafts­internationale die Metallarbeiter vertreten sein werden. Dennoch wandte sich das Sekretariat des IPK an das Vollzugsbüro der RGI mit dem Ersuchen, eine Reihe von aktiven Genossen, die unter den Metallarbeitern verschiedener Länder tätig sind, zum Kongreß mit beratendem Stimmrecht einzuladen. Damit die gegenseitige Informierung auf dieser Beratung eine möglichst vollständige ist sowie zwecks Vorbereitung eines aus­führlichen Berichtes zur bevorstehenden 3. Konferenz der revo­lutionären Metallarbeiter, wendet sich das Sekretariat an sämt­liche Sektionen mit der Bitte, an die Zusammenstellung des Be­richts gemäß folgendem Plan heranzutreten: Zahlenmäßige Angaben über die Organisationen der Metallar­beiter bis zum 15. April oder 1. Mai dieses Jahres. Vergleich dieser Angaben mit dem Bestand der vergangenen Jahre. Be­sonders ist der Rückgangsprozeß der Mitgliederzahl hervor­zuheben, falls solcher im betreffenden Lande vorhanden ist. Die wirtschaftliche und Rechtslage der Arbeiter. Der 8-Stunden- arbeitstag. Bedeutendste wirtschaftliche Konflikte. Der reale Arbeitslohn im Vergleich zum Vorkriegslohn. Die Betriebsräte. Die Tätigkeit dieser in den Ländern, wo solche bereits bestehen. Dort, wo Betriebsräte erst organisiert werden, ist der Entwicklungsprozeß im gegebenen Moment zu schildern. Der Einfluß der revolutionären Opposition innerhalb der re­formistischen Verbände. Wie ist die Opposition organisiert? Annähernde Angaben über die Zahl der von der Opposition erreichten Stimmen bei den Wahlen. Wie bekämpfen die Reformisten die Opposition? Ausschlüsse aus den Verbänden, Spaltung. Andere Repressionsmaßnahmen. Welchen Repressionen unterlag unsere Sektion und ihre Mit­glieder seitens der bürgerlichen Regierungen und der Faschisten. Zertrümmerungen, Verhaftungen, Morde u. a. Wie arbeitet die Opposition? Haben Konferenzen stattgefun­den? Wer nahm an denen teil? Welche Fragen wurden be­handelt? Ist es gelungen, parteilose und sozialdemokratische Arbeiter an die Konferenzen heranzuziehen? Wurden Flug­blätter, Broschüren und anderes Druckmaterial herausgegeben? Wie geht der Vertrieb des Bulletin des IPK vor sich, für oder ohne Bezahlung und in welchem Umfange? Die Teilnahme der Opposition an der Durchführung der Kampagne für den Acht­stundentag u. a. Dem Bericht sind auch Exemplare der ge­druckten Ausgaben beizulegen. Allgemeine Angaben über die Lage der wichtigsten Zweige der Metallindustrie und die Tätigkeit der bedeutendsten Trusts. Es ist wünschenswert, daß die Berichte zum 1. Mai angefertigt und umgehend dem IPK zugesandt werden. Den Berichten sind gedruckte Ausgaben (Zeitungen, Flugblätter, Broschüren usw.) beizufügen, die von den revolutionären Metallarbeitern des be­treffenden Landes herausgegeben worden sind. Indem das Sekretariat die Wichtigkeit der gegenseitigen Infor­mierung und die Notwendigkeit [betont], daß diese Information ein klares Bild der Bewegung darstelle, ersucht es sämtliche Sek­tionen, sofort nach Erhalt dieses Rundschreibens aus ihren Reihen je einen geeigneten Genossen mit der Zusammenstellung des Be­richtes zu beauftragen. Gleichzeitig wird empfohlen, vor der Ab­reise des Vertreters nach Moskau Beratungen der oppositionellen Metallarbeiter zu veranstalten, in denen die Fragen der inter­nationalen Bewegung der Metallarbeiter besprochen werden sol­len. Es wäre auch wünschenswert, daß in diesen Beratungen [Fragen], die die betreffende Sektion auf der internationalen Kon­ferenz behandeln möchte, zu erörtern. Wir hoffen, daß sämtliche Sektionen dieses Rundschreiben ohne Verzögerung beantworten werden. Mit revolutionärem Gruß [Unterschriften unleserlich] 20] Die Gewerkschaftsfrage (1924) Obwohl die Komintern der Gewerkschaftsfrage größte Be­deutung beimaß (vgl. Dok. 19), schwankte ihre Politik ge­genüber den freien Gewerkschaften ständig. Während der ultralinken Perioden, in denen die Komintern eine hyperradi­kale Politik verfocht (1924, 1929 - 1934), gründeten die kom­munistischen Parteien eigene kommunistische Gewerkschaften, spalteten also die freien Gewerkschaften. In den Zeiten eines gemäßigten Kurses der Kommunistischen Internationale (1921— 1923, 1926-1928) versuchten die Kommunisten, die Politik der »Einheitsfront« gerade auch in den Gewerkschaften zu demonstrieren, ihre Anhänger wurden angewiesen, innerhalb der bestehenden freien Gewerkschaften zu wirken und die Gewerkschafter für die kommunistische Politik zu gewinnen. Vor allem Anfang 1924 gab es in verschiedenen kommunisti­schen Parteien (in erster Linie der KPD) ultralinke Kräfte, die eine Gewerkschaftsspaltung propagierten und betrieben. Die Kominternführung wandte sich damals gegen solche Tenden­zen. Auf dem V. Weltkongreß der Kommunistischen Inter­nationale (Juni - Juli 1924) wurde sogar beschlossen, alle kommunistischen Gewerkschaften wieder in die freien Ge­werkschaften zu überführen und die Gewerkschaftseinheit her­zustellen. Die Resolution (deren letzter Teil hier abgedruckt ist) zeigt die damalige Gewerkschaftslinie der Komintern. Sie wurde allerdings nach 1929 geändert: Bis 1934 galt wieder die These von der Schaffung eigener kommunistischer Gewerk­schaften, die Komintern (vor allem die KPD) praktizierte die Gewerkschaftsspaltung. ... VI. Unsere nächsten Aufgaben Die Zentralaufgabe aller kommunistischen Parteien ist der Aufbau von Kampffraktionen, angefangen vom Betrieb, sowohl in fachgewerkschaftlicher als auch in allgemeingewerkschaftlicher Linie, und die Verstärkung der Kontrolle der Parteiorganisationen über die Tätigkeit der Einzelmitglieder und insbesondere der Gewerkschaftsfraktionen. Der Schwerpunkt der Arbeit muß in die Massen und in die Betriebe verlegt werden. Daraus ergibt sich naturgemäß die Not­wendigkeit der Gründung von Betriebsräten, wo sie noch nicht bestehen, und die weitere Revolutionierung und Vertiefung der Arbeit der schon bestehenden Betriebsräte. Es muß angestrebt werden, daß die Betriebsräte an Wirtschaftskämpfen aktiv und energisch teilnehmen, um, wo es nötig ist, gegen die reformistischen Gewerkschaften aufzutreten, wenn diese auf die Seite der Unter­nehmer übergehen. In jeder Partei muß die Frage der Kampforgane zur Führung von Wirtschaftskämpfen aufgerollt und praktisch gelöst werden. Besonders notwendig ist dies da, wo die revolutionären Arbeiter den reformistischen Gewerkschaften angehören und wo der Aus­gang der wirtschaftlichen Aktionen von den Verhandlungen, die die Gewerkschaftsspitzen hinter den Kulissen führen, und vom Versöhnlertum dieser Spitzen abhängt. In jedem Lande müssen alle selbständigen revolutionären Ge­werkschaften sowie die Gewerkschaften der Ausgeschlossenen ver­einigt und durch Aktionskomitees mit der Opposition in den reformistischen Organisationen verknüpft werden. Der Kampf gegen die Verräterei der Gewerkschaftsspitzen muß verschärft und alle ihre verräterischen Handlungen müssen in den Betrieben erörtert werden. Man muß in den Massen die Losung populär machen: »Fort mit den verräterischen Bürokraten aus den Reihen des Proletariats!« Wo die Gewerkschaftsbewegung gespalten ist, muß in den Massen eine systematische Arbeit durchgeführt werden zur Wie­derherstellung der Einheit der Gewerkschaftsbewegung durch Ein­berufung eines allgewerkschaftlichen Vereinigungskongresses auf der Grundlage der Verhältnisvertretung und der Freiheit des Ideenkampfes. Die Losung der Wiederherstellung der Einheit der gespaltenen Gewerkschaftsbewegung zwecks einheitlichen Vor­gehens der Arbeiter aller Richtungen gegen das Kapital muß die zentrale Losung der nächsten Periode sein. Wo der Austritt aus den Gewerkschaften unter dem Einfluß des politischen und wirtschaftlichen Streikbrechertums der Ge­werkschaftsbürokratie zugenommen hat, muß die Partei einen energischen Kampf gegen alle Niedergangs- und Passivitätsstim­mungen führen. Der Flucht der Kommunisten aus den Gewerk­schaften muß der schonungsloseste Kampf erklärt werden. Der Kampf in diesen Ländern muß unter der Losung verlaufen: »Zurück in die Gewerkschaften!« Es muß energisch an die Arbeit gegangen werden, um die un­organisierten Arbeiter zu organisieren und in den Kampf hinein­zuziehen. Es wäre ein Fehler, neue Organisationen der Unorga­nisierten zu schaffen; der natürliche, primäre Vereinigungspunkt für alle Unorganisierten, darunter auch für alle aus verschiedenen Gründen aus den Gewerkschaften Ausgetretenen, ist der Betriebs­rat, das Aktions- und Kampfkomitee während der Aktion usw. Die gesamte Arbeit zur Vereinigung der Unorganisierten muß als Zweck ihren Wiedereintritt in die Gewerkschaften haben und die Verwandlung der mit der Gewerkschaftspolitik unzufriedenen Arbeiter in aktive Kämpfer gegen die Gewerkschaftsbürokratie. Besondere Aufmerksamkeit muß auf die Organisierung der Arbeiter jener Arbeitszweige verwandt werden, die im Kampf der Arbeiterklasse um die Macht eine entscheidende Rolle spielen können (Transportwesen, Bergbau, Metallurgie, chemische In­dustrie, Elektrizitätswerke, Gaswerke usw.). Der Erfolg der Ar­beit der kommunistischen Parteien in den Gewerkschaften wird bemessen werden am Erfolg ihrer Arbeit zur Vereinigung und Organisierung der genannten wichtigsten Zweige der Volkswirt­schaft. Es muß an die Schaffung gemischter Komitees (französisch­deutscher, deutsch-polnischer, deutsch-tschechischer, englisch-russi­scher, russisch-polnischer, französisch-englischer, französisch- deutsch-italienischer usw.) gegangen werden zur Organisierung gemeinsamer, paralleler Aktionen diesseits und jenseits der Gren­zen. Diese gemischten Komitees können eine gewaltige Rolle spielen, wenn die Parteien sich sehr ernst zur Organisation und zur Auswahl der Personen für diese zwischennationalen und zwi­schenstaatlichen Kampforgane verhalten. Die kommunistischen Parteien der Länder, deren Bour­geoisie Kolonial- und Halbkolonialvölker ausbeutet, müssen ihre besondere Aufmerksamkeit der wachsenden Gewerkschaftsbewe­gung in den Kolonien zuwenden, erstens, um diese jungen Ge­werkschaftsorganisationen von der nationalistischen Ideologie zu befreien, zweitens, um sie der Unterstellung unter die imperia­listische Politik der Gewerkschaftsbürokratie der Mutterländer zu entziehen. In den Ländern, wo unter der Flagge der Unabhängigkeit und Autonomie der Gewerkschaften eine Politik geführt wird, die den kommunistischen Parteien und dem Kommunismus feind­lich ist, muß man die Arbeit in den Massen verstärken, das antiproletarische Wesen dieser Losungen entlarven und die Zu­sammenarbeit mit den syndikalistischen Elementen verstärken, die auf dem Boden der Beschlüsse der Kongresse der RGI stehen. Der Kampf gegen die anarcho-syndikalistische Demagogie und Verworrenheit ist die wichtigste Aufgabe der kommunistischen Parteien in diesen Ländern. Vorbedingung für den Erfolg des Kampfes ist, daß wir unsere Gegner kennen. Daher müssen die kommunistischen Parteien zu­sammen mit den Gewerkschaften ein sorgfältiges Studium der Unternehmerorganisationen, ihrer inneren Struktur, der von ihnen geschaffenen Organe und der von ihnen angewandten Methoden zur Korrumpierung und Zersetzung der Arbeiterorganisationen einleiten. Die Unternehmer haben viele Agenten unter den Ar­beitern. Die kommunistischen Parteien und die revolutionären Gewerkschaften müssen eine wirtschaftliche Gegenspionage orga­nisieren, um die Kräfte und die Grenzen der Widerstandsfähigkeit ihrer Klassenfeinde zu kennen. Alle kommunistischen Parteien müssen eine Verbindung zwi­schen den Gewerkschaften und den im Militärdienst stehenden Mitgliedern dieser Gewerkschaften herstellen. Die Gründung be­sonderer Organe und Kassen, die die Soldaten mit den ent­sprechenden Gewerkschaften verknüpfen, kann bei der antimili­taristischen Arbeit der kommunistischen Parteien gute Dienste leisten. Insbesondere muß man danach streben, eine enge Ver­bindung zwischen den Organisationen der Seeleute und den Matrosen der Kriegsflotte herzustellen. VII. Schluß Der V. Kongreß der Komintern bestätigt alle Beschlüsse der vorhergegangenen Kongresse über die Aufgaben der Kommuni­sten in der Gewerkschaftsbewegung und lenkt die Aufmerksam­keit aller kommunistischen Parteien auf die außerordentliche Wichtigkeit der Arbeit in den Gewerkschaften. In dieser Frage sind keine Schwankungen zulässig. Die Gewerkschaften spielen in der Periode der Vorbereitung der Revolution eine sehr große Rolle, sie werden im Augenblicke der sozialen Revolution eine außerordentliche Rolle spielen, und ihnen wird die wichtigste Aufgabe des sozialistischen Aufbaus zufallen, wenn sie nach dem Sieg des Proletariats zu Organen der proletarischen Diktatur werden. Die von allen Kongressen vorgezeichnete Linie muß mit der äußersten Beharrlichkeit fortgesetzt werden. Die Eroberung der Gewerkschaften bedeutet die Eroberung der Massen. Auf diesem Wege haben alle kommunistischen Parteien einen sehr großen Schritt vorwärts getan. Es muß weiter gegangen werden, wie groß auch die Verräterrei der Gewerkschaftsbürokratie, die zeitweiligen Niederlagen und die Schwankungen der Massen in dieser Frage sein mögen. Es handelt sich hier um Sein oder Nichtsein der sozialen Revolution. Daher fordert der V. Kongreß der Komintern alle seine Sektionen auf, keinen Fußbreit, nicht um Haaresbreite von den gefaßten Beschlüssen abzuweichen und die Eroberung der Gewerkschaften, das heißt die Eroberung der Massen, zu Ende zu führen. Stalin: These vom Sozial fascht smus (1924) In einem Bericht über die internationale Lage behauptete Stalin im September 1924, die Sozialdemokraten seien ein »Flügel« des Faschismus. Diese (wenige Monate zuvor erst­mals von Sinowjew aufgestellte) These spielte vor allem nach 1929 eine große Rolle, als die Komintern unter Berufung auf die Ausführungen Stalins vom September 1924 die Sozial­demokratie durchweg als »sozialfaschistisch« bekämpfte. ... Manch einer glaubt, die Bourgeoisie sei, nicht der Not ge­horchend, sondern aus eigenem Triebe, sozusagen aus freien Stük- ken, zum »Pazifismus« und »Demokratismus« gekommen. Dabei wird angenommen, daß die Bourgeoisie, nachdem sie die Arbeiterklasse in entscheidenden Kämpfen (Italien, Deutschland) geschlagen habe, sich als Siegerin fühle und sich jetzt den »Demokratismus« erlauben könne. Mit anderen Worten, solange entscheidende Kämpfe im Gange waren, habe die Bourgeoisie eine Kampfor­ganisation, den Faschismus, gebraucht, jetzt aber, da das Prole­tariat geschlagen sei, brauche die Bourgeoisie den Faschismus nicht mehr und könne ihn durch den »Demokratismus« als die beste Methode zur Verankerung ihres Sieges ersetzen. Daraus wird die Schlußfolgerung gezogen, die Macht der Bourgeoisie habe sich ge­festigt, man müsse die »Ära des Pazifismus« als lang andauernd, die Revolution in Europa aber als auf die lange Bank geschoben ansehen. Diese Annahme ist völlig falsch. Erstens trifft es nicht zu, daß der Faschismus nur eine Kampf­organisation der Bourgeoisie sei. Der Faschismus ist nicht nur eine militärische Kategorie. Der Faschismus ist eine Kampforganisation der Bourgeoisie, die sich auf die aktive Unterstützung der Sozial­demokratie stützt. Die Sozialdemokratie ist objektiv der gemä­ßigte Flügel des Faschismus. Es liegt kein Grund zu der Annahme vor, die Kampforganisation der Bourgeoisie könnte ohne die aktive Unterstützung durch die Sozialdemokratie entscheidende Erfolge in den Kämpfen oder bei der Verwaltung des Landes erzielen. Ebensowenig liegt Grund zu der Annahme vor, die Sozialdemokratie könnte ohne die aktive Unterstützung durch die Kampforganisation der Bourgeoisie entscheidende Erfolge in den Kämpfen oder bei der Verwaltung des Landes erzielen. Diese Organisationen schließen einander nicht aus, sondern ergänzen einander. Das sind keine Antipoden, sondern Zwillingsbrüder. Der Faschismus ist der nicht ausgestaltete politische Block dieser beiden grundlegenden Organisationen, der unter den Verhältnis­sen der Nachkriegskrise des Imperialismus entstanden und auf den Kampf gegen die proletarische Revolution berechnet ist. Die Bourgeoisie kann sich ohne das Vorhandensein eines solchen Blocks nicht an der Macht behaupten. Darum wäre es ein Fehler, wollte man glauben, der »Pazifismus« bedeute die Beseitigung des Faschismus. »Pazifismus« unter den jetzigen Verhältnissen bedeutet Festigung des Faschismus, wobei sein gemäßigter, sozial­demokratischer Flügel in den Vordergrund geschoben wird... Sinowjew: Die Bolschewisierung der kommunistischen Parteien (1925) Der V. Weltkongreß, der im Juni/Juli 1924 im Zeichen eines neuen »Linkskurses« der Komintern tagte, stellte die Losung der »Bolschewisierung« aller kommunistischen Parteien auf. Unter diesem Schlagwort erfolgte in den späteren Jahren nicht nur eine Ausrichtung aller Parteien nach der KPdSU, sondern auch der ideologische Kampf gegen Trotzkismus und Luxemburgismus. In einem Artikel in der »Kommunistischen Internationale« (hier etwas gekürzt wiedergegeben) entwickelte Sinowjew im Januar 1925 die theoretischen Vorstellungen die­ser »Bolschewisierung«. In der nächsten Zukunft wird die Tagung des Erweiterten Exe­kutivkomitees der Kommunistischen Internationale stattfinden. Seit dem 5. Weltkongreß ist im ganzen erst ein halbes Jahr ver­gangen, aber auf der Tagesordnung der internationalen kommu­nistischen Bewegung stehen bereits zahlreiche Fragen, die eine autoritative Entscheidung fordern. Zu den wichtigsten Fragen, die diese Tagung zu erörtern haben wird, gehören in erster Linie die Fragen der internationalen Gewerkschaftseinheit, der Schlüsse, die sich aus der schnellen Ablösung der »demokratisch-pazifisti­schen« Ära durch die neue Ära der Weltreaktion ergeben, der Diskussion in der KPR usw. Aber die wichtigste Frage wird sicherlich die Frage der Bolschewisierung der Parteien der Kom­intern sein. Im ersten Zeitabschnitt des Bestehens der Komintern, der mit der Beendigung des imperialistischen Krieges und dem stürmi- sehen Aufschwünge der revolutionären Elementarkräfte in einer Reihe von Ländern zusammenfällt, haben wir alle, die wir auch damals uns klar darüber waren, welche Bedeutung die Rolle der Partei in der Revolution hat, nichtsdestoweniger mit der Möglich­keit eines schnellen Sieges über den Kapitalismus gerechnet, un­geachtet dessen, daß es damals noch nicht gelungen war, kom­munistische Parteien in den wichtigsten Staaten zu schaffen. Dies war die Periode, die man die Sturm- und Drangperiode der Kommunistischen Internationale nennen könnte. Der Haß gegen das imperialistische Gemetzel, der die breitesten Massen der Ar­beiter erfaßt hatte, kam bei der verzweifelten wirtschaftlichen Erschöpfung der kriegführenden Länder mit einer stürmischen elementaren Bewegung von solcher Stärke zum Durchbruch, daß es schien, als ob das Meer sogleich aus den Ufern treten und die Heimstätten des Kapitalismus ersäufen würde. Die zweite Periode in der Arbeit der Komintern ist die der Jahre 1921 bis 1924. Es war klar geworden, daß der Sieg nicht so leicht zu erzielen sein würde, daß eine Reihe von Jahren vor allem auf den Ausbau der kommunistischen Parteien verwendet werden mußte. Diese Arbeit wurde zwischen dem 3. und 5. Weltkongreß der Komintern mehr oder minder erfolgreich erfüllt. Jetzt beginnt die dritte Periode. Als ihren Anfang wird man den 5. Weltkongreß zu betrachten haben. Die kommunistischen Par­teien sind in rohen Umrissen aufgebaut. Jetzt handelt es sich darum, diese Parteien zu bolschewisieren. Der 5. Weltkongreß der Kommunistischen Internationale hat diese Losung verkündet. Die bevorstehende Tagung des Erweiterten Exekutivkomitees muß sie konkretisieren, muß sie mit Fleisch und Blut erfüllen. Bolschewisierung der Parteien! Diese Losung wird jetzt zu einem Schreckgespenst für die ganze Weltbourgeoisie werden. Dies ist geradezu das moderne »Gespenst«, das in Europa »umgeht«. Die Weltbourgeoisie, geschoben von den Lakaien der II. Internationale, rüstet zweifellos zu einer Ausnahmegesetzgebung gegen die in der Bolschewisierung befindlichen Parteien der Komintern. Der Weltimperialismus will ein Ausnahmegesetz gegen die Kommu­nisten vorbereiten und einen »heiligen Krieg« gegen die Bolsche­wisierung erklären, etwa der gleichen Art wie in der Epoche der I. Internationale, nur selbstverständlich mit noch größeren Grau­samkeiten und Skorpionen. Zu spät, ihr Herren! Wenn es euch auch gelingen wird, diese oder jene kommunistische Partei in die Illegalität zu treiben, sie zeitweise durch Repres­salien zu schwächen, so wird dies nicht nur die Bolschewisierung der betreffenden Partei nicht aufhalten, sondern sie in manchen Fällen sogar noch beschleunigen. Versteht ihr denn noch immer nicht, daß einige unserer Parteien es geradezu nötig haben, durch Gefängnisse, durch Ausnahmegesetze, durch eine illegale Periode zu gehen, um endgültig bolschewistisch zu werden? Durch eine Ära rasender Verfolgungen zu gehen, eine illegale Periode zu durchleben - ja, dieses Geschick erscheint geradezu als ein Bestandteil der Bolschewisierung einer Partei... Was ist nun die Bolschewisierung unserer Parteien? Vor allem einige Worte darüber, was Bolschewisierung nicht ist. Eine Partei bolschewisieren bedeutet in keinem Falle, den Weg der Organisation von »reinen« Bolschewikenparteien, einer Or­ganisation von »Auserlesenen« usw., zu beschreiten. Der Bol­schewik ist vor allem ein Mensch der Masse, das heißt vor allem ein Gegner von Sekten. Bolschewisierung ist nicht Vulgarisierung. Der Bolschewik ist vor allem ein wahrer Marxist, das heißt ein überzeugter Anhänger der Lehre von Marx und Lenin. Der Bolschewik bemüht sich, ein Führer der breitesten Volksmassen zu werden und zugleich auf der Höhe der marxistischen Lehre, des wahren Eindringens in die Algebra der proletarischen Revolution, zu verbleiben. Bolschewisierung ist nicht mechanische Übertragung der Erfah­rungen des russischen Bolschewismus auf andere Länder. Der Bolschewik bemüht sich vor allem, sich in der konkreten Lage zurechtzufinden. Der Bolschewik wendet die Lehre von Marx und Lenin nicht »im allgemeinen« an, sondern paßt sie den gegebenen Bedingungen von Raum und Zeit des gesellschaftlichen Milieus, der Wirtschaft und der Politik an. Die Bolschewisierung der Parteien der Komintern ist die Aus­nützung der Erfahrungen der Bolschewistischen Partei in den drei russischen Revolution (wie auch der Erfahrungen der anderen besten Sektionen der Komintern) in ihrer Anwendung auf die konkrete Lage eines jeden Landes. Es gibt eine Reihe von Aufgaben, die allen Parteien der Komin­tern durchaus gemein sind. Dies sind beispielsweise: Das richtige Herantreten der kommunistischen Vorhut an die parteilose Arbeitermasse. In Europa bedeutet dies vor allem die richtige Lösung der Frage des Verhältnisses zu den Gewerkschaften, das heißt die Taktik langandauernder Arbeit der Kommunisten innerhalb der Gewerkschaften. Das richtige Herangehen an die Bauernschaft. In der landwirt­schaftlichen Bevölkerung der ganzen Welt gibt es drei Schichten, die von uns erobert und die Verbündete des Proletariats werden können und müssen. Es gibt eine andere Schicht der Bauernschaft, die zumindest von uns neutralisiert werden muß. (Siehe Resolu­tion des Genossen Lenin zur Bauernfrage, angenommen vom 2. Weltkongreß der Komintern [vgl. Dok. 8]; dies ist eines der wichtigsten Dokumente der Bolschewisierung von Parteien.) Die richtige Lösung der nationalen und kolonialen Frage. Dieses Problem ist auf das engste mit der richtigen Lösung der Bauernfrage verbunden; denn die Völker, die in den Kolonien und Halbkolonien wohnen, sind in der gewaltigen Mehrheit Bauern. Der bolschewistische, das heißt der unbeugsame Wille zum Sieg und die Unterordnung aller taktischen Fragen unter dieses Hauptziel. Daher die Zulässigkeit von »Kompromissen« in dem Sinne, wie uns dies Genosse Lenin in den »Kinderkrankheiten« gelehrt hat... Eine Partei bolschewisieren bedeutet, es im gegebenen Augenblick zu verstehen, in jedem gegebenen Lande die Aufmerksamkeit auf jene konkreten Hauptaufgaben zu konzentrieren, die der be­treffenden Partei die Möglichkeit geben, 1. eine Massenpartei zu werden, 2. eine Partei des kämpfenden Leninismus zu werden... In Deutschland läuft die Bolschewisierung der Partei im gegen­wärtigen Stadium vor allem auf die richtige Lösung der Ge­werkschaftsfrage hinaus. Die deutsche Kommunistische Partei hat uns im vergangenen Jahre ein Beispiel dafür gegeben, wie eine Partei, die aufrichtig wünscht, bolschewistisch zu sein, trotzdem imstande ist, Fehler unbolschewistischer Art zu begehen. Ein solcher Fehler war der Fehler der deutschen Kommunistischen Partei in der Gewerkschaftsfrage - vor dem Frankfurter Partei­tage. Dieser Fehler muß nicht nur in der Theorie, nicht nur in Resolutionen, in den Zeitungen und Plakaten, sondern in der Alltagsarbeit der Partei, in ihrer ganzen praktischen Politik wieder­gutgemacht werden. Die KPD, die mit Fug und Recht gegen den Brandlerschen Oppor­tunismus, der die deutsche Partei beinahe zugrunde gerichtet hätte, kämpft, muß gleichzeitig damit gegen die »linke« Abstraktion kämpfen, die die Partei von der Arbeitermasse losreißt. Sie darf die Tatsache nicht unterschätzen, daß wir bei den letzten Wahlen immerhin eine Million Stimmen verloren haben, und, was die Hauptsache ist, daß die deutsche Sozialdemokratie ungefähr eineinhalb Millionen Stimmen gewonnen hat. Man muß es ver­stehen, jetzt die Agitation in neuer Art zu führen, sie so zu führen, daß sie sich an das Alltagsleben, an die brennenden Tages­fragen, an das jetzige Dasein des deutschen Arbeiters »anklam­mert«. Die deutschen Genossen müssen vor allem gegenwärtig gegen die Tendenz kämpfen, sich zu einem »geschlossenen Kreise« zu machen, aus der Not eine Tugend zu machen und sich mit einer kleinen Organisation von »reinen« Bolschewiki zu begnügen, statt unermüdlich daran zu arbeiten, um jeden Preis die Massen dem Einfluß der Sozialdemokratie zu entreißen und sie in unsere Reihen zu führen. In der Sowjetunion läuft die Bolschewisierung gegenwärtig auf den ideologischen Kampf gegen den Trotzkismus, auf die Liqui­dierung des Trotzkismus als einer »berechtigten Schattierung« in der KPR hinaus. In Polen läuft die Bolschewisierung jetzt auf die Aneignung der Leninschen Anschauungen in der Bauernfrage und in der nationalen Frage hinaus. Die polnischen Genossen kehren jetzt gewissermaßen dorthin zurück, wo sie vor 20 Jahren gestanden haben, denn sie sind damals gerade in diesen Fragen anderer Meinung gewesen als Genosse Lenin. Die Erfahrung der interna­tionalen revolutionären Bewegung hat aber in diesen Fragen die volle Richtigkeit des Leninismus gegenüber dem »Luxemburgianis­mus« erwiesen. (Nebenbei gesagt, erscheint die Überwindung der fehlerhaften Seiten des »Luxemburgianismus« sowohl auf theore­tischem als auch auf praktischem Gebiete überhaupt als ein not­wendiger Bestandteil der Bolschewisierung usw.)... J Organisationsbericht des EKKI über den Stand der Parteien (1926) Zu bestimmten Anlässen gab das EKKI Tätigkeitsberichte her­aus, die in einzelnen Fällen einen genauen Überblick über die Sektionen der Komintern enthielten. Im Tätigkeitsbericht des EKKI von 1926 ist eine Aufstellung der Orgabteilung ent­halten, die trotz ihrer Länge hier vollständig wiedergegeben wird, da sie einen ausgezeichneten Einblick in den Stand der Komintern-Sektionen Mitte der zwanziger Jahre und von der Arbeitsweise des EKKI vermittelt. Damals stand die »Reorga­nisation«, d. h. die Umstellung der Parteiorganisationen auf Betriebszellen im Mittelpunkt der Arbeit. Mit dem im KPD- Bericht mehrfach erwähnten »Offenen Brief« ist der Brief des EKKI an die KPD vom August 1925 gemeint, mit dem die Ruth-Fischer-Führung gerügt und abgesetzt wurde. (Abkür­zungen: ZK ist Zentralkomitee, Polbüro das Politische und Orgbüro das Organisationsbüro.) Die Hauptaufgaben, die nach dem erweiterten Plenum des EKKI, März 1925, vor der Org-Abteilung standen, waren wesentlich die gleichen wie vor dem Märzplenum: 1. Reorganisierung der kom­munistischen Parteien auf der Grundlage der Betriebszellen und Hebung ihrer Aktivität; 2. Gründung und Tätigkeit der kommu­nistischen Fraktionen; 3. Reorganisation und Tätigkeit der zentra­len und lokalen Parteileitungen. Der Unterschied bestand nur darin, daß nach der 1. Org-Beratung und dem Märzplenum die Org-Abteilung viel engere Fühlung mit den einzelnen Sektionen der KI gewann und den konkreten Org-Fragen jeder Sektion nähertreten konnte. In dieser Beziehung haben sich die Instruk­toren der Org-Abteilung, die diese zu den wichtigsten fünf Par­ teien entsandt hatten, als eine große Stütze erwiesen. Gegenwärtig ist die Org-Abteilung des EKKI in der Lage, ein weit vollstän­digeres und genaueres Bild des Standes der Parteiorganisationen der verschiedenen Kl-Sektionen zu geben. Deutschland Mitglieder und Presse Zahlende Mitglieder (nach abgerechneten Beiträgen) ca. 150 000 Zeitungsabonnenten........................................................ ca. 300 000 Die Zahlenangaben sind heute genauer als früher. Der Rückgang der Beiträge zahlenden Mitglieder erklärt sich in bedeutendem Maße daraus, daß eine große Anzahl von Parteimitgliedern durch die wachsende Arbeitslosigkeit betroffen wird. Die wirkliche Zahl der Parteimitglieder ist natürlich bedeutend höher. Den Einfluß der Partei auf die Massen zeigen folgende Wahlergeb­nisse: KPD SPD Reichstagswahl, Dezember 1924 .... 2 708 345 7 889 693 Präsidentenwahl, März 1925           1 871 805 7 808 100 Daß dieser Einfluß wieder im Wachsen begriffen ist, kann man aus der Zahl der Stimmen erkennen, die die Partei bei den verschie­denen Wahlen der letzten Monate erhielt. Als besonders charak­teristisch sei das Beispiel der Berliner Gemeindewahlen angeführt (wir vergleichen mit früheren Wahlziffern): Reichstags- Präsiden- Gemeinde­wahl tenwahl wähl 7.12.24         29.3.25      25.10.25 Wahlberechtigte Abgegebene gültige Stimmen Für die Partei abgegeben Für die SPD abgegeben 2 954 300 2 215 600 308 500 751 800 2 935 900 1 853 100 347 400 604 700 2 978 700 2 299 700 375 000 697 200                                 Die Entwicklung der Reorganisation Seit dem Offenen Brief hat die Partei die Reorganisation ernsthaft in Angriff genommen. In einzelnen Bezirken, z. B. Erzgebirge- Vogtland, Thüringen, Berlin-Brandenburg, ist der Reorganisations­prozeß schon ziemlich weit fortgeschritten. Berlin sollte planmäßig bis zum 15. Dezember auf der Basis der Zellen umgestellt, die Wohnorganisation liquidiert sein. In einer Anzahl anderer Be­zirke außer den obengenannten sind schon Orte resp. vereinzelte Unterbezirke umgestellt. Die Berichte sagen aber dazu immer noch, daß die Umstellung noch nicht restlos, sondern nur in der Haupt­sache erfolgt sei. Die letzten Berichte (aus zusammen 25 Bezirken, darunter fehlen Berlin, Württemberg, Frankfurt u. a.) ergeben 1945 Betriebszellen. (Im Bericht zum 10. Parteitag werden für den 30. Dezember 1924 1853 Zellen und für den 31. Mai 1925 2673 Zellen, unter diesen allein 626 für Berlin, angegeben, aber diese Zahlen waren über­trieben.) Von diesen 1945 Zellen wird in 1043 kassiert, d. h. nur diese Zellen kann man als einigermaßen fundierte und arbeitende Zellen betrachten. Die Tätigkeit der Betriebszellen Die meisten Zellen arbeiten noch schlecht. Aber auch unter den bes­seren Zellen findet man heute nur wenige, die man wirklich nach ihrer Arbeit als eine grundlegende Parteiorganisation bezeichnen kann. Die eingelaufenen Zellenberichte zeigen, daß nur eine ge­ringe Anzahl von Zellen regelmäßig politische und ziemlich gute Arbeit leistet, ein größerer Teil nur von Zeit zu Zeit (im Zusam­menhang mit Kampagnen der Partei), aber nicht regelmäßig. Die meisten Zellen beschäftigen sich mit reinen Betriebsfragen und ver­stehen es noch nicht, politisch aktiv zu arbeiten. In einer Anzahl von Betriebszellen-Berichten kehrt der Satz wieder: »In wirtschaft­licher Beziehung ist unser Einfluß gut, politisch aber sehr schwach.« Dagegen ist zu konstatieren, daß die Arbeit der Zellen im Sinne der Stärkung unseres Einflusses in den Gewerkschaften und der Stärkung der Gewerkschaften selbst schon ziemlich gute Erfolge erzielt. Es zeigt sich jetzt ganz klar, daß die Reorganisation der Partei auf der Basis der Betriebszellen ein entscheidendes Mittel zur Eroberung der Mehrheit in den Gewerkschaften ist. Über den Einfluß der Reorganisation auf die soziale Zusammen­setzung der Partei läßt sich heute noch nichts Konkretes sagen. Ein Maßstab könnte sein, daß sich in der Hauptsache die ultralinken Intellektuellen, ferner die in den meisten Fällen in Kleinbetrieben arbeitenden Genossen, die fürchteten, ihre bisherige Rolle in der Partei aufgeben zu müssen, wenn das Schwergewicht in die Be­triebszellen verlegt wird, sich gegen die Reorganisation ausspra­chen. Die Ultralinken suchen jetzt Unterstützung in den Straßen­zellen, weil sie sie in den Betriebszellen nicht finden. Die Zahl der Betriebszeitungen ist gegen früher bedeutend zurück­gegangen. Genaue Zahlen darüber sind noch nicht zu ermitteln. In der Hauptsache ist das wohl auf die erhöhten Schwierigkeiten (po­lizeiliche Bestrafungen, Entlassungen, Terror usw.), zum Teil aber auch auf die ungenügende Unterstützung der Zellen seitens der un­teren Leitungen zurückzuführen. Herausgeber der erscheinenden Zellenzeitungen sind meistens die Betriebszellen, manchmal aber auch die Ortsgruppen resp. Bezirksleitungen. Gewöhnlich sind es Zellenmitglieder, die die einzelnen Artikel schreiben. Aufbau und Arbeit der Fraktionen Daß der Einfluß der Partei in den Gewerkschaften stark gesunken ist, zeigen die Zahlen der Delegierten zum Kongreß des ADGB und zu den einzelnen Verbandstagen. Wir führen einige Zahlen an. Auf dem Kongreß des ADGB war die Partei in folgender Weise vertreten: Insgesamt Zahl der Kongreß- davon Jahr:          ADGB-Mitgl.:       Delegierten: Kommunisten: 1922                7 908 516                         692                         88 1924                4 732 000                         350                            3 Auf dem Kasseler Verbandstag des Metallarbeiterverbandes (Fe­bruar 1924) waren mehr als ein Drittel der Delegierten Mitglieder der KPD, 40 Prozent der Mitgliedschaft (500 000 von 1 200 000 Mitgliedern) hatten wir unter unserem Einfluß. Mitte 1925 betrug dieser Einfluß nur noch 20 Prozent. Auf dem letzten Verbandstag der Holzarbeiter waren von 198 Delegierten nur drei Kommuni­sten. Ähnlich steht es in den übrigen Gewerkschaften. Erst nach dem Offenen Brief des EKKI ist eine Besserung insofern eingetre­ten, als die Partei jetzt tatsächlich ernsthaft an den Aufbau der Gewerkschaftsfraktionen geht und durch eine intensive Werbe­arbeit für die Gewerkschaften und eine systematische Arbeit in den Betrieben ihren Einfluß in den Gewerkschaften stärkt. Heute ist dieser Einfluß schon in schnellem Wachsen begriffen. Das Material hierzu ist noch unvollständig. Aus den vorliegenden Bezirksberichten geht hervor, daß in 14 Bezirken 1226 Gewerk­schaftsfraktionen bestehen. Etwa 50 Prozent dieser Zahl kann man als aktive Fraktionen bezeichnen, 6 Bezirke berichten, daß sie zu­sammen 81 Ortsverwaltungen beherrschen. In einem Bezirk sind 25 Gewerkschaftskartelle in unserer Hand. Nur ein Bezirk teilt mit, daß unter den gewerkschaftlichen Vertrauensleuten 65 Kom­munisten sind. Über die Fraktionen in den leitenden Organen der Gewerkschaften berichten die vorliegenden Materialien nichts. Über die Zahl der kommunistischen Betriebsräte besteht ebenfalls kein lückenloses Material. Nur ein Bezirk berichtet über 41 Sportfrak­tionen. Über die Fraktionen in den übrigen parteilosen Organisa­tionen sowie über Gemeinde- und Parlamentsfraktionen ist kein Material vorhanden. Die Reorganisation des Parteiapparats Als Hauptaufgabe steht zunächst die Reorganisation des Zentral­apparats auf der Tagesordnung. Nach dem Offenen Brief des EKKI wurden sowohl eine Gewerkschafts- als auch eine Org- Abteilung beim ZK geschaffen (eine Agitprop-Abteilung bestand schon früher), die bereits regelmäßige Arbeit leisten. Aber die Be­setzung der Abteilungen des ZK-Apparats ist noch unvollendet. Für die Bezirksleitungen und deren Abteilungen sind vom ZK ebenfalls Richtlinien ausgearbeitet worden. Die wirkliche Reorga­nisation der Bezirksleitungen, insbesondere der Unterbezirks- und Ortsgruppenleitungen, steht noch in den allerersten Anfängen. Tschechoslowakei Die Zahl der Parteimitglieder, wie sie zum 3. Parteitag vom ZK aufgrund des Markenabsatzes für das erste Halbjahr 1925 ermittelt wurde, beträgt 93 220. Die Zahl der für die Partei abgegebenen Stimmen bei den vor kurzem stattgefundenen Parlamentswahlen beträgt 933 000 bei einer Gesamtzahl von 7 Millionen Stimmen. Die Zahl der Parteimitglieder kann ungefähr 100 000 betragen. Die Reorganisation der Partei schreitet fort. Im Juli 1925 betrug die Zahl der Betriebszellen 1301. Die Dynamik der Reorganisation ist folgende:   458 Betriebszellen Dezember 1924   Januar       1925 März         1925 Juli            1925 778 Betriebszellen 1117 Betriebszellen 1301 Betriebszellen Der größere Teil der bestehenden Betriebszellen ist politisch in­aktiv. Die Beiträge werden fast ausnahmslos in den Zellen kassiert (dort, wo sie bestehen). Neben den Betriebszellen bestehen überall Straßenzellen, Dorfzel­len. Viele der Straßenzellen sind aber nur Umbenennungen der früheren territorialen Organisationen. Die Verlegung des Schwergewichts in die Betriebszellen geht lang­sam vor sich. Viele Kommunisten sind noch in den alten Organi­sationen. Aber auch die bestehenden Betriebszellen umfassen noch nicht alle in den entsprechenden Betrieben beschäftigten Parteimit­glieder. Es wird immer mehr Parteiarbeit durch die Betriebszellen zur Durchführung gebracht, besonders Literatur- und Flugblätter­verteilung. Die Vorteile der Betriebszellenorganisation zeigten sich bei der Hebung der Aktivität der gesamten Partei, im besseren Kontakt mit der breiten nichtkommunistischen Masse. Sie waren die besten Stützen des ZK im Kampfe gegen die Bubnik-Gefahr [»rechte Ab­weichung«]. Sie spielten eine große Rolle im Streik der Ostrauer Arbeiter und der nordböhmischen Textilarbeiter. Sie trugen zum Verständnis der Frage der Gewerkschaftseinheit bedeutend bei. Bei der letzten Wahlkampagne haben die Betriebszellen noch keine entscheidende Rolle gespielt, aber aktiv zum Siege beigetragen. Die gesamte Zahl der Betriebszellenzeitungen ist uns unbekannt. Wir wissen nur, daß im Prager Kreis 20 Betriebszellenzeitungen regelmäßig herausgegeben werden. Die Zahl der Betriebszellen ist dort dagegen 181. Die Frage der Fraktionen ist noch ziemlich neu. Der 3. Parteitag nahm Richtlinien für die Schaffung von Fraktionen in allen Ge­werkschaften an. Die Frage des Verhältnisses der Fraktionen zu den Parteiorganen verlangt weitere Klärung. Der Parteiapparat: Im ZK bestehen Pol-Büro, Org-Büro und Sekre­tariat. Es sollen 14 Abteilungen im ZK geschaffen werden. Wahr­scheinlich wird man diese Zahl etwas reduzieren können. Die Org- Abteilung beginnt zu arbeiten. Die Partei ist in 24 Kreise geteilt (darunter 4 in der Slowakei, 1 in Karpathorußland). Die Kreise teilen sich noch in Bezirke, die aber nicht immer ausgesprochene Leitungen besitzen. In den Bezirken gibt es teilweise auch bezahlte Sekretäre. Die größeren Städte sind in Stadtteile geteilt. Frankreich Zahl der Parteimitglieder Am 31. August 1924 zählte die Partei 68 187 Mitglieder, am 31. August 1925 83 326. Bei den letzten allgemeinen Wahlen im Mai 1924 erhielten die Kommunisten 950 000 Stimmen, davon entfielen 300 000 auf Paris und Umgebung. Die Reorganisation: Am 1. März 1925 bestanden in der französi­schen Partei 2500 Zellen, davon 700 im Pariser Bezirk, 300 im Norden und 138 im Bezirk Lyon. Im Bericht der Partei vom Oktober werden folgende Zahlen angegeben: Pariser Region 1200 Zellen, Norden 320 Zellen, davon 60 Dorfzellen, Bordeaux 180, Untere Seine 100, Beaux-Perche 52, insgesamt 2298 Zellen. Im allgemeinen sind Fluktuationen in der Mitgliederbewegung während der Reorganisation festzustellen. Zu Beginn der Reorga­nisation gab es einen großen Zustrom von Arbeiterelementen zur Partei, dann flaute der Mitgliederzuwachs wieder ab. Die zu­geströmte Mitgliedschaft hat die Partei zu einem großen Teil erneuert, im Bezirk Paris etwa zu zwei Dritteln. In Anbetracht der Tatsache, daß die Partei von ihren Mitgliedern eine größere Arbeit verlangt, hat eine Anzahl alter Funktionäre, die das ruhige Leben der alten Organisation gewohnt waren, die Partei verlassen. Desgleichen ein großer Teil jener Mitglieder, die früher in der alten Parteiorganisation nur Beitragszahler waren. Die Werbung neuer Mitglieder hat bis zum November nicht nur keine Fort­schritte gemacht, sondern es ist sogar ein erheblicher Rückgang in gewissen Bezirken zu verzeichnen. (Jetzt führt die Partei eine Werbekampagne durch zur Gewinnung von 30 000 neuen Mitglie­dern, die stellenweise gute Erfolge gezeitigt hat.) Von November bis Januar wird ein erheblicher Mitgliederzuwachs verzeichnet. Zusammenfassend können wir feststellen, daß der Zuwachs neuer Mitglieder den periodischen Mitgliederverlust nicht nur wettge­macht hat, sondern die Zahl der Mitglieder von 64 000 vor Be­ginn der Werbekampagne auf etwa 75 000 (1. 1. 1926) gebracht hat. Man kann feststellen, daß die soziale Zusammensetzung der Partei jetzt günstiger und die Aktivität der Parteimitglieder größer als früher ist. Dies zeigt sich besonders bei den verschiedenen Kam­pagnen (Kampagne gegen den Marokko-Krieg, für die Vorberei­tung der Arbeiterkongresse und des 24stündigen Generalstreiks, Werbekampagne, Wahlkampagne). Im Durchschnitt beträgt die Zahl der Arbeiter etwa 80 Prozent, der Rest entfällt auf Bauern, Kleingewerbler und (ein ganz geringer Prozentsatz) auf Intellek­tuelle. Die Zahl der Frauen ist äußerst gering, meist nicht mehr als 1 oder 2 Prozent. Die Reorganisation ist überall begonnen. Es wurde ihr aber vieler­orts ein mechanischer Charakter verliehen. Vielfach wurden die alten Sektionen einfach umgetauft. Das politische Leben der Zellen ist noch sehr schwach, obschon jetzt eine gewisse Besserung festzu­stellen ist. Es fehlt überall an geschulten Kräften (Zellen-, Rayons- und Unterbezirkssekretäre), da die Mitgliedschaft meist noch sehr wenig organisatorische Erfahrung hat. Die Mitglieder und Sekre­täre verstehen noch nicht, wie man im Betriebe arbeiten muß. Zwi­schen den Zellen und den Rayons- und Regionskomitees ist trotz ihres Bestehens außer großen Stadtorganisationen mangelhafte Ver­bindung vorhanden; die Zellen berichten monatelang nicht an die Bezirke, und diese wiederum geben den Zellen keine konkreten Direktiven. In der Parteipresse, besonders in der »Humanite«, wird der Betriebszellenfrage noch zu wenig Aufmerksamkeit ge­schenkt. Nur selten erscheinen in der Tagespresse Berichte über die Arbeit und die Erfahrungen der Zellen. Der Parteiapparat: Es bestehen Pol-Büro, Org-Büro und Sekre­tariat, die aber nicht genügend kollektiv Zusammenarbeiten. Die Zentrale besteht aus 40 Genossen, die jedoch nur selten zusam­men kommen. Das Pol-Büro besteht aus etwa 16 Genossen, die nicht immer vollzählig zu den Sitzungen erscheinen. In letzter Zeit ist eine Besserung in bezug auf das Pol-, Org-Büro und ZK ein­getreten. Bei der Zentrale bestehen eine ziemlich gut arbeitende Org-Abteilung und verschiedene andere Abteilungen, die nicht be­sonders gut arbeiten und keine Verbindung untereinander haben. Eine Gewerkschaftsabteilung (früher Commission syndicale) be­steht als Abteilung erst seit kurzem und arbeitet nicht schlecht. Die Partei ist in 31 Regionen (Bezirke) eingeteilt, inbegriffen Algier und Tunis, diese wiederum in Rayons und Unterrayons. Die mei­sten Bezirke haben bezahlte Bezirksfunktionäre. Bezahlte Rayons­sekretäre gibt es nur in zwei Bezirken (Paris und Norden). Betriebszellenzeitungen werden im Bezirk Paris etwa 300 heraus­gegeben, in Lyon und Bordeaux je 40. Von anderen Bezirken feh­len genaue Angaben. Fraktionen bestehen nur sehr wenige, meistens nur in Paris. Diese werden übrigens nur in den gewählten Organen gebildet. Selbst diese funktionieren jedoch nicht. England Zahl der Mitglieder Im Juni 1924 betrug die Zahl der Mitglieder 3612, Juni 1925 4398. Während der letzten im September durchgeführten Werbe­woche hat die Partei ihre Mitgliederzahl auf 5750 Mitglieder er­höht. Der Einfluß der Partei ist viel stärker. Die Reorganisation: Die Zahl der Zellen beträgt 177 (wirklich funktionierende etwa 125), die etwa 900 Genossen umfassen. Da­von wurden 52 Zellen während der letzten im September durch­geführten Werbewoche gebildet. Die meisten befinden sich in den Bergwerksdistrikten. Viele dieser Zellen geben eigene Betriebs­zeitungen heraus. Insgesamt erscheinen 79 Betriebszellenzeitungen regelmäßig mit einer Gesamtauflage von 22 000 Exemplaren. Einige sind sehr gut, erscheinen wöchentlich oder vierzehntägig und haben schon die 12. Nummer erreicht, viele aber beschränken sich auf reine Betriebs- und Gewerkschaftsangelegenheiten. Auch die Zellen weisen zum Teil noch diesen Mangel auf. Ein großer Teil der Betriebszeitungen war während der Werbewoche nicht auf die­selbe eingestellt. Auch die Zellen haben während der Werbewoche zum Teil nur geringe Anstrengungen gemacht, um neue Mitglieder zu werben. Das Schwergewicht lag während der Werbewoche in den traditionellen Straßenecken-Versammlungen, die nur geringe Erfolge zeitigten in bezug auf Gewinnung neuer Mitglieder. Gute Resultate wurden jedoch da erzielt, wo die Zellen eine gute Arbeit leisten (individuelle Propaganda zur Gewinnung neuer Mitglieder, Betriebsversammlungen). Als ein gutes Mittel erweisen sich auch die sogenannten Konzentrationsgruppen. Da die Jugendorganisa­tion mit denselben gute Erfolge erzielte, ging auch die Partei zu ihrer Bildung über. Diese Konzentrationsgruppen bestehen nur aus drei bis fünf Genossen. Sie unterstehen der örtlichen Parteileitung (Ortsgruppe oder Stadtbezirk) und haben die Aufgabe, sich auf einen bestimmten Betrieb in der Nähe ihres Wohn- und Arbeits­ortes zu konzentrieren, um dort eine Zelle zu schaffen. Nach Er­ledigung ihrer Aufgaben erhalten sie von der Parteileitung neue Aufträge. Die Arbeit der Zellen weist noch gewisse Mängel auf. So geht z.B. aus den Berichten hervor, daß dieselben sich hauptsächlich mit Be­triebs- und Gewerkschaftsfragen beschäftigen und ihre Hauptauf­gabe darin sehen, neue Mitglieder für die Gewerkschaften zu ge­winnen, während der Einfluß der Partei organisatorisch nur wenig gefestigt ist. Die politische Aktivität der Zellen ist noch gering. Der Parteiapparat: Die Zentrale besteht aus Pol-, Org-Büro und Sekretariat. Abteilungen bestehen für Gewerkschaftsarbeit, Agit­prop, Genossenschaften, Parlaments- und Gemeindepolitik und Frauen. Eine Org-Abteilung besteht noch nicht, nur ein Betriebs- Zellenkomitee, das nach und nach zu einer Org-Abteilung ausge­baut werden soll. Es bestehen 10 Bezirke, die aber noch nicht gut funktionieren. Nur in einigen Bezirken gibt es bezahlte Funktio­näre. Einzelne Gruppen sind noch keinem Bezirk angeschlossen und sind unmittelbar mit dem ZK verbunden. Die Zahl der Frak­tionen ist nicht bekannt. Es bestehen solche in den Gewerkschaf­ten, Gewerkschaftskartellen und Genossenschaften. Es finden regel­mäßig Zusammenkünfte statt, aber es gibt keine Fraktionsleitun­gen. Amerika [USA] Die Partei bestand bis jetzt aus 19 Sprachföderationen mit insge­samt 17 377 zahlenden Mitgliedern im Jahre 1924 und 16 325 im Jahre 1925. Jetzt gibt es 13 Bezirke (Distrikte). Die großen Städte sind in Sektionen (Stadtteile) und Untersektionen einge­teilt. In Chikago gibt es 6 Sektionen und in New York 11 Sek­tionen und 32 Untersektionen. Auf dem 4. Kongreß der Workers Party [offizieller Name der KP] wurde ein neues Parteistatut angenommen. Auf Grund dessen ist ein detaillierter Reorganisationsplan ausgearbeitet worden, wo­nach die Bezirke Chikago und New York innerhalb eines Monats und die Gesamtpartei innerhalb sechs Monaten auf Grundlage der internationalen Betriebszellen reorganisiert sein sollen. Sowohl Chikago als auch New York sind nun reorganisiert. In Chikago wurden 90 Prozent der Mitglieder in Betriebs- und Straßenzellen erfaßt. Es wurden 28 Betriebs- und 40 Straßenzellen gebildet. 80 Prozent der Mitglieder sind in Straßenzellen organisiert (!) und rund 20 Prozent in Betriebszellen. Durchschnittliche Mitgliederzahl der Straßenzellen beträgt 17, der Betriebszellen 3 bis 23. Die Straßenzellen haben die Tendenz, an die Stelle der alten Wohn­ortsgruppen zu treten. In New York wurden 210 Betriebszellen gebildet mit ungefähr 1000 Mitgliedern, außerdem 60 Konzen­trationsgruppen, d. h. Betriebszellen, die Genossen zusammenfas­sen, die vereinzelt in naheliegenden Betrieben arbeiten, mit 600 Mitgliedern und 35 internationalen Gruppen (Straßenzellen) mit 1200 Mitgliedern. Ferner sind auch die Bezirke Cleveland und Pittsburg reorganisiert worden mit 19 resp. 7 Zellen. Insgesamt bestehen bis jetzt etwa 300 Zellen im ganzen Lande. Die Inangriffnahme der Reorganisation der Workers Party ist ein bedeutungsvoller Schritt, da dadurch die 19 verschiedenen Sprach­föderationen, die jede für sich ihr eigenes Parteileben führten, zu einer einheitlichen wirklichen Partei zusammengeschlossen werden. Die Reorganisation schien zuerst infolge der Sprachschwierigkei­ten auf große Hindernisse zu stoßen. Es stellte sich jedoch heraus, daß diese Schwierigkeiten nicht unüberwindlich sind. Die Sprach­föderationen haben sich zum großen Teil schon auf den Konferen­zen, die nach dem Parteikongreß stattgefunden haben, auf den Boden der Beschlüsse des Parteikongresses gestellt und der Reorga­nisation zugestimmt, teilweise allerdings mit Bedenken. Offen ab­gelehnt wird die Reorganisation nur von der italienischen Föde­ration (Richtung Bordiga). Für die Sprachföderationen sind beson­dere nationale Arbeiterklubs vorgesehen. In diesen Arbeiterklubs werden kommunistische Fraktionen gebildet, die im wesentlichen die gleichen Aufgaben haben wie die Fraktionen in anderen außer­parteilichen Organisationen. Der Beitritt zur Partei erfolgt nicht durch die Arbeiterklubs, sondern nur durch die internationalen Betriebs- oder Straßenzellen (auch internationale Gruppe genannt). Alle Mitglieder der jetzigen Sprachföderationen werden den Be­triebs- und Straßenzellen zugeteilt, ohne Unterschied der Spra­chen. Die Föderationen als solche werden aufgelöst, aber erst nach­dem die Betriebs- und Straßenzellen schon einigermaßen funktio­nieren und die Arbeiterklubs, die breitere Massen erfassen sollen, geschaffen sind. Eine gute Arbeit wurde von den Zellen während der Kampagne für den »Daily Worker« geleistet, ferner anläßlich des 1. Mai und in mehreren Streiks (z. B. New York). Es besteht aber noch die Tendenz, den Zellen ausschließlich Betriebs- und Gewerkschafts­aufgaben zuzuweisen. Gegen diese Tendenz führt die Partei eine ideologische Kampagne. Im »Daily Worker« und anderen ameri­kanischen Parteizeitungen werden täglich, mehrere Spalten der Dis­kussion über die Betriebszellen und ihre Aufgaben gewidmet. Es erscheinen auch schon einige Betriebszeitungen (Zahl nicht be­kannt), die jedoch auch die Tendenz haben, sich nur mit Betriebs- fragen und den täglichen Beschwerden der Arbeiter der betr. Be­triebe zu beschäftigen. Die Arbeit in den Gewerkschaften wurde bis jetzt sehr vernach­lässigt. Es bestand die Tendenz, die TUEL (Liga für gewerkschaft­liche Erziehung; Linke) als Fraktion zu betrachten. Nur 32 Prozent der Mitgliedschaft ist gewerkschaftlich organisiert, und nur ein klei­ner Teil davon arbeitet aktiv in den Gewerkschaften und in der TUEL. Gruppen bestehen nur in einigen industriellen Zentren. Fraktionen gibt es nur wenige. Die Parteizentrale setzt sich aus Pol- und Org-Büro, dem Sekretariat und den verschiedenen Ab­teilungen zusammen. (Es werden dabei die verschiedenen Sprach­gruppen berücksichtigt.) Es bestehen folgende Abteilungen: Orga­nisation, Gewerkschaften, Kolonien und Neger, Presse und Verlag. Italien Die Partei ist illegal. Die Reorganisation macht nur langsame Fortschritte, da die Anti­betriebszellenstimmung der Fraktion Bordigas diese Arbeit er­schwert. Wo Betriebszellen schon bestehen, ist noch kein richtiges Verständ­nis für ihre Aufgabe vorhanden. Sie sind nicht Zentren des politi­schen Lebens geworden und beschäftigen sich meist nur mit Betriebsangelegenheiten. Eine gute Arbeit leisteten sie für die Schaffung der Betriebsausschüsse und anläßlich von Kampagnen, besonders für die Sammlung von Geldern für die »Unita« (Zen­tralorgan). Über die Betriebszeitungen liegen keine Angaben vor. Die Fraktionen arbeiten ziemlich gut in den Gewerkschaften, Ge­nossenschaften und Bauernorganisationen. Dank ihrer Aktivität wurden bei den Verbandswahlen gute Resultate erzielt. Der Zentral-Apparat besteht aus Pol-, Org-Büro (resp. Org-Ab- teilung) und Sekretariat. Es bestehen folgende Abteilungen resp. Kommissionen: Organisation (Org-Büro und -Abteilung sind iden­tisch), Gewerkschaften, Agitprop, Presse, Bauern, Genossenschaften, Frauen und Jugend. Österreich Von 5500 regelmäßig ihre Beiträge zahlenden Mitgliedern sind etwa 2200 in 129 Betriebszellen erfaßt. In Wien bestehen 66 Zel­len, in der Provinz 63. Mehr als 100 Mitglieder hat eine Zelle, zwischen 50 bis 100 Mitglieder haben 4 Zellen, zwischen 10 bis 50 Mitglieder 61 Zellen, zwischen 3 bis 10 Mitglieder 63 Zellen. Regelmäßige Zellenarbeit leisten nur 25 Prozent aller Zellen. Bei­tragskassierung zu 80 Prozent in den Betrieben. Ein Teil der Zel­len beschäftigt sich nur mit gewerkschaftlichen Fragen, während die politischen und die Parteifragen in der Regel noch in den Wohn­organisationen behandelt werden. Der Zelle in Donawitz ist es in der Auswertung der letzten Lohnkämpfe bei den Alpine-Betrieben gelungen, die Mitgliederzahl zu verdoppeln, sich zu aktivisieren und auszubauen. Im Frühjahr 1926 soll die Reorganisation in Wien soweit durchgeführt sein, daß die erste Wiener Delegierten­konferenz einberufen werden kann. Die Wahl der Delegierten soll in den Betriebs- und Straßenzellen durchgeführt werden. Es er­scheinen 23 Betriebszeitungen, aber noch unregelmäßig. Die Fraktionsarbeit in den Gewerkschaften ist noch schwach. In Wien bestehen 16 revolutionäre Blocks mit 1294 Mitgliedern, wo­von in 14 die Kommunisten (817 Genossen) in Fraktionen zusam­mengeschlossen sind. Fraktionen bestehen noch bei den Arbeitslo­sen, bei den Studenten, in der Sportbewegung, im Arbeiter-Espe­rantobund und im Samariterbund. In der Mieter- und Genossen­schaftsbewegung sind erst schwache Ansätze vorhanden. Beim ZK bestehen eine Org- und eine Gewerkschaftsabteilung. Schweiz Die KP der Schweiz zählt 4000 Mitglieder. Die Organisierung der Betriebszellen macht Fortschritte. Basel-Stadt hat bis jetzt 29 Zel­len mit 350 Mitgliedern. Fast alle Zellen arbeiten, aber nur we­nige beschäftigen sich mit politischen Fragen. Einzelne Zellen haben zur Besprechung bestimmter Fragen sympathisierende und partei­lose Arbeiter herangezogen. Es erscheint eine Betriebszeitung, aber noch unregelmäßig. Die Fraktionsarbeit in den Gewerkschaften wird sehr ungleich durchgeführt. Es besteht keine Zentralisierung in dieser Arbeit. Basel arbeitet gut, wo im Gewerkschaftskartell eine Dreiviertel­mehrheit der Kommunisten besteht. In den Genossenschaften, den Sportorganisationen und bei den Erwerbslosen bestehen Fraktio­nen, die aber für die Schweiz noch nicht zentral zusammengefaßt sind. Es besteht eine Gewerkschaftsabteilung. Die laufende Arbeit wird vom Sekretariat erledigt. Holland Die Partei hat 1562 Mitglieder, von denen bei den politischen Aus­einandersetzungen 518 für die rechte Gruppe (Wijnkoop, van Ra- vensteijn) gestimmt haben. (Ende November 1924 war der Mit­gliederbestand 1777.) Die Umstellung auf Betriebs- und Straßenzellen wird jetzt erst vorgenommen. Zahlenmaterial ist nicht bekannt. Einzelne Betriebs- und Wandzeitungen sind bereits erschienen. Fraktionen werden erst wieder aufgebaut. Nur in Amsterdam arbeiten die Fraktionen in den verschiedenen Verbänden regelmä­ßig. Die Gewerkschaftsabteilung beim ZK besteht aus 10 Genossen. Diese Genossen stehen in Verbindung und leiten die Fraktionen im NAS, im reformistischen und im neutralen Gewerkschaftsverband (Hirsch-Duncker). Die laufende Arbeit wird vom Präsidium und Sekretariat erledigt. Norwegen Die KP Norwegens, die etwa 7000 Mitglieder zählt, hat ihre Re­organisierung Anfang 1925 mit der Stadt Oslo begonnen. Diese Reorganisierung hat erst nach dem 2. Parteikongreß eingesetzt, der ein neues Statut sowie eine Org-Resolution und einen Beschluß betr. Fraktionen in Übereinstimmung mit den Direktiven der KI gefaßt hat. Das Org-Büro hat Satzungen über die Struktur der Partei, eine Instruktion über die Organisation von Zellen, über die Struktur und die Tätigkeit der Gewerkschaftsfraktionen aus­gearbeitet sowie die Teilung der Partei in 11 Bezirke (Distrikte) beschlossen und ausgearbeitet. Die ideologischen Vorarbeiten zur Reorganisierung wurden mit Hilfe der Parteipresse in den neun Distriktkonferenzen sowie in einzelnen Versammlungen und Bera­tungen, deren Gegenstand die Org-Frage war, geleistet. Gegenwär­tig haben wir etwa 100 Betriebszellen. Ihre Arbeit ist nicht genü­gend, sie sind noch nicht zu einer grundlegenden Parteiorganisation geworden. In den Zellen gelangen in der Hauptsache gewerkschaft­liche und ökonomische Fragen zur Behandlung, politische dagegen in nur geringem Maße. Dort, wo die Zellen Aktivität an den Tag legten, erstarkte der Zusammenhang der Partei mit den Massen. Es erscheinen 16 Betriebszeitungen mit einer Auflage von etwa 20 000. Die Zeitungen bestehen in der Hauptsache aus Beiträgen von Ar­beitern unter Mitwirkung der Agitprop-Abteilung. Fraktionen wurden bisher nur in den Gewerkschaften gegründet und leisten im Ortsmaßstab recht gute Arbeit. Ein zentraler Zusammenhang der Fraktionen besteht nicht. Das ZK wurde nach dem 2. Parteitag reorganisiert, es besteht aus mehreren Abteilungen; einige dersel­ben leisten gute Arbeit. Das Sekretariat ist gut organisiert. Die Distriktskomitees haben fast keinen Apparat. Unter den 11 Di­striktssekretären sind nur 4 festangestellte. Schweden Die KP Schwedens, die am 1. Januar 1926 10 000 Mitglieder zählte, hat Anfang 1925 in Stockholm ihre Reorganisation in An­griff genommen. Die Partei hat weder ein bolschewistisches Statut noch ein Statut über die Struktur der Partei und der Fraktionen gehabt. Im Zusammenhang mit der Parteioffensive wird die Re­organisierung ziemlich energisch durchgeführt. Es gibt 302 Orts­organisationen, 416 Betriebs- und Dorfzellen und 100 Straßenzel­len. Die ideologischen Vorarbeiten wurden mit Hilfe der Presse sowie mit Hilfe von Versammlungen und Beratungen geleistet, je­doch in ungenügendem Umfange. Die Zellen sind schwach, die Hauptaufgabe ist ihre Politisierung und ihre Umgestaltung zu grundlegenden Parteiorganisationen. Trotz der schwachen Tätig­keit der Zellen ist hervorzuheben, daß dort, wo sie aktiv sind, die Mitgliederzahl und die Zahl der Zeitungsabonnenten steigt. Eine der Ursachen der Erhöhung der Mitgliederzahl um rund 2000 im Laufe des Jahres 1925 ist zweifellos der Umbau der Partei auf Betriebszellengrundlage. Es erscheint nur eine Betriebszeitung. Frak­tionsarbeit wird nur in den Gewerkschaften geleistet, und auch das nicht überall. In anderen Massenorganisationen werden nur die er­sten schwachen Schritte gemacht. Der ZK-Apparat ist in technischer Beziehung ausgezeichnet. Er verfügt über eine sehr genaue Statistik und übt eine äußerst sorg­fältige statistische Kontrolle aus. Die Tätigkeit der ZK-Abteilung ist wenig ausgebaut und ist nicht systematisch. Unter den 24 Be­zirkssekretären sind nur drei festangestellte. Ein Apparat besteht in den Betriebskomitees nicht. Dänemark Die eigentliche Reorganisierung hat noch nicht begonnen. Es wurde nur eine unvollständige Neuregistrierung der Parteimitglieder vor­genommen. Die Partei hat 750 bis 800 Mitglieder. Vorläufig funk­tioniert noch keine einzige Betriebszelle. Es erscheinen noch keine Betriebszeitungen. In Kopenhagen sind die ersten Anfänge von Fraktionen vorhanden. In einer Reihe von Gewerkschaften gibt es gute Stützpunkte. Ein Parteiapparat besteht in Wirklichkeit nicht. Das ZK hat keine wirklich arbeitenden Abteilungen. Die Wochen­schrift beschäftigt sich von Zeit zu Zeit mit Organisationsfragen. Rumänien Die Partei zählt etwa 1500 Mitglieder laut dem letzten Bericht, doch sind diese Zahlen ungenau. Fast ein Drittel der Parteimitglie­der ist in Haft oder in Emigration. Es macht sich eine Tendenz zum Wachstum der Partei bemerkbar. Die Reorganisierung der Partei auf Betriebszellen-Grundlage ist noch nicht zu Ende geführt. Es bestehen etwa 150 Zellen. Die Reorganisierung geht ziemlich langsam vor sich, da die Mitgliederzahl eine unbedeutende ist und die einzelnen Mitglieder mit gewerkschaftlicher Arbeit überlastet sind. Betriebszeitungen bestehen keine. Immerhin bringen die Ar­beiter der Reorganisierung der Partei großes Interesse entgegen und sind sich über die Wichtigkeit derselben durchaus im klaren. Was die Tätigkeit der Gewerkschaftsfraktion der Partei anbetrifft, so kann die Partei auf einige Erfolge zurückblicken. Die Tätigkeit des Parteiapparats ist überaus schwach, da der Terror der Partei ihre aktivsten Mitarbeiter entreißt. Jugoslawien Nach den letzten Berichten des Org-Sekretariats beträgt die Mit­gliederzahl ungefähr 2300. Vor einem Jahr waren es 800 bis 900 Mitglieder. Die Reorganisation ist in vielen Städten durchgeführt. Genauere Berichte liegen nicht vor. Die Berichte über die Arbeit der Zellen sind sehr mangelhaft. Man kann aber voraussetzen, daß einige Zellen ziemlich gut arbeiten. So z. B. vertreibt eine 18 Mitglieder starke Betriebszelle 250 Exem­plare des Parteiorgans (14 auf ein Mitglied). In einer anderen Stadt haben zwei Zellen gute Gewerkschaftsarbeit geleistet und viele unorganisierte Arbeiter den Gewerkschaften zugeführt. Die negativen Seiten der Arbeit der Zellen sind unbekannt. Die Zahl der Intellektuellen und der kleinbürgerlichen Elemente in der Partei hat sich verringert, die Zahl der Arbeiter vergrößert. Die Kampagnen werden besser durchgeführt als früher. Betriebszellen gibt es nur eine. Die kommunistischen Fraktionen arbeiten schlecht; sie bestehen nur in einigen Orten, aber bekommen keine Direktiven und Anweisun­gen seitens der höheren Leitungen, und deswegen ist ihre Arbeit schwach. Der Parteiapparat ist schwach. Die Verbindung der höheren Or­gane mit den unteren ist schlecht. In mehreren Bezirken gibt es keine besoldeten Sekretäre, die ausschließlich für die Partei arbei­ten, und deshalb schreitet die Arbeit langsam voran. Die Struktur der Partei entspricht nicht den Bedürfnissen der Bewegung, und deswegen ist in dieser Hinsicht eine Reorganisation durchzuführen. Polen Die Partei ist illegal. Das Prinzip der Betriebszellen ist von der KP Polens anerkannt und wird in der Praxis nach Möglichkeit durchgeführt. Doch sind auch andere Arten von Zellen vorhan­den. In Industriebezirken und in größeren Betrieben bilden die Betriebs­zellen die Grundlage der Organisation. Eine zweite verbreitete Art der Zellen ist die Berufszelle (z. B. Schuhmacher, Schneider, Bäcker usw.) im Rahmen eines bestimmten territorialen Gebietes, z. B. Stadtbezirk oder einer kleinen Stadt. Die dritte Art von Zellen ist die territoriale oder die gemischte Zelle, die in kleinen Flecken und auf dem flachen Lande vorherrschend ist (hauptsächlich in den Dörfern des westlichen Weißrußlands und der westlichen Ukraine, weniger aber im eigentlichen Polen, wo die Verbindung mit einzel­nen bäuerlichen Mitgliedern unmittelbar von den nächstliegenden Parteiorganisationen, meist von Organisationen kleinerer Städte, aufrechterhalten wird). Die vorherrschenden Zellentypen sind aber die Betriebszelle und die Berufszelle. Eine ziemlich große ideologische Arbeit in der Frage des Umbaues der Partei auf der Betriebszellengrundlage hat die Partei während des letzten Jahres in Oberschlesien geleistet, wo noch die alten deutschen Organisationstraditionen lebendig waren und wo jetzt eine Reihe von Betriebszellen gegründet wurden und funktionie­ren. In Gewerkschaften und anderen Arbeiterorganisationen bestehen bereits seit mehreren Jahren Fraktionen, doch erst in letzter Zeit ist über deren Zusammensetzung und Aufgaben volle Klarheit ge­schaffen worden. In der Praxis gibt es auf diesem Gebiet noch mancherlei Mängel. Die Rote Fraktion ist einfach eine Zusammen­Fassung der gewerkschaftlichen Opposition, d. h. ihr gehören nicht nur Kommunisten an, sondern auch Mitglieder anderer Parteien und Parteilose. In diesen Fällen besteht nicht immer daneben noch eine abgesonderte kommunistische Fraktion. Die Vertreter der kommunistischen Fraktionen der einzelnen industriellen Bezirke oder Städte oder auch einzelne aktive Mitarbeiter der Gewerk­schaften werden von der Gewerkschaftsabteilung des ZK zu Tagun­gen als zentrale Fraktion der betreffenden Einzelgewerkschaft ein­berufen. Auf dem Gebiete der Fraktionen bedarf es noch einer erheblichen Arbeit zu ihrer Klärung und Herausarbeitung. Auch bedarf es der Gründung von Fraktionen in einer Reihe von Ge­werkschaftssektionen, Genossenschaften usw., wo solche noch nicht bestehen oder wo sie aus verschiedenen Gründen eingegangen sind. Die bestehenden kommunistischen Fraktionen existieren nur in den sogenannten Freien Gewerkschaften, d. h. in den Amsterdamer Ge­werkschaften. Erst in letzter Zeit wurden in Oberschlesien Versuche gemacht, auch in nationalen Gewerkschaften Fraktionen zu grün­den. Finnland Eine der wichtigsten Aufgaben der Kommunistischen Partei wäh­rend der letzten anderthalb Jahre war die Organisation von Partei­zellen in den Betrieben. Gegenwärtig gibt es in der Finnländischen Kommunistischen Partei vier Arten von Zellen: 1. Betriebszellen, 2. Berufszellen, 3. lokale gemischte Zellen (Frauenzellen), 4. Dorf­zellen (Landarbeiter, Dorfhandwerker und Bauern). Vorherrschend sind gegenwärtig die Betriebszellen (die übergroße Mehrheit), fer­ner die Dorfzellen. Die Berufszellen sind eigentlich nur Überreste aus der Zeit der illegalen Existenz der Partei innerhalb legaler Organisationen. Gegenwärtig werden sie liquidiert. Die lokalen gemischten Zellen sind einesteils Überreste der alten Frauenorgani­sation, andernteils können sie daraus erklärt werden, daß einige Mitgliederkategorien (Hausangestellte, Hausfrauen usw.) sich nicht in Betriebszellen zusammenfassen lassen. Doch gibt es nur wenige solcher Zellen. Die Parteileitung schätzt die Ergebnisse des Umbaues der Partei folgendermaßen ein: a) durch die Bildung von Betriebszellen ist eine größere Anzahl von Genossen zur aktiven Arbeit herangezo­gen worden; b) die Zahl der kommunistischen Fraktionen in Mas­sen-Arbeitervereinen ist gestiegen; c) die Zellen und Fraktionen gewöhnen sich immer mehr an ständige planmäßige Arbeit; d) in allgemeinen Arbeiterversammlungen kommt der Einfluß der Partei viel stärker zum Ausdruck als früher. Estland Nachdem im Zusammenhang mit dem Dezember-Auf stand 1924 die Kommunistische Partei zerschlagen und die Arbeiterbewegung überhaupt zerschmettert war, handelt es sich gegenwärtig um wie­derherstellende Organisationsarbeit, und zwar hauptsächlich in den Städten. Auf dem Lande ist die Tätigkeit der Partei außerordent­lich erschwert, da hier der Terror noch verheerender wirkt als in den Städten. Zellen: Die KP Estlands, die früher ein Teil der bolschewistischen Arbeiterpartei Rußlands war, war auch früher auf Betriebszellen­grundlage auf gebaut. Gegenwärtig bestehen drei Arten von Zellen: a) Betriebszellen, b) lokale gemischte Zellen (Einzelhandwerker, Hausangestellte usw. in Städten), c) Dorfzellen (Landarbeiter, Handwerker, Bauern). Eigentlich sind b) und c) Abarten der ter­ritorialen Zelle. Vorherrschend ist die Betriebszelle und die Dorf­zelle. Fraktionen: Vor der Vernichtung der Gewerkschaftsbewegung im Jahre 1924 hat es in allen Gewerkschaften und Arbeiterorganisa­tionen Fraktionen gegeben. Abgesehen von der Gewerkschaft der Büroangestellten war der Einfluß der Kommunistischen Partei in allen Arbeitervereinen sehr entscheidend. Die Sportvereine waren völlig in kommunistischen Händen. Auch in den Genossenschaften gab es Fraktionen. Da es gegenwärtig in Estland weder Gewerk­schaften noch andere offene Arbeiterorganisationen gibt, gibt es auch keine Fraktionen. Lettland Zellen: Die KP Lettlands schätzt die gegenwärtige Situation in Lettland nicht als günstig für die Durchführung des Betriebszellen­prinzips im Aufbau der Partei ein, obwohl die große Mehrheit der Parteimitglieder Arbeiter sind (industrielle Arbeiter, Hafen­arbeiter, Hilfsarbeiter, Land- und Forstarbeiter). Kleinbauern bil­den nur 8 Prozent der Mitgliedschaft und untere Angestellte etwa 2 Prozent. Im allgemeinen herrscht im Lande der Kleinbetrieb vor; es werden insgesamt 2032 Betriebe gezählt mit 40 614 Arbeitern, das sind rund 20 Arbeiter pro Betrieb. In nur wenigen Fällen ar­beiten in einem Betrieb genügend Parteimitglieder, um eine selb­ständige Zelle bilden zu können. Mit Rücksicht darauf gibt es drei Arten von Zellen. Es gibt erstens einige Betriebszellen. Zweitens gibt es Zellen, die aus den Arbeitern von zwei oder drei benachbarten und verwandten Betrieben bestehen. Die verbreitetste Art der Zel­len sind die Berufszellen. Doch sowohl in Betriebszellen als auch in Berufszellen werden einzelne, außerhalb des Betriebes oder des Berufes stehende Mitglieder angenommen, die von den Mitgliedern der betr. Zelle für die Partei gewonnen sind. Fraktionen: Feste Fraktionen bestehen in außerparteilichen Mas­senorganisationen. An der Spitze der Fraktionen stehen Büros. Litauen Die Partei ist illegal. Zellen: Die Zellen sind in der Mehrheit nach territorialem Prinzip auf gebaut (Orts- oder Dorfzellen). Da es in Litauen nur sehr we­nige industrielle Betriebe gibt, so gibt es auch nur wenig Betriebs­zellen. Mancherorts bestehen Berufszellen, die gleichzeitig auch ge­wissermaßen Gewerkschaftsfraktionen sind. Die Partei ist bestrebt, solche Zellen womöglich zu Betriebszellen oder Territorialzellen umzubilden. Die Schaffung von Betriebszellen hat zur Belebung der Parteitätig­keit beigetragen, die Partei den Arbeitermassen nähergebracht, den Einfluß der Partei in den Betrieben gesteigert; auch gestaltet sich die Verbreitung der Parteipresse bedeutend erfolgreicher. Fraktionen: Bisher wurden Fraktionen fast ausschließlich in Ge­werkschaftsvorständen, auf Kongressen verschiedener Organisatio­nen organisiert. Erst in letzter Zeit beginnt die Partei mit der Bildung von Fraktionen als ständiger Parteiorgane in den Gewerk­schaften usw. Länder des Ostens Die revolutionäre Bewegung im Osten hat während des letzten Jahres große Fortschritte gemacht. Hand in Hand mit dem Wachs­tum der revolutionären Bewegung und gestützt darauf, vollzieht sich in den östlichen Ländern auch eine Festigung der revolutionä­ren und der kommunistischen Organisationen. Ende 1925 gibt es mehr oder minder ausgebildete kommunistische Parteien und Or­ganisationen in folgenden Ländern: China, Japan, Korea, Indo­nesien, Türkei, Syrien, Palästina, Persien, Algier, Tunis, Ägypten, Indien, Südafrika u. a. Außerdem stehen die revolutionären Volks­parteien der Unabhängigen Mongolischen Republik, der Inneren Mongolei (China) und des Landes Tannu-Tuwa (vormals Gebiet Urian-Hai) in enger Fühlung mit der Komintern. Unter den östlichen Ländern mit bedeutenden Industriezentren hätte China starke Betriebszellen haben können, doch auch dort waren bis zuletzt die Parteiorganisationen in der Regel auf terri­torialem Prinzip aufgebaut. Selbst in Schanghai ging die Bildung von Parteizellen in den Betrieben nur sehr langsam vor sich. Konsequenter durchgeführt wird das Betriebszellenprinzip in der Türkei, doch gab es dort bis zuletzt nur sehr wenig Zellen, und ihr Zusammenhang mit den Massen war äußerst schwach. Über die Fraktionstätigkeit liegen keine Mitteilungen vor. Der Partei­apparat ist in der Regel überall sehr schwach. Einen verhältnis­mäßig starken Zentralapparat hat die mongolische Partei und die Tannu-Tuwa-Partei, doch ist die Verbindung dieses Apparates mit der Peripherie zu schwach, außerdem ist er nicht genügend stark und elastisch, um rasch und energisch auf die sich gegenwärtig im Land abspielenden Ereignisse zu reagieren. Die Mehrheit der kom­munistischen Organisationen des Ostens ist streng illegal. Mit Aus­nähme der Provinz Kanton ist die Kommunistische Partei Chinas ebenfalls illegal, in der Mandschurei ist sie halblegal. Mit Rück­sicht darauf lassen sich keine einigermaßen genauen statistischen Daten über Mitgliederbestand usw. beibringen. Allgemeine Betrachtungen Im allgemeinen kann man feststellen, daß die Sektionen der KI nach der ersten Org-Beratung des EKKI in organisatorischer Be­ziehung einige Fortschritte gemacht haben. Der Umbau der kommunistischen Parteien auf Betriebszellengrund­lage hat, trotz begangener Fehler und trotz der noch lange nicht befriedigenden Tätigkeit der Betriebszellen bereits positive Resul­tate gezeitigt: Die Parteiorganisationen haben sich den Arbeiter­massen genähert, die Parteitätigkeit gestaltet sich lebhafter, der Einfluß der Kommunisten in dem täglichen Kampf der Arbeiter und in den Gewerkschaften steigt usw. Doch ist der Umbau der Partei auf der Betriebszellengrundlage selbst in den wichtigsten Sektionen noch nicht in vollem Umfange durchgeführt, die Aktivi- sierung der Betriebszellen und das Heranziehen sämtlicher Zellen­mitglieder zur Parteiarbeit lassen noch manches zu wünschen übrig. Auch die in vielen Ländern wütende Arbeitslosigkeit, Betriebsein­schränkungen und -Stillegungen stellen die sich in der Reorgani­sation befindlichen Parteien vor ernste Aufgaben, deren Lösung erschwert wird, weil die Zellen und Parteileitungen noch nicht ge­nügend Erfahrung in der Anwendung entsprechender Arbeitsme­thoden anzuhäufen vermochten. Es fehlt den Zellen an der gehöri­gen Leitung, es gibt keine guten Zellensekretäre. Auch der zentrale Parteiapparat funktioniert oft mangelhaft, er ist noch nicht in sei­nem ganzen Umfange auf die Bedürfnisse der Zellen und der un­teren Parteiorganisationen eingerichtet; die Apparate der Ortsor­ganisationen sind noch schwächer. Die kommunistischen Fraktionen in parteilosen Organisationen leisten, mit wenigen Ausnahmen, nur ungenügende Arbeit oder fehlen ganz. Die Org-Abteilung des EKKI befaßt sich gegenwärtig in der Hauptsache mit der Behe­bung dieser Mängel. Die zweite Org-Beratung, die vor dem Er- weiterten Plenum des EKKI zusammentreten wird, wird sich aus­schließlich mit diesen Fragen zu beschäftigen haben. Der Unterschied zwischen der ersten und zweiten Org-Beratung wird folgender sein: Die erste Org-Beratung hat sich mit allge­meinen Fragen befaßt, hat ein Musterstatut der kommunistischen Parteien angenommen sowie die Grundsätze über die Struktur des Parteiapparates, der Zellen und Fraktionen festgelegt und ange­nommen. Die zweite Org-Beratung aber wird sich konkret mit der Struktur und der Tätigkeit der Betriebszellen, ferner mit der Organisation und Tätigkeit der Rayonkomitees (Stadtteilleitungen) zu beschäf­tigen haben. Die Ausarbeitung geeigneter Maßnahmen zur Ausbildung eines Kaders von Parteiarbeitern, die den neuen Forderungen der Par­teiarbeit entsprechen, in erster Linie von Parteiorganisatoren und Zellensekretären, ist ebenfalls eine wichtige Aufgabe der Org- Abteilung des EKKI. Zu diesem Zweck hat die Org-Abteilung ein Programm kurzfristiger Kurse für Zellensekretäre entworfen. Während der Berichtsperiode haben die Sektionen mehrere inter­nationale Kampagnen (antimilitaristische Kampagne, Kampagne der Oktoberrevolution, genossenschaftliche Kampagne u. a. m.) so­wie solche lokaler Natur durchgeführt (Wahlkampagnen, Werbe- und Abonnementskampagnen usw.). Es läßt sich konstatieren, daß die Kampagnen erfolgreicher verlaufen, bei denen die Genossen ihre alten Erfahrungen aus der Zeit ihrer Zugehörigkeit zur Sozial­demokratischen Partei verwerten können, z. B. Wahl- und Werbe­kampagnen. Trotzdem ist zu sagen, daß die Methoden der Durch­führung der Organisation der Kampagnen mangelhaft sind. Sehr oft wird nicht der Betrieb, sondern ausschließlich der Wohnort zum Ausgangspunkt ihrer Durchführung gewählt - Versammlungen und Agitation finden nicht in der Regel im Betriebe, sondern im Wohnort statt. Gleichzeitig besagt aber eine Reihe von Erfahrungen, daß dort, wo sich die Kampagne auf den Betrieb stützt, die Resultate viel besser sind, als wenn die alten Methoden angewendet werden und der Stützpunkt außerhalb der Betriebe verlegt wird. Die Methoden der Arbeit und die Tätigkeit der Org-Abteilung des EKKI Außer den bisher angewandten Arbeitsmethoden der Org-Abtei­lung (Studium und Durcharbeitung der einlaufenden Org-Materia- lien der verschiedenen Sektionen der KI, Instruktion der verschie­denen angekommenen Vertreter der Sektionen, Versendung von Briefen, Direktiven usw. an die Sektionen) wird gegenwärtig der Entsendung von Org-Instruktoren in die Sektionen und der Tätig­keit der Instruktoren innerhalb denselben große Aufmerksamkeit zugewendet. Durch die Entsendung von Instruktoren hat die Org- Abteilung enge Fühlung mit einzelnen Sektionen der KI gewonnen und in einigen Ländern sehr ernste Arbeit geleistet. Die Zahl der Instruktoren wird bedeutend vergrößert werden müssen. Neu eingeführt nach der 1. Org-Beratung sind die Informations- Org-Briefe, die von der Org-Abteilung durchschnittlich allmonat­lich sämtlichen Sektionen der KI, mit denen die Org-Abteilung in Verbindung steht, zugegangen sind. Diese Briefe enthielten die wichtigsten, für die Org-Arbeit charakteristischen Tatsachen aus verschiedenen Sektionen sowie die teilweise oder vollständige Wie­dergabe der wichtigsten Briefe und Org-Direktiven, die von der Org-Abteilung des EKKI an verschiedene Sektionen geschickt wer­den. Nach dem letzten erweiterten Plenum sind drei Nummern der »In- prekor« [Internationale Presse-Korrespondenz] erschienen, die sich ausschließlich mit Org-Fragen beschäftigen, auch vor der 2. Org- Beratung sind zwei ähnliche Nummern erschienen. Außerdem hatte die Org-Abteilung durch unsere ausländische Pressestelle und in einzelnen Nummern der »Kommunistischen Internationale« Artikel über Org-Fragen veröffentlicht. Die Verlagstätigkeit in bezug auf Org-Fragen (Broschüren usw.) war etwas beschränkt; in der Berichtsperiode wurden veröffentlicht: 1. Protokolle der 1. Org-Abteilung (deutsch, französisch), 2. Arbei­ten des Genossen Pjatnizki über Org-Fragen (deutsch, russisch), 3. eine Broschüre des Genossen Kaganowitsch über den Aufbau der KPR. Das Studium der Org-Arbeit der KPR und deren Verwertung durch die Org-Abteilung für andere Sektionen hat wohl einige Fortschritte gemacht, doch nicht in genügendem Maße. Die Org- Abteilung fuhr auch weiter darin fort, Vertretern verschiedener Sektionen die Kenntnis der praktischen Arbeit der unteren Organi­sationen der KPR zu vermitteln, jedoch geschah auch dies nicht im nötigen Maßstab. Der Briefwechsel der KPR-Zellen mit den Zellen anderer Sektio­nen, insbesondere mit den deutschen Zellen, hat sich erfreulich entwickelt. Die deutschen Genossen schneiden in ihren Briefen recht akute und wichtige Fragen an. Jedoch ist der Briefaustausch noch nicht rasch und regelmäßig genug. In der Org-Abteilung waren insgesamt elf verantwortliche Mit­arbeiter und fünf Instruktoren tätig. In der Berichtsperiode (1. 4. bis 8. 12. 25) wurden 20 Sitzungen der Org-Abteilung abgehalten, in denen 46 Fragen erörtert wur­den. Die Fragen verteilen sich auf die einzelnen Länder folgenderma­ßen: Deutschland 2, Frankreich 4, Tschechoslowakei 3, England 3, Österreich 1, Skandinavien 1, Amerika 1; außerdem: 2. Org- Beratung 5, Komm. Fraktionen 2, Parteikandidaten 1. Es wurden insgesamt 41 Org-Briefe versandt. Darunter nach Deutschland 6, England 3, Amerika 2, Kanada 2, Frankreich 3, Tschechoslowakei 6, Österreich 3, Schweiz 2, Holland 4, Belgien 2, Schweden 1, Norwegen 4, Dänemark 1, Italien 1, Australien 1. An verschiedenen Briefen sind 176 abgegangen, davon nach Deutsch­land 48, nach England 13, Amerika 9, Kanada 3, Frankreich 14, Polen 1, Tschechoslowakei 19, Österreich 10, Schweiz 12, Hol­land 7, Belgien 4, Schweden 10, Norwegen 8, Dänemark 2, Ita­lien 10, Jugoslawien 2, Rumänien, Australien, Argentinien und Brasilien je 1. Es gelangten folgende Rundschreiben zur Versendung: 1. Über die Rechte und Pflichten der Instruktoren der Org-Abteilung. 2. Über die Kandidaten der legalen Parteien. 3. Über die Pressekampagne. 4. Informationsbriefe Nr. 1-7. 5. Über die 2. Org-Beratung (4 Briefe). 6. Rundbrief über die organisatorischen Maßnahmen im Zusammenhang mit der Wirtschaftskrise. Außerdem wurden an verschiedene Sektionen Musternummern von russischen Betriebs- und Wandzeitungen versandt. Aufruf des EKKI gegen Tschiang Kai-schek (1927) Die 1921 gegründete KP Chinas hatte sich eng mit der Kuo­mintang verbündet. 1926/27 unterstützte die Komintern unter Führung Bucharins und Stalins und gegen die Opposition von Trotzki und Sinowjew Tschiang Kai-schek. Als dessen Truppen Schanghai am 12. April 1927 erobert hatten, richtete die Kuomintang unter den Kommunisten ein Blutbad an und beendete damit die Zusammenarbeit. In der Komintern spielte nun - da die Opposition gegen Stalin recht behalten hatte - die chinesische Frage eine sehr große Rolle. Das EKKI verur­teilte am 15. April 1927 den »Verrat« Tschiang Kai-scheks. ... In China haben die Imperialisten nicht allein das ganze Land blockiert: Es ist ihnen auch gelungen, die Einheit der Kuomin­tang zu sprengen und sich Tschiang Kai-schek zu kaufen. Dieser Verräter an der chinesischen Revolution und am chinesischen Volk ist der Mittelpunkt der nationalen Konterrevolution geworden. Im Einvernehmen mit den Ausländern hat Tschiang Kai-schek einen Umsturz in Schanghai vollbracht, die Schanghaier Regierung aufgelöst. Seine Generale haben die Arbeiterwehr entwaffnet und auf Befehl der ausländischen Gewalttäter Hunderte von Prole­tariern, Proletarierfrauen und Kinder niedergeschossen. Mit größter Entrüstung und größtem Haß gegen diesen Henker erklären wir Tschiang Kai-schek zum Verräter an der Revolution, zum Verbündeten der imperialistischen Räuber, Feind der revolu­tionären Kuomintang, Feind der Arbeiterbewegung und Feind der Kommunistischen Internationale! Die Arbeiterklasse aller Länder, die Unterdrückten aller Völker müssen erkennen, daß die chinesische Bourgeoisie vom Kampf gegen den Imperialismus in China abrückte, da sie vor der ge­waltigen Riesenwelle der Arbeiter- und Bauernbewegung zurück­schreckte. Diese Bewegung erfaßte ein solches Menschenmeer, so gewaltige Menschenmassen, daß keine Kräfte des Imperialismus die große chinesische Revolution werden abwürgen können. Die Impe­rialisten werden sie weder durch ihre Flotte noch durch eine Blockade und weder durch Bestechung noch durch Lügen erdrosseln können... Nieder mit Tschiang Kai-schek und den übrigen Überläufern und Verrätern, den Organisatoren der Erschießungen! Es leben die Arbeiter Schanghais! Es lebe die revolutionäre Kuomintang! Es lebe die Kommunistische Partei Chinas! Moskau, 15. April 1927 Exekutive der Kommunistischen Internationale Opposition gegen den Komintern-Kurs (1927) In den zwanziger Jahren waren die kommunistischen Parteien noch keine »monolithischen« Organisationen, in fast allen Par­teien gab es heftige Fraktionskämpfe. Diese innerparteilichen Auseinandersetzungen griffen auch auf die Komintern über. Vor allem 1926/27 sah sich die Kominternführung einer Kritik ihrer linken Opposition ausgesetzt, die zunächst von den Trotzkisten, von der deutschen linken Opposition, dann aber auch von Sinowjew (der Ende 1926 als Kominternführer ab­gesetzt wurde) ausging. Kritik der deutschen linken Opposition Am 1. September 1925 veröffentlichte das EKKI einen »Offe­nen Brief« gegen die damalige KPD-Führung Ruth Fischer- Maslow, die im Verlauf der folgenden innerparteilichen Kämpfe abgesetzt wurde. 1926 organisierte sich die linke Oppo­sition in verschiedenen Gruppen, deren stärkste der spätere »Leninbund« unter Urbahns, Maslow, Ruth Fischer u. a. war. Diese - 1926 aus der KPD entfernten - linken Führer kriti­sierten in einer Anfang 1927 erschienenen Schrift »Der Kampf um die Kommunistische Partei. Plattform der linken Oppo­sition der KPD«, auch die Komintern-Politik. ...l.Die mit der vorläufig vollständigen Niederlage der russischen Opposition abgeschlossene Diskussion in der KPdSU signalisiert die ernsteste und tiefste Krise, die die Kommunistische Interna­tionale bisher in ihrem von Anfang an krisenreichen Dasein erlebt hat. Der offizielle Optimismus, mit welchem Sprecher wie Bu­charin die Krise als nicht vorhanden zu behaupten wagen, ent­spricht weder den Tatsachen, noch hat er etwas mit Marxismus zu tun, da die »Erklärung« der Krise der KPdSU und der KI aus den Charaktereigenschaften »mißvergnügter ehemaliger Führer« typisch bürgerlich ist. Welcher Windbeuteleien »Führer« von der Art Bucharins fähig sind, beweist dessen Diskussionsrede auf der 15. Parteikonferenz der KPdSU. Im Gegensatz zu der immer wieder in munterstem Tone vorgebrachten Behauptung, es gäbe keine Krise in der KPdSU, die Krise sei eine Einbildung der sozialdemokratisch verseuchten »ehemaligen Führer«, stellte Bucharin gleichzeitig fest, daß die Führer der russischen Opposition gesagt hätten, »unsere Partei habe den Weg des >Thermidor< beschritten«, haben die Worte gebraucht »Cavaignacs, und daß wir das Proletariat er­würgen«, »daß die Vertreter unserer Partei Totengräber der Revo­lution sind«, »daß unsere Partei vom Gleise der proletarischen Revolution abrutscht«, »daß die Politik unserer Partei mit den Interessen breiter werktätiger Massen auseinandergeht«, »daß unser Staat bei weitem kein proletarischer Staat ist«, »daß wir eine bürokratische Degeneration der Spitze durchleben, wo sich eine Kaste von Leuten bildet, die sich von den Massen getrennt hat«, »daß der Parteiapparat und die führenden Kreise der Partei die ganze Partei bei der Gurgel gepackt haben«, daß »die Oppo­sition ein ungewöhnlich niederträchtiges Flugblatt unter der Über­schrift >Die Arbeiterfrage< verbreitete, wo unter anderem... ge­sagt war, daß jetzt die Partei eine Linie des Polizeidruckes gegen die Arbeiterklasse durchführt, wo gesagt war, daß jetzt die Me­thoden des Vorkriegsabsolutismus in unseren Fabriken wiederher­gestellt sind« usw. usw. (zitiert nach »Prawda« Nr. 260 vom 10. 11. 1926). Da die von Bucharin zitierten Äußerungen von verantwortlichen Funktionären der KPdSU getan worden sind, z. T. von Mitgliedern des ZK und zum großen Teil von alten Bolschewiken, jahrzehnte­langen Mitarbeitern Lenins, so ist anzunehmen, daß sie, nach Abstrichen polemischer Übertreibungen, mindestens zu 50 Prozent ernst gemeint sind. Angesichts so tiefgehender Differenzen eine Krise leugnen, ist ein Zeichen völliger Verantwortungslosigkeit. Die mit mechanischen Mitteln erzwungene »Erledigung« der russischen Diskussion ändert nichts an den objektiven Ursachen der Krise und der Differenzen. In politisch artikulierter Form hat die russische Opposition ihre Kritik an der falschen Linie der Stalinschen Mehrheit in verschiedenen Dokumenten niedergelegt. Eine zusammengedrängte Darstellung findet sich in den folgenden Zeilen, welche von ihrer Richtigkeit durch mechanische Repressalien der leitenden Körperschaften nichts eingebüßt haben. »Das Abweichen von der proletarischen Klassenlinie äußert sich: a) im Unverständnis für die Gefahren, die im Zurückbleiben der Industrie vor der Volkswirtschaft im ganzen liegen; in bürokratischer Behandlung der Fragen des Lohnes, des Sparsamkeitregimes, der Arbeitslosigkeit, des Wohnungsbaues usw.; c) in der Unterschätzung der Differenzierung im Dorfe und in der Vertuschung der wachsenden Rolle des Kulak; im Bestreben des Volkskommissariats für Landwirtschaft, der landwirtschaftlichen Genossenschaften und anderer Organisationen, den Kurs auf den wirtschaftlich stärkeren Mittelbauern, d. h. dem Wesen nach auf den Kulak hin zu richten; im Unverständnis oder in der Unterschätzung der Gefahren, welche daraus entstehen, daß die politische Aktivität der Klein­bourgeoisie in Stadt und Land schneller wächst als die Aktivität der Arbeiter, der Landarbeiter und der Dorfarmut; in der Erweiterung der Wahlinstruktionen und der Wahlpraxis im Interesse der Kleinbourgeoisie; in der Schönfärberei des Sowjetstaates, so wie er ist, und in der Leugnung der Notwendigkeit, ihn den Arbeitern näherzubringen; h) in der Schönfärberei der NEP, in der Vertuschung und der Abschwächung ihrer Widersprüche und in der Verkleinerung des spezifischen Gewichts der kapitalistischen Tendenzen; i) in der zentristischen Abweichung bei den Fragen der Weltar­beiterbewegung (Anglo-russisches Komitee, Kuomintang usw.); in der Unterstützung der ganz groben, falschen und gefährlichen Hoffnung, als ob Blocks mit opportunistischen und verräterischen Führern die militärische Sicherheit der Sowjetunion stärken könnten; im Bestreben, sich von der Roten Gewerkschaftsinternationale zu trennen und in Amsterdam einzutreten (entsprechende Ver­änderungen der Statuten der Gewerkschaften der Sowjetunion); im systematischen Kampfe nicht gegen rechte Abweichungen, sondern gegen diejenigen, welche vor diesen warnen; n) in der Erklärung als >Ultralinke< aller derjenigen, welche kämpfen für die Ausrichtung der proletarischen Parteilinie.« Die tiefen Differenzen in der sogenannten russischen Frage sind ihrem Wesen nach Differenzen in allen Fragen der proletarischen Revolution. Die KI steht vor der entscheidenden Frage, ob sie die Revision des Marxismus und Leninismus (welche Stalin bereits offen an Zitaten aus Engels vornimmt) dulden und dabei sich selbst als Kommunistische Internationale streichen will, oder ob sie die Kraft aufbringt, die Revisionisten zu schlagen. Die Revisionisten erklären, Engels und Lenin hätten sich »ge­täuscht«, wenn sie feststellten, zum Aufbau des Sozialismus in einem Lande sei das Zusammenwirken und der Sieg des Proleta­riats in mehreren fortgeschrittenen Ländern notwendig. Mit her­ausgerissenen Zitaten aus Lenin soll das »Gegenteil bewiesen« werden... Die Theorie der »nationalen Beschränktheit«, d. h. die Theorie von der Möglichkeit des Aufbaues des vollen Sozialismus in Ruß­land allein, ist gleichbedeutend mit der Praxis des Verzichts auf die proletarische Revolution in den fortgeschrittenen Industrie­ländern, d. h. der Theorie und Praxis des Liquidatorentums. Diese Theorie und Praxis bestimmt die Gesamtlinie der KL Ohne ihre Zurückweisung und Ausrottung ist die Liquidierung des Kommu­nismus als Ideologie unvermeidlich, der kommunistischen Organi­sationen aber unaufhaltsam . .. b) Kritik der russischen Opposition Es waren vor allem die Auseinandersetzungen in der russi­schen Kommunistischen Partei, die auf die Komintern Über­griffen. Trotzkisten, Anhänger Sinowjews, Arbeiteropposition, Demokratische Zentralisten und andere Oppositionsgruppen versuchten auch in der Komintern Einfluß zu erlangen. 1927 richteten sie ihre Kritik in erster Linie gegen die China-Politik von Stalin-Bucharin, welche für die Komintern katastrophale Folgen hatte (vgl. Dok. 24). In einer von den ehemaligen »Demokratischen Zentralisten« herausgegebenen Schrift »Vor dem Thermidor« wandten sich Sapronow, W. Smirnow, Oborin und andere bolschewistische Führer im Juni 1927 gegen den Komintern-Kurs. .. .Die WKP [KP Rußlands] spielt in der revolutionären Bewegung des Proletariats eine weltgeschichtliche Rolle, vor allem als die Partei, die die Oktoberrevolution vorbereitet und vollendet hat, zweitens als die Partei, durch deren Initiative die Komintern ge­schaffen und organisiert wurde, und drittens als die Partei, die sich sowohl in der Periode des offenen revolutionären Kampfes 1905 und 1917 als auch in der Periode der Reaktion unter den schwer­sten Bedingungen illegaler Arbeit eine ungeheure geschichtliche Erfahrung angeeignet hat. Das alles sichert der WKP eine füh­rende Rolle in der Komintern. Aber eben darum konnte es nicht ausbleiben, daß das Verlassen der proletarischen Positionen in den Fragen der inneren Politik eine opportunistische Entartung der Führung der Komintern zur Folge hatte, und daß diese Entartung sich auf das schwerste im Wachstum der kommunistischen Sektionen der Komintern und in der prole­tarischen Weltbewegung auswirkte. Die Politik der Komintern ohne Lenin wird in der ersten Zeit vor allem durch das Übergreifen des in der WKP eingebürgerten Regimes auf die Komintern charakterisiert. Statt in den noch jungen kommunistischen Parteien des Westens alle wahrhaft revo­lutionären Elemente zu stärken und sie, nach Lenins Beispiel, im Geiste des proletarischen Kommunismus zu erziehen, wurde von den Kommunisten des Westens vor allem unbedingter Gehorsam gefordert. Eine ganze Reihe wahrhaft revolutionärer Elemente wurde dadurch gewaltsam aus der kommunistischen Bewegung gestoßen, während im Gegenteil Leute, deren einzige Tugend der Gehorsam war, in leitende Stellungen gelangten. Die Führung der kommunistischen Parteien artet seit dieser Zeit in ein Kommando der WKP-Spitzen über die ausländischen Sektionen der Komintern aus, während die Massen der Partei über die Fragen der proletarischen Weltbewegung sehr ungenügend unter­richtet und sogar künstlich von ihnen ferngehalten werden. Die ausländischen Delegationen werden immer mehr aus der Leitung der Komintern verdrängt. Auf diese Weise machte sich das ZK der WKP von der Kontrolle seiner inländischen Politik seitens der Komintern frei, und die proletarischen Parteien des Westens waren nunmehr außerstande, einen Einfluß auf diese Politik im Sinne einer Bekämpfung ihrer kleinbürgerlichen Schwankungen, die sich naturgemäß mit der Entwicklung der NEP sehr verstärkt hatten, auszuüben. Das ZK der WKP bekam im Gegenteil das unbe­schränkte Recht, sich in jede nichtigste Frage innerhalb der einen oder anderen ausländischen Sektion einzumischen. So stießen die kleinbürgerlichen Mißstände in der Politik des ZK der WKP nicht nur auf keinen Widerstand in der Komintern, sondern übten, je mehr sie wuchsen, einen von Tag zu Tag verderblicheren Einfluß auf die Taktik der ausländischen Sektionen aus. Anfänglich hatte diese in Kommandierung ausgeartete Führung nur die eine negative Bedeutung, daß sie die revolutionäre Erzie­hung der jungen kommunistischen Parteien des Westens schwächte. Eine neue Etappe begann mit der Diskussion im Jahre 1923. Bei den wachsenden Schwierigkeiten des Kampfes mit der Opposition innerhalb der UdSSR kam es dem ZK darauf an, zu zeigen, daß es die Komintern auf seiner Seite habe. Es erfolgte eine Neubeset­zung der leitenden Stellen der kommunistischen Parteien unter dem Gesichtspunkt ihrer Bereitschaft, das ZK in seinem Kampf gegen die Opposition zu unterstützen. Die Auswahl der Führungen der Sektionen der Komintern geschieht nicht im Hinblick auf die In­teressen der internationalen Bewegung, sondern im Hinblick auf den inneren Kampf der WKP. Diese inzwischen noch verschärften Methoden führten zu einer ganzen Reihe von Spaltungen und Abspaltungen, zu einem großen Mitgliederverlust in den bedeu­tendsten Sektionen, zu einer Schwächung der Autorität der kom­munistischen Sektionen in den Reihen der breiten Arbeitermassen und zum Verlust von Millionen von Wählern. Sie werden jetzt noch weiter kompliziert durch neue Mißstände, die aufs engste mit der von der proletarischen Linie sich immer mehr entfernenden Politik des ZK und ihrer nationalen Beschränktheit Zusammen­hängen. Diese neuen Mißstände sind mit besonderer Schärfe in der Politik gegenüber dem Anglo-russischen Komitee und in der Leitung der chinesischen Revolution zum Ausdruck gekommen ... In einer noch ungeheuerlicheren Weise entfernte sich von den Grundlagen revolutionärer Taktik die Politik des ZK in bezug auf die chinesische Revolution. Die Grundlagen dieser Taktik wurden vor mehr als 75 Jahren, im März 1850, von Marx in einem der kommunistischen Taktik vor und nach der Revolution gewidmeten Schreiben an den Kommunistenbund ausführlich festgelegt:... »Sie selbst (die Arbeiter) müssen das meiste zu ihrem endlichen Siege dadurch tun«, so schließt das Schreiben, »daß sie sich über ihre Klasseninteressen aufklären, ihre selbständige Parteistellung so bald wie möglich einnehmen, sich durch die heuch­lerischen Phrasen der demokratischen Kleinbürger keinen Augen­blick an der unabhängigen Organisation der Partei des Proleta­riats irremachen lassen. Ihr Schlachtruf muß sein: Die Revolution in Permanenz.« Diese Taktik wurde von der bolschewistischen Partei unter Lenins Führung im Jahre 1917 durchgeführt und in der Praxis erprobt. In der chinesischen Revolution verfuhren diejenigen, die in der Oktoberrevolution mit Lenin waren (zum Teil auch diejenigen, die gegen sie kämpften: Martynow, Rafes) gerade umgekehrt. Das Exekutivkomitee der Komintern hielt unter dem Druck des ZK der WKP während der ganzen Zeit die chinesische kommunistische Partei in der kleinbürgerlichen Kuomintangpartei. Nach dem Siege der Kuomintang wurde kein Versuch unternommen, unter den Arbeitern »Mißtrauen gegen die neue Regierung« zu organisieren, im Gegenteil: Auf jede Art und Weise wurde die volle Solidarität der Kommunisten mit der Kuomintangregierung demonstriert, in der die Macht immer mehr an den rechten Flügel der Kuomintang mit dem General Tschiang Kai-schek an der Spitze überging. Es wurde endlich auch kein Versuch unternommen, neben der bour­geoisen Regierung den Keim einer echt revolutionären Regierung in Form von Arbeiterräten, Sowjets der Arbeiter-, Bauern- und Soldatendelegierten zu schaffen, die, gestützt auf breite Massen der Arbeiter und Bauern, die bürgerlich-demokratische Regierung sorg­fältig kontrolliert, in Schach gehalten und ihr keine Möglichkeit gegeben hätten, die Revolution durch Abmachungen mit ihren Feinden zu verraten. Statt der chinesischen kommunistischen Partei das Ziel der Entfachung einer nationalen Revolution im Sinne von Marx und Lenin zu stecken, orientierten die Führer der Komintern die chinesischen Kommunisten auf die kleinbürgerliche Kuomin­tangpartei und auf die »revolutionäre Gesinnung« dieses oder jenes Generals. Eine Garantie gegen den Verrat dieser Generale erblickten sie nicht in der revolutionären Bewegung der Massen, nicht in der Bewaffnung der Arbeiter, sondern in den von der Kuomintang und den Kommunisten entsandten Armeeinstruktoren. »Zunächst Beendigung der bürgerlichen Revolution und dann ihre Überführung auf das sozialistische Gleis« — diese menschewisti- sche Etappentheorie war die Grundlage der Taktik, die das ZK der chinesischen kommunistischen Partei empfahl. Aber selbst die Menschewisten hielten es nach ihrer Fragestellung niemals für möglich, die Bildung einer eigenen Partei, die offen mit einem eigenen Programm hervortritt und eine eigene gesonderte Organi­sation besitzt, abzulehnen. Die Aufgabe der chinesischen Revolution selbst wurde von dem ZK im Grunde genommen auf einen Kampf gegen die Imperia­listen reduziert, als ob man diesen Kampf vom Kampf gegen die eigene Bourgeoisie trennen könnte. »Die chinesische Revolution« - so heißt es in einer Resolution des Moskauer Partei-Aktivs - »ist eine bürgerlich-demokratische, national-freiheitliche Revolution, deren Spitze gegen den Imperialismus gerichtet ist, gegen den Feu­dalismus und die feudal-kapitalistischen Cliquen Chinas, auf die sich der ausländische Imperialismus stützt«. So wird selbst der Kampf gegen die feudalen Klassen nur damit motiviert, daß sie die Imperialisten unterstützen. Die Aufgaben der chinesischen Revolution werden auf den Krieg gegen die frem­den Bedrücker beschränkt. Nur unter diesem Gesichtspunkt kann man die Politik verstehen, die das ZK unter der Flagge der Komintern in China betreibt: Sie besteht in der Unterstützung aller derjenigen, die im gegen­wärtigen Augenblick gegen die Imperialisten kämpfen wollen. Darum die Taktik des »Vier-Klassen-Blocks«, darum der Wunsch, den Krieg nicht durch eine Arbeiterbewegung zu »komplizieren«; darum das Zurückhalten der Arbeiter von Streiks; darum die Entwaffnung der Schanghaier Arbeiter, die Bewaffnung der Armee Tschiang Kai-scheks vor dem Schanghaier Umsturz. Darum die Sabotage der Parole: Das Land den Bauern! Darum endlich die Ablehnung der Räte. Das alles stört den Krieg, schreckt die Bour­geoisie, schreckt die Generäle mit ihren Söldnerheeren. Die Ergebnisse dieser Politik liegen jetzt auf der Hand. Die Hoff­nung auf die Kuomintangregierung - gleichgültig auf welche, die ehemalige Kantoner oder die gegenwärtige Wuhaner - ist genau­so falsch wie die Hoffnung auf die englische Arbeiterpartei als Instrument des Friedens in Europa. Buchstäblich einige Tage nach der Rede des Genossen Stalin auf dem Moskauer Parteiaktiv, in der er ausführte, daß Tschiang Kai-schek, auch wenn er wollte, keinen konterrevolutionären Umsturz herbeiführen könnte, da seine Armee sich unter dem Einfluß kommunistischer Instruktoren befinde, wurde dieser Umsturz und der Übertritt Tschiang Kai- scheks zu den Imperialisten eine vollendete Tatsache. Die von der Furcht, die chinesische Bourgeoisie zu erschrecken und sie in die Arme der Imperialisten zu treiben, diktierte Taktik des ZK führt dazu, daß diese Bourgeoisie, die keinem Druck des Proletariats ausgesetzt ist, ein Bündnis mit den Imperialisten schließt. Darin bestand die Lehre des konterrevolutionären Umsturzes Tschiang Kai-scheks, der klar gezeigt hat, daß sich das gleiche Schauspiel mit der »revolutionären« Wuhaner Regierung wiederholen kann, in der als Finanzminister der ultrarechte Sun-Fo sitzt und die nur über Söldnerarmeen unter dem Kommando rechter Generäle ver­fügt. Der gegenwärtige Umsturz in Schanghai und die versöhn­liche Position, die die »linke« Kuomintang ihm gegenüber einge­nommen hat, erlauben keinen Zweifel daran, daß auch die Wu­haner Regierung nicht weniger als Tschiang Kai-schek zu einem Geschäft mit den Imperialisten fähig ist. Auf diese Weise entfernt sich die Politik des ZK von der Linie des Klassenkampfes des internationalen Proletariats für die Weltre­volution und führt zur Mitarbeit mit den kleinbürgerlichen Par­teien: in England im Namen des Friedens, in China im Namen des antiimperialistischen Krieges. Aber auch diese Ziele erreicht sie nicht. Der Schutz der UdSSR als des ersten Staates der proleta­rischen Diktatur in Europa vor imperialistischen Angriffen und die Brechung der imperialistischen Mächte im Osten sind nur auf dem Wege des proletarischen Klassenkampfes und des Sturzes des Ka­pitalismus möglich. Wie in anderen Fällen kann das ZK auch hier nicht einmal diese beschränkten Aufgaben lösen, die es sich selbst gestellt hat. Die Umkehr von dieser opportunistischen Linie ist eine unumgäng­liche Bedingung für den Weiterbestand der Komintern als eines Kampforgans der Weltrevolution. Daraus folgt: Mit Bezug auf die westeuropäische Bewegung muß mit den Entstellungen der Einheitsfronttaktik Schluß gemacht werden. Die Einheitsfronttaktik ist eine Taktik der Einheit von unten und nicht eine Taktik von Spitzenabkommen mit den Sozialverrätern. Das Anglo-russische Komitee muß aufgelöst werden. In der chinesischen Revolution muß die Politik der Komintern nicht auf die Generäle, nicht auf die kleinbürgerlichen Demokraten, sondern auf die Entfachung der revolutionären Bewegung der Arbeiter- und Bauernmassen eingestellt werden. Von der Tatsache ausgehend, daß sich die Revolution trotz des Verrats der Gene­räle weiter entwickelt, muß unverzüglich die Parole der Bildung von Räten ausgegeben werden. Die Kommunistische Partei muß unverzüglich die Parole ausgeben: Besitzergreifung des Bodens durch die Bauern, d. h. Aufhebung der Pachtzahlung an private Besitzer, Achtstundenarbeitstag, Streikrecht, Aufhebung der obli­gatorischen Schiedsgerichte, Bewaffnung der Arbeiter. Sie darf dabei keine Rücksicht darauf nehmen, daß die Proklamierung dieser Parolen ihren Ausschluß aus der Kuomintang nach sich ziehen wird. Die Rolle der ausländischen Parteien, in erster Linie der er­fahrensten (Deutschland, Frankreich, Italien), in der Leitung der Komintern muß verstärkt werden. Die Komintern muß nicht nur formell ein Kampforgan der Weltrevolution werden, sondern auch dem Inhalt ihrer Politik und der Zusammensetzung ihrer Exekutivorgane nach. Ihrer Führung müssen alle ihre Sektionen gleichmäßig unterstellt sein, darunter auch die WKP: »Die inneren Angelegenheiten« einer jeden Sektion werden mehr denn je zu Angelegenheiten des internationalen Proletariats. Aber die Komintern kann zu dem wirklichen Kampfstabe der Weltrevolution nur dann werden, wenn es ihr gelingt, auf breite Basis gestellte kommunistische Parteien zu organisieren, hinter denen die Arbeiterklasse steht. Das jedoch ist nur zu erreichen, wenn das gegenwärtige Regime in der Komintern liquidiert und durch das Regime der innerparteilichen Demokratie ersetzt wird. 5. Alle Gruppen, die wegen ihrer Opposition gegen die oppor­tunistischen Verdrehungen der Linie der Komintern aus ihr aus­geschlossen worden sind und die auch außerhalb der Komintern nach wie vor auf bolschewistisch-leninistischen Standpunkten ste­hen, sind wieder in die Rechte der Mitglieder der Komintern ein­zusetzen ... Stalin: Revolutionär ist, wer die Sowjetunion bedingungslos verteidigt (1927) In dem Maße, in dem Stalin in der Komintern Einfluß gewann, wurde aus der Rußlandgläubigkeit des internationalen Kom­munismus eine völlige Abhängigkeit von Moskau. 1927 erklärte Stalin in einer Rede gegen die russische Opposition, nur wer die »bedingungslose« Verteidigung Sowjetrußlands bejahe, sei Internationalist und Revolutionär, also Kommunist. Die Rede (aus der wir Auszüge bringen) zeigt außerdem den Stil der Auseinandersetzung mit dem Trotzkismus in dieser Zeit und läßt die Taktik Stalins erkennen: ständige Berufung auf eine angebliche »Kriegsgefahr« und auf die Parteidisziplin. ...Genossen! Den Prüfstein für das revolutionäre Wesen dieser oder jener Gruppe, dieser oder jener Strömung, dieser oder jener Partei bilden nicht die von ihnen abgegebenen Erklärungen oder Deklarationen. Den Prüfstein für das revolutionäre Wesen bilden die Taten, die praktische Tätigkeit, die praktischen Pläne dieser oder jener Gruppe, dieser oder jener Strömung, dieser oder jener Partei. Man kann den Erklärungen und Deklarationen der Menschen, so effektvoll sie auch sein mögen, keinen Glauben schenken, wenn sie nicht durch die Tat bekräftigt und in die Tat umgesetzt werden. Es gibt eine Frage, die die Markscheide zwischen allen möglichen Gruppen, Strömungen und Parteien bildet und der Prüfstein für ihr revolutionäres oder antirevolutionäres Wesen ist. Diese Frage ist gegenwärtig die Frage der Verteidigung der UdSSR, die Frage des bedingungslosen, vorbehaltlosen Schutzes der UdSSR vor Überfällen des Imperialismus. Ein Revolutionär ist, wer ohne Vorbehalte, bedingungslos, offen und ehrlich, ohne militärische Geheimberatungen bereit ist, die UdSSR zu schützen und zu verteidigen, denn die UdSSR ist der erste revolutionäre proletarische Staat der Welt, der den Sozialis­mus aufbaut. Ein Internationalist ist, wer vorbehaltlos, ohne zu schwanken, ohne Bedingungen zu stellen, bereit ist, die UdSSR zu schützen, weil die UdSSR die Basis der revolutionären Bewegung der ganzen Welt ist; diese revolutionäre Bewegung zu schützen und voranzubringen ist aber nicht möglich, ohne die UdSSR zu schützen. Denn wer die internationale revolutionäre Bewegung zu schützen gedenkt und dabei die UdSSR nicht schützen will oder sich gegen sie stellt, der stellt sich gegen die Revolution, der gleitet unwiderruflich ins Lager der Feinde der Revolution hinab. Angesichts der Kriegsgefahr sind jetzt zwei Lager entstanden und dementsprechend zwei Positionen: die Position des bedingungs­losen Schutzes der UdSSR und die Position des Kampfes gegen die UdSSR. Zwischen ihnen gilt es, die Wahl zu treffen, denn eine dritte Position gibt es nicht und kann es nicht geben. Neutralität in dieser Sache, Schwanken, Vorbehalte, Suchen nach einer dritten Position bedeuten den Versuch, sich der Verantwortung zu ent­ziehen, dem bedingungslosen Kampf für den Schutz der UdSSR aus dem Wege zu gehen, in einem für die Verteidigung der UdSSR höchst entscheidenden Moment fahnenflüchtig zu werden. Was aber bedeutet, sich der Verantwortung zu entziehen? Das bedeutet, unmerklich ins Lager der Gegner der UdSSR hinabzugleiten. So steht jetzt die Frage. Wie ist es um die Opposition vom Ge­sichtspunkt der Verteidigung, des Schutzes der UdSSR bestellt? Gestatten Sie, da wir uns schon einmal damit beschäftigen, auf den bekannten Brief Trotzkis an die ZKK [Zentrale Kontroll- Kommission] zu verweisen, um Ihnen die Verteidigungs»theorie«, die Verteidigungslosung vor Augen zu führen, die Trotzki für den Fall eines Krieges gegen die UdSSR bereithält. Genosse Molotow hat in seiner Rede schon eine Stelle aus diesem Brief zitiert, aber er hat die betreffende Stelle nicht vollständig zitiert. Gestatten Sie, daß ich sie vollständig anführe. Trotzki faßt Defaitismus und Vaterlandsverteidigung so auf: »Was ist Defaitismus? Eine Politik, die darauf gerichtet ist, zur Niederlage des >eigenen< Staates, der sich in den Händen einer feindlichen Klasse befindet, beizutragen. Jede andere Auffassung und Auslegung des Defaitismus wäre eine Verfälschung. Wenn also zum Beispiel jemand sagt, die politische Linie ungebildeter und gewissenloser Plagiatoren müsse, eben im Interesse des Sieges des Arbeiterstaates, wie Kehricht hinweggefegt werden, so wird er deshalb noch keineswegs zum >Defaitisten<. Im Gegenteil, unter den gegebenen konkreten Bedingungen ist er gerade der wahre Wortführer der revolutionären Vaterlandsverteidigung: ideolo­gischer Kehricht führt nicht zum Sieg! Beispiele, und zwar sehr lehrreiche, könnte man in der Geschichte anderer Klassen finden. Führen wir nur eins an. An der Spitze der französischen Bourgeoisie stand zu Beginn des imperialistischen Krieges eine Regierung ohne Steuer und ohne Segel. Die Gruppe Clemenceau stand in Opposition zu dieser Regierung. Ungeachtet des Krieges und der Militärzensur, ja sogar ungeachtet dessen, daß die Deutschen 80 Kilometer vor Paris standen (Clemenceau sagte: >Eben deshalb<), führte er einen wütenden Kampf gegen die kleinbürgerliche Schlaffheit und Unentschlossenheit, für imperiali­stische Brutalität und Rücksichtslosigkeit. Clemenceau verriet seine Klasse, die Bourgeoisie, nicht, im Gegenteil, er diente ihr treuer, standhafter, entschlossener, klüger als Viviani, Painleve und Konsorten. Das hat der weitere Verlauf der Ereignisse bewiesen. Die Gruppe Clemenceau kam zur Macht und sicherte der französi­schen Bourgeoisie durch ihre konsequentere, räuberischere imperia­listische Politik den Sieg. Gab es französische Zeitungsskribenten, die die Gruppe Clemenceau als Defaitisten bezeichneten? Sicher gab es sie: Dummköpfe und Verleumder treiben sich im Troß aller Klassen herum. Aber sie haben nicht immer die Möglichkeit, die gleiche bedeutende Rolle zu spielen.« (Aus dem Brief Trotzkis an Genossen Ordshonikidse vom 11. Juli 1927.) Da haben Sie die von Trotzki vorgeschlagene, mit Verlaub zu sagen, »Theorie« der Verteidigung der UdSSR. »Kleinbürgerliche Schlaffheit und Unentschlossenheit« - das ver­körpert, wie man erfährt, die Mehrheit unserer Partei, die Mehr­heit unseres ZK, die Mehrheit unserer Regierung. Clemenceau - das ist Trotzki mit seiner Gruppe. (Heiterkeit.) Wenn der Feind bis auf etwa 80 Kilometer an die Kremlmauern herangekommen ist, dann wird dieser neuerstandene Clemenceau, dieser Operetten-Clemenceau, wie sich herausstellt, darauf bedacht sein, zunächst die jetzige Mehrheit zu stürzen, eben weil der Feind 80 Kilometer vor dem Kreml steht, und dann wird er sich um die Verteidigung kümmern. Und wenn es unserem Operetten-Clemen­ceau gelingt, das zu vollbringen, so wird dies, wie sich herausstellt, eben die wahre und bedingungslose Verteidigung der UdSSR sein. Um das aber vollbringen zu können, wird er, Trotzki, das heißt Clemenceau, darauf bedacht sein, diesen »Kehricht« vorher »im Interesse des Sieges des Arbeiterstaates« »hinwegzufegen«. Was ist das aber für »Kehricht«? Das ist, so erfährt man, die Mehr­heit der Partei, die Mehrheit des ZK, die Mehrheit der Regierung. Es stellt sich also heraus, daß sich dieser Operetten-Clemenceau, wenn der Feind bis auf eine Entfernung von 80 Kilometer an den Kreml herangekommen ist, nicht damit befassen wird, die UdSSR zu verteidigen, sondern die jetzige Mehrheit der Partei zu stürzen. Und das nennt er Verteidigung!... Genossen! Wir stehen vor zwei Gefahren: der Kriegsgefahr, die zu einer Kriegsdrohung geworden ist, und der Gefahr der Ent­artung einiger Glieder unserer Partei. Zur Vorbereitung der Ver­teidigung schreitend, müssen wir eine eiserne Disziplin in unserer Partei schaffen. Ohne diese Disziplin ist eine Verteidigung un­möglich. Wir müssen die Parteidisziplin festigen, wir müssen all denen den Zaum anlegen, die unsere Partei desorganisieren. Wir müssen all denen den Zaum anlegen, die unsere Bruderparteien im Westen und im Osten spalten. (Beifall). Wir müssen all denen den Zaum anlegen, die unsere Bruderparteien im Westen spalten und dabei von solchen abgefeimten Gaunern wie Souvarine, Ruth Fischer, Maslow, dem Wirrkopf Treint unterstützt werden. Nur so, auf diese Weise, können wir dem Krieg wohlgerüstet begegnen, wobei wir gleichzeitig bemüht sind, durch gewisse ma­terielle Opfer, die wir auf uns nehmen, den Krieg hinauszu­zögern, Zeit zu gewinnen, uns vom Kapitalismus loszukaufen. Das müssen wir tun, und das werden wir tun. Die zweite Gefahr ist die Gefahr der Entartung. Woher droht sie? Von dort (zeigt auf die Opposition). Diese Ge­fahr muß liquidiert werden. (Anhaltender Beifall). Das Programm der Kommunistischen Internationale (1928) Der VI. Weltkongreß der Komintern nahm am 1. September 1928 ein für alle Sektionen verbindliches Programm an. Nach­dem schon auf früheren Kongressen über ein Kominternpro­gramm beraten worden war, gab sich die Komintern damit nach fast zehnjährigem Bestehen ein eigenes Programm. Die wichtigsten Grundzüge des Programms waren von Bucharin ausgearbeitet worden, der auf dem VI. Weltkongreß auch das Hauptreferat dazu hielt. Das Programm wurde an einem Wendepunkt der sowjetischen und damit auch der Kominternpolitik angenommen. 1929 schwenkte die Stalinführung zu einer ultralinken Politik über, welche die Ausschaltung Bucharins zu Folge hatte. Da diese Diskussionen bereits auf dem VI. Weltkongreß schwelten, ent­hielt schon das Programm eine Reihe »ultralinker« Vorstel­lungen, die später gegen Bucharin und zur Begründung des ultralinken Kurses herangezogen werden konnten. Das Programm, dessen letzte drei Absätze wörtlich dem Kom­munistischen Manifest von Marx und Engels entnommen sind, und das viele ausführliche Zitate von Marx enthält, sollte den marxistischen Grundcharakter der Komintern beweisen. Das Programm ist eine Zusammenfassung der marxistisch-lenini­stischen Theorie und Zielsetzung, der Strategie und Taktik, wie sie Ende der zwanziger Jahre Geltung hatte; es kann als die Grundsatzaussage der Komintern in den folgenden Jahren bezeichnet werden. Wegen seiner Bedeutung bringen wir es - obwohl sehr umfangreich - ungekürzt. Einführung Die Epoche des Imperialismus ist die Epoche des sterbenden Kapi­talismus. Der Weltkrieg 1914 bis 1918 und die allgemeine Krise des Kapitalismus, die er entfesselte, beweisen als unmittelbare Folgen des tiefen Widerspruches, in den die wachsenden Produk­tivkräfte der Weltwirtschaft mit den staatlichen Schranken ge­raten, daß im Schoße der kapitalistischen Gesellschaft die mate­riellen Voraussetzungen für den Sozialismus bereits herangereift sind; sie beweisen, daß die kapitalistische Hülle zu einer unerträg­lichen Fessel für die weitere Entwicklung der Menschheit geworden ist, und daß die Geschichte den Sturz des kapitalistischen Joches durch die Revolution auf die Tagesordnung stellt. Von den Zentren der kapitalistischen Macht bis in die entfern­testen Winkel der kolonialen Welt unterwirft der Imperialismus die gewaltige Masse der Proletarier aller Länder der Diktatur der finanzkapitalistischen Plutokratie. Mit elementarer Gewalt ent­hüllt und vertieft der Imperialismus alle Widersprüche der kapi­talistischen Gesellschaft, steigert die Unterdrückung der ausge­beuteten Klassen bis zum Äußersten und treibt den Kampf der kapitalistischen Staaten auf die Spitze. Dadurch verursacht er unabwendbar weltumspannende imperialistische Kriege, die das gesamte herrschende Regime aufs tiefste erschüttern, und führt mit eherner Notwendigkeit zur proletarischen Weltrevolution. Der Imperialismus schlägt die ganze Welt in die Fesseln des Finanzkapitals, zwingt die Proletarier aller Länder, Völker und Rassen mit Hunger, Blut und Eisen unter sein Joch und steigert die Ausbeutung, Unterdrückung und Knechtung des Proletariats ins Maßlose. Damit stellt der Imperialismus dem Proletariat un­mittelbar die Aufgabe, die Macht zu erobern, und nötigt die Arbeiter, sich aufs engste zur einheitlichen internationalen Armee der Proletarier aller Länder zusammenzuschließen, über alle Grenzpfähle, über alle Unterschiede von Nation, Kultur, Sprache, Rasse, Geschlecht und Beruf hinweg. So schließt der Imperialismus, der den Prozeß der Schaffung der materiellen Voraussetzungen des Sozialismus entwickelt und zu Ende führt, zugleich damit das Heer seiner Totengräber zusammen, indem er das Proletariat vor die Notwendigkeit stellt, sich in einer internationalen Kampf- assoziation der Arbeiter zu organisieren. Andererseits spaltet der Imperialismus von der großen Masse der Arbeiterklasse den Teil ab, dessen materielle Existenz die ge­sichertste ist. Diese vom Imperialismus gekaufte und bestochene Oberschicht der Arbeiterklasse, die die führenden Kaders der sozialdemokratischen Parteien stellt, ist an der imperialistischen Ausbeutung der Kolonien interessiert, ist »ihrer« Bourgeoisie und »ihrem« imperialistischen Staate treu ergeben und war in Zeiten entscheidender Klassenkämpfe im Lager der Klassenfeinde des Proletariats zu finden. Die durch diesen Verrat verursachte Spal­tung der sozialistischen Bewegung im Jahre 1914 und der weitere Verrat der sozialdemokratischen Parteien, die zu bürgerlichen Arbeiterparteien wurden, zeigten klar: Das internationale Prole­tariat kann seine historische Mission - die Zerschmetterung des imperialistischen Joches und die Aufrichtung der proletarischen Diktatur - nur im unerbittlichen Kampfe gegen die Sozialdemo­kratie erfüllen. Die Organisierung der Kräfte der Weltrevolution ist deshalb nur auf der Plattform des Kommunismus möglich. Der opportunistischen Zweiten Internationale der Sozialdemokratie, die zur Agentur des Imperialismus innerhalb der Arbeiterklasse geworden ist, tritt unausbleiblich die Dritte, die Kommunistische Internationale entgegen - die internationale Organisation der Arbeiterklasse, die die wahre Einheit der revolutionären Arbeiter der ganzen Welt verkörpert. Der Krieg von 1914 bis 1918 rief die ersten Versuche zur Grün­dung einer neuen, einer revolutionären Internationale als Gegen­gewicht gegen die Zweite, sozialchauvinistische Internationale und als Waffe des Widerstandes gegen den kriegerischen Imperialismus hervor (Zimmerwald, Kienthai). Der Sieg der proletarischen Revolution in Rußland gab den Anstoß zur Bildung kommuni­stischer Parteien in den Zentren des Kapitalismus und in den Kolonien. Im Jahre 1919 wurde die Kommunistische Internationale gegründet, die zum ersten Male in der Weltgeschichte in der Praxis des revolutionären Kampfes die Vorhut des europäischen und amerikanischen Proletariats mit den Proletariern Chinas und Indiens und den farbigen Arbeitssklaven Afrikas und Amerikas fest vereint. Die Kommunistische Internationale, die einheitliche und zentra­lisierte internationale Partei des Proletariats, setzt als einzige die Prinzipien der Ersten Internationale auf dem neuen Boden der revolutionären proletarischen Massenbewegung fort. Die Erfah­rungen des ersten imperialistischen Krieges und der folgenden Periode der revolutionären Krise des Kapitalismus — der Kette von Revolutionen in Europa und in den kolonialen Ländern; die Erfahrungen der Diktatur des Proletariats und des Aufbaus des Sozialismus in der Sowjetunion; die Erfahrungen aller Sektionen der Kommunistischen Internationale, die in den Beschlüssen ihrer Kongresse festgelegt sind; schließlich die zunehmende Interna­tionalisierung des Kampfes zwischen der imperialistischen Bour­geoisie und dem Proletariat - das alles macht ein einheitliches, allen ihren Sektionen gemeinsames Programm der Kommunisti­schen Internationale notwendig. Als die umfassendste kritische Verallgemeinerung der gesamten historischen Erfahrungen der internationalen revolutionären Bewegung des Proletariats ist das Programm der Kommunistischen Internationale das Programm des Kampfes für die proletarische Weltdiktatur, das Programm des Kampfes für den Weltkommunismus. Die Kommunistische Internationale schart um ihr Banner die revolutionären Arbeiter, die die Millionen der Geknechteten und Ausgebeuteten gegen die Bourgeoisie und ihre »sozialistischen« Agenten führen. Sie betrachtet sich als die Vollstreckerin des historischen Vermächtnisses der von Marx unmittelbar geleiteten Organisationen, des »Bundes der Kommunisten« und der Ersten Internationale, und als Erbin der besten Überlieferungen der Zweiten Internationale aus der Vorkriegszeit. Die Erste Inter­nationale schuf die geistigen Voraussetzungen des internationalen Kampfes des Proletariats für den Sozialismus. Die Zweite Inter­nationale bereitete in ihren besten Tagen unter den Massen den Boden für die breite Entfaltung der Arbeiterbewegung. Die Dritte, die Kommunistische Internationale führt das Werk der Ersten Internationale fort, sie erntete die Früchte der Arbeit in der Zweiten Internationale, verwarf aber entschieden ihren Opportunismus und Sozialchauvinismus sowie die bürgerliche Verfälschung des Sozialismus und hat die Verwirklichung der proletarischen Dik­tatur begonnen. Die Kommunistische Internationale setzt alle glorreichen, heroischen Traditionen der internationalen Arbeiter­bewegung fort: die Traditionen der englischen Chartisten und der französischen Aufständischen von 1831; der revolutionären Ar­beiter Deutschlands und Frankreichs von 1848; der unsterblichen Kämpfer und Märtyrer der Pariser Kommune; der tapferen Soldaten der deutschen, ungarischen und finnischen Revolution; der Arbeiter der einstigen Zarendespotie und siegreichen Träger der proletarischen Diktatur; die Traditionen der chinesischen Pro­letarier - der Helden von Kanton und Schanghai. Gestützt auf die historischen Erfahrungen der revolutionären Arbeiterbewegung aller Weltteile und aller Völker, steht die Kommunistische Internationale in ihrem theoretischen und prak­tischen Wirken ohne jeden Vorbehalt auf dem Boden des revo­lutionären Marxismus und seiner weiteren Ausgestaltung, des Leninismus, der nichts anderes ist als der Marxismus der Epoche des Imperialismus und der proletarischen Revolutionen. Die Kommunistische Internationale verficht und propagiert den dialektischen Materialismus von Marx und Engels und wendet ihn als revolutionäre Methode der Erkenntnis der Wirklichkeit zu ihrer revolutionären Umgestaltung an; sie kämpft aktiv gegen alle Spielarten der bürgerlichen Weltanschauung sowie des theo­retischen und praktischen Opportunismus. Auf dem Boden des konsequenten proletarischen Klassenkampfes unterordnet sie die vorübergehenden, die Gruppen-, nationalen und Teilinteressen des Proletariats seinen dauernden, allgemeinen, internationalen Interessen. Sie entlarvt schonungslos die von der Bourgeoisie ent­lehnte Lehre der Reformisten vom »Klassenfrieden« in allen ihren Formen. Als Erfüllung des historischen Erfordernisses nach einer internationalen Organisation der revolutionären Proletarier, der Totengräber des kapitalistischen Systems, ist die Kommunistische Internationale die einzige internationale Macht, deren Programm die Diktatur des Proletariats und der Kommunismus ist und die offen als Organisator der internationalen proletarischen Revolution auftritt. I. Das Weltsystem des Kapitalismus, seine Entwicklung und sein notwendiger Untergang Die allgemeinen Bewegungsgesetze des Kapitalismus und die Epoche des Industriekapitals Auf der Grundlage der Entwicklung der Warenproduktion ent­standen, ist die kapitalistische Gesellschaft gekennzeichnet durch das Monopol der Klasse der Kapitalisten und der Großgrund­besitzer an den wichtigsten und entscheidenden Produktionsmitteln, durch die Ausbeutung der Lohnarbeit der Klasse der Proletarier, die - der Produktionsmittel beraubt - genötigt sind, ihre Arbeits­kraft zu verkaufen; sie ist gekennzeichnet durch die Warenpro­duktion um des Profites willen und die mit all dem verbundene Planlosigkeit und Anarchie des Produktionsprozesses in seiner Gesamtheit. Das Ausbeutungsverhältnis und die ökonomische Herrschaft der Bourgeoisie finden ihren politischen Ausdruck in der staatlichen Organisation des Kapitals als Instrument zur Unterdrückung des Proletariats. Die Geschichte des Kapitalismus hat die Marxsche Lehre von den Gesetzen der Entwicklung der kapitalistischen Gesellschaft und ihren zum Untergang des ganzen kapitalistischen Systems führen­den Widersprüchen vollauf bestätigt. Die Jagd nach dem Profit nötigte die Bourgeoisie, die Produktiv­kräfte in ständig wachsendem Maße zu entfalten und die Herr­schaft der kapitalistischen Produktionsverhältnisse zu befestigen und auszudehnen. Damit reproduzierte die Entwicklung des Kapi­talismus ständig auf erhöhter Stufenleiter alle inneren Wider­sprüche des kapitalistischen Systems, vor allem den Grundwider­spruch zwischen dem gesellschaftlichen Charakter der Arbeit und dem privaten Charakter der Aneignung, zwischen dem Wachstum der Produktivkräfte und den Eigentumsverhältnissen des Kapi­talismus. Die Herrschaft des Privateigentums an den Produktions­mitteln, der anarchisch-elementare Gang dieser Produktion führ­ten im Zusammenhang mit der Entwicklung des Gegensatzes zwischen der Tendenz zur schrankenlosen Erweiterung der Pro­duktion und der beschränkten Konsumtion der proletarischen Massen (allgemeine Überproduktion) zur Störung des ökonomi­schen Gleichgewichts zwischen den verschiedenen Produktions­zweigen; das zog periodisch wiederkehrende, verheerende Krisen und Massenarbeitslosigkeit nach sich. Die Herrschaft des Privat­eigentums fand weiter ihren Ausdruck in der Konkurrenz inner­halb der einzelnen kapitalistischen Länder wie auch auf dem sich ständig erweiternden Weltmarkt. Diese Form der Rivalität zwi­schen den Kapitalisten hatte eine Reihe von Kriegen als untrenn­bare Begleiterscheinung der kapitalistischen Entwicklung zur Folge. Die technische und ökonomische Überlegenheit des Großbetriebs führte im Konkurrenzkampf zur Verdrängung und zur Vernich­tung der vorkapitalistischen Wirtschaftsformen und zur wachsen­den Konzentration und Zentralisation des Kapitals. In der Indu­strie fand das Gesetz der Konzentration und Zentralisation vor allem seinen Ausdruck im direkten Untergang der Kleinbetriebe und zum Teil in ihrer Degradierung zu Hilfsorganen der Groß­betriebe. In der Landwirtschaft, die infolge des Bestehens des Bodenmonopols und der absoluten Rente zwangsläufig hinter dem Tempo der allgemeinen Entwicklung zurückblieb, drückte sich das Gesetz der Konzentration und Zentralisation nicht nur in der Differenzierung des Bauerntums und in der Proletarisierung breiter bäuerlicher Schichten aus, sondern vor allem auch in offenen und verhüllten Formen der Unterwerfung der kleinen Bauern­wirtschaften unter die Diktatur des Großkapitals; dabei konnte der Kleinbetrieb den Schein seiner Unabhängigkeit nur um den Preis höchster Anspannung seiner Arbeitsleistung und systema­tischer Unterkonsumtion aufrechterhalten. Die zunehmende Anwendung von Maschinen, die fortschreitende Vervollkommnung der Technik und die dauernde Erhöhung der organischen Zusammensetzung des Kapitals auf dieser Grundlage waren begleitet von einer weiteren Teilung der Arbeit, der Steige­rung ihrer Produktivität und Intensität. Dies hatte zur Folge die steigende Anwendung der Frauen- und Kinderarbeit und schuf gewaltige industrielle Reservearmeen, die ständig durch proleta- risierte und aus den Dörfern verdrängte Bauern sowie durch die verarmende Klein- und Mittelbourgeoisie der Städte vermehrt wurden. Die Scheidung der Gesellschaft in zwei Lager: ein kleines Häuflein von Kapitalmagnaten an dem einen und Riesenmassen von Proletariern an dem anderen Pol; die ununterbrochene Steige­rung der Ausbeutungsrate der Arbeiterklasse; die Reproduktion der grundlegenden Widersprüche des Kapitalismus und ihrer Folgen auf erhöhter Stufenleiter; die ständig zunehmende soziale Ungleich­heit; die wachsende Empörung des Proletariats, das der Mechanis­mus der kapitalistischen Produktion selbst zusammenschließt und schult, - das alles unterhöhlte die Grundpfeiler des Kapitalismus und rückte die Stunde seines Zusammenbruchs näher. Gleichzeitig vollzog sich ein tiefgehender Umschwung im sozialen und kulturellen Leben der kapitalistischen Gesellschaft: die para­sitäre Entartung der bürgerlichen Rentnerschichten; der allgemeine Verfall der Familien infolge des wachsenden Widerspruchs zwi­schen der massenhaften Einbeziehung der Frau in die gesellschaft­liche Produktion und den Formen des in hohem Maße aus früheren Wirtschaftsepochen übernommenen häuslichen und Familienlebens; die fortschreitende Verflachung und Verkümmerung des geistigen und kulturellen Lebens auf der Grundlage der Spezialisierung der Arbeit bis ins kleinste, der Entartung des Stadtlebens und der Enge des Landlebens; die Unfähigkeit der Bourgeoisie, trotz der ge­waltigen Fortschritte der Naturwissenschaften zur Synthese einer wissenschaftlichen Weltanschauung zu gelangen; das Wachsen des idealistischen, mystischen und religiösen Aberglaubens - alle diese Erscheinungen kündeten das nahende historische Ende des kapita­listischen Systems an. Die Epoche des Finanzkapitals (der Imperialismus) Die Periode der Herrschaft des Industriekapitals war im wesent­lichen eine Periode der »freien Konkurrenz«, der verhältnismäßig stetigen Entwicklung und Ausbreitung des Kapitalismus über den ganzen Erdball durch die Aufteilung der noch freien Kolonien und ihre bewaffnete Besetzung. Dabei wuchsen ununterbrochen die inneren Widersprüche des Kapitalismus, deren Druck vor allem auf der systematisch ausgeplünderten, eingeschüchterten und ge­knechteten kolonialen Peripherie lastete. Dieser Periode folgte zu Beginn des 20. Jahrhunderts der Imperialismus, eine Periode der sprunghaften, konfliktreichen Entwicklung des Kapitalismus, in der die freie Konkurrenz dem Monopol rasch Platz zu machen begann. In dieser Periode, in der alle früheren »freien« Kolonien bereits aufgeteilt waren, nahmen die Auseinandersetzungen um die Neuverteilung der Kolonien und der Einflußsphären mehr und mehr den Charakter des bewaffneten Kampfes an. So fanden die weltumspannenden Widersprüche des Kapitalismus ihren klarsten Ausdruck in der Epoche des Imperialismus (des Finanzkapitals). Der Imperialismus ist eine geschichtlich neue Form des Kapitalismus, ein neues Verhältnis zwischen den ver­schiedenen Gliedern der kapitalistischen Weltwirtschaft und ein Formwandel in den Beziehungen zwischen den Grundklassen der kapitalistischen Gesellschaft. Diese neue geschichtliche Periode entwickelte sich auf der Grund­lage der wichtigsten Bewegungsgesetze der kapitalistischen Gesell­schaft. Sie wuchs aus der Entwicklung des Industriekapitalismus als seine historische Fortsetzung hervor. Der Imperialismus ließ die Grundtendenzen und Bewegungsgesetze des Kapitalismus, alle seine Grundwidersprüche und Antagonismen schärfer hervor­treten. Das Gesetz der Konzentration und Zentralisation des Kapitals führte zur Bildung mächtiger monopolistischer Verbände (Kartelle, Syndikate, Trusts), zu einer neuen Form kombinierter, durch die Banken zusammengefaßter Riesenunternehmungen. Das Verwachsen des Industriekapitals mit dem Bankkapital, die Ein­beziehung des Großgrundbesitzes in das Gesamtsystem der kapi­talistischen Organisationen und der monopolistische Charakter dieser Form des Kapitalismus verwandelten die Epoche des Indu­striekapitals in die Epoche des Finanzkapitals. Die »freie Kon­kurrenz« der Periode des Industriekapitals, die an die Stelle des feudalen Monopols und des Monopols des Handelskapitals ge­treten war, verwandelte sich nun in das Monopol des Finanz­kapitals. Die kapitalistischen Monopole beseitigen jedoch nicht die freie Konkurrenz, aus der sie hervorgegangen sind, sondern be­stehen über und neben ihr, wodurch eine Reihe besonders schwerer und tiefgehender Widersprüche, Reibungen und Konflikte ent­steht. Die zunehmende Anwendung komplizierter Maschinen, chemischer Prozesse und elektrischer Kraft, die Erhöhung der organischen Zusammensetzung des Kapitals auf dieser Grundlage und das daraus folgende Sinken der Profitrate, das nur zeitweilig durch die Politik hoher Kartellpreise zugunsten der größten monopo­listischen Vereinigung aufgehalten wird, rufen eine verschärfte Jagd nach kolonialen Extraprofiten und einen Kampf um die Neuaufteilung der Welt hervor. Die standardisierte Massenpro­duktion erfordert neue äußere Absatzmärkte. Die steigende Nachfrage nach Roh- und Brennstoffen ruft eine fieberhafte Jagd nach deren Quellen hervor. Die Kapitalausfuhr erhält wei­teren Antrieb durch das System der Hochschutzzölle, das die Warenausfuhr erschwert und dem ausgeführten Kapital einen Extraprofit sichert. Daher wird die Kapitalausfuhr zur wesent­lichen, spezifischen Form der wirtschaftlichen Verbindung zwi­schen den einzelnen Gliedern der kapitalistischen Weltwirtschaft. Schließlich verstärkt die monopolistische Beherrschung der kolo­nialen Absatzmärkte, der Rohstoffquellen und Sphären für die Kapitalanlage die allgemeine Ungleichmäßigkeit der kapitalisti­schen Entwicklung aufs äußerste und spitzt die Konflikte zu, in die die »Großmächte« des Finanzkapitals um die Neuaufteilung der Kolonien und Einflußsphären geraten. Das Wachstum der Produktivkräfte der Weltwirtschaft führt so zu einer weiteren Internationalisierung des Wirtschaftslebens, gleich­zeitig aber auch zum Kampf um die Neuaufteilung der unter den mächtigsten finanzkapitalistischen Staaten bereits aufgeteilten Welt. Die Methoden des Ringens zwischen diesen ändern und verschärfen sich, indem an die Stelle der Schleuderpreise mehr und mehr die Methoden des gewaltsamen Drucks (Boykott, Politik der Hoch­schutzzölle, Zollkriege, Kriege im eigentlichen Sinne des Wortes usw.) treten. Daher begleiten die monopolistische Form des Kapi­talismus notwendigerweise imperialistische Kriege, die an Ausmaß und zerstörender Wirkung ihrer Technik beispiellos in der Ge­schichte dastehen. Die Kräfte des Imperialismus und die Kräfte der Revolution Die imperialistische Form des Kapitalismus hat die Tendenz, die verschiedenen Fraktionen der herrschenden Klasse zusammenzu­schließen und die breite Masse des Proletariats nicht dem einzelnen Unternehmer, sondern mehr und mehr der gesamten Klasse der Kapitalisten und ihrer Staatsgewalt gegenüberzustellen. Diese Form des Kapitalismus sprengt die zu eng gewordenen Schranken des nationalen Staates und dehnt den staatlichen Machtbereich der herrschenden Nation der kapitalistischen Großstaaten aus. Sie stellt diesem Staate die Millionenmassen der national unterdrück­ten Völker, der sogenannten kleinen Nationen und der Kolonial­völker gegenüber. Schließlich verschärft diese Form des Kapita­lismus aufs äußerste die Gegensätze zwischen den imperialisti­schen Staaten. Die Staatsmacht, die zur Diktatur der finanzkapitalistischen Olig­archie und zum Ausdruck ihrer konzentrierten Macht wird, er­langt auf diese Weise für die Bourgeoisie besondere Bedeutung. Die Funktionen dieses imperialistischen Nationalitätenstaates breiten sich nach allen Richtungen aus. Es entwickeln sich staats­kapitalistische Formen, die den Kampf auf dem Außenmarkt (militärische Mobilisierung der Wirtschaft) wie auch den Kampf gegen die Arbeiterklasse erleichtern; der Militarismus (Heer, See- und Luftflotte, Anwendung von Chemie und Bakteriologie) wächst ins Riesenhafte; der Druck des imperialistischen Staates auf die Arbeiterklasse (Anwachsen der Ausbeutung und direkte Unter­drückung zusammen mit der systematischen Politik der Bestechung der bürokratisch-reformistischen Oberschichten) wird gesteigert - all das ist der Ausdruck des gewaltigen Anwachsens des spezifi­schen Gewichts der Staatsmacht. Unter diesen Bedingungen wird jede mehr oder weniger bedeutende Aktion des Proletariats zu einer Aktion gegen die Staatsgewalt, d. h. zu einer politischen Aktion. Auf diese Weise reproduziert die Entwicklung des Kapitalismus, und vor allem ihre imperialistische Epoche, die fundamentalen Widersprüche des Kapitalismus in immer größerem Ausmaße. Die Konkurrenz zwischen den kleinen Kapitalisten hört nur auf, um der Konkurrenz zwischen den Großkapitalisten Platz zu machen; dort, wo die Konkurrenz zwischen den Großkapitalisten abflaut, entbrennt sie zwischen den gewaltigen Verbänden der Kapital­magnaten und ihren Staaten; die Krisen werden aus lokalen und nationalen zu Krisen, die mehrere Länder ergreifen, und schließ­lich zu Weltkrisen; die Kriege lokalen Charakters werden von Koalitionskriegen und Weltkriegen abgelöst; der Klassenkampf streift die Form des isolierten Vorgehens einzelner Arbeitergruppen ab, wird zum nationalen Klassenkampf und schließlich zum inter­nationalen Kampf des Weltproletariats gegen die Weltbourgeoisie. Gegen die machtvoll zusammengefaßten Kräfte des Finanzkapitals sammeln sich schließlich die zwei revolutionären Hauptkräfte: die Arbeiter der kapitalistischen Länder und die vom ausländischen Kapital geknebelten Volksmassen der Kolonien, die unter der Führung und Hegemonie der internationalen revolutionären pro­letarischen Bewegung marschieren. Diese revolutionäre Grundtendenz wird jedoch zeitweilig gelähmt durch die Bestechung gewisser Teile des europäischen, nordameri­kanischen und japanischen Proletariats von Seiten der imperialisti­schen Bourgeoisie und durch den Verrat der nationalen Bourgeoisie der kolonialen und halbkolonialen Länder, der die revolutionäre Bewegung Angst einjagt. Der Bourgeoisie der imperialistischen Mächte bringt ihre Stellung auf dem Weltmarkt im allgemeinen (entwickeltere Technik, Kapitalexport nach Ländern mit höherer Profitrate usw.) wie auch die Ausplünderung der Kolonien und Halbkolonien Extraprofite ein. Diese verwendet sie zur Erhöhung des Arbeitslohnes eines Teiles »ihrer« Arbeiter, die sie auf diese Weise an der Entwicklung des Kapitalismus »ihres« Vaterlandes, an der Ausplünderung der Kolonien und an der Ergebenheit gegenüber dem imperialistischen Staate interessiert. Diese systema­tische Bestechung wurde und wird in besonders großem Maße in den stärksten imperialistischen Ländern betrieben; sie kommt am krassesten zum Ausdruck in der Ideologie und Praxis der Arbeiter­aristokratie und der bürokratischen Schichten der Arbeiterklasse, d. h. der leitenden Kaders der Sozialdemokratie und der Gewerk­schaften, die sich als direkte Träger des bürgerlichen Einflusses im Proletariat und als beste Stütze der kapitalistischen Ordnung erwiesen haben. Aber wenn auch der Imperialismus das Wachsen einer bestochenen Oberschicht der Arbeiterklasse hervorruft, so untergräbt er doch letzten Endes den Einfluß dieser Oberschicht auf die Arbeiter­klasse. Denn die Verschärfung der Widersprüche des Imperialismus, die Verschlechterung der Lage breiter Arbeitermassen und die Arbeitslosigkeit des Proletariats, die riesigen Unkosten der krie­gerischen Zusammenstöße, der Verlust der Monopolstellung ge­wisser Mächte auf dem Weltmarkt, schließlich der Abfall von Kolonien usw. untergraben das Fundament des Sozialimperialis­mus in den Massen. Gleichermaßen lähmen die systematische Be­stechung verschiedener Schichten der Bourgeoisie in den Kolonien und Halbkolonien, ihr Verrat an der nationalrevolutionären Be­wegung und ihre Annäherung an die imperialistischen Groß­mächte die Entwicklung der revolutionären Krise nur zeitweilig. Letzten Endes bewirkt diese Entwicklung eine Steigerung der im­perialistischen Unterdrückung, den Rückgang des Einflusses der nationalen Bourgeoisie auf die Volksmassen, die Verschärfung der revolutionären Krise, die Entfesselung der Agrarrevolution brei­tester Bauernmassen und schafft so die Vorbedingungen für die Hegemonie des Proletariats der Kolonien und abhängigen Länder im Kampfe der Volksmassen um die Unabhängigkeit und die völlige nationale Befreiung. Der Imperialismus und der Sturz des Kapitalismus Der Imperialismus hat die Produktivkräfte des Weltkapitalismus in hohem Maße entfaltet. Er hat die Schaffung aller materiellen Vorbedingungen für die sozialistische Organisierung der Gesell­schaft vollendet. Die imperialistischen Kriege beweisen, daß die Produktivkräfte der Weltwirtschaft über die Schranken der im­perialistischen Staaten hinausgewachsen sind und eine internatio­nale, weltumfassende Organisierung der Wirtschaft erheischen. Der Imperialismus sucht diesen Widerspruch zu lösen, indem er mit Feuer und Schwert einem einheitlichen staatskapitalistischen Welt­trust den Weg bahnt, der die ganze Weltwirtschaft organisieren soll. Die sozialdemokratischen Ideologen verhimmeln diese blutige Utopie als eine friedliche Methode des neuen, »organisierten« Kapitalismus. In der Wirklichkeit stößt aber diese Utopie auf so große, unüberwindliche objektive Hindernisse, daß der Kapitalis­mus unter der Last seiner eigenen Widersprüche mit eiserner Not­wendigkeit zusammenbrechen muß. Das Gesetz der ungleichmä­ßigen Entwicklung des Kapitalismus, das durch die imperialistische Epoche noch verschärft wird, macht dauernde und feste internatio­nale Vereinigungen imperialistischer Mächte unmöglich. Die zu Weltkriegen werdenden imperialistischen Kriege, die den Weg der Zentralisation des Kapitals zu ihrer Grenze - dem Welt­trust - bezeichnen, werden von derartigen Verheerungen begleitet, bürden der Arbeiterklasse und Millionen von Proletariern und Bauern der Kolonien derartige Lasten auf, daß der Kapitalismus unter den Schlägen der proletarischen Revolution unvermeidlich schon viel früher zusammenbrechen muß. Der Imperialismus, die höchste Phase der kapitalistischen Ent­wicklung, steigert die Produktivkräfte der Weltwirtschaft ins Riesenhafte, gestaltet die ganze Welt nach seinem Ebenbilde und reißt alle Kolonien, alle Rassen, alle Völker in den Strom der Ausbeutung durch das Finanzkapital. Zugleich entwickelt die monopolistische Form des Kapitals in steigendem Maße Elemente der parasitären Entartung, der Verwesung und des Niederganges des Kapitalismus. Das monopolistische Kapital schaltet bis zu einem gewissen Grade die Triebfeder der Konkurrenz aus, verfolgt die Politik hoher Kartellpreise und verfügt unumschränkt über die Märkte, wobei es die Tendenz hat, die weitere Entfaltung der Produktivkräfte zu hemmen. Der Imperialismus häuft unermeß­liche Reichtümer aus den riesigen Extraprofiten auf, die er den Millionen der Arbeiter und Bauern der Kolonien abpreßt. Er schafft dadurch den Typus verwesender, parasitär entartender Rentnerstaaten und ganze Schichten von Schmarotzern, die vom Kuponschneiden leben. Die Epoche des Imperialismus, die den Prozeß der Schaffung der materiellen Vorbedingungen des Sozialismus vollendet (Konzen­tration der Produktionsmittel, gigantische Vergesellschaftung der Arbeit, Erstarken der Arbeiterorganisationen), verschärft zugleich die Widersprüche zwischen den »Großmächten« und ruft Kriege hervor, die den Zerfall der einheitlichen Weltwirtschaft herbeifüh­ren. Der Imperialismus ist daher der verwesende, sterbende Kapi­talismus. Er ist die letzte Etappe der Entwicklung des Kapitalis­mus überhaupt, er ist der Anbruch der sozialistischen Weltrevolu­tion. Die internationale proletarische Revolution entspringt so den Entwicklungsbedingungen des Kapitalismus im allgemeinen und seiner imperialistischen Phase im besonderen. Das kapitalistische System als Ganzes nähert sich seinem endgültigen Zusammenbruch. Die Diktatur des Finanzkapitals bricht zusammen und weicht der Diktatur des Proletariats.   Die allgemeine Krise des Kapitalismus und die erste Phase der W eltrevolution Der Weltkrieg und der Gang der revolutionären Krise Der imperialistische Kampf der größten kapitalistischen Staaten um die Neuaufteilung der Welt führte zum ersten imperialisti­schen Weltkrieg (1914-1918). Dieser Krieg erschütterte das ge­samte System des Weltkapitalismus und leitete damit die Periode seiner allgemeinen Krise ein. Der Krieg zwang die ganze Volks­wirtschaft der kriegführenden Länder in seinen Dienst, schuf sich die gepanzerte Faust des Staatskapitalismus, trieb die unproduk­tiven Ausgaben zu schwindelnder Höhe, vernichtete ungeheure Mengen von Produktionsmitteln und lebendiger Arbeitskraft, rui­nierte breite Schichten der Bevölkerung und bürdete Industrie­arbeitern, Bauern und Kolonialvölkern unermeßliche Lasten auf. Er verschärfte den Klassenkampf, der in offen revolutionäre Mas­senaktionen und in den Bürgerkrieg umschlug. Die imperialistische Front wurde an ihrem schwächsten Punkte durchbrochen - im zaristischen Rußland. Die Februarrevolution des Jahres 1917 stürzte den feudalen Absolutismus, die Oktoberrevolution stürzte die Bourgeoisie. Diese siegreiche proletarische Revolution expro­priierte die Expropriateure, entriß der Bourgeoisie und den Groß­grundbesitzern die Produktionsmittel; zum ersten Male in der Geschichte der Menschheit errichtete und verankerte sie die prole­tarische Diktatur in einem Riesenlande, schuf einen neuen Staats­typus, den Räte-(Sowjet-) Staat, und leitete damit die internatio­nale proletarische Revolution ein. Die gewaltige Erschütterung des gesamten Weltkapitalismus, die Verschärfung des Klassenkampfes und der unmittelbare Einfluß der proletarischen Oktoberrevolution riefen in Europa wie in den kolonialen und halbkolonialen Ländern eine Reihe von Revolu­tionen und revolutionären Aktionen hervor: Januar 1918 - Ar­beiterrevolution in Finnland; August 1918 - »Reisaufstände« in Japan; November 1918 - Revolutionen in Österreich und Deutsch­land, die die halbfeudalen Monarchien stürzten; März 1919 - proletarische Revolution in Ungarn, Auf stand in Korea; April 1919 - Rätemacht in Bayern; Januar 1920 - bürgerlich-nationale Revolution in der Türkei; September 1920 - Besetzung der Be­triebe durch die Arbeiter in Italien; März 1921 - Auf stand der proletarischen Vorhut in Deutschland; September 1923 - Auf stand in Bulgarien; Herbst 1923 - revolutionäre Krise in Deutschland; Dezember 1924 - Aufstand in Estland; April 1925 - Aufstand in Marokko; August 1925 - Aufstand in Syrien; Mai 1926 - General­streik in England; Juli 1927 - Arbeiteraufstand in Wien. All das zusammen mit Ereignissen, wie dem Aufstand in Indonesien, der tiefen Gärung in Indien, der großen chinesischen Revolution, die ganz Asien erschütterte, sind Glieder der Kette der internationalen Revolution, sind Bestandteile der tiefaufwühlenden allgemeinen Krise des Kapitalismus. Dieser internationale revolutionäre Prozeß umfaßt den Kampf für die Diktatur des Proletariats wie auch die nationalen Befreiungskriege und die kolonialen Aufstände gegen den Imperialismus, die wiederum untrennbar verbunden sind mit der Agrarrevolution der Millionen zählenden Bauernmasse. So wurden gewaltige Menschenmassen in den Strom der Revolution hineingerissen. Die Weltgeschichte ist in eine neue Phase ihrer Entwicklung getreten: in die Phase einer langwierigen allgemeinen Krise des kapitalistischen Systems. Die Einheit der Weltwirtschaft fand dabei ihren Ausdruck in dem internationalen Charakter der Revolution, die Ungleichmäßigkeit der Entwicklung der einzelnen Teile der Weltwirtschaft - in der Ungleichzeitigkeit der Revolution in den einzelnen Ländern. Die ersten Versuche zu einem revolutionären Umsturz, die aus der akuten Krise des Kapitalismus (1918-1921) hervorwuchsen, en­deten mit dem Siege und der Befestigung der Diktatur des Prole­tariats in der Sowjetunion, aber mit Niederlagen des Proletariats in einer ganzen Reihe anderer Länder. Diese Niederlagen sind in erster Linie das Ergebnis der Verrätertaktik der sozialdemokrati­schen Führer und der reformistischen Spitzen der Gewerkschafts­bewegung, aber auch die Folge des Umstandes, daß hinter den Kommunisten noch nicht die Mehrheit der Arbeiterklasse stand und in einer Reihe der wichtigsten Staaten überhaupt noch keine kommunistischen Parteien vorhanden waren. Diese Niederlagen ermöglichten der Bourgeoisie eine teilweise Stabilisierung des Kapitalismus durch die verstärkte Ausbeutung der proletarischen Massen und der Kolonialvölker und die schroffe Herabdrückung ihrer Lebenshaltung. Die revolutionäre Krise und die konterrevolutionäre Sozial­demokratie Als stärkste Kraft der Konterrevolution bewährten sich im Ver­laufe der internationalen Revolution durch ihre aktive Bekämp­fung und die Förderung der teilweisen Stabilisierung des Kapi­talismus die führenden Kader der sozialdemokratischen Parteien und reformistischen Gewerkschaften sowie auch die kapitalistischen Kampfverbände faschistischer Art. Die Kriegskrise von 1914 bis 1918 war von dem schmählichen Zusammenbruch der sozialdemokratischen Zweiten Internationale begleitet. Im strikten Gegensatz zur These des »Kommunistischen Manifestes« von Marx und Engels, daß die Proletarier unter dem Kapitalismus kein Vaterland haben, im strikten Gegensatz zu den Beschlüssen der Kongresse von Stuttgart und Basel gegen den Krieg haben die Führer der sozialdemokratischen Parteien bis auf ver­einzelte Ausnahmen für die Kriegskredite gestimmt und sich ent­schieden für die Verteidigung der imperialistischen »Vaterländer« (d. h. der Staatsorganisationen der imperialistischen Bourgeoisie) ausgesprochen; anstatt gegen den imperialistischen Krieg zu kämp­fen, wurden sie zu seinen treuen Soldaten, Predigern und Lob­sängern (der Sozialpatriotismus entwickelte sich zum Sozialim­perialismus). In der folgenden Etappe unterstützte die Sozialde­mokratie die räuberischen Friedensverträge (Brest, Versailles); Schulter an Schulter mit den Generalen war sie eine aktive Kraft bei der blutigen Niederwerfung proletarischer Aufstände (Noske); sie kämpfte mit der Waffe in der Hand gegen die erste proleta­rische Republik (Sowjetrußland); sie verriet das zur Macht ge­langte Proletariat und lieferte es dem Feinde aus (Ungarn); sie trat in den imperialistischen Völkerbund ein (Thomas, Paul Bon- cour, Vandervelde); sie stellte sich offen auf die Seite der imperia­listischen Sklavenhalter gegen die Kolonialsklaven (englische Ar­beiterpartei) ; sie unterstützte aktiv die reaktionärsten Henker der Arbeiterklasse (Bulgarien, Polen); sie gab den Anstoß zur Schaffung imperialistischer Wehrgesetze (Frankreich); sie half den Streik der Bergarbeiter in England abwürgen, sie half und hilft bei der Knebelung Chinas und Indiens (MacDonald-Regierung); sie ist der Marktschreier des imperialistischen Völkerbundes, der Heerrufer des Kapitals und die organisierende Kraft im Kampfe gegen die Diktatur des Proletariats in der Sowjetunion (Kautsky, Hilferding). Zur systematischen Durchführung dieser konterrevolutionären Po­litik bedient sich die Sozialdemokratie ihrer beiden Flügel: der rechte, offen konterrevolutionäre Flügel ist unentbehrlich für Verhandlungen und die unmittelbare Verbindung mit der Bour­geoisie, während der »linke« besonders fein gesponnene Betrugs­manöver an der Arbeiterschaft durchzuführen hat. Die »linke« Sozialdemokratie, die mit pazifistischen und manchmal selbst mit revolutionären Phrasen spielt, wendet sich besonders in kritischen Augenblicken gegen die Arbeiter (die englische »Unabhängige Arbeiterpartei« und die »linken« Führer des Generalrats der eng­lischen Gewerkschaften während des Generalstreiks von 1926, Otto Bauer und Konsorten während des Wiener Aufstandes u. a.); sie ist daher die gefährlichste Fraktion der sozialdemokratischen Parteien. Wenn auch die Sozialdemokratie als Dienerin der Inter­essen der Bourgeoisie in der Arbeiterklasse vollständig auf dem Boden der Klassengemeinschaft und der Koalition mit der Bour­geoisie steht, wird sie doch in gewissen Perioden genötigt, die Stellung einer oppositionellen Partei zu beziehen; sie spiegelt die Verteidigung der Klasseninteressen des Proletariats in seinem wirtschaftlichen Kampfe vor, um sich so das Vertrauen eines Teiles der Arbeiterklasse zu erschleichen und dann die dauernden Inter­essen der Arbeiterklasse, vor allem in Zeiten entscheidender Klassenkämpfe, um so schmählicher zu verraten. Die Hauptrolle der Sozialdemokratie ist heute die Untergrabung der im Kampfe gegen den Imperialismus notwendigen Einheit des Proletariats. Durch die Spaltung und Zerschlagung der Einheits­front des proletarischen Kampfes gegen das Kapital wird die So­zialdemokratie zur Hauptstütze des Imperialismus in der Arbeiter­klasse. Die internationale Sozialdemokratie aller Schattierungen, die Zweite Internationale und ihre gewerkschaftliche Filiale, der Amsterdamer Internationale Gewerkschaftsbund, sind so zu Reser­ven der bürgerlichen Gesellschaft geworden, zu ihren sichersten Stützen. Die Krise des Kapitalismus und der Faschismus Neben die Sozialdemokratie, die der Bourgeoisie die Arbeiter­klasse unterdrücken und die Wachsamkeit der Proletarier ein­schläfern hilft, tritt der Faschismus. In der Epoche des Imperialismus führten die Verschärfung des Klassenkampfes und die Zunahme der Elemente des Bürger­krieges - besonders nach dem imperialistischen Weltkrieg - zum Bankrott des Parlamentarismus. Daher die »neuen« Methoden und Formen des Regierens (z. B. das System der »kleinen Kabinette«, das Wirken oligarchischer Gruppen hinter den Kulissen, der Verfall und die Verfälschung der Rolle der »Volksvertretung«, die Be­schneidung und Beseitigung der »demokratischen Freiheiten« usw.). Unter besonderen historischen Bedingungen nimmt dieser Prozeß der Offensive der bürgerlich-imperialistischen Reaktion die Form des Faschismus an. Solche Bedingungen sind: die Labilität der kapitalistischen Beziehungen; das Vorhandensein sozial deklas­sierter Elemente in beträchtlicher Zahl; die Verarmung breiter Schichten des städtischen Kleinbürgertums und der Intelligenz; die Unzufriedenheit der ländlichen Kleinbourgeoisie; schließlich die ständige Gefahr proletarischer Massenaktionen. Um ihrer Macht größere Stetigkeit und Festigkeit zu sichern, ist die Bourgeoisie in steigendem Maße gezwungen, vom parlamentarischen System zu der faschistischen Methode überzugehen, die von Beziehungen und Kombinationen zwischen den Parteien unabhängig ist. Der Faschis­mus ist eine Methode der unmittelbaren Diktatur der Bourgeoisie, ideologisch verkleidet mit der Idee der »Volksgemeinschaft« und der Vertretung nach »Berufsständen« (d. h. eigentlich der Ver­tretung verschiedener Gruppen der herrschenden Klasse). Er ist eine Methode, die durch eine eigenartige soziale Demagogie (Anti­semitismus, gelegentliche Ausfälle gegen das Wucherkapital, Ent­rüstung über die parlamentarische »Schwatzbude«) die Unzu­friedenheit der Massen des Kleinbürgertums, der Intellektuellen u. a. ausnützt. Er ist eine Methode der Korruption durch den Aufbau einer geschlossenen, besoldeten Hierarchie der faschistischen Kampfverbände, des faschistischen Parteiapparates und der fa­schistischen Bürokratie. Dabei sucht der Faschismus durch die Gewinnung ihrer rückständigsten Schichten auch in die Reihen der Arbeiterschaft einzudringen, indem er ihre Unzufriedenheit, die Passivität der Sozialdemokratie usw. ausnützt. Die Hauptaufgabe des Faschismus ist die Vernichtung der revolutionären Vorhut der Arbeiterklasse, d. h. der kommunistischen Schichten des Proleta­riats und ihrer führenden Kader. Die Verquickung von sozialer Demagogie und Korruption mit dem aktiven weißen Terror sowie die zum äußersten gesteigerte imperialistische Aggressivität der Außenpolitik sind charakteristische Züge des Faschismus. In Zeiten, die für die Bourgeoisie besonders kritisch sind, bedient sich der Faschismus einer antikapitalistischen Phraseologie; sobald er aber seine Macht gesichert sieht, erweist er sich immer mehr als terrori­stische Diktatur des Großkapitals und wirft den antikapitalisti­schen Plunder von sich. Entsprechend der jeweiligen politischen Konjunktur bedient sich die Bourgeoisie sowohl der faschistischen Methoden als auch der Methoden der Koalition mit der Sozialdemokratie, wobei die Sozialdemokratie selbst, besonders in für den Kapitalismus kriti­schen Zeiten, nicht selten eine faschistische Rolle spielt. Die Sozial­demokratie zeigt im Laufe der Entwicklung faschistische Tendenzen, was sie jedoch nicht hindert, im Falle einer Änderung der politi­schen Konjunktur gegen die bürgerliche Regierung als oppositio­nelle Partei aufzutreten. Faschismus und Koalition mit der Sozial­demokratie sind beide für den normalen Kapitalismus ungewöhn­liche Methoden. Sie sind Anzeichen für das Bestehen einer all­gemeinen Krise des Kapitalismus und werden von der Bourgeoisie benützt, um den Vormarsch der Revolution zu hemmen. Die Widersprüche der kapitalistischen Stabilisierung und die Notwendigkeit des revolutionären Zusammenbruches des Kapitalismus Die Erfahrung der ganzen Nachkriegszeit beweist, daß die Stabi­lisierung des Kapitalismus, die durch die Niederschlagung der Arbeiterklasse und die systematische Herabdrückung ihrer Lebens­haltung erzielt wurde, nur eine teilweise, vorübergehende, morsche Stabilisierung sein kann. Die sprunghafte, fieberhafte Entwicklung der Technik, die in einigen Ländern an eine neue technische Umwälzung grenzt, der beschleunigte Prozeß der Konzentration und Zentralisation des Kapitals, die Bildung riesiger Trusts, »nationaler« und »inter­nationaler« Monopole, das Verwachsen der Trusts mit der Staats­macht, das Wachsen der kapitalistischen Weltwirtschaft - all das kann die allgemeine Krise des kapitalistischen Systems nicht über­winden. Der Zerfall der Weltwirtschaft in einen kapitalistischen und einen sozialistischen Teil, die Einengung der Märkte, die antiimperialistische Bewegung in den Kolonien verschärfen aufs äußerste alle Widersprüche des Kapitalismus, der sich auf der neuen, nach dem Kriege entstandenen Grundlage entwickelt. Die Kehrseite des technischen Fortschrittes und der Rationalisierung der Industrie sind die Schließung und Liquidierung einer Reihe von Betrieben, die Einschränkung der Produktion, der rücksichtslose Raubbau an der Arbeitskraft, was alles zu einer gewaltigen, bisher noch nicht dagewesenen Dauererwerbslosigkeit führt. Die absolute Verschlechterung der Lage der Arbeiterklasse wird selbst in einer Reihe entwickelter kapitalistischer Länder zur Tatsache. Die Stei­gerung der Konkurrenz zwischen den imperialistischen Staaten und die ständige Kriegsgefahr, die immer schärfer werdende Spannung der Klassenkonflikte schaffen die Voraussetzungen für eine neue, höhere Entwicklungsstufe der allgemeinen Krise des Kapitalismus und der proletarischen Weltrevolution. Das Ergebnis der ersten Folge imperialistischer Kriege (Weltkrieg von 1914 bis 1918) und des Oktobersieges der Arbeiterklasse im einstigen Zarenreich war die Spaltung der Welt in zwei einander grundsätzlich feindliche Lager: das Lager der imperialistischen Staaten und jenes der Diktatur des Proletariats in der Sowjetunion. Die Unterschiede in der Klassenstruktur und dem Klassencharakter der Staatsmacht, der prinzipielle Unterschied in den Zielen der Innen- und Außenpolitik, der Wirtschafts- und Kulturpolitik, die grundsätzlich verschiedene Entwicklungsrichtung - all das bringt die kapitalistische Welt in schroffen Gegensatz zum Staate des siegreichen Proletariats. Im Rahmen der einst einheitlichen Welt­wirtschaft bekämpfen sich gegenwärtig zwei antagonistische Sy­steme: Kapitalismus und Sozialismus. Der Klassenkampf, dessen Formen bisher dadurch bestimmt waren, daß das Proletariat noch nirgends die Staatsmacht in Händen hatte, reproduziert sich jetzt, da die Arbeiterklasse der ganzen Welt bereits ihren Staat, das einzige Vaterland des internationalen Proletariats, besitzt, in gewaltigem, wirklich weltumfassendem Ausmaße. Das Bestehen der Sowjetunion mit ihrem Einfluß auf die werktätigen und unter­drückten Massen der ganzen Welt ist schon an und für sich der deutlichste Ausdruck: der tiefgehenden Krise des Systems des Welt­kapitalismus und einer in der Geschichte noch nie dagewesenen Ausdehnung und Verschärfung des Klassenkampfes. Unfähig, ihre inneren Widersprüche zu überwinden, sucht die kapitalistische Welt einen Ausweg in der Gründung einer Inter­nationalen Vereinigung (des Völkerbundes), deren Hauptzweck es ist, das unaufhaltsame Wachsen der revolutionären Krise zum Stillstand zu bringen und die Union Proletarischer Republiken durch Blockade oder Krieg zu erdrosseln. Um die Sowjetunion scharen sich indes alle Kräfte des revolutio­nären Proletariats und der unterdrückten Massen der Kolonien: der unbeständigen, innerlich morschen, doch bis an die Zähne be­waffneten Weltkoalition des Kapitals steht eine einheitliche Welt­koalition der Arbeit gegenüber. So erwuchs aus der ersten Folge imperialistischer Kriege ein neuer Grundwiderspruch, weltge­schichtlich nach Ausmaß und Bedeutung - der Widerspruch zwi­schen der Sowjetunion und der kapitalistischen Welt. Auch die inneren Widersprüche des kapitalistischen Teils der Welt­wirtschaft erfuhren eine Verschärfung. Die Verlegung des wirt­schaftlichen Schwerpunkts der Welt nach den Vereinigten Staaten von Amerika und die Verwandlung der »Dollarrepublik« in einen Weltausbeuter vergrößerten die Spannung zwischen den Ver­einigten Staaten und dem europäischen Kapitalismus, vor allem dem englischen. Der Konflikt zwischen dem mächtigsten der alten, konservativen imperialistischen Länder, England, und den Ver­einigten Staaten, dem stärksten Lande des jungen Imperialismus, das bereits die Welthegemonie an sich gerissen hat, wird zur Achse der weltumspannenden Konflikte zwischen den finanzkapitali­stischen Staaten. Deutschland, das nach seiner Ausplünderung durch den Versailler Friedensvertrag wirtschaftlich wieder erstarkt ist und von neuem den Weg der imperialistischen Politik be­schreitet, wird zu einem ernstlichen Konkurrenten auf dem Welt­markt. Im Stillen Ozean verwickeln sich die Gegensätze, unter denen der Konflikt zwischen den Vereinigten Staaten und Japan im Mittelpunkt steht. Neben diesen Hauptgegensätzen entwickelt sich der Widerstreit zwischen den Interessen der sich ändernden, unbeständigen Mächtegruppierungen, wobei die Staaten zweiten Ranges die Rolle von Werkzeugen der imperialistischen Giganten und ihrer Bündnisse spielen. Infolge der Einengung der europäischen Innenmärkte durch den Krieg, infolge des Ausscheidens der Sowjetunion aus dem rein kapitalistischen Kreislauf und infolge der weitgehenden Monopo­lisierung der wichtigsten Roh- und Brennstoffquellen führt die Steigerung der Produktionskapazität des industriellen Apparats des Weltkapitalismus zur Entfesselung der Konflikte zwischen den kapitalistischen Staaten. Der »friedliche« Kampf um Erdöl, Kaut­schuk, Baumwolle, Kohle, Erz, um die Neuaufteilung der Märkte und der Kapitalanlagesphären treibt unvermeidlich zu einem neuen Weltkrieg, der um so verheerender sein wird, je größer die Fortschritte der sich fieberhaft entwickelnden Kriegstechnik sind. Zu gleicher Zeit wachsen die Gegensätze zwischen den Mutter­ländern und den kolonialen und halbkolonialen Ländern. Eine gewisse Schwächung des europäischen Imperialismus durch den Krieg, die Entwicklung des Kapitalismus in den Kolonien, der Einfluß der russischen Revolution, die zentrifugalen Tendenzen innerhalb der ersten See- und Kolonialmacht der Welt, des briti­schen Weltreichs (Kanada, Australien, Südafrika), erleichterten die Auslösung von Aufständen in den Kolonien und halbkolonialen Ländern. Die große chinesische Revolution, die Hunderte von Millionen des chinesischen Volkes aufgerüttelt hat, schlägt eine gewaltige Bresche in den ganzen Bau des Imperialismus. Die anhaltende revolutionäre Gärung unter den Millionen und aber Millionen indischer Arbeiter und Bauern droht die Herrschaft Englands, der Hochburg des Weltimperialismus, zu brechen. Das Wachsen der Strömungen gegen den mächtigen Imperialismus der Vereinigten Staaten in den Ländern Lateinamerikas ist eine Kraft, die die Expansion des nordamerikanischen Kapitals untergräbt. So erweist sich auch der revolutionäre Prozeß in den Kolonien, wel­cher die der finanzkapitalistischen Oligarchie einiger »Großmächte« unterworfene überwältigende Mehrheit der Bevölkerung der Erde in den Kampf gegen den Imperialismus einbezieht, als ein Ergebnis der tiefgehenden allgemeinen Krise des Kapitalismus. Auch in Eu­ropa, wo der Imperialismus eine ganze Reihe kleiner Nationen unter sein drückendes Joch gebeugt hat, ist die nationale Frage ein Faktor, der die inneren Widersprüche des Kapitalismus verschärft. Endlich reift die revolutionäre Krise mit zwingender Notwendig­keit auch in den Zentren des Imperialismus selbst heran. Die Offen­sive der Bourgeoisie gegen die Arbeiterklasse, gegen ihre Lebens­haltung, ihre Organisationen und ihre politischen Rechte sowie der zunehmende weiße Terror rufen den wachsenden Widerstand breiter Massen des Proletariats hervor und verschärfen den Klassenkampf zwischen der Arbeiterklasse und dem Trustkapital. Die Riesenkämpfe zwischen Kapital und Arbeit, der fortschrei­tende Radikalisierungsprozeß der Massen, das Steigen des Ein­flusses und des Ansehens der kommunistischen Parteien, die riesige Zunahme der Sympathien breitester Arbeitermassen für das Land der proletarischen Diktatur - all das sind deutliche Anzeichen des Herannahens eines neuen revolutionären Aufschwunges in den imperialistischen Zentren. So wird der Bau des Weltimperialismus und mit ihm die teilweise Stabilisierung des Kapitalismus von verschiedenen Seiten her unterwühlt: durch die Gegensätze und Konflikte zwischen den imperialistischen Mächten, durch die Erhebung der Millionen in den Kolonien, durch den Kampf des revolutionären Proletariats der Mutterländer, schließlich durch die führende Macht der revo­lutionären Weltbewegung - die proletarische Diktatur in der Sowjetunion. Die internationale Revolution schreitet vorwärts. Wider sie sammelt der Imperialismus alle seine Kräfte; Expedi­tionen gegen die Kolonien, einen neuen Weltkrieg und den Feld­zug gegen die Sowjetunion setzt der Imperialismus auf die Tages­ordnung. Das führt unvermeidlich zur Auslösung aller Kräfte der internationalen Revolution und mit eherner Notwendigkeit zum Sturze des Kapitalismus.   Das Endziel der Kommunistischen Internationale: der Weltkommunismus Das Endziel, das die Kommunistische Internationale erstrebt, ist die Ersetzung der kapitalistischen Weltwirtschaft durch das Welt­system des Kommunismus. Die kommunistische Gesellschaftsord­nung, die durch den ganzen Ablauf der geschichtlichen Entwicklung vorbereitet wird, ist der einzige Ausweg für die Menschheit, denn nur diese Gesellschaft vermag die fundamentalen Widersprüche des kapitalistischen Systems aufzuheben, die die Menschheit mit Ent­artung und Untergang bedrohen. Die kommunistische Ordnung beseitigt die Spaltung der Gesell­schaft in Klassen, das heißt, sie beseitigt mit der Anarchie der Produktion alle Arten und Formen der Unterdrückung und Aus­beutung von Menschen durch Menschen. An die Stelle der kämp­fenden Klassen treten die Glieder der einheitlichen Weltassoziation der Arbeit. Zum erstenmal in der Geschichte nimmt die Menschheit ihr Schicksal in die eigene Hand. Anstatt in Klassen- und Völker­kriegen ungezählte Menschenleben und unschätzbare Reichtümer zu vernichten, verwendet die Menschheit ihre ganze Energie auf den Kampf mit den Naturkräften, auf die Entwicklung und Hebung ihrer eigenen, kollektiven Macht. Sobald das Weltsystem des Kommunismus das Privateigentum an den Produktionsmitteln aufgehoben und diese in öffentliches Eigentum verwandelt hat, tritt an die Stelle der elementaren Kräfte des Weltmarkts und des planlosen Waltens der Konkurrenz, des blinden Gangs der gesellschaftlichen Produktion ihre gesell­schaftlich-planmäßige Regelung, entsprechend den rasch wachsen­den Bedürfnissen der Gesamtheit. Mit der Vernichtung der Anarchie der Produktion und der Konkurrenz verschwinden auch die verheerenden Krisen und die noch verheerenderen Kriege. An die Stelle der gigantischen Vergeudung von Produktivkräften und der krampfhaften Entwicklung der Gesellschaft tritt die geordnete Verfügung über alle materiellen Reichtümer und eine reibungslose Entwicklung der Wirtschaft durch die unbegrenzte, harmonische, rasche Entfaltung der Produktivkräfte. Die Aufhebung des Privateigentums, das Absterben der Klassen beseitigen die Ausbeutung von Menschen durch Menschen. Die Arbeit hört auf, ein Schaffen für den Klassenfeind zu sein. Aus einem bloßen Mittel zum Leben wird sie zum ersten Lebensbe­dürfnis. Die Armut verschwindet, es verschwindet die wirtschaft­liche Ungleichheit der Menschen, das Elend der geknechteten Klassen, die Armseligkeit ihres materiellen Daseins überhaupt; es verschwindet die Hierarchie der Menschen in der Arbeitsteilung und damit der Gegensatz zwischen Kopf- und Handarbeit; es verschwinden schließlich alle Spuren der sozialen Ungleichheit der Geschlechter. Zu gleicher Zeit verschwinden auch die Organe der Klassenherrschaft, vor allem die Staatsgewalt; als Verkörperung der Klassenherrschaft stirbt sie in dem Maße ab, wie die Klassen verschwinden. Damit stirbt allmählich jegliche Zwangsnorm ab. Das Verschwinden der Klassen beseitigt jede Art des Bildungs­monopols. Die Kultur wird zum Gemeingut aller, und an Stelle der Klassenideologien der Vergangenheit tritt die wissenschaftlich­materialistische Weltbetrachtung. Damit wird jedwede Herrschaft von Menschen über Menschen unmöglich, und es eröffnen sich unge­ahnte Möglichkeiten der sozialen Auslese und der harmonischen Ent­wicklung aller Fähigkeiten, die in der Menschheit schlummern. Die Entfaltung der Produktivkräfte wird durch keinerlei Schranken gesellschaftlichen Charakters gehemmt. Die kommunistische Gesell­schaft kennt kein Privateigentum an Produktionsmitteln, kein eigennütziges Streben nach Profit, sie kennt weder die künstlich genährte Unwissenheit noch die Armut der Massen, die in der kapitalistischen Gesellschaft den technischen Fortschritt hemmt, noch die riesenhaften unproduktiven Ausgaben. Die zweckmäßigste Ausnützung der Naturkräfte und der natürlichen Produktions­bedingungen der einzelnen Weltteile; die Beseitigung des Gegen­satzes von Stadt und Land, der die Folge des steten Zurückbleibens der Landwirtschaft und ihres technischen Tiefstandes ist; die weitestgehende Vereinigung von Wissenschaft und Technik, von Forscherarbeit und umfassender Anwendung ihrer Ergebnisse für die Gesellschaft; die planmäßige Organisierung der wissenschaft­lichen Arbeit; die Einführung vervollkommneter Methoden stati­stischer Erfassung und plangemäßer Regelung der Wirtschaft; schließlich das rasche Anwachsen der gesellschaftlichen Bedürfnisse, des stärksten Antriebs des gesamten Systems, - all das sichert der gesellschaftlichen Arbeit ein Höchstmaß an Produktivität und setzt unermeßliche menschliche Energien für eine machtvolle Ent­faltung von Kunst und Wissenschaft frei. Die Entwicklung der Produktivkräfte der kommunistischen Welt­gesellschaft macht die Hebung des Wohlstandes der ganzen Mensch­heit und die stärkste Verkürzung der der materiellen Produktion gewidmeten Zeit möglich und eröffnet damit eine in der Geschichte unerhörte Blütezeit der Kultur. Diese neue Kultur der zum ersten­mal geeinten Menschheit, die alle Staatsgrenzen zerstört hat, wird - im Gegensatz zum Kapitalismus - auf klaren und durch­sichtigen Beziehungen der Menschen zueinander beruhen. Sie wird daher Mystik und Religion, Vorurteile und Aberglauben für alle Zeiten begraben und damit der Entwicklung siegreicher wissen­schaftlicher Erkenntnis einen mächtigen Anstoß geben. Diese höchste Stufe des Kommunismus, in der die kommunistische Gesellschaft sich bereits auf ihrer eigenen Grundlage entwickelt hat, in der Hand in Hand mit der allseitigen Entwicklung der Men­schen auch die gesellschaftlichen Produktivkräfte einen gewaltigen Aufschwung genommen haben und die Gesellschaft bereits auf ihr Banner die Losung geschrieben hat: »Jeder nach seinen Fähig­keiten, jedem nach seinen Bedürfnissen«, setzt als geschichtliche Vorbedingung ein niederes Stadium ihrer Entwicklung voraus - das Stadium des Sozialismus. Hier beginnt die kommunistische Gesellschaft die kapitalistische Hülle erst abzuwerfen, sie ist noch in jeder Beziehung - wirtschaftlich, moralisch und geistig - mit den Muttermalen der alten Gesellschaft behaftet, deren Schoß sie entsprungen. Die Produktivkräfte des Sozialismus sind noch nicht in dem Maße entwickelt, daß eine Verteilung der Erzeugnisse der Arbeit entsprechend den Bedürfnissen eines jeden möglich wäre. Die Verteilung erfolgt vielmehr nach der Leistung. Die Arbeits­teilung, d. h. die Zuweisung bestimmter Arbeitsfunktionen an bestimmte Gruppen von Menschen, ist hier noch nicht überwunden, speziell besteht der Gegensatz von Kopf- und Handarbeit in der Hauptsache noch weiter. Trotz der Aufhebung der Klassen sind noch Überreste der alten Klassenteilung der Gesellschaft vor­handen, folglich auch Überreste der proletarischen Staatsgewalt, des Zwanges, des Rechts. Es bleiben somit noch gewisse Reste der Ungleichheit bestehen, die noch nicht absterben konnten. Unbe- seitigt und unüberwunden bleibt auch noch der Gegensatz zwischen Stadt und Land. Allein alle diese Überreste der alten Gesellschaft werden von keiner gesellschaftlichen Kraft mehr geschützt und verteidigt. Da sie an eine bestimmte Entwicklungsstufe der Pro­duktivkräfte gebunden sind, verschwinden sie in dem Maße, wie die von der Fessel der kapitalistischen Ordnung befreite Mensch­heit sich in raschem Tempo die Naturkräfte unterwirft, sich selbst im Geiste des Kommunismus neu erzieht und vom Sozialismus zum vollendeten Kommunismus fortschreitet.   Die Periode des Übergangs vom Kapitalismus zum Sozialismus und die Diktatur des Proletariats Die Übergangsperiode und die Eroberung der Macht durch das Proletariat Zwischen der kapitalistischen und der kommunistischen Gesellschaft liegt die Periode der revolutionären Umwandlung der einen in die andere. Der entspricht auch eine politische Übergangsperiode, deren Staat nichts anderes sein kann als die revolutionäre Diktatur des Proletariats. Der Übergang von der Weltdiktatur des Impe­rialismus zur Weltdiktatur des Proletariats umfaßt eine lange Periode von Kämpfen, Niederlagen und Siegen des Proletariats; eine Periode der Fortdauer der allgemeinen Krise des kapitalisti­schen Systems und des Heranreifens sozialistischer Revolutionen, d. h. der Bürgerkriege des Proletariats gegen die Bourgeoisie; eine Periode nationaler Kriege und kolonialer Aufstände, die - ohne sozialistische Bewegungen des revolutionären Proletariats zu sein - objektiv zu einem Bestandteil der proletarischen Weltrevolution werden, soweit sie die Herrschaft des Imperialismus erschüttern; eine Periode des Nebeneinanderbestehens kapitalistischer und so­zialistischer sozialökonomischer Systeme innerhalb der Weltwirt­schäft mit »friedlichen« Beziehungen wie bewaffneten Kämpfen; eine Periode der Bildung des Bundes sozialistischer Rätestaaten, eine Periode der Kriege der imperialistischen Staaten gegen sie, eine Periode des immer engeren Zusammenschlusses dieser Staaten mit den Kolonialvölkern usw. Die Ungleichmäßigkeit der wirtschaftlichen und politischen Entwick­lung ist ein absolutes Gesetz des Kapitalismus. Sie verschärft sich in der Epoche des Imperialismus in noch höherem Maße. Daher kann die internationale Revolution des Proletariats nicht als ein einmaliger, überall gleichzeitiger Akt betrachtet werden. Daher ist der Sieg des Sozialismus zuerst in wenigen und selbst in einem kapitalisti­schen Lande allein möglich. Aber jeder derartige Sieg des Prole­tariats erweitert die Basis der Weltrevolution und verschärft da­durch noch mehr die allgemeine Krise des Kapitalismus. Das kapi­talistische System geht auf diese Weise seinem endgültigen Zusam­menbruch entgegen. Die Diktatur des Finanzkapitals bricht zu­sammen und weicht der Diktatur des Proletariats. Während die bürgerlichen Revolutionen nur die politische Frei­setzung eines bereits ausgebildeten und ökonomisch herrschenden Systems von Produktionsverhältnissen und den Übergang der Macht aus den Händen einer Ausbeuterklasse in die einer anderen bedeuteten, ist die proletarische Revolution ein gewaltsamer Ein­griff des Proletariats in die Eigentumsverhältnisse der bürgerlichen Gesellschaft, die Expropriation der ausbeutenden Klassen und der Übergang der Macht in die Hände der Klasse, die sich die Aufgabe stellt, das ökonomische Fundament der Gesellschaft radikal umzu­gestalten und jede Ausbeutung von Menschen durch Menschen zu beseitigen. Während die bürgerlichen Revolutionen Jahrhunderte brauchten, um der politischen Herrschaft des Feudaladels, die nur durch eine Kette einzelner Revolutionen gebrochen werden konnte, in der ganzen Welt ein Ende zu setzen, vermag die internationale Revolution des Proletariats, infolge des engeren Zusammenhangs der einzelnen Länder untereinander, ihre Aufgabe in einer kür­zeren Frist zu lösen, obwohl auch sie keineswegs ein einmaliger Akt ist, sondern sich über eine ganze Epoche erstreckt. Erst auf den vollen Weltsieg des Proletariats und die Befestigung seiner Macht in der ganzen Welt wird eine lange Epoche rastlosen Auf­baus der sozialistischen Weltwirtschaft folgen. Die Eroberung der Macht durch das Proletariat ist die Voraus­setzung der Entwicklung sozialistischer Wirtschaftsformen und des kulturellen Wachstums des Proletariats. Das Proletariat gestaltet seine eigene Natur um, reift zum Lenker der Gesellschaft auf allen Gebieten menschlicher Betätigung heran, zieht in diesen Umbil­dungsprozeß auch die übrigen Klassen hinein und schafft damit die Grundlage für die Beseitigung der Klassen überhaupt. Gegen den Block der Grundbesitzer und Kapitalisten bildet sich im Kampfe für die proletarische Diktatur und die nachfolgende Neu­gestaltung der Gesellschaft als die Grundlage der proletarischen Diktatur das Bündnis der Arbeiter und Bauern unter der ideellen und politischen Hegemonie der Arbeiterklasse. Die Übergangsperiode als Ganzes ist gekennzeichnet durch die schonungslose Unterdrückung des Widerstandes der Ausbeuter, die Organisierung des Aufbaues des Sozialismus, die massenhafte Um­gestaltung der Menschen im Geiste des Sozialismus und die schritt­weise Überwindung der Klassenscheidung. Nur in dem Maße, in dem die Gesellschaft der Übergangsperiode diese großen histori­schen Aufgaben erfüllt, beginnt sie ihre Verwandlung in die kom­munistische Gesellschaft. Die Diktatur des W eltproletariats ist daher die notwendigste und entscheidende Vorbedingung des Überganges von der kapitalisti­schen Weltwirtschaft zur sozialistischen. Diese Diktatur kann je­doch nur durch den Sieg des Sozialismus in einzelnen Ländern oder Ländergruppen verwirklicht werden. Sie erfordert, daß die neu entstehenden proletarischen Republiken sich mit den bereits bestehenden verbünden, daß das Netz dieser Föderationen - das auch die das imperialistische Joch abwerfenden Kolonien mit ein­bezieht - ständig wächst, und daß diese Föderationen schließlich zur Union der Sozialistischen Räterepubliken der Welt werden, die den Zusammenschluß der Menschheit unter der Hegemonie des staatlich organisierten Weltproletariats verwirklicht. Die Eroberung der Macht durch das Proletariat ist keine friedliche »Eroberung« der fertigen bürgerlichen Staatsmaschine durch Er­reichung der Parlamentsmehrheit. Die Bourgeoisie wendet alle Mittel der Gewalt und des Terrors an, um ihr räuberisches Eigen­tum und ihre politische Herrschaft zu sichern und zu stärken. Wie einst der feudale Adel kann auch die Bourgeoisie ihren Platz in der Geschichte der neuen Klasse nicht ohne den verzweifeltsten, erbittertsten Kampf räumen. Deshalb kann die Gewalt der Bour­geoisie nur durch die entschlossene Anwendung der Gewalt des Proletariats gebrochen werden. Die Eroberung der Macht durch das Proletariat ist die gewaltsame Vernichtung der bürgerlichen Macht, die Zerschlagung der kapitalistischen Staatsmaschine (der bürgerlichen Armee, Polizei, Beamtenhierarchie, Gerichte, Parla­mente usw.) und ihre Ersetzung durch neue Organe der proleta­rischen Macht, die vor allem Werkzeuge zur Niederhaltung der Ausbeuter sind. Die Diktatur des Proletariats und ihre Form: die Räte Die Oktoberrevolution von 1917 und die ungarische Revolution, die die Erfahrungen der Pariser Kommune von 1871 gewaltig erweiterten, haben gelehrt, daß die zweckentsprechendste Form der proletarischen Staatsgewalt ein neuer Typus des Staates ist, der sich vom bürgerlichen Staate nicht nur durch seinen Klassen­inhalt, sondern durch seine innere Struktur prinzipiell unterscheidet: der Typus des Räte- (Sowjet-) Staates. Gerade diese der breitesten Massenbewegung der Werktätigen unmittelbar entspringende Form der Staatsgewalt bildet eine Gewähr für die größte Aktivität der Massen und bietet damit die beste Bürgschaft ihres endgültigen Sieges. Der Rätestaat als höchster Ausdruck der Demokratie, und zwar als die proletarische Demokratie, steht in schroffem Gegensatz zur bürgerlichen Demokratie, dieser verhüllten Form der Diktatur der Bourgeoisie. Der Rätestaat ist die Diktatur des Proletariats, seine Alleinherrschaft als Klasse. Im Gegensatz zu der bürger­lichen Demokratie gibt der Rätestaat seinen Klassencharakter offen zu und stellt sich unverhüllt die Aufgabe der Unterdrückung der Ausbeuter im Interesse der überwältigenden Mehrheit der Bevöl­kerung. Er entzieht seinen Klassenfeinden die politischen Rechte und kann unter gewissen historischen Bedingungen dem Proletariat zur Stärkung seiner führenden Rolle eine Reihe vorübergehender Vorrechte gegenüber der zersplitterten kleinbürgerlichen Bauern­schaft gewähren. Indem der proletarische Staat seine Klassengegner entwaffnet und unterdrückt, betrachtet er gleichzeitig diese Ent­ziehung der politischen Rechte und eine gewisse Einschränkung der Freiheit als vorübergehende Maßnahmen im Kampfe gegen die Versuche der Ausbeuter, ihre Privilegien zu verteidigen oder wie­derherzustellen. Der proletarische Staat schreibt auf sein Banner, daß das Proletariat nicht die Macht in seinen Händen hält, um sie zu verewigen, daß es nicht von engen Zunft- und Standesinteressen ausgeht, sondern die rückständigen und zersplitterten Massen der ländlichen Proletarier, der Halbproletarier und der werktätigen Bauern mit den fortgeschrittensten Schichten der Arbeiter fester und fester zusammenschließen will, um so allmählich und syste­matisch die Klassenteilung überhaupt zu überwinden. Als allum­fassende Form des Zusammenschlusses und der Organisation der Massen unter der Führung des Proletariats mobilisieren die Räte in der Tat die breitesten Schichten der Arbeiter, Bauern und aller Werktätigen zum Kampf und zur sozialistischen Aufbauarbeit und ziehen sie praktisch zur Verwaltung des Staates heran. In ihrer ganzen Tätigkeit stützen sie sich auf die Massenorganisationen der Arbeiterklasse, verwirklichen unter den Werktätigen die weitest­gehende Demokratie und sind mit den Massen unendlich enger verbunden als alle anderen Staatsformen. Das Recht der Neuwahl und der Abberufung gewählter Vertreter, die Vereinigung der ausführenden und der gesetzgebenden Gewalt, die Ersetzung der Territorialwahl durch die Wahl an der Arbeitsstätte (in Betrieben, Werkstätten usw.) - das alles sichert der Arbeiterklasse und den unter ihrer Hegemonie marschierenden breiten Massen der Werk­tätigen eine systematische, ununterbrochene und aktive Beteiligung an allen öffentlichen Angelegenheiten wirtschaftlicher, politischer, militärischer und kultureller Natur. Darin unterscheidet sich die Rätediktatur des Proletariats aufs schärfste von der bürgerlich­parlamentarischen Republik. Die bürgerliche Demokratie mit ihrer formalen Gleichheit der Bürger vor dem Gesetz ist aufgebaut auf der schreienden wirt­schaftlichen Ungleichheit der Klassen. Die bürgerliche Demokratie läßt das Monopol der Kapitalistenklasse und der Großgrundbe­sitzer an den entscheidenden Produktionsmitteln völlig unberührt, schützt es und festigt es noch weiter; dadurch verwandelt sie für die ausgebeuteten Klassen und vor allem für das Proletariat die formale Gleichheit vor dem Gesetz, die demokratischen Rechte und Freiheiten - die überdies in der Praxis noch systematisch be­schnitten werden - in eine juristische Fiktion und damit in ein Mittel des Betruges und der Knechtung der Massen. Als Ausdruck der politischen Herrschaft der Bourgeoisie ist ihre sogenannte De­mokratie eine kapitalistische Demokratie. Der Rätestaat dagegen, der den ausbeutenden Klassen die Produktionsmittel entzieht, die er in den Händen des Proletariats als der herrschenden Klasse monopolisiert, sichert der Arbeiterklasse und den Werktätigen überhaupt die materielle Grundlage der Ausübung ihrer Rechte, indem er die öffentlichen Gebäude, Druckereien, Transportmittel usw. der Arbeiterklasse zur Verfügung stellt. Auf dem Gebiete der politischen Rechte beseitigt der Rätestaat, der die Volksfeinde und Ausbeuter dieser Rechte beraubt, zum ersten­mal in der Geschichte in vollem Umfange die Ungleichheit der Staatsbürger, die unter der Herrschaft der Ausbeutung durch die Unterschiede des Geschlechts, des Glaubens und der Nationalität begründet ist. Er sichert in dieser Hinsicht ein Maß von Gleichheit, wie es in keinem Lande der bürgerlichen Welt besteht. Zugleich schafft die proletarische Diktatur auch hier die materielle Grundlage, die die tatsächliche Herstellung dieser Gleichheit er­möglicht; hierzu gehören die Maßnahmen zur Befreiung der Frau, zur Industrialisierung einstiger Kolonien usw. Die Rätedemokratie ist somit die proletarische Demokratie, die Demokratie der werktätigen Massen, die Demokratie gegen die Ausbeuter. Der Rätestaat entwaffnet die Bourgeoisie vollständig und konzen­triert die Waffen in den Händen des Proletariats. Er ist der Staat des Proletariats in Waffen. Die bewaffnete Macht ist hier - ent­sprechend dem ganzen System der proletarischen Diktatur - auf dem Klassenprinzip aufgebaut, das dem Industrieproletariat die führende Rolle sichert. Gestützt auf die revolutionäre Disziplin, sichert dieses System die engste, ständige Fühlung der Kämpfer der Roten Armee und Flotte mit den werktätigen Massen und ihre Beteiligung an der Verwaltung des Landes und am Aufbau des Sozialismus. Die Diktatur des Proletariats und die Expropriation der Expropriateure Das siegreiche Proletariat bedient sich der eroberten Macht als Hebel zur wirtschaftlichen Umwälzung, d. h. zur revolutionären Umgestaltung der Eigentumsverhältnisse des Kapitalismus in die Beziehungen der sozialistischen Produktionsweise. Den Ausgangs­punkt zu dieser gewaltigen wirtschaftlichen Revolution bildet die Enteignung der Großgrundbesitzer und Kapitalisten, d. h. die Ver­wandlung des monopolistischen Eigentums der Bourgeoisie in das Eigentum des proletarischen Staates. In dieser Hinsicht stellt die Kommunistische Internationale der proletarischen Diktatur die folgenden Hauptaufgaben: INDUSTRIE, VERKEHR UND NACHRICHTENDIENST Konfiskation (entschädigungslose Enteignung) und proletarische Nationalisierung aller industriellen Großbetriebe (Fabriken, Berg­werke, Kraftstationen) des Privatkapitals und Übergabe aller Staats- und Gemeindebetriebe an die Räte. Konfiskation und proletarische Nationalisierung des privatka­pitalistischen Eisenbahn-, Automobil-, Schiffs- und Flugverkehrs (Handels- und Personenflugverkehr) und Übergabe des staatlichen und kommunalen Eigentums an Transportmitteln jeder Art an die Räte. Konfiskation und proletarische Nationalisierung der privat­kapitalistischen Unternehmungen der Nachrichtenübermittlung (Telegraph-, Telephon- und Funkdienst) und Übergabe der staat­lichen und kommunalen Nachrichtenübermittlung an die Räte. Organisierung der Verwaltung der Industrie durch die Arbeiter, Schaffung staatlicher Verwaltungsorgane unter engster Beteiligung der Gewerkschaften an der Verwaltung. Sicherstellung der ent­sprechenden Rolle der Betriebsräte. Umstellung der Industrie auf den Bedarf der breiten werk­tätigen Massen, Umstellung der Industriezweige, die für den Be- darf der früher herrschenden Klassen arbeiteten (Luxusartikel usw.), Stärkung der Industriezweige, die die Entwicklung der Landwirtschaft fördern, zur Befestigung des Zusammenschlusses mit der Bauernwirtschaft, zur Sicherung der Entwicklung der staatlichen Wirtschaftsbetriebe und zur Beschleunigung des Ent­wicklungstempos der gesamten Volkswirtschaft. LANDWIRTSCHAFT Konfiskation und proletarische Nationalisierung des gesamten Großgrundbesitzes in Stadt und Land (des privaten, des Kirchen- und Klosterbesitzes usw.) und Übergabe des gesamten staatlichen und kommunalen Grundeigentums, einschließlich der Forste, Bo­denschätze, Gewässer usw., an die Räte mit nachfolgender Natio­nalisierung des gesamten Grund und Bodens. Konfiskation des gesamten Produktionsapparates des großen Grundbesitzes, als da sind: Gebäude, Maschinen und sonstiges Inven­tar, Vieh, Betriebe zur Verarbeitung landwirtschaftlicher Produkte (Großmühlen, Käseerzeugung, Molkereien, Dörranlagen usw.). Übergabe großer Güter, insbesondere Mustergüter und Güter von großer wirtschaftlicher Bedeutung, an die Organe der prole­tarischen Diktatur zur Verwaltung und Einrichtung von Sowjet­gütern. Übergabe eines Teils des konfiszierten Bodens der Großgrund­besitzer und anderer Bodenbesitzer an die Bauern (und zwar an deren arme und teilweise auch an ihre mittleren Schichten), vor allem dort, wo diese Ländereien früher von den Bauern in Pacht bearbeitet wurden und ein Mittel ihrer wirtschaftlichen Verskla­vung waren. Welcher Teil des Bodens den Bauern übergeben werden soll, wird bestimmt durch die wirtschaftliche Zweckmäßig­keit und durch die Notwendigkeit, die Bauern zu neutralisieren und für die Sache des Proletariats zu gewinnen; dieser Teil des Grund und Bodens muß daher entsprechend den verschiedenen Bedingungen verschieden ausfallen. Verbot des Kaufes und Verkaufes des Bodens, um diesen in den Händen der Bauern zu halten und seinen Übergang in die Hände von Kapitalisten, Bodenspekulanten usw. zu verhindern. Energi­scher Kampf gegen die Übertretung dieses Verbots. Bekämpfung des Wuchers, Aufhebung wucherischer Schuldver­träge, Annullierung der Schulden der ausgebeuteten Schichten der Bauernschaft, Steuerbefreiung der armen Bauern usw. Großzügige staatliche Maßnahmen zur Hebung der Produktiv­kräfte der Landwirtschaft; Elektrifizierung der Landwirtschaft, Traktorenbau, Produktion chemischer Düngemittel, Züchtung hochwertigen Saatgutes und Rasseviehs auf den Sowjetgütern, großzügige Organisierung des landwirtschaftlichen Meliorations­kredits usw. Förderung und Finanzierung der landwirtschaftlichen Genossen­schaften und aller Formen der kollektiven Produktion im Dorfe (Produktionsgenossenschaften, Kommunen usw.). Systematische Propaganda des genossenschaftlichen Zusammenschlusses der Bauernschaft (genossenschaftliche Organisierung des Absatzes, des Einkaufs und des Kredits) auf der Grundlage der Selbständigkeit der Bauernmassen; Propagierung des Überganges zu Formen der landwirtschaftlichen Großproduktion, was dank der unbestreit­baren technischen und wirtschaftlichen Überlegenheit des Groß­betriebes unmittelbar den größten wirtschaftlichen Nutzen bringt und für die breitesten Massen der werktätigen Bauern den Über­gang zum Sozialismus am ehesten ermöglicht. HANDEL UND KREDIT Proletarische Nationalisierung der Privatbanken (mit Übergabe des gesamten Goldvorrats, der Wertpapiere, Depositen usw. an den proletarischen Staat) und Übergabe der Staats-, Gemeinde- und ähnlicher Banken an den proletarischen Staat. Zentralisierung des gesamten Bankwesens, Unterordnung aller nationalisierten Großbanken unter eine zentrale Staatsbank. Nationalisierung des Großhandels und der Großunternehmen des Einzelhandels (Lagerhäuser, Getreidespeicher, Magazine, Waren­vorräte usw.) und Übergabe an die Organe des Rätestaates. Weitestgehende Förderung der Konsumgenossenschaften als des wichtigsten Bestandteils des Verteilungsapparates unter Verein­heitlichung ihrer Arbeit und Sicherung der selbständigen Anteil­nahme der Massen an ihrem Aufbau. Außenhandelsmonopol. Annullierung der an ausländische und inländische Kapitalisten zu zahlenden Staatsschulden. ARBEITSSCHUTZ, SOZIALE GESETZGEBUNG USW. Verkürzung des Arbeitstages auf sieben Stunden und in beson­ders gesundheitsschädlichen Industriezweigen auf sechs Stunden. Weitere Verkürzung des Arbeitstages und Übergang zu einer Arbeitswoche von fünf Tagen in den Ländern mit entwickelten Produktivkräften. Regelung des Arbeitstages nach Maßgabe des Steigens der Produktivität der Arbeit. Verbot der Nachtarbeit und der Arbeit in besonders schädlichen Industriezweigen für alle Personen weiblichen Geschlechts als Regel, Verbot der Kinderarbeit, Verbot der Überstundenarbeit. Besondere Verkürzung des Arbeitstages Jugendlicher (sechs­stündiger Höchstarbeitstag für Jugendliche bis zu 18 Jahren). Sozialistische Reorganisierung der Arbeit der Jugendlichen durch Verbindung der materiellen Produktion mit der allgemeinen und politischen Erziehung. Sozialversicherung jeder Art (Invalidität, Alter, Unfall, Ar­beitslosigkeit usw.) auf Kosten des Staates (soweit noch Privat­unternehmen bestehen, auf Kosten der Unternehmer) bei völliger Selbstverwaltung durch die Versicherten. Großzügige Regelung des Gesundheitswesens, Organisierung der unentgeltlichen ärztlichen Hilfe, Kampf gegen die sozialen Krankheiten (Alkoholismus, Geschlechtskrankheiten, Tuberkulose), f) Soziale Gleichstellung von Frau und Mann vor dem Gesetz und im Leben, radikale Umgestaltung des Ehe- und Familienrechtes. Anerkennung der Mutterschaft als soziale Leistung: Mutter- und Säuglingsschutz, Beginn der Verwirklichung der Pflege und Er- Ziehung der Kinder und Jugendlichen durch die Gesellschaft (Kinderkrippen, -gärten, -heime usw.). Schaffung von Einrich­tungen, die allmählich die Hauswirtschaft entlasten (öffentliche Küchen und Wäschereien); planmäßiger Kulturkampf gegen die Ideologien und Traditionen der Versklavung der Frau. WOHNUNGSWESEN Enteignung des großen Hausbesitzes. Übergabe der enteigneten Häuser in die Verwaltung der ört­lichen Räte. Besiedlung der Bourgeoisviertel durch Arbeiter. Übergabe der Schlösser, großer öffentlicher und privater Ge­bäude an die Arbeiterorganisationen. Durchführung eines großzügigen Wohnbauprogramms. NATIONALE UND KOLONIALE FRAGE Anerkennung des Rechtes aller Nationen, ohne Rücksicht auf ihre Rassenzugehörigkeit, auf volle Selbstbestimmung, d. h. Selbst­bestimmung bis zur staatlichen Lostrennung. Freiwilliger Zusammenschluß und Zentralisierung der militä­rischen und wirtschaftlichen Kräfte aller vom Kapitalismus be­freiten Völker zum Kampfe gegen den Imperialismus und zum Ausbau der sozialistischen Wirtschaft. Durchgreifender, entschlossener Kampf gegen jegliche Beengung und Beschränkung, die gegen irgendwelche Völkerschaften, Na­tionen oder Rassen gerichtet sind. Völlige Gleichberechtigung aller Nationen und Rassen. Sicherung und Unterstützung der Entwicklung der nationalen Kulturen der vom Kapitalismus befreiten Nationen mit allen Kräften und Mitteln des Rätestaates, bei folgerichtiger proletari­scher Gestaltung des Inhalts dieser Kulturen. Allseitige Förderung des wirtschaftlichen, politischen und kul­turellen Aufstiegs der früher unterdrückten »Gebiete«, »Rand­gebiete« und »Kolonien« zur Schaffung einer festen Grundlage für eine wirkliche, volle nationale Gleichheit. Kampf gegen alle Überreste des Chauvinismus, des nationalen Hasses, der Rassenvorurteile und sonstiger ideologischer Über­bleibsel der feudalen und kapitalistischen Barbarei. MITTEL ZUR IDEOLOGISCHEN BEEINFLUSSUNG Nationalisierung der Druckereien. Monopolisierung des Zeitungs- und Verlagswesens. Nationalisierung der großen Kinounternehmungen, Theater usw. d) Ausnutzung der nationalisierten Mittel der geistigen Produk­tion für eine großzügige politische und allgemeine Aufklärung der Werktätigen und für den Aufbau einer neuen sozialistischen Kultur auf proletarischer Klassengrundlage. 4. Die Grundzüge der Wirtschaftspolitik der proletarischen Diktatur Bei der Durchführung aller dieser Maßnahmen muß die proleta­rische Diktatur folgende Richtlinien beachten: Die volle Beseitigung des privaten Bodeneigentums und die Nationalisierung des gesamten Grund und Bodens kann in den entwickeltsten kapitalistischen Staaten nicht mit einem Schlage durchgeführt werden, da hier das Prinzip des Privateigentums in breiten Schichten der Bauernschaft tiefe Wurzeln geschlagen hat. In diesen Ländern kann die Nationalisierung des gesamten Grund und Bodens nur allmählich durch eine Reihe von Übergangsmaß­nahmen vorgenommen werden. Die Nationalisierung der Produktion soll sich in der Regel nicht auf Klein- und Mittelbetriebe (Bauern, Handwerker, selbständige Heimarbeiter, kleine und mittlere Händler, Kleinindustrielle u. ä.) erstrecken, und zwar aus folgenden Gründen: Erstens, weil das Proletariat streng unterscheiden muß zwischen dem Arbeitseigentum des einfachen Warenproduzenten, der all­mählich in den sozialistischen Aufbau einbezogen werden kann und muß, und dem Ausbeutereigentum der Kapitalisten, dessen Aufhebung eine notwendige Vorbedingung des Aufbaus des Sozialismus ist. Zweitens, weil das zur Macht gelangte Proletariat besonders in der ersten Phase der Diktatur nicht über die genü­gende Zahl organisatorischer Kräfte verfügen wird, um nicht nur den Kapitalismus zu vernichten, sondern um auch sofort die mittleren und kleinen individuellen Produktionseinheiten auf neuer, auf sozialistischer Grundlage zu organisieren. Diese kleinen Einzelwirtschaften (vor allen Dingen die Bauernwirtschaften) wer­den nur allmählich bei umfassender gründlicher Unterstützung aller Formen ihrer Kollektivisierung durch den proletarischen Staat in die allgemeine sozialistische Organisation der Produktion und Distribution einbezogen. Jede gewaltsame Zerstörung ihrer Wirt­schaftsweise und jede zwangsweise Kollektivisierung würden nur negative Resultate ergeben. Das Vorhandensein einer beträchtlichen Anzahl kleiner Produk­tionseinheiten (vor allem Bauern- und Farmerwirtschaften, Hand­werker, Kleinhändler usw.) nicht nur in den Kolonien, Halbkolo­nien und wirtschaftlich rückständigen Ländern, in denen die klein­bürgerliche Masse die große Mehrheit der Bevölkerung bildet, sondern auch in den Hauptgebieten der kapitalistischen Weltwirt­schaft (Vereinigte Staaten, Deutschland und bis zu einem gewissen Grade auch England) erfordert im Anfangsstadium der Entwick­lung in größerem oder geringerem Maße die Aufrechterhaltung der Marktbeziehungen der Wirtschaft, die des Geldsystems usw. Die Mannigfaltigkeit der Wirtschaftsformen (von der sozialisierten Großindustrie bis zur Kleinbauern- und Handwerkerwirtschaft), die unvermeidlich von einem Kampf der Wirtschaftsformen unter­einander begleitet ist; die dementsprechende Mannigfaltigkeit der Klassen und Klassengruppierungen mit ihren verschiedenen An­trieben zur wirtschaftlichen Tätigkeit; der Kampf der verschie­denen wirtschaftlichen Interessen; schließlich das Vorhandensein von Gewohnheiten und Traditionen auf allen Gebieten des wirt­schaftlichen Lebens, die als Erbschaft der bürgerlichen Gesellschafts­ordnung nicht auf einmal überwunden werden können - all das fordert von der Wirtschaftsführung des Proletariats die richtige Verbindung der sozialistischen Großindustrie mit den Kleinwirt­schaften einfacher Warenproduzenten auf der Grundlage der Marktverhältnisse, das heißt eine Verbindung, die die führende Rolle der sozialistischen Industrie und gleichzeitig den raschesten Aufschwung der Hauptmasse der Bauernwirtschaften sichert. Je größer mithin das spezifische Gewicht der zersplitterten klein­bäuerlichen Arbeit in der gesamten Wirtschaft eines Landes ist, desto umfangreicher werden die Marktbeziehungen, desto geringer ist die Bedeutung unmittelbarer, planmäßiger Leitung, desto mehr gründet sich der allgemeine Wirtschaftsplan auf die Abschätzung der elementar entstehenden wirtschaftlichen Beziehungen. Und umgekehrt: Je geringer das spezifische Gewicht der kleinen Wirt­schaften, je größer der Anteil der vergesellschafteten Arbeit, je größer die Menge der konzentrierten und sozialisierten Produk­tionsmittel an der Gesamtwirtschaft ist, desto geringer der Umfang der Marktbeziehungen, desto größer die Bedeutung des geregelten Wirtschaftsplanes gegenüber der Anarchie, desto bedeutender und umfassender die planmäßige Leitung der Produktion und Distri­bution. Die technische und ökonomische Überlegenheit der sozialisierten Großindustrie; die Zusammenfassung aller ausschlaggebenden wirtschaftlichen »Kommandohöhen« (Industrie, Verkehr, Bank­wesen, landwirtschaftliche Großbetriebe usw.) in der Hand des proletarischen Staates; die planmäßige Wirtschaftsführung; die Macht des Staatsapparates als Ganzes (Staatshaushalt, Steuern, Verwaltungsgesetzgebung und Gesetzgebung im allgemeinen) führen bei einer richtigen Klassenpolitik der proletarischen Dik­tatur, d. h. bei einer richtigen Einschätzung der Klassenbezie­hungen, zu einer ständigen, systematischen Verdrängung sowohl der Reste des Privatkapitals als auch der neuen kapitalistischen Keime, die in Stadt und Land (Großbauern, »Kulakentum«) mit dem Aufschwung der Wirtschaft der einfachen Warenproduzenten unter den Bedingungen des mehr oder weniger freien Handels und der Marktbeziehungen entstehen. Gleichzeitig wird durch die genossenschaftliche Zusammenfassung der Bauernschaft und das Wachsen der kollektiven Wirtschaftsformen die Hauptmasse der Bauernwirtschaften (d. h. die kleinen und mittleren Bauernwirt­schäften) in das Gesamtsystem des sich entwickelnden Sozialismus einbezogen. Die mit den Marktbeziehungen verbundenen, äußer­lich kapitalistischen Formen und Methoden der wirtschaftlichen Betätigung (Preisrechnung, Geldlöhne, Kauf und Verkauf, Kredit und Banken usw.) spielen die Rolle von Hebeln der sozialistischen Umwälzung, sofern sie in steigendem Maße die Entwicklung von Unternehmungen konsequent sozialistischen Typus’ fördern, d. h. in den Dienst des sozialistischen Teils der Wirtschaft treten. So tragen die Marktbeziehungen unter der proletarischen Dik­tatur - die richtige Politik des Rätestaates vorausgesetzt - in ihrer Entwicklung bereits den Keim ihrer Selbstaufhebung. Indem sie zur Verdrängung des Privatkapitals, zur Umgestaltung der Bauern­wirtschaft, zur weiteren Zentralisierung und Konzentrierung der Produktionsmittel in den Händen des proletarischen Staates bei­tragen, fördern sie den Prozeß der Überwindung der Marktbe­ziehungen überhaupt. Im Falle der wahrscheinlichen bewaffneten Intervention der Kapi­talisten oder eines anhaltenden konterrevolutionären Krieges gegen die proletarische Diktatur muß die Wirtschaftsführung vor allem von den Interessen der Verteidigung der proletarischen Diktatur ausgehen. Dabei kann eine kriegskommunistische Wirtschaftspolitik {»Kriegskommunismus«) notwendig werden. Dies ist nichts anderes als eine der militärischen Verteidigung dienende Organisierung des rationellen Verbrauchs, verbunden mit einem System verstärkten Drucks auf die kapitalistischen Gruppen (Konfiskationen, Requi­sitionen usw.). Dabei werden der freie Handel und die Markt­beziehungen mehr oder weniger liquidiert und die individuali­stischen Wirtschaftsantriebe der Kleinproduzenten in hohem Maße gestört, was mit einem Sinken der Produktionskräfte des Landes verbunden ist. Diese Politik des »Kriegskommunismus« findet ihre historische Rechtfertigung darin, daß sie die materielle Grundlage der der Arbeiterklasse feindlichen Schichten innerhalb des Landes untergräbt, eine rationelle Verteilung der vorhandenen Vorräte sichert und den bewaffneten Kampf der proletarischen Diktatur erleichtert. Nichtsdestoweniger darf sie nicht als ein »normales« wirtschaftspolitisches System der proletarischen Diktatur gelten. 5. Die Diktatur des Proletariats und die Klassen Die Diktatur des Proletariats ist die Fortsetzung seines Klassen­kampfes unter neuen Bedingungen. Die Diktatur des Proletariats ist ein hartnäckiger, blutiger und unblutiger, gewaltsamer und friedlicher, militärischer und wirtschaftlicher, erzieherischer und administrativer Kampf gegen die Mächte und Überlieferungen der alten Gesellschaft, gegen die kapitalistischen Feinde außerhalb, die Reste der Ausbeuterklassen innerhalb des Landes und gegen die Keime einer neuen Bourgeoisie, die sich auf dem Boden der noch nicht überwundenen Warenproduktion entwickeln. Nach Beendigung des Bürgerkrieges nimmt der hartnäckige Klas­senkampf neue Formen an, vor allem die des Kampfes der sozia­listischen Wirtschaftsformen gegen die Überreste der alten Wirt­schaftsweisen und ihre neuen Keime. Dabei wechseln notwendiger­weise die Formen dieses Kampfes in den verschiedenen Etappen der sozialistischen Entwicklung; in seinen ersten Etappen kann sich dieser Kampf unter gewissen Bedingungen verschärfen. Im Anfangsstadium der proletarischen Diktatur ist die Politik des Proletariats gegenüber den anderen Klassen und Gesellschafts­gruppen durch die folgenden Richtlinien bestimmt: Die Großbourgeoisie und Großgrundbesitzer, die ihnen erge­benen Teile des Offizierkorps, die Generalität und die höhere Beamtenschaft sind konsequente Feinde der Arbeiterklasse, die erbarmungslos niederzukämpfen sind. Die Ausnützung der organi­satorischen Fähigkeiten eines gewissen Teiles dieser Elemente ist jedoch möglich, allein in der Regel erst nach der Verankerung der Diktatur und nach der entscheidenden Niederwerfung aller Auf­stände und Verschwörungen der Ausbeuter. Gegenüber der in bürgerlichen Überlieferungen aufgewachsenen und in ihren oberen Schichten mit dem Kommandoapparat des Kapitals eng verbundenen technischen Intelligenz hat das Prole­tariat-bei energischster Unterdrückung aller konterrevolutionären Aktionen der ihm feindlichen Schichten der Intelligenz - die Not­wendigkeit der Heranziehung dieser qualifizierten gesellschaft­lichen Kraft zur sozialistischen Aufbauarbeit im Auge zu behalten und neutrale, besonders aber der Arbeiterrevolution freundlich gesinnte Gruppen unter ihnen in jeder Weise zu begünstigen. Indem das Proletariat das Bild des wirtschaftlichen, technischen und kul­turellen Aufbaus des Sozialismus in seiner ganzen sozialen Bedeu­tung entrollt, muß es die technische Intelligenz systematisch auf seine Seite bringen, sie seinem geistigen Einfluß unterwerfen und sich ihrer regen Mitarbeit an der Umgestaltung der Gesellschaft versichern. Im Verhältnis zur Bauernschaft ist es die Aufgabe der kom­munistischen Parteien, gestützt auf das Landproletariat, alle aus­gebeuteten und werktätigen Schichten des Dorfes auf ihre Seite zu ziehen. Das siegreiche Proletariat muß die verschiedenartigen Gruppierungen innerhalb der Bauernschaft genau auseinander­halten und ihre Bedeutung sorgfältig abwägen; es muß die besitz­losen, halbproletarischen Schichten der Bauernschaft in jeder Weise unterstützen, indem es ihnen einen Teil des gutsherrlichen Bodens überläßt, ihnen den Kampf gegen das Wucherkapital erleichtert usw. Ferner muß das Proletariat die Mittelschichten der Bauern­schaft neutralisieren und jeden Widerstand der mit den Groß­grundbesitzern verbündeten Dorfbourgeoisie schonungslos unter­drücken. In dem Maße, in dem seine Diktatur erstarkt und der Aufbau des Sozialismus fortschreitet, muß das Proletariat von der Politik der Neutralisierung zur Politik des festen Bündnisses mit den Mittelbauern übergehen, ohne indessen auch nur den Ge­danken an eine Teilung der Macht aufkommen zu lassen. Denn die Diktatur des Proletariats ist der Ausdruck der Tatsache, daß nur die Industriearbeiterschaft imstande ist, die ganze Masse der Werk­tätigen zu führen; sie ist aber als Alleinherrschaft des Proletariats doch zugleich eine besondere Form des Klassenbündnisses zwischen dem Proletariat als der Vorhut der Werktätigen und deren zahl­reichen nichtproletarischen Schichten oder ihrer Mehrheit; sie ist die Form eines Bündnisses zum endgültigen Sturz des Kapitalismus, zur vollständigen Niederschlagung des Widerstandes der Bour­geoisie und ihrer Restaurationsversuche, zur endgültigen Begrün­dung und Befestigung des Sozialismus. Das städtische Kleinbürgertum, das dauernd zwischen der äußersten Reaktion und Sympathien zum Proletariat hin- und herschwankt, soll ebenfalls neutralisiert und nach Möglichkeit für die Sache des Proletariats gewonnen werden. Dies geschieht da­durch, daß sein Kleineigentum unangetastet, eine gewisse Freiheit des wirtschaftlichen Austausches aufrechterhalten bleibt, daß der Wucherkredit beseitigt wird und das Proletariat ihm Hilfe ver­schiedener Art im Kampfe gegen alle und jede Form der kapi­talistischen Unterdrückung angedeihen läßt. Die Massenorganisationen im System der proletarischen Diktatur Bei Erfüllung aller dieser Aufgaben der proletarischen Diktatur ändern sich von Grund auf die Aufgaben und Funktionen der Massenorganisationen, in erster Linie der Arbeiterorganisationen. Die Massenorganisationen der Arbeiter, in denen die breiten Schichten des Proletariats erstmals organisatorisch vereinigt und erzogen werden, die Gewerkschaften (Industrieverbände), sind unter der Herrschaft des Kapitalismus die Hauptwaften der Streik­kämpfe und weiter auch der Massenkämpfe gegen das Trustkapital und seinen Staat. Unter der proletarischen Diktatur werden sie zu ihrem wichtigsten Hebel, werden sie zu einer Schule des Kom­munismus, die gewaltige Massen des Proletariats in die sozialisti­sche Leitung der Produktion hineinzieht; sie werden zu einer Or­ganisation, die in unmittelbarer Verbindung mit allen Teilen des Staatsapparates steht, alle Zweige seiner Arbeit beeinflußt, sowohl die dauernden als auch die Tagesinteressen der Arbeiterklasse schützt und bürokratische Entartungen der Organe des Rätestaates bekämpft. Die Gewerkschaften werden so zum Rückgrat der wirt­schaftlichen und staatlichen Organisationen des Proletariats, da sie aus ihrer Mitte die leitenden Kader für die Aufbauarbeit stellen, breite Massen des Proletariats zu dieser Arbeit heranziehen und sich besonders die Bekämpfung der bürokratischen Auswüchse zur Aufgabe stellen, die sich infolge des niedrigen kulturellen Niveaus der Massen und der dem Proletariat fremden Klassen­einflüsse unvermeidlich entwickeln. Die genossenschaftlichen Organisationen der Arbeiterklasse sind unter der Herrschaft des Kapitalismus dazu verurteilt - den refor­mistischen Utopien zum Trotz -, eine recht bescheidene Rolle zu spielen. Infolge der allgemeinen Bedingungen des Kapitalismus und der reformistischen Politik ihrer Leiter entarten sie nicht selten und verwandeln sich in Anhängsel des kapitalistischen Systems. Unter der Diktatur des Proletariats können und müssen sie zu den wichtigsten Bestandteilen des Verteilungsapparates werden. Schließlich kann und muß das landwirtschaftliche Genossenschafts­wesen der Bauernschaft (Absatz-, Einkaufs-, Kredit- und Produk­tivgenossenschaften) - unter der Bedingung einer entsprechenden Leitung, eines systematischen Kampfes gegen die kapitalistischen Elemente und der Sicherung des tätigen Anteils der dem Proletariat folgenden breiten Massen der Werktätigen - eine der grundlegen­den Organisationsformen der Verbindung von Stadt und Land werden. Unter dem Kapitalismus verwandeln sich die genossen­schaftlichen Vereinigungen der Bauernwirtschaften, soweit sie über­haupt lebensfähig sind, zumeist unvermeidlich in kapitalistische Unternehmungen, da sie von der kapitalistischen Industrie, von den kapitalistischen Banken und der kapitalistischen Umwelt über­haupt abhängen und von Reformisten, von der Dorfbourgeoisie und manchmal sogar den Gutsbesitzern geleitet werden. Unter der Diktatur des Proletariats entwickeln sie sich in einem System andersgearteter Beziehungen und sind von der proletarischen Industrie, den proletarischen Banken usw. abhängig. Auf diese Weise werden die landwirtschaftlichen Genossenschaften - die richtige Politik des Proletariats, d. h. den systematischen Klassen­kampf gegen die kapitalistischen Elemente außerhalb wie inner­halb der Genossenschaftsorganisationen vorausgesetzt - unter Lei­tung der sozialistischen Industrie zu einem der wichtigsten Hebel der sozialistischen Umgestaltung des Dorfes, zu seiner Kollekti- visierung. Das schließt aber die Möglichkeit nicht aus, daß in einigen Ländern die Konsumgenossenschaften, besonders aber die landwirtschaftlichen Genossenschaften, unter der Führung der Bourgeoisie und ihrer sozialdemokratischen Agenten in der ersten Zeit Stützen der konterrevolutionären Tätigkeit und der Sabotage des wirtschaftlichen Aufbaus der Arbeiterrevolution sein werden. Alle diese Aufgaben des Kampfes und des Aufbaus erfüllt das Proletariat durch die mannigfachsten Organisationen, die die wah­ren Triebkräfte des Rätestaates werden müssen und seine Ver­bindung mit den breitesten Massen aller Schichten der Arbeiter­klasse herstellen; es sichert die Einheit des Wollens und des Han­delns durch die Führerrolle der Kommunistischen Partei im System der Diktatur des Proletariats. Die Partei des Proletariats stützt sich unmittelbar auf die Gewerk­schaften und eine Reihe anderer, die Arbeitermassen und durch diese auch die Bauern erfassenden Organisationen (Räte, Genossen­schaften, kommunistischer Jugendverband und ähnliche) und lenkt durch sie das Rätesystem in seiner Gesamtheit. Nur die aufopfernde Unterstützung der Rätemacht durch alle Massenorganisationen, die unerschütterliche Einheit des Klassenwillens und die Führung durch die Partei befähigen das Proletariat, seine Aufgabe zu erfüllen: der Organisator der neuen Gesellschaft zu sein. Die Diktatur des Proletariats und die Kulturrevolution Diese Rolle des Organisators einer neuen menschlichen Gesellschaft setzt voraus, daß das Proletariat kulturell heranreift, sein eigenes Wesen umgestaltet und fortwährend neue proletarische Kader aus seiner Mitte aussondert, die fähig sind, sich alle Errungen­schaften der Technik, der Wissenschaft und der Verwaltung anzu­eignen, um den Sozialismus und die neue sozialistische Kultur aufzubauen. Während die bürgerliche Revolution gegen den Feudalismus vor­aussetzt, daß im Schoße der feudalen Gesellschaftsordnung eine neue Klasse vorhanden ist, die ihrer kulturellen Reife nach höher steht als die herrschende Klasse und bereits unter dem Feudalismus der Hegemon des Wirtschaftslebens ist, entwickelt sich die prole­tarische Revolution unter anderen Bedingungen. Die Arbeiter­klasse ist in der kapitalistischen Gesellschaft wirtschaftlich ausge­beutet, politisch unterdrückt und in kultureller Beziehung nieder­gehalten, erst in der Übergangsperiode, erst nachdem sie die Staats­macht ergriffen hat, kann sie das bürgerliche Bildungsmonopol brechen, sich alles Wissen zu eigen machen und mit Hilfe ihrer Erfahrung bei der gewaltigen Aufbauarbeit ihr eigenes Wesen um­gestalten. Um in den Massen kommunistisches Bewußtsein zu ent­wickeln und um die Sache des Sozialismus selbst durchzusetzen, ist eine die Massen ergreifende Veränderung der Menschen nötig, die nur in der praktischen Bewegung, in der Revolution, vor sich gehen kann. Die Revolution ist also nicht nur nötig, weil die herr­schende Klasse auf keine andere Weise gestürzt werden kann, sondern auch, weil sie, die stürzende Klasse, nur in einer Revolution dahin kommen kann, sich von allem Schmutz der alten Gesellschaft zu reinigen, und so fähig werden kann, eine neue Gesellschaft zu begründen. Mit der Vernichtung des kapitalistischen Monopols an den Pro­duktionsmitteln muß die Arbeiterklasse auch das bürgerliche Bil­dungsmonopol beseitigen, d. h. vom gesamten Schulwesen, die Hochschulen eingeschlossen, Besitz ergreifen. Eine besonders drin­gende Aufgabe des Proletariats ist die Ausbildung eigener Fach­leute aus den Reihen der Arbeiterschaft, sowohl für die Produktion (Ingenieure, Techniker, Organisatoren usw.) als auch für das Kriegswesen, die Kunst und Wissenschaft. Außerdem gilt es, das allgemeine Kulturniveau der breiten proletarischen Massen zu heben, ihre politische Aufklärung zu fördern, ihr Wissen und ihre technische Qualifikation zu vervollkommnen, sie mit der Praxis der öffentlichen Tätigkeit und der Verwaltungsarbeit vertraut zu machen, die Reste bürgerlicher und kleinbürgerlicher Vorurteile zu bekämpfen usw. Nur in dem Maße, wie das Proletariat seine fortgeschrittensten Schichten zu all den gesellschaftlichen »Kommandopositionen« be­stimmt, nur in dem Maße, als diese Schichten immer mehr wach­sen, indem sie immer neue Glieder der proletarischen Klasse in den Prozeß der kulturellen Umgestaltung einbeziehen, bis sie schließ­lich die Teilung in »fortgeschrittene« und »rückständige« Schichten des Proletariats beseitigen, nur in diesem Maße wird das Prole­tariat den siegreichen Aufbau des Sozialismus sicherstellen und einen Wall gegen bürokratisches Vermodern und klassenmäßige Entartung schaffen. Das Proletariat gestaltet aber im Laufe der Revolution nicht nur sein eigenes Wesen neu, sondern auch das Wesen der anderen Klassen, vor allem das der zahlreichen kleinbürgerlichen Schichten in Stadt und Land, insbesondere der werktätigen Schichten der Bauernschaft. Die Arbeiterklasse läßt breiteste Massen der Kultur­revolution teilhaftig werden, zieht sie in den Aufbau des Sozialis­mus hinein, faßt sie zusammen und erzieht sie im Geiste des Kom­munismus mit allen Mitteln, die ihr zur Verfügung stehen, sie kämpft auf das entschiedenste gegen alle antiproletarischen und zünftlerischen Ideologien. Mit besonderem Nachdruck arbeitet das Proletariat systematisch an der Überwindung der allgemeinen und kulturellen Rückständigkeit des Dorfes. Damit schafft es - auf der Grundlage der sich entwickelnden kollektiven Wirtschaftsformen - die Voraussetzungen für die Überwindung der Klassenteilung der Gesellschaft. Eine besondere Stellung hat unter den Aufgaben der die breiten Massen erfassenden Kulturrevolution der Kampf gegen das »Opium für das Volk«, die Religion. Dieser Kampf muß hartnäckig und systematisch geführt werden. Die proletarische Macht muß jede staatliche Unterstützung der Kirche, die eine Agentur der einst herrschenden Klassen ist, aufheben, jede Einmengung der Kirche in das staatlich organisierte Erziehungs- und Bildungswesen unter­binden und die konterrevolutionäre Tätigkeit kirchlicher Organi­sationen schonungslos unterdrücken. Die proletarische Macht läßt die Freiheit des Bekenntnisses zu, führt aber gleichzeitig mit allen ihr zugänglichen Mitteln eine antireligiöse Propaganda, vernichtet die Vorzugsstellung der früheren Staatsreligion und gestaltet das ganze Erziehungs- und Bildungswesen auf der Grundlage der wissenschaftlich-materialistischen Weltanschauung um. Der Kampf für die Weltdiktatur des Proletariats und die Haupttypen der Revolutionen Die internationale Revolution des Proletariats besteht aus einer Reihe ungleichzeitiger und ungleichartiger Prozesse: rein proleta­rische Revolutionen; Revolutionen von bürgerlich-demokratischem Typus, die in proletarische Revolutionen umschlagen; nationale Be­freiungskriege; koloniale Revolutionen. Erst am Ende seiner Ent­wicklung führt dieser revolutionäre Prozeß zur Weltdiktatur des Proletariats. Die in der Epoche des Imperialismus gesteigerte Ungleichmäßigkeit der Entwicklung des Kapitalismus hat eine größere Verschieden­artigkeit seiner Typen, hat Unterschiede im Reifegrad und mannig­faltige, besondere Bedingungen des revolutionären Prozesses in den einzelnen Ländern erzeugt. Eine historisch unbedingt notwendige Folge dieser Umstände sind die Mannigfaltigkeit der Wege und die Unterschiede im Tempo der Machtergreifung des Proletariats wie die Unvermeidlichkeit gewisser Übergangsstadien zur prole­tarischen Diktatur in einer Reihe von Ländern. Infolgedessen nimmt auch der Aufbau des Sozialismus in einzelnen Ländern ver­schiedene Formen an. Die mannigfaltigen Bedingungen und Wege des Überganges zur proletarischen Diktatur in den einzelnen Ländern lassen sich sche­matisch auf folgende drei Typen zurückführen: Hoch entwickelte kapitalistische Länder (Vereinigte Staaten, Deutschland, England usw.) mit mächtig entfalteten Produktiv­kräften, weitgehend zentralisierter Produktion, verhältnismäßig geringem spezifischen Gewicht der Kleinbetriebe und mit einem bereits seit langem bestehenden bürgerlich-demokratischen politi­schen Regime. In diesen Ländern ist die politische Hauptforderung des Programms der unmittelbare Übergang zur Diktatur des Pro­letariats. Auf wirtschaftlichem Gebiete sind die wesentlichen For­derungen: die Expropriation sämtlicher Gijqßbetriebe, die Schaffung einer beträchtlichen Anzahl staatlicher Sowjetgüter, Übergabe nur eines relativ unerheblichen Teiles des Bodens an die Bauernschaft; verhältnismäßig geringer Umfang der elementaren Marktbezie­hungen; rasche sozialistische Entwicklung im allgemeinen und ins­besondere rasche Kollektivisierung der Bauernwirtschaft. Länder auf mittlerer kapitalistischer Entwicklungsstufe (Spanien, Portugal, Polen, Ungarn, die Balkanländer usw.) mit erheblichen Resten halbfeudaler Verhältnisse in der Landwirtschaft, mit einem gewissen Minimum der materiellen Voraussetzungen zum Aufbau des Sozialismus, Länder, in denen die bürgerlich-demokratische Umwälzung noch nicht abgeschlossen ist. In manchen dieser Länder ist ein mehr oder minder rasches Umschlagen der bürgerlich-demo­kratischen Revolution in die sozialistische, in anderen sind Typen proletarischer Revolutionen mit umfangreichen Aufgaben bürger­lich-demokratischer Natur möglich. Im ersten Falle ist es daher möglich, daß die Diktatur des Proletariats nicht unmittelbar, son­dern erst im Verlaufe des Überganges von der demokratischen Diktatur des Proletariats und der Bauernschaft zur sozialistischen Diktatur des Proletariats eintritt, im andern Falle, wo sich die Revolution unmittelbar als proletarische entwickelt, setzt sie die Führung einer breiten Agrar- und Bauernbewegung durch das Proletariat voraus; die Agrarrevolution spielt eine ungeheure, manchmal entscheidende Rolle; im Laufe der Enteignung des großen Grundbesitzes geht ein erheblicher Teil des enteigneten Grund und Bodens in die Hand der Bauernschaft über; das Aus­maß der Marktbeziehungen ist nach dem Siege des Proletariats bedeutend; der genossenschaftliche Zusammenschluß der Bauern­schaft und ihre Zusammenfassung in großen Produktionseinheiten gewinnen im Rahmen der verschiedenen Aufgaben des sozialisti­schen Aufbaus allergrößte Bedeutung. Das Tempo des Aufbaus des Sozialismus ist relativ langsam. Koloniale und halbkoloniale Länder (China, Indien usw.) und abhängige Länder (Argentinien, Brasilien usw.) mit bestimmten Ansätzen, zuweilen sogar mit einer erheblichen, für einen selb­ständigen Aufbau des Sozialismus meist jedoch ungenügenden Entwicklung der Industrie; mit vorherrschenden mittelalterlich­feudalen Verhältnissen oder der »asiatischen Produktionsweise« sowohl in der Wirtschaft als auch im politischen Überbau; schließ­lich mit Konzentration der ausschlaggebenden Industrie-, Handels­und Bankunternehmungen, der wichtigsten Transportmittel, der Latifundien, Pflanzungen usw. in der Hand ausländischer impe­rialistischer Gruppen. In diesen Ländern haben entscheidende Be­deutung der Kampf gegen den Feudalismus, gegen die vorkapita­listischen Formen der Ausbeutung sowie die konsequente Agrar­revolution der Bauernschaft und der Kampf gegen den ausländi­schen Imperialismus und für die nationale Unabhängigkeit. Der Übergang zur proletarischen Diktatur ist hier in der Regel erst über eine Reihe von Vorbereitungsstufen, erst als Ergebnis einer ganzen Periode des Umschlagens der bürgerlich-demokratischen Revolution in die sozialistische möglich. Der erfolgreiche Aufbau des Sozialismus ist in den meisten dieser Länder nur möglich bei unmittelbarer Unterstützung durch die Länder der proletarischen Diktatur. In noch rückständigeren Ländern (z. B. in einigen Teilen Afrikas), wo es beinahe keine oder gar keine Lohnarbeiter gibt, wo die Mehrheit der Bevölkerung in einer Stammesverfassung lebt und sich noch Überreste der alten Gentilordnung erhalten haben, wo es an einer nationalen Bourgeoisie fast gänzlich fehlt und der aus­ländische Imperialismus in erster Linie als bewaffneter Eroberer auftritt, der den Boden raubt - in diesen Ländern ist der Kampf für die nationale Befreiung die Hauptsache. Die nationale Erhe­bung und ihr Sieg können in solchen Ländern den Weg zum So­zialismus mit Überspringung des kapitalistischen Stadiums eröffnen, wenn ihnen die Länder der proletarischen Diktatur tatkräftige Hilfe angedeihen lassen. In einer Epoche, wo in den fortgeschrittenen kapitalistischen Län­dern die Machteroberung durch das Proletariat auf die Tagesord­nung gestellt ist und wo in der Sowjetunion bereits die proletari­sche Diktatur besteht und einen Faktor von Weltbedeutung dar­stellt, können die durch das Eindringen des Weltkapitalismus in den kolonialen und halbkolonialen Ländern hervorgerufenen Freiheitsbewegungen - trotz der Unreife der sozialen Verhältnisse dieser Länder, isoliert betrachtet - mit Hilfe und Unterstützung der Diktatur des Proletariats und der internationalen proletari­schen Bewegung überhaupt zur Entwicklung zum Sozialismus gelangen. Der Kampf für die Weltdiktatur des Proletariats und die kolo­nialen Revolutionen Die eigentümlichen Bedingungen des revolutionären Kampfes in den kolonialen und halbkolonialen Ländern, die Unvermeidlichkeit einer lange währenden Periode des Kampfes um die demokratische Diktatur des Proletariats und der Bauernschaft und des Hinüber­wachsens dieser Diktatur in die Diktatur des Proletariats; schließ­lich die ausschlaggebende Bedeutung nationaler Momente in diesem Ringen stellen den kommunistischen Parteien dieser Länder eine Reihe von besonderen Aufgaben, deren Lösung eine Voraussetzung für die Bewältigung der allgemeinen Aufgaben der proletarischen Diktatur bildet. Als die wichtigsten dieser besonderen Aufgaben betrachtet die Kommunistische Internationale die folgenden: Sturz des ausländischen Imperialismus, des Feudalismus und der Grundbesitzer-Bürokratie. Errichtung der demokratischen Diktatur des Proletariats und der Bauernschaft auf der Grundlage der Räte. Völlige nationale Unabhängigkeit und staatliche Einheit. Annullierung der Staatsschulden. Nationalisierung der den Imperialisten gehörenden Großunter­nehmen (der Industrie, des Transportes, der Banken u. a.). Enteignung des Großgrundbesitzes, der Kirchen- und Kloster­ländereien. Nationalisierung des gesamten Grund und Bodens. Einführung des Achtstundentages. Schaffung einer revolutionären Arbeiter- und Bauernarmee. Mit der fortschreitenden Entwicklung und Verschärfung des wei­teren Kampfes (Sabotage der Bourgeoisie, Konfiskation der den sabotierenden Teilen der Bourgeoisie gehörenden Betriebe, die un­vermeidlich zur Nationalisierung der Großindustrie wird) wird in jenen Kolonien und Halbkolonien, wo das Proletariat die Rolle des Führers und Hegemons spielt, die konsequente bürgerlich­demokratische Revolution in die proletarische hinüberwachsen. In Kolonien, in denen kein Proletariat vorhanden ist, muß der Sturz der imperialistischen Macht begleitet sein von der Organisierung der Macht der Volks-(Bauern-) Räte, von der Konfiskation der Betriebe und des Bodens der Ausländer und der Übergabe dieser Besitztümer an den Staat. Vom Standpunkt des Kampfes gegen den Imperialismus und der Erkämpfung der Macht durch die Arbeiterklasse spielen die kolo­nialen Revolutionen und nationalen Freiheitsbewegungen die allergrößte Rolle. In der Übergangsperiode sind die Kolonien und Halbkolonien auch deshalb von Bedeutung, weil sie gegenüber den Industrieländern, die in der Weltwirtschaft die Rolle der Welt­stadt spielen, das Weltdorf darstellen. Dabei wird die Frage der Organisierung der sozialistischen Weltwirtschaft, der richtigen Ver­bindung von Industrie und Landwirtschaft in hohem Maße zur Frage des Verhältnisses zu den ehemaligen Kolonien des Impe­rialismus. Ein brüderliches Kampfbündnis mit den werktätigen Massen der Kolonien herzustellen, ist daher eine der Hauptauf­gaben des industriellen Weltproletariats als des Hegemons und Führers im Kampfe gegen den Imperialismus. Der Gang der Weltrevolution treibt die Arbeiter der imperiali­stischen Staaten in den Kampf für die proletarische Diktatur und rüttelt zugleich Hunderte von Millionen kolonialer Arbeiter und Bauern zum Kampfe gegen den ausländischen Imperialismus auf. Sobald Zentren des Sozialismus in Gestalt der sozialistischen Räte­republiken mit ihrer zunehmenden wirtschaftlichen Macht bestehen, vollzieht sich die wirtschaftliche Annäherung und schrittweise Ver­einigung der vom Imperialismus abgefallenen Kolonien mit den industriellen Zentren des Weltsozialismus. Damit werden sie in den Aufbau des Sozialismus hineingezogen, überspringen die Stufe der Entwicklung des Kapitalismus als herrschendes System und erhalten die Möglichkeit raschen wirtschaftlichen und kulturellen Fortschritts. Die Bauernräte der rückständigen und die Arbeiter­und Bauernräte der fortgeschritteneren ehemaligen Kolonien grup­pieren sich politisch um die Zentren der proletarischen Diktatur und werden so in das allgemeine System der stets wachsenden Fö­deration der Räterepubliken und damit in das System der Welt­diktatur des Proletariats einbezogen. So erhält die Entwicklung des Sozialismus als neue Produktions­weise Weltausmaß.   Die Diktatur des Proletariats in der Sowjetunion und die internationale sozialistische Revolution Der Aufbau des Sozialismus in der Sowjetunion und der Klassenkampf Der klarste Ausdruck der tiefgehenden Krise des kapitalistischen Systems ist die Spaltung der Weltwirtschaft in kapitalistische Länder und in Länder des sozialistischen Aufbaus. Das innere Erstarken der proletarischen Diktatur in der Sowjetunion, die Erfolge des sozialistischen Aufbaus, der wachsende Einfluß und das steigende Ansehen der Sowjetunion bei den proletarischen Massen und den unterdrückten Kolonialvölkern bedeuten darum die Fortführung, das Erstarken und die Entfaltung der inter­nationalen sozialistischen Revolution. Die Arbeiter der Sowjetrepubliken verfügen in ihrem Lande über die notwendigen und hinreichenden materiellen Voraussetzungen nicht nur für den Sturz der Großgrundbesitzer und der Bourgeoisie, sondern auch für den Aufbau des vollkommenen Sozialismus. Sie haben mit Hilfe des internationalen Proletariats den Angriff der bewaffneten Kräfte der inneren und äußeren Konterrevolution heldenmütig zurückgeschlagen. Sie haben ihr Bündnis mit der Hauptmasse der Bauernschaft gefestigt und große Erfolge auf dem Gebiete des sozialistischen Aufbaus errungen. Die Verbindung der proletarischen sozialistischen Industrie mit der kleinbäuerlichen Wirtschaft, die der Landwirtschaft die Ent­wicklung ihrer Produktivkräfte und der sozialistischen Industrie die führende Rolle sichert; der Zusammenschluß dieser Industrie mit der Landwirtschaft und ihre Anpassung an diese, an Stelle der kapitalistischen Befriedigung des unproduktiven Verbrauchs para­sitärer Klassen; Produktion nicht um des kapitalistischen Profites willen, sondern zur Befriedigung des rasch wachsenden Massen­bedarfs - eine Entwicklung, die letzten Endes in hohem Maße die Entfaltung des gesamten Produktionsprozesses fördert; endlich die höchste Konzentration der wirtschaftlichen Machtpositionen in den Händen des proletarischen Staates, die Zunahme der Elemente planmäßiger Wirtschaftsführung und die damit verbundenen Er­sparnisse und die zweckmäßigste Verteilung der Produktions­mittel - all das gibt dem Proletariat die Möglichkeit, auf dem Wege des sozialistischen Aufbaus rasch fortzuschreiten. Durch die Hebung der Produktivkräfte der gesamten Volkswirt­schaft, durch den festen Kurs auf die Industrialisierung, deren rasches Tempo von der internationalen wie von der inneren Lage diktiert wird, erhöht das Proletariat der Sowjetunion, ungeachtet aller planmäßig wiederkehrenden finanziellen und wirtschaftlichen Boykottversuche der kapitalistischen Mächte, das spezifische Ge­wicht des vergesellschafteten (sozialistischen) Teiles der Volks­wirtschaft sowohl in bezug auf seinen Anteil an den Produktions­mitteln wie auch an der Gesamtproduktion und am Warenumsatz des ganzen Landes. Infolge der Nationalisierung des Bodens und der steigenden Industrialisierung des Landes führen die sozialisti­sche Staatsindustrie, das staatliche Verkehrs- und Bankwesen ver­mittelst des staatlichen Handels und der rasch wachsenden Ge­nossenschaften die kleinen und kleinsten Bauernwirtschaften mehr und mehr hinter sich her. In der Landwirtschaft vollzieht sich der Aufschwung der Produk­tivkräfte unter Bedingungen, die der Differenzierung innerhalb der Bauernschaft Schranken ziehen (Nationalisierung des Bodens und damit Verbot des Kaufes und Verkaufes von Grund und Boden, scharf progressive Besteuerung, Finanzierung der Genossen­schaften und Produktionsgemeinschaften der Masse der armen und mittleren Bauern, gesetzliche Regelung der Verwendung von Lohn­arbeit, Beschränkung der politischen und sozialen Rechte der Groß­bauern, besondere Organisationen der Dorfarmut usw.). Insoweit jedoch die Produktivkräfte der sozialistischen Industrie noch nicht jene Entwicklungshöhe erreicht haben, die eine umfassende Reor­ganisierung der Landwirtschaft auf der Grundlage der neuen landwirtschaftlichen Technik und damit unmittelbar den raschen Zusammenschluß der Bauernwirtschaften zu großen Gemein­schaften (Kollektivwirtschaften) ermöglicht, entwickelt sich bis zu einem bestimmten Grade auch das Großbauerntum, das sich wirtschaftlich, nach und nach aber auch politisch mit der soge­nannten »neuen Bourgeoisie« zusammenschließt. Das Proletariat der Sowjetunion hat alle entscheidenden wirt­schaftlichen Kommandohöhen inne; es verdrängt systematisch die Überreste des städtischen Privatkapitals, dessen Anteil an der Gesamtwirtschaft in der letzten Periode der »Neuen ökonomischen Politik« sehr stark gesunken ist; es hemmt auf jede Weise das Wachstum der ländlichen Ausbeuterschichten, die aus der Entwick­lung der Waren- und Geldwirtschaft entstehen; es unterstützt die bestehenden Sowjetwirtschaften auf dem Dorfe und fördert die Gründung neuer; es fügt die Hauptmasse der bäuerlichen einfachen Warenproduzenten dem Gesamtsystem seiner Wirtschaft und damit auch dem sozialistischen Aufbau ein, auf dem Wege des rasch fort­schreitenden genossenschaftlichen Zusammenschlusses, der unter der proletarischen Diktatur dank der führenden wirtschaftlichen Rolle der sozialistischen Industrie mit der Entwicklung des Sozialismus identisch ist. Das Proletariat der Sowjetunion stellt sich mit dem Übergang vom Prozeß des Wiederaufbaus zur erweiterten Repro­duktion der gesamten technischen Produktionsgrundlage des Landes neue Aufgaben, an deren Erfüllung es bereits gegangen ist: die Schaffung neuer Produktionsanlagen (Produktion von Produk­tionsmitteln schlechthin, Aufbau der Schwerindustrie, besonders Elektrifizierung) und neben der weiteren Förderung der Absatz-, Einkaufs- und Kreditgenossenschaften die unmittelbare und immer breitere Massen erfassende Organisierung der Bauernschaft in Produktivgenossenschaften auf der Grundlage des Kollektivismus, eine Aufgabe, die umfassende materielle Hilfe seitens des proleta­rischen Staates erfordert. So schreitet der Sozialismus, der bereits in der Sowjetunion zur entscheidenden ökonomischen Macht geworden ist und der der Entwicklung ihrer Wirtschaft seinen Stempel aufdrückt, mehr und mehr seiner Vollendung entgegen, indem er systematisch die Schwierigkeiten überwindet, die dem kleinbürgerlichen Charakter des Landes entspringen und mit Perioden vorübergehender Ver­schärfung der Klassengegensätze verbunden sind. Die Notwendigkeit der technischen Neueinrichtung der Industrie und großzügiger Neuanlagen rufen auf dem Wege der soziali­stischen Entwicklung eine Reihe erheblicher Schwierigkeiten hervor, die letzten Endes der technischen und wirtschaftlichen Rückständig­keit des Landes, seiner Zerrüttung durch Weltkrieg und Bürger­krieg entspringen. Dessenungeachtet bessert sich die Lebenshaltung der Arbeiterklasse und der breiten Massen der Werktätigen fort­gesetzt. Hand in Hand mit der fortschreitenden sozialistischen Rationalisierung und wissenschaftlichen Organisierung der Indu­strie wird schrittweise der siebenstündige Arbeitstag eingeführt, der weitere Perspektiven für die Besserung der Arbeits- und Lebensbedingungen des Proletariats erschließt. Gestützt auf die ökonomische Erstarkung der Sowjetunion, auf die ununterbrochen wachsende Bedeutung des sozialistischen Teiles der Wirtschaft, zieht die Arbeiterklasse, unter der Führung der in den revolutionären Kämpfen gestählten Kommunistischen Partei, immer neue Millionenmassen der Werktätigen in die sozialistische Aufbauarbeit hinein. Sie stützt sich dabei im Dorfe auf die Dorf­armut und verbindet sich fest mit der Hauptmasse der Bauern­schaft, den Mittelbauern, ohne auch nur einen Augenblick lang den Kampf gegen den Großbauern einzustellen. Die Hauptmittel dazu sind: Entwicklung breiter Massenorganisationen (die Partei als leitende Kraft, die Gewerkschaften als Rückgrat des ganzen Systems der proletarischen Diktatur, der Kommunistische Jugend­verband, Genossenschaften jeder Art, die Organisationen der werktätigen Frauen, Arbeiterinnen und Bäuerinnen, verschiedene Vereine, Arbeiter- und Bauernkorrespondenten, Sportorganisa­tionen, wissenschaftliche Gesellschaften, Kultur- und Bildungsor­ganisationen) und weitgehende Förderung der Initiative der Massen, Heranziehung und Auslese immer neuer Arbeitskräfte zu leitenden Funktionen auf allen Gebieten der Wirtschaft und Ver­waltung. Die dauernde Einbeziehung der Massen in die soziali­stische Aufbauarbeit; die fortgesetzte Auffrischung des ganzen Staats-, Wirtschafts-, Gewerkschafts- und Parteiapparates durch neue Funktionäre aus dem Proletariat; die systematische Heran­bildung neuer sozialistischer Kader aus den Reihen der Arbeiter- :xhaft, insbesondere der Arbeiterjugend, durch Hochschulen, Spe- zialkurse usw. für alle Zweige der Aufbauarbeit - das sind die wichtigsten Garantien gegen bürokratische Verknöcherung und soziale Entartung der leitenden Kader des Proletariats. Die Sowjetunion und ihre Pflichten gegenüber der internatio­nalen Revolution Die proletarische Diktatur in der Sowjetunion hat den russischen Imperialismus gestürzt, alle einstigen Kolonien und unterdrückten Nationen des Zarenreiches befreit und durch die Industrialisierung dieser Gebiete eine feste Grundlage für ihre kulturelle und poli­tische Entwicklung geschaffen, sie hat die rechtliche Stellung der autonomen Gebiete, der autonomen Republiken und der Bundes­republiken in der Verfassung der Union verankert und das Selbst­bestimmungsrecht der Nationen in vollem Umfange verwirklicht. Damit sichert sie den verschiedenen Nationalitäten der Union nicht nur die formale, sondern auch die wirkliche Gleichheit. Als Land der proletarischen Diktatur und des sozialistischen Auf­baus, als Land gewaltigster Errungenschaften der Arbeiterklasse, als Land des Bündnisses des Proletariats mit der Bauernschaft, als Land einer neuen, unter dem Banner des Marxismus fortschrei­tenden Kultur wird die Sowjetunion notwendigerweise zur Basis der internationalen Bewegung aller unterdrückten Klassen, zum Hauptherd der internationalen Revolution, zum bedeutsamsten Faktor der Weltgeschichte. In der Sowjetunion erkämpft sich das Proletariat zum erstenmal in der Geschichte sein Vaterland. Für den Freiheitskampf der Kolonialvölker wird die Sowjetunion zum mächtigsten Anziehungspunkt. So wird die Sowjetunion in der allgemeinen Krise des Kapitalis­mus zum bedeutsamen Faktor, und das nicht nur deshalb, weil sie die Grundlagen eines neuen, sozialistischen Wirtschaftssystems geschaffen hat und damit aus dem kapitalistischen Weltsystem ausgeschieden ist, sondern auch, weil sie eine revolutionäre Rolle ohnegleichen spielt: die Rolle eines Motors der internationalen proletarischen Revolution, der die Proletarier aller Länder zur Machteroberung antreibt; die Rolle des lebendigen Beispiels dafür, daß die Arbeiterklasse nicht nur fähig ist, den Kapitalismus zu zerstören, daß sie vielmehr auch fähig ist, den Sozialismus aufzu­bauen; die Rolle des Vorbildes der brüderlichen Beziehungen zwi­schen allen Völkern der Erde in der Union der sozialistischen Räterepubliken der Welt und des wirtschaftlichen Zusammen­schlusses der Werktätigen aller Länder in der einheitlichen Welt­wirtschaft des Sozialismus, die das Weltproletariat nach der Er­oberung der Staatsmacht verwirklichen muß. Aus dem Nebeneinanderbestehen zweier Wirtschaftssysteme - des sozialistischen der Sowjetunion und des kapitalistischen der üb­rigen Länder - erwächst dem Arbeiterstaat die Aufgabe, die An­griffe der kapitalistischen Welt (Boykott, Blockade usw.) abzu­wehren. Gleichzeitig hat er aber auch die Aufgabe, wirtschaftlich zu manövrieren und seine ökonomischen Verbindungen mit den kapitalistischen Ländern (mit Hilfe des Außenhandelsmonopols, einer der Grundvoraussetzungen des erfolgreichen sozialistischen Aufbaus, in der Form von Krediten, Anleihen, Konzessionen usw.) auszunützen. Dabei muß die Leitlinie sein, die Verbindungen mit dem Ausland möglichst umfassend zu gestalten, aber nur, soweit sie der Sowjetunion zum Nutzen gereichen, d. h. soweit sie der Stärkung der Industrie der Sowjetunion selbst dienen, indem sie die Basis für die Schwerindustrie, die Elektrifizierung und schließ­lich für den sozialistischen Maschinenbau schaffen. Nur in dem Maße, in dem diese wirtschaftliche Selbständigkeit gegenüber ihrer kapitalistischen Umgebung gesichert wird, schafft die Sowjetunion eine feste Bürgschaft gegen die Gefahr der Vernichtung ihres sozialistischen Aufbaus und ihrer Verwandlung in ein Anhängsel des kapitalistischen Weltsystems. Die kapitalistischen Staaten schwanken, trotz der Bedeutung des Sowjetmarktes für sie, dauernd zwischen ihren Handelsinteressen und der Angst vor dem Erstarken der Sowjetunion, das gleich­zeitig das Wachsen der Weltrevolution bedeutet. Die ausschlag­gebende Haupttendenz in der Politik der imperialistischen Staaten ist jedoch das Bestreben, die Sowjetunion einzukreisen und einen konterrevolutionären Krieg gegen sie anzuzetteln, dessen Ziel die Vernichtung der Sowjetunion und die Aufrichtung des Terrorre­gimes der Bourgeoisie in der ganzen Welt ist. Allein weder die beharrlichen Versuche der politischen Einkreisung der Sowjetunion durch den Imperialismus noch die wachsende Gefahr eines kriegerischen Überfalls hindern die Kommunistische Partei der Sowjetunion als die Sektion der Kommunistischen Internationale, die an der Spitze der proletarischen Diktatur steht, daran, ihre internationalen Pflichten zu erfüllen und allen Unter­drückten - der Arbeiterbewegung der kapitalistischen Länder wie den Kolonialvölkern im Kampfe gegen den Imperialismus, im Kampfe gegen jede Form nationaler Unterdrückung - beizustehen. Die Pflichten des internationalen Proletariats gegenüber der Sowjetunion Die Sowjetunion ist das wahre Vaterland des Proletariats, die festeste Stütze seiner Errungenschaften und der Hauptfaktor seiner internationalen Befreiung; das verpflichtet das internationale Proletariat, dem sozialistischen Aufbau in der Sowjetunion zum Erfolge zu verhelfen und das Land der proletarischen Diktatur mit allen Mitteln gegen die Angrifte der kapitalistischen Mächte zu verteidigen. »Die weltpolitische Situation hat jetzt die proletarische Dik­tatur auf die Tagesordnung gestellt, und unvermeidlich kon­zentrieren sich alle Vorgänge der Weltpolitik um den einen Zentralpunkt: den Kampf der Weltbourgeoisie gegen die russische Sowjetrepublik, die beharrlich alle Rätebewegungen der fortgeschrittenen Arbeiter aller Länder und alle nationalen Freiheitsbewegungen der Kolonien und unterdrückten Völker um sich scharen muß.« (Lenin.) Im Falle eines Überfalles der imperialistischen Staaten auf die Sowjetunion und eines Krieges gegen sie muß die Antwort des internationalen Proletariats sein: kühne, entschlossene Massenak­tionen und Kampf zum Sturze der imperialistischen Regierungen, unter der Losung der Diktatur des Proletariats und des Bündnisses mit der Sowjetunion. Die Kolonien, vor allem die eines imperialistischen Staates, der die Sowjetunion überfällt, müssen die Ablenkung der bewaffneten Kräfte des Imperialismus dazu ausnutzen, den Kampf gegen diesen mit aller Kraft zu entfesseln, revolutionäre Aktionen zu organi­sieren und so die imperialistische Herrschaft zu stürzen und sich die volle Unabhängigkeit zu erkämpfen. Der Aufstieg des Sozialismus in der Sowjetunion und das Wachsen ihres internationalen Einflusses entfachen jedoch nicht nur den Haß der imperialistischen Mächte und ihrer sozialdemokratischen Agenten, sondern sie erwecken gleichzeitig auch die größten Sym­pathien breiter Massen der Werktätigen der ganzen Welt und die Bereitschaft der Unterdrückten aller Länder, mit allen Mitteln für das Land der proletarischen Diktatur zu kämpfen, wenn es vom Imperialismus überfallen wird. So führen die Entfaltung der Widersprüche der Weltwirtschaft der Gegenwart, die Vertiefung der allgemeinen Krise des Kapi­talismus und der bewaffnete Überfall der Imperialisten auf die Sowjetunion mit eiserner Notwendigkeit zu einer gewaltigen revolutionären Explosion. Diese Explosion wird unter ihren Trümmern den Kapitalismus in einer Reihe der sogenannten zivilisierten Länder begraben, sie wird in den Kolonien die sieg­reiche Revolution entfesseln, die Basis der proletarischen Diktatur gewaltig erweitern und damit ein Riesenschritt zum endgültigen Sieg des Sozialismus in der ganzen Welt sein.   Die Strategie und Taktik der Kommunistischen Inter­nationale im Kampf um die Diktatur des Proletariats Die dem Kommunismus feindlichen Ideologien in der Arbeiter­klasse In seinem Kampf für die Diktatur des Proletariats gegen den Kapitalismus stößt der revolutionäre Kommunismus innerhalb der Arbeiterklasse auf zahlreiche Strömungen: die einen drücken in höherem oder geringerem Maße die ideologische Unterwerfung unter die imperialistische Bourgeoisie aus, während die anderen den ideologischen Druck des Kleinbürgertums widerspiegeln, das von Zeit zu Zeit gegen die Sklavenketten des Finanzkapitals re­belliert, aber unfähig ist, im Kampfe eine folgerichtige, wissen­schaftlich begründete Strategie und Taktik zu verfolgen und diesen Kampf in organisierter Weise auf der Grundlage der strengen Disziplin durchzuführen, die dem Proletariat eigen ist. Die gewaltige soziale Macht des imperialistischen Staates mit allen seinen Hilfsapparaten - Schule, Presse, Theater, Kirche - äußert sich vor allem in dem Bestehen von konfessionellen und reformi­stischen Strömungen innerhalb der Arbeiterklasse, die das größte Hindernis auf dem Wege zur sozialistischen Revolution des Pro­letariats sind. Die konfessionellen, religiös gefärbten Strömungen innerhalb der Arbeiterklasse finden ihren Ausdruck in erster Linie im Bestehen konfessioneller Gewerkschaften, die sich meist in unmittelbarer Verbindung mit den gleichgerichteten politischen Organisationen der Bourgeoisie an die eine oder andere kirchliche Organisation der herrschenden Klasse anlehnen (katholische Gewerkschaften, Christliche Vereine Junger Männer, zionistische Organisationen und dergleichen). Diese Strömungen sind der klarste Ausdruck der ideologischen Befangenheit mancher Schichten des Proletariats; sie tragen zum größten Teil ein romantisch-feudales Gewand. Indem die Leiter dieser Organisationen mit dem Weihwasser der Religion die ganze Niedertracht des kapitalistischen Regimes heiligen und ihre Schäflein durch die Drohung der Höllenqualen terrorisieren, sind sie die reaktionärsten Kolonnen des Klassenfeindes im Lager des Proletariats. Die zynisch-kommerzielle und weltlich-imperialistische Form der Unterwerfung unter den ideologischen Einfluß der Bourgeoisie ist der moderne »sozialistische« Reformismus. Er entlehnt alle seine Grundlehren den Gesetzestafeln der imperialistischen Politik und nimmt sich gegenwärtig die bewußt antisozialistische und offen konterrevolutionäre »Amerikanische Föderation der Arbeit« zum Muster. Die »ideelle« Diktatur der amerikanischen Gewerkschafts­bonzen, dieser Lakaien der Bourgeoisie, ist nur der Ausdruck der »ideellen« Diktatur des amerikanischen Dollars; mit Hilfe des englischen Reformismus und seiner »königlichen« Sozialisten aus der Arbeiterpartei ist so der amerikanische Reformismus zum Hauptbestandteil der Theorie und Praxis der gesamten interna­tionalen Sozialdemokratie und der Führer der Amsterdamer Inter­nationale geworden. Die Führer der deutschen und österreichischen Sozialdemokratie übertünchen diese Theorie mit einer marxisti­schen Phraseologie und verschleiern so ihren schnöden Verrat am Marxismus. Als Hauptfeind des revolutionären Kommunismus in der Arbeiterbewegung ist der »sozialistische« Reformismus, der eine breite organisatorische Basis in den sozialdemokratischen Parteien und durch diese in den reformistischen Gewerkschaften hat, in seiner ganzen Politik und Theorie eine Kraft, die der proletarischen Revolution entgegenwirkt. In der Außenpolitik haben die sozialdemokratischen Parteien unter der Flagge der »Vaterlandsverteidigung« den imperialisti­schen Krieg aktiv gefördert. Die Expansion des imperialistischen Staates und die »Kolonialpolitik« finden bei ihnen allseitige Unter­stützung; die Orientierung auf die konterrevolutionäre »heilige Allianz« der imperialistischen Staaten (»Völkerbund«), das Pre­digen des »Ultraimperialismus«, die Mobilisierung der Massen unter pseudo-pazifistischen Losungen und die gleichzeitige aktive Unterstüzung des Imperialismus bei seinen Angriffen auf die Sowjetunion und bei seiner Vorbereitung des Krieges gegen diese - das sind die Grundzüge der Außenpolitik des Reformismus. Auf dem Gebiete der inneren Politik hat sich die Sozialdemokratie die unmittelbare Förderung und Unterstützung des kapitalistischen Regimes zur Aufgabe gemacht. Die rückhaltlose Unterstützung der kapitalistischen Rationalisierung und der Stabilisierung des Kapitalismus; die Sicherung des Klassenfriedens, des »Wirtschafts­friedens«; die Politik des Verwachsens der Arbeiterorganisationen mit den Organisationen der Unternehmer und des imperialistischen Raubstaates; die Praxis der sogenannten »Wirtschaftsdemokratie«, die in Wirklichkeit einer Praxis der völligen Unterwerfung unter das Trustkapital gleichkommt; die Liebedienerei für den imperia­listischen Staat und insbesondere sein pseudo-demokratisches Aus­hängeschild; die aktive Beteiligung am Aufbau der Organe dieses Staates, seiner Polizei, Armee, Gendarmerie, seiner Klassenjustiz, die Verteidigung dieses Staates gegen jeden Angriff des revolu­tionären kommunistischen Proletariats und die Henkerrolle der Sozialdemokratie in Zeiten revolutionärer Krisen - das ist die Linie der inneren Politik des Reformismus. Der Reformismus führt zum Schein den gewerkschaftlichen Kampf gegen die Bourgeoisie, wobei er als seine Hauptaufgabe betrachtet, auch auf diesem Gebiete den Kampf in einer Weise zu führen, die die Kapitalistenklasse vor Erschütterungen jeder Art bewahrt und in jedem Fall die völlige Unversehrtheit der Grundfesten des kapitalistischen Eigentums sichert. Auf theoretischem Gebiet hat die Sozialdemokratie den Marxis­mus völlig preisgegeben. Über die Etappe des Revisionismus ge­langte sie zur vollendeten bürgerlich-liberalen Sozialreform und zum offenen Sozialimperialismus. Marxens Lehre von den Wider­sprüchen des Kapitalismus ersetzte sie durch die bürgerliche Lehre von seiner harmonischen Entwicklung; die Lehre von den Krisen und der Verelendung des Proletariats legte sie zu den Akten; die kriegerische, flammende Theorie des Klassenkampfes hat sie in die abgeschmackte Predigt vom Klassenfrieden verwandelt; die Lehre von der Verschärfung der Klassengegensätze hat sie gegen das Spießbürgermärchen von der »Demokratisierung« des Kapitalis­mus vertauscht; der Theorie von der Unvermeidlichkeit der Kriege im Kapitalismus hat sie den bürgerlichen Schwindel des Pazifismus und die lügnerische Psalmodei des »Ultraimperialismus« entgegen­gestellt; die Theorie von dem revolutionären Zusammenbruch des Kapitalismus hat sie in die billige Münze des »gesunden« Kapita­lismus umgefälscht, der auf friedlichem Wege zum Sozialismus werden soll; die Revolution hat sie durch die Evolution ersetzt; die Zerstörung des bürgerlichen Staates - durch die aktive Aufbau­arbeit an ihm; die Lehre von der proletarischen Diktatur - durch die Theorie von der Koalition mit der Bourgeoisie; die Lehre von der internationalen proletarischen Solidarität - durch das Evan­gelium von der Verteidigung der imperialistischen Vaterländer; den dialektischen Materialismus von Marx - durch die idealistische Philosophie und das Kokettieren mit den religiösen Abfällen vom Tische der Bourgeoisie. Innerhalb dieses sozialdemokratischen Reformismus sind einige Richtungen zu unterscheiden, die für die bourgeoise Entartung der Sozialdemokratie ganz besonders kennzeichnend sind. Der konstruktive Sozialismus (MacDonald und Co.), dessen Name bereits die Idee der Bekämpfung der proletarischen Revolution und die positive Einstellung zur kapitalistischen Ordnung enthält, setzt die liberalphilantropischen, antirevolutionären bürgerlichen Traditionen der »Gesellschaft der Fabier« fort (S. und B. Webb, Bernard Shaw, Lord Olivier u. a.). Durch seine prinzipielle Ab­lehnung der Diktatur des Proletariats und der Gewaltanwendung im Kampf gegen die Bourgeoisie unterstützt er den gewaltsamen Kampf gegen das Proletariat und die Kolonialvölker. Als Apologet des kapitalistischen Staates preist er unter der Maske des Sozialis­mus den Staatskapitalismus an und ist mit den vulgärsten Ideo­logen des Imperialismus beider Hemisphären eins in der Verurtei­lung der Lehre vom Klassenkampf als »vorwissenschaftliche« Theorie. Als Mittel zur Beseitigung des Kapitalismus predigt der »konstruktive Sozialismus« ein gemäßigtes Programm der Natio­nalisierung gegen Entschädigung, der Besteuerung der Grundrente, der Erbschafts- und Gewinnsteuer. Als entschiedener Gegner der proletarischen Diktatur in der Sowjetunion ist der »konstruktive Sozialismus« im engsten Bündnis mit der Bourgeoisie ein aktiver Feind der kommunistischen Bewegung des Proletariats und der kolonialen Revolution. Eine besondere Abart des »konstruktiven Sozialismus« ist der »Kooperatismus« oder »Genossenschafts-Sozialismus* (Charles Gide, Totomianz und Co.). Auch er lehnt den Klassenkampf ent­schieden ab und preist die genossenschaftliche Organisierung der Verbraucher als friedliches Mittel der Überwindung des Kapitalis­mus an, dessen Festigung er in Wirklichkeit mit allen Kräften fördert. Der »Genossenschafts-Sozialismus«, der in den Massen­organisationen der Konsumgenossenschaften einen weitverzweigten Propagandaapparat zur tagtäglichen systematischen Beeinflussung breiter Massen besitzt, führt einen erbitterten Kampf gegen die revolutionäre Arbeiterbewegung. Er hemmt die Verwirklichung ihrer Ziele und ist gegenwärtig einer der aktivsten Faktoren im Lager der reformistischen Konterrevolution. Der sogenannte »Gildensozialismus« (Penty, Orage, Hobson u. a.) ist ein eklektischer Versuch, den »revolutionären« Syndikalismus mit dem bürgerlich-liberalen Fabiertum, die anarchistische Dezen­tralisierung (»nationale Industriegilden«) mit staatskapitalistischer Zentralisierung, die zunftmäßig-handwerkliche Beschränktheit des Mittelalters mit dem modernen Kapitalismus zu vereinigen. Der Gildensozialismus geht in Worten von der Forderung der Auf­hebung des »Lohnsystems« als einer »unmoralischen« Einrichtung aus, die durch die Arbeiterkontrolle über die Industrie beseitigt werden soll, und übergeht so völlig die wichtigste Frage, die Frage der Macht. Indem er die Arbeiter, Intellektuellen und Techniker in einer Föderation nationaler »Industriegilden« zusammenfassen und diese Gilden auf friedlichem Wege (»Kontrolle von innen«) in Verwaltungsorgane der Industrie im Rahmen des bürgerlichen Staates verwandeln will, verteidigt der Gildensozialismus in Wirk­lichkeit diesen Staat und vertuscht seinen imperialistischen anti­proletarischen Klassencharakter. Er weist ihm die Rolle eines »über den Klassen stehenden« Vertreters der Interessen der »Konsumen­ten« im Gegensatz zu den in den Gilden organisierten »Produ­zenten« zu. Durch sein Predigen der »funktionellen Demokratie« (d. h. eines Systems der Vertretung der Klassen der kapitalistischen Gesellschaft als Berufe mit ihren bestimmten Funktionen in der gesellschaftlichen Produktion) bereitet der Gildensozialismus dem »Korporationsstaat« des Faschismus den Weg. Die Mehrheit der Gildensozialisten lehnt sowohl den Parlamentarismus als auch die »direkte Aktion« ab und verurteilt so die Arbeiterklasse zu voll­ständiger Untätigkeit und passiver Unterwerfung unter die Bour­geoisie. Der Gildensozialismus ist mithin ein trade-unionistisch- utopistischer Opportunismus besonderer Art und kann unmöglich eine andere als antirevolutionäre Rolle spielen. Eine besondere Form des sozialdemokratischen Reformismus ist endlich der Austromarxismus. Als Bestandteil der Ideologie des »linken« Flügels der Sozialdemokratie ist der Austromarxismus eine besonders fein gesponnene Art des Betruges an den Arbeiter­massen. Er prostituiert die marxistische Terminologie und bricht gleichzeitig mit den Grundlagen des revolutionären Marxismus (durch den Kantianismus, Machismus usw. der Austromarxisten auf dem Gebiete der Philosophie); er liebäugelt mit der Religion, entlehnt bei den englischen Reformisten die Theorie der »funk­tionellen Demokratie« und tritt für den »Aufbau der Republik«, d. h. für den Aufbau des bürgerlichen Staates ein. Der Austromar­xismus empfiehlt die »Zusammenarbeit der Klassen« in den Pe­rioden des sogenannten »Gleichgewichts der Klassenkräfte«, d. h. gerade dann, wenn eine revolutionäre Krise heranreift. Diese Theorie ist die Rechtfertigung der Koalition mit der Bourgeoisie zur Vernichtung der proletarischen Revolution unter der Maske der Verteidigung der »Demokratie« gegen die Angriffe der Reak­tion. Objektiv und in der Praxis wird die Gewaltanwendung, die der Austromarxismus im Falle von Angriffen der Reaktion für zulässig erklärt, zur Gewalt der Reaktion gegen die proletarische Revolution. Die »funktionelle Rolle« des Austromarxismus ist, die dem Kommunismus bereits zustrebenden Arbeiter zu betrügen; deshalb ist er ein ganz besonders gefährlicher Feind des Prole­tariats, gefährlicher als die offenen Anhänger des räuberischen Sozialimperialismus. Wenn alle diese Strömungen als Bestandteile des »sozialistischen« Reformismus Agenturen der imperialistischen Bourgeoisie im Lager der Arbeiterklasse darstellen, so stößt der Kommunismus auch auf eine Reihe kleinbürgerlicher Strömungen, die die Schwankungen der unbeständigen Gesellschaftsschichten zum Ausdruck bringen (in Zersetzung begriffenes städtisches Kleinbürgertum, Lumpen­proletariat, deklassierte Intelligenz und Boheme, verarmte Hand­werker, gewisse Schichten des Bauerntums usw.). Diese Strömungen zeichnen sich durch äußerste politische Unbeständigkeit aus, sie verschleiern nicht selten durch eine »linke« Phraseologie rechte Politik oder verfallen dem Abenteurertum, indem sie die objektive Einschätzung der Kräfte durch prahlerische politische Gestikulation ersetzen; dabei ist bei ihnen das Umschlagen von haltloser revo­lutionärer Prahlerei zum tiefsten Pessimismus und voller Kapitu­lation vor dem Feind nicht selten. Diese Strömungen können unter gewissen Bedingungen - insbesondere bei scharfen Änderungen der politischen Lage und der Notwendigkeit zeitweiliger Rückzüge - zu den gefährlichsten Desorganisatoren der proletarischen Reihen und damit zu Hemmnissen der revolutionären Bewegung des Pro­letariats werden. Der Anarchismus, dessen hervorragendste Vertreter (Kropotkin, Jean Grave u. a.) während des Krieges 1914/1918 verräterisch in das Lager der imperialistischen Bourgeoisie übergegangen sind, leugnet die Notwendigkeit umfassender, zentralisierter und dis­ziplinierter Organisationen des Proletariats und macht es damit den mächtigen kapitalistischen Organisationen gegenüber wehrlos. Durch die Propagierung des individuellen Terrors lenkt er das Proletariat von den Methoden der Massenorganisation und des Massenkampfes ab. Durch die Ablehnung der proletarischen Dik­tatur vom Standpunkt eines abstrakten »Freiheits«-Begriffs raubt der Anarchismus dem Proletariat seine wichtigste und schärfste Waffe gegen die Bourgeoisie, gegen ihre Armeen und alle ihre Unterdrückungsorgane. Weit davon entfernt, in den Zentren des proletarischen Kampfes irgendeine Massenbewegung darzustellen, verwandelt sich der Anarchismus immer mehr in eine Sekte, die sich durch ihre ganze Taktik und alle ihre Aktionen - darunter auch ihr Auftreten gegen die Diktatur der Arbeiterklasse in der Sowjetunion - objektiv der Einheitsfront der antirevolutionären Kräfte einreiht. Der »revolutionäre« Syndikalismus, dessen Ideologen in der kriti­schen Periode des Krieges in nicht geringer Zahl in das Lager der »antiparlamentarischen« Konterrevolution faschistischer Art über­gingen oder zu friedlichen Reformisten nach sozialdemokratischem Muster wurden, stört überall, wo er Einfluß hat, die Revolutio­nierung der Massen: wie der Anarchismus lehnt er den politischen Kampf (insbesondere den revolutionären Parlamentarismus) und die revolutionäre Diktatur des Proletariats ab. Er predigt die zunftmäßige Dezentralisierung der Arbeiterbewegung und be­sonders der Gewerkschaftsbewegung, er lehnt die Partei des Pro­letariats ab, leugnet die Notwendigkeit des Aufstandes und über­schätzt den Generalstreik (die »Taktik der verschränkten Arme«). Seine Angriffe gegen die Sowjetunion, die mit seiner Ablehnung der proletarischen Diktatur verbunden sind, stellen ihn in dieser Hinsicht in eine Front mit der Sozialdemokratie. Alle die gekennzeichneten Strömungen und Richtungen stimmen mit der Sozialdemokratie, dem Hauptfeind der proletarischen Revolution in der Arbeiterbewegung, in der Grundfrage der Politik überein, in der Stellung zur proletarischen Diktatur. Daher treten sie alle mehr oder weniger entschieden in einer Front mit der Sozialdemokratie gegen die Sowjetunion auf. Die Sozialdemokratie, die den Marxismus völlig verraten hat, stützt sich in immer steigendem Maße auf die Ideologie der Fa­bier, der konstruktiven Sozialisten und der Gildensozialisten. Diese Strömungen werden zur offiziellen liberal-reformistischen Ideologie des bürgerlichen »Sozialismus« der Zweiten Internationale. In den kolonialen Ländern wie unter den unterdrückten Völkern und Rassen überhaupt stößt der Kommunismus auf den Einfluß eigenartiger Strömungen in der Arbeiterbewegung, auf Strömun­gen, die bis zu einer bestimmten Stufe der Entwicklung eine gewisse positive Rolle gespielt haben, die aber in der neuen Etappe der Entwicklung zu reaktionären Kräften werden. Der Sun-Yat-Senismus war in China die Ideologie des kleinbür­gerlichen nationalen »Sozialismus«. In der Lehre von den »drei Prinzipien« (Nationalismus, Demokratie, Sozialismus) überdeckte der Begriff des Volkes den Begriff der Klasse; der Sozialismus wurde nicht als eine besondere Produktionsweise dargestellt, die von einer besonderen Klasse, dem Proletariat, verwirklicht wird, sondern als eine verschwommene Vorstellung gesellschaftlichen Wohlergehens; den Kampf gegen den Imperialismus verband er nicht mit den Perspektiven der Entwicklung des Klassenkampfes in China. Deswegen wurde der Sun-Yat-Senismus, der in dem ersten Stadium der chinesischen Revolution eine gewaltige positive Rolle gespielt hat, mit der fortschreitenden Klassendifferenzierung im weiteren Verlauf der chinesischen Revolution aus einer ideolo­gischen Form ihrer Entwicklung zu ihrer Fessel. Die Epigonen des Sun-Yat-Senismus unterstrichen in übertriebener Weise gerade die Züge seiner Ideologie, die objektiv reaktionär geworden sind, und machten ihn dadurch zur offiziellen Ideologie der Kuomintang nach ihrer Verwandlung in eine offen konterrevolutionäre Macht. Die ideologische Entwicklung der Massen des chinesischen Prole­tariats und der werktätigen Bauernschaft muß daher begleitet sein von einem entschiedenen Kampf gegen den Betrug der Kuomin­tang und der Überwindung dessen, was von der Ideologie des Sun-Yat-Senismus geblieben ist. Solche Richtungen, wie der Ghandismus in Indien, die, durch und durch von religiösen Vorstellungen erfüllt, die rückständigsten und wirtschaftlich reaktionären Lebensformen idealisieren, die den Ausweg nicht im proletarischen Sozialismus, sondern in der Rück­kehr zu diesen rückständigen Formen erblicken, passive Duldung predigen und den Klassenkampf verneinen, verwandeln sich im Prozeß der Entwicklung der Revolution offen in reaktionäre Mächte. Der Ghandismus wird immer mehr und mehr zu einer Ideologie, die sich gegen die Revolution der Volksmassen richtet. Er muß vom Kommunismus rücksichtslos bekämpft werden. Der Garvayismus, der die Ideologie der Negerkleinbourgeoisie und der Negerarbeiter Amerikas war und der auch heute noch einen gewissen Einfluß auf die Negermassen hat, ist gegenwärtig eben­falls ein Hemmnis der Revolutionierung dieser Massen geworden. Während er anfänglich für die volle soziale Gleichberechtigung der Neger eintrat, wurde er zu einer Art »Negerzionismus«, der statt des Kampfes gegen den amerikanischen Imperialismus die Losung aufstellt: »Zurück nach Afrika«. Diese gefährliche Ideologie, die jedes echt demokratischen Zuges bar ist und mit den aristokrati­schen Attributen eines nicht existierenden »Negerreiches« spielt, muß auf das schärfste bekämpft werden, da sie den Befreiungs­kampf der Negermassen gegen den amerikanischen Imperialismus nicht fördert, sondern hemmt. Allen diesen Tendenzen steht der proletarische Kommunismus gegenüber. Als machtvolle Ideologie der revolutionären Arbeiter­klasse der ganzen Welt unterscheidet er sich von allen diesen Strömungen und vor allem von der Sozialdemokratie dadurch, daß er in voller Übereinstimmung mit der Lehre von Marx und Engels in Theorie und Praxis den revolutionären Kampf für die Dik­tatur des Proletariats führt und hierbei alle Formen der prole­tarischen Massenaktion anwendet. Die Hauptaufgaben der kommunistischen Strategie und Taktik Der siegreiche Kampf der Kommunistischen Internationale um die proletarische Diktatur setzt in jedem Lande das Bestehen einer geschlossenen, kampfgestählten, disziplinierten und zentralisierten Kommunistischen Partei voraus, die aufs engste mit den Massen verbunden ist. Die Partei ist die Vorhut der Arbeiterklasse, zusammengesetzt aus den besten, bewußtesten, aktivsten und tapfersten ihrer Ange­hörigen. Sie verkörpert die Zusammenfassung der Erfahrungen des gesamten Kampfes des Proletariats. Gestützt auf die revolu­tionäre Theorie, den Marxismus, verkörpert die Partei durch die tägliche Vertretung der dauernden, allgemeinen Interessen der ganzen Klasse die Einheit der proletarischen Grundsätze, des proletarischen Wollens und des proletarischen revolutionären Han­delns. Sie ist die revolutionäre Organisation, die durch eiserne Disziplin und die strengste revolutionäre Ordnung des demokra­tischen Zentralismus zusammengehalten wird; sie wird zu dieser Organisation durch das Klassenbewußtsein der proletarischen Avantgarde, durch ihre Hingabe an die Revolution, durch ihre Fähigkeit, ununterbrochen mit den proletarischen Massen ver­bunden zu sein, und durch die Richtigkeit der politischen Führung, die durch die Erfahrungen der Massen selbst immer wieder über­prüft und klargestellt wird. Um ihre historische Aufgabe — die proletarische Diktatur zu er­ringen - erfüllen zu können, muß sich die Kommunistische Partei folgende strategische Ziele stellen und sie erreichen: Die Eroberung der Mehrheit der eigenen Klasse, die Proletarie­rinnen und die Arbeiterjugend inbegriffen. Um dies zu erreichen, ist es notwendig, den entscheidenden Einfluß der Kommunistischen Partei auf die großen Massenorganisationen des Proletariats zu sichern (Räte, Gewerkschaften, Betriebsräte, Genossenschaften, Sport- und Kulturorganisationen usw.). Besonders große Bedeu­tung für die Gewinnung der Mehrheit des Proletariats hat die systematische Arbeit zur Eroberung der Gewerkschaften, dieser umfassenden Massenorganisation des Proletariats, die mit seinen Tageskämpfen eng verbunden sind. Das Wirken in reaktionären Gewerkschaften - ihre geschickte Eroberung, die Gewinnung des Vertrauens der breiten gewerkschaftlich organisierten Massen, die Absetzung und Verdrängung der reformistischen Führer aus ihren Positionen darin besteht eine der wichtigsten Aufgaben der Vor­bereitungsperiode der Revolution. Die Erkämpfung der proletarischen Diktatur hat auch die Ver­wirklichung der Hegemonie des Proletariats über die breiten Schichten der werktätigen Massen zur Voraussetzung. Um das zu erreichen, muß die Kommunistische Partei die Massen der armen Schichten in Stadt und Land, der unteren Schichten der Intellektu­ellen und der sogenannten »kleinen Leute«, d. h. der kleinbürger­lichen Schichten überhaupt unter ihren Einfluß bringen. Besondere Bedeutung hat die Arbeit zur Wahrung des Einflusses der Partei unter der Bauernschaft. Die Kommunistische Partei muß sich der vollen Unterstützung der dem Proletariat am nächsten stehenden Schichten der Landbevölkerung versichern, d. h. vor allem der Landarbeiter und der Dorfarmut. Dazu sind besondere Organi­sationen der Landarbeiter erforderlich, die allseitige Unterstützung ihres Kampfes gegen die Dorfbourgeoisie und energische Arbeit unter den Klein- und Zwergbauern. Was die mittleren Schichten der Bauernschaft betrifft, so soll die Kommunistische Partei (in Ländern mit entwickeltem Kapitalismus) die Politik ihrer Neutra­lisierung verfolgen. Die Lösung all dieser Aufgaben durch das Proletariat, das zum Träger der Interessen des ganzen Volkes und zum Führer der breitesten Volksmassen im Kampfe gegen das finanzkapitalistische Joch wird, ist die unbedingte Voraussetzung der siegreichen kommunistischen Revolution. Vom Standpunkte des Weltkampfes des Proletariats aus sind die wichtigsten strategischen Aufgaben der Kommunistischen Inter­nationale die Aufgaben des revolutionären Kampfes in den Kolo­nien, Halbkolonien und abhängigen Ländern. Dieser Kampf hat die Sammlung der breitesten Massen der Arbeiterklasse und der Bauernschaft der Kolonien unter der Fahne der Revolution zur Voraussetzung, die nur durch die engste brüderliche Zusammen­arbeit des Proletariats der unterdrückenden Nationen mit den werktätigen Massen der unterdrückten Völker erreicht werden kann. Indem die Kommunistische Internationale unter der Fahne der proletarischen Diktatur in den Ländern der sogenannten »zivili­sierten Mächte« die Revolution gegen den Imperialismus organi­siert, unterstützt sie zugleich jede Bewegung gegen die imperiali­stische Vergewaltigung in den Kolonien, Halbkolonien und ab­hängigen Ländern (z. B. in Lateinamerika); sie entfaltet eine rege Propaganda gegen jede Art von Chauvinismus und imperialisti­scher Mißhandlung der großen und kleinen geknechteten Völker und Rassen (Stellung zu den Negern, den Arbeitern der »gelben Rasse«, Antisemitismus usw.) und unterstützt deren Kampf gegen die Bourgeoisie der unterdrückenden Nation. Besonders energisch bekämpft die Kommunistische Internationale den Chauvinismus in den Ländern der Großmächte, den die imperialistische Bour­geoisie und ihre sozialdemokratische Agentur, die Zweite Inter­nationale, nährt, und stellt der Praxis der imperialistischen Bour­geoisie die Praxis der Sowjetunion gegenüber, die auf ihrem Ge­biete die brüderlichen Beziehungen gleichberechtigter Völker ver­wirklicht hat. In den imperialistischen Ländern müssen die kommunistischen Par­teien den revolutionären Freiheitsbewegungen der Kolonien und den Bewegungen der unterdrückten Völker überhaupt systematisch Hilfe leisten. In erster Linie ist die aktivste Hilfe Pflicht der Arbeiter jenes Landes, von dem die unterdrückte Nation in finan­zieller, wirtschaftlicher oder politischer Hinsicht abhängig ist. Die kommunistischen Parteien müssen offen das Recht auf Lostrennung der Kolonien anerkennen und dafür Propaganda entfalten, d. h. Propaganda für die Unabhängigkeit der Kolonien vom imperia­listischen Staat. Sie müssen das Recht der Kolonien auf bewaffnete Abwehr des Imperialismus (d. h. auf Aufstand und revolutionären Krieg) anerkennen, diese Abwehr propagieren und mit allen zu Gebote stehenden Mitteln aktiv unterstützen. Die gleiche Politik müssen die kommunistischen Parteien allen unterdrückten Völkern gegenüber verfolgen. In den kolonialen und halbkolonialen Ländern selbst müssen die kommunistischen Parteien einen kühnen und konsequenten Kampf gegen den ausländischen Imperialismus führen und dabei unab­lässig für die Idee der Annäherung an das Proletariat der impe­rialistischen Länder und des Bündnisses mit ihm werben; sie müssen die Losung der Agrarrevolution offen aufstellen, propagieren und in die Tat umsetzen, um so die breiten Massen der Bauern aufzu­rufen, das feudale Joch von sich zu werfen; sie müssen dem reak­tionären mittelalterlichen Einfluß der Geistlichkeit, der Missionen usw. den Krieg erklären. Die Hauptaufgabe ist hier die selbständige Organisierung der Arbeiter und Bauern (in der kommunistischen Klassenpartei des Proletariats, den Gewerkschaften, Bauernbünden, Bauernkomitees und im Fall revolutionärer Situationen in den Räten) und ihre Befreiung von dem Einfluß der nationalen Bourgeoisie. Zeitweise Kompromisse mit der nationalen Bourgeoisie sind nur insoweit zulässig, als diese den revolutionären Zusammenschluß der Ar­beiter und Bauern nicht behindert und wirklich den Imperialismus bekämpft. Bei der Festlegung ihrer taktischen Linie muß jede kommunistische Partei die gegebene innere und äußere Lage, das Verhältnis der Klassenkräfte, den Grad der Festigkeit und der Stärke der Bour­geoisie, den Grad der Kampfbereitschaft des Proletariats, die Haltung der Mittelschichten usw. in Rechnung stellen. Diesen Ver­hältnissen entsprechend bestimmt die Partei ihre Losungen und Kampfmethoden, wobei sie von der Notwendigkeit der Mobili­sierung und Organisierung möglichst breiter Massen auf einer möglichst hohen Stufe dieses Kampfes ausgeht. Beim Heranreifen einer revolutionären Situation stellt die Partei eine Reihe von Übergangslosungen auf und erhebt entsprechend den gegebenen Verhältnissen Teilforderungen, die sie ihrem revolutionären Hauptziel, der Eroberung der Macht und dem Sturz der bürger­lich-kapitalistischen Gesellschaftsordnung, unterordnen muß. Die Tagesförderungen und Tageskämpfe der Arbeiterklasse zu ver­nachlässigen, ist ebenso unzulässig wie die Beschränkung der Tä­tigkeit der Partei auf diese allein. Aufgabe der Partei ist es, aus­gehend von den Tagesnöten, die Arbeiterklasse in den revolutio­nären Kampf um die Macht zu führen. Im Falle eines revolutionären Aufschwunges, wenn die herrschen­den Klassen desorganisiert, die Massen im Zustande revolutionärer Gärung sind, wenn die Mittelschichten dem Proletariat zuneigen und die Massen sich kampf- und opferbereit erweisen, hat die proletarische Partei die Aufgabe, die Massen zum Frontalangriff gegen den bürgerlichen Staat zu führen. Erreicht wird dies durch die Propagierung stufenweise gesteigerter Übergangslosungen (Ar­beiterräte, Arbeiterkontrolle der Produktion, Bauernkomitees zur gewaltsamen Aneignung des grundherrlichen Bodens, Entwaffnung der Bourgeoisie und Bewaffnung des Proletariats usw.) und durch die Organisierung von Massenaktionen, denen alle Zweige der Agitation und Propaganda der Partei untergeordnet werden müs­sen, die Parlamentstätigkeit mit eingeschlossen. Solche Massen­aktionen sind: Streiks, Streiks in Verbindung mit Demonstrationen, Streiks in Verbindung mit bewaffneten Demonstrationen und schließlich der Generalstreik, vereint mit dem bewaffneten Auf­stand gegen die Staatsgewalt der Bourgeoisie. Diese höchste Form des Kampfes folgt den Regeln der Kriegskunst, setzt einen Feld­zugsplan, einen Offensivcharakter der Kampfhandlungen, unbe­grenzte Hingabe und Heldenmut des Proletariats voraus. Aktionen dieser Art haben als absolute Vorbedingung die Organisierung der breiten Massen in Kampfformationen, die schon durch ihre Form die größten Massen der Werktätigen erfassen und in Bewegung setzen müssen (Arbeiter- und Bauernräte, Soldatenräte usw.), und die Steigerung der revolutionären Arbeit in Heer und Flotte. Beim Übergang zu neuen, schärferen Losungen muß die folgende Grundregel der politischen Taktik des Leninismus die Richtschnur sein: die Partei muß es verstehen, die Massen an die revolutio­nären Positionen so heranzuführen, daß sie sich durch ihre eigene Erfahrung von der Richtigkeit der Parteilinie überzeugen. Wird diese Regel nicht befolgt, so führt das unausbleiblich zur Trennung von den Massen, zum Putschismus und zur ideologischen Entar­tung des Kommunismus in »linken« Doktrinarismus, in kleinbür­gerliches »revolutionäres« Abenteurertum. Nicht weniger verderb­lich ist es, wenn die Partei des Proletariats den Höhepunkt der revolutionären Entwicklung, der kühnen und entschlossenen Angriff auf den Feind erheischt, ungenützt läßt. Eine solche Gelegenheit verstreichen lassen, ohne zum Aufstand überzugehen, heißt, die Initiative dem Gegner überlassen und die Revolution der Nieder­lagen entgegenführen. Wenn kein revolutionärer Aufschwung vorhanden ist, müssen die kommunistischen Parteien, ausgehend von den Tagesnöten der Werktätigen, Teillosungen und Teilforderungen aufstellen und sie mit den Hauptzielen der Kommunistischen Internationale ver­knüpfen. Hierbei dürfen aber die Parteien nicht solche Übergangs­losungen aufstellen, die das Vorhandensein einer revolutionären Situation zur Voraussetzung haben und in einer anderen Situation zur Losung des Verwachsens mit dem System kapitalistischer Organisationen werden (z. B. die Losung der Produktionskon­trolle und ähnliche). Teilforderungen und Teillösungen sind die absolute Bedingung einer richtigen Taktik, während eine Reihe von Übergangslosungen untrennbar an das Vorhandensein einer revolutionären Situation gebunden sind. »Prinzipiell« die Auf­stellung von Teilforderungen und Übergangslosungen abzulehnen, ist jedoch ebenfalls mit den Grundsätzen des Kommunismus un­vereinbar, da eine Taktik dieser Art die Partei praktisch zur Passivität verurteilt und von den Massen isoliert. Die Taktik der Einheitsfront als Mittel des erfolgreichen Kampfes gegen das Kapital, der Klassenmobilisierung der Massen und der Entlarvung und Isolierung der reformistischen Führer ist so ein wesentlicher Bestandteil der Taktik der Kommunistischen Internationale wäh­rend der ganzen vorrevolutionären Periode. Die richtige Anwendung der Einheitsfronttaktik und die Gewin­nung der Massen im allgemeinen hat die systematische, beharrliche Arbeit in den Gewerkschaften und in den anderen Massenorgani­sationen des Proletariats zur Voraussetzung. Die Zugehörigkeit zu einer Gewerkschaft, selbst zur reaktionärsten, - wenn sie nur Massencharakter hat - ist die unmittelbare Pflicht jedes Kom­munisten. Nur durch stete, konsequente Arbeit in Gewerkschaft und Betrieb zur standhaften und energischen Verteidigung der Arbeiterinteressen und durch rücksichtslosen Kampf gegen die re­formistische Bürokratie kann die Führung des Kampfes der Ar­beiter erobert, können die gewerkschaftlich organisierten Arbeiter­massen für die Partei gewonnen werden. Im Gegensatz zu den Spaltungsversuchen der Reformisten ver­treten die Kommunisten die Einheit der Gewerkschaften in den einzelnen Ländern und in der ganzen Welt auf der Grundlage des Klassenkampfes und unterstützen allseits die Arbeit der Roten Gewerkschaftsinternationale. Indem die kommunistischen Parteien überall die täglichen Be­dürfnisse der Arbeitermassen und der gesamten Werktätigen ver­teidigen, die Tribüne der bürgerlichen Parlamente für die Zwecke der revolutionären Propaganda und Agitation ausnützen und alle Teilaufgaben dem Ziel, dem Kampf um die Diktatur des Prole­tariats unterordnen, stellen die Parteien der Kommunistischen Inter­nationale auf folgenden Hauptgebieten Teilforderungen und Teil­lösungen auf: Zur Verteidigung der Interessen der Arbeiter im engeren Sinne - Fragen des wirtschaftlichen Kampfes (Abwehr der Angriffe des Trust­kapitals, Lohn- und Arbeitszeitfragen, Zwangsschlichtungswesen, Arbeitslosigkeit), die in Fragen des politischen Kampfes übergehen (große Industriekonflikte, Gewerkschafts- und Streikrecht usw.); Fragen unmittelbar politischen Charakters (Steuer, Teuerung, Fa­schismus, Verfolgung revolutionärer Parteien, weißer Terror, Poli­tik der Regierung überhaupt); schließlich die Fragen der Weltpo­litik: Verhalten zur Sowjetunion und den kolonialen Revolutionen, Kampf für die Einheit der internationalen Gewerkschaftsbewegung, Kampf gegen Imperialismus und Kriegsgefahr und systematische Vorbereitung des Kampfes gegen den imperialistischen Krieg. Für die Bauernschaft betreffen die Teilforderungen: die Steuer­politik, die hypothekarische Verschuldung der Bauernschaft, Be­kämpfung des Wucherkapitals, Bodenmangel der Dorfarmut, Pachtzins und Nutzungsrechte usw. Von diesen Teilforderungen ausgehend, muß die Kommunistische Partei ihre Losungen ent­sprechend steigern bis zur Zusammenfassung in der Losung: Kon­fiskation des Großgrundbesitzes und der Losung: Arbeiter- und Bauernregierung (in den entwickelten kapitalistischen Ländern als Synonym der proletarischen Diktatur, in den rückständigen Län­dern und einer Anzahl von Kolonien als Synonym der demokra­tischen Diktatur des Proletariats und der Bauernschaft). In gleicher Weise ist eine systematische Arbeit unter der Arbeiter­und Bauernjugend (vor allem durch die Kommunistische Jugend­internationale und ihre Sektionen) und unter den Frauen, den Proletarierinnen und Bäuerinnen, zu entfalten. Diese Arbeit muß, ausgehend von den besonderen Bedingungen des Lebens und des Kampfes dieser Schichten, ihre Forderungen mit den allgemeinen Forderungen und Kampflosungen des Proletariats verbinden. Im Kampfe gegen die Unterdrückung der Kolonialvölker müssen die kommunistischen Parteien in den Kolonien selbst Teilforde­rungen aufstellen, die den besonderen Verhältnissen entsprechen, wie: volle Gleichberechtigung aller Nationen und Rassen, Ab­Schaffung aller Privilegien der Ausländer, Freiheit der Arbeiter­und Bauernorganisationen, Verkürzung des Arbeitstages, Verbot der Kinderarbeit, Annullierung der wucherischen Schuldverträge, Senkung und Abschaffung des Pachtzinses, Erleichterung der Steuerlast, Steuerstreik usw. Alle diese Teilforderungen müssen folgenden Grundforderungen der Kommunistischen Partei unter­geordnet werden: völlige politische Unabhängigkeit des Landes und Vertreibung der Imperialisten, Arbeiter- und Bauernregierung, den Boden dem ganzen Volke, Achtstundentag usw. In den Län­dern des Imperialismus müssen die kommunistischen Parteien Kampagnen für die Zurückziehung der imperialistischen Truppen aus den Kolonien führen, in Heer und Flotte rege Propaganda zur Verteidigung der unterdrückten Völker in ihrem Freiheitskampfe entfalten, die Massen zur Verhinderung der Waffen- und Truppen­transporte mobilisieren, Streiks und andere Formen des Massen­protestes organisieren usw. Ganz besondere Aufmerksamkeit muß die Kommunistische Inter­nationale der zielbewußten Vorbereitung des Kampfes gegen die Gefahr imperialistischer Kriege widmen. Schonungslose Entlar­vung des Sozialchauvinismus, des Sozialimperialismus und der pazifistischen Phrasen, die nur die imperialistischen Pläne der Bourgeoisie verschleiern; Propagierung der Hauptlosungen der Kommunistischen Internationale; unablässige organisatorische Ar­beit zur Verwirklichung dieser Aufgaben, wobei die Verbindung der legalen mit den illegalen Arbeitsmethoden unbedingt not­wendig ist; organisierte Arbeit in Heer und Flotte - das muß die Tätigkeit der kommunistischen Partei auf diesem Gebiete sein. Die Hauptlosungen der Kommunistischen Internationale im Kampfe gegen die Kriegsgefahr sind: Umwandlung des imperialistischen Krieges in den Bürgerkrieg, Niederlage der »eigenen« imperialisti­schen Regierung, Verteidigung der Sowjetunion und der Kolonien im Falle eines imperialistischen Krieges gegen sie mit allen zu Gebote stehenden Mitteln. Die Propagierung dieser Losungen, die Entlarvung der »sozialistischen« Sophismen und der »sozialisti­schen« Verschleierungen des Völkerbundes, das stete Wachhalten der Erinnerung an die Lehren des Weltkrieges von 1914 - all das ist unabweisbare Pflicht aller Sektionen und aller Mitglieder der Kommunistischen Internationale. Zur Koordinierung der revolutionären Tätigkeit und der revolu­tionären Aktionen wie zu ihrer zweckmäßigen Leitung bedarf das internationale Proletariat der internationalen Klassendisziplin, deren wichtigste Voraussetzung die strengste internationale Dis­ziplin der kommunistischen Parteien ist. Diese internationale kom­munistische Disziplin muß ihren Ausdruck finden in der Unter­ordnung der Lokal- und Sonderinteressen der Bewegung unter die gemeinsamen und dauernden Interessen und in der vorbehaltlosen Durchführung aller Beschlüsse der leitenden Organe der Kommu­nistischen Internationale. Im Gegensatz zur sozialdemokratischen Zweiten Internationale, deren Parteien sich lediglich der Disziplin »ihrer« nationalen Bourgeoisie und ihres »Vaterlandes« unterwerfen, kennen die Sektionen der Kommunistischen Internationale nur eine Disziplin: die Disziplin des Weltproletariats, die dem Kampf der Arbeiter aller Länder für die Weltdiktatur des Proletariats den Sieg sichert. Im Gegensatz zur Zweiten Internationale, die die Gewerkschafts­bewegung spaltet, wider die Kolonialvölker kämpft und die die Einheit mit der Bourgeoisie pflegt, ist die Kommunistische Inter­nationale die Organisation, die auf der Wacht steht für die Ein­heit der Proletarier aller Länder, der Werktätigen aller Rassen und Völker in dem Kampf gegen das Joch des Imperialismus. Kühn und unerschrocken führen die Kommunisten diesen Kampf auf allen Abschnitten der internationalen Klassenfront, dem blutigen Terror der Bourgeoisie trotzend, des notwendigen, unaus­bleiblichen Sieges des Proletariats gewiß. »Die Kommunisten 'verschmähen es, ihre Ansichten und Absichten zu 'verheimlichen. Sie erklären es offen, daß ihre Zwecke nur erreicht werden können durch den gewaltsamen Umsturz aller bisherigen Gesellschaflsordnung. Mögen die herrschenden Klassen vor einer kommunistischen Re­volution zittern. Die Proletarier haben nichts in ihr zu verlieren als ihre Ketten. Sie haben eine Welt zu gewinnen. Proletarier aller Länder, vereinigt euch!« Bucharin: Aufgaben der Komintern (1928) Bucharin, seit 1926 faktischer Nachfolger Sinowjews als Vorsitzender der Komintern, bestimmte bis Ende 1928 wesent­lich die Politik der III. Internationale. Auf einer Sitzung des Moskauer Parteiaktivs der KPdSU berichtete Bucharin am 5. September 1928 über die Ergebnisse des VI. Weltkongresses der Komintern. Der hier abgedruckte Auszug aus seiner Rede zeigt, daß Bucharin die »offizielle« Linie, welche die Linie Stalins war, wiedergibt, obwohl Bucharin selbst (etwa in der Frage der Sozialdemokratie) gemäßigtere Ansichten vertrat. Die Rede ist also auch Beispiel für die Wirkung der »Körper­schaftsdisziplin« in der Komintern: Abweichende Meinungen konnten praktisch nicht mehr vertreten werden. ... Die Zuspitzung des Kampfes gegen die Sozialdemokratie, der verschärfte Kampf um die Massen, die Taktik der Einheitsfront von unten her, die verstärkte Arbeit in den Gewerkschaften und allen Massenorganisationen des Proletariats, die Propaganda für die Einheit der Arbeiterreihen, der Kampf gegen die rechten Ab­weichungen in den Parteien, die Festigung und Konsolidierung der Parteien, die entschiedene Überwindung der fraktionellen Streitig­keiten, der mutige Gegenangriff gegen die Offensive des Kapitals mit der Frage der Kriegsgefahr im Zentrum des ganzen Kamp­fes - dies müssen unsere aktuellen Aufgaben in den wichtigsten Ländern des Kapitalismus sein. Es versteht sich von selbst, daß alle Teillösungen der Parole der proletarischen Diktatur untergeordnet werden müssen ... Zu der Frage der Kriegsgefahr wurde im Vergleich mit den Reso­lutionen des VIII. Plenums des EKKI nichts prinzipiell Neues gesagt. Auf der Grundlage unserer früheren Beschlüsse wurde eine ausführliche Resolution ausgearbeitet. Ein Teil dieser Beschlüsse wird nicht veröffentlicht, da sie unseren Klassenfeinden nicht be­kannt werden dürfen. Unsere Arbeit gegen den Krieg ist mit dem Übergang eines Teiles unserer Parteiorganisationen zur Illegalität, mit der Verstärkung der illegalen Formen und Methoden des Kampfes verbunden. Die Kolonialfrage, die in der Tätigkeit des VI. Kongresses einen hervorragenden Platz einnahm, war in gewissem Grade schon bei der Analyse der Programmfrage berührt worden. Im Programm gab der Kongreß die prinzipielle Einstellung zur Kolonialfrage. Der Kongreß hat diese Frage jedoch als besonderen Tagesordnungs­punkt speziell behandelt und ihr einen bedeutenden Teil seiner Zeit geopfert. Es versteht sich, daß die Beschlüsse des II. Kon­gresses, die Genosse Lenin geschrieben hatte, die Grundlage für die Beschlüsse des VI. Kongresses bleiben mußten. Seit dem II. Kongreß sind jedoch viele Veränderungen eingetreten; wir haben in einer Reihe von kolonialen Ländern und nicht allein in China riesige Erfahrungen gesammelt, wo die stürmischen Er­eignisse der chinesischen Revolution eine Reihe äußerst kompli­zierter taktischer Fragen aufwarfen und lösten, wo unsere Er­fahrungen und zwar unsere Massenerfahrungen ungeheuer be­reichert wurden. Der Aufstand in Indonesien, die Kämpfe in Syrien, Ägypten und Marokko, die Erfahrungen des Unabhängig­keitskampfes der südamerikanischen Länder und schließlich die Bewegung in Indien - alles dies gab uns Material für eine be­deutend besser ausgearbeitete, bedeutend konkretere Lösung der »Kolonialfrage« ... Der Kongreß ging besonders auf die Stellung der II. Internatio­nale zur Kolonialfrage ein und gab eine marxistische Einschätzung ihrer Rolle als schäbige Agentur der imperialistischen Regierungen und des Völkerbundes, aus dessen Statut sie ihre »Normen« für ihr Verhalten den Kolonien gegenüber abschreibt... Die ultralinke Wendung (1929) Die ultralinke Wendung der Komintern, die sich auf dem VI. Weltkongreß angebahnt hatte, wurde Ende 1928 und 1929 vollzogen. Das bedeutete vor allem einen verschärften Kampf gegen die Sozialdemokratie, die nun als »sozialfaschistisch« (vgl. Dok. 21) angegriffen wurde, und den Ausschluß der »rechten Kommunisten«. Die Auszüge aus der umfangreichen Resolution des X. EKKI-Plenums vom Juli 1929 zeigen zugleich, daß der letzte Schritt zur Stalinisierung der Komintern getan war. . .. Das Plenum des EKKI macht es sämtlichen Sektionen der Kom­munistischen Internationale zur Pflicht, den Kampf gegen die inter­nationale Sozialdemokratie, diese wichtigste Stütze des Kapitalis­mus, zu verstärken. Das Plenum des EKKI weist die Parteien an, besondere Aufmerk­samkeit der Verstärkung des Kampfes gegen den »linken« Flügel der Sozialdemokratie zuzuwenden, der den Prozeß des Zerfalls der Sozialdemokratie durch die Erzeugung von Illusionen über die oppositionelle Einstellung dieses Flügels gegenüber der Politik der führenden sozialdemokratischen Instanzen aufhält, während der »linke« Flügel in Wirklichkeit aus allen Kräften die Politik des Sozialfaschismus unterstützt ... Das Heranreifen des neuen Aufschwungs der revolutionären Arbei­terbewegung und der Regierungsantritt durch die Sozialdemokratie in Deutschland und in England stellt die Komintern und ihre Sek­tionen vor die sich mit besonderer Schärfe erhebende Aufgabe der entschiedenen Verstärkung des Kampfes gegen die Sozialdemokra­tie, besonders gegen ihren »linken« Flügel, der der gefährlichste Feind des Kommunismus in der Arbeiterbewegung und das Haupt­hindernis für die Steigerung der Kampfaktivität der Arbeiter­massen ist. Im Zusammenhang damit ist auf dem Gebiet der inner­parteilichen Politik die Zentralaufgabe der Komintern der Kampf gegen den Opportunismus, der als Träger des bürgerlichen Einflus­ses auf die Arbeiterklasse und der sozialdemokratischen Tendenzen in der kommunistischen Bewegung auftritt. Ohne die Säuberung der kommunistischen Parteien sowohl von den offen wie von den versteckt opportunistischen Elementen und ohne die Überwindung der versöhnlerischen Einstellung diesen gegenüber können die kom­munistischen Parteien nicht erfolgreich vorwärtskommen auf dem Wege der Lösung der neuen Aufgaben, die durch den verschärften Klassenkampf in der neuen Etappe der Arbeiterbewegung aufge­worfen werden. Die Bedeutung dieser neuen Etappe in bezug auf die kommunisti­schen Parteien besteht darin, daß sie dazu beitrug, im Verlauf der sich entwickelnden Klassenkämpfe die faulen opportunistischen Elemente aufzudecken, die in diesen Kämpfen eine Streikbrecher­rolle spielten. Damit ist auch die Richtigkeit des Hinweises des VI. Weltkongresses der Komintern bestätigt, daß die Hauptgefahr in den kommunistischen Parteien gegenwärtig die rechte, opportu­nistische Abweichung ist. Das Plenum des EKKI konstatiert mit Befriedigung das Wachstum des Einflusses der Komintern in der letzten Zeit, die organisatori­sche und ideologische Festigung ihrer Sektionen sowie ihre Säube­rung von den opportunistischen Elementen (Brandler, Hais, Love­stone). Das Geschrei der rechten Renegaten über die Zersetzung der Komintern, das von den spießbürgerlichen Versöhnlern mit aufgegriffen wird, bestätigt nur, wie sehr diese Säuberung der kommunistischen Bewegung notwendig war, um die zersetzende Arbeit der opportunistischen Elemente zu verhindern und eine wirkliche Bolschewisierung der kommunistischen Parteien zu ge­währleisten. Es liegen bereits höchst wichtige Erfolge der Bolsche­wisierung in einer Reihe kommunistischer Parteien vor, in erster Linie Deutschlands, Frankreichs und Polens: die Säuberung von den Opportunisten, die die Kampffähigkeit der kommunistischen Parteien steigerte und diese auf dem Wege zur Ausübung der vol­len Führung im wirtschaftlichen und politischen Kampf vorwärts­brachte; das Aufrücken neuer Kräfte, die sich unter den Verhält­nissen der gesteigerten Aktivität der Arbeiterklasse und im Kampf gegen den Opportunismus politisch herausgebildet haben und ge­wachsen sind; die Zunahme der bolschewistischen Disziplin unter voller Entfaltung der innerparteilichen Demokratie, die erhöhte Heranziehung von Arbeitern in die führenden Kader der kommu­nistischen Parteien auf der Grundlage der politischen und takti­schen Linie des VI. Kongresses. Ferner konstatiert das Plenum des EKKI, daß die leitenden Organe der Komintern, das heißt das Pol-Sekretariat und das Präsidium, in richtiger Weise die Linie der Beschlüsse des VI. Kongresses durchführten, recht­zeitig auf die wichtigsten politischen Ereignisse reagierten und mit Erfolg den Kampf gegen die rechte Abweichung und das Ver­söhnlertum führten. Um stärkere Garantien für die Durchführung der Beschlüsse der Komintern zu schaffen, beauftragt das Plenum das Präsidium, Maßnahmen zu treffen, um den Apparat des EKKI durch Heranziehung entwicklungsfähiger Parteiarbeiter aus den Sektionen zu stärken und von opportunistischen Elementen zu säubern . . . Trotzki: »Permanente Revolution« gegen »Sozialismus in einem Land« (1930) Neben Lenin war es vor allem Trotzki, der die Gründung der Komintern forciert und die Kominternpolitik in den ersten Jahren führend mitbestimmt hatte. Nach Lenins Tod gelang es Stalin, Trotzki nicht nur in der sowjetischen Partei, sondern auch in der Komintern zu isolieren. 1923 sympathisierten einige Parteien mit Trotzkis Politik (besonders die KP Polens), später konnte er sich nur noch auf kleine oppositionelle Grup­pen stützen. Nach seiner Ausweisung aus der Sowjetunion 1929 trat Trotzki als einer der schärfsten Kritiker der Kominternpolitik auf. Die verhängnisvolle Politik der KPD vor 1933 entlarvte er schon frühzeitig in Broschüren und Artikeln, er versuchte aber zu­gleich auch die prinzipiellen Gegensätze zwischen seiner und Lenins Politik einerseits und der Stalinschen Position anderer­seits auszutragen. Die Hauptdiskussionen gingen dabei lange Jahre um die Streitfrage »Permanente Revolution« oder »So­zialismus in einem Land«. Die Rolle der Komintern wurde in diesen gegensätzlichen Auffassungen unterschiedlich gedeutet. Trotzki legte in seiner 1930 erschienenen Schrift »Die perma­nente Revolution« seine Haltung thesenhaft dar. Noch vor ihrem Niedergang nach 1933 erklärte Trotzki die Komintern für tot. Durch die Gründung einer IV. Internationale hoffte er seine kommunistischen Vorstellungen organisatorisch ver­wirklichen zu können. In der »Permanenten Revolution« von 1930 hatte Trotzki geschrieben: ... 1. Die Theorie der permanenten Revolution erfordert jetzt von jedem Marxisten die größte Aufmerksamkeit, denn der Verlauf des geistigen Kampfes wie des Klassenkampfes hat die Frage voll­ständig und restlos aus dem Bereich der Erinnerungen an alte Mei­nungsverschiedenheiten innerhalb der russischen Marxisten heraus­gehoben und in eine Frage nach Charakter, inneren Zusammen­hängen und Methoden der internationalen Revolution überhaupt umgewandelt. In bezug auf die Länder mit einer verspäteten bürgerlichen Entwicklung, insbesondere auf die kolonialen und halbkolonialen Länder, bedeutet die Theorie der permanenten Revolution, daß die volle und wirkliche Lösung ihrer demokratischen Aufgabe und des Problems ihrer nationalen Befreiung nur denkbar ist mittels der Diktatur des Proletariats als des Führers der unterdrückten Nation und vor allem ihrer Bauernmassen. Nicht nur die Agrarfrage, sondern auch die nationale Frage weist der Bauernschaft, die in den zurückgebliebenen Ländern die überwiegende Mehrheit der Bevölkerung bildet, einen außerordent- Kchen Platz in der demokratischen Revolution an. Ohne ein Bünd­nis des Proletariats mit der Bauernschaft können die Aufgaben der demokratischen Revolution nicht nur nicht gelöst, sondern auch nicht ernstlich gestellt werden. Das Bündnis dieser zwei Klassen ist aber nicht anders zu verwirklichen als im unversöhnlichen Kampf gegen den Einfluß der national-liberalen Bourgeoisie. Wie verschieden die ersten episodenhaften Etappen der Revo­lution in den einzelnen Ländern auch sein mögen, die Verwirkli­chung des revolutionären Bündnisses zwischen Proletariat und Bauernschaft ist nur denkbar unter der politischen Führung der proletarischen Avantgarde, die in der Kommunistischen Partei organisiert ist. Dies wiederum bedeutet, daß der Sieg der demokra­tischen Revolution nur durch die Diktatur des Proletariats denk­bar ist, das sich auf das Bündnis mit der Bauernschaft stützt und in erster Linie die Aufgaben der demokratischen Revolution löst... Das Bestreben der Komintern, den Ländern des Ostens heute die von der Geschichte längst und endgültig überholte Losung der demokratischen Diktatur des Proletariats und der Bauernschaft aufzuzwingen, kann nur eine reaktionäre Wirkung haben. Insofern diese Losung der Losung der Diktatur des Proletariats entgegen­gestellt wird, trägt sie politisch zur Auflösung des Proletariats in den kleinbürgerlichen Massen bei und schafft dadurch die günstig­sten Bedingungen für die Hegemonie der nationalen Bourgeoisie, folglich auch für das Fiasko der demokratischen Revolution. Die Aufnahme dieser Losung in das Programm der Komintern ist ein direkter Verrat am Marxismus und an den Oktobertraditionen des Bolschewismus. Die Diktatur des Proletariats, das als Führer der demokratischen Revolution zur Herrschaft gelangt ist, wird unvermeidlich und in kürzester Frist vor Aufgaben gestellt sein, die mit weitgehenden Eingriffen in die bürgerlichen Eigentumsrechte verbunden sind Die demokratische Revolution wächst unmittelbar in die soziali­stische hinein und wird dadurch allein schon zur permanenten Re­volution. Die Machteroberung durch das Proletariat schließt die Revolu­tion nicht ab, sondern eröffnet sie nur. Der sozialistische Aufbau ist nur auf der Basis des Klassenkampfes im nationalen und inter­nationalen Maßstabe denkbar. Unter den Bedingungen des ent­scheidenden Übergewichts kapitalistischer Beziehungen in der Welt­arena wird dieser Kampf unvermeidlich zu Explosionen führen, d. h. im Innern zum Bürgerkrieg und außerhalb der nationalen Grenzen zum revolutionären Krieg. Darin besteht der permanente Charakter der sozialistischen Revolution, ganz unabhängig davon, ob es sich um ein zurückgebliebenes Land handelt, das erst gestern seine demokratische Umwälzung vollzogen hat, oder um ein altes kapitalistisches Land, das eine lange Epoche der Demokratie und des Parlamentarismus durchgemacht hat. Der Abschluß einer sozialistischen Revolution ist im nationalen Rahmen undenkbar. Eine grundlegende Ursache für die Krisis der bürgerlichen Gesellschaft besteht darin, daß die von dieser Gesell­schaft geschaffenen Produktivkräfte sich mit dem Rahmen des nationalen Staates nicht vertragen. Daraus ergeben sich einerseits die imperialistischen Kriege, andererseits die Utopie der bürger­lichen Vereinigten Staaten von Europa. Die sozialistische Revolu­tion beginnt auf nationalem Boden, entwickelt sich international und wird vollendet in der Weltarena. Folglich wird die soziali­stische Revolution in einem neuen, breiteren Sinne des Wortes zu einer permanenten Revolution: sie findet ihren Abschluß nicht vor dem endgültigen Siege der neuen Gesellschaft auf unserem ganzen Planeten. Das angeführte Schema der Entwicklung der Weltrevolution beseitigt die Frage nach den Ländern, die für den Sozialismus »reif« oder »nicht reif« sind, im Geiste jener pedantisch leblosen Klassifi­zierung, wie sie das heutige Programm der Komintern gibt. Inso­fern der Kapitalismus einen Weltmarkt geschaffen hat, eine welt­umfassende Arbeitsteilung und weltumfassende Produktivkräfte, hat er zugleich die Weltwirtschaft in ihrer Gesamtheit für die sozialistische Umgestaltung vorbereitet. Verschiedene Länder werden diesen Prozeß in verschiedenem Tempo vollziehen. Unter gewissen Bedingungen können zurück­gebliebene Länder früher als die fortgeschrittenen zur Diktatur des Proletariats kommen, aber später zum Sozialismus. Ein zurückgebliebenes koloniales Land, dessen Proletariat nicht genügend darauf vorbereitet ist, die Bauernschaft um sich zu sam­meln und die Macht zu ergreifen, wird schon dadurch allein außer­stande sein, seine demokratische Umwälzung zu Ende zu führen. In einem Lande dagegen, wo das Proletariat als Endergebnis einer demokratischen Revolution zur Macht gekommen ist, hängt das weitere Schicksal der Diktatur und des Sozialismus letzten Endes nicht nur und nicht so sehr von den nationalen Produktivkräften ab wie von der Entwicklung der internationalen sozialistischen Re­volution. Die Theorie des Sozialismus in einem Lande, die auf der Hefe der Reaktion gegen den Oktober hochgegangen ist, ist die einzige Theorie, die folgerichtig und restlos im Gegensatz steht zu der Theorie der permanenten Revolution. Der Versuch der Epigonen, unter den Schlägen der Kritik die Anwendbarkeit der Theorie des Sozialismus in einem Land ausschließlich auf Rußland zu beschrän­ken, infolge seiner besonderen Eigenschaften (Ausdehnung, natür­liche Reichtümer usw.), macht die Sache nicht besser, sondern schlechter. Der Bruch mit der internationalen Position führt stets und unvermeidlich zum nationalen Messianismus, d. h. dazu, dem eigenen Lande besondere Vorzüge und Eigenschaften zuzusprechen, die es ihm erlauben, eine Mission zu erfüllen, die den andern Län­dern versagt ist. Die weltumfassende Arbeitsteilung, die Abhängigkeit der Sowjet­industrie von der ausländischen Technik, die Abhängigkeit der Produktivkräfte der fortgeschrittenen Länder Europas von den asiatischen Rohstoffen usw. usw. machen in keinem Lande der Welt den Aufbau einer selbständigen nationalen sozialistischen Gesell­schaft möglich. Die Theorie von Stalin und Bucharin bringt nicht nur der gan­zen Erfahrung der russischen Revolution zuwider die demokra­tische Revolution mechanisch in Gegensatz zu der sozialistischen Revolution, sondern sie trennt auch die nationale Revolution von der internationalen. Diese Theorie stellt den Revolutionen in den zurückgebliebenen Ländern die Aufgabe, ein nicht zu verwirklichendes Regime einer demokratischen Diktatur zu errichten, das sie zu der Diktatur des Proletariats in Gegensatz bringt: Damit trägt sie Illusionen und Fiktionen in die Politik hinein, lähmt den Kampf des Proletariats des Ostens um die Macht und hält den Sieg der kolonialen Revo­lutionen auf. Die bereits eroberte proletarische Macht bedeutet vom Standpunkt der Theorie der Epigonen schon die Vollendung der Revolution (»zu neun Zehnteln« nach der Formel Stalins) und den Beginn der Epoche nationaler Reformen. Die Theorie vom Hineinwachsen des Kulaken in den Sozialismus und die Theorie von der »Neutra­lisierung« der Weltbourgeoisie ist deshalb von der Theorie des So­zialismus in einem Lande nicht zu trennen. Sie stehen und fallen zusammen. Durch die Theorie des Nationalsozialismus wird die Kommunisti­sche Internationale zu einem Werkzeug degradiert, das nur für den Kampf gegen die militärische Intervention von Nutzen ist. Die heutige Politik der Komintern, ihr Regime und die Auswahl ihres führenden Personals entspricht völlig dieser Degradierung der Kommunistischen Internationale zur Rolle eines Hilfskorps, das nicht ausersehen ist, große, selbständige Aufgaben zu lösen. Das von Bucharin geschaffene Programm der Kommunistischen Internationale [vgl. Dok. 27] ist durch und durch eklektisch. Es macht den hoffnungslosen Versuch, die Theorie des Sozialismus in einem Lande mit dem marxistischen Internationalismus, der von dem permanenten Charakter der Weltrevolution untrennbar ist, zu versöhnen. Der Kampf der linken kommunistischen Opposition um eine richtige Politik und ein gesundes Regime in der Kommuni­stischen Internationale ist nicht zu trennen von dem Kampfe um ein marxistisches Programm. Die Frage des Programms wiederum ist nicht zu trennen von der Frage der zwei einander ausschließen­den Theorien: der permanenten Revolution und des Sozialismus in einem Lande. Das Problem der permanenten Revolution ist längst hinausgewachsen über die von der Geschichte restlos erschöpften episodischen Meinungsverschiedenheiten zwischen Lenin und Trotzki. Der Kampf geht um die grundlegenden Gedanken von Marx und Lenin auf der einen Seite und der Eklektik der Zentri­sten auf der anderen Seite. 31 ] Sozialdemokratie— »soziale Hauptstütze der Bourgeoisie« (1931) Die Vertiefung der Weltwirtschaftskrise steigerte in der Kom­intern den Glauben, daß die Weltrevolution wieder in Gang komme. Um die Mehrheit der Arbeiterklasse für den Kommu­nismus zu gewinnen, richtete die Komintern daher den »Haupt­stoß« gegen die Sozialdemokratie. Eine »Einheitsfront« gegen die wachsende Gefahr des Faschismus wurde praktisch verhin­dert, da nur eine »Einheitsfront von unten« als zulässig galt. Das war der Versuch, die sozialdemokratischen Massen von ihrer Führung zu trennen und sie zur KP herüberzuziehen. Für die wichtigste Sektion der Komintern, die KPD, bedeutete diese Strategie, daß sie »zuerst« die sozialdemokratischen und bürgerlich-demokratischen Träger des Weimarer Staates aus dem Felde schlagen sollte, um dann mit Hitler fertig zu wer­den. Damit stärkte sie - trotz aller prinzipiellen Gegensätzlich­keit - indirekt und ungewollt die Hitlerbewegung. Das XI. EKKI-Plenum 1931 bestätigte in einer langen Reso­lution (aus der Auszüge wiedergegeben sind) diese Linie. Ein verstärktes Hervorheben des »russischen Vorbildes« ist außer­dem ebenso bemerkenswert wie die neue Linie in der Gewerk­schaftsarbeit: eine Spaltung der Gewerkschaften (RGO-Politik) wird propagiert. I. Die Krise des kapitalistischen Systems. - Der wachsende Auf­schwung des Sozialismus in der Sowjetunion Die im letzten Jahr auf der Grundlage der allgemeinen Krise des Kapitalismus zur Entfaltung gelangte, in der Geschichte als die größte dastehende Weltwirtschaftskrise, die alle kapitalistischen Länder sowie alle wichtigsten Wirtschaftszweige erfaßt hat, und das gigantische Wachstum des sozialistischen Aufbaus in der So­wjetunion haben mit noch nicht dagewesener Schärfe die Gegen­sätze zwischen dem System des emporstrebenden Sozialismus und dem System des verfaulenden Kapitalismus zum Vorschein ge­bracht. Die Gegensätze zwischen dem kapitalistischen und dem sozialistischen System haben in ihrer Entwicklung noch nie eine derartige Kraft erlangt und der Vorzug des sozialistischen Systems gegenüber dem kapitalistischen System ist noch niemals so plastisch in Erscheinung getreten wie heute ... Das seit der letzten Tagung des Erweiterten Präsidiums des EKKI im Februar 1930 abgelaufene Jahr, das ein Jahr historischen Um­schwungs ist, zeigte das Wachsen der Krise, die Unvermeidlichkeit des Untergangs des kapitalistischen Systems und den siegreichen Aufschwung des sozialistischen Aufbaus. Mit der kapitalistischen Stabilisierung geht es zu Ende. In der Sowjetunion wird der Bau des Fundaments der sozialistischen Ökonomik vollendet .. . Die Sozialdemokratie als die soziale Hauptstütze der Bourgeoisie Die Weltwirtschaftskrise hat mit aller Klarheit die Rolle der internationalen Sozialdemokratie als der sozialen Hauptstütze der Diktatur der Bourgeoisie geoftenbart. In allen ausschlaggebenden Etappen der Entwicklung des Klassenkampfes seit dem imperiali­stischen Weltkrieg und der Entstehung der proletarischen Diktatur stand die Sozialdemokratie auf Seiten des Kapitalismus, gegen die Arbeiterklasse. Sie schickte Millionen Proletarier auf die imperiali­stische Schlachtbank unter der Flagge der »Vaterlandsverteidigung«. Sie half »ihrer« Bourgeoisie bei der Durchführung der militärischen Intervention gegen die Sowjetunion in den Jahren 1918-20. Sie rettete den Kapitalismus vor der proletarischen Revolution un­mittelbar nach dem Kriege (Deutschland, Österreich, Ungarn, Ita­lien, Finnland). Sie half der Bourgeoisie aktiv die kapitalistische Wirtschaft befestigen. Sie spannte die Arbeitermassen in das Joch der kapitalistischen Rationalisierung ein. Sie bietet jetzt, im Augen­blick der schwersten Krise, alle Anstrengungen auf, um das kapita­listische System der Ausbeutung und Sklaverei vor dem herauf­ziehenden Untergang zu retten. Die gesamte Entwicklung der Sozialdemokratie seit dem Kriege und seit der Entstehung der Sowjetmacht in der Sowjetunion ist ein ununterbrochener Evolutionsprozeß zum Faschismus ... Der Zustand der Sektionen der KI und die nächsten Aufgaben ... 3. Das XI. EKKI-Plenum, das die Generallinie und die Arbeit des Präsidiums des EKKI bei der Abstellung der festgestellten Schwächen und Mängel in der Arbeit der Sektionen der KI restlos billigt, hält es für notwendig, die Aufmerksamkeit der kommuni­stischen Parteien auf die nächststehenden, sich aus der neuen Situa­tion des revolutionären Klassenkampfes ergebenden unmittelbar nächsten Hauptaufgaben zu konzentrieren. Die Hauptaufgabe, die augenblicklich vor allen kommunistischen Parteien steht, besteht in der Eroberung der Mehrheit der Arbei­terklasse als der unerläßlichen Voraussetzung des Sieges über die Bourgeoisie, in der Vorbereitung der Arbeiterklasse für die ent­scheidenden Kämpfe und die Diktatur des Proletariats. Die er­folgreiche Erfüllung dieser Hauptaufgabe hängt aufs engste zu­sammen mit der Festigung der selbständigen revolutionären Ge­werkschaftsbewegung, mit der im Prozeß der Massenbewegung des Proletariats zu erfolgenden Verwandlung der revolutionären Ge­werkschaftsopposition und der selbständigen revolutionären Ge­werkschaften in wirkliche Massenorganisationen, die fähig sind, die Wirtschaftskämpfe des Proletariats tatsächlich vorzubereiten und anzuführen und zu den hauptsächlichsten Verbindungsorgani­sationen der kommunistischen Partei zu den breitesten Arbeiter­massen zu werden. Die Ungleichmäßigkeit der Entwicklung der Krise und des revolu- tionären Aufschwunges fordert von jeder kommunistischen Partei bei der Vorbereitung der Massenaktionen eine konkrete Anwen­dung solcher Formen der Einheitsfront von unten, die die Möglich­keit der Hineinziehung der breitesten Massen der Arbeiter und Arbeiterinnen, der Erwerbslosen, der Arbeiterjugend, der Ange­stellten und anderer halbproletarischer Schichten gewährleisten ... Das XI. EKKI-Plenum, das die ungenügende Arbeit der kommu­nistischen Parteien in bezug auf den Kampf gegen die unmittelbare Gefahr des Interventionskrieges hervorhebt, verpflichtet alle Sek­tionen der Komintern zur Führung des aktivsten Kampfes zur Verteidigung der Sowjetunion, gegen den imperialistischen Krieg und um den Frieden, und zwar unter unermüdlicher Entlarvung der schuftigen pazifistischen Manöver der II. sozialfaschistischen Internationale - des aktiven Anstifters und Organisators des kon­terrevolutionären Krieges gegen die Sowjetunion. Bei der Vorbereitung und Entfaltung aller Formen der revolutio­nären Aktionen muß unbedingt ein höchst erbitterter, konsequen­ter und allseitiger Kampf gegen die sozialdemokratischen reformi­stischen Führer geführt und gleichzeitig eine höchst zähe Arbeit zur Eroberung der sozialdemokratischen Arbeiter und Mitglieder der reformistischen Gewerkschaften auf der Grundlage der Einheits­fronttaktik von unten betrieben werden. Bei der Entlarvung der Manöver der Sozialdemokratie sowie bei der Aufzeigung des Ge­gensatzes zwischen ihren »linken« Phrasen und ihren verräterischen Taten müssen die Sektionen der KI auf der Grundlage einer kon­kreten Plattform von Tagesförderungen vermittels den Massen verständlicher Methoden jede einzelne Verräterei der Sozialdemo­kratie aufdecken und den gemeinsamen Kampf mit den sozial­demokratischen Arbeitern gegen die Offensive des Kapitals, gegen den imperialistischen Krieg und die faschistische Reaktion orga­nisieren ... 32] Das EKKI über Faschismus und Sozial­demokratie (1932) Trotz des machtvollen Anstiegs des Nationalsozialismus in Deutschland änderte die Komintern ihre grundsätzliche Hal­tung auch 1932 nicht. Das XII. EKKI-Plenum (27. 8. - 12. 9. 1932) erklärte weiterhin die Sozialdemokratie zum Haupt­feind. Wie die Auszüge aus der Resolution zeigen, wurde vier Monate vor Hitlers Machtantritt noch immer die Schaffung eines »Sowjetdeutschland« zur Aufgabe der KPD erklärt. Die Aufgabenstellung des EKKI für die verschiedenen kom­munistischen Parteien im Jahre 1932 vermittelt interessante Einblicke in die Strategie der Komintern während der Welt­wirtschaftskrise. ... III. Diktatur der Bourgeoisie, Nationalismus, Faschismus und S ozialfaschismus 1. Die Diktatur der Bourgeoisie ändert sich unentwegt in der Rich­tung einer weiteren Verschärfung der politischen Reaktion und der Faschisierung des Staates und offenbart dabei zugleich eine Schmälerung der Basis der bürgerlichen Herrschaft sowie das Zu- tagetreten von Rissen und Zersetzungserscheinungen in ihr. Die Zwistigkeiten im Lager der Bourgeoisie nehmen nicht selten die Form der Spaltung in sich gegenseitig befehdende Lager (Deutsch­land, Finnland, Jugoslawien), in einzelnen Fällen von Ermordung bürgerlicher Staatsmänner an (Japan). In der Regel fällt es der Bourgeoisie immer schwerer, die in ihren Reihen entstehenden Konflikte beizulegen. In den meisten kapitalistischen Ländern organisiert die Großbour­geoisie faschistische Bürgerkriegstruppen, erhebt den politischen Banditismus, den weißen Terror, die Folterungen der politischen Gefangenen, Provokationen, Fälschungen, Niederschießung von Streikenden und Demonstranten, Auflösung und Zertrümmerung von Arbeiterorganisationen zum System. Dabei verzichtet die Bourgeoisie jedoch keineswegs auf die Ausnutzung des Parlaments und der Dienste der sozialdemokratischen Parteien für den Betrug der Massen. In Deutschland wurde durch die Regierung von Papen-Schleicher, bei Verschärfung der äußeren Gegensätze und außerordentlicher Anspannung der inneren Klassenbeziehungen, mit Hilfe der Reichs­wehr, des »Stahlhelm« und der Nationalsozialisten eine der For­men der faschistischen Diktatur errichtet, der die Sozialdemokra­tie und das Zentrum den Weg gebahnt haben. Die weitere Entwick­lung oder der Zerfall dieser Diktatur hängt vom revolutionären Kampf der Arbeiterklasse gegen den Faschismus in allen seinen Formen ab ... 3. Der Faschismus sowie der Sozialfaschismus (Sozialdemokratis- mus) treten für die Aufrechterhaltung und Festigung des Kapitalis­mus, der bürgerlichen Diktatur ein, aber sie ziehen daraus ver­schiedene taktische Schlußfolgerungen. Da die Lage der herrschen­den Bourgeoisie eines jeden Landes gegenwärtig äußerst wider­spruchsvoll ist und sie häufig nötigt, zwischen dem Kurs auf ent­schlossene Entfesselung des Kampfes gegen ihre äußeren und inne­ren Feinde und einem vorsichtigeren Kurs zu lavieren, widerspie­gelt sich dieser widerspruchsvolle Charakter auch in der Verschie­denheit der Haltung des Faschismus und des Sozialfaschismus. Die Sozialfaschisten ziehen eine gemäßigtere und »gesetzmäßigere« Anwendung der bürgerlichen Klassengewalt vor, weil sie gegen die Einschränkung der Basis der bürgerlichen Diktatur sind; sie setzen sich für deren »demokratische« Tarnung und Aufrechterhaltung, vorzüglicherweise ihrer parlamentarischen Formen ein, deren Feh­len es ihnen erschwert, ihre spezielle Funktion des Betrugs der Ar­beitermassen zu erfüllen ... Einen besonderen Eifer in diesem Manöver legen die »linken« sozialdemokratischen Gruppen an den Tag, bei gleichzeitiger Ent­faltung einer tollen Hetze gegen die kommunistischen Parteien und die Sowjetunion. Nur wenn die Kommunisten den vielseitigen Formen der Manövrierpolitik der Sozialfaschisten in ihrer ganzen Konkretheit Rechnung tragen, vermögen sie diese wirklich zu ent­larven und zu isolieren. Nur wenn der Hauptschlag gegen die Sozialdemokratie - diese soziale Hauptstütze der Bourgeoisie - gerichtet wird, kann man den Hauptklassenfeind des Proletariats, die Bourgeoisie, mit Erfolg schlagen und zerschlagen. Und nur wenn die Kommunisten zwischen den sozialdemokratischen Füh­rern und den sozialdemokratischen Arbeitern streng unterscheiden, können sie die Mauer, die sie häufig von den sozialdemokratischen Arbeitern trennt, im Namen der revolutionären Einheitsfront von unten niederreißen ... V. Die nächsten Aufgaben der Sektionen der Kl Gegenwärtig ist die allgemeine Aufgabe der Komintern und ihrer Sektionen in allen kapitalistischen Ländern der konkrete Kampf: 1. gegen die Kapitaloffensive, 2. gegen den Faschismus und Reaktion, 3. gegen den heranrückenden imperialistischen Krieg und die Intervention gegen die Sowjetunion! Die richtige Durchführung dieses Kampfes gegen die Offensive der Bourgeoisie ist aufs engste mit der Eroberung der Mehrheit der Ar­beiterklasse, mit der Untergrabung und Zerschlagung des Massen­einflusses der Sozialdemokratie verbunden. Das Kettenglied, das die kommunistischen Parteien als Ausgangspunkt bei der Lösung dieser Aufgaben erfassen müssen, ist der Kampf um die wirtschaft­lichen und politischen Tagesinteressen der breiten Massen, gegen das wachsende Elend, gegen Rechtlosigkeit, Gewalt und Terror. Das ist besonders wichtig unter den Bedingungen des Endes der kapitalistischen Stabilisierung, der schroffen Verengung der ma­teriellen Basis des Reformismus und des zynischen Verrates der Arbeiterinteressen durch die Sozialdemokratie, da der Kampf um die elementarsten Nöte der Massen diese mit den unmittelbaren Grundlagen der Existenz des Kapitalismus in Zusammenstoß bringt. Nur gestützt auf den Kampf für die Tagesinteressen der Massen werden die kommunistischen Parteien imstande sein, die Positionen der Arbeiterklasse zu behaupten und zu befestigen und sie selbst an immer höhere Formen des Kampfes heranzuführen. Beim Vorhandensein entsprechender Bedingungen bildet die Vor­bereitung und Durchführung des Massenstreiks eines der wichtig­sten nächsten Kettenglieder im revolutionären Kampf des Prole­tariats. Es ist notwendig, eine systematische Propaganda der Dik­tatur des Proletariats zu betreiben und die Sowjetunion, wo das Proletariat erfolgreich die klassenlose sozialistische Gesellschaft aufbaut, zu popularisieren. Zu den besonderen Aufgaben der wichtigsten kommunistischen Parteien gehören folgende: KP Deutschlands: Mobilisierung der Millionenmassen der Werk­tätigen zur Verteidigung ihrer Lebensinteressen gegen die Aus­plünderung durch das Monopolkapital, gegen den Faschismus, gegen die Notverordnungen, gegen den Nationalismus und Chauvinis­mus und Heranführung der Massen durch Auslösung wirtschaft­licher und politischer Streiks, durch den Kampf für den proletari­schen Internationalismus, durch Demonstrationen, an den [politi­schen] Generalstreik; Eroberung der ausschlaggebenden sozial­demokratischen Massen, energische Ausmerzung der Schwächen der Gewerkschaftsarbeit. Die Hauptlosung, die die KPD der Losung der faschistischen Diktatur (»Drittes Reich») ebenso wie der Lo­sung der Sozialdemokratischen Partei (»Zweite Republik«) gegen­überstellen muß, ist die Losung der »Arbeiter- und Bauern­republik«, d. h. die Losung des »Sozialistischen Sowjet-Deutsch­lands«, die auch die Möglichkeit eines freiwilligen Anschlusses des österreichischen Volkes und anderer deutscher Gebiete gewähr­leistet. KP Frankreichs: Wendung zur Verteidigung der Tagesinteressen der Arbeiter- und Bauernmassen (gegen den Lohnabbau, für die Sozialversicherung, für eine sofortige Erwerbslosenunterstützung, gegen den Steuerdruck usw.) durch Verknüpfung dieser Verteidi­gung mit dem Kampfe gegen Versailles, gegen die Unterdrückung Elsaß-Lothringens sowie der Kolonien und gegen die Kriegspoli­tik des französischen Imperialismus. In dieser Richtung die Partei, die Unitären Gewerkschaften und den Kommunistischen Jugend­verband umorientierend, durch zähe Massenarbeit das Sektierer­tum ihrer jungen Kader überwindend, sie auf der Grundlage einer breiten Wählbarkeit und des Vertrauens der unteren Massen zu ihnen umerziehend, muß die Partei geduldig und unermüdlich um die Befreiung der syndikalistischen und sozialistischen Arbeiter von den reformistischen, parlamentarischen und pazifistischen Illusio­nen kämpfen. KP Polens: Erweiterung der Front der wirtschaftlichen und poli­tischen Streiks; Vernichtung des Masseneinflusses der PPS; Leitung von Bauernaktionen in ganz Polen; Überwindung der Schwächen der Partei in den Großbetrieben, unter den Eisenbahnern, in der Armee. Bei Vorhandensein entsprechender Bedingungen muß die Partei die Initiative zur Durchführung des Generalstreiks ergrei­fen. Mobilisierung breitester Massen in Stadt und Land gegen die verbrecherische Politik des Antisowjetkrieges. Zäher ideologischer Kampf gegen die nationalistischen Vorurteile der polnischen Ar­beiter, Bauern und des Kleinbürgertums. KP der Tschechoslowakei: Weiterentwicklung der wirtschaftlichen und politischen Kämpfe auf der Grundlage der Einheitsfront von unten in Verknüpfung dieses Kampfes mit der Entlarvung der Rolle der tschechoslowakischen Regierung als Handlanger des fran­zösischen Imperialismus. Verstärkung des Kampfes gegen die So­zialdemokratie, systematische Überwindung aller Tendenzen von Passivität und Schwanzpolitik. Eroberung der Leitung der Kämpfe und organisatorische Verankerung des im Laufe der Kämpfe er­oberten Masseneinflusses der Kommunistischen Partei und der Roten Gewerkschaften. Die KP Italiens muß durch Auslösung des Massenkampfes gegen die faschistische Diktatur, auf der Grundlage der Verteidigung der Tagesinteressen der Werktätigen, aus der tiefen Illegalität heraus­treten, indem sie die faschistischen Versammlungen ausnützt, ohne Genehmigung Betriebsversammlungen organisiert, in die faschisti­schen Gewerkschaften, Bildungs- und Genossenschaftsorganisatio­nen eindringt, Streiks und Demonstrationen vorbereitet und durch­führt; sie muß mit allen Kräften die illegale Massenarbeit verstär­ken. Die KP Spaniens muß, den Kurs auf die Diktatur des Proletariats und der Bauernschaft in der Form der Sowjets haltend, organisa­torische Stützpunkte der Massenbewegung der Werktätigen in der Form von Betriebsräten, Erwerbslosenausschüssen, Bauernkomitees, gewählten Soldatenausschüssen schaffen, indem sie die sektiereri­sche Abkapselung und die anarchistischen Arbeitsgewohnheiten überwindet. KP Englands: Entschlossene Durchführung der Wendung zur Ar­beit in den reformistischen Gewerkschaften und in den Betrieben durch Mobilisierung der Arbeitermassen auf der Grundlage der Einheitsfront von unten zum Kampf: 1. gegen die neue Offensive der Bourgeoisie auf Löhne und Erwerbslosenunterstützung; 2. ge­gen die Regierungspolitik der Unterstützung und Förderung der sowjetfeindlichen Aggressivität des japanischen und französischen Imperialismus; 3. für die Unabhängigkeit der britischen Kolonien und Irlands. Die KP der Vereinigten Staaten muß die Massen mobilisieren, in­dem sie in den Vordergrund stellt den Kampf: 1. um die Sozial­versicherung, gegen Lohnabbau, für sofortige Erwerbslosenunter­stützung; 2. Hilfeleistung an die dem Ruin entgegengehenden Far­mer; 3. für die Gleichberechtigung der Neger und das Selbstbestim­mungsrecht für die »Schwarze Zone«; 4. für die Verteidigung des chinesischen Volkes und der Sowjetunion. Es ist notwendig, den Beschluß über die Wendung in der Arbeit der Partei und der Liga der Gewerkschaftseinheit in die Tat umzusetzen. Die KP Japans hat die Aufgabe, ihren Kampf gegen Krieg und Okkupation der Gebiete Chinas zu einer wirklichen Massenbewe­gung der Arbeiter und Bauern zu gestalten und ihn aufs engste mit dem Kampf um die brennenden Tagesnöte der Massen zu ver­knüpfen. Es ist notwendig, Arbeiter- und Bauern-Selbstschutzaus- schüsse sowie gemeinsame Aktionen einer Reihe von Dörfern gegen die Zwangseintreibung von Zahlungen der Bauern und gegen die Vertreibung der Pächter von der Scholle zu organisieren; die Mas­sen sind über die Notwendigkeit des revolutionären Kampfes um die entschädigungslose Konfiskation des gutsbesitzerlichen Bodens zugunsten der Bauern aufzuklären. KP Chinas: 1. Mobilisierung der Massen unter der Losung des nationalrevolutionären Kampfes gegen die japanischen und son­stigen Imperialisten um die Unabhängigkeit und die Einigung Chinas; 2. Entwicklung und Vereinigung der Sowjetgebiete, Ver­stärkung der Roten Armee; 3. Kampf um den Sturz der Kuomin­tangmacht; 4. entschiedener Kurs auf Umwandlung der Roten Ge­werkschaften in Massenorganisationen und Eroberung der in den Kuomintang-Gewerkschaften organisierten Arbeiter; 5. Entfaltung der Partisanen-Bewegung, wobei in der Mandschurei die Losung der Schaffung von Bauernkomitees, der Steuerverweigerung und des Boykotts der Regierungsverordnungen, der Konfiskation des Vermögens der Agenten des Imperialismus, der Organisierung einer gewählten Volksmacht aufzustellen ist; 6. Popularisierung der Er­rungenschaften der Sowjetgebiete und der Losung des brüderlichen Bündnisses der Arbeiter und Bauern Chinas mit der Sowjetunion. KP Indiens: Politische und organisatorische Festigung der Kom­munistischen Partei, Erziehung bolschewistischer Kader, zäher Kampf in den reformistischen Gewerkschaften, Entwicklung einer breiten antiimperialistischen Front, Befreiung der Massen vom Einfluß des Nationalkongresses; agitatorische und organisatorische Vorbereitung des Generalstreiks; weitestgehende Unterstützung der Bauernbewegung für Verweigerung der Steuer-, Pacht- und Schul­denzahlungen; Popularisierung der Hauptlosungen und Aufgaben der Agrarrevolution. Auf organisatorischem Gebiet sind die wichtigsten Aufgaben der Sektionen der KI folgende: a) Eine sorgfältige konspirative Dek- kung der kommunistischen Zellen in den Betrieben, in Verbindung mit einer hingebungsvollen und kühnen Massenarbeit...; [Auslas­sung im Original] c) entschlossener Kampf gegen die Provokatio­nen in allen ihren Erscheinungsformen; d) rechtzeitige Ergreifung von Maßnahmen, die notwendigenfalls den Übergang der Parteien in die Illegalität sichern; e) Verwandlung der Zeitungen in wirk­liche Massenorgane, die sämtliche, die breiten Massen erregenden Fragen in einfacher, den Arbeitern verständlicher Sprache aufgrei­fen; f) auf dem Gebiet der Leitung sämtlicher Zweige der Partei­arbeit ist auf eine entschlossene Abstellung des Ultrazentralismus, des bloßen Kommandierens, der Aufblähung der Zentralapparate, der Entblößung der lokalen und Unterinstanzen der Partei von Kräften hinzuarbeiten. Das EKKI besteht auf der Umwandlung des KJV [Kommunisti­scher Jugendverband] in eine wirkliche Massenorganisation und ver­pflichtet alle kommunistischen Parteien, eine Verbesserung der po­litischen Massenarbeit unter den Jugendlichen sowie eine Verstär­kung der Parteiführung in der Arbeit des KJV zu sichern. In glei­cher Weise besteht die Komintern auf der Umwandlung der sport­lichen Vereinigungen und der Roten Hilfe in wirkliche Massen­organisationen. Es muß entschieden mit der Unterschätzung der Arbeit unter den proletarischen Frauenmassen Schluß gemacht wer­den; diese Arbeit ist als eine besonders wichtige Aufgabe in der jetzigen Zeit zu betrachten. Es ist notwendig, die Mobilisierung der Arbeiterinnen auf der Grundlage von Frauendelegierten-Ver- Sammlungen zu betreiben und diese Arbeit als eine Arbeit der Ge­samtpartei zu betrachten. Auf dem Gebiet der Erziehung der neu geworbenen Parteimitglieder und der neuen Kader bedarf es der Durchführung sowohl von Parteibildungsschulen als auch der Eingliederung dieser Parteimitglieder in die tägliche revolutionäre Arbeit inmitten der breitesten Massen. Innerparteiliche Demokratie, bolschewistische Selbstkritik, Erörte­rung der wichtigsten politischen Fragen in den unteren Parteiorga­nisationen, konkrete Anleitung ihrer Arbeit müssen zur Grundlage der gesamten Parteitätigkeit werden. Sie sind gleichzeitig die Vor­aussetzung für die Einführung und Festigung eiserner bolschewi­stischer Disziplin in den Parteireihen. Unversöhnlicher Kampf gegen alle Entstellungen des Marxismus- Leninismus, für die Reinheit der Parteitheorie im Sinne der im Briefe des Genossen Stalin enthaltenen Weisungen, Propagierung der Prinzipien des Kommunismus, der Diktatur des Proletariats und der Sowjetmacht. Die Krise hat das kapitalistische System in seinen Grundfesten er­schüttert. In der Sowjetunion erringt der Sozialismus weltgeschicht­liche Siege. Die Kräfte der sozialistischen Revolution wachsen und sind in der ganzen Welt im Ansteigen, aber gleichzeitig führt die internationale Konterrevolution eine immer heftiger werdende Offensive durch. Die imperialistischen Regierungen sind bereit, die Völker in den verbrecherischsten aller verbrecherischen Raubkriege zu schleudern. Auf diese Herausforderung der Weltbourgeoisie müssen die Sek­tionen der KI durch entschlossene, weitestgehende Verstärkung ihrer bolschewistischen Arbeit antworten. Sie müssen die Revolutionie­rung der breiten Massen beschleunigen, die Klassenkämpfe der Werktätigen auf der Grundlage der Einheitsfront von unten aus­lösen und anführen, die Arbeiterklasse an den politischen Massen­streik heranbringen, die Mehrheit der Arbeiterklasse erobern und die gesamte Bewegung der ausgebeuteten Klassen und unterjoch­ten Völker in die Bahn der sozialistischen Weltrevolution lenken. Für die Einheitsfront (1933) Nach dem Sieg Hitlers und nach den ersten schweren Schlägen gegen die KPD änderte die Komintern ihre Generallinie zu­nächst nicht, sie behauptete nach wie vor, zwischen Demokra­tie und Faschismus sowie zwischen Sozialdemokratie und Na­tionalsozialismus gebe es keine wesentlichen Unterschiede. Nach­dem die sozialdemokratische »Sozialistische Arbeiter-Interna­tionale« am 19. Februar 1933 mit einem Einheitsfront-Aufruf gegen Hitler an die Öffentlichkeit getreten war, erklärte sich allerdings auch das EKKI der Komintern Anfang März 1933 für die Einheitsfront. Spitzenverhandlungen mit der Führung der Sozialistischen Arbeiter-Internationale lehnte das EKKI aber noch ab, deshalb wurden auch die zahlreichen Vorschläge verschiedener kommunistischer Parteien an sozialdemokrati­sche Parteien im März 1933 vielfach nur als taktisches Ma­növer angesehen. An die Arbeiter aller Länder! Die Krise dauert fort. Die Erwerbslosigkeit nimmt unaufhörlich weiter zu. Hunger und Elend erfassen immer neue und neue Schich­ten der Arbeiter. Die Offensive des Kapitals nimmt immer schär­fere Formen an. Die Bourgeoisie holt zum Feldzug aus gegen sämt­liche politischen und wirtschaftlichen Errungenschaften der Arbei­terklasse. Die faschistische Reaktion ergreift ein Land nach dem anderen. Die Errichtung der offenen faschistischen Diktatur in Deutschland hat Millionen Arbeiter aller Länder mit aller Eindring­lichkeit vor die Frage der Notwendigkeit der Organisierung der Einheitskampffront gegen die faschistische Offensive der Bour­geoisie, und, vor allem, gegen die deutsche Bourgeoisie gestellt, die der Arbeiterklasse Schritt für Schritt alle wirtschaftlichen und po­litischen Errungenschaften raubt und die Arbeiterbewegung mit den brutalsten Terrormethoden niederzuwerfen versucht. Das Haupthindernis auf dem Wege der Bildung der Einheitskampf­front der kommunistischen und sozialdemokratischen Arbeiter war und ist die von den sozialistischen Parteien - die heute das inter­nationale Proletariat den Schlägen des Klassenfeindes ausgesetzt haben - betriebene Politik der Arbeitsgemeinschaft mit der Bour­geoisie. Diese Politik der Arbeitsgemeinschaft mit der Bourgeoisie, bekannt als sogenannte Politik des »kleineren Übels«, führte in Deutschland praktisch zum Triumph der faschistischen Reaktion. Die Kommunistische Internationale und die kommunistischen Par­teien aller Länder haben wiederholt ihre Bereitschaft zum gemein­samen Kampf mit den sozialdemokratischen Arbeitern gegen die Kapitaloffensive, politische Reaktion und Kriegsgefahr erklärt. Die kommunistischen Parteien waren die Organisatoren des ge­meinsamen Kampfes der kommunistischen, sozialdemokratischen und parteilosen Arbeiter, trotz den Führern der sozialdemokrati­schen Parteien, die die Einheitsfront der Arbeitermassen systema­tisch gesprengt haben . . . Nun veröffentlichte das Büro der SAI am 19. Februar dieses Jah­res eine Erklärung über die Bereitschaft der dieser Internationale angehörenden sozialdemokratischen Parteien, mit den Kommuni­sten eine Einheitsfront zum Kampf gegen die faschistische Reak­tion in Deutschland zu bilden. Diese Erklärung steht im schärfsten Widerspruch zum ganzen bisherigen Vorgehen der SAI und der sozialdemokratischen Parteien. Die ganze bisherige Politik und Tätigkeit der SAI berechtigen die KI und die kommunistischen Parteien, der Aufrichtigkeit der Erklärung des SAI-Büros, das die­sen Vorschlag in einem Augenblick macht, wo in einer Reihe von Ländern und vor allem in Deutschland die Arbeitermassen die Organisierung der Einheitskampffront selbst in die Hand nehmen, keinen Glauben zu schenken. Dessenungeachtet fordert das EK der Kommunistischen Internatio­nale, angesichts des gegen die Arbeiterklasse Deutschlands vor­stoßenden, alle Kräfte der Weltreaktion entfesselnden Faschismus, alle kommunistischen Parteien auf, noch einen Versuch zur Her­stellung der Einheitskampffront mit den sozialdemokratischen Arbeitermassen durch Vermittlung der sozialdemokratischen Par­teien zu machen. Das EKKI macht diesen Versuch auch in der festen Überzeugung, daß die Einheitsfront der Arbeiterklasse auf dem Boden des Klassenkampfes die Offensive des Kapitals und des Faschismus zurückzuschlagen und das unausbleibliche Ende jeder kapitalistischen Ausbeutung außerordentlich zu beschleunigen ver­möchte. Mit Rücksicht darauf, daß kraft der Eigenart der Verhältnisse so­wie der Verschiedenheit der vor der Arbeiterklasse in dem einzel­nen Land entstehenden konkreten Kampfaufgaben ein Abkom­men zwischen den kommunistischen und sozialdemokratischen Par­teien zu bestimmten Aktionen gegen die Bourgeoisie am erfolg­reichsten im Rahmen einzelner Länder durchgeführt werden kann, empfiehlt das EKKI den kommunistischen Parteien der einzelnen Länder, an die Zentralvorstände der der SAI angehörenden sozial­demokratischen Parteien mit Vorschlägen über gemeinsame Ak­tionen gegen den Faschismus und gegen die Offensive des Kapitals heranzutreten. Doch den Verhandlungen zwischen den ein diesbe­zügliches Abkommen schließenden Parteien müssen die elementar­sten Voraussetzungen des gemeinsamen Kampfes zugrunde ge­legt werden. Ohne konkrete Aktionsprogramme gegen die Bour­geoisie wäre jegliches Abkommen zwischen den Parteien gegen die Interessen der Arbeiterklasse gerichtet. . . Die Kommunisten haben durch ihren langjährigen Kampf bewiesen, daß sie nicht in Worten, sondern in der Tat, in den vordersten Reihen des Kampfes um die Einheitsfront in den Klassenaktionen gegen die Bourgeoisie standen und stehen werden. Das Exekutivkomitee der Kommunistischen Internationale hat den festen Glauben, daß die sozialdemokratischen und die parteilosen Arbeiter ohne Rücksicht darauf, wie sich die sozialdemokratischen Führer zur Schaffung der Einheitsfront stellen werden, alle Hin­dernisse überwinden und gemeinsam mit den Kommunisten die Einheitsfront nicht in Worten, sondern in der Tat herstellen werden. Gerade heute, wo der deutsche Faschismus zur Zerschlagung der Arbeiterbewegung in Deutschland eine unerhörte Provokation (In­brandsetzung des Reichstags, Falschdokumente über Aufstand usw.) organisiert hat, muß jeder Arbeiter seine Klassenpflicht im Kampfe gegen Kapitalsoftensive und faschistische Reaktion erkennen. Nieder mit der faschistischen Reaktion und dem Terror gegen die Arbeiterklasse! Für die Einheitsfront des Proletariats! Proletarier aller Länder, vereinigt euch zum Kampf gegen Kapi­taloffensive und Faschismus! Exekutivkomitee der Kommunistischen Internationale Einheitsfront nur »von unten« Im März 1933 kritisierte die Sozialistische Arbeiter-Internatio­nale die Komintern, weil diese sich zu spät - erst Anfang März (vgl. Dok. 33a) - zwar zur Herstellung der Einheitsfront mit der II. Internationale entschlossen, sich aber nicht an die Spitze der SAI gewandt habe. Daraufhin verfiel die Komintern wie­der in ihren alten Jargon, sprach davon, daß die sozialdemo­kratischen Führer »mit wehenden Fahnen . . . offen in das fa­schistische Lager« hinüberwechselten und »konsequent ihre letzte Entwicklungsetappe vom Sozialfaschismus zum Faschismus« durchmachten (Inprekorr Nr. 8/1933, S. 219). Im Aufruf des EKKI zum 1. Mai 1933 war entsprechend wieder nur von der »Einheitsfront von unten« die Rede. Spitzenverhandlungen lehnte das EKKI ab und machte damit abermals klar, daß es unter »Einheitsfront« eigentlich nur die Gewinnung sozialde­mokratischer Massen für den Kommunismus verstand. . .. Proletarier der ganzen Welt! Am 1. Mai, dem Tag der internationalen proletarischen Solidari­tät, angesichts des neuen ungeheuerlichen Verrats der deutschen Sozialdemokratie und der II. Internationale, ruft Euch die Kom­munistische Internationale, die wahre Organisation der proleta­rischen Einheit und der internationalen proletarischen Solidarität, zur Herstellung der revolutionären Einheit der Arbeiterklasse durch Euch selbst auf. Der Weg zu dieser Einheit führt über den gemeinsamen Kampf aller Arbeiter, unabhängig von ihrer Partei­zugehörigkeit, auf der Grundlage der revolutionären Einheitsfront gegen Kapitalsoffensive, Faschismus und imperialistischen Krieg. Die Kommunistische Internationale ruft Euch, Proletarier, auf, die Einheitsfront des Kampfes in Massenstreiks am 1. Mai, in De­monstrationen, Meetings und anderen Protestformen gegen den faschistischen Terror in Deutschland, gegen den Raubzug des japa­nischen Imperialismus im Fernen Osten, gegen die Vorbereitung des neuen, imperialistischen Krieges, vor allem des von den englischen »Diehards« und ihren Laufburschen, den Nationallabouristen mit MacDonald an der Spitze, organisierten Krieges gegen die UdSSR herzustellen. Proletarier, legt am 1. Mai die Arbeit nieder, geht auf die Straße, demonstriert gegen die Kapitalsoffensive, Faschismus und Krieg. Arbeiter und Arbeiterinnen! Die Einheitsfront von unten und nicht Spitzenverhandlungen mit Wels und Renaudel brauchen wir jetzt. Für die Führer der II. In­ternationale sind Spitzenverhandlungen nur das Mittel, um die Einheitsfront der Arbeiterklasse zu verzögern, zu verhindern und und zu sprengen. Nur die Initiative der Arbeitermassen selbst, ihr wirksames Eingreifen, ihre Kontrolle auf der Grundlage einer echten Arbeiterdemokratie, nur die Einheitsfront von unten wer­den den Erfolg der Erfüllung dieser im gegenwärtigen Moment zentralen Aufgabe der internationalen Arbeiterbewegung gewähr­leisten. Nur der Kampf der Massen selbst unter der Führung der Kommunistischen Partei wird Schluß machen mit der Ausnutzung der Arbeiter durch die Sozialdemokratie zur Festigung der reak­tionären Einheitsfront des Kapitals. Nur die Massenfront des pro­letarischen Kampfes wird über die Grenzen der einzelnen Länder hinauswachsen, wird eins werden mit dem heroischen Proletariat der UdSSR, der erhabenen Sache eines sozialistischen Aufbaus, mit den Sowjets Chinas, wird zur Kampffront der gesamten interna­tionalen Arbeiterklasse werden. Nur auf diesem Wege wird die wahre internationale Solidarität des Proletariats hergestellt wer­den, und keine Kraft der Welt wird imstande sein, diese internatio­nale Front zu zerbrechen . . . Auch jetzt erklärt die Kommunistische Internationale den Millio­nen Arbeitern der ganzen Welt offen, daß es keine wirkliche Ein­heit der Arbeiterklasse geben kann ohne Kampf um den gewalt­samen Sturz der gesamten bestehenden kapitalistischen Ordnung, um die Errichtung der proletarischen Diktatur. Der Bankrott der deutschen Sozialdemokratie - das ist der blutige Zusammenbruch der Legende der ganzen II. Internationale von der Demokratie als Weg zum Sozialismus. Arbeiter, ihr müßt wissen, daß es keinen an­deren Weg zur Befreiung vom Joch des Kapitals als die proletarische Revolution, keinen anderen Weg zum Sozialismus als die proleta­rische Diktatur gibt. Denkt daran, Arbeiter, daß die Faschisten in Deutschland zur Macht kamen, weil die deutsche Sozialdemokra­tie die proletarische Revolution der Jahre 1918/19 im Blute er­stickte, weil die deutsche Sozialdemokratie, nachdem sie den Kampf um die proletarische Diktatur zunichte gemacht hat, unermüdlich die Diktatur der Bourgeoisie festigte. Arbeiter, ihr müßt wissen, daß es überall so kommen wird, solange ihr nicht die sozialdemo­kratischen Agenten der Bourgeoisie aus eurer Mitte vertreiben wer­det. Nur das Proletariat der UdSSR, das den Weg der proletarischen Revolution und der proletarischen Diktatur beschritten hat, kennt heute weder Krisen noch Arbeitslosigkeit, weder Lohnabbau, noch Ruin der Bauern, weder Unterdrückung einer Nation durch die an­dere noch internationale Knechtung und Abhängigkeit. Das Land der Sowjets, das Land der sozialistischen Fabriken, das Land der Kollektivwirtschaftsfelder, das Land des triumphierenden Fünf­jahrplanes steht als uneinnehmbarer Wall dem internationalen Faschismus gegenüber und mobilisiert durch die Erfolge des sozia­listischen Aufbaus die Arbeiterklasse der ganzen Welt gegen den Kapitalismus. Unter rücksichtsloser Niederschlagung der kapita­listischen Elemente, unter Liquidierung der Großbauernschaft als Klasse schreitet das Proletariat der UdSSR siegreich der klassen­losen Gesellschaft entgegen. Die Werktätigen der Sowjetunion zei­gen Tag für Tag an Hand der lebendigen, den vielen Millionen­massen verständlichen Erfahrung die Vorzüge des sozialistischen Systems gegenüber dem System des sich zersetzenden Kapitalismus. Wählt also, Arbeiter! Entweder kapitalistische Sklaverei - oder proletarische Revolution! Entweder Faschismus - oder Diktatur des Proletariats! Entweder Kapitalismus - oder Sozialismus! Entweder internationale proletarische Solidarität - oder imperia­listischer Krieg! Entweder Sklaverei der Kolonien und Sklaverei der Arbeiter­klasse - oder Unabhängigkeit der Kolonialvölker und Befreiung des Proletariats! Und Millionen Proletarier haben ihre Wahl bereits getroffen. Morgen wird sie von den Werktätigen der ganzen Welt getroffen werden. Nieder mit dem Kapitalismus! Es lebe die proletarische Revolution! Nieder mit der faschistischen Diktatur! Es lebe die Diktatur des Proletariats! Es lebe der Kommunismus! Exekutivkommitee der Kommunistischen Internationale Das EKKI-Präsidium zur Lage in Deutschland (1933) Auch nach dem Reichstagsbrand und der Zerschlagung der KPD behielt die Komintern ihre ultralinke Linie bei. Das EKKI- Präsidium »billigte« sogar im April 1933 ausdrücklich die vor­angegangene Arbeit der KPD, die doch zu deren Untergang geführt hatte. Auch bei der - in vielen Punkten sicherlich rich­tigen - Darstellung der Faktoren, die Hitlers Sieg ermöglichten, »vergaß« das EKKI-Präsidium, in seiner (hier gekürzt wieder­gegebenen) Erklärung seine eigene Rolle und die der KPD zu erwähnen. Das Präsidium des EKKI konstatiert nach Entgegennahme des Re­ferats des Genossen Heckert über die Lage in Deutschland, daß die politische Linie und die organisatorische Politik, die das ZK der Kommunistischen Partei Deutschlands mit dem Genossen Thäl­mann an der Spitze bis zum Hitlerschen Umsturz und im Augen­blick dieses Umsturzes befolgte, vollständig richtig war. Angesichts der außerordentlichen Zuspitzung der wirtschaftlichen und politischen Lage in Deutschland - in der einerseits die Kom­munistische Partei bereits zu einer gewaltigen Macht in der Arbei­terklasse geworden ist und die revolutionäre Krise rasch heran­reift, andererseits unter den herrschenden Klassen selbst tiefe Ge­gensätze zutage traten und die faschistische Diktatur in Gestalt der Regierung Papens und Schleichers sich als unfähig erwies, das Wachstum des Kommunismus aufzuhalten und irgendeinen Aus­weg aus der sich immer mehr verschärfenden Wirtschaftskrise zu finden - hat die deutsche Bourgeoisie dem Faschisten Hitler und sei­ner »Nationalsozialistischen« Partei die Durchführung der offenen faschistischen Diktatur übertragen. Der Sieg Hitlers und die Aufrichtung der Macht der »National­sozialisten« ist durch folgende Umstände ermöglicht worden: Die deutsche Sozialdemokratie, die die Mehrheit des Proletariats in der November-Revolution von 1918 hinter sich hatte, spaltete die Arbeiterklasse und hat, statt die Revolution zur Diktatur des Proletariats und zum Sozialismus vorwärtszutreiben, wie das die Pflicht einer proletarischen Partei gewesen wäre, im Bündnis mit der Bourgeoisie und den wilhelminischen Generalen den Aufstand der revolutionären Massen niedergeschlagen und die tiefe Spal­tung der Arbeiterklasse Deutschlands eingeleitet. Im Zeichen der Arbeitsgemeinschaft mit der Bourgeoisie und der Taktik des »klei­neren Übels«, im Bündnis mit der Bourgeoisie und mit Billigung der gesamten II. Internationale setzte sie diese Politik brutaler Re­pressalien gegen die revolutionäre Bewegung und die Linie der Spaltung der Arbeiterklasse bis in die jüngsten Tage hinein fort. Sie verbot den Roten Frontkämpferbund, sie verbot die revolu­tionären Arbeiterorganisationen, sie verbot Arbeiterdemonstratio­nen bzw. ließ auf sie schießen, sie sprengte die wirtschaftlichen und politischen Streiks gegen die Offensive des Kapitals und des Fa­schismus und unterstützte die Herrschaft der konterrevolutionären Bourgeoisie. Die Sozialdemokratie konzentrierte in den Händen ihrer korrumpierten bürokratischen Spitzen die Führung der Ar­beiter-Massenorganisationen. Sie schloß die revolutionären Arbei­ter aus ihnen aus und unterband durch das Netz der ihr unterge­ordneten zentralisierten Arbeiterorganisationen die Initiative der Arbeitermasse, zermürbte ihre Kampffähigkeit im Kampfe gegen Kapital und Faschismus und verhinderte dadurch eine entschlos­sene Abwehr der zum Angriff übergehenden faschistischen Dikta­tur und der terroristischen faschistischen Banden. Diese Politik des Kampfes gegen die revolutionären Massen, der Arbeitsgemein­schaft mit der Bourgeoisie und der Unterstützung der Reaktion unter dem Vorwand der Taktik des »kleineren Übels« war und ist die Politik der gesamten Zweiten und der Amsterdamer Inter­nationale, von 1914 angefangen bis zum heutigen Tage. Die »demokratische« bürgerliche Weimarer Republik konnte unter dem Imperialismus, besonders aber in einem im imperialistischen Kriege besiegten Lande, dessen Kapitalismus von der allgemeinen Krise des kapitalistischen Systems tief erschüttert ist, nur eine re­aktionäre Diktatur der Bourgeoisie sein. Die Arbeitergesetzgebung, die Sozialversicherung und die demokratischen Rechte, die die Bour­geoisie den Arbeitern in den Jahren der Revolution gewähren mußte, wurden den Arbeitern von der zur Macht gelangten Wei­marer Koalition, die aus Sozialdemokraten, dem Zentrum und den »Demokraten« bestand, allmählich wieder entrissen. Die schrittweise Aufhebung eines Punktes der Verfassung nach dem anderen, einer Errungenschaft der Arbeiter nach der anderen, die schrittweise Faschisierung des gesamten Staatsapparates diskredi­tierte die Weimarer Koalition und die Weimarer Republik der­maßen, daß sie jede ernste Bedeutung in den Augen der breiten Massen einbüßte. Das Versailler System plünderte Deutschland aus und beugte die deutschen werktätigen Massen unter das Joch unerträglicher Aus­beutung nicht bloß durch ihr eigenes, sondern auch durch das aus­ländische Kapital, dem die deutsche Regierung Reparationszah­lungen zu leisten hatte. Das Versailler Joch, verstärkt durch das Joch der »eigenen« deutschen Bourgeoisie, führte zu einer uner­hörten Senkung des Lebenshaltungsniveaus des Proletariats und zu einer derartigen Verelendung der Bauernschaft und des städti­schen Kleinbürgertums, daß ein Teil der Bauernschaft und des städ­tischen Kleinbürgertums immer mehr dazu neigte, das Vorkriegs­deutschland, das noch keine allgemeine Krise des Kapitalismus kannte und keine solche Verelendung der Massen wie jetzt, als sein Ideal zu betrachten. Es ist daher begreiflich, daß im Augen­blick der stärksten wirtschaftlichen Krise, die die Schwere des durch den Versailler Vertrag auferlegten außenpolitischen National­jochs noch steigert, sowie in Verbindung damit, daß das Prole­tariat aus Verschulden der Sozialdemokratie gespalten und daher nicht stark genug war, um die städtischen kleinbürgerlichen und bäuerlichen Massen mit sich zu reißen - daß es in diesem Augen- blick zu einem stürmischen Ausbruch des deutschen Nationalismus und Chauvinismus kommen mußte und tatsächlich auch kam, der die politische Stellung der Bourgeoisie bedeutend festigte und die demagogischste nationalistischste Partei, die Partei der »National­sozialisten«, an die Oberfläche brachte. Die kommunistischen Arbeiter organisierten und führten den Kampf gegen die Offensive des Kapitals und des Faschismus. Sie unter­stützten jede, auch die geringste Aktion der sozialdemokratischen Arbeiter gegen das Kapital, wo immer es zu solchen Aktionen kam. Vom Bestreben geleitet, die revolutionäre Einheit der Ar­beiterklasse wiederherzustellen, haben sie bereits lange vor dem Sieg des Faschismus den sozialdemokratischen Arbeitern und den untergeordneten sozialdemokratischen Organisationen wiederholt die Einheitsfront zum Kampf gegen die Bourgeoisie und ihre La­kaien, die Faschisten, vorgeschlagen. Doch die sozialdemokrati­schen Arbeiter, hinter denen die Mehrheit der Arbeiterklasse Deutschlands steht, haben - gefesselt durch ihre sozialdemokrati­sche Führung, die gegen die revolutionäre Einheitsfront und für die Beibehaltung ihrer reaktionären Einheitsfront mit der Bour­geoisie ist - jedesmal in ihrer großen Masse die Einheitsfront mit den Kommunisten abgelehnt und so den Kampf der Arbeiterklasse gesprengt. Während die Kommunisten für die revolutionäre Ein­heitsfront der Arbeiterklasse gegen die Bourgeoisie, gegen den Fa­schismus eintraten, hat die Sozialdemokratie, im Gegenteil, die Arbeiter in die reaktionäre Einheitsfront mit der Bourgeoisie gegen die Kommunisten, gegen die kommunistischen Arbeiter getrieben, hat die kommunistischen Organisationen stets und überall, wann und wo sich Gelegenheit dazu bot, zertrümmert und Verfol­gungen ausgesetzt . . . Die Errichtung der faschistischen Diktatur in Deutschland ist so­mit letzten Endes die Folge der sozialdemokratischen Politik der Arbeitsgemeinschaft mit der Bourgeoisie im Verlaufe der ganzen Lebensdauer der Weimarer Republik. Die Sozialdemokratie hat wiederholt erklärt, sie hätte nichts dagegen, wenn Hitler auf »ver­fassungsmäßigem« Wege zur Macht komme. Bereits nach dem Machtantritt Hitlers schrieb der »Vorwärts« am 2. Februar, daß ein Mensch wie Hitler ohne die Sozialdemokratie nicht Reichs­kanzler zu werden vermocht hätte. Dasselbe führte Wels am 23. März auch in seiner Deklaration vor dem Reichstag aus, als er sagte, daß die Sozialdemokraten vor den »Nationalsozialisten« große Verdienste haben, da es Hitler eben dank der Politik der Sozialdemokratie gelungen ist, zur Macht zu kommen. Schon ganz zu schweigen von Leipart, Löbe und anderen Führern der Sozial­demokratie, die die Faschisten restlos unterstützen. Die Kommu­nisten hatten recht, als sie die Sozialdemokraten als Sozialfa­schisten bezeichneten . . . Die augenblickliche Stille nach dem Siege des Faschismus ist nur eine vorübergehende Erscheinung. Der revolutionäre Aufschwung in Deutschland wird trotz des faschistischen Terrors unvermeidlich ansteigen. Die Abwehr der Massen gegen den Faschismus wird zwangsläufig zunehmen. Die Errichtung der offenen faschistischen Diktatur, die alle demokratischen Illusionen in den Massen zu­nichte macht und die Massen aus dem Einfluß der Sozialdemokra­tie befreit, beschleunigt das Tempo der Entwicklung Deutschlands zur proletarischen Revolution. Es hat die Aufgabe der Kommunisten zu sein, die Massen darüber aufzuklären, daß die Hitler-Regierung das Land in eine Kata­strophe hineinreitet. Heute ist es nötig, den Massen mit größerer Energie denn je vor Augen zu halten, daß die einzige Rettung der werktätigen Massen vor noch größerem Elend und noch größerer Not, das einzige Mittel zur Verhütung der Katastrophe die pro­letarische Revolution und die Diktatur des Proletariats ist. Es gilt, den Kampf zu führen um die Zusammenschweißung aller Kräfte des Proletariats und die Herstellung der Einheitsfront der sozial­demokratischen und kommunistischen Arbeiter zum Kampf gegen die Klassenfeinde. Es gilt, die Partei zu festigen und alle Massen­organisationen des Proletariats zu verstärken, die Massen auf die entscheidenden revolutionären Kämpfe, auf den Sturz des Kapi­talismus, auf den Sturz der faschistischen Diktatur durch den be­waffneten Aufstand vorzubereiten. Ausgehend von den obigen Ausführungen billigt das Präsidium des EKKI das vom Zentralkomitee der Kommunistischen Partei Deutschlands vorgesehene praktische Arbeitsprogramm. Der Sieg Hitlers - keine Niederlage der KPD (1933) Noch Ende 1933 behauptete die Komintern, Hitlers Sieg sei keine Niederlage der Arbeiterbewegung. Während Zehntau­sende deutscher Kommunisten heldenhaft und entschlossen, ille­gal aber isoliert gegen Hitler kämpften und Tausende verhaftet und ermordet wurden, die Niederlage also unübersehbar war, nannte das EKKI das Aussprechen dieser Tatsachen »sozial­faschistisches Geschwätz«. . . . Die opportunistische Hauptgefahr für unsere Parteien ist ge­genwärtig das Verlieren der revolutionären Perspektive, die Un­terschätzung des Heranreifens der revolutionären Krise. Diese Un­terschätzung hat ihren Ursprung in dem Doppelcharakter des Her­anreifens der revolutionären Krise, darin, daß heute nicht nur die Kräfte der Revolution anwachsen, sondern auch die Konterrevolu­tion fieberhaft ihre Kräfte mobilisiert. Eben darauf spekuliert die Sozialdemokratie, um die Arbeiter einzuschüchtern und ihren Kampfwillen zu lähmen. In ihrer Einschätzung der Lage in Deutschland nach dem Macht­antritt Hitlers sagt unsere Partei, daß das deutsche Proletariat in­folge des Verrats der Sozialdemokratie gezwungen war, einen vor­übergehenden Rückzug anzutreten, und daß jetzt in Deutschland ein neuer revolutionärer Aufschwung beginnt. Alle sozialdemo­kratischen Parteien sind einhellig bemüht, diese Perspektive zu entstellen, und behaupten, das deutsche Proletariat sei geschlagen, in Deutschland sei eine »Epoche des Faschismus und der Reaktion« eingetreten. Wie auch nicht anders zu erwarten war, hat dieses konterrevolu­tionäre Manöver der Sozialfaschisten und Trotzkisten bei den op­portunistischen Elementen unserer Partei gleich einen Widerhall ge­funden. Am wenigsten, ganz unbedeutend, macht er sich in der KPD fühlbar, die durch ihren heldenmütigen Kampf in der Tat beweist, daß das deutsche Proletariat nicht geschlagen ist, daß seine Partei auf ihrem Posten steht, daß die deutsche Revolution lebt. Hier hat das sozialfaschistische Geschwätz von der »unge­heuren Niederlage« nur das kleine, von der Masse losgerissene op­positionelle Grüppchen Remmele-Neumann nachgebetet. . . Die Faschismus-Theorie der Komintern (1933) Im Dezember 1933 tagte das XIII. Plenum des EKKI, auf dem Kuusinen über den »Faschismus, die Kriegsgefahr und die Auf­gaben der kommunistischen Parteien« referierte. In den The­sen dieses Plenums wurde eine grundsätzliche Einschätzung des Faschismus gegeben, die seither als die klassische kommuni­stische Definition des Faschismus gilt. Der 1. Teil dieser Thesen mit der Charakterisierung des Faschismus ist hier abgedruckt. Der 2. Teil der Thesen behandelt »Die imperialistische Vor­bereitung des neuen Weltkrieges«, der 3. Teil »Die Aufgaben der kommunistischen Parteien«. Es ist bemerkenswert, daß der Abschnitt C des 3. Teiles die Überschrift »Gegen die Sozial­demokratie, für die Einheitsfront von unten« trägt. Der Kominternführer Knorin begann sein Referat über »Fa­schismus, Sozialdemokratie und Kommunisten« mit der Be­hauptung: »Unsere Analyse der Lage ist richtig, unsere Taktik ist richtig. Das zeigt der Rückblick auf die Ereignisse in den fünf Jahren, die seit dem VI. Kongreß der Kommunistischen Internationale [1928] verflossen sind.« (Kommunistische In­ternationale vom 20. 1. 1934, S. 169). Entsprechend dieser Li­nie sprach Knorin auch noch immer von der »linken Sozialde­mokratie« als dem »schlimmsten Feind des Kommunismus«. Fast ein Jahr nach Hitlers Machtergreifung hielt die Komin­tern an ihrer ultralinken Politik fest, obwohl deren verheerende Auswirkungen in Deutschland offensichtlich waren. . . . I. Der Faschismus und das Heranreifen der revolutionären Krise Der Faschismus ist die offene terroristische Diktatur der am meisten reaktionären, chauvinistischen und imperialistischen Ele­mente des Finanzkapitals. Der Faschismus versucht, dem Monopolkapital die Massenbasis un­ter der Kleinbourgeoisie zu sichern und wendet sich dabei an die aus ihrem Gleise geschleuderten Bauern, Handwerker, Angestell­ten, Beamten und insbesondere an die deklassierten Elemente in den großen Städten. Er ist bestrebt, auch in die Arbeiterklasse ein­zudringen. Das Wachstum des Faschismus und seine Machtergreifung in Deutschland und in einer Reihe anderer kapitalistischer Länder bedeuten, daß die revolutionäre Krise und die Empörung der breiten Massen gegen die Herrschaft des Kapitals wächst; die Kapitalisten nicht mehr imstande sind, ihre Diktatur mit den alten Methoden des Parlamentarismus und der bürgerlichen De­mokratie im allgemeinen zu behaupten; mehr noch, daß die Methoden des Parlamentarismus und die bürgerliche Demokratie überhaupt zum Hemmschuh für den Ka­pitalisten sowohl in der inneren Politik (Kampf gegen das Prole­tariat) als auch in der Außenpolitik (der Krieg für die imperia­listische Neuaufteilung der Welt) werden; das Kapital infolgedessen gezwungen ist, zur offenen, terrori­stischen Diktatur innerhalb des Landes und zum schrankenlosen Chauvinismus in der Außenpolitik überzugehen, die eine direkte Vorbereitung zu imperialistischen Kriegen ist. Im Faschismus, der aus dem Leib der bürgerlichen Demokratie her­vorwächst, sehen die Kapitalisten ein Mittel zur Rettung des Kapi­talismus vor dem Zerfall. Lediglich um die Arbeiter zu täuschen und zu entwaffnen, leugnet die Sozialdemokratie die Faschisie­rung der bürgerlichen Demokratie und stellt die Länder der De­mokratie den Ländern der faschistischen Diktatur gegenüber. An­dererseits bildet die faschistische Diktatur keine unvermeidliche Etappe der Diktatur der Bourgeoisie in allen Ländern. Die Mög­lichkeit ihrer Abwendung hängt von den Kräften des kämpfenden Proletariats ab, die am meisten durch den zersetzenden Einfluß der Sozialdemokratie gelähmt werden. Bei dem allgemeinen Kurs aller bürgerlichen Parteien, darunter auch der Sozialdemokratie, auf die Faschisierung der Diktatur der Bourgeoisie ruft die Verwirklichung dieses Kurses unvermeidlich Meinungsverschiedenheiten unter ihnen über die Formen und Me­thoden der Faschisierung hervor. Einzelne bürgerliche Gruppen wie auch die Sozialfaschisten, die in der Praxis vor keinem Akt der Polizeigewalt gegen das Proletariat zurückschrecken, treten für die Beibehaltung der parlamentarischen Formen bei Durchführung der Faschisierung der bürgerlichen Diktatur ein. Die Faschisten aber bestehen auf der völligen oder teilweisen Abschaffung dieser alten, erschütterten Formen der bürgerlichen Demokratie, auf der Durchführung der Faschisierung durch Aufrichtung der offenen faschistischen Diktatur und durch breite Anwendung sowohl der Polizeigewalttätigkeiten als auch des Terrors der faschistischen Banden. Nach der Machtübernahme verdrängt, spaltet, zersetzt (z. B. Polen) oder liquidiert (Deutschland, Italien) der Faschismus die anderen bürgerlichen Parteien. Dieses Streben des Faschismus nach dem politischen Monopol verstärkt in den Reihen der herr­schenden Klassen die Zwistigkeiten und Konflikte, die durch die inneren Widersprüche der Lage der sich faschisierenden Bourgeoi­sie entstehen. Die Errichtung der faschistischen Diktatur in Deutschland ent­blößte vor der ganzen Welt das Gesicht der deutschen Sozialde­mokratie. Von der blutigen Niederschlagung der proletarischen Revolution von 1918 über eine ununterbrochene Kette von Ver- rätereien und Streikbrechertum, über alle Koalitionsregierungen, das brutale Polizeiblutgericht gegen die revolutionären Arbeiter, über die Stimmabgabe für Hindenburg im Namen des »kleineren Übels« bis zum servilen Buhlen um die Arbeitsgemeinschaft mit den faschistischen Hitlerbanden - das ist der Dienstzettel der deut­schen Sozialdemokratie, der führenden Partei der II. Interna­tionale. Die deutsche Sozialdemokratie war und ist der Bannerträger aller Parteien der II. Internationale, die in den Fußstapfen der SPD wandeln. Die Sozialdemokratie spielt auch weiter die Rolle der sozialen Hauptstütze der Bourgeoisie, auch in den Ländern der offenen faschistischen Diktatur, indem sie gegen die revolutionäre Einheit des Proletariats wie auch gegen die Sowjetunion kämpft und der Bourgeoisie durch die Spaltung der Arbeiterklasse das Bestehen des Kapitalismus zu verlängern hilft. Aber in der Mehrzahl der Länder befindet sie sich bereits im Prozeß des Zerfalls. Die Radi­kalisierung der sozialdemokratischen Arbeiter verstärkt die Zwi­stigkeiten unter den sozialfaschistischen Spitzen. Es entstehen offene neofaschistische Gruppen, es sondern sich »linke« Splitter ab, die eine neue 2V2. Internationale zusammenzuzimmern ver­suchen. Trotzki, der Diener der konterrevolutionären Bourgeoisie, sucht vergeblich durch seine kläglichen Machinationen eine IV. Inter­nationale zu schaffen und durch Verbreitung sowjetfeindlicher Verleumdungen den Übergang der sozialdemokratischen Arbeiter auf die Seite des Kommunismus aufzuhalten. Auf dem Boden des heftigsten Antagonismus der imperialistischen Länder zerfällt die internationale Organisation der Sozialdemo­kratie. Die Krise der II. Internationale ist eine Tatsache. Die Wirtschaftspolitik der Finanzoligarchie zur Überwindung der Krise (Ausplünderung der Arbeiter und Bauern, Subventio­nierung der Kapitalisten und Gutsbesitzer) ist nicht imstande, die Stabilisierung des Kapitalismus wiederherzustellen, sondern trägt im Gegenteil zu weiterem Zerfall des Mechanismus der kapitali­stischen Ökonomik (Desorganisation des Geldsystems, des Haus­halts, Staatsbankrotte, weitere Vertiefung der Agrarkrise), zur äußersten Verschärfung der Hauptwidersprüche des Kapitalismus bei. In dieser Lage entfalten alle kapitalistischen Staaten in nie dage­wesenen Ausmaßen die Kriegsproduktion und passen alle Haupt­zweige der Industrie und auch die Landwirtschaft den Bedürfnis­sen des Krieges an. Die dadurch geschaffene »Nachfrage« nach Vernichtungs- und Zerstörungsmitteln hat im letzten Jahre in Ver­bindung mit der offenen Inflation (Vereinigte Staaten, England, Japan), dem Überdumping (Japan) und der verhüllten Inflation (Deutschland) in einer Reihe von Ländern in einzelnen Industrie­zweigen (insbesondere in der Eisen- und Gelbmetallindustrie, der chemischen und Textilindistrie) eine Produktionssteigerung her­vorgerufen. Aber eine solche Antreibung der Produktion zu un­produktiven Zwecken oder solche Spekulationssprünge der Pro­duktion auf der Grundlage der Inflation sind von einer Stagnation oder einem Sinken der Produktion in einer Reihe anderer Indu­striezweige (Maschinenbau, Bauindustrie, Produktion von vielen Massenbedarfsartikeln) begleitet und müssen im weiteren Verlauf zwangsläufig zu einer noch größeren Desorganisation der Staats­finanzen und zu einer noch größeren Verschärfung der allgemeinen Krise des Kapitalismus führen. Der erbitterte Kampf um die Außen- und Kolonialmärkte hat bereits die Form eines regelrechten internationalen Wirtschafts­krieges angenommen. Darum ist es ganz falsch, eine solche sozialdemokratische Ein­schätzung der gegenwärtigen Weltlage zu geben, als ob es dem Kapitalismus gelungen sei, seine Lage zu festigen, als ob er sich auf dem Wege befinde, seine allgemeine Krise zu überwinden. Zum Unterschied von der ersten Welle der Faschisierung der kapitali­stischen Staaten, die beim Übergang von der revolutionären Krise zur teilweisen Stabilisierung stattfand, geht die kapitalistische Welt heute, am Ende der kapitalistischen Stabilisierung, zur re­volutionären Krise über, was der Entwicklung des Faschismus und der revolutionären Weltbewegung der Werktätigen eine andere Perspektive eröffnet. Wenn die Bourgeoisie den brutalsten Terror zur Unterdrückung der revolutionären Bewegung anwendet, so kann dies bei der Er­schütterung des Kapitalismus die fortschrittlichsten Schichten der Werktätigen nicht auf lange Zeit einschüchtern und sie von akti­ven Aktionen zurückhalten; die Empörung, die durch diesen Ter­ror sogar bei der Mehrzahl der Arbeiter, die der Sozialdemokra­tie folgten, hervorgerufen wird, macht sie für die kommunistische Agitation und Propaganda empfänglicher. Wenn die Bourgeoi­sie ihre schwankende Diktatur auf faschistische Art reorganisiert, um eine fest zusammengeballte Macht zu schaffen, so führt dies in den gegenwärtigen Verhältnissen zur Verstärkung nicht nur ihres Klassenterrors, sondern auch der Elemente der Desorgani­sierung ihrer Macht: zur Zerstörung der Autorität der bürgerlichen Gesetzlichkeit in den Augen der breiten Massen, zum Anwachsen der inneren Reibungen im Lager der Bourgeoisie und zur Beschleu­nigung des Zerfalls ihrer sozialen Hauptstütze, der Sozialdemo- kratie. Wenn die Bourgeoisie schließlich versucht, durch aggres­sive Kriegspolitik ihre außenpolitische Lage zu stärken, verstärkt sie bis zum äußersten die internationalen Widersprüche und die aus ihnen für den Kapitalismus erwachsenden Gefahren. Es wäre daher ein rechtsopportunistischer Fehler, wenn wir jetzt die objektiven Tendenzen des beschleunigten Heranreifens der revolutionären Krise in der kapitalistischen Welt nicht sehen wür­den. Aber das Vorhandensein und die Wirkung dieser Tendenzen, sowohl der wirtschaftlichen als auch der politischen, bedeutet kei­neswegs, daß die revolutionäre Entwicklung spontan oder unge­hemmt ansteigt, ohne auf den Widerstand entgegenwirkender Kräfte zu stoßen. Die revolutionäre Entwicklung wird durch das faschistische Wüten der Bourgeoisie gleichzeitig sowohl erschwert als auch beschleunigt. Von der Kampfbereitschaft der Mehrheit der Arbeiterklasse, von der erfolgreichen Arbeit der kommunistischen Parteien in der Untergrabung des Masseneinflusses der Sozialde­mokratie hängt es ab, wie schnell die Herrschaft des bankrotten Kapitalismus gestürzt werden wird. In der jetzigen Lage, angesichts der ungeheuren Spannung der antagonistischen Klassenkräfte, kann das Anwachsen der revolu­tionären Massenbewegung in den einzelnen kapitalistischen Län­dern noch weniger als früher einen ständigen oder gleichmäßigen Charakter tragen. In China - Krieg, Intervention und Revolution. In Japan - Anwachsen der Kräfte der Revolution und Mobilisie­rung der militär-faschistischen Kräfte vor großen Klassenzu­sammenstößen. In Spanien - ein Ringen der Revolution mit der Konterrevolution. In den Vereinigten Staaten - eine Welle von Massenstreiks der Arbeiter und Empörung der Farmer gegen das bürgerliche Programm des Auswegs aus der Krise. In Deutsch­land wächst gegenwärtig der revolutionäre Haß des Proletariats in weniger offenen Formen; dort häuft sich eine ungeheure revo­lutionäre Energie in den Massen an und beginnt bereits der neue revolutionäre Aufschwung. Die Spannung der Lage in Deutsch­land verschärft ungemein die Klassenverhältnisse in den Nachbar­ländern, in der Tschechoslowakei, Österreich, in den baltischen Ländern sowie in den skandinavischen Ländern, in Holland, Bel­gien, in der Schweiz. In Polen - Massenstreiks der Arbeiter, be- gleitet von großen revolutionären Aktionen im polnischen Dorf. In Bulgarien geht die Mehrheit der Arbeiterklasse trotz des Ter­rors geschlossen hinter der Kommunistischen Partei. In Rumänien - großer Streik der Eisenbahner mit Barrikadenkämpfen. Die Hauptfestung des Weltproletariats, das mächtige Land der Sowjets, das Land der siegreichen Arbeiterklasse, das die letzten Wirtschaftsschwierigkeiten überwindet und den Wohlstand der werktätigen Massen auf eine neue, höhere Stufe hebt, beseelt mit seinen gewaltigen sozialistischen Siegen gleichzeitig die Werktätigen aller Länder in ihrem revolutionären Kampfe. Die Grundfesten des Kapitalismus werden bereits infolge seiner tiefen unlösbaren Widersprüche zerstört. Die Weltwirtschaftskrise hat sich aufs engste mit der allgemeinen Krise des Kapitalismus verflochten und verschärft alle Hauptwidersprüche der kapitali­stischen Welt in solchem Maße, daß jeden Moment ein Um­schwung eintreten kann, der die Verwandlung der Wirtschafts­krise in eine revolutionäre Krise bedeuten wird. Vor dem inter­nationalen Proletariat steht die große Aufgabe, diese Krise der kapitalistischen Welt in den Sieg der proletarischen Revolution zu verwandeln . . . 37] Pjatnizki: Fünfzehn Jahre Komintern (1934) Im Mai 1934 feierte die Komintern den 15. Jahrestag ihrer Gründung. Aus diesem Anlaß schrieb Pjatnizki, eine »graue Eminenz« der Komintern, einen Artikel (hier gekürzt abge­druckt), in dem er die wesentlichen Unterschiede der Komintern zur II. Internationale herausstellte. . . . Die Kommunistische Internationale wurde auf den Trümmern der bankrotten II. Internationale geschaffen. In manchen Ländern waren die kommunistischen Parteien erst in Bildung begriffen (KPD - Spartakusbund -, KP Österreichs und andere mehr). Links­radikale Parteien, die S. D.-Partei Polens und Litauens sowie die bulgarischen »Tesnjaki« (»Engherzigen«) traten der Komintern in ihrer Gesamtheit bei und beteiligten sich an ihrer Schaffung. Unter dem Druck der Arbeitermassen und ihrer Mitgliedschaft schlossen sich die sozialdemokratischen Parteien in den einen Län­dern (Frankreich, Tschechoslowakei, Deutschland - Unabhängige Sozialdemokratie) durch Beschlüsse der Mehrheit auf ihren Partei­tagen der III. Internationale an, in den anderen Ländern führten sie Verhandlungen mit der Kommunistischen Internationale über den Anschluß, um den Übergang der revolutionären Elemente in die sich herausbildenden kommunistischen Parteien aufzuhalten. In der Periode der relativen Stabilisierung des Kapitalismus ent­standen und erstarkten in den meisten Ländern der Welt (in 63 Ländern) kommunistische Parteien und machten sich im wesent­lichen die programmatischen, taktischen und organisatorischen Prinzipien des Bolschewismus zu eigen. In der Periode der Erschütterung der Teilstabilisierung des Kapi­talismus, ihres Endes und endlich in der Zeit des unmittelbaren Übergangs der Welt zu einem neuen Turnus von Revolutionen und Kriegen vereinigt die Kommunistische Internationale Parteien, die in den kapitalistischen Ländern zu Massenparteien werden, revolutionäre Erfahrungen gesammelt haben und in der Situation der sich verschärfenden Widersprüche die Politik »Klasse gegen Klasse« durchzuführen beginnen. In den fünfzehn Jahren ihres Bestehens kann die Komintern, die auf Initiative unserer Partei unter der Führung Lenins geschaffen wurde und in den letzten zehn Jahren unter der Führung des Ge­nossen Stalin arbeitet, eine Reihe von Errungenschaften verzeich­nen. Zum erstenmal in der Geschichte der Arbeiterbewegung ist eine geschlossene zentralisierte Weltpartei mit einheitlicher Führung, mit marxistisch-leninistischem Programm, marxistisch-leninistischer Taktik und Organisation geschaffen worden; eine Partei, deren Grundlage nationale Sektionen bilden, welche die taktischen Di­rektiven und Prinzipien der Komintern nicht nur äußerlich anneh­men, sondern auch bestrebt sind, fast in allen Ländern der Welt sie in Übereinstimmung mit den konkreten Verhältnissen des be­treffenden Landes durchzuführen. Die Kl-Sektionen sind heute einheitlich, geschlossener denn je. Im Kampf an zwei Fronten - gegen die »linken« Phrasen und den rechten Opportunismus - erreichten sie die Liquidierung der Frak­tionen und Gruppierungen und lernten es, parteifeindliche Ele­mente bereits im Keime zu ersticken, zu entlarven und zu beseiti­gen. Ein bezeichnendes Beispiel sahen wir kürzlich in der KPTsch [Tschechoslowakei]. Das Mitglied des ZK der KPTsch, Gutt­mann, wurde seines Postens als Redakteur des Zentralorgans der Partei »Rude Pravo« enthoben, weil er in der Zeitung in wich­tigen Fragen eine opportunistische Linie vertrat. Im Kampf gegen diesen Beschluß des ZK versuchte Guttmann eine Fraktion zu bil­den, verschickte an Parteiorganisationen und kommunistische Frak­tionen ein Memorandum, eine Plattform mit trotzkistischen Ver­leumdungen gegen die KPTsch und die Komintern. Das Memoran­dum Guttmanns wurde in den Parteiorganisationen erörtert und einmütig zurückgewiesen, Guttmann aber, der sich als Führer be­trachtet hatte, unverzüglich aus der Partei ausgeschlossen. Kein einziges Parteimitglied leistete dem Renegaten Gefolgschaft. Trotz des erbitterten Kampfes, den die Bourgeoisie, die sozial­demokratischen Parteien und Gewerkschaftsbürokraten gegen die Kommunisten führen (vierzig Kl-Sektionen sind illegal, acht halb­legal und nur sechzehn mehr oder minder legal, die KPdSU und zum Teil die KP Chinas - in Sowjetgebieten - nicht eingerechnet), wächst der Einfluß der Kl-Sektionen auf die Arbeiterschaft in al­len Ländern. Immer breitere Schichten der revolutionären Arbei­terschaft überzeugen sich davon, daß einzig und allein die kom­munistischen Parteien die täglichen Interessen der Werktätigen verteidigen, nur sie fähig sind, das Proletariat in den Kampf um die Lösung seiner geschichtlichen Aufgaben - Sturz der Bourgeoisie und Eroberung des Sozialismus - zu führen. In der Frage des imperialistischen Krieges herrscht in den Kl- Sektionen volle Klarheit und Einmütigkeit im Wichtigsten und Wesentlichsten, nämlich in der Erkenntnis der Notwendigkeit, vor allem den Kampf gegen den eigenen Imperialismus zu führen. Es war aber gerade die Frage des imperialistischen Krieges, die 1914 den Zerfall der II. Internationale herbeigeführt hat und ihn heute erneut herbeiführt, denn die sozialdemokratischen Parteien be­ginnen bereits, sich offen nach den Interessen ihrer eigenen Impe­rialisten zu gruppieren. In den Ländern, die bereits Krieg führen (Japan, China, Bolivien, Paraguay, Kolumbien, Peru), bezogen die kommunistischen Parteien in der Frage des Kampfes gegen den imperialistischen Krieg die richtige leninistische Position, und die stärksten unter ihnen - die chinesische und die japanische - führen diese richtige Politik aktiv und opfermütig durch. Zum Unterschied von den sozialdemokratischen Parteien der Vorkriegszeit begannen die Kl-Sektionen unter der Bauernschaft nicht nur der kolonialen und halbkolonialen Länder (China), son­dern auch der großen kapitalistischen Länder Europas und Ame­rikas zu arbeiten. Diese Arbeit ist noch lange nicht richtig entfal­tet, aber die ersten Schritte auf diesem Gebiet sind bereits getan (Bulgarien, Polen, Spanien, USA, Frankreich und andere mehr). 6. Zum Unterschied von der II. Internationale sind Kl-Sektionen nicht nur in den kapitalistischen und in den abhängigen Ländern, sondern auch fast in allen Kolonien organisiert, und im Gegensatz zu den Parteien der II. Internationale führen diese Sektionen in der nationalen und Kolonialfrage keine bürgerliche, sondern eine marxistisch-leninistische Politik durch. Die kommunistischen Parteien arbeiten systematisch an der Po­pularisierung der Siege des Sozialismus in der UdSSR, obwohl zu sagen ist, daß selbst diese Arbeit infolge der ungenügenden Ver­bindung der Kommunisten mit den Massen bei weitem nicht alle diejenigen Schichten der Werktätigen erfaßt, die für die aktive Unterstützung der Sowjetunion gewonnen werden könnten. Auch verstehen es die Kommunisten bei weitem nicht immer, die Lügen und Provokationen der Sozialdemokratie und des konterrevolu­tionären Trotzkismus, der bekanntlich der Hauptlieferant sowjet­feindlicher Verleumdungen ist, zurückzuweisen. In allen Ländern der Welt führen die Kl-Sektionen Massen­kampagnen durch - gegen die Vorbereitung imperialistischer Kriege und des Überfalls auf die Sowjetunion, gegen den japanischen Raubkrieg in China und gegen die Beteiligung der Imperialisten an dem Überfall der Kuomintang auf Sowjetchina, gegen den Faschismus in Deutschland und in anderen Ländern. Viele kommunistische Parteien entfalten, im Unterschied zu den Parteien der II. Internationale, politische Aufklärungsarbeit in Armee und Flotte. Während ihres Bestehens leiteten und leiten die Sektionen der Komintern selbständig nicht nur Streiks und Demonstrationen, viele unter ihnen organisierten auch Barrikadenkämpfe, nahmen an Barrikadenkämpfen teil. Schließlich sind bereits, wenn auch nicht in allen Sektionen in gleichem Maße, geschulte und zahlenmäßig starke Kader geschaf­fen, die nicht nur den Willen zur kommunistischen Arbeit haben, sondern sie auch tatsächlich durchführen, trotz aller Schwierigkei­ten und schlimmsten Terrors, trotz Ermordung und Folterung sie auch tatsächlich leisten . . . Bela Kun: Die Februarkämpfe in Österreich (1934) Die Februarkämpfe zwischen den Sozialisten und der reaktio­nären österreichischen Regierung riefen auch die Komintern auf den Plan, obwohl die kleine KP Österreichs kaum Einfluß be­saß. Bela Kun widmete dem Kampf eine Broschüre, deren 1. Kapitel lautete: Kein Ende - sondern ein Anfang Die Arbeiterschaft Österreichs hat sich am 12. Februar 1934 in Waffen erhoben. Zehntausende Proletarier - Männer und Frauen, Alte und Junge, ja sogar Kinder - haben den einzig gerechten Krieg, den Bürgerkrieg der Geknechteten gegen ihre Unterdrücker, gegen den Faschismus, mit grenzenlosem Heldenmut geführt. Fünf Tage dauerten die Gefechte der Aufständischen mit den Streitkräften der faschistischen Konterrevolution. Die herrschende Bourgeoisie hat alle ihre bewaffneten Kräfte gegen die Aufständischen aufgeboten: das Söldnerheer und die Polizeimeute, die Gendarmerie und die faschistischen Banden. Sie hat alle Waffenarten in den Kampf ge­worfen: Gewehre und Maschinengewehre, Panzerwagen und Flug­zeuge, Minenwerfer, Feldkanonen und Haubitzen. Die österreichischen Proletarier haben sich mit einem Heldenmut geschlagen, wie dies nur die Angehörigen einer Klasse imstande sind, der die Zukunft gehört. Die Bourgeoisie in Österreich, ihre faschistischen Banden feiern ihre Blutorgien über dem Schlachtfeld des niedergeschlagenen Auf­standes, wie es nur eine Klasse zu tun pflegt, die ihre letzten Le­benskräfte im wilden faschistischen Terror austobt. Ohne zentrale politische und militärische Führung haben die Ar­beiter die opferreichen blutigen Kämpfe geführt. Als sie ihre Köpfe aus dem Sumpf der geistigen Knechtschaft der Sozialdemokratie erhoben und gegen die Faschisten zu den Waffen griffen, haben sie einen Weg verlassen und einen anderen Weg beschritten. Der eine Weg, den sie verlassen haben, ist der Weg der Sozialdemokra­tie gewesen, die ihnen jahrzehntelang versprach, sie auf diesem Wege mit friedlichen Mitteln zum Sozialismus zu führen. Der an­dere Weg, den sie nun beschritten, war der Weg des bewaffneten Aufstandes, auf dem das Proletariat, geführt von seiner bolsche­wistischen Partei, auf einem Sechstel des Erdballs - in der Sowjet­union - wirklich zum Sozialismus gelangt ist. Doch wenn wir im Zusammenhang mit den Februarkämpfen in Österreich von Aufstand und Aufständischen sprechen, so nur in bedingtem Sinne. Die ganze Darlegung der Februarkämpfe, die durch uns gegeben wird, zeigt schon, daß es sich nicht um einen solchen Aufstand handelt, wo die Arbeiterklasse, geführt durch eine revolutionäre kommunistische Partei, den bewaffneten Kampf unter klaren Parolen der Machtergreifung, mit der klaren Auf­gabenstellung der Zertrümmerung der bürgerlichen Staatsmacht und der Aufrichtung der Diktatur des Proletariats vorbereitet und führt. Die heldenhaften Kämpfe des österreichischen Proletariats waren - daran kann kein Heldenmut etwas ändern - nicht nur militärisch, sondern auch politisch ein Ausdruck des defensiven Widerstandes gegen die bürgerliche Gewaltanwendung. Die Ar­beiter haben zu den Waffen gegriffen, um etwas abzuwehren. Eine Erhebung der Arbeiterklasse, die ohne Vorbehalt als bewaffneter Aufstand gekennzeichnet werden kann, muß mit klarer Zielset­zung durch eine revolutionäre Arbeiterpartei in den Massen vor­bereitet werden. Die österreichische Sozialdemokratie war nicht die Partei des be­waffneten Aufstandes, sie war von vornherein die Partei der Sa­botage, des Verrats der bewaffneten Erhebung. Wir benützen also die Ausdrücke Aufstand, Aufständische nur in dem bedingten Sin­ne, daß die Aktionen der Arbeiter in Österreich die Form von brei­ten bewaffneten Kämpfen annahmen. Eine der wichtigsten Voraussetzungen des Sieges der Arbeiterklasse wurde und wird in diesen Kämpfen geschaffen. Die geistigen Fes­seln, in denen die Sozialdemokratie die übergroße Mehrheit der österreichischen Arbeiter hielt, wurden in der Hitze des Aufstan­des gesprengt und zerschlagen. Den neu beschrittenen Weg des revolutionären Kampfes können keinerlei faschistische Banden der Arbeiterklasse dauernd verlegen, die solche Schlachten geliefert hat wie die Schlachten in Wien, Linz, Steyr, Bruck a. d. Mur und in den anderen Herden des glorreichen Aufstandes. Nicht die Arbeiterklasse wurde besiegt. Das Proletariat hat einen großen politischen Sieg über die Sozialdemokratie errungen. Dieser Sieg ist der Anfang des endgültigen Sieges über die Bour­geoisie, weil die Arbeiter Österreichs in diesen Kämpfen mit den Waffen in der Hand nicht nur das große Werk der Änderung der Verhältnisse begonnen haben, sondern auch die Änderung ihrer selbst, die die wichtigste Bedingung für ihre Befähigung zur Er- kämpfung der Macht, zur politischen Herrschaft ist. So ist denn der niedergeschlagene Aufstand kein Ende, sondern ein Anfang. Der VII. Weltkongreß billigt die Kominternlinie (1935) Der VII. Weltkongreß (Juli-August 1935) deklarierte die Ein­heitsfront- und die Volksfrontpolitik zur offiziellen Linie der Komintern. Um die Wendung zu verschleiern, stellte der Kon­greß in der Resolution einige frühere »Einheitsfrontangebote« heraus, kritisierte jedoch das ehemalige »sektiererische Verhal­ten« der Kominternsektionen. Die in der Entschließung aufge­führten «neuen Methoden« der Anleitung der Sektionen durch die Kominternführung können als erster Schritt zu einer Auf­lösung der Komintern angesehen werden. l.Der VII. Weltkongreß der Kommunistischen Internationale bil­ligt die politische Linie und die praktische Tätigkeit des EKKI. Der VII. Weltkongreß der Kommunistischen Internationale bil­ligt es, daß sich das EKKI im März 1933, im Oktober 1934 und im April 1935 an die Landessektionen und an die Führung der II. In­ternationale mit dem Angebot der Aktionseinheit im Kampf gegen Faschismus, Kapitalsoffensive und Krieg gewandt hat. Der VII. Weltkongreß der Kommunistischen Internationale drückt sein Be­dauern darüber aus, daß alle diese Vorschläge, zum Schaden der Interessen der Arbeiterklasse, von der Exekutive der II. Inter­nationale und der Mehrheit ihrer Sektionen abgelehnt wurden, vermerkt die historische Bedeutung der Tatsache, daß die sozial­demokratischen Arbeiter sowie eine Reihe sozialdemokratischer Organisationen bereits Hand in Hand mit den Kommunisten gegen den Faschismus und für die Interessen der werktätigen Massen kämpfen, und verpflichtet das EKKI und alle der KI angehörenden Parteien, im weiteren in jeder Weise auf die Herstellung der Ein­heitsfront sowohl im Landesmaß stabe als auch im internationalen Maßstabe hinzuarbeiten. Der VII. Weltkongreß der Kommunistischen Internationale kon­statiert die zunehmende revolutionäre Einwirkung der Tätigkeit sowie der Losungen der kommunistischen Parteien auf die breiten Arbeitermassen, darunter auch auf die Mitglieder der Sozialdemo­kratischen Partei. Ausgehend davon, verpflichtet der Kongreß alle Sektionen der KI, die Überreste der sektiererischen Traditionen, die hinderlich waren, Zutritt zu den sozialdemokratischen Arbei­tern zu finden, in kürzester Frist zu überwinden, die Methoden der Agitation und Propaganda, die bisher nicht selten einen ab­strakten und für die Massen wenig verständlichen Charakter tru­gen, zu ändern und ihnen eine ausgesprochen konkrete, mit den unmittelbaren Nöten und Tagesinteressen der Massen zusammen­hängende Richtung zu verleihen. Der VII. Weltkongreß der Kommunistischen Internationale stellt fest, daß die Arbeit einer Reihe von Sektionen der Kom­munistischen Internationale ernsthafte Mängel aufweist: verspä­tete Durchführung der Einheitsfronttaktik, Unvermögen, die Mas­sen für Teilforderungen sowohl politischen als auch wirtschaft­lichen Charakters zu mobilisieren, Nichtverstehen der Notwendig­keit des Kampfes zur Verteidigung der Reste der bürgerlichen Demokratie, Nichtverstehen der Notwendigkeit der Schaffung der antiimperialistischen Volksfront in den Kolonial- und abhängigen Ländern, Geringschätzung der Arbeit in den reformistischen und faschistischen Gewerkschaften und in den von den bürgerlichen Parteien geschaffenen Massenorganisationen der Werktätigen, Un­terschätzung der Arbeit unter den werktätigen Frauen, Unter­schätzung der Arbeit unter der Bauernschaft und unter den Mas­sen des städtischen Kleinbürgertums sowie, daß diesen Sektionen die politische Hilfe seitens des Exekutivkomitees mit Verspätung zuteil geworden ist. In Anbetracht der stetig zunehmenden Rolle sowie der Verantwortung der kommunistischen Parteien, die be­rufen sind, sich an die Spitze der Bewegung der in der Revolu­tionierung befindlichen Massen zu stellen, in Anbetracht der Not­wendigkeit der Konzentrierung der operativen Leitung in den Sek­tionen selbst, fordert der VII. Weltkongreß der Kommunistischen Internationale das Exekutivkomitee der Kommunistischen Inter­nationale auf: das Schwergewicht seiner Tätigkeit auf die Ausarbeitung der grundlegenden politischen und taktischen Einstellungen der inter­nationalen Arbeiterbewegung zu verlegen, bei der Lösung aller Fragen von den konkreten Verhältnissen und Besonderheiten jedes einzelnen Landes auszugehen und, in der Regel, ein unmittelbares Eingreifen in die internen organisatorischen Angelegenheiten der kommunistischen Parteien zu vermeiden; systematisch mitzuhelfen an der Schaffung und Schulung der Kader sowie wahrhaft bolschewistischer Führer in den kommuni­stischen Parteien, damit die Parteien imstande seien, auf der Grundlage der Beschlüsse der Kongresse der Kommunistischen Internationale und der Plenartagungen des EKKI bei jähen Wen­dungen der Ereignisse rasch und selbständig die richtige Lösung der politischen und taktischen Aufgaben der kommunistischen Bewegung zu finden; den kommunistischen Parteien in ihrem ideologischen Kampf mit den politischen Gegnern wirksame Hilfe zu erweisen; den kommunistischen Parteien zu helfen, sowohl ihre eigene Erfahrung als auch die Erfahrungen der internationalen kommu­nistischen Bewegungen zu verwerten, dabei jedoch zu vermeiden, daß die Erfahrung des einen Landes mechanisch auf ein anderes übertragen und die konkrete marxistische Analyse durch Schablo- nenhaftigkeit und allgemeine Formeln ersetzt wird; für eine engere Verbindung der leitenden Instanzen der Kom­munistischen Internationale mit den Sektionen der KI durch noch aktivere Beteiligung maßgebender Vertreter der wichtigsten Sek­tionen der Kommunistischen Internationale an der täglichen Ar­beit des Exekutivkomitees der Kommunistischen Internationale zu sorgen. Der VII. Weltkongreß der Kommunistischen Internationale ver­weist auf die Unterschätzung der Wichtigkeit der Massenarbeit unter den Jugendlichen sowohl seitens der kommunistischen Ju­gendverbände als auch seitens der kommunistischen Parteien und auf die Schwäche dieser Arbeit in einer Reihe von Ländern, for­dert das EKKI und das EK der KJI [Exkutivkomitee der Kom­munistischen Jugend-Internationale] auf, wirksame Maßnahmen zur Überwindung der sektiererischen Abkapselung einer Reihe von KJV-Organisationen zu treffen, die KJV-Mitglieder zu verpflich­ten, allen von den bürgerlich-demokratischen, reformistischen und faschistischen Parteien sowie religiösen Vereinigungen geschaffenen Massenorganisationen der werktätigen Jugend (Gewerkschaften, Kultur- und Sportorganisationen) beizutreten und in diesen Or­ganisationen systematisch um den Einfluß auf die breiten Jugend­massen zu kämpfen, die Jugend zum Kampf gegen Militarisierung, Zwangsarbeitsdienstlager, für die Verbesserung ihrer materiellen Lage, für die Rechte der jungen werktätigen Generation zu mobi­lisieren und zu diesen Zwecken auf die Herstellung einer brei­ten Einheitsfront aller nichtfaschistischen Massenorganisationen der Jugend hinzuarbeiten. Der VII. Weltkongreß der Kommunistischen Internationale stellt fest, daß in den letzten Jahren unter dem Einfluß des Sieges des Sozialismus in der Sowjetunion, der Krise in den kapitalisti­schen Ländern, der Greueltaten des deutschen Faschismus und der Gefahr eines neuen Krieges in der ganzen Welt eine Schwenkung der breiten Arbeitermassen und der werktätigen Massen über­haupt vom Reformismus zum revolutionären Kampf, von der Spaltung und Zersplitterung zur Einheitsfront eingesetzt hat. In Anbetracht dessen, daß das Streben der Werktätigen zur Aktions­einheit auch weiterhin anwachsen wird, trotz dem Widerstand einzelner Führer der Sozialdemokratie, schlägt der VII. Weltkon­greß der Kommunistischen Internationale allen Sektionen der KI vor, im Prozeß des Kampfes für die Einheitsfront des Proletariats und die Volksfront aller Werktätigen gegen die Kapitalsoffensive, gegen den Faschismus und die Gefahr eines neuen Krieges ihre Aufmerksamkeit auf die weitere Festigung ihrer Reihen und die Gewinnung der Mehrheit der Arbeiterklasse für den Kommunis­mus zu konzentrieren. Der VII. Weltkongreß der Kommunistischen Internationale ver­weist darauf, daß es lediglich von der Kraft der kommunistischen Parteien und ihrem Einfluß auf die breiten Massen des Proleta­riats, von der Energie und Selbstverleugnung der Kommunisten abhängt, die heranreifende politische Krise in die siegreiche pro­letarische Revolution zu verwandeln. Heute, wo in einer Reihe kapitalistischer Länder die politische Krise heranreift, besteht die wichtigste und entscheidende Aufgabe der Kommunisten darin, sich mit den erzielten Erfolgen nicht zufriedenzugeben, sondern vorwärtszuschreiten zu neuen Erfolgen, die Verbindungen mit der Arbeiterklasse zu erweitern, das Vertrauen der Millionen Werktätigen zu gewinnen, die Sektionen der Kommunistischen Internationale in Massenparteien zu verwandeln, die Mehrheit der Arbeiterklasse unter den Einfluß der kommunistischen Par­teien zu bringen und auf diese Weise die Bedingungen zu schaffen, die für den Sieg der proletarischen Revolution notwendig sind. Dimitroff: Für die Einheitsfront (1935) Georgi Dimitroff, durch sein Auftreten im Reichstagsbrand­prozeß international bekannt geworden, hielt das Hauptrefe­rat auf dem VII. Weltkongreß (der ihn auch zum General­sekretär wählte). Seine Einschätzung des Faschismus und sein Aufruf zur Einheitsfront und zur Volksfront waren die Grund­lage der Generallinie der Komintern in den folgenden Jahren. Aus der umfangreichen Rede sind wichtige Passagen abgedruckt. Der Faschismus und die Arbeiterklasse Genossen! Bereits der VI. Kongreß der Kommunistischen Interna­tionale hat dem internationalen Proletariat das Heranreifen einer neuen faschistischen Offensive signalisiert und zum Kampf gegen sie aufgerufen. Der Kongreß wies darauf hin, daß »faschistische Tendenzen und Keime einer faschistischen Bewegung in mehr oder weniger entwickelter Form fast überall zu finden sind«. Unter den Verhältnissen der überaus tiefen Wirtschaftskrise, der heftigen Zuspitzung der allgemeinen Krise des Kapitalismus, der Revolutionierung der werktätigen Massen ist der Faschismus zum breiten Angriff übergegangen. Die herrschende Bourgeoisie sucht immer mehr ihre Rettung im Faschismus, um die schlimm­sten Ausplünderungsmaßnahmen gegen die Werktätigen durchzu­führen, um einen imperialistischen Raubkrieg, um den Überfall auf die Sowjetunion, die Versklavung und Aufteilung Chinas vorzu­bereiten und durch alle diese Maßnahmen die Revolution zu ver­hindern. Die imperialistischen Kreise suchen die ganze Last der Krise auf die Schultern der Werktätigen abzuwälzen. Dazu brauchen sie den Faschismus. Sie wollen das Problem der Märkte durch Versklavung der schwa­chen Völker, durch Steigerung der kolonialen Unterdrückung und durch eine Neuaufteilung der Welt auf dem Wege des Krieges lösen. Dazu brauchen sie den Faschismus. Sie suchen dem Anwachsen der Kräfte der Revolution durch Zer­schlagung der revolutionären Bewegung der Arbeiter und Bau­ern und durch den militärischen Überfall auf die Sowjetunion - das Bollwerk des Weltproletariats - zuvorzukommen. Dazu brauchen sie den Faschismus. In einer Reihe von Ländern - insbesondere in Deutschland - ge­lang es diesen imperialistischen Kreisen, vor der entscheidenden Schwenkung der Massen zur Revolution dem Proletariat eine Nie­derlage zu bereiten und die faschistische Diktatur aufzurichten. Bezeichnend für den Sieg des Faschismus ist aber gerade der Um­stand, daß dieser Sieg einerseits von der Schwäche des Proleta­riats zeugt, das durch die sozialdemokratische Spaltungspolitik, durch die Politik der Arbeitsgemeinschaft mit der Bourgeoisie des­organisiert und paralysiert wurde, andererseits aber die Schwäche der Bourgeoisie selbst zum Ausdruck bringt, die vor der Herstel­lung der Kampfeinheit der Arbeiterklasse Angst hat, vor der Re­volution Angst hat und nicht mehr imstande ist, ihre Diktatur über die Massen mit den alten Methoden der bürgerlichen Demo­kratie und des Parlamentarismus aufrechtzuerhalten. »Den Sieg des Faschismus in Deutschland«, sagte Genosse Stalin auf dem XVII. Parteitag der Kommunistischen Partei der Sowjet­union (Bolschewiki), »darf man nicht nur als Zeichen der Schwäche der Arbeiterklasse und als Ergebnis des Verrats der Sozialdemo­kratie an der Arbeiterklasse betrachten, die dem Faschismus den Weg ebnete. Man muß ihn auch als Zeichen der Schwäche der Bour­geoisie betrachten, als ein Zeichen dafür, daß die Bourgeoisie nicht mehr imstande ist, mit den alten Methoden des Parlamentarismus und der bürgerlichen Demokratie zu herrschen, weshalb sie in der Innenpolitik gezwungen ist, zu terroristischen Regierungsmethoden zu greifen; als ein Zeichen dafür, daß sie nicht mehr imstande ist, einen Ausweg aus der jetzigen Lage auf dem Boden einer fried­lichen Außenpolitik zu finden, weshalb sie gezwungen ist, zur Po­litik des Krieges zu greifen.« Der Klassencharakter des Faschismus Der Faschismus an der Macht, Genossen, ist, wie ihn das XIII. Plenum des EKKI richtig charakterisiert hat, die offene, terrori­stische Diktatur der reaktionärsten, chauvinistischsten, am meisten imperialistischen Elemente des Finanzkapitals. Die reaktionärste Abart des Faschismus ist der Faschismus deut­schen Schlages. Er hat die Dreistigkeit, sich Nationalsozialismus zu nennen, obwohl er nichts mit Sozialismus gemein hat. Der Hitlerfaschismus ist nicht bloß bürgerlicher Nationalismus, er ist ein tierischer Chauvinismus. Das ist ein Regierungssystem des poli­tischen Banditentums, ein System der Provokationen und Folte­rungen gegenüber der Arbeiterklasse und den revolutionären Ele­menten der Bauernschaft, des Kleinbürgertums und der Intelligenz. Das ist mittelalterliche Barbarei und Grausamkeit, zügellose Ag­gressivität gegenüber den anderen Völkern und Ländern. Der deutsche Faschismus spielt die Rolle des Stoßtrupps der in­ternationalen Konterrevolution, des Hauptbrandstifters des im­perialistischen Krieges, des Initiators eines Kreuzzuges gegen die Sowjetunion, das große Vaterland der Werktätigen der ganzen Welt . . . Der Faschismus ist die wütendste Offensive des Kapitals gegen die werktätigen Massen. Der Faschismus ist zügellosester Chauvinismus und Raubkrieg. Der Faschismus ist wütende Reaktion und Konterrevolution. Der Faschismus ist der schlimmste Feind der Arbeiterklasse und aller Werktätigen . . . Die Bedeutung der Einheitsfront Ist es nicht klar, daß gemeinsame Aktionen der Anhänger der Par­teien und Organisationen der beiden Internationalen - der Kom­munistischen Internationale und der II. Internationale - den Mas­sen die Abwehr des faschistischen Ansturms erleichtern und das politische Gewicht der Arbeiterklasse erhöhen würden? Gemeinsame Aktionen der Parteien der beiden Internationalen ge­gen den Faschismus würden jedoch nicht nur einen Einfluß auf ihre gegenwärtigen Anhänger, auf die Kommunisten und Sozialdemo­kraten haben, sie würden auch einen mächtigen Einfluß auf die Reihen der christlichen, anarchistischen und unorganisierten Ar­beiter ausüben, sogar auf diejenigen, die vorübergehend ein Opfer der faschistischen Demagogie geworden sind . . . Die Herstellung der Aktionseinheit aller Teile der Arbeiterklasse, unabhängig von ihrer Zugehörigkeit zu der einen oder anderen Partei und Organisation, ist notwendig, bevor noch die Mehrheit der Arbeiterklasse sich zum Kampf für den Sturz des Kapitalis­mus und für den Sieg der proletarischen Revolution vereinigt haben wird. Ist es möglich, diese Aktionseinheit des Proletariats in den ein­zelnen Ländern und in der ganzen Welt zu verwirklichen? Ja­wohl, es ist möglich, und es ist sofort möglich. Die Kommunisti­sche Internationale stellt für die Aktionseinheit keinerlei Be­dingungen, mit Ausnahme einer einzigen, elementaren, für alle Arbeiter annehmbaren Bedingung, und zwar, daß die Aktionsein­heit sich gegen den Faschismus, gegen die Offensive des Kapitals, gegen die Kriegsgefahr, gegen den Klassenfeind richtet. Das ist unsere Bedingung . . . Über die antifaschistische Volksfront Bei der Mobilisierung der werktätigen Massen zum Kampf gegen den Faschismus ist die Schaffung einer breiten antifaschistischen Volksfront auf der Grundlage der proletarischen Einheitsfront eine besonders wichtige Aufgabe. Der Erfolg des gesamten Kampfes des Proletariats ist eng verbunden mit der Herstellung des Kampf­bündnisses des Proletariats mit der werktätigen Bauernschaft und der Hauptmasse des städtischen Kleinbürgertums, das die Mehr­heit der Bevölkerung sogar in den industriell entwickelten Län­dern bildet . . . Das Grundlegende, das Entscheidendste für die Herstellung der antifaschistischen Volksfront ist die entschiedene Aktion des re­volutionären Proletariats zur Verteidigung der Forderungen dieser Schichten und insbesondere der werktätigen Bauernschaft, der For­derungen, die den Grundinteressen des Proletariats entsprechen, wobei man im Laufe des Kampfes die Forderungen der Arbeiter­klasse mit diesen Forderungen verknüpfen muß. Von großer Bedeutung für die Schaffung der antifaschistischen Volksfront ist das richtige Herangehen an jene Organisationen und Parteien, denen die werktätige Bauernschaft und die Hauptmas­sen des städtischen Kleinbürgertums in großer Zahl angehören . . . Unter bestimmten Umständen können und müssen wir unsere An­strengungen darauf richten, diese Parteien und Organisationen oder einzelne Teile von ihnen trotz ihrer bürgerlichen Leitung für die antifaschistische Volksfront zu gewinnen. So steht es z. B. gegenwärtig in Frankreich mit der Radikalen Partei, in den Ver­einigten Staaten - mit den verschiedenen Farmerorganisationen, in Polen - mit »Stronictwo Ludowe«, in Jugoslawien - mit der kroatischen Bauernpartei, in Bulgarien - mit dem Landwirtebund, in Griechenland - mit den Agraristen usw. Aber unabhängig da­von, ob Aussichten auf Gewinnung solcher Parteien und Organi- sationen für die Volksfront bestehen, muß unsere Taktik unter allen Umständen darauf gerichtet sein, die ihnen angehörenden Kleinbauern, Handwerker, Gewerbetreibenden usw. in die anti­faschistische Volksfront hineinzuziehen. Ihr seht also, daß wir hier auf der ganzen Linie aufräumen müssen mit der in unserer Praxis nicht selten vorkommenden Ignorierung, Geringschätzung der verschiedenen Organisationen und Parteien der Bauernschaft, der Handwerker und Massen des städtischen Kleinbürgertums . . . Komintern und Einheit der Arbeiterklasse (1935) In der Resolution des VII. Weltkongresses wurde u. a. auch zur Schaffung einer »Einheitspartei« von Kommunisten und Sozialdemokraten Stellung genommen. 1935 erklärte sich die Komintern zwar dazu bereit, sagte aber klar, daß bei einer sol­chen Vereinigung die Sozialdemokratie praktisch in der Kom­munistischen Partei aufgehen würde (»Anerkennung der Dik­tatur des Proletariats in Form der Sowjets«). Solche Offen­heit wurde wenige Jahre später nicht meht geübt, seit 1939 und vor allem nach 1945 war vom »demokratischen Weg« der Einheitspartei die Rede. . . . VI. Die Festigung der kommunistischen Parteien und der Kampf für die politische Einheit der Arbeiterklasse Der Kongreß unterstreicht mit besonderem Nachdruck, daß nur die weitere allseitige Festigung der kommunistischen Parteien selbst, die Entfaltung ihrer Initiative, ihre prinzipielle marxi­stisch-leninistische Politik und eine richtige, elastische, die konkrete Lage und die Gruppierung der Klassenkräfte berücksichtigende Taktik die Mobilisierung der breitesten werktätigen Massen zum einheitlichen Kampf gegen den Faschismus, gegen den Kapitalis­mus gewährleisten. Die wirkliche Herstellung der Einheitsfront erheischt von den Kommunisten die Überwindung des selbstgefälligen Sektierertums in den eigenen Reihen, das im jetzigen Zeitpunkt in einer Reihe von Fällen schon keine »Kinderkrankheit« der kommunistischen Bewegung mehr, sondern ein eingewurzeltes Laster ist. Dieses Sektierertum, das den Grad der Revolutionierung der Massen über­schätzte und die Illusionen darüber schuf, daß es bereits gelungen sei, dem Faschismus den Weg zu versperren, während die faschisti­sche Bewegung weiter anstieg, züchtete faktisch Passivität gegenüber dem Faschismus. Dieses Sektierertum, das in der Praxis die Methoden der Leitung der Massen durch die Methoden der Leitung einer engen Parteigruppe ersetzte, an die Stelle der Massenpolitik eine ab­strakte Propaganda und einen linken Doktrinarismus setzte, die Arbeit in den reformistischen Gewerkschaften und den faschisti­schen Massenorganisationen ablehnte, die Taktik und die Losungen für alle Länder schabionisierte, ohne die Besonderheiten der kon­kreten Lage jedes einzelnen Landes zu berücksichtigen - dieses Sek­tierertum hemmte in bedeutendem Maße das Wachstum der kom­munistischen Parteien, erschwerte die Durchführung einer wirk­lichen Massenpolitik, hinderte sie daran, die Schwierigkeiten des Klassenfeindes zur Stärkung der revolutionären Bewegung aus­zunützen, hinderte sie, die breiten proletarischen Massen für die kommunistischen Parteien zu gewinnen. Die Kommunisten, die mit der größten Entschiedenheit für die Ausrottung aller Überreste des Sektierertums kämpfen, das im ge­gebenen Moment ein überaus ernstes Hindernis für die Durchfüh­rung einer wirklich bolschewistischen Massenpolitik der kommuni­stischen Parteien ist, müssen ihre Wachsamkeit gegenüber der Ge­fahr des Rechtsopportunismus steigern, einen entschiedenen Kampf gegen alle seine konkreten Erscheinungsformen führen und dabei im Auge behalten, daß bei einer breiten Anwendung der Einheits­fronttaktik die Rechtsgefahr zunehmen wird. Der Kampf für die Herstellung der Einheitsfront, der Aktionseinheit der Arbeiter­klasse erheischt, daß die sozialdemokratischen Arbeiter von der Richtigkeit der kommunistischen Politik anschaulich überzeugt werden und die Unrichtigkeit der reformistischen Politik ihnen konkret aufgezeigt wird, und verpflichtet jede kommunistische Par­tei zum unversöhnlichen Kampf gegen alle Tendenzen einer Vertu­schung des prinzipiellen Unterschieds zwischen Kommunismus und Reformismus, einer Abschwächung der Kritik des Sozialdemokra- tismus als Ideologie und Praxis der Arbeitsgemeinschaft mit der Bourgeoisie, gegen die Illusionen, daß die Verwirklichung des So­zialismus auf friedlichem, legalem Wege möglich sei, gegen jede Einstellung auf Automatismus und Spontaneität sowohl in der Frage der Liquidierung des Faschismus als auch bei der Durch­führung der Einheitsfront, gegen die Herabsetzung der Rolle der Partei und gegen alle noch so geringen Schwankungen im Moment des entschlossenen Handelns. In der Überzeugung, daß die Interessen des Klassenkampfes des Proletariats und der Erfolg der proletarischen Revolution gebie­terisch erfordern, daß in jedem Land eine einheitliche politische Massenpartei der Arbeiterklasse bestehe, stellt der Kongreß den kommunistischen Parteien die Aufgabe, gestützt auf den wachsen­den Drang der Arbeiter zur Vereinigung der sozialdemokratischen Parteien oder einzelner Organisationen mit den kommunistischen Parteien die Initiative in der Frage dieser Vereinigung in ihre Hand zu nehmen. Dabei muß man aber den Arbeitern unbedingt klarmachen, daß eine solche Vereinigung nur bei einer Reihe von Bedingungen möglich ist: unter der Bedingung der völligen Un­abhängigkeit von der Bourgeoisie und der völligen Zerreißung des Blocks der Sozialdemokratie mit der Bourgeoisie, unter der Be­dingung der vorhergehenden Verwirklichung der Aktionseinheit, unter der Bedingung der Anerkennung der Notwendigkeit des revolutionären Sturzes der Herrschaft der Bourgeoisie und der Er­richtung der Diktatur des Proletariats in der Form der Sowjets, unter der Bedingung der Ablehnung der Unterstützung der eige­nen Bourgeoisie im imperialistischen Krieg, unter der Bedingung des Aufbaus der Partei auf der Grundlage des demokratischen Zentralismus, der die Einheit des Wollens und Handelns gewähr­leistet und der durch die Erfahrung der russischen Bolschewiki er­probt worden ist. Gleichzeitig muß man entschieden gegen die Versuche »linker« so­zialdemokratischer Demagogen Front machen, die die Enttäu­schung unter den sozialdemokratischen Arbeitern ausnutzen wol­len zur Schaffung neuer sozialistischer Parteien und einer neuen »Internationale«, die gegen die kommunistische Bewegung gerich­tet sind und auf diese Weise die Spaltung in der Arbeiterklasse vertiefen. Der VIL Kongreß der Kommunistischen Internationale betrachtet die Aktionseinheit als eine dringende Notwendigkeit und als den sichersten Weg zur Herstellung auch der politischen Einheit des Proletariats und erklärt im Namen aller Sektionen der Kommu­nistischen Internationale, daß sie bereit sind, unverzüglich Ver­handlungen mit den entsprechenden Parteien der II. Interna­tionale über die Herstellung der Aktionseinheit der Arbeiterklasse im Kampf gegen die Kapitalsoffensive, den Faschismus und die Gefahr eines imperialistischen Krieges aufzunehmen, und daß auch die Kommunistische Internationale bereit ist, zu diesem Zwecke in Verhandlungen mit der II. Internationale einzutreten . . . Das EKKI-Präsidium zum Spanischen Bürgerkrieg (1936) Der Putsch der Franco-Faschisten gegen die spanische Republik rief auch die Kommunisten auf den Plan, die sich schon vorher der spanischen Volksfront angeschlossen hatten. In der Volks­front kämpften die spanischen Kommunisten aktiv gegen den Faschismus, sie kämpften für die Republik und lehnten sogar weitgehende soziale Forderungen oder die Nationalisierung der Industrie »im Interesse der Republik« ab. Doch es war die Zeit der Stalinschen Säuberungen, und auch in Spanien versuchten die Kommunisten auf Geheiß des EKKI »trotzkistische Agen­ten« und andere Gegner des Stalinismus auszuschalten. Die spa­nische Republik ging zugrunde, weil Hitler Franco unterstützte und die westlichen Demokratien die Republik im Stich ließen. Nicht zuletzt trugen aber auch die zwielichtige Politik und das Doppelspiel Stalins zu diesem Untergang bei. Das Präsidium des Exekutivkomitees der Kommunistischen Inter­nationale hebt den gewaltigen Heroismus und die Selbstaufopfe­rung des spanischen Volkes hervor, das mit der Verteidigung der spanischen Republik, seiner Rechte und Freiheiten vor der blutigen faschistischen Barbarei die Sache des Friedens und die gemeinsame Sache der gesamten fortgeschrittenen und fortschrittlichen Mensch­heit verteidigt. Das heldenmütige spanische Volk, seine Volksfront und seine republikanische Armee heiß begrüßend, gibt das Präsi­dium des EKKI seiner tiefsten Überzeugung Ausdruck, daß das von der Unterstützung der antifaschistischen Kräfte der ganzen Welt getragene spanische Volk einen entscheidenden Sieg über die Kräfte des spanischen Faschismus und über die auf spanischen Boden ein­gedrungenen deutschen und italienischen faschistischen Interventen, die Brandstifter des Weltkrieges, davontragen wird. Das Präsidium des EKKI billigt die Linie des Zentralkomitees der Kommunistischen Partei Spaniens, die Parteimitglieder und Volks­massen zum Kampf gegen die die Vernichtung des parlamentari­schen Regimes und die Errrichtung der faschistischen Diktatur an­strebenden Faschisten zu mobilisieren; die Linie auf Verteidigung und Festigung der alle Rechte und Freiheiten des spanischen Volkes gewährleistenden demokratischen parlamentarischen Republik, der Republik der Volksfront, in der die materielle Basis des Faschis­mus untergraben, in der kein Platz für den Faschismus sein wird, das Volk vielmehr frei seinen Willen zum Ausdruck bringen und selber sein Schicksal entscheiden kann. Das Präsidium des EKKI hält die auf allseitige Festigung der Volksfront, auf noch größere Zusammenschweißung aller antifa­schistischen Kräfte, auf weitere Konsolidierung der Kampfge­meinschaft und der brüderlichen Beziehungen zwischen Republika­nern, Sozialisten, Kommunisten und Anarcho-Syndikalisten ge­richtete Politik der Kommunistischen Partei für vollkommen rich­tig; ist doch die völlige Einheit in den Reihen der Volksfront die entscheidende Voraussetzung der Niederschlagung des Faschismus. Die besonders notwendige, von der Kommunistischen Partei auf­richtig angestrebte Festigung der brüderlichen Beziehungen mit den Anarcho-Syndikalisten wird dadurch erleichtert, daß der Na­tionale Gewerkschaftsbund (CNT) in der Tat die Fähigkeit ge­zeigt hat, in der letzten Zeit in einer Reihe von Fällen richtige taktische Schlußfolgerungen aus den Lehren der Ereignisse zu zie­hen; daß er die Notwendigkeit der Schaffung einer starken repu­blikanischen Volksarmee erkannt hat; daß er sich für die Einfüh­rung militärisch-revolutionärer Disziplin an den Fronten und im Hinterland ausgesprochen hat; daß er an der Regierung teilnimmt und Bereitwilligkeit zeigt, an der Schaffung einer einheitlichen zentralisierten Leitung der Kampfoperationen an allen Fronten mitzuwirken. Die ureigensten Interessen des spanischen Volkes er­heischen, entschlossen den Ausfällen des Feindes entgegenzutreten, der mittels seiner Agenten, Spione und Provokateure die Einheit der Volksfront von innen heraus durch Untergrabung des gegen­seitigen Vertrauens und Entfachung des Bruderkampfes in den Reihen der Parteien und Organisationen der Volksfront zu spren­gen versucht. Das Präsidium des EKKI hält den von der Kommunistischen Par­tei geführten und von den anderen Organisationen der Volks­front unterstützten Kampf gegen die Trotzkisten als eine faschi­stische Agentur, die im Interesse Hitlers und des Generals Franco Lockspitzelarbeit leistet, die die Volksfront zu spalten sucht, eine konterrevolutionäre Verleumdungskampagne gegen die UdSSR betreibt und alle Mittel, alle nur möglichen Intrigen und dema­gogischen Kniffe spielen läßt, um die Niederschlagung des Fa­schismus in Spanien zu verhindern, für richtig. Angesichts dessen, daß die Trotzkisten im Interesse des Faschismus Wühlarbeit im Rücken der republikanischen Truppen leisten, billigt das Präsi­dium die auf völlige und endgültige Zerschmetterung des Trotz­kismus in Spanien gerichtete Linie der Partei als notwendig zum Sieg über den Faschismus. Das Präsidium des EKKI hält die von der Kommunistischen Par­tei befolgte Politik der aktivsten Unterstützung und Festigung der republikanischen Regierung unter Largo Caballero einer aus Ver­tretern aller der Volksfront angehörenden Parteien und Organisa­tionen zusammengesetzten Regierung für vollkommen richtig. Das Präsidium des EKKI hält die Stellungnahme der Partei ge­gen die summarische Nationalisierung der Industrie für richtig, so­lidarisiert sich mit dem Kurs der Partei, demzufolge die Nationali­sierung durch die Interessen der Verteidigung der Republik be­dingt, gegen die Versuche der Volksfeinde zur Organisierung der Sabotage und Zerrüttung der Wirtschaft gerichtet sein und, außer­dem, daß sie bei jenen Betrieben durchgeführt werden soll, die di­rekten oder indirekten Teilnehmern an dem Aufstand gehören . . . Aufruf zur Säuberung von »1 rotzkisten« (1937) 1936 bis 1938 wütete in der Sowjetunion die große Stalinsche Säuberung. Eine der größten Kommunistenverfolgungen hatte in Rußland eingesetzt. Ihre »Grundlage« war die Lüge von einer angeblichen »Agentenarbeit« der »Trotzkisten«. In der Säuberung, die später selbst von Chruschtschow als verbreche­rische Maßnahme Stalins bezeichnet wurde, ermordete die Sta- linsche Geheimpolizei nach Massenverhaftungen und Schau­prozessen die Führer der KPdSU aus der Lenin-Ära ebenso wie die Führer ausländischer Parteien (darunter vor allem der KP Polens und der KPD) im Moskauer Exil. Auch die Komintern und ihr Apparat wurden von der Säuberung schwer betroffen. Die beiden ehemaligen Kominternvorsitzenden Sinowjew und Bucharin wurden nach Schauprozessen erschossen, wichtige Füh­rer des Komintern-Apparats wie Pjatnizki, Bela Kun, Knorin verschwanden in der »Tschistka«. Mitte 1937 rief das EKKI- Präsidium auf, alle kommunistischen Parteien einer Säuberung von angeblichen trotzkistischen »Agenten« zu unterziehen. . . . Unter Berücksichtigung der Lehren des Plenums des ZK der KPdSU (B) sowie der eigenen Erfahrung der Sektionen der Kom­munistischen Internationale im Kampf gegen die provokatorische Tätigkeit der Trotzkisten beschloß das Präsidium des EKKI: »1. Den Sektionen der Kommunistischen Internationale vorzu­schlagen, einen systematischen Kampf sowohl in Versammlungen als auch in der Presse gegen den Trotzkismus als Agentur des Fa­schismus zu entfalten unter Ausnutzung der Ergebnisse der Ge­richtsprozesse über das sinowjewistisch-trotzkistische und das pa­rallele trotzkistische Antisowjet-Zentrum; Mobilisierung der Wach­samkeit der Arbeitermassen gegen die provokatorische Tätigkeit der Trotzkisten, um sie als faschistische Agenten aus den Reihen der Arbeiterbewegung zu vertreiben. In die Programme der Parteischulen ist ein besonderer Kursus über den Kampf gegen den Faschismus und dessen trotzkistische Agentur aufzunehmen. Für diesen Kursus ist das Tatsachenma­terial über die Spionage- und Zerstörungsarbeit der Trotzkisten in der UdSSR, in Spanien, in der internationalen Arbeiterbewe­gung und besonders in der Arbeiterbewegung desjenigen Landes auszunutzen, für dessen Arbeiter der Kursus bestimmt ist. In allen Gliedern der Partei ist systematisch eine breite Propa­gandaarbeit in Wort und Schrift zur Erläuterung der konterrevo­lutionären Rolle des Trotzkismus als Agentur des Faschismus durchzuführen, wobei besondere Beachtung der beweisenden Ent­larvung der trotzkistischen »linken« Phrase zu schenken ist, mit welcher die in Wirklichkeit faschistische Zersetzungsarbeit der Trotzkisten in der Arbeiterbewegung getarnt wird. Die Spionage- und Provokationstätigkeit der Trotzkisten als Agenten des Klas­senfeindes, ihre Methoden des Eindringens in die Parteiorganisa­tionen und die Mittel und Wege des Schutzes der Partei vor trotz­kistischen Spionen und Provokateuren sind auf Grund von Tat­sachenmaterial zu beleuchten. Es gilt, die Parteiorganisationen zu mobilisieren zur Aufdeckung von trotzkistelnden Elementen, die ihre grundsätzliche Nichtüber­einstimmung zur Politik der Partei und der Komintern in die Form von allerhand Vorbehalten gegenüber der taktischen Ein­stellung der Partei hüllen; die Kommunisten müssen unermüdlich geschult werden, den Feind zu erkennen und zu entlarven, indem sie unzweideutige klare Antworten von derartigen Elementen über folgende Fragen verlangen: Über ihr Verhalten zur UdSSR und zur Führung der KPdSU (B), zu den taktischen Einstellungen des VII. Weltkongresses, zur Einheitsfront und Einheit der Arbeiterbewegung, zum Faschismus und zur Politik der antifaschistischen Volksfront. Gleichzeitig damit ist es unbedingt nötig, ehrliche Arbeiter, die zufällig unter den Einfluß des Trotzkismus geraten sind, von den trotzkistischen Agenten des Faschismus zu unterscheiden. Es ist eine Säuberung der Parteiorganisationen von doppel­zünglerischen trotzkistischen Elementen durchzuführen, die vom Klassenfeind zur Desorganisierung in die Kommunistische Partei geschickt wurden. Frühere Trotzkisten, die durch ihre Arbeit im Laufe einer Reihe von Jahren nicht den Beweis erbracht haben, daß sie aufrichtig vom Trotzkismus abgerückt und der Partei und der Sache der Arbeiterklasse wirklich ergeben sind, sind von ver­antwortlichen Posten zu entfernen.« Im Interesse eines erfolgreichen Kampfes gegen den Trotzkismus betonte das Präsidium des EKKI die große Wichtigkeit des ver­tieften Studiums der Theorie des Marxismus-Leninismus zwecks Hebung des ideologisch-politischen Niveaus der Mitarbeiter der Komintern und ihrer Sektionen. Im besonderen beschloß das Prä­sidium des EKKI: »Die Zentralkomitees der kommunistischen Parteien auf die Not­wendigkeit hinzuweisen, das Studium der Geschichte der KPdSU (B) auf eine höhere Stufe zu heben, das Studium der Geschichte des konsequenten und unversöhnlichen Kampfes der Bolschewik! für die prinzipiellen Grundlagen des Marxismus-Leninismus, ge­gen jegliche Art von Entstellung der marxistisch-leninistischen Theorie und Praxis, gegen jegliche Entstellungen, deren Träger die zur faschistischen Agentur entarteten Trotzkisten und rechten Restauratoren des Kapitalismus sind . . .« Volksfront in Frankreich (1937) Nach dem VII. Weltkongreß stellte die Komintern die Politik der »Volksfront« in den Mittelpunkt ihrer Tätigkeit. Die Volksfront hatte vor allem in Frankreich Erfolge. Es kam dort zur engen Zusammenarbeit zwischen Kommunisten, Soziali­sten und Radikalsozialisten und zur Bildung der Volksfront­regierung Blum. Im September 1937, als der Höhepunkt der Volksfrontpolitik bereits überschritten und die Regierung Blum zurückgetreten war, gab das Organ der Komintern, die »Kom­munistische Internationale« in einem Leitartikel nochmals eine grundsätzliche Einschätzung der Volksfront. Der Artikel ist gekürzt wiedergegeben, die Ausführungen über die spanische Volksfront, den Mißerfolg der Volksfront in Deutschland und Italien usw. wurden aus Raumgründen weg­gelassen. Alle sind dessen eingedenk, mit welcher Begeisterung unser Welt­kongreß vor zwei Jahren die Linie des Kampfes für die Verwirk­lichung der proletarischen Einheitsfront und der antifaschistischen Volksfront als Zentralaufgabe der Politik der Komintern an­nahm. Danach stand im Verlauf der letzten zwei Jahre im Mit­telpunkt der Aufmerksamkeit der Komintern die Aufgabe der Vereinigung der Reihen der Arbeiterklasse, der Bauernschaft, aller Werktätigen und aller Anhänger der Demokratie auf Grund einer breiten Einheitsfront zum Kampf gegen Reaktion, Faschismus und Krieg. Zwei Jahre sind eine viel zu kurze Frist, als daß man mit ent­scheidenden Siegen bei einer solch gewaltigen Sache der Weltpoli­tik rechnen dürfte. Aber diese Frist ist vollauf genug, um die Le­bensfähigkeit und Rechtzeitigkeit der gegebenen politischen Lo­sung in der Praxis zu prüfen. Die Richtigkeit der Losung der Einheitsfront der Arbeiterklasse und der antifaschistischen Volks­front wurde aber bereits geprüft und in der Praxis vieler Länder bestätigt. Heute kann dies niemand bestreiten, mit Aus­nahme jener, die sich nicht schämen, offensichtliche Tatsachen zu bestreiten. Anders war es vor zwei Jahren. Damals gab es viele »Schlauköp­fe«, die bereit waren, eher an Zauberei zu glauben als an die Ver­wirklichung der Volksfront. Damals gab es noch in keinem einzi­gen Land eine Volksfront. Man konnte allerdings unter der Ar­beiterklasse bereits damals in einer ganzen Reihe von Ländern einen spontanen Drang zur Einheit spüren, aber nur in einem Land, in Frankreich, war bereits am Vorabend des VII. Kongres­ses eine wirkliche Einheitsfront der Arbeiterklasse errichtet wor­den, der bereits auch andere Schichten der Werktätigen zuström­ten. In dieser Verbindung muß man besonders an die mächtigen Julidemonstrationen im Jahre 1935 erinnern. Diese Bewegung in Frankreich bedeutete bereits »den Anfang einer breiten allgemeinen Volksfront gegen den Faschismus« (Dimitroff). Aber erst nach dem VII. Kongreß der Komintern, im Jahre 1936, gestaltete sich die Volksfront in Frankreich endgültig, und nach dem Sieg der demokratischen Kräfte bei den Parlamentswahlen im Mai wurde eine Regierung geschaffen, die sich auf die Volks­front stützte. Genosse Dimitroff begründete in seinen Reden auf dem VII. Kon­greß der Kommunistischen Internationale die Notwendigkeit der Herstellung der Aktionseinheit des Proletariats und der breiten Volksmassen, indem er von der wachsenden Gefahr des Faschismus und des Krieges ausging. Er trat scharf gegen alle sektiererischen und Kapitulationstendenzen auf, er zerschmetterte die faule Theo­rie der »Unvermeidlichkeit des Sieges des Faschismus« und stellte die Frage der Niederlage des Faschismus als Frage des Kampfes, als Frage des vereinten Massenkampfes der Werktätigen. An die Millionenmassen der Werktätigen gewandt, sagte Genosse Dimi- troft: » . . . Jawohl, Genossen, man kann dem Faschismus den Weg ver­sperren. Das ist durchaus möglich. Das hängt von uns selbst ab, von den Arbeitern, den Bauern, von allen Werktätigen! Die Verhinderung des Sieges des Faschismus hängt vor allem von der Kampfaktivität der Arbeiterklasse selbst ab, vom Zusammen­schluß ihrer Kräfte zu einer einheitlichen, gegen die Offensive des Kapitals und des Faschismus kämpfenden Armee ... Zweitens hängt das vom Vorhandensein einer starken revolutio­nären Partei ab, die den Kampf der Werktätigen gegen den Fa­schismus richtig leitet. Drittens hängt das von der richtigen Politik der Arbeiterklasse gegenüber der Bauernschaft und den kleinbürgerlichen Massen in den Städten ab . . . Viertens hängt das von der Wachsamkeit und den rechtzeitigen Aktionen des revolutionären Proletariats ab.« Die revolutionären Arbeiter Frankreichs haben in der Praxis ge­zeigt, daß sie das Wesen der Politik der Volksfront als die Haupt­bedingung zur Verhinderung des Wachstums und des Sieges des Faschismus begriffen haben. Sie erzielten schnell eine Erweiterung der auf politischem Gebiet entstandenen proletarischen Einheits­front auch auf das Gebiet des wirtschaftlichen Kampfes. Sie er­zielten schnell die Verwirklichung der Gewerkschaftseinheit. Und wenn Genosse Dimitroff die französischen Genossen bereits auf dem VII. Kongreß der Komintern warnen mußte, »die organisa­torische Schwäche der französischen Arbeiterbewegung, die den Erfolg der faschistischen Offensive erleichtert, nicht zu verges­sen«, so wuchsen die französischen Gewerkschaften nach der Ver­einigung ungemein schnell zu der stärksten, fünf Millionen zählen­den Gewerkschaftsarmee in den Ländern des Kapitalismus heran. Sie stellt ein festes proletarisches Fundament dar, auf dessen Grundlage sich in Frankreich auf Initiative der Kommunistischen Partei die antifaschistische Volksfront erfolgreich entfaltet. Die Volksfront rettete Frankreich vor der faschistischen Barbarei. Die Volksfront gab Millionen von Arbeitern und Angestellten die Möglichkeit, sich gegen die Offensive des Kapitals zu verteidigen und eine Lohnerhöhung zu erzielen; sie brachte die Verkürzung der Arbeitswoche und verwirklichte eine soziale Gesetzgebung, die in Frankreich fast ganz fehlte. Die Volksfront gewährte auch den französischen Bauern eine gewisse Hilfe. All dies ist natürlich erst der Anfang, aber eins ist vollkommen klar: Ohne die Volks­front hätten die Werktätigen Frankreichs nicht nur keinerlei Un­terstützung und keinerlei Schutz seitens des Staates erhalten, son­dern im Gegenteil, die reaktionäre Bourgeoisie hätte sie mit Hilfe des Faschismus aller ihrer Rechte beraubt, hätte alle ihre Interes­sen erbarmungslos mit Füßen getreten und hätte mit ihren Organi­sationen und ihrer Bewegung brutal aufgeräumt. Ohne die Volks­front hätte das französische Volk zweifellos das grausame Schick­sal des deutschen Volkes ereilt. Die unbestreitbaren Erfolge der Volksfront in Frankreich bedeu­ten keineswegs, daß die faschistische Gefahr dort überwunden ist. Nein, gerade auf den Faschismus setzt das Großkapital seine Hoff­nungen, indem es seine Machenschaften verstärkt und den Um­stand ausnützt, daß die wichtigsten, im Volksfrontprogramm vor­gesehenen Maßnahmen zur Abwehr der faschistischen Gefahr, ins­besondere die Auflösung der faschistischen Organisationen und die Säuberung der Armee und des Staatsapparates von eingefleisch­ten Reaktionären und Faschisten, noch nicht verwirklicht sind. Das schwer auf den Werktätigen lastende Steuersystem Frankreichs ist noch nicht erneuert. Im Gegenteil, den Werktätigen wurde eine ganze Reihe neuer Lasten auferlegt, obwohl es klar ist, daß die Sache der Festigung der Volksfront erfordert, die »Reichen zum Zahlen zu zwingen«. Die ständigen finanziellen Machenschaften der reaktionären Bourgeoisie gegen die Regierung und das Volk zeugen ebenfalls davon, daß der Volksfront ein hartnäckiger Kampf gegen Reaktion und Faschismus bevorsteht. Anders kann es auch nicht sein - besteht doch das ganze Wesen der Volksfront gerade darin, diesen Kampf zu einem siegreichen Ende zu führen. Wenn es der reaktionären Bourgeoisie Frank­reichs gelang, den Rücktritt der ersten, aus der Volksfrontbewe­gung hervorgegangenen Regierung zu erreichen, so nur deshalb, weil diese Regierung nicht konsequent und entschlossen an der Er­füllung der historischen Mission der Volksfront handeln wollte. Die Halbheit und Unentschlossenheit der Regierung Blum zeigte sich sowohl in ihrer spanischen Politik als auch in der Erfüllung des Volksfrontprogramms. Die neue Regierung Chautemps ist eben­falls eine Regierung, die sich auf die Volksfront stützt; aber ihr Schicksal hängt davon ab, wie entschlossen sie den Weg der Durch­führung des Volksfrontprogramms gehen wird. Die Kommunistische Partei Frankreichs handelt richtig, wenn sie die Regierung Chautemps loyal unterstützt, wie sie auch die Re­gierung Blum unterstützte, indem sie gleichzeitig unermüdlich je­nen Tendenzen (der rechten Elemente der Radikalen und der So­zialistischen Partei) innerhalb der Volksfront entgegenwirkt, die eine Rückkehr zur Koalitionsregierung alten Typus’ anstreben. Es ist klar, daß eine solche, von der Massenbasis losgerissene und sich nur auf Parlamentskombinationen stützende Regierung unvermeid­lich den Übergang zu einer rechten, reaktionären Regierung und die Erleichterung des Sieges des Faschismus darstellen würde. Um nicht eine solche für den Faschismus günstige Wendung zuzu­lassen, ist ein ständiger Kampf für die maximale politische und organisatorische Geschlossenheit der Volksfront, eine tiefgehende Wachsamkeit gegenüber den Elementen notwendig, die sich be­mühen, die Volksfront von innen zu zerrütten, gegenüber jenen Kräften, die auf jede Weise die Schaffung einer Regierung an­streben, die nicht auf der Grundlage der Volksfront beruht und nicht mit dem Volksfrontprogramm verbunden ist. ... Die Bewegung der Volksfront gegen Faschismus und Krieg schreitet trotz aller Schwierigkeiten auf verschiedenen Wegen und in verschiedenen Formen entsprechend den besonderen Bedingungen und dem Zustand der Arbeiterbewegung der einzelnen Länder vor­wärts. Es gibt keine Kraft, die imstande wäre, sie aufzuhalten, da diese Bewegung den Lebensinteressen von Millionen Menschen entspricht und den Vormarsch der Arbeiterklasse und der ganzen fortschrittlichen Menschheit auf dem Wege der Befreiung von der faschistischen Barbarei, von den räuberischen Kriegen und der kapitalistischen Knechtschaft erleichtert. Mao Tse-tung über den Stalin-Hitler-Pakt (1939) Der Nichtangrifts- und Freundschaftsvertrag zwischen Hitler- Deutschland und der Stalinschen Sowjetunion hatte unter den Kommunisten der Welt, die seit 1935 die Einheitsfront gegen Hitler propagierten, zunächst einen Schock ausgelöst. Die Kom­intern mußte alle Anstrengungen unternehmen, diese neue Linie zu »erklären«. Nach der Unterzeichnung des Vertrags (23. 8. 1939) trat erstmals auch Mao Tse-tung mit einem längeren In­terview über internationale Probleme an die Öffentlichkeit. Der Führer der KP Chinas ging dabei auch auf den Nichtan­griffspakt ein und erklärte den 2. Weltkrieg zum »imperia­listischen« Krieg. Frage des Korrespondenten: Welche Bedeutung hat die Unter­zeichnung des Nichtangriffspaktes zwischen der UdSSR und Deutschland? Antwort Mao Fse-tungs: Der sowjetisch-deutsche Nichtangriffs­pakt ist das Ergebnis der wachsenden Stärke des Sozialismus in der UdSSR und der Friedenspolitik, die von der Regierung der UdSSR konsequent betrieben wird. Dieser Vertrag durchkreuzte die von der internationalen reaktionären Bourgeoisie in Gestalt Chamber­lains, Daladiers und anderer angezettelten Intrigen, die darauf gerichtet waren, einen Krieg zwischen der UdSSR und Deutsch­land zu provozieren, er sprengte die Einkreisung der UdSSR durch den antikommunistischen deutsch-italienisch-japanischen Block, festigte die friedlichen Beziehungen zwischen der UdSSR und Deutschland und wurde zur Garantie einer weiteren Entfaltung des sozialistischen Aufbaus in der UdSSR. Im Osten versetzte die­ser Vertrag Japan einen Schlag, erwies China eine Hilfe, festigte in China selbst die Positionen jener, die für die Fortsetzung des Krieges gegen die japanischen Eindringlinge sind, und war ein Schlag gegen die Kapitulanten. Das alles schafft die Grundlage, um den Völkern der Welt in ihrem Kampf für Befreiung und Freiheit zu helfen. Das ist im allgemeinen die politische Bedeutung des sowje­tisch-deutschen Nichtangriffspaktes . . . Frage: Wie werden sich die Ereignisse, Ihrer Meinung nach, wei­ter entwickeln? Antwort: Die internationale Lage hat sich bereits neu gestaltet. Der seit langem begonnene zweite imperialistische Krieg, der einen einseitigen Charakter trägt, da infolge der »Nichteinmischungs«- Politik die eine Seite angreift und die andere mit den Händen im Schoß dasitzt, wird jetzt in Europa unvermeidlich den Charak­ter eines allgemeinen Krieges annehmen. Der zweite imperialistische Krieg tritt bereits in eine neue Etappe. In Europa kann im allernächsten Augenblick ein großer Krieg zwi­schen dem deutsch-italienischen und dem englisch-französischen im­perialistischen Block um die Herrschaft über die Kolonialvölker ausbrechen. Im Verlauf dieses Krieges werden beide kriegführenden Parteien skrupellos lügen, um die Völker zu täuschen, um die öf­fentliche Meinung für sich zu gewinnen; jede wird behaupten, sie führe einen gerechten, der Gegner aber einen ungerechten Krieg. In Wirklichkeit ist das reinster Betrug, denn die Ziele der beiden Parteien sind imperialistische, beide Seiten werden um die Herr­schaft über Kolonien, Halbkolonien und Einflußsphären kämpfen, und der Krieg wird auf beiden Seiten ein Eroberungskrieg sein. So geht der Kampf im gegebenen Augenblick um Polen, um die Balkanhalbinsel und um die Mittelmeerküste. Solche Kriege sind durchaus nicht gerecht. Gerecht können nur Kriege ohne Erobe­rungsziele, Befreiungskriege, sein. Die Kommunisten werden niemals irgendwelche Eroberungskriege unterstützen. Die Kommu­nisten werden entschieden alle gerechten Kriege, die keine Erobe­rungskriege, sondern Befreiungskriege sind, unterstützen und wer­den in diesen Kriegen in der vordersten Kampflinie stehen. Inner­halb der sozialdemokratischen Parteien der II. Internationale geht im Ergebnis der Drohungen und Verheißungen Chamberlains und Daladiers eine Trennung vor sich. Der eine Teil - die reak­tionäre Oberschicht dieser Parteien - geht wieder den verhängnis­vollen Weg wie zuzeiten des ersten Weltkrieges und bereitet sich darauf vor, den neuen imperialistischen Krieg zu unterstützen. Der andere Teil jedoch wird einen anderen Weg einschlagen und ge­meinsam mit den Kommunisten die Volksfront gegen Krieg und Faschismus schaffen. Chamberlain und Daladier ahmen das nach, was in Deutschland und Italien geschieht, und gleiten dabei im­mer mehr auf den Weg der Reaktion ab und benutzen die Mobili­sierung zum Krieg, um die eigenen Staaten zu faschisieren und ihre Wirtschaft auf den Krieg umzustellen. Im allgemeinen rüsten die beiden großen imperialistischen Blocks fieberhaft zum Krieg, und die Gefahr eines blutigen Gemetzels schwebt über den Köpfen von Millionen Menschen. Das wird zweifellos eine Protestbewe­gung unter den breiten Volksmassen auslösen. Sowohl in Deutsch­land und Italien als auch in England und Frankreich, sowohl in Europa als auch in den anderen Erdteilen werden die Völker, wenn sie nicht zum Kanonenfutter für die Imperialisten werden wollen, sich unbedingt erheben, um in den verschiedensten Formen den Kampf gegen den imperialistischen Krieg zu führen. Außer den beiden genannten großen Blocks gibt es in der kapitali­stischen Welt auch noch einen dritten Block - das ist der Block, der von den USA geführt wird und dem eine ganze Reihe von Staa­ten Mittel- und Südamerikas angehören. Dieser Block mischt sich, von seinen eigenen Interessen ausgehend, vorläufig noch nicht in den Krieg ein. Der amerikanische Imperialismus hat die Absicht, durch Neutralität getarnt, vorläufig noch auf keiner Seite in den Krieg zu treten, um dann später auf dem Schauplatz zu erschei­nen und die führende Stellung in der kapitalistischen Welt an sich zu reißen. Die amerikanische Bourgeoisie hat vorläufig noch nicht die Absicht, im eigenen Land das demokratische Regime und die ökonomischen Verhältnisse der Friedenszeit zu liquidieren, und das entspricht den Interessen der internationalen Bewegung für den Frieden. Der Abschluß des sowjetisch-deutschen Vertrages hat dem japa­nischen Imperialismus einen schweren Schlag versetzt, und in Zu­kunft erwarten ihn noch größere Schwierigkeiten. In Fragen der Außenpolitik ist jetzt in Japan der Kampf zwischen zwei Grup­pen im Gange. Die Militaristen möchten ein Bündnis mit Deutsch­land und Italien schließen, um die ungeteilte Herrschaft über China zu erringen, ihre Aggression auf die Länder der südlichen Meere auszudehnen und England, die USA und Frankreich aus dem Osten zu verdrängen. Ein Teil der Bourgeoisie jedoch besteht darauf, daß man England, den USA und Frankreich Zugeständ­nisse mache, um die ganze Aufmerksamkeit auf die Ausplünde­rung Chinas zu konzentrieren. Sehr stark sind heute in Japan Ten­denzen zu einem Kompromiß mit England. Die englische Reak­tion wird unweigerlich danach streben, daß Japan unter der Be­dingung einer gemeinsamen Aufteilung Chinas und im Austausch gegen finanzielle und wirtschaftliche Hilfe zum Kettenhund der englischen Interessen im Osten wird, die nationale Befreiungsbe­wegung in China unterdrückt und die Sowjetunion fesselt. Somit wird Japan auf sein Hauptziel, die Unterjochung Chinas, absolut nicht verzichten . . . Neben der kapitalistischen Welt gibt es noch eine andere, lichte Welt; das ist das Land des Sozialismus, die Sowjetunion. Der sowjetisch-deutsche Vertrag eröffnete der Sowjetunion große Mög­lichkeiten, der internationalen Friedensbewegung Hilfe zu leisten, große Möglichkeiten, China in seinem Kampf gegen die japani­schen Eindringlinge zu unterstützen . . . Molotow zum Stalin-Hitler-Pakt und zum Kriegsausbruch (1939) Die Sowjetunion und mit ihr die Komintern (die immer unver­hüllter zu einem Instrument sowjetischer Außenpolitik gewor­den war) hatte den Kampf gegen den Faschismus bis 1939 in den Vordergrund ihres politischen Bemühens gestellt. Mit dem Abschluß des deutsch-sowjetischen Nichtangriffs- und Freund­schaftspaktes änderte sich die Haltung vollständig. Molotow, seit den zwanziger Jahren sowjetischer Staatsmann und zu­gleich einer der Kominternführer, bezeichnete bereits am 31. August 1939 den Pakt als »einen Wendepunkt in der Ge­schichte Europas, und nicht nur Europas«. Die Rede Molotows auf der V. Tagung des Obersten Sowjets in Moskau am 31. Ok­tober 1939 machte die neue Strategie der Sowjetunion noch deutlicher: Abgrenzung von der bisherigen Linie des Anti­faschismus, um den Freundschaftspakt mit Hitler-Deutschland aufzuwerten. In der hier abgedruckten ersten Hälfte seiner Rede (im zwei­ten Teil beschäftigt sich Molotow mit dem russischen Verhält­nis zu Finnland, dem Baltikum usw.) wird sowohl die sowje­tische Haltung zum Pakt wie auch zum Krieg zwischen Deutsch­land und den Westmächten klargestellt: Die Sowjetunion sym­pathisierte damals mit Hitler-Deutschland und stand den Westmächten weit kritischer gegenüber. Doch das war nicht nur die offizielle sowjetische Staatspolitik; auch die Komin­tern, die sich 1939 mit offiziellen Äußerungen zurückhielt, ging rasch auf diesen Kurs, wie die folgenden Dokumente (47 und 48) deutlich zeigen. Genossen Deputierte! In den beiden letzten Monaten sind in der internationalen Situation wichtige Änderungen eingetreten. Das bezieht sich vor allem auf die Lage in Europa, aber auch auf Länder, die weit außerhalb der Grenzen Europas liegen. Im Zu­sammenhang damit muß auf drei grundlegende Umstände ver­wiesen werden, die entscheidende Bedeutung haben. Erstens muß auf die Änderungen hingewiesen werden, die in den Beziehungen zwischen der Sowjetunion und Deutschland einge­treten sind. Seit dem Abschluß des sowjetisch-deutschen Nicht­angriffspakts vom 23. August wurde den nicht normalen Beziehun­gen, die während einer Reihe von Jahren zwischen der Sowjet­union und Deutschland bestanden hatten, ein Ende gesetzt. An die Stelle der Feindschaft, die von Seiten einiger europäischer Mächte in jeder Weise geschürt wurde, ist eine Annäherung, ist die Her­stellung freundschaftlicher Beziehungen zwischen der Sowjetunion und Deutschland getreten. Die weitere Verbesserung dieser neuen guten Beziehungen fand ihren Ausdruck in dem deutsch-sowjeti­schen Vertrag über Freundschaft und über die Grenze zwischen der UdSSR und Deutschland, der am 28. September in Moskau unterzeichnet worden ist. Der eingetretene volle Umschwung in den Beziehungen zwischen der Sowjetunion und Deutschland, zwischen den beiden größten Staaten Europas, mußte sich unbe­dingt auf die gesamte internationale Lage auswirken. Hierbei bestätigten die Ereignisse in vollem Umfang jene Einschätzung der politischen Bedeutung der sowjetisch-deutschen Annäherung, die auf der vorigen Tagung des Obersten Sowjets gegeben wurde. Zweitens muß auf die Tatsache verwiesen werden, daß Polen militärisch zertrümmert worden, daß der polnische Staat zerfallen ist. Die regierenden Kreise Polens brüsteten sich nicht wenig mit der »Stabilität« ihres Staats und der »Macht« ihrer Armee. Es genügte jedoch ein kurzer Schlag gegen Polen, geführt zunächst von der deutschen Armee und danach von der Roten Armee, damit von diesem mißgestalteten Geschöpf des Versailler Vertrags, das von der Unterjochung der nichtpolnischen Nationalitäten lebte, nichts übrigblieb. Die »traditionelle Politik«, prinzipienlos zwi­schen Deutschland und der Sowjetunion zu lavieren und zu spielen, erwies sich als haltlos und erlitt einen vollständigen Bankrott. Drittens muß festgestellt werden, daß der in Europa ausgebro­chene große Krieg grundlegende Veränderungen in die gesamte internationale Situation hineingetragen hat. Dieser Krieg begann zwischen Deutschland und Polen und verwandelte sich in einen Krieg zwischen Deutschland einerseits und England und Frank­reich andrerseits. Der Krieg zwischen Deutschland und Polen wurde infolge des vollständigen Bankrotts der polnischen Macht­haber rasch beendet. Bekanntlich haben weder die englischen noch die französischen Garantien Polen geholfen. Bisher ist es ja eigent­lich auch unbekannt, was für »Garantien« das denn nun waren. (Allgemeine Heiterkeit). Der Krieg, der zwischen Deutschland und dem englisch-französischen Block begonnen hat, befindet sich erst in seinem Anfangsstadium und ist noch nicht wirklich zur Entfaltung gelangt. Nichtsdestoweniger ist es begreiflich, daß dieser Krieg grundlegende Veränderungen in die Lage Europas, und nicht nur Europas, hineintragen mußte. Im Zusammenhang mit diesen wichtigen Änderungen der inter­nationalen Situation sind einige alte Formeln, von denen wir unlängst noch Gebrauch gemacht haben - und an die viele sich so sehr gewöhnt haben offensichtlich veraltet und heute unan­wendbar. Hierüber muß man sich Rechenschaft ablegen, um grobe Fehler in der Einschätzung der neuen politischen Lage zu ver­meiden, die sich in Europa herausgebildet hat. Es ist beispielsweise bekannt, daß in den letzten paar Monaten Begriffe wie »Aggression«, »Aggressor« einen neuen konkreten Inhalt bekommen, einen neuen Sinn erlangt haben. Es ist nicht schwer zu verstehen, daß wir von diesen Begriffen gegenwärtig nicht in dem Sinn Gebrauch machen können, wie, sagen wir, vor drei oder vier Monaten. Wenn man von den europäischen Groß­mächten spricht, so befindet sich Deutschland heute in der Lage eines Staats, der die schnellste Beendigung des Kriegs und den Frieden anstrebt, England und Frankreich aber, die gestern noch gegen die Aggression stritten, sind für die Fortsetzung des Kriegs und gegen den Abschluß eines Friedens. Wie Sie sehen, wurden die Rollen getauscht. Selbstverständlich sind die Versuche der englischen und französi­schen Regierung, diese ihre neue Stellungnahme durch die für Polen übernommenen Verpflichtungen zu rechtfertigen, offen­kundig unhaltbar. Von einer Wiederherstellung des alten Polen kann, wie jeder begreift, überhaupt keine Rede sein. Deshalb ist die Fortsetzung des gegenwärtigen Kriegs unter der Flagge einer Wiederherstellung des früheren polnischen Staats sinnlos. Obwohl die Regierungen Englands und Frankreichs das begreifen, wollen sie die Einstellung des Kriegs und die Wiederherstellung des Frie­dens nicht, sondern suchen neue Gründe zur Rechtfertigung der Fortsetzung des Kriegs gegen Deutschland. In der letzten Zeit bemühen sich die regierenden Kreise Englands und Frankreichs, sich als Kämpfer für die demokratischen Rechte der Völker gegen den Hitlerismus auszugeben, wobei die englische Regierung erklärt hat, das Ziel des Kriegs gegen Deutschland bestehe angeblich in nicht mehr und nicht weniger als in der »Ver­nichtung des Hitlerismus«. Es ergibt sich also, daß die englischen und mit ihnen auch die französischen Kriegsanhänger gegen Deutschland so etwas wie einen »ideologischen Krieg« erklärt haben, der an die alten Religionskriege erinnert. In der Tat, seiner­zeit waren Religionskriege gegen Ketzer und Andersgläubige in Mode. Sie führten, wie man weiß, zu den schwersten Folgen für die Volksmassen, zu wirtschaftlichem Ruin und kultureller Ver­wilderung der Völker. Zu etwas anderem konnten diese Kriege auch nicht führen. Diese Kriege aber fielen in die Zeiten des Mittel­alters. Zerren uns die herrschenden Klassen Englands und Frank­reichs nicht aufs neue zurück zu diesen Zeiten des Mittelalters, zu den Zeiten der Religionskriege, des Aberglaubens und der kul­turellen Verwilderung? Jedenfalls ist unter »ideologischer« Flagge gegenwärtig ein Krieg von noch größerem Ausmaß und noch größerer Gefährlichkeit für die Völker Europas und der ganzen Welt angezettelt. Für einen derartigen Krieg aber kann in keiner Weise eine Rechtfertigung gefunden werden. Man kann die Ideo­logie des Hitlerismus, wie auch jedes andere ideologische System, anerkennen oder ablehnen, das ist eine Sache der politischen An­schauungen. Doch wird jeder begreifen, daß man eine Ideologie nicht mit Gewalt vernichten, daß man ihr nicht durch den Krieg ein Ende bereiten kann. Daher ist es nicht nur sinnlos, sondern auch verbrecherisch, einen Krieg wie den Krieg für die »Vernich­tung des Hitlerismus« zu führen, einen Krieg, der drapiert wird mit der falschen Flagge eines Kampfes für die »Demokratie«. In der Tat ist es schlechterdings unmöglich, Handlungen wie das Verbot der Kommunistischen Partei in Frankreich, die Verhaftung kommunistischer Deputierter des französischen Parlaments oder die Schmälerung der politischen Freiheiten in England, die unver­minderte nationale Unterdrückung in Indien usw. einen Kampf für die Demokratie zu nennen. Ist es nicht klar, daß der Zweck des gegenwärtigen europäischen Kriegs nicht in dem besteht, wovon in offiziellen Kundgebungen für einen breiten Hörerkreis in Frankreich und England gespro­chen wird, das heißt: nicht in einem Kampf für die Demokratie, sondern in irgend etwas anderem, wovon diese Herren nicht offen sprechen? Die wahre Ursache des Kriegs, den England und Frankreich gegen Deutschland führen, besteht nicht darin, daß England und Frank­reich angeblich geschworen haben, das frühere Polen wiederherzu­stellen, natürlich auch nicht darin, daß sie beschlossen hätten, die Aufgabe auf sich zu nehmen, für die Demokratie zu kämpfen. Die regierenden Kreise Englands und Frankreichs haben selbstver­ständlich andere, realere Motive für ihren Krieg gegen Deutsch­land. Diese Motive liegen nicht auf dem Gebiet irgendeiner Ideo­logie, sondern in der Sphäre ihrer überaus materiellen Interessen als mächtige Kolonialreiche. Großbritannien, dessen Bevölkerung 47 Millionen erreicht, ver­fügt über Kolonien mit einer Bevölkerung von 480 Millionen Menschen. Das Kolonialreich Frankreichs, dessen eigene Bevölke­rung 42 Millionen nicht überschreitet, umfaßt 70 Millionen Ein­wohner in den französischen Kolonien. Der Besitz dieser Kolonien, der die Möglichkeit gibt, Hunderte von Millionen Menschen aus­zubeuten, ist die Grundlage der Weltherrschaft Englands und Frankreichs. Furcht vor den deutschen Ansprüchen auf diese kolo­nialen Besitzungen - das ist der wirkliche Beweggrund in dem gegenwärtigen Krieg Englands und Frankreichs gegen Deutsch­land, das in der letzten Zeit eine bedeutende Stärkung erfahren hat infolge des Auseinanderfallens des Versailler Vertrags. Die Befürchtungen, daß sie die Weltherrschaft verlieren könnten, dik­tieren den regierenden Kreisen Englands und Frankreichs die Politik der Entfachung des Kriegs gegen Deutschland. Somit ist der imperialistische Charakter dieses Kriegs für jeden augenscheinlich, der den wahren Stand der Dinge sehen will, der nicht die Augen vor den Tatsachen verschließt. Aus alledem ist ersichtlich, wer diesen um die Weltherrschaft ge­führten Krieg nötig hat. Natürlich nicht die Arbeiterklasse. Ein solcher Krieg verheißt der Arbeiterklasse nichts außer blutigen Opfern und Leiden. Urteilen Sie hiernach selber: hat sich der Inhalt solcher Begriffe wie »Aggression«, »Aggressor« in der letzten Periode geändert oder hat er sich nicht geändert? Es ist nicht schwer einzusehen, daß die Verwendung dieser Worte im alten Sinn - das heißt, wie dies vor dem letzten entscheidenden Umschwung in den politischen Beziehungen zwischen der Sowjetunion und Deutschland und vor Beginn des großen imperialistischen Kriegs in Europa der Fall war - nur geeignet ist, Verwirrung in den Köpfen zu stiften, und unweigerlich zu irrigen Schlußfolgerungen verleiten wird. Damit dies nicht eintrete, dürfen wir uns nicht unkritisch zu den alten Begriffen verhalten, die in der neuen internationalen Situation unanwendbar geworden sind. So hat sich die internationale Situa­tion in der letzten Periode gestaltet. Gehen wir über zu den Änderungen, die sich in der äußeren Lage der Sowjetunion selber vollzogen haben. Es sind da keine kleinen Änderungen vor sich gegangen; spricht man aber von der Haupt­sache, so kann man nicht umhin, das folgende festzustellen: es ist uns dank der konsequenten Durchführung unserer friedlichen Außenpolitik gelungen, unsere Positionen und das internationale Gewicht der Sowjetunion bedeutend zu stärken. (Anhaltender Beifall.) Unsere Beziehungen zu Deutschland haben sich, wie ich bereits ausführte, in grundlegender Weise verbessert. Hier entwickelten sich die Dinge in Richtung auf die Festigung der freundschaftlichen Beziehungen, auf die Entfaltung der praktischen Zusammenarbeit und politischen Unterstützung Deutschlands in seinen Friedens­bestrebungen. Der zwischen der Sowjetunion und Deutschland abgeschlossene Nichtangriffspakt verpflichtete uns zur Neutralität im Fall einer Teilnahme Deutschlands an einem Krieg. Wir führten diese Linie konsequent durch; der Einmarsch unserer Truppen in das Territorium des früheren Polen, der am 17. September begann, widerspricht dem durchaus nicht. Es genügt, daran zu erinnern, daß die Sowjetregierung an eben diesem Tag, am 17. September, allen Staaten, mit denen sie diplomatische Beziehungen unterhält, eine besondere Note mit der Erklärung überreichte, daß die So­wjetunion ihnen gegenüber auch in Zukunft die Politik der Neu­tralität durchführen werde. Bekanntlich sind unsere Truppen erst in das Territorium Polens einmarschiert, nachdem der polnische Staat zerfallen war und faktisch aufgehört hatte zu existieren. Gegenüber solchen Tatsachen konnten wir selbstverständlich nicht neutral bleiben, da sich infolge dieser Ereignisse dringende Fragen der Sicherheit unseres Staats vor uns erhoben. Überdies mußte die Sowjetregierung unbedingt der außerordentlichen Lage Rechnung tragen, die sich für die Brudervölker der West-Ukraine und West- Bjelorußlands ergeben hatte, für eine Bevölkerung, die in dem zer­fallenen Polen der Willkür des Schicksals ausgeliefert war. Die folgenden Ereignisse bestätigten in vollem Umfang, daß die neuen sowjetisch-deutschen Beziehungen auf die feste Basis der gegenseitigen Interessen gegründet sind. Nach dem Einmarsch der Truppenteile der Roten Armee in das Territorium des früheren polnischen Staats erstanden die bedeutsamen Fragen der Abgrenzung der staatlichen Interessen der Sowjetunion und Deutschlands. Diese Fragen wurden in gegenseitigem Einverständnis geregelt. Der deutsch- sowjetische Vertrag über die Freundschaft und über die Grenzen zwischen der UdSSR und Deutschland, der Ende September abge­schlossen wurde, festigte unsere Beziehungen zum Deutschen Reich. Die Beziehungen Deutschlands zu den anderen westeuropäischen bürgerlichen Staaten wurden in den letzten beiden Jahrzehnten vor allem durch das Bestreben Deutschlands bestimmt, die Fesseln des Versailler Vertrags zu sprengen, dessen Schöpfer England und Frankreich unter aktiver Teilnahme der Vereinigten Staaten von Amerika waren. Das war es im letzten Grunde auch, was zu dem gegenwärtigen europäischen Krieg geführt hat. Die Beziehungen der Sowjetunion zu Deutschland entwickelten sich auf einer anderen Grundlage, die mit den Interessen einer Verewigung des Versailler Nachkriegssystems nichts gemein hat. Wir waren immer der Meinung, daß ein starkes Deutschland die notwendige Bedingung eines dauerhaften Friedens in Europa ist. Es wäre lächerlich zu glauben, man könne Deutschland »einfach außer Gefecht setzen« und von der Rechnung streichen. Die Mächte, die diesen dummen und gefährlichen Wahn hegen, ziehen die traurige Erfahrung von Versailles nicht in Betracht, sie legen sich nicht Rechenschaft ab über die gewachsene Macht Deutsch­lands und begreifen nicht, daß in der gegenwärtigen internatio­nalen Situation, die sich von der Situation des Jahres 1914 grund­legend unterscheidet, ein Versuch, Versailles zu wiederholen, für sie mit einem Zusammenbruch enden kann. Wir haben unentwegt eine Verbesserung der Beziehungen mit Deutschland angestrebt und derartige Bestrebungen in Deutschland selbst in jeder Weise begrüßt. Jetzt sind unsere Beziehungen zum Deutschen Reich auf gebaut auf der Grundlage freundschaftlicher Beziehungen, auf der Bereitschaft, die Friedensbestrebungen Deutschlands zu unterstützen, und gleichzeitig auf dem Wunsch, die Entwicklung der sowjetisch-deutschen Wirtschaftsbeziehungen zu wechselseitigem Vorteil beider Staaten in jeder Weise zu för­dern. Besonders bemerkt werden muß, daß die in den sowjetisch­deutschen Beziehungen vollzogenen Änderungen auf politischem Gebiet günstige Voraussetzungen schufen zur Entwicklung der sowjetisch-deutschen Wirtschaftsbeziehungen. Die kürzlich ge­führten Wirtschaftsverhandlungen der deutschen Delegation in Moskau und die augenblicklich vor sich gehenden Verhandlungen der sowjetischen Wirtschaftsdelegation in Deutschland bereiten eine breite Basis vor für die Entfaltung des Warenumsatzes zwi­schen der Sowjetunion und Deutschland ... England, nicht Deutschland ist der Hauptfeind (1940) Offiziell sagte die Komintern, der Krieg zwischen Deutschland und England-Frankreich sei ein »imperialistischer Krieg«, die Kommunisten kämpften also gegen beide Seiten. Bald aber zeichnete sich deutlich ab, daß Hitler-Deutschland weit posi­tiver beurteilt wurde als die westlichen Demokratien, denen ver­stärkte »Kriegshetze« auch gegen die Sowjetunion vorgeworfen wurde. Im Januar 1940 schrieb »Die Kommunistische Inter­nationale« in einem redaktionellen Artikel »England treibt zu einem neuen Weltkrieg«. In dieser Arbeit (im folgenden etwas gekürzt wiedergegeben) ist die Tendenz der Komintern unverkennbar. »Britannia! Dir gehört das Meer. Doch das Meer hat nicht Wasser genug, um von dir abzuwaschen die Schande . . .!« Mehr als hundert Jahre sind vergangen, seit der große Dichter Heinrich Heine mit diesen Worten England brandmarkte, jenes England, das alle reaktionären Kräfte Europas gegen die französische Revo­lution mobilisierte und noch in dem längst zum Feinde der Revo­lution gewordenen Eroberer Napoleon das Erbe der Revolution fürchtete. England, die satte, moraltriefende englische Bourgeoisie, war schon damals der Hort der Reaktion in Europa und überall der große, im Hintergrund der Ereignisse stehende Gegenspieler aller revolutionären und freiheitlichen Bewegungen. Und schon damals waren die Piraten, die wochentags mit Tücke und Gewalt ein Weltreich zusammenraubten, sonntags über Psalmen sangen und sich als Musterknaben der sittlichen Weltordnung gebärdeten, dem politischen Grundsatz ergeben, andere Nationen in den Krieg zu jagen, um für England die Kastanien aus dem Feuer zu holen. Immer gegen den jeweils stärksten Staat des europäischen Kon­tinents den Krieg organisierend, immer die reaktionären Mächte gegen die Kräfte der Revolution unterstützend, immer den Frieden Europas untergrabend und immer seine Habsucht und seinen Eigennutz zum Inbegriff aller Tugend und alles Edelmutes um- fälschend - so wurde England zur ausschlaggebenden kapitalisti­schen Großmacht, zur vollkommensten Verkörperung des Imperia­lismus. Die englische Bourgeoisie, die in verschiedenen Erdteilen viele Hunderte Millionen Menschen unterdrückt und ausbeutet, wacht mit Argusaugen über das sogenannte »europäische Gleich­gewicht« und über die Ketten, die den freien Schritt der Völker in sämtlichen Erdteilen behindern. Nachdem England im Laufe der Jahrhunderte die spanische, die holländische, die französische Weltmacht niedergeworfen hatte, erblickt es seit dem Ausgang des 19. Jahrhunderts in Deutschland den gefährlichsten Konkurrenten. Neben dieser Sorge um das sogenannte »europäische Gleichge­wicht« steigert sich immer mehr die Sorge Englands um die Festig­keit der imperialistischen Ketten in allen Erdteilen, seine Angst vor dem geschichtlichen Erwachen der ungeheuren Menschenmassen in Asien und Afrika. Seit dem Siege der Großen Sozialistischen Oktoberrevolution werden die Völker in Asien und Afrika sich mehr und mehr ihrer Kraft bewußt. Mehr und mehr geraten sie in Bewegung, mehr und mehr erblicken sie in den Imperialisten ihre Todfeinde, in der sozialistischen Sowjetunion ihre Hoffnung und Zuversicht... Die alte Kombination, der alte Block gegen den Sowjetstaat ist zusammengebrochen: Deutschland, das den Hauptstoß führen sollte, hat sich im letzten Augenblick eines Besseren besonnen. Polen existiert nicht mehr. Estland, Lettland und Litauen haben mit der Sowjetunion einen Freundschafts- und Beistandspakt abge­schlossen. An die Stelle des reaktionären finnischen Regimes tritt eine Volksregierung, die einen Freundschafts- und Beistandspakt mit der Sowjetunion unterzeichnete. Japan hat sich in einen aus­sichtslosen Krieg gegen das chinesische Vierhundertmillionenvolk eingelassen. All jene Staaten, die von England dazu ausersehen waren, gegen den Sowjetstaat zu marschieren, sind also für die englischen Imperialisten gegenwärtig mehr oder minder unbrauch­bar geworden. Die englischen, französischen und amerikanischen Millionäre wollen jedoch auf den alten, immer wieder gescheiter­ten Plan einer imperialistischen Einheitsfront gegen die Sowjet­union nicht verzichten und trachten emsig danach, mit neuen Karten das alte Spiel fortzusetzen. Ihre frommen Wünsche kom­men am klarsten in den verschiedenen Deklarationen und Aufrufen zum Ausdruck, in denen gesagt wird, das Interesse der Millionäre erfordere gebieterisch die finanzielle und militärische Unterstüt­zung der Mannerheim und Co. gegen die Sowjetunion. Es müsse »dem Millionär des Nordens klar sein«, sagte am 12. Dezember der schwedische Major Winge, der Kommandant des schwedischen Expeditionskorps zur Unterstützung der Mannerheim und Co., daß es jetzt gelte, alle Mittel einzusetzen, da sonst »der Zeitpunkt nahe ist, wo es keine Millionäre mehr gibt.« Keine Millionäre mehr! Welch eine unerträgliche Vorstellung für britische Puritaner und sozialdemokratische »Arbeiterführer«! Die englischen Imperialisten dirigieren einen ganzen Chor von Propagandisten, Journalisten, Gewerkschaftssekretären, Parlamen­tariern usw., die mit schallender Stimme verkünden, was ihre Brotherren vorläufig nur mit leisen Händen vorbereiten. Diese Bettelmusikanten des britischen Imperialismus, an ihrer Spitze die verlumpten Führer der französischen Sozialisten, schreien sich die Kehle heiser, um alle »neutralen« Staaten an ihre »heilige Pflicht« zu mahnen, im Interesse der englischen und französischen Kolonialherren in den Krieg einzugreifen. Sozialistische »Pazi­fisten« und faschistische Kapuzenmänner, katholische Bischöfe und sozialdemokratische Parteibeamte, gerissene Advokaten und vier­schrötige Volksredner vereinigen sich im Zeichen der Hetze gegen die Sowjetunion und predigen den »heiligen Krieg« gegen das Land des Sozialismus. Auf einem Flügel dieser kapitalistischen »Einheitsfront« heulen die Führer der II. Internationale, die So­wjetunion habe die Interessen des Sozialismus verraten, auf dem anderen Flügel kreischen die ehemaligen Gönner der Nazipartei, Hitler habe die Interessen des Kapitalismus verraten. Manchmal verwechseln sie auch die Rolle, die jedem zugeteilt ist; dann weinen in Sünden graugewordene Finanzhyänen, die Sowjetunion habe die allen Kapitalisten ach so teure Sache des Sozialismus preisge­geben, und sogenannte »Sozialisten« wehklagen über das Elend der »notleidenden Millionäre« in Deutschland. Ihnen allen aber fließt der Mund über, wes das Herz ihrer Herren voll ist, sie alle schäumen vor Haß gegen das Land des Sozialismus, sie alle stim­men darin überein, man müsse nicht nur Deutschland schlagen, sondern auch den Sozialismus vernichten. Diese kapitalistischen Aasgeier sind freilich weder mit ihrem Geschrei noch mit ihren Krallen imstande, den Sozialismus zu vernichten und seinen welt­geschichtlichen Sieg zu verhindern, zweifellos aber ist es ihr Be­streben, in diesem Kriege noch einmal den Versuch zu unterneh­men, das Rad der Geschichte zurückzudrehen und gegen die Welt des Sozialismus anzustürmen. Und in England erblickt die Welt­reaktion ihren Schutzherren und Vorkämpfer gegen das Land des Sozialismus, gegen die Idee des Sozialismus. England selbst aber fühlt sich nicht nur als der stärkste Pfeiler der Weltreaktion, England ist in der Tat der stärkste Pfeiler des im­perialistischen Weltsystems. Ein Viertel der Menschheit wird von den englischen Imperialisten unterdrückt und ausgebeutet. Wäh­rend die englischen Kolonialherren in Europa »Demokratie« spie­len und ihre blutigen Hände in weißen Handschuhen, ihre kalte Brutalität hinter guten Manieren verstecken, stehen sie vor den Hunderten Millionen ihrer Kolonialsklaven als erbarmungslose Schlächter und schmachbedeckte Kerkermeister. In allen Ländern ist der Imperialismus eine grausame, unmenschliche Macht. Und dieser Imperialismus wird dadurch keineswegs gemildert, daß er im Gewände »satter, stets zahlungsfähiger Moral« einhertritt, daß er jedes Verbrechen mit Sittensprüchen und Bibelworten über­zuckert, daß er sich wie eine Betschwester gebärdet, während er seine Schurkereien verübt. Ein Räuber bleibt ein Räuber, auch wenn er erstklassige Krawatten trägt. Die Arbeiterklasse beurteilt die Imperialisten nicht nach ihren guten oder schlechten Manieren. Sie kämpft gegen alle Imperiali­sten, gegen die manierlichen wie gegen die unmanierlichen. Sie kämpft gegen das imperialistische Weltsystem, gegen kapitalisti­sche Ausbeutung und Unterdrückung in allen Ländern und Konti­nenten. Der internationale Kampf der Arbeiterklasse gegen das imperia­listische Weltsystem erfordert die Konzentration der Kräfte gegen den jeweiligen Hauptfeind auf der Arena der internationalen Politik. Der englische Imperialismus war zwar in den vergangenen Jahren nicht weniger reaktionär und räuberisch, aber er hielt sich im Hintergrund und wirkte nicht unmittelbar als Kriegsbrand­stifter. Der mit ihm verbündete französische Imperialismus war vorübergehend an der Erhaltung des Friedens interessiert und näherte sich daher außenpolitisch der Sowjetunion. Es war der deutsche Imperialismus, der sich in diesen Jahren aggressiv an die Spitze der Weltreaktion stellte. Es war der deutsche Imperialismus, der unmittelbar den Frieden der Völker gefährdete, der von Ag­gression zu Aggression weiterschritt, der international als Vor­kämpfer der kapitalistischen Welt gegen die Welt des Sozialismus auftrat. Es war in diesen Jahren die Aufgabe der internationalen Arbeiterklasse, ihre Kräfte gegen den deutschen Imperialismus als gegen den Hauptfeind zu vereinigen, um den Frieden zu vertei­digen, der Aggression Einhalt zu gebieten und die Völker vor der Katastrophe eines neuen Weltkrieges zu bewahren. Niemals haben die revolutionären Arbeiter die Verteilung der Erde, die in Ver­sailles festgelegt worden war, für gerecht gehalten, niemals haben sie diesen Zustand gebilligt oder verteidigt, aber sie waren der Meinung, daß die notwendige Revision dieses Zustandes einen neuen Weltkrieg nicht rechtfertige. Die Lage hat sich geändert, als es klar wurde, daß England ent­schlossen war, um jeden Preis einen Krieg zwischen den beiden größten Staaten des Kontinents, einen Krieg gegen das Land des Sozialismus heraufzubeschwören, und vor allem, als Deutschland in seiner Außenpolitik eine entscheidende Wendung durchführte, als es nicht nur auf seine Kriegspläne gegen das Land des Sozia­lismus verzichtete, sondern noch weiterging und in friedliche, freundschaftliche Beziehungen zur Sowjetunion trat. In diesem Augenblick war es England, das den europäischen Krieg entfesselte, und seither ist es England, das alles daransetzt, den Kriegsschau­platz zu erweitern und einen neuen Weltkrieg anzufachen. Heute ist es England, das alle Friedensvorschläge zurückweist, das sich entschlossen zeigt, seinen Willen mit Waffengewalt durchzusetzen und alle Völker in den Krieg hineinzureißen. An ihrem eigenen Leibe spürt es die Arbeiterklasse in den soge­nannten »demokratischen« Staaten, daß der Krieg sich nicht nur gegen Deutschland richtet, sondern daß dieser Krieg auch geführt wird, um den revolutionären Freiheitskampf der Arbeiter, um die nationalen Freiheitsbestrebungen der unterdrückten Völker zu ersticken und die grausame Herrschaft des Kapitalismus mit allen Mitteln aufrechtzuerhalten. Immer deutlicher erkennen die Werk­tätigen, daß dieser sogenannte »antifaschistische« Krieg nicht nur ein imperialistischer Krieg ist, sondern in sich auch die Tendenz trägt, in einen Krieg gegen das Land des Sozialismus umzuschlagen. Diese Erkenntnis verbreitet sich auch in England selbst, dem Zen­trum der imperialistischen Weltkriegspläne. Der unermüdliche Kampf der Kommunistischen Partei Englands gegen die imperia­listischen Kriegstreiber findet in den Massen von Woche zu Woche stärkeren Widerhall. Gewerkschafts- und Genossenschaftsorganisa­tionen, Parteigruppen und Jugendgruppen der Labour Party treten offen der Kriegshetze der offiziellen Labour-Führung ent­gegen und kämpfen für den Frieden. Und alle Lügen und Ver­leumdungen können nicht verhindern, daß immer breitere Schich­ten der englischen Werktätigen in der Sowjetunion den Vor­kämpfer ihrer ureigensten Interessen, ihre Hoffnung und Zuver­sicht erblicken. Seit dem Oktober 1917, seit dem Siege der sozialistischen Revolu­tion in dem größten Lande der Welt, hat der englische Imperialis­mus in offener und versteckter, in blutiger und in unblutiger, in ökonomischer, in politischer und in militärischer Form den Krieg gegen den auf einem Sechstel der Erde siegreichen Sozialismus organisiert. Alle Anschläge gegen das Land des Sozialismus sind fehlgeschlagen, die Sowjetunion ist immer stärker, immer mäch­tiger, immer mehr zu einem Magnetberg für alle Werktätigen geworden. Doch je stärker die Sowjetunion wurde, für desto dringlicher hielt es der englische Imperialismus, gegen sie die ganze kapitalistische Unterwelt loszulassen. Schon glaubte er, sein Kron­gedanke werde zur Wirklichkeit, dieser zäh festgehaltene Kron­gedanke, das Land des Sozialismus und zugleich den stärksten kapitalistischen Konkurrenten durch einen langwierigen Krieg zu entkräften — als mit einem Schlage der kunstvoll ausgehegte Plan zusammenbrach. In diesem Augenblick ließ England die Maske des »Friedensretters« fallen und trat als Anstifter und Organisator des neuen Weltkrieges auf den Plan, als unverhüllter Vorkämpfer der Weltreaktion. Damit aber ist der englische Imperialismus zum gefährlichen Kriegsbrandstifter und über die ganze Welt hin sichtbar zum Hauptfeind der internationalen Arbeiterklasse ge­worden. Vor der internationalen Arbeiterklasse steht daher die wahrhaft geschichtliche Aufgabe, mit höchster Kraftanspannung die Pläne des englischen Imperialismus zu vereiteln, im Bunde mit den von England unterdrückten Kolonialvölkern den Kampf gegen die britischen Kriegsbrandstifter aufzunehmen und in diesem Kampfe das imperialistische Weltsystem in seinen Grundfesten zu er­schüttern. Maiaufruf des EKKI (1940) Der Maiaufruf des EKKI 1940 zeigt ebenfalls die Tendenz der Komintern, zwar den 2. Weltkrieg als imperialistisch über­haupt zu verdammen, dabei aber mit England-Frankreich viel schärfer zu Gericht zu gehen als mit Hitler-Deutschland. Der (ungekürzt wiedergegebene) Aufruf zeigt, wie nur die eng­lische und die französische Regierung angegriffen werden (bzw. außerdem die japanische), während man es sorgsam vermeidet, den deutschen Imperialismus direkt zu nennen, um den deutsch- sowjetischen Pakt nicht zu stören. Die Komintern war völlig zum außenpolitischen Instrument der Sowjetregierung geworden. Bis zum Überfall Deutschlands auf die Sowjetunion hielt die Komintern daher auch an der Linie fest, Hitler-Deutschland auf Kosten Englands und Frankreichs zu »schonen«. Arbeiter und Werktätige der ganzen Welt! Inmitten des Grauens des neuen imperialistischen Krieges begehen die Werktätigen den 1. Mai, den Tag der internationalen prole­tarischen Solidarität. Noch nie hatte die Idee der internationalen proletarischen Solidarität eine so lebenswichtige Bedeutung für die Arbeiter aller Länder wie in diesen Tagen des Kriegsbrandes, der Europa und Asien erfaßt hat. Acht Monate schon währt der Krieg in Europa, doch sein Ende ist bei weitem noch nicht abzusehen. Immer weiter dehnt sich der Kriegsschauplatz aus. Mit Gewalt ziehen die imperialistischen Machthaber die ihnen botmäßigen Kolonialvölker in den Krieg hinein. Je länger der Krieg dauert, desto klarer wird es, daß die kleinen neutralen Länder Wechselgeld in den Händen der Impe­rialisten sind. Als Antwort auf die grobe Verletzung der Neutra­lität der skandinavischen Länder durch England und Frankreich ließ Deutschland seine Truppen in Dänemark einmarschieren und besetzte strategisch wichtige Positionen in Norwegen. England und Frankreich ihrerseits landeten Truppen. Norwegen wurde Kriegsschauplatz. Belgien und Holland sind unmittelbar bedroht. Im Nahen Osten wird ein weiteres Aufmarschgebiet des Krieges vorbereitet. Der Kampf der imperialistischen Staaten um den Balkan, um die Herrschaft über das Mittelländische Meer droht neue kapitalistische Staaten in den Krieg hineinzuziehen. Italien, das seine Positionen in Spanien und auf dem Balkan verstärkt hat, rüstet zur Einmischung in den Krieg. Im Fernen Osten führt Japan schon beinahe drei Jahre einen Raubkrieg gegen China. Es will das große Land mit seinen vierhundert Millionen Einwohnern zu seiner Kolonie machen. Zerrüttet und erschöpft durch den Krieg, will es in aller Eile China seinen räuberischen »Frieden« auf­zwingen, um sich für die Teilnahme an der weiteren Neuauftei­lung der Welt die Hände freizumachen. Die Händel der Imperia­listen um ihre Herrschaftsinteressen im Stillen Ozean drohen zu neuen Kriegen auszuwachsen. Schon haben die Auseinanderset­zungen zwischen Japan, England und den Vereinigten Staaten von Amerika um Holländisch-Indien begonnen. Für den Anfang streckt die Bourgeoisie der Vereinigten Staaten von Amerika die Hände nach Island, Grönland, nach den englischen und französi­schen Herrschaftsgebieten im Karibischen Meer aus. Die kapitalistischen Verbrecher stoßen die Völker in ein neues imperialistisches Weltgemetzel. Der vom Kriegsfieber ergriffenen kapitalistischen Welt steht das große Land des Sozialismus gegenüber. Die englischen und fran­zösischen Kriegsbrandstifter und ihre sozialdemokratischen La­kaien geraten in Raserei darüber, daß die Sowjetunion gegenüber ihrem imperialistischen Krieg Neutralität bewahrt. Sie sind voller Wut, daß die Sowjetunion unablässig wächst und erstarkt, wäh­rend sie sich in den eisernen Klammern der imperialistischen Ge­gensätze und des Krieges winden. Sie toben, weil die Sowjetunion ihren Völkern die Wohltaten des Friedens gesichert hat, weil die Sowjetunion mit Deutschland in Frieden lebt, wie sie auch mit allen anderen Staaten, die ihre Rechte nicht antasten, in Frieden leben will. Sie sind außer sich vor Wut, weil die Sowjetunion durch ihre aufrichtige Neutralitätspolitik der Ausbreitung des Kriegsbrandes auf andere Länder entgegenwirkt. Sie sind von Angst gepackt, weil in ihren eigenen Völkern der Drang zum Frieden durch die Friedenspolitik der Sowjetunion verstärkt wird. Die Kriegsbrandstifter toben, weil ihre Provokation in Finnland durchkreuzt wurde, weil die ruhmreiche Rote Armee das von ihnen seit langem vorbereitete Aufmarschgebiet für den Krieg gegen die Sowjetunion unschädlich gemacht hat. Sie rasen vor Wut, weil der Friedensschluß zwischen Finnland und der Sowjet­union die englisch-französischen Kriegsprovokateure überführt, sie gezwungen hat, ihre Karten aufzudecken, und ihre wahren Pläne vor den Völkern bloßgestellt hat. Die Kapitalisten möchten wohl, daß die Sowjetunion eine Politik betreibe, die ihnen genehm wäre. Doch die Sowjetunion führt ihre eigene Politik durch, die von den Interessen des Sozialismus dik­tiert ist. Die Sowjetunion verteidigt die Interessen ihres großen Volkes, das den Aufbau der klassenlosen sozialistischen Gesell­schaft vollendet. Dadurch verteidigt sie die Interessen der Werk­tätigen der ganzen Welt, die Interessen aller Völker. Was die Kapitalisten brauchen, ist imperialistische Annexion und Raub. Was die Sowjetunion braucht, ist schöpferische Arbeit, sozialisti­sches Gedeihen, glückliches und freudevolles Leben der Werktätigen. Die Proletarier der ganzen Welt sind mit Recht stolz auf ihre Vorhut, auf das große Land des Sozialismus. Werktätige der kapitalistischen Länder! Der Krieg hat euch bereits unermeßliche Leiden und Entbehrungen gebracht. Noch ist es zu keinen großen Schlachten gekommen, und doch ist die Erde schon rot vom Blut der Gefallenen. Auf den Meeren und Ozeanen müssen Tausende und Abertausende von Seeleuten ihr Leben lassen. Allein in Europa stehen zwanzig Mil­lionen Mann unter Waffen, die ihrer produktiven Arbeit, ihrem häuslichen Herd entrissen sind. Not und Hunger pochen an die Türen der Familien, deren Ernährer die Bourgeoisie in den Krieg gejagt hat. Die Frauen, Mütter und Kinder der Mobilisierten sind der Willkür des Schicksals preisgegeben. Hungernde und Arme werden von der Bourgeoisie durch Er­höhung der Preise für die lebensnotwendigsten Bedarfsartikel aus­geplündert. Das Volk wird durch die Lebensmittelkarten auf Hungerrationen gesetzt, während die Reichen prassen und sich überfressen. Die Bourgeoisie kettet die Arbeiter gleich Galeeren­sträflingen an ihren Arbeitsplatz, versklavt sie in den Betrieben. Durch unerhörte Verlängerung des Arbeitstages, durch ungeheuer­liche Herabsetzung des Arbeitslohnes, durch fürchterliche Ver­schärfung der Ausbeutung preßt sie den Arbeitern die letzten Lebenssäfte aus. Sie schickt die Bauernsöhne in den Krieg, die Dörfer veröden. Durch Requirierung der Pferde, des Viehs, der Lebens- und Futtermittel richtet sie Millionen Bauernwirtschaften zugrunde. Die Bourgeoisie beraubt den, der im Schweiße seines Angesichts das Feld bestellt, der Früchte seiner Arbeit. Sie ver­urteilt die junge Generation um der Interessen des Geldsacks willen zu Untergang und Tod. In den Schützengräben werden die Soldaten von den quälenden Gedanken gepeinigt, was das Morgen ihnen bringen mag, was aus ihren Familien werden wird. Im Hinterland aber spielt sich die widerwärtige Orgie der Leichen­fledderer und Kriegsgewinnler ab, die sich an des Volkes Not be­reichern. Für sie ist der Krieg ein wahrer Goldregen. Blut und Tränen verwandeln sie in Aktien, Dividenden und märchenhafte Profite. Unter Benutzung der Lakaiendienste der Blum, Jouhaux, Attlee und Citrine führt die Bourgeoisie jedoch nicht nur gegen das Lebensniveau der Werktätigen eine wütende Offensive. In allen kapitalistischen Ländern errichtet sie ein Regime des reaktionären Dunkelmännertums, der Willkür, des Terrors und der Rechtlosig­keit der Werktätigen. Sie benutzt den Krieg, um den Arbeitern und den Schaffenden in Stadt und Land die letzten Rechte zu nehmen, die ihnen noch geblieben sind. Auf den Friedenswillen der Massen antwortet sie mit Kriegstribunalen, Zuchthausurteilen und Erschießungen. Die Vorkämpfer für die Freiheit und das Glück des Volkes, die Kommunisten, stellt sie außerhalb des »Gesetzes«. Hunderttausende, Kommunisten, spanische Flücht­linge und politische Emigranten, wirft sie in die Zuchthäuser, sperrt sie in die Konzentrationslager. Das ist das Heute im Zeichen des Krieges, das ist das Antlitz des bürgerlichen Regimes von heute. Welches Schicksal wird euch, Werktätige, aber die Bourgeoisie morgen bereiten, wenn ihr dem Krieg nicht ein Ende macht, wenn die Kapitalisten auch weiterhin über euch herrschen werden? Europa und Asien, vielleicht auch andere Kontinente werden in Schauplätze blutiger Schlachten verwandelt, wie sie die Ge­schichte der Menschheit noch nicht gekannt hat; Millionen Gefal­lener und Verkrüppelter wird der Krieg mit sich bringen; Millio­nen Witwen und Waisen; unerträgliche Lasten neuer Annexionen und Kontributionen; eine derartige Vergeudung materieller Güter, eine derart maßlose Ruinierung der Völker, wie sie selbst der Weltkrieg 1914/18 nicht gebracht hat - das ist das Schicksal, das euch die Bourgeoisie für morgen bereitet. Auf eure Schultern, Werktätige, wird die Bourgeoisie all die riesigen Kriegsausgaben abwälzen. Sie wird die Steuerschraube, die schon jetzt für euch unerträglich ist, noch fester anziehen. Die Trustmagnaten, Bankiers und Börsenhaie werden euch noch mehr versklaven, werden euch, eure Frauen, eure Kinder zu ihren Tributpflichtigen machen. Sie werden über euch eine Regime von so grausamer Ausbeutung verhängen, wie es bis jetzt nur in den Kolonien angewandt worden ist. Unter der Flagge einer »europäischen Föderation« und einer »Neu­ordnung der Welt« rüsten die Imperialisten zur Zerstückelung großer Staaten und zur Annexion kleiner Länder, bereiten sie eine noch weitere Verstärkung der kolonialen Unterdrückung und die Versklavung europäischer Völker vor. Sie werden die nationale Unterdrückung bis zu unerhörten Ausmaßen steigern, unerhört selbst für die großen Reiche der Vergangenheit, die sich auf dem Blut und auf den Gebeinen unterworfener Völker gründeten. Proletarier und Werktätige! Wer hat der Bourgeoisie geholfen und hilft ihr, euch und euren Kindern das letzte Stückchen Brot zu nehmen, euch durch den Terror der bürgerlichen Diktatur zu erdrosseln? Wer hat gemein­sam mit der Bourgeoisie diesen blutigen Frevel vorbereitet? Die Führer der Sozialdemokratie und der reformistischen Ge­werkschaften. Könnte die Welt denn heute so aussehen, wenn sie der Bourgeoisie nicht geholfen hätten, die auf den Weltkrieg 1914/18 folgende Bewegung der Werktätigen gegen den Kapitalismus zu unter­drücken. Wie Kettenhunde hüteten und hüten sie das kapitalisti­sche Regime. Ihre Noskes schossen Arbeiter nieder. Ihre Bauers streuten den Werktätigen mit dem Humbug von der »bürgerlichen Demokratie« Sand in die Augen. Ihre MacDonalds würgten Ge­neralstreiks ab. Ihre Blums riefen und rufen offen gemeinsam mit der Weltreaktion zum Kreuzzug gegen die Sowjetunion auf. Durch die Politik der Klassenzusammenarbeit mit der Bourgeoisie berei­teten sie die gegenwärtige Willkürherrschaft der Kapitalisten vor. Sie kapitulierten vor der Bourgeoisie und gaben ihr die von der Arbeiterklasse erkämpften Positionen preis; dadurch begünstigten sie das heutige hemmungslose Wüten der Reaktion. Indem sie den imperialistischen Annexionen Vorschub leisteten, trugen sie zum Ausbruch des jetzigen Krieges bei. Mit der Politik der »Nichtein­mischung« öffneten sie die Schleusen, durch die die Sintflut des Krieges über Europa hereinbrach. Durch den Verrat an dem repu­blikanischen Spanien haben sie die Sprengung der Volksfront in Frankreich vorbereitet, haben sie der Reaktion in der ganzen kapitalistischen Welt den Weg gebahnt. Mit ihrer schamlosen Unterstützung des gegenwärtigen imperialistischen Krieges helfen sie der Bourgeoisie, die Völker in die Ketten einer noch schlimme­ren Knechtschaft zu schlagen. Niemals aber wird das Wirklichkeit werden, was die Bourgeoisie und ihre sozialdemokratischen Agenten wünschen. Wie die herr­schenden Klassen auch wüten mögen, sie werden der Verantwor­tung vor den Völkern für den gegenwärtigen Krieg nicht entgehen. Sie wüten, denn die Werktätigen wollen Freiheit und nicht Skla­verei, Frieden und nicht Krieg, Sozialismus und nicht Kapitalis­mus. Immer klarer erkennen die Werktätigen, daß es aus den Drangsalen, in die die Bourgeoisie sie gestoßen hat, keinen anderen Ausweg gibt als den aufopferungsvollen, entschlossenen Kampf gegen die imperialistischen Kriege, gegen Reaktion und Kapitalis­mus. Sie wissen, daß dieser Kampf mit Opfern verbunden ist. Die Opfer jedoch, die die Bourgeoisie um der Aufrechterhaltung ihrer Herrschaft willen von ihnen fordert, sind hundertfach größer. Millionen Menschen sprechen an der Front und im Hinterland vorerst noch flüsternd darüber, was die Kommunisten laut und vernehmlich aussprechen. Und die Kommunisten sind nicht ein­zelne Helden, die gegen den imperialistischen Krieg auftreten, sondern es sind Zehntausende fortgeschrittener Proletarier, die an allen Ecken und Enden der Welt das hehre Banner des proletari­schen Internationalismus erheben. Im Saale des Kriegstribunals haben die kommunistischen Deputierten Frankreichs dieses Banner mutig erhoben. Unter diesem Banner kämpfen Hunderttausende namenloser französischer Arbeiter. Mit fester Hand halten dieses Banner die heroischen Kämpfer des republikanischen Spanien. Unter diesem Banner erheben die fortgeschrittenen Arbeiter Eng­lands die Forderung nach Frieden. Gegen den imperialistischen Krieg und für den Frieden tritt die Fünfmillionenarmee der Jugend der Vereinigten Staaten von Amerika auf; Frieden wollen die deutschen Arbeiter und Bauern; die Beendigung des Krieges er­sehnen die japanischen Soldaten. In den kolonialen und abhängigen Ländern wächst und erweitert sich die Bewegung gegen die imperialistische Unterdrückung. Stand­haft kämpfen die fortgeschrittensten Arbeiter und Bauern Indiens für die Unabhängigkeit ihres Landes. Heldenhaft schlägt sich das große chinesische Volk für seine nationale Befreiung gegen die japa­nischen Eroberer. In allen kapitalistischen Ländern wollen die Werktätigen mit dem imperialistischen Krieg, mit der Willkür und den Gewalttaten der bürgerlichen Reaktion Schluß machen. Sie fordern die Wieder­herstellung und Erweiterung ihrer politischen Rechte und Frei­heiten, menschliche Existenzbedingungen, Verkürzung des Ar­beitstages, Erhöhung der Löhne, Erhöhung des Soldes der Sol­daten und der Unterstützung für ihre Familien. Friede, Brot und Freiheit - das ist der Kampfruf der Millionenarmee der Arbeit. Die Bewegung der Massen ist jedoch noch zersplittert; die Bour­geoisie sucht sie durch ihren Militär- und Polizeiterror niederzu­halten. Um die von der bürgerlichen Reaktion errichteten Schran­ken zu durchbrechen, brauchen die Arbeiter und Werktätigen die Aktionseinheit. Sie brauchen sie, um die jetzt noch uneinheitlichen und zersplitterten Bewegungen zu einem einzigen mächtigen Strom zu vereinigen. In jedem Lande brauchen sie die von unten, durch die Massen geschaffene Arbeitereinheitsfront, die Volksfront der Werktätigen. Für den Kampf gegen den imperialistischen Krieg braucht das Proletariat international die Aktionseinheit. Proletarier, Werktätige, Völker der Kolonien! Die Bürgschaft für den Erfolg eures Kampfes liegt im Zusammen­schluß eurer Kräfte. Schmiedet die Einheitsfront der Arbeit gegen die Offensive des Kapitals, schmiedet die Front der Freiheit gegen die Reaktion, die Front des Friedens gegen den imperialistischen Krieg, die Front der Ausgebeuteten und Unterdrückten gegen ihre Ausbeuter und Unterdrücker. Nur im rücksichtslosen Kampfe gegen die Anführer der Sozialdemokratie, gegen die verräterischen Spitzen der II. Internationale können die Werktätigen eine solche Kampffront schaffen. Schließt eure Reihen um das große Land des Sozialismus. Ver­teidigt seine Politik, die die sehnlichsten Wünsche der Völker aller Länder zum Ausdruck bringt. Demonstriert am 1. Mai für den Frieden, gegen die Kriegsprovo­kateure und Kriegsbrandstifter. Mütter, Frauen und Schwestern! Fordert laut und vernehmlich, bevor es zu spät ist, die Heimkehr eurer Söhne, Männer und Brüder! Werktätige, kämpft dafür, daß den Reichen die finanziellen Lasten des Krieges auferlegt werden! Fordert die Beschlagnahme der Kriegsgewinne! Fordert Freiheit für eure Presse, für eure Organisationen und Versammlungen! Tretet ein für die Befreiung der tapferen kommunistischen De­putierten Frankreichs und aller Kämpfer gegen den imperialisti­schen Krieg und Reaktion. Ins Zuchthaus mit den Leichenfledde­rern und Kriegsgewinnlern! Freiheit für die Gefangenen des Ka­pitals! Die Kommunistische Internationale ruft euch, Arbeiter, unter das ruhmreiche Banner des proletarischen Internationalismus, unter das erhabene Banner von Marx, Engels, Lenin und Stalin, denn nur unter diesem Banner werdet ihr siegen. Nieder mit dem kapitalistischen Krieg! Nieder mit der kapitalistischen Reaktion! Friede den Völkern! Es lebe die Sowjetunion, das Bollwerk des Friedens, der Freiheit und des Sozialismus! Es lebe der Bruderbund der Proletarier aller Länder! Exekutivkomitee der Kommunistischen Internationale Für den »vaterländischen Krieg« (1942) Nach dem Überfall Deutschlands auf die Sowjetunion im Juni 1941 änderte die Komintern wieder einmal ihre Linie. Nun­mehr sprach sie statt von einem »imperialistischen Krieg« von einem »Befreiungskrieg«, von einem »Kampf der freiheits­liebenden Völker gegen die Achsenmächte«. Natürlich galt England nicht mehr als »Hauptfeind«, und alle Anti-Hitler- Kräfte wurden als Partner begrüßt. Um die sowjetische Politik gegenüber den westlichen Alliierten nicht zu stören, trat die Komintern allerdings immer mehr in den Hintergrund. Soweit die III. Internationale überhaupt noch Erklärungen abgab, enthielten diese lediglich wörtliche Wiederholungen des so­wjetischen Standpunkts. Beispiel dieser Taktik, die bis zur Auflösung der Komintern beibehalten wurde, ist ein (etwas gekürzt wiedergegebener) Leitartikel der Anfang 1942 erschiene­nen Nummer der Zeitschrift »Kommunistische Internationale« (12/1941). Das Jahr 1941 war ein Jahr des Umschwunges in der gesamten internationalen Lage. Der vaterländische Krieg des Sowjetvolkes war der wichtigste und entscheidende Faktor dieses Umschwunges. Charakter, Inhalt und Perspektiven des Weltkrieges als Ganzes haben sich von Grund auf verändert. Durch die Schuld der aggressiven Staaten hat sich der Krieg im verflossenen Jahre über den ganzen Erdball, auf alle fünf Konti­nente ausgebreitet. Das faschistische Deutschland warf gegen die Sowjetunion nicht nur seine eigene Armee, sondern auch die Armeen seiner Vasallen: die Rumänen, Ungarn, Finnen und Italiener. Durch die militärische Aggression Japans im Fernen Osten wur­den auch die Vereinigten Staaten in den Krieg einbezogen. Der Krieg wurde im wahren Sinne des Wortes zu einem Weltkrieg, wie es noch kein Krieg in der Geschichte gewesen ist. Der heutige Krieg erhält aber seinen Charakter als Weltkrieg nicht allein durch seine enormen Ausmaße, nicht allein durch den Umfang der Kampfhandlungen und nicht allein durch die Tatsache, daß in ihm die Ressourcen der ganzen Welt eingesetzt werden. In diesem Kriege wird nicht das Schicksal der einzelnen Länder, sondern das Schicksal und die Zukunft der ganzen Welt, der ganzen Menschheit entschieden. Vom Ausgang dieses Krieges wird es abhängen, ob die Völker ein unabhängiges Leben führen können oder einer grauenvollen Sklaverei verfallen werden, wie sie die Menschheit noch nicht erlebt hat. Im Jahre 1941 hat Hitler-Deutschland den Krieg in der Diploma­tie und Außenpolitik verloren. Es war ein Jahr, in dem das fa­schistische Deutschland in seinen internationalen Beziehungen isoliert wurde. Die Hitleristen vermochten infolge ihrer militärischen Erfolge im Jahre 1940 und im ersten Halbjahre 1941, bis zum Überfall auf die Sowjetunion, auf diplomatischem und außenpolitischem Ge­biete bestimmte, wenn auch sehr relative Erfolge zu erzielen. Im September 1940 wurde der Dreimächtepakt zwischen Deutschland, Italien und Japan unterzeichnet, dem sich die Machthaber meh­rerer kleiner europäischer Staaten, getrieben von der Furcht vor der deutschen Wehrmacht und Aussicht auf leichte Beute, an­schlossen. Kurz vor dem Überfall auf die Sowjetunion schloß Deutschland einen Freundschaftsvertrag mit der Türkei. Der Krieg gegen die Sowjetunion setzte jedoch den zeitweiligen Erfolgen der deutschfaschistischen Imperialisten ein Ende. Sie hatten gehofft, es werde ihnen gelingen, gegen die Sowjetunion eine Weltkoalition unter Führung des faschistischen Deutschland und bei einer Beteiligung Großbritanniens und der Vereinigten Staaten zustandezubringen. Sie wollten die Sowjetunion völlig isolieren. Sie hatten die Absicht, gegenüber der Sowjetunion, Eng­land und den Vereinigten Staaten ihre beliebte Taktik anzuwen­den: den Gegner einzeln zu schlagen. Sie haben sich jedoch schwer verrechnet. »Die Sowjetunion erwies sich nicht nur nicht als isoliert, son­dern gewann im Gegenteil in Großbritannien, den Vereinigten Staaten und den von den Deutschen besetzten Ländern neue Verbündete. Es erwies sich, daß die deutsche Politik des Speku­lierens auf Gegensätze und auf das Schrecken mit dem Ge­spenst erschöpft war und für die neue Situation nicht mehr taugte. Und nicht nur nicht mehr taugte, sondern noch große Gefahren für die deutschen Eroberer in sich barg, denn sie führt unter den neuen Bedingungen des Krieges zu direkt ent­gegengesetzten Resultaten«, wie Stalin sagte. Die Antihitlerkoalition der Sowjetunion, Englands und der Ver­einigten Staaten wurde Anfang 1942 durch die Washingtoner Deklaration der 26 Staaten gekrönt, die sich verpflichteten, mit jenen Achsenmächten, die gegen jedes dieser Länder im Kriege stehen, weder einen Sonderwaffenstillstand noch einen Sonderfrie­den abzuschließen. Außer diesem ausschlaggebenden Fiasko seiner Außenpolitik er­litt das faschistische Deutschland im Jahre 1941 auch eine Reihe anderer ernster Mißerfolge. Der Versuch, den Iran zum Sprung­brett für neue aggressive Pläne zu benutzen, ist schmählich zu­sammengebrochen. Den Deutschen ist es auch nicht gelungen, Spanien in diesen Krieg hineinzuziehen, dessen Machthaber die schweren Folgen dieses Krieges und Hitlers Niederlage fürchten. An dem Widerstand des französischen Volkes, das durch hart­näckigen Kampf der glorreichen Roten Armee ermuntert wurde, zerschellten auch alle Bestrebungen Hitlers, das besiegte Frank­reich mit Hilfe der Pétain, Laval und Darlan zu »befrieden«, sich der französischen Flotte zu bemächtigen und die französischen Afrikakolonien an sich zu reißen. Roosevelt hat den Geltungs­bereich des Leih- und Pachtgesetzes auf die Türkei ausgedehnt und dadurch betont, daß die Türkei zu jenen Ländern gehöre, denen die Aggression droht, und daß der Türkei die Möglichkeit gegeben ist, ihre Unabhängigkeit zu verteidigen. Die schwerste Niederlage erlitt die deutsche Außenpolitik schließ­lich in ihren Beziehungen zu den Vereinigten Staaten. Nachdem man sich in die Netze der eigenen »Manöver« verstrickt hatte und in eine Sackgasse geraten war, veranlaßte man Japan, den Krieg gegen die Vereinigten Staaten zu beginnen, und beschleunigte da­durch die Einbeziehung des machtvollen nordamerikanischen Staates in den gemeinsamen Kampf der freiheitsliebenden Völker gegen die Achsenmächte. So schloß sich der Kreis der außenpoli­tischen Niederlagen Deutschlands. Das Jahr 1941 war ferner das Jahr des Beginns der militärischen Niederlage Hitler-Deutschlands. Hitler wollte gegen die Sowjet­union einen Blitzkrieg führen, doch er bekam einen langwierigen Krieg. Hitler wollte die entscheidendsten politischen und industriellen Zentren des Sowjetlandes, Moskau und Leningrad erobern. Aber vor Moskau erstickte die im Oktober und November unternom­mene Generaloffensive der Hitlerarmee im Blute der deutschen Soldaten. Moskau, das von drei Seiten eingeschlossen war, ist vom Ansturm der faschistischen Stoßdivisionen befreit. Leningrad be­findet sich in den zuverlässigen Händen seiner Verteidiger. Und Hitler, der den Deutschen versprochen hatte, den Krieg gegen die Sowjetunion noch vor dem Anbruch des harten russischen Winters zu beenden, war gezwungen, unter Berufung auf das »schlechte Wetter«, sich auf »günstigere Stellungen« zurückzuziehen. Hitler versuchte zum Kaukasus vorzudringen, um Baku, Grosny und die reichen Erdölgebiete an sich zu reißen. Unter den vernich­tenden Schlägen der Roten Armee wurden jedoch die Truppen General von Kleists aufgerieben, aus Rostow am Don verjagt und nach Westen zurückgeworfen. Die Befreiung von Kertsch durch die Kräfte der Kaukasusfront und die Verbände der Schwarz­meerflotte versperrten den deutsch-faschistischen Armeen auch den zweiten Weg zum kaukasischen Erdöl. Hitler wollte die Rote Armee zersprengen, sie umfassen und ein­kesseln, ihre Mannschaften ausrotten und ihr Material vernichten. Doch die von Goebbels mindestens schon viermal völlig »vernich­tete« Rote Armee wendet gegen die Hitlerarmee erfolgreich deren eigene Taktik der Flankenangriffe, Umfassung und Einkesselung an. Heute ist es die Rote Armee, die erfolgreich das feindliche Mate­rial vernichtet, die berüchtigten deutschen Panzerkolonnen, die fast unbehindert ihre »Spazierfahrt« durch die meisten Länder Europas unternahmen. Die Rote Armee, die die ganze Wucht der Schläge der ungeheuer­lichen Kriegsmaschine des faschistischen Deutschland und der Armeen aller seiner Vasallen auffangen mußte, überwindet, auf sich selbst gestellt, den mächtigen Feind. Die Rote Armee hat ihn in den Verteidigungsschlachten zermalmt. Sie hat viele Dutzende der faschistischen Elitedivisionen vernichtet. Sie hat die Offensive der Hitlerarmee zum Stehen gebracht und ist in einer Reihe von Frontabschnitten zur Gegenoffensive übergegangen, wobei sie Dutzende Sowjetstädte und wichtige Ortschaften von den Okku­panten befreite und riesige Mengen Kriegsmaterial erbeutete. Seine ersten bedeutungsvollen militärischen Erfolge im vaterlän­dischen Krieg hat das Sowjetvolk der konsequenten, aufopfe­rungsvollen und beharrlichen Durchführung des großen Aktions­programms zu verdanken, das Stalin in seiner Radiorede am 3. Juli und in der Rede auf der Festsitzung des Moskauer Sowjets vom 6. November 1941 entwickelte. Die Ereignisse haben bereits die unvergleichliche Überlegenheit der genialen Stalinschen Strategie über die deutsch-faschistische Strategie gezeigt. Die weitere unbeirrte Realisierung der von Stalin, dem geliebten Führer des Volkes und Oberbefehlshaber der Roten Armee, gestellten Aufgaben wird der Sowjetunion den Endsieg und die völlige Zerschmetterung des zwar übel zugerich­teten, aber immer noch gefährlichen Feindes sichern. Zum erstenmal hat die deutsche Wehrmacht eine Niederlage er­litten, die die faschistischen Machthaber unmöglich vor dem deut­schen Hinterland verheimlichen können. Zum erstenmal seit Kriegs­beginn haben Schwierigkeiten und ernstliche militärische Mißer­folge in der deutschen Heeresleitung zu einer Krise geführt, die in der Absetzung des Oberbefehlshabers Brauchitsch, der 4 Jahre lang an der Spitze der deutschen Wehrmacht stand, ihren Ausdruck gefunden hat. Das alles berechtigt zu der Feststellung, daß un­geachtet der noch bevorstehenden äußerst zähen Kämpfe, unge­achtet der großen Schwierigkeiten und Opfer, die der Kampf gegen das faschistische Deutschland fordert, in der militärischen Lage eine Wendung zugunsten der Antihitlerkräfte eingetreten ist. Der Befreiungskampf der unterdrückten und gepeinigten Völker trat in eine neue Phase. Durch den gigantischen Kampf des So­wjetvolkes und seiner Roten Armee, durch die Bildung der Welt­koalition der demokratischen Mächte haben die für ihre Freiheit und Unabhängigkeit kämpfenden Völker eine reale Perspektive und eine machtvolle Unterstützung erhalten, die ihnen früher fehlte. Nach dem Beginn des vaterländischen Krieges des Sowjet­volkes sind in den Formen und im Charakter des Kampfes der unterdrückten Völker einschneidende Veränderungen vor sich ge­gangen. Der bis dahin passive und zersplitterte Widerstand machte in einer Reihe von Ländern einem aktiven Kampf des ganzen Volkes Platz. Vor einem Jahr gab es in den okkupierten Ländern noch keine wahrhaft gesamtnationale Kampffront für Freiheit und Unabhängigkeit. Heute bildet sich diese Front schon in den meisten dieser Länder kräftig heraus und stählt sich von Tag zu Tag. In dieser unaufhörlich erstarkenden nationalen Front der versklavten Völker liegt die kolossale potentielle Kraft, die sich eben erst geltend zu machen beginnt. Das faschistische Deutschland kann sich noch in bedeutendem Maße die Industrie, das Verkehrswesen und die Ressourcen der okku­pierten Länder zunutze machen, um seine Kriegsmaschine zu füt­tern. Aber die Geduld der Völker geht zu Ende. Die Erfolge der Roten Armee haben die deutsche Kriegsmaschine geschwächt und werden sie im weiteren noch mehr schwächen. Die unerträgliche Unterdrückung, der Terror und die Leiden der Völker werden die Volksmassen noch mehr zusammenschließen und ihren Kampf steigern. Der heilige nationale Befreiungskrieg, der Vergeltungs­krieg des Volkes reift heute in vielen europäischen Ländern heran. Auch im deutschen Volk ist ein tiefer Umschwung vor sich ge­gangen: »Über 2 Jahre eines blutigen Krieges, dessen Ende noch nicht abzusehen ist; Millionen von Menschenopfern, Hunger, Ver­elendung, Epidemien; ringsum eine gegen die Deutschen feind­liche Atmosphäre: das ist die Summe der Politik Hitlers, der die Völker der Sowjetunion zu geschworenen Feinden des heutigen Deutschlands gemacht - dies alles mußte das deutsche Volk unbedingt gegen den unnötigen verheerenden Krieg aufbrin­gen«, sagte Stalin. Nach dem Zusammenbruch der letzten Offensive der deutschen Armee an der Ostfront und nach dem Eintritt der Vereinigten Staaten in den Krieg legte sich das deutsche Volk allmählich Rechenschaft darüber ab, in welche Sackgasse es geführt wird. Immer stärker wächst im deutschen Volke die Friedenssehnsucht. Immer nachdrücklicher werden die Forderungen nach der Beendi­gung dieses Krieges, der unzählige Opfer an der Front gefordert und furchtbare Leiden im Hinterland verursacht hat. Auch der schon 5 Jahre währende nationale Befreiungskrieg des chinesischen Volkes ist in eine neue Phase getreten. China ist heute nicht mehr isoliert. Zusammen mit den Vereinigten Staaten, Eng­land und Niederländisch-Indien gehört es zu einer machtvollen militärischen Koalition. Die nationale Regierung Chinas hat in Washington die Erklärung der 26 Staaten unterzeichnet. Die von England und den Vereinigten Staaten betriebene »Nichteinmi­schungspolitik« gehört der Vergangenheit an. Großbritannien und die Vereinigten Staaten sind aufs stärkste an einem Siege Chinas über Japan interessiert, denn dieser Sieg wird auch ihr Sieg sein. Vor China eröffnet sich die Möglichkeit, mit Hilfe der Alliierten seine Streitkräfte auszubauen. Denjenigen Elementen in China, die schwankten, weil sie die Schwierigkeiten des Kampfes fürch­teten, wurde neuer Mut eingeflößt. Die Vertreter jener Schichten des chinesischen Volkes, die die Notwendigkeit des beharrlichen Kampfes gegen die Eindringlinge verfochten, haben recht be­halten und erhalten für die Aktivierung des Befreiungskrieges jetzt größere Möglichkeiten als früher. Die Gefahr einer Kapitu­lation ist beträchtlich in den Hintergrund getreten. Die Basis der Marionettenregierung Wang Tsin-weis ist noch schmaler geworden. Die Autorität der chinesischen Regierung unter Tschiang Kai-schek ist gestiegen. Für eine endgültige Konsolidierung der nationalen Front in China, ohne die ein Sieg des chinesischen Volkes undenkbar ist, sind günstige Bedingungen im Lande geschaffen worden. Stalins Voraussage, daß sich im Kampfe gegen Hitlerdeutschland und seine Verbündeten alle freiheitsliebenden Völker der Welt zusammenschließen werden, hat sich erfüllt. »Unser Krieg für die Freiheit unseres Vaterlandes« - sagte Stalin in seiner Rundfunkrede am 3. Juli 1941 - »wird sich mit dem Kampfe der Völker Europas und Amerikas für ihre Un­abhängigkeit, für die demokratischen Freiheiten verschmelzen. Das wird die Einheitsfront der Völker sein, die für Freiheit, gegen Versklavung und gegen die Gefahr der Versklavung... kämpfen.« Die Einheitsfront der Völker wird eine immer wirksamere Kraft. Um die Koalition der demokratischen Großmächte gruppieren sich sowohl die okkupierten Länder als auch jene Völker, deren Freiheit und Unabhängigkeit bedroht ist. Die Sowjetunion, die als erste der Legende von der »Unbesiegbarkeit« der deutsch-faschi­stischen Armee ein Ende bereitete, die den Beginn der militärischen Niederlage Hitlerdeutschlands herbeiführte, steht vor den Völkern als die führende Kraft dieser großen Einheitsfront. Die Wirklich­keit hat all die dummen und niederträchtigen Verleumdungen, die die Feinde der Sowjetunion 20 Jahre lang gegen das Sowjetland angehäuft hatten, hinweggespült. Die Völker überzeugen sich davon, daß das Sowjetregime die festeste Gesellschaftsordnung der Welt ist. Sie überzeugen sich davon, daß das Sowjetvolk um der Rettung seines Heimatlandes willen zu jedem Opfer bereit ist. Sie werden sich bewußt, daß nur ein Volk, das von hohen Idealen beseelt und der unumschränkte Herr seines Landes ist, zu derart gewaltigen Anstrengungen und beispiellosen Helden­taten fähig ist, wie sie das Sowjetvolk im Kampfe für seine Frei­heit und Unabhängigkeit vollbringt. Die Völker sehen, daß der große Stalin, der an der Spitze des Sowjetstaates und des gerechten Krieges des Sowjetvolkes steht, es aus jeder Schwierigkeit heraus­führt und zum Siege führen wird ... Die Auflösung der Komintern (1943) Am 22. Mai 1943 wurde die Erklärung verbreitet, das Präsi­dium des EKKI habe am 15. Mai 1943 beschlossen, die Kom­intern aufzulösen. Nach 24 Jahren hörte die III. Internatio­nale auf zu bestehen. Offiziell wurde die Auflösung mit der notwendigen Konsolidierung jeder einzelnen Partei begründet, und es wurde der Eindruck erweckt, als sei der Kommunismus »national« geworden. Doch mit der Auflösung der Komintern hörte der Weltkommunismus nicht auf zu bestehen. Stalin ließ die kommunistischen Parteien direkt vom ZK der KPdSU an­leiten, so daß die Fäden der kommunistischen Politik weiterhin in Moskau zusammenliefen. 10 Jahre nach Auflösung der Komintern starb Stalin, seither entwickelt sich der Kommunismus im Zeichen des Polyzen­trismus. Ein Wiederaufleben der Kommunistischen Interna­tionale in der alten Form ist unmöglich geworden, insofern bedeutet der Beschluß von 1943 das Ende der Komintern. Die historische Rolle der Kommunistischen Internationale, die im Jahre 1919 im Ergebnis des politischen Zusammenbruches der überwältigenden Mehrheit der alten Arbeiterparteien der Vor­kriegszeit entstanden war, bestand darin, daß sie die Lehren des Marxismus vor ihrer Verflachung und Verdrehung seitens der opportunistischen Elemente der Arbeiterbewegung verteidigte, in einer Reihe von Ländern den Zusammenschluß der Vorhut der fortgeschrittenen Arbeiter in wahrhaften Arbeiterparteien för­derte, ihnen half, die Massen der Werktätigen zu mobilisieren zur Verteidigung ihrer wirtschaftlichen und politischen Interessen, zum Kampf gegen den Faschismus und den von ihm vorbereiteten Krieg, zur Unterstützung der Sowjetunion als Hauptstütze gegen den Fa­schismus. Die Kommunistische Internationale hat zur rechten Zeit die wahre Bedeutung des »Antikominternpaktes« enthüllt, dessen sich die Hitleristen als Werkzeug zur Vorbereitung des Krieges bedienten. Sie hat lange vor dem Kriege unermüdlich die schänd­liche Wühlarbeit der Hitleristen in den anderen Staaten entlarvt, die diese mit ihrem Geschrei über eine angebliche Einmischung der Kommunistischen Internationale in die inneren Angelegenheiten dieser Staaten maskierten. Noch lange vor dem Kriege wurde es immer klarer, daß mit der zunehmenden Komplizierung sowohl der inneren als auch der internationalen Situationen der einzelnen Länder die Lösung der Aufgaben der Arbeiterbewegung jedes einzelnen Landes durch die Kräfte irgendeines internationalen Zentrums auf unüberwindliche Schwierigkeiten stoßen wird. Dieser Unterschied der historischen Wege der Entwicklung der einzelnen Länder der Welt, der unterschiedliche Charakter, ja, sogar die Gegensätzlichkeit ihres gesellschaftlichen Aufbaus, der Unterschied im Niveau und im Tempo ihrer gesellschaftlichen und politischen Entwicklung, schließlich der Unterschied im Grade des Bewußtseins und der Organisiertheit der Arbeiter bedingen auch, daß vor der Arbeiterklasse der einzelnen Länder verschiedene Aufgaben stehen. Der ganze Verlauf der Ereignisse im verflossenen Vierteljahrhundert und die von der Kommunistischen Internatio­nale gemachte Erfahrung haben überzeugend gezeigt, daß die Or­ganisationsform, die vom Ersten Kongreß der Kommunistischen Internationale zur Vereinigung der Arbeiter gewählt wurde und die den Anforderungen der Anfangsperiode der Wiedergeburt der Arbeiterbewegung entsprach, mit dem Wachstum der Arbeiterbe­wegung in den einzelnen Ländern und der Komplizierung ihrer Aufgaben sich immer mehr überlebte, ja, sogar zu einem Hinder­nis für die weitere Stärkung der nationalen Arbeiterparteien wurde. Der von den Hitleristen entfesselte Weltkrieg hat die Unterschiede in der Lage der einzelnen Länder noch mehr verschärft, er schuf eine tiefe Kluft zwischen den Ländern, die zu den Trägern der Hitlertyrannei wurden, und den freiheitsliebenden Völkern, die in der mächtigen Antihitlerkoalition zusammengeschweißt sind. Wäh­rend in den Ländern des Hitlerblocks die Hauptaufgabe der Arbeiter, der Werktätigen und aller ehrlichen Menschen darin besteht, allseitig auf die Niederlage dieses Blockes durch die Unter­grabung der hitlerischen Kriegsmaschine von innen heraus hinzu­arbeiten, an dem Sturz der am Kriege schuldigen Regierungen mitzuwirken, ist es in den Ländern der Antihitlerkoalition eine heilige Pflicht der breiten Volksmassen und vor allem der fort­geschrittenen Arbeiter, die Kriegsanstrengungen der Regierungen dieser Länder allseitig zu unterstützen, um den Hitlerblock aufs rascheste zu zerschmettern und die Zusammenarbeit der Nationen auf der Grundlage der Gleichberechtigung zu sichern. Dabei darf ebenso nicht aus dem Auge gelassen werden, daß auch einzelne Länder, die der Antihitlerkoalition angeschlossen sind, ihre be­sonderen Aufgaben haben. So besteht zum Beispiel in den von den Hitleristen okkupierten und ihrer staatlichen Unabhängigkeit beraubten Ländern die Hauptaufgabe der fortgeschrittenen Ar­beiter und breiten Volksmassen in der Entfaltung des bewaffneten Kampfes, der in den nationalen Befreiungskrieg gegen Hitler­deutschland hinüberwächst. Gleichzeitig hat der Befreiungskrieg der freiheitsliebenden Völker gegen die Hitlertyrannei die brei­testen Volksmassen in Bewegung gebracht, die sich ohne Unter­schied ihrer Partei- oder Religionszugehörigkeit in den Reihen der mächtigen Antihitlerkoalition zusammenschließen, und hat offen­sichtlich gezeigt, daß der allnationale Aufschwung und die Mobili­sierung der Massen zum raschesten Sieg über den Feind durch die Vorhut der Arbeiterbewegung jedes einzelnen Landes am besten und fruchtbarsten im Rahmen ihres Staates verwirklicht werden kann. Schon der Siebente Weltkongreß der Kommunistischen Interna­tionale im Jahre 1935, der die Veränderungen berücksichtigte, die sowohl in der internationalen Lage als auch in der Arbeiterbe­wegung vor sich gegangen waren, und der eine große Beweglichkeit und Selbständigkeit von den Sektionen der Kommunistischen Internationale forderte, unterstrich die Notwendigkeit, daß die Exekutive der Kommunistischen Internationale bei der Beschluß­fassung über alle Fragen der Arbeiterbewegung »von den kon­kreten Verhältnissen und Besonderheiten jedes einzelnen Landes auszugehen und, in der Regel, ein unmittelbares Eingreifen in interne organisatorische Angelegenheiten der kommunistischen Parteien zu vermeiden hat«. Von diesen Erwägungen ließ sich die Kommunistische Interna­tionale leiten, als sie den Beschluß der Kommunistischen Partei der Vereinigten Staaten von Amerika im November 1940 über ihren Austritt aus den Reihen der Kommunistischen Internationale zur Kenntnis nahm und billigte. Die Kommunisten, die sich von den Lehren der Begründer des Marxismus-Leninismus leiten lassen, waren niemals Anhänger der Aufrechterhaltung überlebter Orga­nisationsformen; sie haben immer die Organisationsformen der Arbeiterbewegung und die Arbeitsmethoden dieser Organisationen untergeordnet den grundlegenden politischen Interessen der ge­samten Arbeiterbewegung, den Besonderheiten der konkret gege­benen historischen Lage und den Aufgaben, die aus dieser Lage unmittelbar entspringen. Sie erinnern sich des Beispiels des großen Marx, der die fortgeschrittenen Arbeiter in den Reihen der Inter­nationalen Arbeiterassoziation zusammenschloß und nach der Er­füllung der historischen Aufgabe der Ersten Internationale - die Grundlagen für die Entwicklung der Arbeiterparteien in den Län­dern Europas und Amerikas zu schaffen - im Ergebnis der heran­gereiften Notwendigkeit der Schaffung von nationalen Massen­arbeiterparteien zur Auflösung der Ersten Internationale schritt, da diese Organisationsform diesen Notwendigkeiten schon nicht mehr entsprach. Von den vorstehenden Erwägungen ausgehend, unter Berücksich­tigung des Wachstums und der politischen Reife der kommunisti­schen Parteien und ihrer leitenden Kader in den einzelnen Ländern sowie auch angesichts des Umstandes, daß im Verlaufe des jetzigen Krieges eine Reihe Sektionen die Frage der Auflösung der Kom­munistischen Internationale als leitendes Zentrum der internatio­nalen Arbeiterbewegung aufwarfen, gestattet sich das Präsidium des Exekutivkomitees der Kommunistischen Internationale - da es unter den Bedingungen des Weltkrieges nicht die Möglichkeit hat, den Kongreß der Kommunistischen Internationale einzuberufen -, folgenden Vorschlag den Sektionen der Kommunistischen Inter­nationale zur Bestätigung zu unterbreiten: Die Kommunistische Internationale als leitendes Zentrum der internationalen Arbeiterbewegung aufzulösen und die Sektionen der Kommunistischen Internationale von den aus dem Statut und den Beschlüssen der Kongresse der Kommunistischen Internationale entspringenden V erpflichtungen zu entbinden. Das Präsidium des Exekutivkomitees der Kommunistischen Inter­nationale ruft alle Anhänger der Kommunistischen Internationale auf, alle ihre Kräfte auf die allseitige Unterstützung und aktive Teilnahme am Befreiungskrieg der Völker und Staaten der Anti­hitlerkoalition zu konzentrieren zur raschesten Zerschmetterung des Todfeindes der Werktätigen - des deutschen Faschismus, seiner Verbündeten und Vasallen. Die Mitglieder des Präsidiums des Exekutivkomitees der Kommu­nistischen Internationale: Dimitroff, Ercoli, Florin, Gottwald, Kolaroff, Koplenig, Kuusinen, Manuilski, Marty, Pieck, Shdanow, Fhorez. Vorstehendem Beschluß haben sich folgende Vertreter der Kom­munistischen Parteien angeschlossen: Bianco (Italien), Dolores Ibarruri (Spanien), Lehtinen (Finnland), Pauker (Rumänien), Rakosi (Ungarn). 15. Mai 1943. Quellen der Dokumente Dok. 1. Lenin. Rede bei der Eröffnung des Kongresses. 2. März 1919; in: Der I. Kongreß der Kommunistischen Internationale. Protokoll. Petrograd 1920; und: Lenin. Ausgewählte Schriften. Herausgegeben und eingeleitet von Hermann Weber. München 1963. S. 932/33. Dok. 2. Manifest, Richtlinien, Beschlüsse des Ersten Kongresses. Aufrufe und offene Schreiben des Exekutivkomitees bis zum Zwei­ten Kongreß. Verlag der Kommunistischen Internationale. Ham­burg 1919, S. 70/71. Dok. 3. Manifest der Kommunistischen Internationale an das Proletariat der ganzen Welt. Der I. Kongreß der Kommunisti­schen Internationale. Protokoll der Verhandlungen in Moskau vom 2. bis 19. März 1919. Hamburg 1921, S. 171-182. Dok. 4. Aufruf des Exekutivkomitees der Kommunistischen Inter­nationale: Nieder mit dem Versailler Frieden! »Die Kommuni­stische Internationale«, Hrsgg. vom Westeuropäischen Sekreta­riat des EKKI. Nr. 2 (1919). Dok. 5. Statuten der Kommunistischen Internationale. Der II. Kongreß der Kommunistischen Internationale. Protokoll der Verhandlungen vom 19. Juli in Petrograd und vom 23. Juli bis 7. August 1920 in Moskau. Hamburg 1921, S. 599-606. Dok. 6. Leitsätze über die Bedingungen der Aufnahme in die Kommunistische Internationale. Der II. Kongreß... a. a. O. S. 387-395. Dok. 7. Leitsätze über die Bedingungen, unter welchen Arbeiter­sowjets geschaffen werden dürfen. Der II. Kongreß... a. a. O. S. 742-745. Dok. 8. Leitsätze über die Agrarfrage. Der II. Kongreß ... a. a. O. S. 767-779. Dok. 9. Leitsätze über die Nationalitäten- und Kolonialfrage. Der II. Kongreß ... a. a. O. S. 224-232. Dok. 10. Leitsätze über die Kommunistischen Parteien und den Parlamentarismus. Der II. Kongreß ... a. a. O. S. 466-478. Dok. 11. G. Sinowjew: Die Kämpfe der Kommunistischen Inter­nationale (Bericht über die Tätigkeit des EKKI, gegeben auf dem III. Weltkongreß der Kommunistischen Internationale). Biblio­thek der Kommunistischen Internationale XIX. Hamburg 1921, S. 89-92. Dok. 12. Referat L. Trotzki: Die wirtschaftliche Krise und die neuen Aufgaben der Kommunistischen Internationale. Protokoll des III. Kongresses der Kommunistischen Internationale (Moskau 22. Juni bis 12. Juli 1921). Hamburg 1921, S. 48/49 und 89/90. Dok. 13. Karl Radek: Referat über die Taktik der Kommunisti­schen Internationale. Protokoll des III. Kongresses... a. a. O. S. 434/35 und 483/84. Dok. 14. Rundschreiben Nr. 830 des Sekretariats des EKKI. Pri­vatarchiv Weber. Dok. 15. Manifest des I. Kongresses der kommunistischen und revolutionären Organisationen des Fernen Ostens an die Völker des Fernen Ostens. Der I. Kongreß der kommunistischen und revo­lutionären Organisationen des Fernen Ostens. Moskau, Januar 1922. Hamburg 1922, S. 135-140. Dok. 16. Lenin: Fünf Jahre russische Revolution und die Per­spektiven der Weltrevolution; in: Protokoll des Vierten Kon­gresses der Kommunistischen Internationale. Petrograd-Moskau vom 5. November bis 5. Dezember 1922. Hamburg 1923, S 229-231 und: Lenin. Ausgewählte Schriften, a. a. O. S. 1154-1156 Dok. 17. a) Über die Taktik der Komintern. Beilage VII in: Pro­tokoll des Vierten Kongresses, a. a. O. S. 1014-1018. b) Leitsätze [der KPD] zur Taktik der Einheitsfront und der Arbeiterregierung. Protokoll über die Verhandlungen des III. (8.) Parteitages der Kommunistischen Partei Deutschlands (Sektion der Kommunistischen Internationale). Abgehalten in Leipzig vom 28. Januar bis 1. Februar 1923. Berlin 1923. S. 417 und 420-422. Dok. 18. Schreiben des Präsidiums der Komintern vom 13. März 1923. Privatarchiv Weber. Dok. 19. Rundschreiben Nr. 5 des Internationalen Propaganda­komitees der revolutionären Metallarbeiter vom 7. April 1924. Original im Arbetarrörelsens Arkiv Stockholm. Dok. 20. Resolution zur Gewerkschaftsfrage. Thesen und Resolu­tionen des V. Weltkongresses der Kommunistischen Internationale. Moskau 17. Juni bis 8. Juli 1924, S. 112-114. Dok- 21. J.W. Stalin: Zur internationalen Lage. 20.9.1924; in: Stalin. Werke, Band 6, Berlin (Ost) 1952, S. 252/53. Dok. 22. G. Sinowjew: Die Bolschewisierung der Parteien der Kommunistischen Internationale. »Die Kommunistische Interna­tionale«, Heft 1, Januar 1925, S. 1-7. Dok. 23. Bericht der Org-Abteilung des EKKI (März-Dezember 1925); in: Ein Jahr Arbeit und Kampf. Tätigkeitsbericht der Exekutive der Kommunistischen Internationale 1925/26. Ham­burg 1926, S. 15-37. Dok. 24. Der Verrat Tschiang Kai-scheks. Aufruf des Exekutiv­komitees der Kommunistischen Internationale an die Proletarier der ganzen Welt und an alle unterdrückten Länder. »Internatio­nale Presse-Korrespondenz« Nr. 41 vom 16. 4. 1927, S. 860. Dok. 25. a) Der Kampf um die Kommunistische Partei. Plattform der Opposition der KPD. o. J. (1927) S. 49-52. b) Vor dem Thermidor. Revolution und Konterrevolution in Rußland. Die Plattform der linken Opposition in der bolschewi­stischen Partei. Hamburg o. J. (1927) S. 53-55, 58-62. Dok. 26. J. W. Stalin: Die internationale Lage und die Verteidi­gung der UdSSR. Rede vom 1.8. 1927; in: Stalin. Werke, Band 10, Berlin (Ost) 1953, S. 44-47 und 52. Dok. 27. Programm der Kommunistischen Internationale. Ange­nommen vom VI. Weltkongreß am 1. September 1928. Hamburg 1928, S. 1-90; und: »Internationale Presse-Korrespondenz«, Nr. 133 vom 30. November 1928, S. 2629-2649. Dok. 28. N. Bucharin: Die historische Leistung des Sechsten Welt­kongresses der Komintern. Rede vor dem Parteiaktiv der Mos­kauer Organisation der KPdSU am 5.9. 1928. Hamburg-Berlin 1928, S. 29-31. Dok. 29. Die internationale Lage und die nächsten Aufgaben der Kommunistischen Internationale. Thesen des X. Plenums des EKKI, Juli 1929. »Internationale Presse-Korrespondenz« Nr. 65 vom 26. 7. 1929, S. 1534-1536. Dok. 30. L. Trotzki: Die permanente Revolution. Berlin 1930, S. 158/59, 160-163. Dok. 31. Über die Aufgaben der Sektionen der Kommunistischen Internationale im Zusammenhang mit der Vertiefung der Wirt­schaftskrise und der Steigerung der Voraussetzung der revolutio­nären Krise in einer Reihe von Ländern. Thesen des XL EKKI- Plenums zum Referat des Genossen Manuilski. »Internationale Presse-Korrespondenz« Nr. 38 vom 24. 4. 1931, S. 946, 950-952. Dok. 32. Über die internationale Lage und die Aufgaben der Sek­tionen der Kommunistischen Internationale. Thesen zum Bericht des Genossen Kuusinen. (Angenommen vom XII. Plenum des Exekutiv­komitees der Kommunistischen Internationale). »Internationale Presse-Korrespondenz« Nr. 82 vom 4. 10. 1932, S. 2630-2633. Dok. 33. a) Für die Einheitsfront des Proletariats. Aufruf des Exekutivkomitees der Kommunistischen Internationale. »Rund­schau über Politik, Wirtschaft und Arbeiterbewegung«, 2. Jahr­gang Nr. 4, Basel, 11. 3. 1933, S. 91/92. b) Aufruf des Exekutivkomitees der Kommunistischen Inter­nationale zum 1. Mai. »Rundschau über Politik, Wirtschaft und Arbeiterbewegung«, 2. Jahrgang Nr. 11, Basel, 28. 4. 1933, S. 302/303. Dok. 34. Die Lage in Deutschland. Resolution des Präsidiums des Exekutivkomitees der Kommunistischen Internationale vom 1.4.1933. »Rundschau über Politik, Wirtschaft und Arbeiterbe­wegung«, Nr. 9 vom 14. 4. 1933. Dok. 35. Verstärktes Feuer gegen den Opportunismus. »Die Kommunistische Internationale«, Heft 20 vom 1. 12. 1933, S. 1085. Dok. 36. Der Faschismus, die Kriegsgefahr und die Aufgaben der Kommunistischen Parteien. (Thesen, angenommen vom XIII. Ple­num des EKKI zum Bericht des Genossen Kuusinen). »Rundschau über Politik, Wirtschaft und Arbeiterbewegung«, Sondernummer, 3. Jahrgang Nr. 1, Basel, 2. 1. 1934, S. 2 und 3. Dok. 37. O. Pjatnizki: Fünfzehn Jahre Komintern. »Die Kommu­nistische Internationale«, Heft 6 vom 20. 3. 1934, S. 482-485. Dok. 38. Bela Kun: Die Februarkämpfe in Österreich und ihre Lehre. Moskau-Leningrad 1934, S. 5-7. Dok. 39. Über die Tätigkeit des Exekutivkomitees der Kommu­nistischen Internationale. (Resolutionen zum Rechenschaftsbericht des Genossen Pieck. Angenommen am 1. 8. 1935). »Die Kommuni­stische Internationale«, Heft 17/18 vom 20.9. 1935, S. 1625-1628. Dok. 40. G. Dimitroft: Arbeiterklasse gegen Faschismus. Bericht, erstattet am 2.8. 1935 zum Punkt 2 der Tagesordnung des [VII. Welt-] Kongresses: Die Offensive des Faschismus und die Aufgaben der Kommunistischen Internationale; in: Im Kampf für die Einheit der Arbeiterklasse gegen den Faschismus. Straßburg o. J. (1935) S. 3-8. Dok. 41. Die Offensive des Faschismus und die Aufgaben der Kommunistischen Internationale im Kampf für die Einheit der Arbeiterklasse gegen den Faschismus. (Resolution zum Bericht des Genossen Dimitroff, angenommen am 20.8. 1935). »Die Kom­munistische Internationale«, Heft 17/18 vom 20. 9. 1935, S. 1642- 1644. Dok. 42. Der heroische Kampf des spanischen Volkes. Das Präsi­dium des EKKI über die Tätigkeit der Kommunistischen Partei Spaniens. Entschließung auf der Beratung vom 28. 12. 1936. »Die Kommunistische Internationale«, Heft 2 vom 28.2.1937, S. 154/55. Dok. 43. Der Kampf gegen die trotzkistische Agentur des Fa­schismus. Verjagt die trotzkistischen Schädlinge aus der Arbeiter­bewegung! Beschluß des EKKI-Präsidiums. »Die Kommunistische Internationale«, Heft 7 vom 1. 8. 1937, S. ^7^177. Dok. 44. Zwei Jahre Kampf für die antifaschistische Volksfront. »Die Kommunistische Internationale«, Heft 9 vom 30.9. 1937, S. 801-803 und 812. Dok. 45. Mao Tse-tung: Unterredung mit einem Korrespondenten der Zeitung »Ssinhwash’bau« über die gegenwärtige internationale Lage; in: Mao Tse-tung. Ausgewählte Schriften, Band 3, Berlin (Ost) 1956, S. 33-38. Dok. 46. W. M. Molotow: Über die Außenpolitik der Sowjet­union. Bericht des Vorsitzenden des Rats der Volkskommissare der UdSSR und Volkskommissariats für Auswärtige Angelegen­heiten auf der außerordentlichen fünften Tagung des Obersten Sowjets am 31. 10. 1939. »Internationale Literatur - Deutsche Blätter«, Moskau, 12. Heft, 9. Jahrgang 1939, S. 128-132. Dok. 47. England treibt zu einem neuen Weltkrieg. »Die Kom­munistische Internationale«, Heft 1, 1940, S. 9 und 15-17. Dok. 48. Maiaufruf der Kommunistischen Internationale. »Die Kommunistische Internationale«, Heft 5, 1940, S. 289-294. Dok. 49. Zur internationalen Lage. »Die Kommunistische Inter­nationale«, Heft 12, 1941; aus: »Die Welt«. Zeitschrift für Politik, Wirtschaft, Arbeiterbewegung, Stockholm. Nr. 8 vom 20. 2. 1942, S. 228/29. Dok. 50. Mitteilungen des Präsidiums der Kommunistischen Inter­nationale. »Die Welt« Nr. 21 vom 28. 5. 1943, S. 627/28. ANHANG Zeittafel 4. 8. 1914 Die Fraktion der SPD im Reichstag stimmt - wie fast alle übrigen sozialistischen Parteien der Welt - den Kriegskrediten und damit der »Vaterlandsverteidigung« zu. Dadurch bricht die II. Internationale auseinander, die Grund­lage für die III., die Kommunistische Interna­tionale ist gelegt. 5.-8. 9. 1915 Konferenz der sozialistischen Kriegsgegner in Zimmerwald. 14.-30. 4. 1916 Eine zweite Konferenz der »Zimmerwalder« in Kienthai. 13. 5. 1917 Gründung der linkssozialistischen Partei Schwe­dens, der späteren Kommunistischen Partei Schwedens. 5.-12. 9. 1917 Die dritte »Zimmerwalder« Konferenz tagt in Stockholm. 7. 11. 1917 Bolschewistische »Oktober«-Revolution in Ruß­land. Januar 1918 In Argentinien wird die »Partido Internacional Socialista« gegründet, die sich 1920 in Kom­munistische Partei umbenennt. 6.-8. 3. 1918 Auf ihrem 7. Parteitag ändert die Sozialdemo­kratische Arbeiterpartei Rußlands (Bolschewiki) ihren Namen in Kommunistische Partei Ruß­lands (Bolschewiki). August 1918 Gründung der Kommunistischen Partei Finn­lands. 3. 11. 1918 Gründung der Kommunistischen Partei Öster­reichs (KPÖ).   5. 11. 1918 Ende November 1918 16. 12. 1918 30. 12. 1918- 1. 1. 1919 15. 1. 1919 2.-6. 3. 1919 Die Sozialistische Arbeiterpartei Griechenlands gegründet, die sich seit September 1923 Kom­munistische Partei Griechenlands nennt. Gründung der Kommunistischen Partei Un­garns. Die Kommunistische Arbeiterpartei Polens (ab 1925: Kommunistische Partei Polens) ge­gründet. Gründungsparteitag der KPD, der Kommuni­stischen Partei Deutschlands (Spartakusbund). Ermordung der KPD-Führer Rosa Luxemburg und Karl Liebknecht nach der Niederlage des sogenannten Spartakusaufstands. Gründungskongreß der Kommunistischen Inter­nationale in Moskau. 51 Delegierte aus 29 Ländern, darunter 17 mit beratender Stimme, konstituieren die III. Internationale. Gegen die sofortige Gründung spricht sich der Delegierte Hugo Eberlein (Pseudonym »Albert«) aus, der für die KPD über 5 Stimmen verfügt. Die übrigen Stimmen sind wie folgt verteilt: KP Rußland 5, KP Österreich 3, KP Ungarn 3, Schwedische Linkssozialisten 3, Norwegische Arbeiterpartei 3, Schweizer Sozialisten 3, Amerikanische Sozialistische Arbeiterpartei 5, Balkanföderation (Bulgarien und Rumänien) 3, KP Polen 3, KP Finnland 3, Zimmerwalder Linke Frankreichs 5, außerdem Lettland, Li­tauen, Ukraine, Armenien, Estland usw. zu­sammen 9 Stimmen. Zunächst berichten die Delegierten über die Lage ihrer Parteien, dann werden nach Refe­raten der Verfasser die verschiedenen Aufrufe und Dokumente angenommen, so die von Bu­charin ausgearbeiteten »Richtlinien des Inter­nationalen Kommunistischen Kongresses«, die von Lenin entworfenen »Leitsätze über bürger-   21. 3. 1919 7. 4.-1. 5. 1919 10. 4. 1919 April 1919 Mai 1919 31. 8. 1919 1919 15. 4. 1920 23. 5. 1920 19. 7.-7. 8. 1920 liehe Demokratie und proletarische Diktatur« und das von Trotzki verfaßte »Manifest der Kommunistischen Internationale an das Prole­tariat der ganzen Welt«. Auch Eberlein, Si­nowjew u. a. referieren. Ausrufung der Ungarischen Räterepublik. Räterepublik in München. Gründung der Kommunistischen Partei der Niederlande. In Belgrad findet der Gründungskongreß der Sozialistischen Arbeiterpartei Jugoslawiens statt, (ab 1920: Kommunistische Partei Jugo­slawiens). Die Sozialdemokratische Arbeiterpartei Bul­gariens, die sogenannten »Engherzigen«, seit März 1919 Mitglied der Komintern, ändert ihren Namen auf dem XXII. Parteitag in Kommunistische Partei Bulgariens. Die Kommunistische Arbeiterpartei der USA wird gegründet, einen Tag danach die Kom­munistische Partei der USA. Am 15. 5. 1921 verschmelzen beide zur KP der USA. Gründung der Kommunistischen Partei Mexikos und der Linkssozialistischen Partei Dänemarks, der späteren KP Dänemarks. Gründung der Kommunistischen Partei Spa­niens. Gründung der Kommunistischen Partei Indo­nesiens. II. Weltkongreß der Kommunistischen Inter­nationale in Petrograd und Moskau. 167 Dele­gierte mit beschließender Stimme aus 37 Ländern arbeiten die programmatischen und taktischen Grundlagen der Komintern aus und beschließen das Statut. Ins Präsidium des Kongresses werden Paul Levi (KPD), Rosmer (KPF), Serrati (KPI), Lenin und Sinowjew (KPR) gewählt.   Sinowjew gibt den Bericht des EKKI. Über die Weltlage und die Grundaufgaben der Kom­intern referiert Lenin, der auch zur Nationa­litäten- und Kolonialfrage spricht. Über den Parlamentarismus hält Bucharin eine Rede, Radek referiert über die Gewerkschaftsfrage, Kabaktschieft zum Statut und Sinowjew über die Organisationsprobleme. 31. 7.-11. 8. 1920 Gründungskongreß der Kommunistischen Par­tei Großbritanniens. 10. 9. 1920 Gründung der Kommunistischen Partei der Türkei. 13. 10. 1920 Gründung der Kommunistischen Partei des Iran. 30. 10. 1920 Gründung der Kommunistischen Partei Austra­liens. 4.-7. 12. 1920 Vereinigungsparteitag der KPD mit dem linken Flügel der Unabhängigen Sozialdemokratischen Partei Deutschlands (USPD), der sich im Okto­ber 1920 für den Anschluß an die Komintern ausgesprochen hatte. 25.-30. 12. 1920 Auf ihrem Parteitag in Tours spaltet sich die Sozialistische Partei Frankreichs. Die Mehrheit der Delegierten spricht sich für den Anschluß an die Komintern aus und gründet die Kom­munistische Partei Frankreichs. 1920 Gründung der Kommunistischen Partei Uru­guays. 21. 1. 1921 Auf dem Parteitag in Livorno spaltet sich die Sozialistische Partei Italiens, ihr linker Flügel bildet die Kommunistische Partei Italiens. 5.-6. 3. 1921 Gründung der Kommunistischen Partei der Schweiz. 19. 3. 1921 Beginn der »Märzaktion«, des kommunistischen Aufstandes in Mitteldeutschland, die zu einer schweren Krise der KPD führt.   8. 5. 1921 14.-16. 5. 1921 Mai 1921 22. 6.-12. 7. 1921 Gründung der Kommunistischen Partei Rumä­niens. Gründungsparteitag der Kommunistischen Par­tei der Tschechoslowakei. Gründung der Kommunistischen Partei Portu­gals. III. Weltkongreß der Kommunistischen Inter­nationale in Moskau. 600 Delegierte aus 52 Ländern beraten vor allem Fragen der »Ein­heitsfront« und der Gewerkschaftspolitik. Ins Präsidium werden u. a. Sinowjew, Kolarow, Loriot und Koenen, zu »Ehrenpräsidenten« Lenin, Trotzki und Brandler gewählt.   1. 7. 1921 Trotzki referiert über die wirtschaftliche Krise und die neuen Aufgaben der Komintern, Si­nowjew gibt den Bericht des EKKI, Radek spricht über die Taktik der Komintern, Si­nowjew und Heckert referieren über die Ge­werkschaftsfrage, Lenin über die Taktik der KP Rußlands, Münzenberg zur Jugend- und Clara Zetkin zur Frauenfrage.   September 1921 1921 In Schanghai gründen 12 Delegierte (darunter Mao Tse-tung) die Kommunistische Partei Chinas. Gründung der Kommunistischen Partei Belgiens. Gründung kommunistischer Parteien in: Ägyp­ten, Kanada, Luxemburg, Neuseeland und Süd­afrika. 24. 2.-4. 3. 1922 März 1922 Anfang April 1922 Plenum des EKKI in Moskau. Gründung der Kommunistischen Partei Brasi­liens. Konferenz der Vertreter der 3 Internationalen (II. Sozialistische Internationale, Wiener Links­sozialistische Internationale und III. Kommu­nistische Internationale) in Berlin. 7.-11. 6. 1922 15. 7. 1922 Plenum des EKKI in Moskau. Gründung der Kommunistischen Partei Japans. 5. 11.-5. 12. 1922 1922 12.-23. 6. 1923 September 1923 23. 10. 1923 1923 1923 17. 6.-18. 7. 1924 IV. Weltkongreß der Kommunistischen Inter­nationale in Moskau. 340 Delegierte mit be­schließender und 48 mit beratender Stimme vertreten kommunistische Parteien von 57 Ländern. Den Bericht des EKKI gibt Sinowjew. Lenin referiert über »Fünf Jahre russische Re­volution und die Perspektiven der Weltrevo­lution«, Radek über »Die Offensive des Kapi­tals«. Über das Programm der Komintern und der Parteien sprechen Bucharin und Thalheimer, über die Aufgaben der Kommunisten in den Gewerkschaften spricht Losowski. Zur Orient­frage geben Ravesteyn, Kolarow, von Over- straaten und Roy Kurzreferate. Zu Agrar­problemen spricht Varga. In den insgesamt 32 Sitzungen werden auch eine Reihe anderer Probleme behandelt (Jugendbewegung, Frauen­frage, Genossenschaftsbewegung usw.). Gründung der Kommunistischen Partei Chiles. Tagung des Erweiterten EKKI in Moskau. Ein bewaffneter Aufstand der bulgarischen Kommunisten wird niedergeschlagen. Ein kommunistischer Aufstand in Hamburg mißglückt, damit ist der letzte Versuch der KPD gescheitert, die Macht gewaltsam zu er­obern. Die Kommunistische Partei Norwegens wird gegründet, da sich die Norwegische Arbeiter­partei (seit 1919 Mitglied der Komintern!) von Moskau getrennt hat. Gründung der Kommunistischen Partei Palä­stinas. V. Weltkongreß der Kommunistischen Inter­nationale in Moskau. 287 Delegierte (außer den russischen) vertreten 52 kommunistische Parteien. Ins Präsidium werden u. a. gewählt:   12.-13. 7. 1924 1. 12. 1924 16.-21. 3. 1925 21. 3.-6. 4. 1925 5./6. 4. 1925 4. 1925 8. 1925 9. 1925 2.-15. 3. 1926 Sinowjew, Clara Zetkin, Bucharin, Stalin, Trotzki, Thälmann, Geschke, Bordiga, Smeral, Kolarow, Katayama und Roy. Den Bericht des EKKI gibt Sinowjew, zur wirtschaftlichen Lage spricht Varga, über die Programmfrage refe­rieren Bucharin und Thalheimer, zur Gewerk­schaftstaktik Heckert und Losowski, zur natio­nalen Frage u. a. Manuilski, zur Bewegung im Fernen Osten u. a. Roy und Katayama. Im Mittelpunkt steht die Diskussion über die Niederlage der KPD 1923. Proklamierung der »Bolschewisierung« der kommunistischen Par­teien. EKKI-Plenum in Moskau. Nach einem Massenprozeß gegen Kommunisten in Estland bricht in Reval der kommunistische Aufstand aus, der niedergeschlagen wird. Organisationsberatung des EKKI. EKKI-Plenum in Moskau. Referent ist Si­nowjew. Angriffe gegen die »Ultralinken«. EKKI-Orgberatung über die Arbeit unter den Frauen. Gründung der Kommunistischen Partei Koreas (die 1928 wieder zerfällt). Gründung der Kommunistischen Partei Kubas (später in Sozialistische Volkspartei umbe­nannt). »Offener Brief« des EKKI gegen die deutsche Parteiführung Ruth Fischer-Maslow veröffent­licht, danach erfolgte deren Absetzung. Erweitertes EKKI-Plenum in Moskau. Den Bericht des EKKI gibt Sinowjew, über die Gewerkschaftsfrage referiert Losowski. Die Aus­schaltung der deutschen »Ultralinken« (Fischer, Maslow, Scholem) wird in einer »deutschen Kommission« gebilligt. 4.-12. 5. 1926 Generalstreik in England. Ende des »englisch­russischen Einheitskomitees« der Gewerkschaf­ten, das in den Kominterndiskussionen eine große Rolle spielte. 22. 11.-16. 12. 1926 7. Erweitertes Plenum des EKKI in Moskau. Über die Weltlage referieren Bucharin und Kuusinen, über die KPdSU Stalin, über Ge­werkschaften Losowski, außerdem wird die englische und chinesische Frage behandelt. Si­nowjew offiziell von der Leitung der Kom­intern entfernt. Ende 1926 Kommunistischer Aufstand in Indonesien nie­dergeschlagen. 14. 4. 1927 Tschiang Kai-schek löst sich von den Kommu­nisten und organisiert in Schanghai ein Blut­bad unter den kommunistischen Funktionären. 13. 5.-30. 5. 1927 8. Tagung des EKKI in Moskau. Behandelt werden die Kriegsgefahr und die Ereignisse in China. Hauptreferenten sind: Kuusinen (Kriegsfragen) und Bucharin (China). 15. 7. 1927 Beginn kommunistischer Unruhen in Wien. 9. 2.-25. 2. 1928 9. EKKI-Plenum in Moskau. Hauptreferent Bucharin berichtet über »Die Opposition in der KPdSU und in der Komintern«. Der VI. Welt­kongreß wird vorbereitet. 29. 2. 1928 Geheimabkommen zwischen den Delegierten der KPdSU und der KPD, ein neuer ultra­linker Kurs der Komintern wird eingeleitet. 13. 3. 1928 Verhaftung von über 1000 Kommunisten in Japan. 17. 7.-1. 9. 1928 VI. Weltkongreß der Kommunistischen Inter­nationale in Moskau. 576 Delegierte vertreten 59 kommunistische Parteien. Ins Präsidium werden u. a. gewählt: Bucharin, Humbert- Droz, Katayama, Kilbom, Kuusinen, Lenski, Losowski, Lovestone, Manuilski, Molotow, Pjatnizki, Remmele, Stalin, Thälmann und Clara Zetkin. Hauptreferenten: Bucharin gibt den Tätigkeits­bericht des EKKI und spricht zum Programm. Über »Methoden des Kampfes gegen die impe­rialistische Kriegsgefahr« sprechen Bell (Eng­land), Schneller (Deutschland), Lovestone (USA) u. a. Über die revolutionäre Bewegung in den Kolonien referieren Kuusinen und Tog­liatti, über die wirtschaftliche Lage der Sowjet­union Varga, und über die Lage der KPdSU spricht Manuilski.   1928 Der Kongreß beschließt das Programm der Komintern (s. Dok. 27), ein neues Statut und eine Reihe von Resolutionen.   3. 7.-19. 7. 1929 Gründung der Kommunistischen Partei Thai­lands. Die Kommunistische Partei Ekuadors wird in die Komintern aufgenommen. Das 10. EKKI-Plenum tagt in Moskau, Refe­renten sind: Kuusinen, Manuilski, Losowski, Thälmann und Barbé. Der »Kampf gegen Op­portunismus und die rechten Kommunisten« steht im Mittelpunkt.   1929 6. 1. 1930 30. 4. 1930 1930 Gründung der Kommunistischen Partei Perus. Gründung der Kommunistischen Partei Indo­chinas. Gründung der Kommunistischen Partei Ma­layas. Gründung der Kommunistischen Partei Islands (die sich 1938 mit dem linken Flügel der So­zialdemokratie vereinigt und in »Sozialistische Einheitspartei« umbenennt), der kommunisti­schen Partei Kolumbiens (die schon einmal 1922 in der Komintern war) sowie der Kommuni­stischen Parteien in El Salvador, Syrien, Pa­nama und Zypern. Anfang April 1931 1931 Anfang September 1932 27. 2. 1933 Juni 1933 November 1933 Dezember 1933 1933 1934 1934/1935 25. 7.-20. 8. 1935 Tagung des 11. EKKI-Plenums in Moskau. Referenten sind u. a. Manuilski und Cachin. Beratung über die Wirtschaftskrise und die Aufgaben der Kommunisten und über die Ver­teidigung der Sowjetunion im Kriegsfall. Gründung der Kommunistischen Partei Vene­zuelas. Das 12. EKKI-Plenum tagt in Moskau. Kuu- sinen, Thälmann, Manuilski und Okano (Ja­pan) referieren über die internationale Lage, die Kriegsgefahr und den »sozialistischen Auf­bau« der Sowjetunion. Reichstagsbrand in Berlin. Die KPD, die (nach der russischen KP) stärkste Sektion der Kom­munistischen Internationale, wird illegal. Gründung der Kommunistischen Partei Nord­irlands, (1934 auch der - kommunistischen - Irischen Arbeiterliga Südirlands). Gründung der Kommunistischen Partei Indiens. Das 13. Plenum des EKKI tagt in Moskau. Kuusinen referiert über Faschismus, Pieck über die Tätigkeit der KPD, Pollitt über die Ein­heitsfront in England. Das Plenum »billigt« die Arbeit der KPD. Gründung von kommunistischen Parteien in Paraguay und den Philippinen. Gründung von kommunistischen Parteien im Irak, in Puerto Rico und Tunesien (letztere war seit 1920 Sektion der KP Frankreichs). Der »lange Marsch« der chinesischen Kommu­nisten. VII. Weltkongreß der Kommunistischen Inter­nationale in Moskau. Delegierte aus 65 kom­munistischen Parteien beraten den Rechen­schaftsbericht des EKKI, den Wilhelm Pieck erstattet und das Referat von Ercoli (Togliatti) »Die Vorbereitungen des imperialistischen Krieges und die Kommunistische Internationale«. Dimitroff hält das Hauptreferat über den Fa­schismus und die Einheitsfront. Die neue Linie der Einheits- und Volksfront wird bestätigt. 21. 8. 1935 14. Plenum des EKKI. November 1935 Bewaffneter Aufstand der KP Brasiliens nie­dergeschlagen. 6. 1. 1936 In Frankreich wird das Volksfrontprogramm zwischen Sozialisten, Kommunisten und Radi­kalsozialisten unterzeichnet; (am 5. 6. 1936 entsteht das erste Volksfront-Kabinett unter Blum). Februar 1936 Wahlsieg der Volksfront in Spanien. 18. 7. 1936 Putsch der spanischen Faschisten unter Franco gegen die rechtmäßige spanische Republik, da­mit Beginn des spanischen Bürgerkriegs. 1936 Gründung der Kommunistischen Partei Alge­riens (seit 1920 Sektion der KP Frankreichs). 1936-1938 Stalinsche Säuberungen in der Sowjetunion, von denen auch der Kominternapparat und viele ausländische Kommunisten in der Sowjet­union schwer betroffen werden. Sommer 1938 Auflösung der Kommunistischen Partei Polens durch Stalin, da sie angeblich von »Agenten« durchsetzt war; (1956 werden diese Vorwürfe als unbegründet zurückgenommen). 23. 8. 1939 Abschluß des Stalin-Hitler-Paktes. 1939 Gründung der Kommunistischen Partei Burmas. 16./17. 11. 1940 Ein außerordentlicher Parteitag der KP der USA erklärt offiziell den Austritt aus der Komintern.   22. 6. 1941 8. 11. 1941 Überfall Deutschlands auf die Sowjetunion. Gründung der Kommunistischen Partei Alba­niens. Januar 1942 Gründung der Polnischen Arbeiterpartei (PPR). 15. 5. 1943 Auflösung der Kommunistischen Internationale. Die Spitzenführung der Komintern Mitglieder des EKKI 1920-1921 Sinowjew (Vorsitzender), Lenin, Trotzki, Bucharin, Radek (Ruß­land), Ernst Meyer (Deutschland), Alfred Rosmer (Frankreich), Giacinto Serrati (Italien), Queich (England), John Reed (USA), Karl Steinhardt (Österreich), Friis (Norwegen), Schablin, Georgi Dimitroff (Bulgarien), Milkitsch (Jugoslawien), Rudnyanski, Bela Kun (Ungarn), Pak (Ferner Osten), Sultan Sade (Naher Osten), Walecki (Polen), Jansen (Holland), Peter Stutschka (Lettland), Zchakaja (Georgien), Kulervo Manner, Otto Kuusinen (Finn­land), Maring, Pseud, von Henryk Sneevliet (Java), Joseph Hula (Tschechoslowakei), Lazar Schatzkin (Kommunistische Ju­gendinternationale). (Protokoll II. Weltkongreß, S. 661. Protokoll III. Weltkongreß, S. 11). Auf dem IV. Weltkongreß Dezember 1922 gewählt: Präsident: Sinowjew. EKKI-Mitglieder: Frossard, Souvarine (Frankreich); Zetkin, Hoernle (Deutschland); Bucharin, Radek (Rußland); Smeral, Neurath (Tschechoslowakei); Gemsari, Gram­sci (Italien); Schüller, Schatzkin (Jugendinternationale); Mac Manus (England); Carr (USA); Scheflo, Höglund (Skandinavien); Pruchnjak (Polen); Kuusinen (Finnland); Kolarow (Balkan); Garden (Australien); Stirner (Südamerika); Andrews (Südafrika); Katayama, Safarow (Orient). (Protokoll IV. Weltkongreß, S. 967). Auf dem V. Weltkongreß Juni 1924 gewählt: Vorsitzender: Sinowjew. EKKI-Mitglieder: Fiala (Österreich); Foster, Ruthenberg (USA); Pollitt, Mac Manus (England); Jaque- motte (Belgien); Kolarow (Bulgarien); Geschke, Schlecht, Rosen­berg (Deutschland); Wynkoop (Holland); Boschkowitz, Marino­witz (Jugoslawien); Roy (Indien); Bordiga, Ercoli (Italien); Tschin Du-liu (China); Scheflo (Norwegen); Grschegorschewski (Polen); Bucharin, Stalin, Kamenew, Rykow (Rußland); Chistescu (Rumänien); Manuilski, Frunse (Ukraine); Kuusinen (Finnland); Semard, Treint, Sellier (Frankreich); Neurath, Smeral, Muna (Tschechoslowakei); Höglund, Kilbom (Schweden); Samoan (Ja­va); Katayama (Japan); Penelon (Südamerika); Solis (Spanien); Clara Zetkin (persönlich). (Protokoll V. Weltkongreß, S. 1021/22). Auf dem 7. Erweiterten EKKI-Plenum Dezember 1926 gewählt: EKKI-Präsidium: Bucharin, Gallacher, Haken, Duncan, Kata­yama, Cremet, Kolarow, Kuusinen, Losowski, Manuilski, Murphy, Pruchniak, Remmele, Roy, Ruthenberg, Semard, Semaven, Sillen, Stalin, Tang Ping-shan, Thälmann, Clara Zetkin, Schatzkin, Smeral, Ercoli. Politisches Sekretariat: Bucharin, Cremet, Kuu­sinen, Manuilski, Pjatnizki, Remmele, Roy, Smeral, Ercoli. (Internationale Presse-Korrespondenz Nr. 157 vom 23. 12. 1926, S. 2842). Auf dem VI. Weltkongreß September 1928 gewählt: EKKI-Präsidium: Barbé, Semard, Bell, Bucharin, Losowski, Ma­nuilski, Molotow, Pjatnizki, Stalin, Jilek, Smeral, Remmele, Thälmann, Kato, Kolarow, Bela Kun, Pruchniak, Tsiu Vito, Git- low, Musso, Serra, Ercoli, Chitarow, Kuusinen, Zetkin, Humbert- Droz. Politisches Sekretariat: Barbé, Bell, Bucharin, Kuusinen, Molotow, Pjatnizki, Remmele, Serra, Tsiu Vito, Smeral, Humbert- Droz. (Degras Jane: The Communist International. Bd II, S. 574/75). Auf dem XI. EKKI-Plenum April 1931 gewählt: EKKI-Präsidium: Arnot, Barbé, Cachin, Chuan Pin, Ercoli, Fo­ster, Garlandi, Gottwald, Guttmann, Katayama, Kolarow, Bela Kun, Kuusinen, Lenski, Losowski, Manuilski, Pjatnizki, Pieck, Pollitt, Pruchniak, Randolph, Remmele, Sillen, Smeral, Stalin, Su, Thälmann, Thorez, Tschemodanow, Clara Zetkin. Politisches Sek­retariat: Chuan Pin, Ercoli, Guttmann, Knorin, Kuusinen, Lenski, Manuilski, Pjatnizki, Pieck, Pollitt, Randolph, Thälmann, Thorez. (Internationale Presse-Korrespondenz Nr. 38 vom 24. 4. 1931, S. 956). Auf dem VII. Weltkongreß August 1935 gewählt: EKKI-Präsidium: Cachin, Dimitroff, Ercoli, Florin, Foster, Gott­wald, Kolarow, Kuusinen, Lenski, Manuilski, Marty, Moskwin, Okano, Pieck, Pollitt, Stalin, Thorez, Wan Min. Sekretariat: Di­mitroff (Generalsekretär), Ercoli, Manuilski, Pieck, Kuusinen, Marty, Gottwald. (Die Kommunistische Internationale, Heft 17/18 vom 20. 9. 1935, S. 1662/63). Kurzbiographien von 20 wichtigen Kominternfiihrern Bucharin, Nikolai Iwanowitsch. Geboren 1889. Gymnasiast. In illegalen sozialdemokratischen Zirkeln tätig, 1906 Mitglied des Moskauer Komitees der Bolschewiki. 1909 verhaftet und verbannt, Flucht aus Archangelsk. 1911 erneute Verhaftung, Emigration Krakau und Wien. Mitarbeiter Lenins. Im Weltkrieg Redakteur der Zeitung »Kommunist« in Stock­holm. Aus Schweden ausgewiesen. Nadi der Februarrevolution 1917 aus den USA nach Rußland zurückgekehrt. Führend beim bolschewistischen Umsturz in Moskau. Seit 1917 Mitglied des ZK (bis 1934) und seit 1918 des Politbüros (bis 1929) der bolschewi­stischen Partei. Führender Theoretiker des Bolschewismus (Werke u a.: »Abc des Kommunismus«; »Weltwirtschaft und Imperialis­mus«; »Theorie des historischen Materialismus«; »Ökonomik der Transformationsperiode«). 1926 als Nachfolger Sinowjews Führer der Kommunistischen Internationale. Ende 1928 Leiter des rechten Flügels in der KPdSU. Von Stalin aus dem Politbüro und dem EKKI-Präsidium verdrängt. Als Chefredakteur des Zentralorgans »Prawda« abgesetzt, Leiter der wissenschaftlich-technischen Abteilung des Obersten Volkswirt­schaftsrates. Während der Säuberungen 1937 verhaftet und Haupt­angeklagter des Schauprozesses vom März 1938. Bucharin, in Lenins Testament als »Liebling der Partei« bezeichnet, wurde vom Ankläger Wyschinski beschimpft: »Das ist Bucharin, diese heuchlerische, lügnerische, listige Natur, dieser frömmelnd- räuberische und würdig-tückische Mensch, diese... verfluchte Mi­schung von Fuchs und Schwein ...« Im März 1938 zum Tode verurteilt und erschossen. Dimitroff, Georgi. Geboren am 18. Juni 1882 in Kowatschewzi/ Bulgarien. 1902 Mitglied der bulgarischen Sozialdemokratie. 1909 ZK-Mitglied und 1914 Abgeordneter. Anhänger der »Engherzi­gen« (Linken), seit 1919 einer der Leiter der Kommunistischen Partei Bulgariens. Führend im Septemberaufstand 1923. Flucht und Emigration. Mitarbeiter der Komintern, zeitweise Leiter des westeuropäischen Büros in Berlin. Nach dem Reichstagsbrand in Deutschland verhaftet und durch seine Haltung im Prozeß be­rühmt geworden. Nach der Freilassung führend im Komintern­apparat in Moskau. Von 1935 bis 1943 Generalsekretär der Kom­intern. 1946 bis zu seinem Tode (2. Juli 1949) Ministerpräsident Bulgariens und Generalsekretär der bulgarischen Kommunisten. Humbert-Droz, Jules. Geboren 1891 in La Chaux - de - Fonds. Studium der evangelischen Theologie, 1914 Promotion über »Christentum und Sozialismus«. Pfarrer in London. 1911 Mitglied der Sozialdemokratie, hielt Reden gegen den Krieg und wurde 1916 in die Schweiz zurückgerufen. Wegen Verweigerung des Militärdienstes zu 6 Monaten Gefängnis und drei Jahren Verlust der bürgerlichen Rechte verurteilt. Ende der Tätigkeit als Pfarrer. Begrüßte die bolschewistische Oktoberrevolution und nahm 1920 als Vertreter der Schweizer SP-Linken am II. Weltkongreß der Komintern teil. 1921 Mitbegründer der KP der Schweiz. Sekretär der Komintern für die Parteien der lateinischen Länder (Frank­reich, Spanien, Südamerika). 1924 ins Sekretariat, 1928 ins Präsi­dium und Politische Sekretariat des EKKI gewählt. Anhänger Bucharins, 1929 aus der Komintern entfernt. Rückkehr in die Schweiz. Nach dem VII. Weltkongreß 1935 rehabilitiert, zum politischen Führer der KP der Schweiz bestimmt. Zu Beginn des 2. Weltkrieges aus der Parteiführung und 1943 aus der KP aus­geschieden. Wiedereintritt in die Schweizer Sozialdemokratie. 1945 zum Sek­retär für die französische Schweiz und 1946 zum Zentralsekretär der SPS gewählt. 1959 im Alter von 68 Jahren zurückgetreten, wirkt er heute als Sekretär der Neuenburger Kantonalpartei und ist Präsident des Schweizerischen Friedensrates. Katayama, Sen. Geboren am 5. Dezember 1859 in Okayama/ Japan. Entstammte einer Bauernfamilie, lernte Drucker und kam in den USA mit dem Sozialismus in Berührung. 1901 Mitbegrün­der der Sozialdemokratischen Partei Japans, 1906 der Sozialisti­schen Partei Japans. 1919 Führer der ersten japanischen kommu­nistischen Gruppe in den USA. 1922 Mitbegründer der KP Japans. Übersetzte Lenins »Staat und Revolution« ins Japanische. 1921- 1933 Mitglied des EKKI-Präsidiums, lebte in Moskau, wo er am 5. November 1933 starb. Kolarow, Wassil. Geboren am 16. Juli 1877 in Schumen/Bulgarien. 1897 Mitglied der Sozialdemokratie. Seit 1919 führend im ZK der KP Bulgariens. 1913 bis 1923 bulgarischer Parlamentsabgeord­neter. Nach dem Septemberaufstand 1923 Flucht nach Moskau, wo er bis 1945 lebte. Führend im Kominternapparat, Mitglied des EKKI-Präsidiums. 1945 Rückkehr nach Bulgarien. 1946/47 stellvertretender Mini­sterpräsident und Außenminister, 1949/50 Ministerpräsident. Ge­storben am 23. Januar 1950. Kun, Bela. Geboren am 20. Februar 1886 in Szilagyeseh/Ungarn. 1902 Mitglied der Sozialdemokratie. Im Weltkrieg Soldat, 1916 russische Kriegsgefangenschaft. In Tomsk Mitglied der Bolsche­wik!. Ende 1918 Rückkehr nach Ungarn, Mitbegründer der KP Ungarns. Anfang 1919 verhaftet, am 21. 3. 1919 aus dem Ge­fängnis entlassen und sofort in die Regierung der Ungarischen Räterepublik aufgenommen. Leitender Kopf der Ungarischen Räterepublik. Nach Niederschlagung der Räterepublik im August 1919 Flucht nach Österreich, dann Emigration in Moskau. Zunächst in der KPdSU, dann im Kominternapparat führend tätig. Mitglied des Präsidiums des EKKI. 1937 während der Stalinschen Säuberung in Moskau verhaftet und verschwunden. Nach späteren sowjetischen Angaben am 30. No­vember 1939 im Gefängnis umgekommen. Kuusinen, Otto. Am 4. Oktober 1881 als Sohn eines Schneiders in Finnland geboren. Student in Helsinki. 1905 Mitglied der Sozialdemokratie, 1907 bis 1917 Redakteur des Organs der fin­nischen Sozialdemokratie und Parlamentsabgeordneter. Zunächst Anhänger des »zentristischen« Flügels, seit 1918 der radikalen Richtung. Mitbegründer der KP Finnlands und der Komintern. Von 1921 bis 1940 Sekretär und Präsidiumsmitglied des EKKI. Seit 1941 Mitglied des ZK der KPdSU. Trat nach Stalins Tod wieder in den Vordergrund. Juni 1957 Sekretär und Präsidiums­mitglied der KPdSU, verantwortlich für die Ausarbeitung des Lehrbuchs »Grundlagen des Marxismus-Leninismus«. Parteiideo­loge Chruschtschows in der Auseinandersetzung mit China. Kuu­sinen starb am 17. Mai 1964. Lenski (Leszczynski), Julian. Geboren 1889. 1905 Mitglied der Sozialdemokratischen Partei Polens und Litauens. 1918 Mitbegrün­der der KP Polens. 1917 bis 1920 Leiter des Kommissariats für polnische Angelegenheiten der Sowjetregierung in Moskau. Ab 1925 Mitglied des ZK der KP Polens, Vertreter des linken Par­teiflügels. 1929 zum Generalsekretär der KP Polens berufen. 1932 Mitglied des EKKI-Präsidiums und des Politsekretariats des EKKI. Bis 1937 im EKKI-Apparat tätig; während der Stalinschen Säuberung verhaftet und erschossen. Losowski, Solomon Abramowitsch (Dridzo). Geboren 1878. 1903 Mitglied der Bolschewiki. Fast vier Jahre wegen revolutionärer Tätigkeit im Gefängnis, 1909 Flucht ins Ausland, lebte bis 1917 in Frankreich. 1918 bis 1920 führend bei den internationalistischen Mensche­wiki, 1920 Übertritt in die KPR. Seit 1918 leitend in den russi­schen Gewerkschaften, 1922 Generalsekretär der Roten Gewerk­schaftsinternationale (bis 1937) und im Kominternpräsidium. Nach 1937 im diplomatischen Dienst. Im 2. Weltkrieg zweiter stellver­tretender Direktor des sowjetischen Informationsbüros. 1949 in den Säuberungen verhaftet, starb 1952. Manuilski, Dimitrij Z. Geboren am 4. Oktober 1883 in Tarnopol. Student in Petersburg. Ende 1903 Mitglied der Sozialdemokrati­schen Arbeiterpartei Rußlands, Anhänger der Menschewiki. 1905 führend in der Revolution tätig, 1906 verhaftet und nach Jakutien verbannt. 1907 Flucht ins Ausland. Emigration in Paris. Im Krieg Anhänger der Trotzki-Gruppe, mit Trotzki 1917 zu den Bol­schewiki. 1920 bis 1922 Volkskommissar und Mitglied des ZK der Ukraine, 1923 bis 1939 Mitglied des ZK der KPdSU. Seit 1924 (als Ver­trauensmann Stalins) im Kominternapparat tätig. Sekretär des EKKI-Präsidiums bis 1943. Nach dem Sturz Bucharins 1929 fak­tisch Leiter der Komintern, dann ab 1935 Stellvertreter Dimitroffs. 1942 bis 1944 Arbeit in der politischen Hauptverwaltung der Roten Armee, 1944 bis 1953 Stellvertretender Vorsitzender des Ministerrats und Außenminister der Ukrainischen SSR. 1945 Leiter der Ukrainischen Delegation in San Francisco (UNO-Gründung). Nach 1953 nicht mehr in Erscheinung getreten, am 22. Februar 1959 gestorben. Pieck, Wilhelm. Geboren am 3. Januar 1876 in Guben. Tischler. 1894 Mitglied der Gewerkschaft, 1895 der SPD. 1895 Abgeord­neter der Bremer Bürgerschaft. Ab 1906 hauptamtlicher Partei­funktionär (u. a. Sekretär des SPD-Bildungsausschusses). Im Weltkrieg Mitglied der Gruppe »Internationale« (späterer Spartakusbund). In der Novemberrevolution Mitarbeiter Karl Liebknechts. Vom Gründungsparteitag der KPD in die Zentrale gewählt. Von 1921 bis 1928 Abgeordneter im Preußischen Land­tag, 1928 bis 1933 Reichstagsabgeordneter. 1924 übernahm er die Leitung der »Roten Hilfe« in Deutschland, 1926 Polleiter der Berliner Parteiorganisation. Der VI. Weltkon­greß der Komintern 1928 wählte Pieck zum Mitglied des EKKI, 1931 ins EKKI-Präsidium und Politische Sekretariat des EKKI berufen. Längere Zeit Sekretär für Balkanländer beim EKKI. 1932 Sekretär des Politbüros der KPD. 1933 Emigration nach Paris. Nachdem der VII. Weltkongreß der Komintern 1935 eine Wende der Politik beschlossen hatte, rückte Pieck auf der »Brüsseler« Konferenz der KPD (1935) zu deren Parteivorsitzenden auf. 1938 Übersiedlung nach Moskau, arbei­tete dort im Kominternapparat, später beim Nationalkomitee »Freies Deutschland«. 1945 kehrte er als Vorsitzender der KPD nach Deutschland zurück, wurde 1946 Vorsitzender der SED und war seit Gründung der DDR 1949 bis zu seinem Tode am 7. September 1960 Präsident der DDR. Pjatnizki, Ossip A. 1882 in Wilkomir (Kowno) geboren. Lernte Schneider. 1898 Mitglied der illegalen Gewerkschaft, seit der Jahrhundertwende in der Sozialdemokratie organisiert. Nach der Spaltung 1903 Bolschewik. Bis zur Revolution 1917 bolschewisti­scher Berufsrevolutionär, Leiter illegaler Zirkel und Kurier. Nach der Februarrevolution 1917 Sekretär des Moskauer Parteikomi­tees. Seit 1920 im Kominternapparat. Orgleiter der Komintern und einer ihrer wichtigsten Funktionäre bis zur Stalinschen Säu­berung. 1938 verhaftet, 1939 im Gefängnis umgekommen. Radek, Karl (Sobelsohn). 1883 in Galizien geboren. Seit früher Jugend in der polnischen Sozialdemokratie organisiert. Aktiv an der Revolution 1905 beteiligt. Bis 1907 Redakteur der polnischen sozialistischen Zeitung »Czerwony Sztandar« (Rote Fahne). 1907 Übersiedlung nach Deutschland, Mitglied der SPD, Mitarbeiter der »Leipziger Volkszeitung« und »Bremer Bürgerzeitung«. Im Krieg in der Schweiz Anhänger der »Zimmerwalder« und Redak­teur am »Vorboten«. Nach der Februarrevolution 1917 von der Provisorischen Regierung an der Einreise nach Rußland gehindert, arbeitete er im Auslandsbüro der russischen Bolschewik! in Stock­holm. Oktober 1917 nach Petrograd. Mitglied des ZK der KPR. Ende 1918 nach Deutschland geschickt, Vertreter der KPR auf dem Gründungsparteitag der KPD. Im Februar 1919 in Berlin verhaftet, im Winter 1919 Rückkehr nach Rußland. Bis 1924 Mitglied des ZK der KPR und des EKKI-Präsidiums. Wichtiger Mitarbeiter der Komintern, vor allem für die Anleitung der KPD verantwortlich. Als Anhänger Trotzkis 1924 seiner Positionen enthoben, Direktor der Sun-Yat-sen-Universität in Moskau. 1927 aus der KPdSU ausgeschlossen. Nach der Kapitulation vor Stalin 1929 wieder aufgenommen. Journalistisch tätig. 1936 verhaftet und im Schau­prozeß von 1937 zu 10 Jahren Gefängnis verurteilt, kam er 1939 im Gefängnis ums Leben. Remmele, Hermann. Geboren am 5. November 1880 in Heidel­berg. Dreher. 1897 Mitglied der Metallarbeitergewerkschaft und der SPD. Delegierter des Gründungsparteitags der USPD 1917. Für die USP 1920 in den Reichstag gewählt; Mitglied des Reichs­ausschusses, der Kontrollkommission und später des ZK der USP. 1920 zur KPD, bis 1933 in deren Spitzenführung; 1924 bis 1933 Politbüro-Mitglied. Sinowjew nannte 1924 Remmele und Thälmann »das Beste und Kostbarste, was die deutsche Partei besitzt,... das Gold der Arbeiterklasse«. Ab Herbst 1925 Mitglied des EKKI-Präsidiums und des Politischen Sekretariats des EKKI. Vom VL Weltkongreß der Komintern 1928 erneut in dieser Funktion bestätigt, blieb er längere Zeit als Vertreter der KPD in Moskau. 1928 nach Berlin zurückgekehrt, spielte er neben Thälmann und Neumann die ent­scheidende Rolle in der deutschen Partei, Mitglied des Polit­sekretariats. Von 1920 bis 1933 ununterbrochen Abgeordneter des Reichstags. 1930 Leiter des »Kampfbundes gegen den Faschismus«. Im Zu­sammenhang mit der Maßregelung der »Neumann-Gruppe« 1932 wurde er verwarnt. 1933 Emigration nach Moskau. Im Januar 1934 mußte er Selbst­kritik üben und seine Theorien über den Faschismus widerrufen. Remmele lebte bis 1937 verfemt in Moskau, wurde dann zusam­men mit seiner Frau verhaftet und ist in den Stalinschen Säube­rungen ums Leben gekommen. Roy, Manabendra Nath. Geboren 1893 in Indien. Lebte während des Weltkrieges in Mexiko, Mitbegründer der KP Mexikos. Seit 1920 im Kominternapparat tätig, Mitglied des EKKI-Präsidiums. Längere Zeit für die Anleitung der KP Chinas verantwortlich. Anhänger der »rechten« Kommunisten. 1929 aus der Komintern ausgeschlossen. Einige Zeit in Deutschland für die Kommunistische Partei-Opposition (KPO) tätig. 1930 Rückkehr nach Indien. Gründete später die Radikaldemokratische Partei Indiens. Nach dem 2. Weltkrieg Herausgeber der Zeitschrift »Unabhängiges Indien« und »Der marxistische Weg«. Starb in den fünfziger Jahren. Ruthenberg, Charles Emil. Geboren am 9. Juli 1882 in Cleveland, Sohn eines Hafenarbeiters. Nach dem Studium Angestellter, 1909 Mitglied der Sozialistischen Partei, Redakteur einer sozialistischen Zeitung in Cleveland. 1915 Mitglied des Vollzugsausschusses der Sozialistischen Partei, Führer des linken Flügels. 1918 ein Jahr inhaftiert, nach Demonstrationen am 1. Mai 1919 zwei Jahre Gefängnis. Mitbegründer der KP der USA, ab 1923 deren Gene­ralsekretär und Führer. 1924 zum Mitglied des EKKI gewählt, 1925 ins EKKI-Präsidium berufen, arbeitete er im Komintern- apparat. Er starb am 2. März 1927 in Moskau und wurde an der Kremlmauer beigesetzt. Sinowjew, Grigorij Jewsejewitsch (Radomysljski). Geboren 1883. 1901 Mitglied der Sozialdemokratischen Arbeiterpartei Rußlands, seit der Spaltung Anhänger der Bolschewiki. Bis 1905 Studium in der Schweiz. Teilnehmer der ersten russischen Revolution 1905. 1907 ins ZK der Bolschewiki gewählt. Engster Mitarbeiter Lenins in der Emigration (besonders während des Krieges). Kehrte nach der Februarrevolution mit Lenin (im sogenannten plombierten Eisenbahnwagen durch Deutschland) nach Rußland zurück. Einer der Führer des Bolschewismus. Gegner der Oktoberrevolution, später Verfechter einer Koalitionsregierung aller sozialistischen Parteien. Trat wegen der Differenzen mit Lenin aus dem ZK aus. Nach kurzer Zeit wieder ZK-Mitglied. Seit 1918 Vorsitzender des wichtigen Petrograder Sowjets und der dortigen KP, von 1919 bis 1926 Vorsitzender der Kommunistischen Internationale. Von 1923 bis 1926 auch Mitglied des Politbüros der sowjetischen KP. 1925 Führer einer Oppositionsgruppe gegen Stalin, deswegen 1927 aus der KPdSU ausgeschlossen. Kapitulation vor Stalin und Wiederaufnahme in die Partei. 1932 abermals ausgeschlossen, nach erneuter Kapitulation wieder Parteimitglied. 1934 verhaftet und wegen angeblicher »moralischer Verantwortung« für den Kirow- Mord zu 10 Jahren Gefängnis verurteilt. 1936 aus dem Gefängnis geholt und im Schauprozeß vom August 1936 zum Tode verurteilt und erschossen. Smeral, Bohumir. Geboren am 25. Oktober 1880 in Trebic. Nach dem Jurastudium Rechtsanwalt. 1911 bis 1918 sozialdemokrati­scher Abgeordneter des österreichischen Reichsrats. Führer des linken Flügels der tschechischen Sozialisten und 1921 einer der Mitbegründer der Kommunistischen Partei der Tschechoslowakei. Bis 1938 Abgeordneter der Nationalversammlung und Mitglied des ZK der KP, deren Politik er bis 1929 wesentlich bestimmte. 1922 ins EKKI-Präsidium und 1926 ins Politische Sekretariat des EKKI gewählt. 1929 als »Versöhnler« in den Hintergrund ge­treten. 1938 Emigration in die Sowjetunion, arbeitete über die Geschichte der tschechischen Arbeiterbewegung. Smeral starb am 8. Mai 1941 in Moskau. Togliatti, Palmiro (Pseud.: Ercoli). Als Sohn eines Staatsbeamten am 26. März 1893 in Genua geboren. Jurastudium in Turin, das er 1915 als Dr. jur. beendete. Im Weltkrieg Offizier. 1914 Mit­glied der Sozialistischen Partei Italiens, seit Gründung in der KPI, Redakteur der Zeitung »II Communista«. Nach dem Verbot der KPI illegal als Ercoli tätig, Generalsekretär der Partei. Von 1935 bis zur Auflösung Mitglied des Sekretariats und des EKKI- Präsidiums der Komintern. 1944 bis 1946 stellvertretender Ministerpräsident und Justizmini­ster in Italien, Generalsekretär der italienischen KP bis zu seinem Tode am 21. August 1964. In den letzten Jahren Anhänger eines »Polyzentrismus« in der kommunistischen Weltbewegung. Zetkin, Clara. Geboren am 5. Juli 1857 als Tochter eines Dorf­schullehrers in Niederau (Sachsen). Besuchte 1873 bis 1878 ein Lehrerinnenseminar. Mit dem russischen Revolutionär Ossip Zetkin verheiratet, durch ihn Sozialistin geworden. Während des Sozia­listengesetzes Mitglied der SPD. Teilnehmerin am Gründungskon­greß der II. Internationale 1889. Von 1891 bis 1917 Herausgebe­rin der SPD-Frauenzeitschrift »Gleichheit«. Als eine der führenden Sozialdemokratinnen Europas 1907 zur Sekretärin des Frauen­sekretariats der II. Internationale gewählt. Im Weltkrieg als Kriegsgegnerin enge Zusammenarbeit mit Liebknecht und Rosa Luxemburg in der Spartakusgruppe. 1917 USP, 1919 KPD. Lange Zeit Mitglied der KPD-Zentrale. Einzige bedeutende Funktionärin der alten SPD in der KPD. Sie stand auf dem rechten Parteiflügel. 1921 Anhängerin Levis. Lenin, der sie sehr schätzte, konnte sie bewegen, in der Partei zu bleiben. Von 1920 bis 1933 Mitglied des deutschen Reichstags. Von 1921 bis zu ihrem Tode Mitglied des EKKI-Präsidiums. Sie lebte meist in Moskau, wo sie am 20. Juni 1933 (als Gegnerin des neuen ultra­linken Kurses Stalins) starb. Literaturhinweise Quellen, Bibliographien: Der I. Kongreß der Kommunistischen Internationale. Protokoll der Verhandlungen in Moskau vom 2. bis 19. März 1919. Ham­burg 1921. Der zweite Kongreß der Kommunistischen Internationale. Proto­koll der Verhandlungen vom 19. Juli in Petrograd und vom 23. Juli bis 7. August 1920 in Moskau. Hamburg 1921. Protokoll des III. Kongresses der Kommunistischen Internatio­nale. (Moskau 22. Juni bis 12. Juli 1921). Hamburg 1921. Protokoll des IV. Kongresses der Kommunistischen Internationale. Petrograd-Moskau vom 5. 11. bis 5. 12. 1922. Hamburg 1923. Protokoll V. Kongreß der Kommunistischen Internationale. (17. Juni bis 8. Juli 1924 in Moskau). Band 1 und 2, Hamburg 1925. Protokoll des VI. Weltkongresses der Kommunistischen Inter­nationale. Moskau, 17 Juli - 1. September 1928. Band 1-4, Ham­burg 1928. VII. Kongreß der Kommunistischen Internationale. Gekürztes stenographisches Protokoll. Moskau 1939. Der I. Kongreß der kommunistischen und revolutionären Organisa­tionen des Fernen Ostens. Moskau, Januar 1921. Hamburg 1922. Berichte zum zweiten Kongreß der Kommunistischen Internationale. Hamburg 1921. Ein Jahr Arbeit und Kampf. Tätigkeitsbericht der Exekutive der Kommunistischen Internationale 1925-1926. Hamburg 1926. Die Komintern vor dem VI. Weltkongreß. Tätigkeitsbericht der Exekutive der Kommunistischen Internationale für die Zeit vom V. zum VI. Weltkongreß. 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Personenregister Andrews, 371 Arnot, Robert, 372 Attlee, Clement, 33 Barbé, Henri, 367, 372 Bauer, Otto, 183, 333 Bell, Thomas, 367, 372 Bianco, 348 Blum, Léon, 307, 311, 332, 334 Bordiga, Amadeo, 79, 135, 365, 371 Boschkowitz, B., 371 Brandler, Heinrich, 248, 363 Brauchitsch, Walther von, 341 Bubnik, 128 Bucharin, Nikolai, 14, 20, 21, 152, 153, 155, 165, 245, 252, 253, 305, 352, 362, 364-367, 371, 372, 374, 375 Caballero, Largo, 304 Cachin, Marcel, 368, 372, 373 Carr, Sam, 371 Chamberlain, Arthur Neville, 312-314 Chautemps, Camille, 311 Chitarow, Rafail, 372 Chistescu, 371 Chruschtschow, Nikita, 305, 377 Chuan Pin, 372 Citrine, Walter, 332 Clemenceau, Georges, 38, 45, 46, 163, 164 Cremet, Jean, 372 Daladier, Edouard, 312-314 Darlan, François, 339 Dimitroff, Georgi, 21, 294, 308, 309, 348, 353, 354, 368, 371, 373, 374, 377 Duncan, 372 Duncker, Franz, 137 Eberlein, Hugo, 14, 29, 360 Ebert, Friedrich, 46 Engels, Friedrich, 31, 153, 165, 169, 182, 235 Ercoli (siehe Togliatti), 348, 371, 372, 373 Fiala, 371 Fischer, Ruth, 151, 164, 365 Florin, Wilhelm, 348, 373 Foster, William Z., 371, 372, 373 Franco, Francisco, 302 Friis, Jakob, 371 Frossard, Ludovic Oscar, 371 Frunse, Michail, 372 Geschke, Ottomar, 365, 371 Gandhi, Mahatma, 235 Gallacher, William, 372 Garden, 371 Garlandi (Pseud, v. Ruggero Grieco), 372 Garvay, Marcus, 235 Gennari, 371 Gide, Charles, 230 Gitlow, Benjamin, 372 Goebbels, Joseph, 340 Gottwald, Klement, 348, 372, 373 Gramsci, Antonio, 371 Grave, Jean, 233 Grimm, Robert, 11 Grimlund, Otto, 29 Grschegorschewski, 371 Gruber (siehe Steinhardt), 29 Guttmann, Joseph, 286, 372 Hais, 248 Haken, Joseph, 372 Heckert, Fritz, 363, 365 Heine, Heinrich, 323 Hilferding, Rudolf, 59, 65, 183 Hillquith, Morris, 59 Hirsch, Max, 137 Hitler, Adolf, 22, 24, 254, 266, 272, 273, 276, 277, 278, 302, 312, 315, 316, 323, 325, 339, 340, 342 Hobson, John, 231 Höglund, Zet, 371, 372 Hoernle, Edwin, 371 Hula, Joseph, 371 Humbert-Droz, Jules, 366, 372, 375 Ibarruri, Dolores, 348 Jansen (Pseud, v. Johannes Proost), 371 Jaquemotte, 371 Jilek, B., 372 Jogiches, Leo, 14, 15 Jouhaux, Leon,332 Kabaktschieff, Christo, 48 Kaganowitsch, Lazar, 148 Kamenew, Leo, 371 Kapp, Wolfgang, 64 Katayama, Sen, 365, 366, 371, 372, 375 Kato, 372 Kautsky, Karl, 59, 65, 183 Kerenski, Alexander, 81 Kilbom, Karl, 366, 372 Kleist, Paul von, 340 Knorin, Waldemar, 278, 305, 372 Koenen, Wilhelm, 363 Kolarow, Wassil, 348, 363, 364, 365, 371, 372, 373, 376 Koplenig, Johann, 348 Krapotkin, Peter, 233 Kun, Bela, 288, 305, 353, 371, 372, 376 Kuusinen, Otto, 108, 278, 348, 352, 353, 366, 367, 368, 371, 372, 373, 376 Laval, Pierre, 339 Lehtinen, 348 Leipart, Theodor, 276 Lenin, Wladimir Iljitsch, 11-15, 17, 18, 27, 66, 120, 121, 153, 157, 158, 225, 246, 249, 253, 254, 349, 350, 361, 363, 371, 374, 381, 382 Lenski (Leszczynski), Julian, 366, 372, 373, 377 Levi, Paul, 361, 382 Liebknecht, Karl, 11, 27, 46, 81, 360, 377, 382 Lloyd George, David, 38 Löbe, Paul, 276 Longuet, Jean, 59 Loriot, Ferdinand, 363 Losowski, Salomon, 364, 365, 366, 367, 372, 377 Lovestone, Jay, 248, 366, 367 Luxemburg, Rosa, 11, 13, 15, 27, 46, 360, 382 Macdonald, Ramsay, 59, 182, 239, 270, 334 Mac Manus, Arthur, 371 Manner, Kulervo, 371 Mannerheim, Karl Gustav, 325 Manuilski, Dimitrij, 21, 348, 352, 365, 366, 367, 368, 372, 373, 377 Mao Tse-tung, 312, 354, 363 Maring (siehe Sneevliet), 371 Marinowitz, 371 Marty, André, 348, 373 Martynow, Alexander, 157 Marx, Karl, 31, 120, 157, 158, 165, 168, 169, 182, 229, 239, 245, 254 Maslow, Arkadij, 151, 164, 365 Meyer, Ernst, 66, 371 Milkitsch, Ilja, 371 Modigliani, Emanuele, 59 Molotow, Wjatscheslaw, 163, 315, 316, 354, 366, 372 Moskwin, M. A., 373 Muna, A., 372 Murphy, John, 372 Musso, 372 Neumann, Heinz, 278, 380 Neurath, Alois, 371, 372 Oborin, W. P., 155 Okano, 368, 373 Lord Olivier, 230 Orage, 231 Ordshonikidse, Sergo, 164 van Overstraaten, 364 Painleve, Paul, 163 Pak, 371 Papen, Franz von, 259, 273 Pauker, Anna, 348 Paul-Boncour, Joseph, 182 Penelon, 372 Penty, 231 Petain, Henri, 239 Pieck, Wilhelm, 348, 353, 368, 372, 373, 377 Pjatnizki, Ossip, 148, 284, 305, 353, 367, 372, 378 Pollitt, Harry, 368, 371, 372, 373 Pruchnjak, Seweryn, 371, 372 Queich, Tom, 371 Radek, Karl, 88, 350, 362, 364, 371, 379 Rafes, 157 Rakosi, Mathias, 348 Rakowski, Christian, 14, 29 Randolph, 372 van Ravensteijn, 137, 364 Reed, John, 371 Remmele, Hermann, 278, 367, 372, 379, 380 Renaudel, Pierre, 270 Roosevelt, Franklin D., 339 Rosenberg, Arthur, 371 Rosmer, Alfred, 361, 371 Roy, Manabendra, 364, 365, 371, 372, 380 Rudnyanski, A., 29, 371 Ruthenberg, Charles, 371, 372, 380 Rykow, Alexei, 371 Safarow, G. I., 371 Samoan, 372 Sapronow, Timofej, 155 Schablin, Georgi, 371 Schatzkin, Lazar, 371, 372 Scheflo, 371 Scheidemann, Philipp, 46 Schlecht, Paul, 371 Schleicher, Kurt von, 259, 273 Schneller, Ernst, 367 Scholem, Werner, 365 Schüller, 371 Sellier, 372 Semard, Pierre, 372 Semaven, 372 Serra (Pseud. v. Angelo Tasca), 372 Serrati, Giacinto, 66, 361, 371 Shaw, George Bernard, 230 Shdanow, Andrej, 348 Sillen, 372 Sinowjew, Grigorij, 20, 21, 48, 83, 116,  118,         150,         155,         245,         305, 350,     351, 361,   362,     363, 364, 365,     371, 374,   379,     381, Smeral, Bohumir,      365,    371, 372, 381, 382 Smirnow, W. J., 155 Sneevliet, Henryk, 371 Solis, 372 Souvarine, Boris, 164, 371 Stalin, Josef, 20, 2 4, 24, 116, 150, 153, 155, 159, 161, 245, 249, 252, 253, 265, 305, 312, 315, 343, 345, 351, 352, 365, 366, 367, 368, 371, 372, 373, 376, 379, 381, 382 Steinhardt, Karl, 29, 371 Stirner, 371 Stutschka, Peter, 371 Su, 372 Sultan, Sade, A., 371 Sun-Fo, 159 Sun Yat-sen, 234, 235 Tang Ping-shan, 372 Thälmann, Ernst, 272, 365, 367, 368, 372, 379, 380 Thalheimer, August, 364, 365 Thomas, Albert, 182 Thorez, Maurice, 348, 372, 373 Togliatti, Palmiro, 348, 367, 369, 371, 372, 373, 382 Totomianz, 230 Treint, Albert, 164, 372 Trotzki, Leo, 18, 20, 31, 85, 86, 88, 150, 163, 164, 249, 254, 281, 350, 352, 361, 363, 365, 371, 377, 379 Tschemodanow, V. E., 372 Tschiang Kai-schek, 150, 151, 157, 159, 343, 351, 366 Tschin Du-liu, 371 Tsiu Vito, 372 Turati, Filippo, 58 Urbahns, Hugo, 151 Vandervelde, Emile, 182 Varga, Eugen, 367 Viviani, René, 163 Walecki, Henryk, 371 Wang Tsin-wei, 343 Wan Min, 373 Webb, Beatrice, 230 Webb, Sidney, 230 Wels, Otto, 270, 275 Wijnkoop, David, 137, 371 Wilson, Woodrow, 34, 38 Wyschinski, Andreij, 374 Zchakaja, Michail, 371 Zetkin, Clara, 363, 365, 367, 371, 372, 382 Zetkin, Ossip, 382 Absatzmärkte 174 Abweichung (abweichende Gruppe) 21, 83, 128, 137, 154, 245, 248 Aggression 318, 320, 327, 337 Agitation 11, 56, 58, 59, 67, 75, 88, 101, 122, 147, 240, 241, 282, 291 Agrarfrage 66, 364 Agrarrevolution 177, 181, 215 Ägypten 145, 246 KP - 363 Aktionseinheit (s. auch Einheits­front) 291, 297, 298, 300, 302, 309,335 Albanien (KP) 370 Algerien (Algier) 38, 131, 145 KP - 369 Amerika (s. auch USA) 57, 75, 149, 235, 343 Anarchismus 233 Anarcho-Syndikalisten (s. auch Syndikalismus) 99, 303 Annexion 45, 331, 333, 334 Antiparlamentarismus (s. auch Parlamentarismus) 82 Antisemitismus 76, 184, 238 Apparat (s. auch Parteiapparat, Staatsapparat) 40, 80, 145—147, 305, 369, 375-377, 379, 380 — diktatur 20 - des EKKI 248, 264, 305 Arbeiter (Arbeiterschaft) 13, 15, 16, 19, 21, 23, 28, 29, 38, 40, 41, 44-47, 51, 57, 59, 63-65, 67, 70, 77, 82, 87, 91, 93, 94, 96, 99, 100-102, 105, 106, 108, 111, 122, 130, 140, 144, 146, 157-159, 166, 167, 169, 176, 179, 183, 185, 188, 195, 197, 210, 213, 218, 219, 223, 231, 238, 239, 242, 248, 257, 261-264, 266, 267,269-271,274, 275, 279, 281-283, 289-291, 295, 297, 300, 306, 309, 310, 327, 329, 332, 335, 345, 346 — aristokratie 12, 16, 167, 177 — bewegung 11, 22, 42, 46, 49, 57, 63, 90, 143, 150, 154, 159, 163, 231, 233, 234, 247, 270, 277, 285, 292, 305, 306, 311, 345-348, 382 — demokratie (s. auch Demokratie) 39 — diktatur (s. auch Diktatur des Proletariats) 65 -klasse 16, 32, 34, 36, 40, 41, 43, 45-48, 58, 61, 65, 87, 96, 100, 105, 106, 114, 117, 150, 152, 153, 161, 167, 172, 177, 178, 181-187, 189,195, 198, 207, 208, 211-213, 218,222-225, 227, 231, 237, 239, 248, 254, 256, 259, 260, 265, 267, 270-273, 275, 279, 283, 284, 289, 290, 294-300, 302, 306, 309, 311, 320, 326-328, 334, 346, 380 — kontrolle 231, 240 -massen 64, 100-102, 121, 122, 160, 177, 212, 232 -partei (en) 76, 100-103, 106, 107, 159, 228, 345 — regierung 99, 101—104, 106, 107 — revolution (s. auch Revolution) 39, 93 — staat (s. auch Staat) 16, 163, 164, 224 Arbeits-Disziplin 36 — lose (Erwerbslosigkeit) 136, 137, 171, 177, 266, 271 — pflicht 36 Argentinien 149, 216 KP - 359 Armee (s. auch Heer) 41, 42, 159, 196, 218, 229, 233, 262, 287, 310, 317, 337, 340, 342, 344 Armenien 38 Armut 191 Aserbeidshan 74 Aufstand 18, 19, 23, 38, 41, 47, 71, 180-182, 188, 233, 238, 246, 273, 289, 290, 304, 362, 365, 366 — bewaffneter 11, 16, 240, 276, 289, 364, 369 — geplanter (1923 — in Deutschland) 104, 107 — kolonialer 181, 193 Ausbeuter 41, 70-72, 195-197, 208 Ausbeutung (kapitalistische, Ausge­beutete) 15, 16, 72, 78, 93, 166, 170, 175, 181, 190, 191, 194, 198, 216 Ausschluß 53 Australien 149, 188 KP - 362 Autorität 60, 63 Banken (Bankkapital) 173,201,206, 211,216,218,220 Bauern (schäft) 23, 38, 39, 41, 57, 58, 67, 69, 70, 77, 91, 93, 94, 96, 121, 122, 130, 135, 150, 158-160, 171, 172, 178-181,188,195-197, 200, 201, 204, 206, 207, 209, 211-213, 215, 216, 220-223, 232, 235, 237-239, 242, 250, 252, 261-264, 271, 274, 279, 281, 287, 292, 295, 296, 308-310, 332, 335 Groß- 68, 69, 206, 212, 221, 222, 271 Klein- 67, 106, 144, 299 — massen 250, 261 Beamte 106, 196, 279 Bedingungen, einundzwanzig 17, 55, 56, 62, 104 Befreiungskriege 181, 313, 337, 343 Befreiung, nationale 38, 342, 346 Belgien 149, 283, 330 KP - 363 Betriebsräte (s. auch Räte) 59, 101, 105, 106, 111, 113, 114, 199, 236, 261 Betriebszellen (s. auch Zellen) 123, 125, 126, 128, 129, 131, 133-147 Bewaffnung der Arbeiter 42, 107, 158,160,240 Bewußtsein, kommunistisches 212 Klassenbewußtsein der Arbeiter 40, 56, 86, 105, 236 Bildungsmonopol 191, 212, 213 Bolivien 286 Bolschewiki 11-14, 81, 122, 153, 301, 307, 374, 376, 377, 379, 381 Bolschewismus 120, 250, 285, 374 Bolschewisierung (der KPen) 20, 118-123,248, 365 Bourgeoisie 27, 28, 32, 33, 37, 40, 41, 44, 45, 50, 56, 59, 63, 64, 66, 68, 71-73, 75, 76, 78-81,84-86, 92, 100, 102, 103, 105-107, 117, 150, 158, 159, 163, 167, 172, 175, 176, 180-185, 189, 193, 195, 196, 198, 208, 211, 216, 218,' 221, 225, 227-233, 238-240, 243, 244, 250, 255, 256, 258-260, 263, 266-268, 271, 273-275, 280- 283, 286, 288-290, 295, 301, 310-312, 315, 323, 324,330-334 Brasilien 149, 216 KP- 363, 369 Bulgarien 18, 180, 182, 284, 287, 298, 360, 374-376 KP- 361, 374, 376 Bürgerkrieg 9, 11, 16, 17, 23, 27, 41, 42, 57, 61, 65, 80, 81, 88, 103, 180, 184, 193, 208, 222, 243, 251,288 — in Spanien 24, 302, 369 Bürgertum 87, 103 Burgfrieden 10, 35 Bürokratie 20, 113, 184, 241 Gewerkschafts— 113—116 reformistische — 107 bürokratische Schichten 177 Burma (KP) 369 Chauvinismus 204, 238, 261, 275, 279, 296, 297 Chile (KP) 364 China 23, 25, 91-96, 145, 150, 159, 160, 168, 182, 216, 234, 246, 263, 264, 270, 283, 286, 287, 295, 312, 314,315, 330, 343, 366, 377 KP - 94, 146, 150, 151, 157, 158, 263,286, 287,312, 363,380 Christen 95 Dänemark 138, 149, 330 KP- 138, 361 Defaitismus 163 Demokraten, kleinbürgerliche 160 Demokratie 106, 196, 197, 232,234, 251, 266, 270, 302, 308, 319, 326 bürgerliche — 14, 16, 22, 27, 39, 40, 45, 65, 72, 75, 106, 196, 197, 279, 280, 292,296,333/34,360/61 innerparteiliche — 161, 248, 265 parlamentarische — 39 politische — 39, 40 proletarische — 196, 198 Räte- 198 Demonstrationen 9, 82, 83, 261, 262, 287 Deutschland (s. auch KPD) 15, 22, 24, 27-30, 32, 33, 41, 42, 45, 46, 65, 81, 90, 100, 102, 104, 107, 117, 121, 124, 149, 160, 169, 180, 187, 205, 215, 247, 248, 256, 258, 259, 266-268, 270, 272, 274- 281, 283, 285, 287, 295, 296, 307, 312, 315, 317, 318, 320-324, 327, 329, 330, 337-344, 370, 375, 378, 379, 381 deutsch-sowjetischer Pakt (Stalin- Hitler-Pakt) 24, 312, 313, 315, 329,369 deutsch-sowjetischer Vertrag über Freundschaft 314, 315, 321 Diktatur 195, 205, 208, 228, 252, 279, 282, 296 bürgerliche — 259, 280, 333 bolschewistische — 265 — der Bourgeoisie 65, 80, 196, 258, 271,274, 279,280 — des Finanzkapitals 179, 194 — des Großkapitals 171, 185 — des Proletariats (proletarische Diktatur) 14, 16, 28, 36, 38, 44, 47, 50, 51, 57, 65-67, 71, 73, 76, 80, 82, 106, 116, 160, 167-170, 179, 181, 183, 186, 189, 193-196, 198-200, 205-212, 214-217, 219, 221, 223, 225-227, 230, 234, 236, 237, 242, 244, 245, 250, 252, 253, 255, 256, 260, 265, 270-273, 276, 289, 299, 301,361 — des Proletariats und der Bauern­schaft 217, 242,250, 262 faschistische — 259, 261, 262, 266, 272, 273, 275, 276, 279-281, 295, 303 terroristische — 279, 296 Disziplin 17, 48, 53, 60, 104, 198, 227, 236, 244, 304 eiserne — 85, 164 bolschewistische — 248 disziplinierte Partei 81, 244 Eigentum 190 bürgerliches — 44 kapitalistisches — 229 — Verhältnisse 171, 194, 199 — rechte 36, 251 Eigentümer 67, 68, 72 Einheit der Arbeiterbewegung 306 der Arbeiterklasse 275 des Proletariats 302 nationale, staatliche — 73, 217 Einheitsfront 18, 24, 99—108, 112, 183, 241, 254, 266-270, 275, 276, 290, 291, 293, 294, 297, 298, 300, 301, 306, 308, 312, 335, 343, 344, 363, 368, 369 von unten 99, 104, 105, 160, 245, 254, 257, 260, 262, 265, 269, 270, 278,335 taktik 160, 291 Einheitspartei 299 EKKI 7, 9, 18, 30, 44, 47, 48, 52, 54, 61, 83-85, 91, 99, 104, 107, 108, 118, 123, 124, 127, 146-148, 150, 151, 157, 245, 247, 248, 255-258, 264, 266-269, 272, 276-278, 291-293, 296, 302- 305, 307, 329, 336, 344, 347, 348, 362-369, 374-382 Ekuador (KP) 367 Elsaß-Lothringen 261 El Salvador (KP) 367 Emanzipation der Arbeiterklasse 49, 50 Emigranten (Emigration) 332, 377, 381 Endziel 87, 190 England (Großbritannien) 24, 28, 33, 37, 38, 43, 65, 93, 131, 149, 160, 180, 187, 188, 205, 215, 247, 281, 314, 315, 317-320, 322- 324, 326-330, 335, 338, 339, 343,366,368 KP-131 ff, 262, 328, 362 Entartung 155, 165, 178, 213, 223 bürokratische — 210 Enteignung 69, 199, 216 Erfahrungen, russische 98 Errungenschaften 42, 51, 70, 212, 223, 225, 266, 285 Erziehung, politische 202 Erwerbslosigkeit (s. Arbeitslose) Estland 180, 324, 360, 365 KP - 143 Familie 172, 331, 332, 335 recht 202 Faschismus (Faschisten) 22, 24, 98, 108, 117, 118, 184, 185, 231, 242, 256, 258-261, 266-271, 273, 275-280, 282, 287, 288, 291, 293-303, 305, 306, 308-311, 314, 315, 345, 348, 368, 369, 380 — Kampforganisation der Bourgeoisie 117 Feudalismus 77 Finanzkapital (s. auch Kapital) 34, 35, 72, 166, 173, 174, 176, 227, 279, 296 Finanzoligarchie 39, 281 Finnland 74, 142, 180, 256, 258, 315, 331, 337, 376 KP - 142 f, 348, 359, 360, 376 Fluktuation der Mitglieder 129 Föderation 74 Formosa 92 Fraktionen (in der KP) 20, 135, 183,286 kommunistische — in den Gewerk­schaften 66, 112, 126, 127, 129, 131, 134-137, 139-147, 149 Fraktionskämpfe 21, 151 Frankreich 25, 33, 37, 43, 65, 84, 93, 99, 100, 129, 149, 169, 182, 285, 287, 298, 307-311, 314,315, 317-320, 322, 323, 329, 330, 334-336, 339, 369, 375 KP - 129 ff, 160, 248, 261, 311, 319, 362, 368, 369 Frauen (—arbeit, —Bewegung) 23, 54, 130, 135, 172, 198, 202, 203, 222, 242, 264, 292, 331, 333, 336, 364, 365 Freiheit 93, 95, 198, 209, 233, 243, 303, 313, 332, 334, 336, 341, 342, 344 demokratische — 184, 335, 343 nationale — 73, 74, 217 politische — 319 revolutionäre — 76, 77 Bewegung der Kolonien 59, 71, 225, 238 kampf 224, 327 Frieden 44, 45, 47, 159, 160, 257, 303, 314, 318, 322, 326-328, 330, 331, 334-336 — von Brest-Litowsk 44, 47, 73, 182 — von Versailles 44—47, 73, 182, 187, 261, 274, 317, 320, 322, 327 BestreBungen 322 Front, nationale 343 Führer 40, 41 Gegenrevolution (Konterrevolu­tion) 63, 68, 106, 150, 182, 220, 231,233, 265, 277, 288, 297 Gegensatz von Stadt und Land 190, 191, 193 Gegenspionage (wirtschaftliche) 115 Geistlichkeit 77, 239 Generalstab der Revolution (EKKI) 85 Generalstreik (s. auch Streik) 180, 183, 233, 240, 261, 262, 264, 334, 366 Genossenschaften (s. auch Konsum­genossenschaften) 23, 105, 133, 135-137, 142, 143, 153, 201, 210-212, 220-222, 230, 231, 236, 262, 328, 364 Geschichte 8, 15, 25, 32, 63, 89, 166, 170, 180, 181, 187, 196, 198, 223, 255, 285, 315, 326 der KPdSU 307 Gesellschaft, Gesellschaftsordnung 192-195, 209, 212-214 bürgerliche — 101, 183, 205 kapitalistische — 88, 166, 170, 212, 239 klassenlose — 16, 195, 197, 214, 271, 331 kommunistische — 51, 80, 190, 191, 195 Gewalt 12, 47, 95, 166, 230, 232, 260, 319, 329 militärische — 35 Gewerkschaften 54, 57, 59, 81, 83, 84, 94, 105, 108-110, 112-116, 121, 122, 125-127, 129, 132, 133, 135-143, 145, 146, 177, 181, 183, 210, 211, 222, 227, 228, 233, 236, 239, 241, 245, 257, 262, 264, 292, 293, 300, 303, 328, 333, 362-366, 378, 379 Amsterdamer — Internationale 59, 83,99, 100, 183,228,274 Rote (RGI) — Opposition 23, 60, 108-110, 115, 154, 241, 256, 262, 263, 377 Schule des Kommunismus 210 Gewerkschaftseinheit 112, 113, 118, 128,241,309 Spaltung 112, 254 Gleichberechtigung der Nationen (s. auch Nation) 73, 75, 76, 346 Gleichberechtigung der Neger (s. auch Negerfrage) 235 Gleichgewicht, europäisches 36 Gleichheit 72, 95, 197, 198, 204, 223 Griechenland 298 KP - 360 Grönland 330 Großgrundbesitzer, Gutsbesitzer 41, 66, 69, 77, 92, 170, 173, 195, 197, 199, 200, 208, 209, 211, 216-219, 281 Sturz der — 73 Großmächte (—staaten) 174, 175, 179, 188 demokratische — 344 imperialistische — 78 Handel, freier 206, 207, 220 Handelskapital (s. auch Kapital) 174 Handwerker 204, 279, 299 Hauptfeind 327, 337 Hauptstoß (Hauptschlag) gegen die Sozialdemokratie 22, 259 Heer (Soldaten) 58, 64, 115, 169, 182, 240, 243 Herrschaft 36, 39, 93, 191, 195 — der Bourgeoisie 170, 195 kapitalistische — 37, 210 politische — 194 Holland (Niederlande) 137, 149, 283,330 KP - 137, 361 Ideologie 8, 25, 154, 177, 178, 191, 213,227, 234, 235, 301,319, — des Hitlerismus 319 nationalistische — 114 Illegalität 57, 120, 135, 141, 144, 245, 262, 264 Illegale Organisation 23, 286 Imperialismus (Imperialisten) 12, 15, 32, 37, 41, 45, 47, 50, 72, 74, 75, 77, 78, 94-96, 117, 119, 150, 158, 159, 162, 166, 167, 169, 173, 175, 177-179, 181, 183, 184, 188, 189, 193, 194, 203, 214, 216-219, 223, 225, 226, 228, 230, 235, 238, 239, 242-244, 261-263, 270, 274, 286, 314, 324-329, 333, 374 englischer — ist Hauptfeind 326,328 Indien 38, 92, 145, 168, 182, 235, 246, 319, 335, 380 KP - 264 Indochina (Annam) 38, 91, 92, 95 KP - 367 Indonesien (Holländisch-Indien) 92, 95, 145, 181, 246, 330, 343, 366 KP- 95, 361, 368 Industrie 42, 69, 126, 140, 184, 208, 209, 231, 232, 237, 296 -kapital 173, 174,211,216 — länder sind »Weltstadt« 218 Industrialisierung 220, 223 Intelligenz, Intellektuelle 94, 126, 140, 184, 208, 209, 231, 232, 237, 296 Internationale, I. 42, 43, 48—50, 120, 168, 169, 347, 348 —, II. (Sozialistische) 10. 11, 13, 15, 17, 42, 43, 49, 50, 55, 56, 59, 61, 75, 76, 99, 100, 102, 119, 167- 169, 182, 183, 234, 238, 244, 246, 257, 267, 269, 270, 273, 274, 280, 281, 284, 286, 287, 297, 302, 313, 325, 336, 359, 363, 382 -, »2V2« 281 —, III. siehe Kommunistische Inter­nationale -, IV. 249,281 Internationalismus 71, 75, 76, 253, 261, 336 Instruktoren (Org-Instruktoren) 148, 149, 158, 159 Irak (KP) 368 Iran (Persien) 38, 145, 339 KP - 362 Irland 38, 75, 263 Island 330 KP - 367 Italien 18, 25, 33, 56, 65, 98, 117, 135, 149, 256, 280, 307, 314, 330, 337, 338, 382 KP-135, 160, 262, 348, 362, 382 Kampf, bewaffneter (revolutionä­rer) 73, 103, 173, 346 Kanada 149, 188 KP - 363 Kapital (s. auch Finanz-, Handels-) 16, 39, 86, 93, 174, 241, 245, 257, 268,270, 275, 309,310 — export (-ausfuhr) 174, 176 Konzentration und Zentralisa­tion des- 171, 173, 178,186 organische Zusammensetzung des - 172, 174 Kapitalismus (kapitalistisches Sy­stem) 11, 12, 15, 16, 34, 39, 40, 51, 67, 70, 73, 75, 76, 79, 88, 89, 100, 109, 119, 165, 166, 168, 170-179, 182, 184, 186-188, 193, 194, 199, 203, 205, 210, 211, 214, 219, 224, 226, 229, 237, 245, 251, 255, 256, 260, 271, 272, 274, 276, 281-285,297, 299, 307, 309, 325, 327, 333, 334 Stabilisierung des — 181, 182, 185,189,229 Sturz des- 58, 160,189, 209 Widerspruch des — (s. auch Krise) 166, 170, 171, 176 Kapitalisten 41, 69, 92, 195, 202, 207, 281, 331 Kapp-Putsch 64 Kartelle 173 Kirche (s. auch Religion) 214, 218, 227 — »Agentur der herrschenden Klasse« 214 Klassen 87, 158, 170, 190-192, 194, 200, 205, 212, 213, 220, 231, 232, 234, 236, 271,272 Abschaffung (Beseitigung) der — 51, 72, 191, 194 ausgebeutete — 106, 166, 197 besitzende — 31, 106 bewußtsein (s. auch Bewußtsein) 105,236 diktatur 80 disziplin 244 -feind 115, 191, 196, 228, 245, 276, 298, 300, 306 frieden 169 herrschaft (herrschende —) 16, 72, 93, 175, 184, 198, 212, 227, 239, 244, 318, 334 interessen 157 Justiz 229 -kampf 15, 57, 72, 80, 105, 159, 160, 167, 169, 183, 184, 186, 187, 189, 208, 211, 229, 230, 235, 241, 247, 249, 251, 255, 256, 265, 268, 301 kräfte 283 privileg 49 unterdrückte — 72, 223 Kleinbürgertum 60, 140, 157, 184, 209, 227, 232, 262, 274, 279, 292, 296, 298, 299 Koalition 183, 185 politik 106 regierung 102 Koexistenz (Nebeneinanderbestehen von kapitalistischem und soziali­stischem System) 193 Kollektivwirtschaft 70, 221 Kollektivisierung der Landwirt­schaft 205,211 Kolonialfrage 25, 31, 38, 71, 73, 121 Kolonialrevolution 71, 214, 217, 218, 230 Kolonialvölker 71, 175, 180, 219 Kolonien 37, 38, 45, 59, 71, 73-75, 77, 78, 114, 135, 166-168, 173, 176,177, 179, 186-189, 195, 198, 204, 205, 216, 218, 219, 223, 226, 237, 238, 242, 243, 246, 261, 263, 271, 287, 292, 313, 319, 320, 329, 330, 333, 335, 362, 367 sind »Weltdorf« 218 Kolumbien 286 KP - 367 Kommunisten 38, 43, 62, 65, 81, 100, 102, 103, 105, 107, 109, 114, 116, 126, 127, 136, 137, 142, 146, 150, 156, 181, 241, 244, 260, 275, 276, 287, 291, 299, 300, 302, 303, 306, 307, 313, 314, 332, 334, 365-369 rechte - 246, 367, 380 Kommunistische Internationale (Komintern, III. Internationale) 7-21, 23-25, 27, 29-31, 43, 44, 46, 48-51, 53-61, 66, 69, 71, 73-75, 77, 79, 82, 83, 85, 88, 89, 90, 94, 96, 99, 100, 103, 104, 108, 112,116,118-121,123,137,145, 148, 150-152, 154, 156, 159- 161, 166-170, 190, 199, 217, 225, 227, 236-238, 240-243, 245, 247-250, 253, 254, 256-258, 260, 264-267, 269, 270, 277, 278, 284-288, 290, 293-295, 297’ 299, 302, 305-308, 312, 315, 316, 323, 329, 336, 337, 346, 347,359, 362-364, 366, 367, 369, 374- 377, 380-382 Auflösung der — 24, 337, 344, 348, 370, 382 Kommunistische Jugend-Interna­tionale 23, 54, 242, 293 Kommunistischer Jugendverband (KJV) 212, 222, 261, 264, 293 Kommunistische Partei(en) 7, 8, 13, 15, 16, 20-23, 31, 32, 41/42, 43, 52, 54, 55, 60-62, 64, 66-68, 71, 72, 75-77, 81, 82, 90, 96, 98- 101,103, 105-107, 112, 115, 116, 118-120,142, 143, 146, 151, 156, 160, 181, 189, 209, 211, 217, 222, 236-240, 242-244, 247, 248, 250, 256, 257, 259, 260, 262,264, 266-268, 270, 272, 278, 283- 285, 287, 289, 291, 292, 294, 299, 300, 304, 307, 310, 344, 345, 347, 348 »Die Kommunistische Internatio­nale« (Zeitschrift) 7,53, 148, 323, 337 Kompromiß 43, 121, 239 Konjunktur 88, 185 Konkurrenz 171, 173, 174, 176, 178,186, 190 Konsumverein (-genossenschaft, s. auch Genossenschaft) 57, 59, 202, 211, 231 Korea 91-95, 145, 180 KP- 95, 365 KPD 13, 15, 17, 22, 104, 105, 112, 121-123, 124 ft, 151, 152, 249, 254, 258, 261, 266, 272, 276, 277, 284, 305, 360, 362, 365, 366, 368, 377, 379, 380, 382 »einzige Arbeiterpartei« 104 KPdSU (KPR, russische KP) 7, 8, 15, 18, 20, 21, 27, 28, 118, 122, 148, 149, 152, 153, 156, 157, 161, 225, 245, 286, 296, 305, 306, 344, 359,360, 363, 366-368, 376, 377, 379 führende Rolle in der KI 155 rechter Flügel der — 374 »Vorbild« 48 Krieg (s. auch Weltkrieg) 10—13, 15, 27, 32-37, 41, 43-47, 49, 50, 58, 61, 73, 85, 93, 95, 97, 165, 167, 168, 172, 175, 180, 182, 186-190,192, 193, 225, 226, 228, 229, 233, 238, 239, 242, 243, 245, 251, 256, 257, 260, 263, 265, 269, 270, 274, 279, 281,283, 285-288, 291, 293-297, 301-303, 309, 311-314, 316, 317,319, 320, 322, 323, 325-328, 330-340, 342, 343, 345, 348, 369, 375 Brandstifter 328—331, 336 gefahr 162, 164 »heiliger« — gegen England 91 ideologischer — 318 imperialistischer — 66, 72, 118, 159, 163, 178, 179, 182, 187 Kommunismus 207 schuldfrage 31, 33 vaterländischer — 337, 341 Krise 11, 15, 19, 35, 36, 64, 152, 153, 166, 171, 172, 176, 177, 179, 182, 187, 189, 229, 232, 255, 256, 272, 274, 279, 281-284, 294, 363 allgemeine — des Kapitalismus 168, 179-181, 184-187, 189, 193, 194, 224, 226, 255, 265, 274, 282, 284, 295, 341 Kritik 43 Kritik und Selbstkritik 85 Kuba (KP) 365 Kulakentum 153, 206, 253 Kultur 98, 167, 186, 191, 192, 203, 212,213, 223 revolution 214 Kunst 213 Kuomintang 94, 150, 151, 154, 157-160, 234, 235,263, 287 Landarbeiter (-Proletarier) 70, 153, 209,237 Länder, rückständige 77, 78 »Leninbund« 151 Leninismus (s. auch Marxismus- Leninismus) 122, 154, 169, 240, 265 Lettland 74, 324 KP - 144, 360 Liberalismus 35 Litauen 324, 377 KP - 144, 284, 360 Luxemburg (KP) 363 Luxemburgismus 118, 122, 123 Macht 60, 63-65, 69, 87, 89, 94, 96, 106, 185, 190, 218, 222, 231, 234, 239, 326, 364 bürgerliche — 102 Eroberung der — 63, 195, 196 parlamentarischer Weg zur — 79 proletarische — 71, 193, 194, 196, 214 Madagaskar 38 Malaya (KP) 367 Mandschurei 93 Manifest der KI 14, 31 ft, 86, 361 — des 1. Kongresses der Völker des Ostens 91 ft kommunistisches — 165, 182 Marokko 130, 180, 246 Marxismus (marxistische Lehre) 120, 152, 154, 169, 170, 223, 228, 229, 232, 234, 236, 250, 345 — Leninismus 265, 307, 347, 377 Austromarxismus 232 Massen 64, 66, 83, 89, 99, 102, 103, 106, 107, 116, 119, 125, 156, 175, 189,197, 210, 212-214, 223, 226, 236-238, 241, 245, 259-261, 263, 270, 273, 276, 278, 283, 291, 295, 298-300, 328, 345, 347 — aktionen 81, 82, 184, 226, 240, 257 ausgebeutete — 67 — Bewegung 106, 283 -kampf 81, 82, 89, 106, 233, 309 — Organisationen 81, 82, 105, 108, 139, 197, 210, 212, 222, 233, 236, 241, 245, 256, 263, 264, 273, 292, 293,300 -Parteien 121,285,294, 301 — streik (s. auch Streik) 260, 265, 269, 283 Materialismus dialektischer — 169, 230 historischer — 374 materialistische Weltbetrachtung 191 Menschewiki 43, 63, 377 Mexiko 380 KP- 361, 380 Militärapparat 23 Militarismus 32, 175 deutscher — 37 Minderheiten, nationale 75 Monarchie 44, 64 Mongolei 91, 95, 145 Monopole 35, 173, 174, 186, 197, 213 Außenhandels — 202, 224 -kapital 261, 279 — kapitalismus 12, 170 Nationale und koloniale Frage 203 Nationalisierung 70, 199—201, 204, 218,220, 221,230, 302, 304 Nationalismus 17, 71, 75, 76, 157, 234, 258,261,275, 296 Nationalisten 275 Nationalitätenfrage 31,71—73,121, 189,362 Nationalsozialismus (National­sozialisten) 22, 258, 259, 266, 273, 275, 276, 296 Nationalversammlung 65 Nationen 39, 41, 44, 73, 76-79, 167, 175, 203, 223, 237, 243, 250, 271, 323, 346 abhängige — 75, 78 herrschende, unterdrückende — 72, 78, 238 unterdrückte — 59, 72, 78, 92, 93 rückständige Nationalitäten 74 Selbstbestimmungsrecht der —37, 45, 72, 203, 223 Negerfrage 238, 263 NEP 96, 153, 156, 221 Neuseeland (KP) 363 Neutralisierung 68, 209, 253 Neutralität 33, 58, 237, 314, 321, 329/330, 330, 331 Nordirland (KP) 368 Norwegen 56, 137, 149, 330, 360 KP - 137 f, 364 Novemberrevolution (1918) 273 Oberschicht 175 Oktoberrevolution (1917) 147, 157, 324, 359, 375 Opportunismus (Opportunisten) 32, 34, 35, 43, 49, 57, 58, 76, 122, 161, 169, 231, 247, 248, 286, 367 Rechts — 300 Opposition 7, 150, 151, 156, 160- 163, 165, 366, 381 kommunistische — in Gewerk­schaften (s. auch Gewerkschaften) 110, 111, 142 linke (kommunistische) — 151, 152,253 russische — 152, 153, 155, 161 Ordnung kapitalistische — (s. auch Kapita­lismus) 50 sozialistische — (s. auch Sozialis­mus) 43 Organisation 7, 8, 10, 15, 17, 40, 48, 52, 53, 57, 59, 67, 84, 88, 94, 95, 98, 102, 103, 105, 110, 114, 117, 120, 122, 130, 135, 138, 141, 145-147,151, 154, 157, 158, 170, 197, 211, 221, 222, 229, 285, 297, 298, 304, 347 — apparat 51, 57 Arbeiter — 115, 189 faschistische — 310 illegale — (s. auch Illegalität) 53 kommunistische — 55 legale — 53 proletarische — 105 revolutionäre — 236 zentralisierte — (s. auch Zentra­lismus) 51 Österreich (-Ungarn, Deutsch­österreich) 29, 30, 40, 64, 65, 136, 149, 180, 256, 261, 283, 288-290, 376 KP - 136, 284, 288, 359, 360 Palästina 78, 145 KP - 364 Panama (KP) 367 Panslawismus 71, 77 Partei(en) 20, 43, 46, 57-62, 82, 84-86, 90, 91, 97, 101, 103— 105, 119-122, 124-127, 129, 130, 132, 134, 135, 138, 140, 141, 143, 144, 152, 156, 157, 161, 162, 168, 184, 211, 222, 223, 236, 239-241, 245, 247, 261-263, 276, 285, 286, 293, 297, 299, 301, 304, 306, 309, 380 -apparat 21, 127, 131, 132, 139, 140, 152, 184, 223 bolschewistische — (s. auch Bol- schewiki) 63, 143, 157 — disziplin 11, 161, 164 — feinde (feindlich) 286 kommunistische — (s. Kommu­nistische Parteien) revolutionäre — 32 Rolle der — 82 sozialdemokratische — (s. Sozial­demokratische Partei) Vorhut der Arbeiterklasse 236 vorstand 57, 60 Zugehörigkeit 347 Parlament 80, 81, 83, 196, 259 fraktionen 57, 60 Obstruktion 83 Parlamentarismus 25, 42, 62, 79,80, 82, 184, 231, 233, 251, 279, 296 Paraguay 286 KP - 368 Partisanenbewegung 263 Pazifismus (Pazifisten) 11, 76, 117, 118, 229 Peru 286 KP - 367 Philippinen 92 KP-368 Plan 75 losigkeit 170 Wirtschaft 75, 220 Plutokratie 166 Polen 122, 141, 149, 182, 215, 262, 280, 283, 287, 298, 313, 317, 319, 321, 324, 377 KP - 141 f, 248, 249, 261, 284, 305, 360, 369, 377 Polyzentrismus 382 Portugal 215 KP - 363 Position, dritte (dritter Weg) 162 Presse 56, 57,61,138,144 Privateigentum 171, 192, 204 Aufhebung des — 68, 190, 192 Privatkapital 206, 207 Privilegien 36, 197, 243 Produktion 34-36, 171, 172, 190, 204,210,212,213,215, 220 Kontrolle der — 102, 241 Produktionsmittel 170, 171, 180, 190, 197, 198,206,213, 220 Konzentration der — 179, 207 Produktionsverhältnisse 15, 170, 194 Produktivität 70, 172, 192, 202 Produktivkräfte 36, 75, 166, 170, 171,174, 178, 179, 190-193, 201, 203,215, 220, 221,251,252 Profit 170, 191,220 — rate 174 Extra — 174, 179 Programm 85, 90, 106, 158, 215, 246 -der KI 8, 52, 56, 61, 108, 165 ff, 170, 251, 253, 285, 364, 365, 367 sozialdemokratisches — 60 Wilsons — 37, 38 Proletarier (s. auch Arbeiter) 15, 16, 27, 31, 32, 35, 36, 39-41, 43, 44, 46, 48, 50, 51, 56, 66-69, 71-75, 77-80, 84, 86, 89, 91,94, 96,100, 102, 103, 105, 107, 150, 152, 155, 157, 159, 161, 166-170, 172, 175-178, 182, 183, 185-187, 189, 193-199, 205, 206, 208- 214, 217, 218, 220, 221, 223- 229,232, 233, 235-242, 244, 245, 250-253, 255, 260, 261, 267- 274, 276, 277, 279-281, 283, 286, 288-290,294, 295, 298, 301, 309, 331,333,334,336 klassenbewußte, kommunistische -78 Halbproletarier 67, 69 Propaganda 13, 56, 58, 60, 65, 67, 75, 132, 201, 214, 238, 240, 241, 243, 245,260,282, 291,300 Puerto Rico (KP) 368 Putschismus 240 Rasse(n) 166, 167, 178, 203, 234, 238, 243, 244 haß 76 vorurteile 204 Räte (s. auch Sowjets) 40, 41, 64, 81, 159, 160, 196, 200, 203, 212, 236, 239 Arbeiter — (s. auch Betriebsräte) 40, 44, 59, 62, 63, 65, 66, 105, 106, 158,239, 240 diktatur 197 Soldaten- und Bauern — 40, 62, 64, 240 republik (— System, — macht) 15, 16, 23, 28,31,46, 47, 65, 78, 195, 212,218,219, 224 deutsche Räterepublik 15, 30 Münchener 361 ungarische Räterepublik 56, 361, 376 -staat 180,194,196, 198, 201, 203, 207,211 Recht 192, 196, 197 Reformen 253 Reformismus (Reformisten) 42, 35, 100, 105, 110, 169, 211, 228, 230, 232, 233,241,260, 301 Regime, demokratisches Reichstagsbrand 268, 272, 368, 374 prozeß 294, 375 Reichswehr 19, 259 Religion 192, 214, 227, 232, 347 kriege 318, 319 »religiöser Aberglaube«, Aber­glaube 172, 192, 319 Republik 197, 259 Weimarer — 274, 275 Revisionismus (Revisionisten) 154, 229 Revolution (s. auch Weltrevolution) 9, 12, 13, 15, 16, 20, 57, 63, 66, 87, 96, 101, 116, 117, 119, 150, 160, 166, 168, 175, 181, 182, 185, 189, 194, 212-214,218, 223, 226, 230, 235-238, 240, 249-251, 253, 274, 277, 283, 285, 295, 296, 323, 375, 377 bürgerliche — 158, 194, 212, 214 -216, 218 chinesische — 150, 157, 158, 160, 181, 188,234, 246 demokratische — 250, 252 deutsche — (s. auch November­revolution) 46, 63, 169, 180, 277 finnische — 169, 180 französische — 323 koloniale — 242, 253 kommunistische — 32, 42, 244 österreichische — 63, 180 permanente — 157, 249—253 proletarische — 16, 31, 37, 51, 56, 58, 65, 66, 69, 81, 104, 117, 120, 152, 155, 169, 178-180, 194, 212, 214, 215, 218, 224, 228, 230, 232, 256, 271, 272, 276, 284, 294, 297, 301 russische — (s. auch Oktoberrevo­lution) 12, 13, 20, 22, 63, 69, 96, 97, 120, 154, 167, 180, 188, 196, 252, 364, 381 Sowjet — 65 soziale — 87, 116 sozialistische — 16, 32, 51, 193, 215,219, 251,252, 265,328 ungarische — 169, 180, 196, 227 Revolutionär ist, wer die SU ver­teidigt 161, 162 RFB 23, 273 Rote Armee 19, 42, 198, 263, 317, 321, 331, 339, 340-342, 378 Rumänien 35, 139, 149, 284, 337 KP-139f, 348, 360, 363 Rußland (Sowjetrußland, Russische Föderative Sowjetrepublik) 12, 16, 18, 19, 27-30, 33, 41, 48, 49, 63, 65, 66, 70, 73, 74, 87, 93, 96, 97, 122, 180, 182, 252, 305, 374, 379, 381 Rückständigkeit — 70, 222 Säuberungen 21, 24, 60, 247, 248, 302, 305, 369, 374, 376, 377, 379, 380 Schauprozesse 305, 374, 379, 381 Schulung 101 Schweden 29, 56, 138, 149, 359, 360 KP-138 f Schweiz 11, 29, 136, 149, 283, 360, 375, 381 KP —136 f, 362, 375 Sekten 120 Sektierertum 261, 300 Selbstkritik (s. auch Kritik) 265, 380 Slowakei 29 Sowjet(s) (s. auch Räte) 63, 65, 66, 69, 70, 77, 80, 93, 262, 284, 299, 301,341 — der Arbeiter-, Bauern- und Sol­datendelegierten 158 — deutschland 258, 261 - macht 50, 65-67, 74, 256, 265 -republik 60, 74, 75, 80, 94 -staat 153, 324, 344 Sowjetunion (SU, s. auch Rußland) 18, 20, 24, 25, 42, 46, 50,51,154, 161, 181, 183, 186-189, 217, 219-224,226, 228, 230, 233, 234, 242, 249, 255-257,259, 260, 264, 281, 293, 295, 312, 315-317, 320-322, 324-328, 330, 331, 334, 336-342, 344, 345, 367- 370, 381 — »kapitalistische Tendenzen« 154 — Vaterland der Werktätigen (— des internationalen Proletariats) 187, 223,225,297 Sozialdemokraten (s. auch Soziali­sten) 31, 64, 87, 100, 102, 116, 234, 235, 274, 276, 299 linke- 56, 183, 232 rechte — 17, 183 Sozialdemokratie 16, 22, 44, 100, 116, 117, 122, 167, 177, 182- 185, 228-230, 245, 247, 256- 260, 262, 266, 270, 274-280,282, 283, 287, 289, 290, 294, 333, 336, 367, 374-376, 378, 379 — »Agentur des Imperialismus« 167, 278 deutsche — (SPD) 10, 11, 100, 106, 124, 228, 270, 271, 273, 280, 359, 378, 379, 382 »faschistische Tendenzen« der — 185 — »Flügel des Faschismus« (s. auch Sozialfaschismus) 117, 118 — Hauptfeind der KPD (der prole­tarischen Bewegung, des Kommu­nismus) 22, 228, 234, 278 — »Partei des Verrats« 289 — soziale Hauptstütze der Bour­geoisie (des Kapitalismus) 22, 247, 254, 255,259,281,283 — Zwillingsbruder des Faschismus 117 Sozialdemokratismus 301 Sozialfaschismus (Sozialfaschisten) 22, 116, 246, 247, 258, 259, 269, 276, 277, 280 Sozialismus 10—12, 32, 34, 35, 51, 70, 75, 166, 167, 169, 179, 186, 192-195,201, 205, 207, 209, 212, 213, 216, 217, 219, 221, 222, 224, 226, 230, 234, 235, 252, 253, 255, 265, 271, 273, 286, 287, 289, 293, 296, 312, 315, 325-328,330, 331, 334, 336, 375 Aufbau des — in »verschiedenen Formen« 215 Aufbau des — (in der SU) 168 Aufbau, sozialistischer 42, 116, 197, 205, 213, 215, 216, 219, 220, 222-225,251,255, 268 friedlicher Weg zum — 229, 301 — in einem Land 20, 154, 198, 249, 252,253 Sozialisten 11, 24, 33, 228, 288, 303, 307, 325, 369 Links- 11, 15, 17 Sozialistische Parteien (Sozialdemo­kratische -) 17, 43, 61, 99, 101, 147, 167, 182, 183, 191, 228, 259, 261, 266-268, 277, 285-287, 301, 311, 313,359 Sozialrevolutionäre 63 Sozialversicherung 202, 261, 263, 274 Spanien 215, 283, 287, 306, 330, 334, 335, 339, 369, 375 KP - 262, 303, 348, 361 Spaltung 10, 100 — der Arbeiterbewegung 101 — der Arbeiterklasse 273, 281, 302 der Kommunistischen Partei 82, 156 des Sozialismus 12, 183 Spartakusbund (s. auch KPD) 11, 13, 28 Spontaneität 301 Staat(en) 16, 19, 24, 35, 36, 39, 64, 68, 70, 76, 78, 119, 152, 160, 163, 167, 174, 176, 177, 187, 188, 193, 194, 196, 197, 201, 202, 210, 218, 251, 258, 281, 282, 310, 314, 317, 321, 323, 325, 333, 345, 347, 358, 375 aggressive — 337 -apparat 40, 102, 106, 206, 210, 223,274, 310 bürgerliche — 39, 42, 43, 230— 232,239 demokratische — 327 -gewalt 175, 176, 191, 192, 240 imperialistische(r) — 36, 73, 175, 177, 178, 186, 194, 225-229, 238, 330 — kapitalismus 31, 178, 180, 230 kapitalistischer — 76, 81, 166, 179, 188,204, 225,230 - macht 35, 68-70, 80-82, 86, 175, 176, 186,212, 224,289 — maschine 80, 195, 196 — politik der SU 20, 21 proletarische(r) — 70, 152, 197, 199, 205, 206, 220, 222 siegreicher — des Proletariats 36 — Verwaltung 80 Stalinisierung 8, 19, 20, 247 Stalinismus 20, 22, 302 Statut 138, 147, 154 -der KI 48ff, 348, 361, 362, 367 Straßenkämpfe 38 Strategie 23, 83, 165, 227, 236, 258, 315,341 Streik (s. auch Generalstreik, Mas­senstreik) 9, 38, 83,128, 134, 159, 182, 210, 240, 243, 261, 262, 273, 284, 287 Südafrika 145, 188 KP - 363 Syndikalismus (s. auch Anarcho- Syndikalismus) 115,231, 233 Syrien 145, 180, 246, 304 KP - 364 Taktik 11,18, 22, 23, 25, 51, 62, 83, 85, 88, 99-105, 156-159, 161, 165, 227, 233, 236, 240, 241, 245, 273, 274, 278, 299, 300, 337, 363 Tannu-Tuwa 145 Technik 39, 70, 175, 185, 191, 212, 221,252 Terror 40, 140, 143, 185, 189, 199, 225, 239, 242, 244, 258, 260, 268, 270, 276, 280, 282, 284, 288, 289, 332,335,342 — methoden 266 Thailand (KP) 367 Theorie 122, 154, 228, 230, 232, 235,236, 249,252, 253 marxistische — (s. auch Marxis­mus) 16, 31 marxistisch-leninistische — 165, 307 Trotzkismus (Trotzkisten) 118,122, 151, 161, 277, 287, 304, 305, 306, 307 Trust 35, 36, 111, 173, 186, 210, 229 Tschechoslowakei 128,149,283,285 KP der - 128 f, 262, 286, 363, 381 Tunesien (Tunis) 131, 145 KP-368 Türkei 145, 338, 339 KP - 362 Überproduktion 171 UdSSR (s. auch Rußland, Sowjet­union) 18, 19, 24, 156, 160, 163, 270, 271, 287, 304, 306, 312, 315, 321 Verteidigung der — 161, 162, 164, 243,257, 263 Ukraine 74, 321, 360, 377, 378 Ultralinke (Ultralinker Kurs, — Politik) 22, 24, 112, 154, 165, 272, 278, 366, 382 — Führung 99, 126, 365 Umsturz 159, 244 Unabhängigkeit 45, 93, 95, 171, 217, 226, 238, 263, 271, 335, 339, 341,342,344,346 Ungarn 15, 30, 74, 180, 182, 215, 256, 337, 360, 376 KP - 348, 376 Ungleichheit, soziale (s. auch Gleich­heit) 172, 191,193, 197 Unterdrückung 75, 166, 170, 175, 177, 190, 195, 196, 210, 216, 271, 295, 326, 342 imperialistische — 335 — kolonialer Völker 59, 333 nationale — 225 Unterdrückte 93, 336 Unterstützungsbeiträge des EKKI für die Sektionen 90 Unternehmer 113, 115, 175 Uruguay (KP) 362 USA (Vereinigte Staaten) 33, 34, 65, 93, 133, 187, 188, 205, 215, 281, 283, 287, 298, 314, 315, 322, 330, 334, 337-339, 342, 366, 382 KP der - 133 ff, 263, 347, 361, 369,380 USP (Unabhängige Sozialdemo­kratie) 14, 43, 55, 65, 87, 100, 285, 362, 379 Utopie 178,210, 251 Vaterland 176, 182, 343 — Verteidigung 10, 35, 46, 78, 162, 182, 228,230, 255, 359 Venezuela (KP) 368 Vereinigung 301, 308 Vereinigte Staaten von Europa 251 Verelendung 274 — theorie 31, 34, 229 Verfassung 65, 274 demokratische — 75 Vergesellschaftung 69 Verrat am Sozialismus 41, 65, 78 — der Sozialdemokratie 59, 105, 181,269, 277, 296 — der nationalen Bourgeoisie 176 Verstaatlichung 35 Versöhnler(tum) 113, 248, 381 Verwaltung 117, 213, 223 Selbst— 40, 74 Volk 27 — feind 198, 304 — front (s. auch Einheitsfront) 290, 292, 294, 298, 299, 302-304, 306-311, 314, 334, 335, 369 — massen (s. auch Massen) 63, 93, 177, 303,318, 346 — Wirtschaft (s. auch Wirtschaft) 36, 114,153 Völkerbund 36, 44, 45, 73, 182,183, 187, 228, 243 Völker, unterdrückte 91, 94 Wachsamkeit 305, 309, 311 Wahlen (Wahlkampagne) 81, 82, 122, 124, 128, 129 Wandlungen des Kommunismus 25 Warenproduktion (s. auch Produk­tion) 72, 170, 208 Weltanschauung 68, 169, 172, 214 Weltherrschaft 320 Weltkommunismus 7, 9, 23, 25, 71, 168, 190, 344 Weltkongreß der KI 18, 51—54, 61, 104, 347 - 13, 14, 27, 29, 31, 55, 86, 346,360 - 15, 17, 30, 43, 55, 56, 62, 66, 71, 79, 83, 85, 86, 121, 246, 361, 375 - 83, 85, 86, 88, 90, 96, 119, 363 -48,96, 99, 104, 364 — 20, 112, 116, 118, 119, 364 VI. - 48, 165, 245, 246, 248, 278, 295, 366, 378, 380 - 24, 290-294, 299, 302, 306-308, 347, 368, 375, 378 Weltkrieg 9-12, 24, 35, 93, 166, 176, 178, 179, 184, 186, 188, 189, 222, 278, 303, 313, 327, 333, 337, 346, 348, 382 Zweiter - 24, 312, 313, 329, 377 Weltkrise (s. auch Krise) 85 Weltmarkt 171, 176, 177, 251 Weltpartei (s. auch Partei) 8, 9, 12, 16, 17, 51, 84, 90, 103, 285 Weltrevolution (s. auch Revolution) 8, 9, 12, 16, 18, 19, 23, 25, 27, 28, 74, 86-89, 96, 98, 159-161, 167, 179, 186, 193, 194, 218, 225, 250, 253, 254, 265, 364 Werktätige 44, 50, 61, 72, 74, 78, 96, 152, 197, 198, 204, 209, 211, 222, 224, 226, 240, 241, 261, 262, 282, 286, 287, 292-294, 296, 328, 329, 331-333, 335, 336, 345, 346, 348 Eroberung der Mehrheit der — 100 Wettbewerb 35 Wiedervereinigung künstlich zerrissener Nationen 73 Wirtschaft (s) 35, 67, 68, 120, 175, 190, 191, 205-207, 216, 220, 222, 223, 256, 304, 314 demokratie 229 kämpfe 113 krise (s. auch Krise) 15, 22, 149, 273,295, 368 — plan (s. auch Planwirtschaft) 37, 206 sozialistische — 38 Weltwirtschaft 75, 86, 173, 174, 178, 179, 181, 186, 187, 190, 193-195, 205, 218, 219, 224, 226, 251, 374 Weltwirtschaftskrise 88, 106, 254, 255,258,284 Wissenschaft 191, 192, 213 Zeitungen (s. auch Presse) 264, 286 Zellen, kommunistische 59,125,126, 129-132, 134, 136, 138, 142, 264 Zentralisierung (Zentralisation) 48, 61,207, 231 zentralisierte Partei (Organisation) 7, 17, 81,82, 84, 90 Zentralismus 17, 22, 83, 84, 108 demokratischer — 236, 301 Zentrum (Partei) 274 Zentristen (Zentrismus) sozialistische 43, 55, 56, 58, 59, 62, 259 Zentralkomitee (ZK) 62, 123, 127— 129, 133, 136-138,153,156-160, 164, 272, 286, 303, 305, 307, 344, 374, 376, 377, 379, 381 Apparat des — 139 Zersetzung 87 Zionismus (zionistische Organi­sation 71, 78, 227 ZKK 163 Zukunftsgesellschaft 80 Zypern (KP) 367 Abkürzungen ADGB Allgemeiner Deutscher Gewerkschaftsbund Agitprop- Abteilung Agitation- und Propaganda-Abteilung CNT Confederación Nacional del Trabajo - die 1911 ge­gründete anarchosyndikalistische Gewerkschaftsorgani­sation Spaniens, der Landesbund der Arbeit EKKI Exekutivkomitee der Kommunistischen Internationale Inprekorr Internationale Presse-Korrespondenz - 1921 bis 1933 erscheinendes kommunistisches Organ IPK Internationales Propaganda-Komitee (der kommunisti­schen Metallarbeiter) KI Kommunistische Internationale KJI Kommunistische Jugend-Internationale KJV Kommunistischer Jugend-Verband Komintern Kommunistische Internationale KPD Kommunistische Partei Deutschlands KPdSU Kommunistische Partei der Sowjetunion KPdSU (B) Kommunistische Partei der Sowjetunion (Bolschewiki) KPI Kommunistische Partei Italiens KPTsch Kommunistische Partei der Tschechoslowakei KPR Kommunistische Partei Rußlands NEP Neue ökonomische Politik Orgabteilung Organisationsabteilung Orgbüro Organisationsbüro Polbüro Politisches Büro RGI Rote Gewerkschaftsinternationale RGO Revolutionäre Gewerkschaftsopposition SAI Sozialistische Arbeiter-Internationale SED Sozialistische Einheitspartei Deutschlands SPD Sozialdemokratische Partei Deutschlands UdSSR Union der Sozialistischen Sowjetrepubliken Unabhängige Unabhängige Sozialdemokratie USP und USPD Unabhängige Sozialdemokratische Partei Deutschlands WKP Wsjesojusnaja Kommunistitscheskaja Partija - Allunions (Allrussische) Kommunistische Partei ZK Zentralkomitee Inhalt VORWORT                                                                                                  7 EINLEITUNG                                                                                              9 Die Komintern - ein Produkt des Weltkrieges                                  10 Gründung und Zielsetzung der Komintern                                       13 Die Weltrevolution bleibt aus                                                            16 Die Stalinisierung der Komintern                                                      19 Der Niedergang der Komintern                                                         22 DOKUMENTE Lenin: Eröffnungsrede auf dem Gründungs­ kongreß (1919)                                                                            27 Gründungsbescliluß der Komintern (1919)                             29 Manifest der Kommunistischen Internationale        (1919)   31 Aufruf des EKKI gegen den Versailler Frieden       (1919)   44 Statuten der Kommunistischen Internationale         (1920)   48 Die »21 Bedingungen« für die Aufnahme in die Komintern (1920) 55 Leitsätze über die Arbeitersowjets (1920)                               62 Leitsätze über die Agrarfrage (1920)                                       66 Leitsätze über die Nationalitäten- und Kolonial­frage (1920) 71 Leitsätze über die kommunistischen Parteien und den Parlamentarismus (1920)         79 Sinowjew: Die Kämpfe der Komintern (1921)                       83 Trotzki: Die neuen Aufgaben der Komintern        (1921)      85 Radek: Die Taktik der Komintern (1921)                                88 Rundschreiben Nr. 830 der Komintern-Führung (1921)        90 Manifest des I. Kongresses der kommunistischen und revolutionären Organisationen des Fernen Ostens (1922)                                                                              91 Lenin: Die Perspektiven der Weltrevolution (1922)             96 Einheitsfronttaktik und Arbeiterregierung (1922/23) Der IV. Weltkongreß zur Einheitsfront                         99 Die KPD zur Arbeiterregierung                                      104 Einberufung einer EKKI-Tagung (1923)                               107 Arbeit der Massenorganisationen (1924)                               108 Die Gewerkschaftsfrage (1924)                                              112 Stalin: These vom Sozialfaschismus (1924)                         116 Sinowjew: Die Bolschewisierung der kommunistischen Parteien (1925)                                                                         118 Organisationsbericht des EKKI über den Stand der Parteien (1926)                                                                         123 Deutschland                                                                              124 Tschechoslowakei                                                                    128 Frankreich                                                                                 129 England                                                                                     131 Amerika (USA)                                                                        133 Italien                                                                                        135 Österreich Schweiz                                                                                     136 Holland Norwegen                                                                                 137 Schweden                                                                                  138 Dänemark Rumänien                                                                                  139 Jugoslawien                                                                              140 Polen                                                                                         141 Finnland                                                                                    142 Estland                                                                                      143 Lettland Litauen                                                                                      144 Länder des    Ostens                                                                145 Allgemeine    Betrachtungen                                                  146 Aufruf des   EKKI gegen Tschiang Kai-schek (1927)            150 Opposition   gegen den Komintern-Kurs (1927) Kritik der deutschen linken Opposition                         151 Kritik der russischen Opposition                                    155 Stalin: Revolutionär ist, wer die Sowjetunion bedingungslos verteidigt (1927)                                             161 Das Programm der Kommunistischen Internationale (1928)                                                                                       165 Einführung                                                                               166 Das Weltsystem des Kapitalismus, seine Ent­wicklung und      sein notwendiger Untergang              170 Die allgemeine Krise des Kapitalismus und die erste Phase der Weltrevolution                                      179 Das Endziel der Kommunistischen Internatio­ nale: der Weltkommunismus                                          190 Die Periode des Übergangs vom Kapitalismus zum Sozialismus und die Diktatur des Prole­tariats     193 Die Diktatur des Proletariats in der Sowjet­union und die internationale sozialistische Revolution      219 Die Strategie und Taktik der Kommunistischen Internationale im Kampf um die Diktatur des Proletariats       227 Bucharin: Aufgaben der Komintern       (1928)                     245 Die ultralinke Wendung (1929)                                               246 Trotzki: »Permanente Revolution« gegen »Sozialismus in einem Land« (1930)                                    249 Sozialdemokratie - »soziale Hauptstütze der Bourgeoisie«                                                                             254 Das EKKI über Faschismus und Sozialdemokratie (1932)                                                                                       258 Für die Einheitsfront (1933) An die Arbeiter aller Länder!                                          266 Einheitsfront nur »von unten«                                        269 Das EKKI-Präsidium zur Lage in Deutschland (1933) 272 35] Der Sieg Hitlers - keine Niederlage der KPD (1933) 277 Die Faschismus-Theorie der Komintern (1933)                  278 Pjatnizki: Fünfzehn Jahre Komintern (1934)                       284 Bela Kun: Die Februarkämpfe in Österreich (1934) 288 Der VII. Weltkongreß billigt die Komintern­linie (1935)     290 Dimitroff: Für die Einheitsfront (1935)                                294 Komintern und Einheit der Arbeiterklasse (1935)               299 Das EKKI-Präsidium zum Spanischen Bürgerkrieg (1936)                                                                                       302 Aufruf zur Säuberung von »Trotzkisten« (1937)                305 Volksfront in Frankreich (1937)                                           307 Mao Tse-tung über den Stalin-Hitler-Pakt (1939)               312 Molotow zum Stalin-Hitler-Pakt und zum Kriegs­ausbruch (1939)  315 England, nicht Deutschland ist der Hauptfeind (1940) 323 Maiaufruf des EKKI (1940)                                                  329 Für den »vaterländischen Krieg«   (1942)                            337 Die Auflösung der Komintern  (1943)                                  344 QUELLEN DER DOKUMENTE                                                              349 ANHANG Zeittafel                                                                                             359 Die Spitzenführung der Komintern                                                 371 Kurzbiographien von 20 wichtigen Kominternführern 374 Literaturhinweise Quellen, Bibliographien                                                           383 Darstellungen                                                                            385 Personenregister                                                                                389 Sachregister                                                                                       393 Abkürzungen                                                                                     411 internführung aus dem Jahre 1926 ermöglicht einen Einblick in den Stand der damaligen kommunistischen Weltbewegung. Wichtige und offizielle Verlautbarungen der Komintern (ihrer Weltkongresse, ihrer Füh­rungsspitze, des EKKI, sowie grundsätzliche Artikel ihres Organs »Die Kommunistische Internationale«)vermitteln einen Querschnitt der Kominternpolitik, ihres programmati­schen Denkens, revolutionären Handelns und taktischen Verhaltens. Die wichtigsten Er­klärungen der Komintern (z. B. die Ein­schätzung des Faschismus oder der Sozial­demokratie) werden ergänzt durch Auszüge aus den Reden der damaligen Führer des Weltkommunismus: Lenin, Trotzki, Sino­wjew, Stalin, Radek, Pjatnizki, Bela Kun, Mao Tse-tung und Molotow kommen zu Wort. Drei Dokumente der antistalinistischen Op­position in der Komintern und drei inner­organisatorische Briefe der Kominternfüh­rung - von denen zwei in diesem Band erst­mals veröffentlicht werden - ergänzen die Grundsatzaussagen der Internationale. Der Anhang enthält eine Zusammenstellung der Führungsorgane, Kurzbiographien wichtiger Führer der III. Internationale, Zeittafel und Bibliographie. Mit diesem Band vermittelt Hermann Weber - durch zahlreiche Veröffentlichungen über die Geschichte und Theorie des Kommunis­mus bekanntgeworden - ein authentisches Bild der legendären Kommunistischen Inter­nationale. VERLAG J. H. W. DIETZ NACHF. GMBH Verlag J. H.W.Dietz Nachf. GmbH H. Weber - Die Kommunistische Internationale Die Kommunistische Internationale Eine Dokumentation von Hermann Weber HERMANN WEBER die kommunistische internationale eine DOKUMENTATION 416 SEITEN Die 1919 von Lenin, Trotzki und Genossen gegründete Kommunistische Internationale wurde als Organisation der proletarischen Weltrevolution ins Leben gerufen. Bis zu ihrer Auflösung 1943 spielte die straff zen­tralisierte Komintern, in der alle kommu­nistischen Parteien zu einer »Weltpartei« zusammengeschlossen waren, eine bemerkens­werte Rolle in der internationalen Politik; auch wenn die Internationale ihre Zielsetzung nicht erreichte und in den Zwanziger Jahren zu einem Instrument der russischen Politik Stalins entartete. In diesem Band sind die wichtigsten Ver­öffentlichungen der Kommunistischen Inter­nationale zusammengefaßt und mit erklären­den Einleitungen versehen. Die Dokumenten­sammlung enthält in ungekürzter Fassung u. a. das »Manifest“ der Komintern von 1919, die Statuten der III. Internationale von 1920, die berühmten 21 Aufnahmebe­dingungen der kommunistischen Weltpartei, die »Leitsätze« der Komintern über Arbeiter­sowjets sowie zur Nationalitäten- und Kolo­nialfrage, vor allem aber das umfangreiche Programm der Kommunistischen Internatio­nale aus dem Jahre 1928, das damit nach über 30 Jahren erstmals wieder in vollem Wort­laut in deutscher Sprache vorliegt. Ein aus­führlicher Organisationsbericht der Kom-

Aufsatz

Potsdam: Im Schatten der Hauptstadt?

Burghard Ciesla

Am Morgen des 17. Juni 1953 lag in Potsdam buchstäblich etwas in der Luft. Die Motorengeräusche und Abgaswolken der vorbeifahrenden sowjetischen Militärkolonnen sprachen für sich. Schon in der Nacht waren LKW und Panzer durch Potsdam in Richtung Ost-Berlin gerollt und am 17. Juni ging es den ganzen Tag weiter. Die Bevölkerung war angesichts der feldmarschmäßig ausgerüsteten Truppen beunruhigt und eingeschüchtert. Wer in der Nähe der Straßen wohnte, durch die sich die Kolonnen bewegten, hatte… Potsdam: Im Schatten der Hauptstadt? Traditionen, Brüche und Konflikte   Burghard Ciesla                 A m Morgen des 17. Juni 1953 lag in Potsdam buchstäblich etwas in der Luft. Die Motorengeräusche und Abgaswolken der vorbeifahrenden sowjetischen Militärkolonnen sprachen für sich. Schon in der Nacht waren LKW und Panzer durch Potsdam in Richtung Ost-Berlin gerollt und am 17. Juni ging es den ganzen Tag weiter.1 Die Bevölkerung war angesichts der feldmarschmäßig ausgerüsteten Truppen beunruhigt und eingeschüch- tert. Wer in der Nähe der Straßen wohnte, durch die sich die Kolonnen bewegten, hatte meist eine schlaflose Nacht hinter sich, da durch die vor- beifahrenden schweren Panzer und Fahrzeuge die umliegenden Gebäude erbebten und die Fensterscheiben klirrten. In der Bevölkerung befürchtete man das Schlimmste. Wochen später wurde hierzu in einer Analyse der SED-Stadtbezirksleitung von Potsdam-Babelsberg vermerkt: »Man darf aber nicht vergessen, dass die Tatsache, dass einen Tag und eine Nacht hin- tereinander sowjetische Panzer durch Babelsberg rollten, auf manche zu- mindest sehr ernüchternd wirkte.«2 Während es in Ost-Berlin und vielen anderen Orten am 17. Juni 1953 Streiks, Demonstrationen und Unruhen gab, kam es in der 115.000 Ein- wohner zählenden Bezirksstadt Potsdam nur in Ansätzen zu solchen Ak- tionen. Zwar wurde zeitweilig die Arbeit niedergelegt und es bahnten sich Streiks an, aber insgesamt blieb es in Potsdam weitgehend ruhig. Diese »Ruhe« resultierte nicht nur aus der starken sowjetischen Präsenz. Eine Rolle spielte zudem die Nähe Berlins: Die »Hauptstadt« wirkte wie ein Magnet: Nicht nur die sowjetischen Truppen und die KVP bewegten sich in Richtung Ost-Berlin, sondern auch Teile der Bevölkerung. Ähnlich wie die Arbeiter aus Hennigsdorf und Velten, die zu Tausenden am 17. Juni 1953 durch den französischen Sektor nach Berlin-Mitte marschierten, wurde auch in der Potsdamer Arbeiterschaft die Forderung laut, nach Ost-Ber- lin zu gehen, um die Bauarbeiter der Stalinallee zu unterstützen. Doch es  57                                             Demonstrationszug der Henningsdorfer Stahlwerker. Auf ihrem Marsch nach Ost-Berlin durchqueren sie den West-Berliner Arbeiterbezirk Wedding.       blieb letztlich nur bei der Forderung, da der Schwerpunktbetrieb der Stadt – das »Karl-Marx-Werk«, die große Lokomotivfabrik − unter besonderer Beobachtung der SED, der Staatssicherheit und der sowjetischen Besat- zungsmacht stand. Schnell war durchgesickert, dass sich alle anderen Be- triebe der Stadt am »Karl-Marx-Werk« orientierten und ihre Aktionen von den dort getroffenen Entscheidungen abhängig machen wollten.   Der 17. Juni 1953 im Bezirk und in der Stadt Potsdam3   Für das Verständnis der Vorgänge im Bezirk Potsdam ist es nützlich, sich die Raumstruktur des Verwaltungsgebietes zu vergegenwärtigen: Der Bezirk war durch eine regionale Dreiteilung gekennzeichnet. Zum Kernbereich des Bezirkes gehörten die Berliner Randkreise Oranienburg, Nauen, Pots- 58  dam-Land und Potsdam-Stadt, Zossen und Königs Wusterhausen. Diese     fünf Landkreise und der Potsdamer Stadtkreis unterhielten direkte Stadt- Umland-Beziehungen zu Berlin. Davon grenzten jedoch lediglich die Kreise Oranienburg und Königs Wusterhausen an den Ostteil der Stadt. Damit la- gen die bedeutendsten Industriestandorte des Bezirks – Wildau bei Königs Wusterhausen, Teltow, Ludwigsfelde, Potsdam, Falkensee, Hennigsdorf und Oranienburg – in unmittelbarer Nachbarschaft zur geteilten Stadt. Nach Westen hin wurde diese Region durch das kleinere Industriegebiet Bran- denburg-Premnitz-Rathenow fortgesetzt. Im Norden des Bezirkes, d.h. in den Landkreisen Pritzwalk, Kyritz, Wittstock, Neuruppin und Gransee, dominierten agrarische Strukturen. Auch Teile der Kreise Königs Wuster- hausen, Zossen, Luckenwalde, Jüterbog und Belzig im Süden des Bezirkes waren von der Landwirtschaft geprägt. Brennpunkte des Aufstandes stellten die Industriestandorte des Bezirks dar, d.h. vor allem Oranienburg, Rathenow, Brandenburg/Havel, Teltow, Königs Wusterhausen und Hennigsdorf. In den fünf fast ausschließlich landwirtschaftlichen Kreisen Jüterbog, Kyritz, Wittstock, Pritzwalk und Neuruppin gab es demgegenüber keine vergleichbaren Entwicklungen wie in den Industriestädten des Bezirkes. Doch Unruhen und Proteste waren auch auf dem Lande wie beispielsweise in Zossen oder dort zu verzeich- nen, wo sich Baustellen der Bau-Union befanden wie etwa in Niemegk im Kreis Belzig.4 Hervorzuheben sind neben den schon erwähnten Vorgängen in Hen- nigsdorf sowie den Protesten in Rathenow, mit einem Toten, die Ereignisse in Brandenburg/Havel, die eine ähnliche Intensität erlangten wie die Pro- teste und Demonstrationen in Ost-Berlin, Görlitz, Halle, Leipzig oder Jena. Hier gab es am 17. Juni 1953 massive Auseinandersetzungen. Es waren vor allem die Arbeiter des Stahl- und Walzwerkes, die in der Innenstadt demonstrierten und skandierten: »Acht Jahre erdulden wir eure Qualen, jetzt fordern wir freie Wahlen!« Weitere Betriebe der Stadt folgten und gegen Mittag des 17. Juni 1953 war ganz Brandenburg/Havel buchstäblich auf den Beinen. Geschätzt wurden später etwa 10.000 Menschen, die nach dem Sturm der SED- und FDJ-Kreisleitung auch das Amtsgericht der Stadt belagerten: Polizisten wurden entwaffnet, Akten vernichtet und Funktio- näre auf offener Straße verprügelt. Schließlich strömten die Massen zum alten Zuchthaus mit dem Volkspolizeikreisamt. Dort fielen auch Schüsse, und gegen 15.00 Uhr hatten die Demonstranten das erste Stockwerk des Zuchthauses besetzt. Doch dann liefen auch in Brandenburg/Havel die Ereignisse nach dem bekannten Muster des 17. Juni 1953 ab: Sowjetisches Militär rückte vor, der Ausnahmezustand wurde verhängt und man trieb die demonstrierenden Gruppen auseinander. In der Folgezeit wurde vor  59                                           Fahrgäste an der West-Berliner Bushaltestelle »Brücke der Einheit« (Glienicker Brücke) am 17. Juni 1953       allem die Brandenburger Volkspolizei von der SED massiv kritisiert, dass sie zu wenig unternommen habe, um den Massenaufruhr in der Stadt zu stoppen. Volkspolizisten, die sich auf beschwichtigende Diskussionen mit den Arbeitern einließen oder sich gar im Keller des Polizeigebäudes ver- steckt gehalten hatten, wurden gemaßregelt, mindestens degradiert, zum Teil aus dem Polizeidienst entlassen.5 Noch in der Nacht vom 16. zum 17. Juni 1953 wurden mehr als 200 Mann der Kasernierten Volkspolizei Potsdam zur Verstärkung nach Ost-Berlin geschickt. Um 2.30 Uhr löste die Bezirksbehörde der Volkspo- lizei für den gesamten Bezirk Potsdam die Alarmstufe II (»Hummel«) aus und drei Stunden später erfolgte die Umwandlung in die nächst höhere Stufe III (»Hornisse«). In der Bezirksstadt blieb es bis dahin ruhig, sieht man von den immer wieder durch Potsdam fahrenden sowjetischen Mili- tärkolonnen ab. Erst gegen 11.15 Uhr kam es auf dem Bahnhof Potsdam- Stadt nach der Einstellung des S-Bahnverkehrs von und nach Berlin zu 60   größeren Menschenansammlungen. Viele Fahrgäste beschlossen, sich zur     etwa 3,5 Kilometer entfernten »Brücke der Einheit« (Glienicker Brücke) zu begeben, der direkten Straßenverbindung über die Havel nach (West-) Berlin, um mit den von dort abfahrenden Bussen des West-Berliner Nah- verkehrs in die Stadt zu gelangen. In den Potsdamer Betrieben wurde zu diesem Zeitpunkt zum Teil noch gearbeitet, diskutiert oder über mögliche Aktionen nachgedacht. Die Pots- damer Verkehrsbetriebe schickten eine Delegation in das »Karl-Marx- Werk«, um zu erkunden, was die Kollegen dort vorhatten. Diese Delegati- on traf gegen 13.30 Uhr dort ein und stellte fest, dass es in der Lokomotiv- fabrik noch keinerlei Anzeichen für einen Streik gab. Erst mit dem Beginn der Nachmittagsschicht, um 14.00 Uhr, kam es zur Arbeitsniederlegung und im Kulturhaus des Werkes fand eine außerordentliche Betriebsver- sammlung statt, bei der der Betriebsdirektor die Belegschaft dazu auffor- derte, die Arbeit wieder aufzunehmen. Seinen Wunsch quittierten die Ar- beiter mit einem Pfeifkonzert. Nach mehr als zwei Stunden gelang es dem Betriebsdirektor schließlich, die Belegschaft zu beruhigen. Der größte Teil der Nachmittagsschicht des Karl-Marx-Werkes nahm die Arbeit wieder auf. Bei der Staatssicherheit wurde daraus die Schlussfolgerung gezogen, dass es ruhig bleiben würde, da sich die anderen Betriebe nach dem Karl- Marx-Werk richteten. Gegen Mittag des 17. Juni 1953 waren aber inzwischen die Arbeiter der Baustellen der Bau-Union Potsdam in Eiche, Golm, Rehbrücke und Mi- chendorf – jeweils 60 bis 80 Mann – in den Ausstand getreten. Zur gleichen Zeit begann man die in Potsdam befindlichen Dienststellen der SED und des Rates des Bezirks mit zusätzlichen Kräften des Betriebsschutzes und der Polizei abzusichern. Gegen 15.00 Uhr stauten sich an der »Brücke der Einheit« die Men- schen. Einerseits wollten Potsdamer und Bewohner des Berliner Umlan- des auf diesem Wege nach Hause gelangen, da ja der S-Bahnverkehr lahm gelegt war, und umgekehrt wollten viele auf diesem Wege wiederum nach West- oder Ost-Berlin. In einer Meldung der Polizei wurde beunruhigt vermutet, dass diese Menschen »in das Stadtgebiet von Potsdam eindrin- gen wollen«. Bei der Bezirksbehörde der Volkspolizei, der Staatssicherheit und bei der SED liefen an diesem Tag die Fernschreiber buchstäblich heiß: Meldungen und Situationsberichte aus dem ganzen Bezirk trafen in dichter Folge ein. Zur Beruhigung der Lage bzw. zur Vorbeugung wurden Instrukteure in die Betriebe und auf die Straßen geschickt. Gegen 17.30 Uhr verhängte der sowjetische Stadtkommandant schließlich über Potsdam den Ausnahme- zustand, der um 20.00 Uhr in Kraft trat. Dennoch versammelten sich in der   61     Potsdamer Innenstadt und auch in Potsdam-Babelsberg weiterhin disku- tierende Menschen. Außerdem fuhren immer noch sowjetische Truppen- transporte durch das Stadtgebiet in Richtung Berlin. Als kurz vor 22.00 Uhr die Nachricht die Runde machte, dass die Be- legschaft des Karl-Marx-Werkes am nächsten Tag nach Ost-Berlin mar- schieren wolle, beeilten sich die Polizei, die Staatssicherheit und die SED, entsprechende Gegenmaßnahmen zu entwickeln. Wie kam es aber dazu, dass dieses Werk eine solche Bedeutung hatte? Warum blieben Streiks und Demonstrationen weitgehend aus? Einige Ant- worten auf diese Fragen ergeben sich aus Kontinuitäten, Traditionslinien und Brüchen, die bis in das 19. Jahrhundert zurückzuverfolgen sind und die das Verhalten der Arbeiterschaft auch in jenen Junitagen prägten. Dies kann am Beispiel des Potsdamer »Karl-Marx-Werkes«, der ehemaligen Lo- komotivfabrik »Orenstein & Koppel AG«, und der Industrie- und Stand- ortgeschichte von Potsdam-Babelsberg aufgezeigt werden.   Potsdam-Babelsberg: Industrie, Arbeiter und ein Leitbetrieb6   Zu Beginn des 19. Jahrhunderts war das Gebiet zwischen Neuendorf, der Weberkolonie Nowawes und der Gemeinde Groß-Drewitz, des späteren Potsdam-Babelsberg, noch eine idyllische Natur- und Agrarlandschaft. Die Handweberei von Nowawes, das Handwerk und der Manufakturbetrieb bestimmten bis zur Mitte des 19. Jahrhunderts weitgehend die gewerb- liche Produktion der Gegend. Die wenigen modernen Betriebe befanden sich noch direkt in der Potsdamer Residenz- und Garnisonsstadt. Zu diesen zählten vor 1850 die Jacobsche Zuckersiederei, die Potsdamer Dampfmühle und die Eisenbahnwerkstatt Potsdam – das spätere Reichsbahnausbesse- rungswerk (Raw). Der industrielle Wandlungsprozess erhielt erst in den sechziger Jahren und dann vor allem nach der Reichsgründung (1871) eine neue Dynamik und Qualität. Innerhalb von nur wenigen Jahren entwickel- ten sich die Gemeinden Nowawes und Neuendorf vor den Toren der Stadt Potsdam zum größten Industriestandort des Kreises Teltow im Potsdamer Regierungsbezirk. Die industriell-urbane Massengesellschaft setzte mit Schornsteinen, Fabriken, Infrastrukturanlagen und Arbeiterwohnquartie- ren ihre unübersehbaren Zeichen in die Landschaft und bildete damit einen bizarren Gegensatz zum friderizianisch geprägten Potsdam. 7 Eine herausragende Rolle spielte hierbei die Lokomotivfabrik »Orenstein & Koppel« – das spätere »Karl-Marx-Werk« (1948–1990). Am 1. April 1899 62         rollte die erste Kleinlokomotive aus der in der Nähe des Bahnhofs Drewitz     gelegenen Fabrik, die sich schnell zu einem der größten Arbeitgeber und zum Leitbetrieb der Region entwickelte. Während des Ersten Weltkriegs wuchs die Zahl ihrer Arbeiter und Angestellten aufgrund der Rüstungspro- duktion auf über 2000 an. Mit der ökonomischen Bedeutung steigerte sich auch die kommunalpolitische. 1907 wurde die Gemeindeverwaltung Neu- endorf Nowawes zugesprochen, das 1924 das Stadtrecht erhielt. Bis 1912 dehnte sich das Werk auf mehr als 35.000 m² Fläche aus. Nachdem anfäng- lich auch Großlokomotiven im Auftrag der Königlich-Preußischen Staats- eisenbahn in Einzelfertigung gebaut wurden, spezialisierte sich »Orenstein & Koppel« auf die Serienproduktion von Kleinlokomotiven, die weltweit ihre Abnehmer fanden. Im Vergleich zu den anderen Industriebetrieben in Nowawes, besonders den Betrieben der Textil- und Leichtindustrie, beka- men die Arbeiter bei »Orenstein & Koppel« verhältnismäßig hohe Löhne und sie nahmen eine herausgehobene Position unter der Arbeiterschaft von Nowawes und dem benachbarten Potsdam ein.8 In unmittelbarer Nachbarschaft der Lokomotivfabrik, sozusagen ge- genüber, siedelte sich ab 1911 eine ganz neue Industrie an. Auf dem Areal einer ehemaligen Kunstblumenfabrik, die sich im Grenzgebiet zwischen Nowawes und Neubabelsberg befand, entstanden die ersten Ateliers für Filmproduktionen. Kaum ein Jahrzehnt später hatte sich das Gelände zu einer regelrechten Filmstadt gemausert. Dort schlug das Herz der Film- industrie der Weimarer Republik, des Dritten Reiches und dann auch der SBZ/DDR: Der »Drehort Babelsberg« erlangte Weltberühmtheit. Die Nationalsozialisten vereinigten 1938 die Gemeinde Neubabelsberg mit ihren Villen der besseren Gesellschaft schließlich mit der Industriestadt Nowawes zu Babelsberg. Dahinter steckte auch die Absicht, die Assoziation von Arbeiterstadt und organisierter Arbeiterbewegung zu löschen. Ein Jahr später wurde Babelsberg ein Stadtteil von Potsdam – Potsdam-Babelsberg.9 Damit wurde Potsdam nun auch offiziell nicht nur eine Residenz-, Militär- und Beamtenstadt, sondern auch eine Industrie- und Arbeiterstadt. Die hohe Konzentration von Arbeitern vor den Toren Potsdams hatte bereits im 19. Jahrhundert die Folge, dass in Potsdam und Umgebung schon früh Arbeitergeschichte geschrieben wurde. Das am 21. Oktober 1878 in Kraft tretende »Gesetz gegen die gemeingefährlichen Bestrebungen der Sozialdemokratie« (»Sozialistengesetz«) bewirkte wie andernorts auch, dass sich in Potsdam und Nowawes-Neuendorf unter den Bedingungen der Illegalität eine starke sozialdemokratische Bewegung herausbildete. Nach dem Fall des Sozialistengesetzes und der Neugründung der SAPD als So- zialdemokratische Partei Deutschlands (SPD) im Jahre 1890 entwickelten sich Potsdam und Nowawes bis zum Ersten Weltkrieg zu einer Hochburg  63     der deutschen Sozialdemokratie. Besonders deutlich wurde das bei den Reichstagswahlen von 1912, als die SPD im so genannten Potsdamer »Kai- ser-Wahlkreis« Karl Liebknecht als Wahlkandidaten aufstellte. Als sich Liebknecht in der Stichwahl schließlich gegen die »Kaisertreuen« im »vor- nehmsten« Wahlkreis des Reiches durchsetzte, erklärte er in einem Inter- view, »dass die sozialistische Organisation in meinem Wahlkreis vielleicht die beste im ganzen Reich ist.«10 Das politische Leben spielte sich jedoch in den Fabriken von Nowawes und Potsdam in unterschiedlicher Weise ab. Von der Firma »Orenstein & Koppel« ist beispielsweise überliefert, dass die politische Arbeit außerhalb der Arbeitszeit und maßgeblich auf der Ebene der Wohngebiete stattfand. Wer sich an Demonstrationen zum 1. Mai beteiligte, musste mit Aussper- rungen rechnen. Vor dem Ersten Weltkrieg gab es in der Lokomotivfabrik kaum Streiks und wenn einer wie im Jahre 1910 stattfand, dann hatte der Protest keinen Erfolg. Zu berücksichtigen ist hierbei das soziale System in einem der größten Betriebe der Region, welches von der Unternehmens- führung großzügig unterstützt wurde. Neben gewerkschaftlichen Unter- stützungskassen und einem von der Unternehmensleitung mitgetragenen Unterstützungsfonds für unverschuldet in Not geratene Arbeiter und An- gestellte, gab es – wie schon erwähnt – zudem eine attraktive Bezahlung. Seit 1912 kam auch eine Pausenversorgung durch eine Kantine mit Spei- sesaal hinzu und ab 1913 erhielten Arbeiter darüber hinaus, wenn sie seit Gründung der Fabrik dort beschäftigt gewesen waren, sechs Tage Urlaub im Jahr. Eine große Rolle für das politische Verhalten der Arbeiterschaft in der Fabrik spielte außerdem, dass »Orenstein & Koppel« eine eigene Fach- arbeiterausbildung aufbaute und sich so einen festen und treuen Mitar- beiterstamm schuf. Demgegenüber dürften vor dem Ersten Weltkrieg die politischen Aktivitäten der Beschäftigten in den von Krisen viel schwerer betroffenen Betrieben der Textil-, Tabak- und Leichtindustrie von Nowa- wes deutlich größer gewesen sein. Der Erste Weltkrieg erschütterte auch in Potsdam und Nowawes die Par- teiorganisation der SPD fundamental. Es kam zu Flügelkämpfen zwischen rechten und linken Sozialdemokraten. Die Spaltung der SPD zeichnete sich ab, die sich mit der Gründung der Unabhängigen Sozialdemokratischen Partei Deutschlands (USPD) im April 1917 und der Gründung der Kom- munistischen Partei Deutschlands (KPD) zum Jahreswechsel 1918/19 end- gültig vollzog. In Potsdam wechselten mehr als die Hälfte der SPD-Mitglie- der auf die Positionen der linken USPD. In Nowawes waren es noch mehr. Deutlich sichtbar wurde die Abwanderung bei den Wahlen zum ersten Par- 64  lament der Weimarer Republik: Während in Potsdam 22,5 Prozent für die     SPD und 11,3 Prozent für die Kandidaten der USPD stimmten, waren es in Nowawes 30,4 Prozent für die SPD und 38,0 Prozent für die USPD. Wie viele SPD-Mitglieder zu der am 3. Januar 1919 entstandenen Ortsgruppe der KPD abwanderten, ist nicht überliefert.11 Der Krieg sowie die politische und wirtschaftliche Nachkriegskrise pola- risierten wie überall in Deutschland auch die Arbeiterschaft in Potsdam und Nowawes. Die politischen Auseinandersetzungen, die bewaffneten Kämpfe von 1919 und 1920 sowie die Inflation beeinträchtigten das Alltagsleben in der Potsdamer Region nachhaltig. Doch auch hier ist festzuhalten, dass es der Firma »Orenstein & Koppel« nach 1918 sehr schnell gelang, den so- zialen Arbeitsfrieden – trotz der wirren Nachkriegsjahre – zu sichern. Die Lokomotivfabrik bewahrte sich damit im Vergleich zu anderen Fabriken in Nowawes eine anhaltende Attraktivität: Die während des Krieges aus- gesetzte Urlaubsregelung wurde wieder eingeführt. Es kam zur Reform der Krankenversicherung, zur Anpassung der Tarifgrundlöhne an die ver- änderten gesellschaftlichen Bedingungen, zum Werkswohnungsbau und zur Verpachtung von Kleingartenparzellen an Betriebsangehörige. Wegen dieser sozialen Angebote verhielt sich die Belegschaft der Lokomotivfabrik hinsichtlich der betrieblichen Belange bis zur großen Weltwirtschaftskrise loyal. Möglich wurde diese Sonderrolle der Lokomotivfirma in Nowawes aber auch deshalb, weil sich die wirtschaftliche Situation des Unterneh- mens durch den Osthandel mit der Sowjetunion in den zwanziger Jahren günstig gestaltete. Doch die Weltwirtschaftskrise erfasste schließlich auch »Orenstein & Koppel«: Es kam zur Kürzung der Tariflöhne, zu Entlassungen und zur Kurzarbeit. Nun streikten auch die Arbeiter der Lokomotivfabrik – aller- dings erfolglos. Mit der Weltwirtschaftskrise spitzten sich die politischen Auseinandersetzungen in Nowawes dramatisch zu: Saalschlachten und Straßenkämpfe zwischen »Braunen« und »Roten« oder »Nazis« und »So- zis« standen auf der Tagesordnung. Kommunisten und Sozialdemokraten fanden nicht zueinander und bekämpften sich ebenfalls, was nach 1945 zeit- weilig wieder eine Rolle spielen sollte. Die NSDAP fasste vor Ort zunächst nur langsam Fuß. Betrug ihr Stimmenanteil bei den Reichstagswahlen 1928 noch nicht einmal 1 Prozent, so schnellte er zwei Jahre später auf mehr als 11 Prozent, um sich 1931 auf fast 30 Prozent zu erhöhen. Nach dem Macht- antritt der Nazis, am 5. März 1933, stimmten schließlich 33,3 Prozent der Bevölkerung von Nowawes für die NSDAP. Die nachfolgende, rüstungs- bedingte wirtschaftliche Stabilisierung brachte die Rückkehr des sozialen Arbeitsfriedens. Die Nazis hatten die Lage insgesamt weitgehend im Griff und verzichteten auf groß angelegte Säuberungsaktionen unter der Arbei-   65     terschaft. Sozialdemokraten und Kommunisten beschränkten sich bei ihren politischen Aktivitäten auf illegale Treffs mit persönlich bekannten »Ehe- maligen« an den Arbeitsplätzen und außerhalb der Betriebe. Bei »Orenstein & Koppel« war die NSDAP besonders bei der Mitgliederwerbung und beim Aufbau einer Betriebszelle aktiv, die bei Ende des Krieges 140 NSDAP-Mit- glieder (Stand 1944) zählte.12 Im Zuge der »Arisierung« wurden auch die jüdischen Eigentümer von »Orenstein & Koppel« enteignet und das Unternehmen 1940 in »Maschi- nenbau und Bahnbedarf AG, vormals Orenstein & Koppel« umbenannt. Die Beschäftigten bzw. insbesondere die leitenden Angestellten indes blie- ben den ins Ausland emigrierten Besitzern des Werkes verbunden, was in der Zeit nach 1945 bedeutsam wurde. Vor dem Ausbruch des Krieges arbeiteten im Babelsberger Lokomotiv- werk rund 1500 Personen (Stand 1938). Mehr als 80 Prozent der Beschäf- tigten des Betriebes waren Arbeiter. Der Anteil der Frauen betrug kaum mehr als 1 Prozent. Mit dem Ausbruch des Krieges vollzog sich ein tiefer Einschnitt in der Beschäftigtenstruktur des Betriebes. Mehr als 30 Prozent der Stammbelegschaft wurden zum Kriegsdienst einberufen. Als Ersatz stellte man vermehrt Frauen und Mädchen ein; später folgten ausländi- sche Zwangsarbeiter und Kriegsgefangene. Die Belegschaft wuchs während des Krieges auf insgesamt 3500 Beschäftigte. Davon waren fast die Hälfte Arbeiterinnen und Arbeiter aus der Sowjetunion, aus Frankreich, Holland, Italien, Belgien und Jugoslawien. Am Ende des Krieges waren von der al- ten Belegschaft nur wenige übrig geblieben. Als schon am 5. Mai 1945 auf sowjetischen Befehl mit der Demontage der Werksanlagen begonnen wur- de, meldeten sich im Betrieb 44 Männer und Frauen. Ende des Jahres 1945 zählte man 454 Beschäftigte (Stand 31.12.1945). In den ersten Nachkriegsmonaten traten sehr bald die alten Konflikte zwischen Kommunisten und Sozialdemokraten wieder hervor. Die Proble- me und Konflikte aus der Zeit der Weimarer Republik waren nicht verges- sen. Ernste Meinungsverschiedenheiten gab es, als die Vereinigung von KPD und SPD auf der Tagesordnung stand. Auf einer hierzu extra einbe- rufenen Mitgliederversammlung bei »Orenstein & Koppel« am 10. Januar 1946 wurde sowohl von den Kommunisten als auch von den Sozialdemo- kraten des Betriebes kein Handlungsbedarf für ein solches Zusammenge- hen gesehen. Beide Seiten erinnerten sich an die schlechten Erfahrungen aus der Vergangenheit und argumentierten gegen eine gemeinsame Orga- nisation. Die Sozialdemokraten sprachen sich außerdem vor allem gegen das vorgeschlagene Prinzip der paritätischen Leitungszusammensetzung 66   aus, da sie sich im Betrieb viel zahlreicher vertreten wussten. Dieses Ver-                                         Arbeiter im Babelsberger Lokomotivwerk                                         Die Betriebsverkaufsstelle                                                                                                       67     hältnis traf gleichermaßen auf ganz Potsdam zu: Im Juni 1945 gab es in Potsdam 700 Mitglieder der KPD, davon waren rund 85 Prozent in Pots- dam-Babelsberg organisiert. Einen Monat später war die Mitgliederzahl in der gesamten Stadt auf 790 KPD-Genossen angewachsen. Von diesen 790 Kommunisten gehörten rund 40 Prozent schon vor 1933 zur KPD. Am Ende des Jahres 1945 hatte die KPD 1 624 Mitglieder in Potsdam. Demge- genüber verfügte die Ortsgruppe der SPD in Potsdam im Dezember 1945 über 2514 Mitglieder.13 Nachdem sich KPD und SPD im April 1946 offiziell zur SED vereinigt hatten, wurde schließlich auch bei »Orenstein & Koppel« Druck von »oben« ausgeübt. Am 20. Mai 1946 gaben beide Seiten im Betrieb nach und grün- deten eine Betriebsgruppe der SED. Doch die politischen Befindlichkeiten traten im Betrieb in dem Augenblick traditionsgemäß in den Hintergrund, als von der sowjetischen Besatzungsmacht die Produktion von Lokomoti- ven für die Sowjetunion befohlen wurde. Der Betrieb wurde hiefür auf so- wjetische Anordnung hin mit Werkzeugmaschinen und Ausrüstungen aus den verschiedensten Betrieben des Landes Brandenburg versorgt. Die 1945 von sowjetischen Demontagekolonnen leer geräumten Fabrikhallen waren bis Mitte 1948 wieder mit mehr als 200 Werkzeugmaschinen ausgestattet. Darüber hinaus erhielten die Beschäftigten des Betriebes auf Weisung der SMAD eine Zusatzverpflegung und der Betriebsrat knüpfte mit einer Reihe von sozialen Regelungen an die alten Traditionen des Unternehmens aus der Zeit vor 1939 an. Die Beschäftigtenzahl hatte sich zudem bis Dezember 1947 wieder auf knapp 1300 Arbeiter und Angestellte erhöht. Mit dem Befehl Nummer 64 der SMA Brandenburg wurde am 17. April 1948 die Enteignung der Lokomotivfabrik »Orenstein & Koppel AG« be- fohlen. Am 15. Juli 1948 bestätigte die Landesregierung Brandenburg die- sen Akt mit einer Enteignungsurkunde. Schon am 19. März 1948 wurde in einem Rundschreiben des Betriebes mitgeteilt: Das anlässlich der Hundert- jahrfeier (März-Revolution 1848/49 und Kommunistisches Manifest) der Firmenname in »Lokomotivfabrik Karl Marx Babelsberg« geändert wird. Zu diesem Zeitpunkt setzte sich die Betriebsleitung noch aus einer Reihe alter »Orenstein & Koppel«-Gefolgsleute zusammen. Der Direktor des Betriebes, der Kaufmännische Leiter, der Technologische Leiter, der Chef- konstrukteur und der Oberbuchhalter versuchten das alte Unternehmen »Orenstein & Koppel« zu erhalten. Solange die von der sowjetischen Besat- zungsmacht geforderten Produktionsleistungen erbracht wurden und jeder Fachmann dringend nötig war, hatten diese Kräfte im Werk – trotz SED, Enteignung und Übernahme in das Volkseigentum – wenig zu befürchten 68   und behielten auch das Sagen. Die SED hielt zwar die Stelle des Personal-                                                                                 Enteignungsurkunde der Firma »Orenstein & Koppel AG« 69     leiters besetzt und versuchte gezielt Schlüsselpositionen mit SED-Leuten zu besetzen, aber für primär technische Aufgaben standen keine Politkader zur Verfügung. Im März 1949 gab jedoch der Direktor des Betriebes auf, da die Möglichkeiten für den Erhalt des Unternehmens im Sinne der Un- ternehmensgruppe »Orenstein & Koppel« nicht mehr gegeben waren. Er wechselte in ein im Westen angesiedeltes Unternehmen von »Orenstein & Koppel«. Weitere leitende Mitarbeiter und auch bewährte Fachkräfte aus der alten Stammbelegschaft folgten ihm. Damit schrumpfte der Anteil der vor 1939 im Betrieb beschäftigten Arbeiter und Angestellten noch wei- ter. Wie wenige Beschäftigte der alten Stammbelegschaft im »Karl-Marx- Werk« noch verblieben waren, wird andeutungsweise durch die Zahl der- jenigen Mitarbeiter erkennbar, die zwischen 1954 und 1987 ihre 50-jährige bzw. 60-jährige Betriebszugehörigkeit feiern konnten: Es waren insgesamt 39 Arbeiter und Angestellte, die zwischen 1900 und 1937 bei »Orenstein & Koppel« angefangen hatten.14 Als es im Juni 1953 zu Protesten im Werk kam, gingen die Aktivitäten aus von Arbeiterinnen und Arbeitern einer viel jüngeren Generation der Geburtenjahrgänge zwischen 1923 und 1935. So- zialdemokratische Traditionen spielten hierbei keine oder kaum eine Rolle. Vielmehr hatte die alte Firmendisziplin von »Orenstein & Koppel« weiter- hin große Bedeutung: Lokomotiven hatten den Vorrang. Trotzdem bleibt die Frage, was aus den Sozialdemokraten von 1945/46 geworden ist, die sich gegen eine Vereinnahmung durch die KPD zur Wehr gesetzt hatten. Tatsache ist, dass damals angesichts der Schreckensherr- schaft der Nationalsozialisten und des verheerenden Krieges das Argument große Bedeutung hatte, dass diese Katastrophe nur aufgrund der »unseli- gen Spaltung der Arbeiterklasse« vor 1933 geschehen konnte. Dieser Argu- mentation beugten sich viele Sozialdemokraten in der Lokomotivfabrik. Einen großen Einfluss hatte zudem die innerparteiliche Kontrolle der SED nach 1946. Besonders die ab 1948 unverhüllt geführte Kampagne gegen den »Sozialdemokratismus« und die damit einhergehenden Schauprozesse lähmten viele Sozialdemokraten. Neben der Kontrolle innerhalb der Partei hatten sie außerdem den Umgang der SED mit anderen politischen Kräften wie beispielsweise der CDU vor Augen. Der politische Mord am Potsdamer Bürgermeister Erwin Köhler, der mit seiner Frau vom sowjetischen Ge- heimdienst 1951 in Moskau hingerichtet wurde, verdeutlicht exemplarisch, wie mit massiven Drohungen, Bespitzelung und Denunziationen politisch Andersdenkende ausgeschaltet wurden.15     70     Der 18. Juni 1953 in Potsdam16   Am Morgen des 18. Juni 1953 erschien die Belegschaft wie gewohnt zur Arbeit im Karl-Marx-Werk. Gegen 8.00 Uhr kam jedoch Bewegung in den Betrieb. Es formierte sich ein Demonstrationszug, der durch das Werk zog und die noch abwartenden Arbeiter unter anderem mit der Losung »Willst Du ein guter Deutscher sein, dann reih Dich bei uns ein« zur Arbeitsnie- derlegung aufforderte. Von den insgesamt rund 1800 Beschäftigten folgten 1500 der Aufforderung und man versammelte sich vor dem Gebäude der Parteiorganisation des Werkes. Die Versammelten wollten vor allem von der Werkleitung Rechenschaft und Stellungnahme wegen der Verhängung des Ausnahmezustandes. Es wurde die Absetzung der Regierung gefordert und gefragt, wo Wilhelm Pieck sei. Währenddessen hat man in der Par- teileitung des Betriebes hitzig darüber diskutiert, wie auf die entstandene Situation reagiert werden sollte. Der Werkleiter lehnte Verhandlungen mit dem Hinweis auf den Ausnahmezustand kategorisch ab. Doch ein Demonst- rationszug der Arbeiter in die Stadt oder gar durch die Westsektoren nach Ost-Berlin – wie schon am Abend des 17. Juni 1953 angekündigt – kam nicht zustande. So erschien auf der Bildfläche unter anderem ein promi- nenter Vertreter des ZK der SED aus Ost-Berlin - Erich Honecker. Glaubt man den Stimmungs- und Lageberichten, so hatte Honecker einen großen Anteil an der Beruhigung der Arbeiter. In einem Stimmungsbericht eines Mitarbeiters der Staatssicherheit vom 18. Juni 1953 wurde über das Auf- treten Honeckers vermerkt: »Erst mit dem Erscheinen des Mitgliedes des Zentralkomitees der SED, Erich Honecker, konnte eine Klärung der Diskussion erzielt werden. Der Genosse Honecker schlug vor, aus allen Schwerpunkt-Abteilungen je 2 Ar- beiter als Delegation zu empfangen, um mit ihnen über die strittigen Fra- gen zu diskutieren. Dabei war auffallend, dass bei dieser Diskussion, bzw. Aussprache der Parteisekretär eine untergeordnete Rolle spielte, wogegen der Werkleiter sich durch seine politische und fachliche Stärke auszeich- nete. Mit Ausnahme eines Arbeiters der Delegation stellten die anderen Delegationsmitglieder rein betriebliche Fragen, wie: richtige Materialzu- teilung, Normenangleichung und Lohnregelung. Dabei wurde von allen betont, dass sie gewillt sind, die Arbeit sofort wieder aufzunehmen. Der die Ausnahme bildende Arbeiter der Delegation stellte die politische Forde- rung, die indirekt die Bestrafung der Regierung ausdrückte. Hierauf ergriff der Genosse Honecker das Wort und schilderte die Situation in Berlin mit konkreten Beispielen, die der Delegation klarmachten, dass die verbreche- rischen Ausschreitungen in Berlin nichts mehr mit einem einfachen Streik   71     der Arbeiterschaft zu tun haben. An diesen Ausführungen anknüpfend be- wies der Werkleiter die Notwendigkeit der Verhängung des Ausnahmezu- standes für den Bezirk Potsdam und lokalisierte damit die Diskussion auf rein betriebliche Fragen des Karl-Marx-Werkes.«17 Gegen 10.30 Uhr erschien schließlich der sowjetische Stadtkomman- dant von Potsdam im Betrieb und erklärte unmissverständlich, dass man im Betrieb innerhalb einer Viertelstunde wieder die Arbeit aufzunehmen hatte. Seinen »Wunsch« unterstrich er vor allem dadurch, dass er vor dem Werktor sowjetische Panzer auffahren ließ. Die Bezirksbehörde der Deutschen Volkspolizei Potsdam berichtete über die Schlüsselfunktion des Werkes für die Stadt und die Wirkung des Auftretens des sowjetischen Stadtkommandanten wenige Tage später wie folgt: »Ein weiterer Schwerpunkt entwickelte sich im Karl Marx Werk Pots- dam, wo die Rädelsführer versuchten, die Werktätigen zu einer Demonst- ration zu veranlassen. Die Auswirkung einer solchen Demonstration hätte zur Folge gehabt, dass sich ein grosser Teil anderer Betriebe angeschlossen hätte, was darin zum Ausdruck kam, dass die anderen Potsdamer Grossbe- triebe durch Delegationen die Haltung der Arbeiter des Karl Marx Werkes erforschen liessen. Von den Delegationen, die zum Karl Marx Werk ent- sandt wurden, wurde zum Ausdruck gebracht, dass, wenn die Werktätigen dieses Betriebes die Arbeit niederlegen, sich die anderen Betriebe ebenfalls anschliessen würden. Durch den Einsatz von VP-Kräften wurde das Werk geschlossen, um eine Demonstration in das Stadtgebiet zu verhindern. Ein sowjetischer General, der zu den Arbeitern sprach, bewirkte, dass die Arbeit wieder aufgenommen wurde.«18 Im Bericht wurde auf die Anwesenheit Honeckers im Betrieb nicht ein- gegangen, und es wurde auch mit keiner Silbe erwähnt, dass sich bei der kurzen Ansprache des Generals sowjetische Panzer in Sichtweite postiert hatten. Die Demonstration löste sich auf. Zurück blieben 150 überwiegend jüngere Arbeiterinnen und Arbeiter, die in verschiedenen Gruppen weiter diskutierten. Gegen 12 Uhr war im Werk Ruhe eingekehrt und die meisten Beschäftigten arbeiteten wieder. Auch die Nachmittagsschicht nahm die Arbeit mit einer Ausnahme ohne Verzögerung auf. Delegationen der be- nachbarten Babelsberger Filmstudios und des Raw erschienen im Werk und erkundigten sich nach dem Stand der Dinge. Wieder war es Honecker, der mit den Delegationen offensiv diskutierte. Nach der Rückkehr der Delegationen in ihre Betriebe wurde auch dort wieder die Arbeit aufge- 72   nommen.19     Für die Arbeiter und Angestellten im Karl-Marx-Werk war in den Monaten vor dem 17. Juni 1953 ausschlaggebend, dass die von der SED geforderten höheren Arbeitsleistungen aufgrund einer schlechten bzw. stockenden Zulieferung – selbst bei bestem Willen – nicht möglich gewesen waren. Die Lohneinbußen bei der unverschuldeten Nichterfüllung des Pla- nes hatten die Gemüter aufs Äußerste erregt. Und so spielte dieses Thema bei den Diskussionen am 17. und 18. Juni 1953 naturgemäß eine zentrale Rolle. Der Werkleitung gelang es angesichts der sowjetischen Drohkulisse die Unzufriedenheit auf die Lösung der betrieblichen Belange zu kanalisie- ren und die Arbeitsdisziplin erfolgreich einzufordern.   Ein Verhörprotokoll als Resümee   In den darauf folgenden Tagen verhaftete die Staatssicherheit die so ge- nannten »Rädelsführer« aus dem Karl-Marx-Werk. Die Verhafteten waren zwischen 20 und 30 Jahre alt. Alle hatten spontan reagiert und keineswegs im Auftrag irgendeiner Macht gehandelt. Einige von ihnen hatten persön- liche Probleme mit einzelnen leitenden SED-Funktionären bzw. Angestell- ten des Betriebes. Sie nutzten die Situation, um diese mit ihren Forderun- gen und Argumenten herauszufordern. Was man ihnen vorwarf (Boykott- hetze, Aufwiegelung usw.) entbehrte jeder Grundlage und verdeutlicht, mit welcher Härte die SED-Führung nach dem 17. Juni 1953 reagierte. Im Folgenden ein Verhörprotokoll eines als »Rädelsführer« beschuldigten Ar- beiters aus dem Karl-Marx-Werk vom 23. Juni 1953:20   Potsdam, den 23.6.1953 Beginn der Vernehmung: 15.00 Uhr Ende der Vernehmung: 19.05 Uhr Vernehmungsprotokoll des Beschäftigten (…) geb. am (…) 1930 in (…) ohne erlernten Beruf jetzt: Elektroschweißer wh.: Potsdam, (…)   Frage: Was war der Anstoß zu der am 17.6.1953 stattgefundenen Versamm- lung im großen Klubraum des Karl-Marx-Werkes? Antwort: Ich kenne den Grund nicht warum die Arbeiter in den großen Klubraum kamen. Als erste Abteilung kamen zu dieser Versammlung die Kollegen vom Drehgestellbau.                            73     Frage: War diese Versammlung von der Betriebsleitung oder BGL einberu- fen worden oder wie ist sie zustande gekommen? Antwort: Wie ich weiß ist sie von der Betriebsleitung oder BGL nicht or- ganisiert worden.   Frage: Waren alle Kollegen des Werkes anwesend? Antwort: Ich nehme an, daß fast alle Werksangehörigen dort anwesend waren.   Frage: Durch welche provokatorischen Zwischenrufe störten sie die Ver- sammlung? Antwort: Ein Kollege der Kesselschmiede sprach zur Diskussion und be- schuldigte den (…) ehemaligen Brigadier in der Kesselschmiede oder Lok- montage (…), daß dieser Kollege der Betriebsleitung mitgeteilt hat, daß die Brigade ihre Norm um 10% erhöht ohne das er vorher mit den Mitgliedern der Brigade gesprochen hat. Ich habe daraufhin mehrmals »pfui« gerufen. Außerdem habe ich mich einmal zur Diskussion gemeldet. Der Werkleiter hatte davon gesprochen, daß man im Kabelwerk Oberspree versucht hat Ruhe und Ordnung wiederherzustellen. Darauf rief (…) »aber nicht mit Panzer«. Der Werkleiter sagte darauf »Wir müssen unser Augenmerk auf den Kollegen richten, es ist ja möglich, daß er bewußt stört.« Ich meldete mich zum Wort und sagte: »Kollege Werkleiter (…), kann man einem Kol- legen vorwerfen, daß er bewußt gestört hat.«   Frage: Was wollten sie durch ihre Zwischenrufe »pfui« ausdrücken und erreichen. Antwort: Ich wollte mein Mißfallen zu der Handlungsweise des Kollegen (…) ausdrücken und erreichen, daß solche Fälle nicht noch einmal vor- kommen.   Frage: Dem Untersuchungsorgan ist bekannt, daß sie über Redefreiheit in der DDR gesprochen haben. Schildern sie wie es zu ihren Äußerungen kam. Antwort: Am 18.6.1953 habe ich in der Versammlung im Waschraum des Drehgestellbaus an den Kollegen (…) die Frage gestellt, ob wir Redefreiheit in der DDR haben. (…) antwortete mir: Jawohl, die haben wir, aber nicht für solche die Boykotthetze gegen die DDR betreiben.   Frage: Schildern sie wie sie dazu gekommen sind die 4 angeblichen Forde- 74         rungen der Stalinallee zu verbreiten?     Antwort: Ich habe diese Forderungen das erste Mal gehört, als sie ein Kol- lege vom Drehgestellbau in der Versammlung am 17.6.1953 zur Diskussi- on verkündete. Personenbeschreibung dieses Kollegen: ca. 1,75 groß, un- tersetzte Figur, rundliches Gesicht. – Ich selbst habe nie diese Forderung weiterverbreitet.   Frage: Welche Personen sind ihnen bekannt die eine antidemokratische Tätigkeit ausüben. Antwort: Mir sind keine Personen bekannt die eine antidemokratische Tä- tigkeit ausüben.   Frage: Hören sie den Hetzsender Rias? Antwort: Ich höre nur Musiksendungen des Hetzsenders Rias. Früher habe ich allerdings auch die Nachrichten gehört, bis mir die Hetze zuviel wurde.   Das Protokoll habe ich selbst gelesen. Der Inhalt des Vernehmungsprotokolls entspricht in allen seinen Zeilen den von mir gemachten Aussa- gen. Meine Worte sind richtig wiedergegeben dies bestätige ich durch meine Unterschrift.   (…)             Undatierter Stimmungsbericht (wahrscheinlich 18.6.1953): Die Bundesbeauftragte für die Unterlagen des Staatssicherheitsdienstes der DDR (BStU), Ast Potsdam, AS 1/53, Band II, Blatt 82. Analyse der Stadtbezirksleitung Potsdam III, SED-Kreisleitung Potsdam-Babels- berg, 10.7.1953: Brandenburgisches Landeshauptarchiv (BLHA), Rep. 531, Signatur 303. Die Angaben über die Ereignisse in Potsdam folgen der Aktenüberlieferung der Staatssicherheit und der BDVP: BStU, Ast Potsdam, AS 1/53, Band I-V; BLHA, Rep. 404/15, Signatur 33, Blatt 338–363. Vgl. hierzu zuletzt im Überblick Volker Koop: Der 17. Juni 1953. Legende und Wirk- lichkeit. Berlin 2003, S. 163–174; sowie »www.17juni53.de«. Koop, Der 17. Juni, 1953, S. 167–169. Der Verfasser bedankt sich bei Hans Gallinat, der ihm freundlicherweise das Manu- skript seiner Unternehmensgeschichte über Orenstein & Koppel/Karl-Marx-Werk zur Verfügung gestellt hat. Die im folgenden Text dargestellten Zusammenhänge          75     und verwendeten Daten über den Betrieb stammen aus Hans Gallinat: Geschichte des VEB Maschinenbau »Karl-Marx« Potsdam-Babelsberg. Potsdam 1994 (unver- öffentlichtes Manuskript). Neuendorf-Nowawes-Babelsberg. Stationen eines Stadtteils. Hrsg. vom Förderkreis Böhmisches Dorf Nowawes und Neuendorf e.V. Horb am Neckar 2000, S. 51–88; Manfred Uhlemann/Otto Rückert (Hrsg.): Potsdam. Geschichte der Stadt in Wort und Bild. Berlin 1986, S. 66–67. Neuendorf-Nowawes-Babelsberg, S. 60–61. Ebenda, S. 52–121. Zitiert nach Uhlemann, Potsdam, S. 98. Ebenda, S. 105–111; Neuendorf-Nowawes-Babelsberg, S. 66–67. Ebenda, S. 80. Potsdam und das Jahr 1945. Hrsg. vom Potsdam-Museum. Potsdam 1995, S. 15; Uhlemann, Potsdam, S. 146. Unsere Karl-Marx-Werker im 25. Jahr der Republik. Notizen aus dem Alltag. Pots- dam 1974, S. 4–10. Thomas Klein: »Für die Einheit und Reinheit der Partei«. Die innerparteilichen Kontrollorgane der SED in der Ära Ulbricht. Köln/Weimar/Wien 2002, S. 112– 115; Jürgen Köhler: Mein Vater war schlohweiß. Rekonstruktion eines politischen Mordes. In: Sigrid Grabner/Hendrik Röder/Thomas Wernicke (Hrsg.): Potsdam 1945–1989. Zwischen Anpassung und Aufbegehren. Potsdam 1999, S. 21–27. Vgl. zu den Angaben über die Abläufe die Anmerkung 3. Stimmungsbericht aus dem Karl-Marx-Werk, 18.6.1953: BStU, Ast Potsdam, AS 1/53, Band III, Blatt 16–17. Bericht über die Auswertung des volkspolizeilichen Einsatzes zur Niederschlagung der faschistischen Provokation seit dem 16. Juni 1953, 28.6.1953: BLHA, Rep. 404/ 15, Signatur 33, Blatt 9. Stimmungsbericht aus dem Karl-Marx-Werk, 18.6.1953: BStU, Ast Potsdam, AS 1/53, Band III, Blatt 17–19. Verhörprotokoll vom 23.6.1953: BStU, Ast Potsdam, AU 302/53, Band 1, Blatt 182–184. Fehler im Original wurden bei der Transkription nicht berichtigt.                         76 Ulrich Mählert (Hg.)         Der 17. Juni 1953 Ein Aufstand für Einheit, Recht und Freiheit                                                                               Bibliografische Information Der Deutschen Bibliothek Die Deutsche Bibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über http://dnb.ddb.de abrufbar.   ISBN 3-8012-4133-5   Copyright © 2003 by Verlag J.H.W.Dietz Nachf. GmbH Dreizehnmorgenweg 24, D-53175 Bonn Satz: Petra Strauch, Bonn Lektorat: Günter Hertel Umschlaggestaltung: Daniela Müller, Bonn, unter Verwendung eines Fotos aus dem Archiv der sozialen Demokratie der Friedrich-Ebert-Stiftung Druck und Verarbeitung: WB-Druck, Rieden Alle Rechte vorbehalten Printed in Germany 2003 Inhalt   7 Einleitung: Dimensionen eines Aufstandes Ulrich Mählert             I Der Aufstand in den Regionen 36 Berlin: Die Stalinallee – Vom Symbol des sozialistischen Aufbaus zum Zentrum des Arbeiterprotests Stefan Wolle   57 Potsdam: Im Schatten der Hauptstadt? Traditionen, Brüche und Konflikte Burghard Ciesla   77 Leipzig und Görlitz: Die SED-Macht zeigt sich hilflos Heidi Roth   109  Jena: Die Zeiss-Arbeiter proben den Aufstand Heinz Voigt   133  Bezirk Halle: Aufruhr im »blutroten Herzen Deutschlands« Udo Grashoff   157 Rostock: Erhebung an der Küste Klaus Schwabe             II Menschen machen Geschichte 174 Fallstudien zum sozialdemokratischen Widerstand in der SBZ/DDR Friedhelm Boll   199 Richard Haider – Ein Leipziger Sozialdemokrat Zusammengestellt von Heidi Roth   5 Inhalt       205   Stefan Weingärtner – Ein jugendlicher »Provokateur« Zusammengestellt von Heidi Roth   209 Walter Scheler – Die Courage des Augenblicks Zusammengestellt von Heinz Voigt   215 Paul Othma – Ein Streikführer in Bitterfeld Zusammengestellt von Udo Grashoff   219 Robert Dahlem – Wider die eigene Partei Zusammengestellt von Klaus Schwabe   225 »Der 16. Juni 1953 bleibt mir unvergesslich« – Ein Augenzeugenbericht Peter Bruhn     III Geschichtsbewusstsein und Geschichtspolitik   252 Die »Verarbeitung« des 17. Juni 1953 in der DDR und der Bundesrepublik Bernd Faulenbach     273   Weiterführende Literatur   277 Bildnachweis   278 Über die Autoren                   6

Aufsatz

Paul Othma - Ein Streikführer in Bitterfeld

Udo Grashoff

Mit Paul Othma an der Spitze zogen wenig später tausende Demons- tranten in breiten Reihen durch das Elektrochemische Kombinat. Immer mehr Arbeiter strömten hinzu, und auch die Schwestern und Kranken- pfleger der Betriebspoliklinik schlossen sich an. Auf der Straße ins Stadt- zentrum erreichte der Demonstrationszug eine Länge von drei bis vier Kilometern. An einer Schule reihte sich der Lehrer Wilhelm Fiebelkorn, umgeben von seinen Schülern, in die vorderste Linie ein. Er sollte wenig später… Paul Othma – Ein Streikführer in Bitterfeld   Zusammengestellt von Udo Grashoff                 I m Jahre 1921 kam Paul Othma zusammen mit seiner Familie aus Beuthen (Oberschlesien) nach Sandersdorf, einem fünf Kilometer westlich von Bitterfeld gelegenen Ort. Seine Ausbildung als Elektriker hatte der 16-jäh- rige zu diesem Zeitpunkt schon abgeschlossen. Zunächst arbeitete Othma 20 Jahre im Bitterfelder Elektrizitätswerk. In Sandersdorf baute er 1936 gemeinsam mit seiner Frau ein kleines Haus, wo er fortan wohnte. Wäh- rend des Zweiten Weltkrieges war er in den Flugzeug- und Motorenwerken Junkers in Dessau tätig. Kurz nach Kriegsende trat der bis dahin Parteilose der Ortsgruppe der Liberaldemokratischen Partei bei und wurde in deren Vorstand gewählt. 1945 hatte Othma in den Antifa-Ausschüssen mitgearbeitet, später gehörte er dem Gemeinderat an. Dort stellte er sich entschlossen gegen die Miss- stände der KPD/SED-Diktatur, gegen Schlamperei und Korruption, was ihm auch manche Feindschaft einbrachte. Im Jahre 1950 jedoch trat Othma wieder aus der LDP aus, wegen deren »heuchlerischer Politik« und weil er, der gebürtige Schlesier, die »Oder-Neiße-Friedensgrenze« nicht akzeptie- ren konnte. In der Bevölkerung des Ortes war er nicht zuletzt wegen sei- ner Hilfsbereitschaft und seiner Frohnatur beliebt. An Kundschaft für sein Elektroreparatur-Geschäft, das er 1946 gegründet hatte, mangelte es nicht. Trotzdem gab er im Februar 1953, unter anderem wegen der hohen Steu- erbelastung für Selbstständige, sein Geschäft auf. Im Elektrochemischen Kombinat Bitterfeld fand er eine Stelle als Elektriker im Aluminiumwerk. Der 17. Juni 1953 begann für Paul Othma damit, dass er nach Schicht- beginn kurz vor sieben Uhr gemeinsam mit zwei Kollegen destilliertes Wasser holen ging. Dabei stieß er auf eine größere Menschenansammlung vor dem Gewerkschaftshaus des Kombinates, die erregt über den Verbleib verhafteter Kollegen diskutierte. Auch Othma ließ es sich nicht nehmen, seine Meinung kundzutun, so dass er in eine Abordnung von fünf Kollegen                                                             215 Paul Othma                                     Paul Othma gewählt wurde. Ihr Auftrag war es, zwischen dem anwesenden Gewerk- schaftsfunktionär und der immer mehr anwachsenden Menschenmen- ge zu vermitteln. Der Funktionär, der inzwischen wegen eines bestimmten Verhafteten mit der Polizei telefoniert hatte, verkündete schließlich, »die Polizei hätte geantwortet, bei ihnen wäre der Kollege nicht.« Daraufhin stieg Paul Othma auf einen Trakto- ranhänger und sagte: »Arbeitskolle- ginnen und Kollegen, wir lassen uns nicht verklapsen, wir wollen Klarheit haben, wir werden euch über die Ver- handlungen genau berichten.« Diese Worte entsprachen ziemlich genau der euphorischen Stimmung dieses Mittwochmorgens, zumal mittler- weile bekannt geworden war, dass sich Arbeiter aus der Film- und der Far- benfabrik Wolfen bereits auf den Weg nach Bitterfeld gemacht hatten. Mit Paul Othma an der Spitze zogen wenig später tausende Demons- tranten in breiten Reihen durch das Elektrochemische Kombinat. Immer mehr Arbeiter strömten hinzu, und auch die Schwestern und Kranken- pfleger der Betriebspoliklinik schlossen sich an. Auf der Straße ins Stadt- zentrum erreichte der Demonstrationszug eine Länge von drei bis vier Kilometern. An einer Schule reihte sich der Lehrer Wilhelm Fiebelkorn, umgeben von seinen Schülern, in die vorderste Linie ein. Er sollte wenig später ebenso wie Paul Othma zu dem 16-köpfigen Streikkomitee gehö- ren, das bei einer eilig anberaumten Kundgebung auf dem Platz der Jugend, dem zentralen Kundgebungsplatz der Bitterfelder Innenstadt, durch Zuruf gewählt wurde. Othma sprach dort als Erster zu den Massen. Die Tyrannei habe nun ein Ende, der Tag der Befreiung sei nah, sagte er, und ermahnte die Arbeiter gleichzeitig zu Besonnenheit. Die Bitterfelder Geschäftsleute ermutigte er, die Läden wieder zu öffnen, da die Arbeiter »keine Räuber sind und nur für ihre Rechte kämpfen«. Bei der Kundgebung auf dem Platz der Jugend wurde auch ein SED- Funktionär zur Rede gestellt, der verdächtigt wurde, bei den »Volkswah- 216   len« 1950 Wahlfälschungen begangen zu haben. Der Versuch, sich vor den Massen zu rechtfertigen, brachte die Stimmung nur noch mehr gegen ihn auf. Zunächst organisierte das Streikkomitee einen Begleitschutz, später aber ergriffen einige Arbeiter den Funktionär und warfen ihn in den Lober, einen schmutzigen Bach. Während sich die Massenkundgebung nach gut einer Stunde auflöste, begann der Aufstand eine Eigendynamik zu entwickeln. Statt in die Be- triebe zurückzumarschieren, forderten Arbeiter die Besetzung der ganzen Stadt und die Befreiung der Häftlinge. Mehrere Gruppen wurden gebildet. Während Othmas Kollege Horst Sowada, der zwischenzeitlich Volkspoli- zist gewesen war, mit seiner Gruppe das MfS-Gebäude besetzte, sollte Oth- ma zum Gericht gehen, um die Freilassung der Gefangenen auszuhandeln. Auf dem Weg hörte Othma von Tumulten am Volkspolizei-Kreisamt und ging dorthin, um Zerstörungen zu verhindern. Es gelang ihm, Aufständi- sche davon abzuhalten, die Waffenkammer auszuräumen. Zudem veran- lasste er die Aufstellung von Streikposten. Offenbar kämpfte Othma in diesen Stunden an zwei Fronten gleichzeitig: Einerseits versuchte er, das Streikkomitee als neue Machtinstanz in Bitterfeld durchzusetzen, anderer- seits bemühte er sich, die spontane und unkontrollierte Gewalt einzudäm- men. Danach erschien er wie auch die anderen Streikführer zu einer ersten Bilanz im Bitterfelder Rathaus. Auf der Sitzung des Streikkomitees wurde ein neuer Bürgermeister ge- wählt. Es war jener, den die Nazis 1933 abgesetzt hatten. Dann ergriff Horst Sowada, der im MfS-Gebäude auf die dortige Aktenregistratur gestoßen war, das Wort. Noch während er die Namen von Spitzeln bekannt gab, for- mulierten Mitglieder des Streikkomitees bereits einen Forderungskatalog, der per Telegramm an die Regierung geschickt wurde. Kurz darauf traf die Nachricht vom Heranrücken sowjetischer Truppen ein. Etwa zur selben Zeit, um 14.15 Uhr, erließ der Bezirkschef der Deutschen Volkspolizei den Schießbefehl für den Bezirk Halle. Paul Othma sprach sich im Rathaus da- für aus, den Streik dennoch fortzusetzen. Er fuhr mit einem BMW, der beim MfS konfisziert und mit einem Schild »Streikleitung« versehen worden war, in mehrere Großbetriebe und sorgte dafür, dass dort die Forderungen des Streikkomitees über den Werkfunk bekannt gegeben wurden. Noch bis zum Abend hofften die Bitterfelder auf einen Generalstreik. Doch die Kuriere, die nach Berlin zum RIAS geschickt wurden, um dort zum lan- desweiten Streik aufzurufen, kamen nicht mehr durch. Mittlerweile hat- ten russische Truppen Straßensperren errichtet, um den Ausnahmezustand durchzusetzen. Panzer patrouillierten durch die Bitterfelder Innenstadt. Nach allen Streikführern wurde gefahndet. Bei einer Verhaftungsaktion in der Nacht                                                                                       217 Paul Othma     zum 23. Juni wurde in Spören, einem Dorf nahe Bitterfeld, ein Mann, der nicht zu den Streikführern gehörte, »auf der Flucht erschossen«.1 Wilhelm Fiebelkorn und Horst Sowada gelang es, unterzutauchen und dann nach West-Berlin zu fliehen. Paul Othma hingegen, der sich in sei- nem Elternhaus in Sandersdorf versteckt hatte, wurde am 20. Juni verhaf- tet. Am 31. Oktober 1953 hat ihn das Bezirksgericht Halle zu zwölf Jahren Zuchthaus verurteilt. Obwohl 38 seiner Arbeitskollegen bestätigten, »dass der Angeklagte als ruhiger, gewissenhafter und verantwortungsbewusster Arbeiter geschätzt war«, obwohl weitere Zeugen versicherten, dass er auf diese Weise auch am 17. Juni in Erscheinung getreten war und sich »in be- sonnener und ruhiger Weise eingeschaltet« habe, lag die Strafe noch über dem Antrag des Staatsanwaltes, der zehn Jahre Zuchthaus gefordert hatte. Zudem wurde Othmas gesamtes Vermögen konfisziert. Sein Engagement gegen Randale und Zerstörungen interpretierte das Gericht als den syste- matischen Versuch, dafür zu sorgen, »daß alles unzerstört in die Hände der Kriegstreiber hätte übergeben werden können.« Am 1. September 1964 wurde Paul Othma als sehr kranker Mann aus der Haft entlassen. Die Einwohner von Sandersdorf nahmen ihn laut einem MfS-Bericht »sehr herzlich« auf, unterstützten ihn und behandelten ihn als »Volkshelden«. Othma ließ auch nach der langen Haft keinen Zweifel daran, dass er stolz war, zu den Organisatoren des 17. Juni gehört zu haben, und dass er das Scheitern des Aufstandes bedaure. Seine Invalidenrente war äußerst gering, weshalb er für Bekannte Radios und Fernsehapparate reparierte. Dabei löckte er auch weiterhin wider den Stachel, wie ein Poli- zeibericht vermerkte: »Wenn ein Kunde sein Radio abholt sagt er: ›RIAS oder andere Sender dürfen Sie ja nicht hören.‹ Aber er zeigt ihnen, wo sie zu erreichen sind.« Am 20. Juni 1969 ist Paul Othma im Alter von 63 Jahren gestorben.2             Landeshauptarchiv Sachsen-Anhalt, Abteilung Merseburg, BdVP Halle, Bestand 19, Nr. 74, Bl. 102. Alle Zitate aus: Heidemarie Schmidt/Paul Werner Wagner: »… man muss doch mal zu seinem Recht kommen …« Paul Othma – Streikführer am 17. Juni 1953 in Bitterfeld, Magdeburg 2001. Vgl. auch Rainer Hildebrandt: Der 17. Juni. Berlin 1983, S. 117–143.       218 Ulrich Mählert (Hg.)         Der 17. Juni 1953 Ein Aufstand für Einheit, Recht und Freiheit                                                                               Bibliografische Information Der Deutschen Bibliothek Die Deutsche Bibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über http://dnb.ddb.de abrufbar.   ISBN 3-8012-4133-5   Copyright © 2003 by Verlag J.H.W.Dietz Nachf. GmbH Dreizehnmorgenweg 24, D-53175 Bonn Satz: Petra Strauch, Bonn Lektorat: Günter Hertel Umschlaggestaltung: Daniela Müller, Bonn, unter Verwendung eines Fotos aus dem Archiv der sozialen Demokratie der Friedrich-Ebert-Stiftung Druck und Verarbeitung: WB-Druck, Rieden Alle Rechte vorbehalten Printed in Germany 2003 Inhalt   7  Einleitung: Dimensionen eines Aufstandes Ulrich Mählert             I Der Aufstand in den Regionen 36  Berlin: Die Stalinallee – Vom Symbol des sozialistischen Aufbaus zum Zentrum des Arbeiterprotests Stefan Wolle   57  Potsdam: Im Schatten der Hauptstadt? Traditionen, Brüche und Konflikte Burghard Ciesla   77  Leipzig und Görlitz: Die SED-Macht zeigt sich hilflos Heidi Roth   109 Jena: Die Zeiss-Arbeiter proben den Aufstand Heinz Voigt   133  Bezirk Halle: Aufruhr im »blutroten Herzen Deutschlands« Udo Grashoff   157  Rostock: Erhebung an der Küste Klaus Schwabe             II Menschen machen Geschichte 174 Fallstudien zum sozialdemokratischen Widerstand in der SBZ/DDR Friedhelm Boll   199  Richard Haider – Ein Leipziger Sozialdemokrat Zusammengestellt von Heidi Roth   5 Inhalt       205   Stefan Weingärtner – Ein jugendlicher »Provokateur« Zusammengestellt von Heidi Roth   209 Walter Scheler – Die Courage des Augenblicks Zusammengestellt von Heinz Voigt   215 Paul Othma – Ein Streikführer in Bitterfeld Zusammengestellt von Udo Grashoff   219 Robert Dahlem – Wider die eigene Partei Zusammengestellt von Klaus Schwabe   225 »Der 16. Juni 1953 bleibt mir unvergesslich« – Ein Augenzeugenbericht Peter Bruhn     III Geschichtsbewusstsein und Geschichtspolitik   252 Die »Verarbeitung« des 17. Juni 1953 in der DDR und der Bundesrepublik Bernd Faulenbach     273   Weiterführende Literatur   277 Bildnachweis   278 Über die Autoren                   6

Aufsatz

Bezirk Halle: Aufruhr im "blutroten Herzen Deutschlands"

Udo Grashoff

»In starken Marschsäulen marschieren die Demonstranten zum Marktplatz und randalieren dort in schamlosester Weise«, telegrafierte am Mittag des 17. Juni ein LDPD-Funktionär aus Quedlinburg an seinen Bezirksvorstand in Halle. »Junge Arbeiter stürmten in das Rathaus, rissen rote, blaue und die Friedensfahnen, Transparente und Büsten von den Wänden und Podesten, warfen Fenster- und Schaufensterscheiben ein und organisierten Sprechchöre. Gefordert wurde: Freiheit für alle politischen Häftlinge,… Bezirk Halle: Aufruhr im »blutroten Herzen Deutschlands«   Udo Grashoff               Arbeiter gegen die »Partei der Arbeiterklasse«     I n starken Marschsäulen marschieren die Demonstranten zum Marktplatz und randalieren dort in schamlosester Weise«, telegrafierte am Mittag des 17. Juni ein LDPD-Funktionär aus Quedlinburg an seinen Bezirksvor- stand in Halle. »Junge Arbeiter stürmten in das Rathaus, rissen rote, blaue und die Friedensfahnen, Transparente und Büsten von den Wänden und Podesten, warfen Fenster- und Schaufensterscheiben ein und organisier- ten Sprechchöre. Gefordert wurde: Freiheit für alle politischen Häftlinge, gesamtdeutsche freie Wahlen; gebt uns Butter statt Kanonen; wir brauchen keine Volksarmee und anderes.«1 Ähnliche Szenen spielten sich am 17. Juni 1953 im gesamten Industriegebiet um Halle ab. Etwa 150.000 Arbeiter aus 211 Betrieben gingen an jenem Tag im Bezirk Halle auf die Straße. 34 Pro- zent der Arbeiterschaft, so eine zeitgenössische parteiinterne Einschätzung, demonstrierten und streikten gegen die SED, die »Partei der Arbeiterklas- se«, wie deren Führung nicht müde wurde, immer wieder zu behaupten. Deutlicher konnte der Widerspruch zwischen Anspruch und Wirklichkeit nicht zu Tage treten. Fred Oelßner, Mitglied des SED-Politbüros, war am 17. Juni 1953 von Berlin nach Halle geschickt worden, um dort die Niederschlagung des Ar- beiteraufstandes zu koordinieren. Noch einige Wochen später zeigte sich der Politbürokrat vor der SED-Bezirksleitung Halle erschüttert: »Wenn 100.000 Arbeiter streiken in Betrieben, die eine revolutionäre Tradition ha- ben, ich denke an die Waggonbauer und die Arbeiter in Leuna, dann muß es doch der Partei ganz ernsthaft zu denken geben.« Auch die Mär von den »faschistischen Provokateuren«, die eine Revolte angezettelt hätten, wollte er intern nicht so recht vertreten: »Provokateure, liebe Genossen, wird es immer geben. Wir schlagen gegen sie und lassen sie liquidieren. [ … ] Ar-                                                             133 Ulrich Mählert (Hg.)         Der 17. Juni 1953 Ein Aufstand für Einheit, Recht und Freiheit                                                                               Bibliografische Information Der Deutschen Bibliothek Die Deutsche Bibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über http://dnb.ddb.de abrufbar.   ISBN 3-8012-4133-5   Copyright © 2003 by Verlag J.H.W.Dietz Nachf. GmbH Dreizehnmorgenweg 24, D-53175 Bonn Satz: Petra Strauch, Bonn Lektorat: Günter Hertel Umschlaggestaltung: Daniela Müller, Bonn, unter Verwendung eines Fotos aus dem Archiv der sozialen Demokratie der Friedrich-Ebert-Stiftung Druck und Verarbeitung: WB-Druck, Rieden Alle Rechte vorbehalten Printed in Germany 2003 Inhalt   7 Einleitung: Dimensionen eines Aufstandes Ulrich Mählert             I Der Aufstand in den Regionen 36 Berlin: Die Stalinallee – Vom Symbol des sozialistischen Aufbaus zum Zentrum des Arbeiterprotests Stefan Wolle   57 Potsdam: Im Schatten der Hauptstadt? Traditionen, Brüche und Konflikte Burghard Ciesla   77 Leipzig und Görlitz: Die SED-Macht zeigt sich hilflos Heidi Roth   109  Jena: Die Zeiss-Arbeiter proben den Aufstand Heinz Voigt   133  Bezirk Halle: Aufruhr im »blutroten Herzen Deutschlands« Udo Grashoff   157 Rostock: Erhebung an der Küste Klaus Schwabe             II Menschen machen Geschichte 174 Fallstudien zum sozialdemokratischen Widerstand in der SBZ/DDR Friedhelm Boll   199 Richard Haider – Ein Leipziger Sozialdemokrat Zusammengestellt von Heidi Roth   5 Inhalt       205   Stefan Weingärtner – Ein jugendlicher »Provokateur« Zusammengestellt von Heidi Roth   209 Walter Scheler – Die Courage des Augenblicks Zusammengestellt von Heinz Voigt   215 Paul Othma – Ein Streikführer in Bitterfeld Zusammengestellt von Udo Grashoff   219 Robert Dahlem – Wider die eigene Partei Zusammengestellt von Klaus Schwabe   225 »Der 16. Juni 1953 bleibt mir unvergesslich« – Ein Augenzeugenbericht Peter Bruhn     III Geschichtsbewusstsein und Geschichtspolitik   252 Die »Verarbeitung« des 17. Juni 1953 in der DDR und der Bundesrepublik Bernd Faulenbach     273   Weiterführende Literatur   277 Bildnachweis   278 Über die Autoren                   6     beiter aber, Genossen, Massen von Arbeitern, dies ist doch eine ganz ernst- hafte Sache und ich wiederhole ganz besonders bei Euch im Bezirk Halle war es am schlimmsten, bei Euch war es am schlimmsten.« Dem SED-Chefideologen erschien es unfassbar, dass genau dort, wo 1921 die »Märzkämpfe« stattfanden, das »Band zwischen Partei und Arbei- terschaft« gerissen war. Ausgerechnet die einstige Hochburg der linkssozia- listischen und kommunistischen Arbeiterbewegung war zu einem Zentrum des Juni-Aufstandes geworden. Im Leunawerk beispielsweise begannen die Streiks im Bau 15, dem Reparaturbetrieb, dort wo Arbeiter während der Novemberrevolution 1918 als Erste im Werk die rote Fahne hissten, im Januar 1919 nach der Ermordung von Rosa Luxemburg und Karl Lieb- knecht das Signal für einen sechswöchigen Generalstreik gaben und sich aktiv an den bewaffneten Kämpfen im März 1921 beteiligten.2 Auch die Be- legschaften anderer maßgeblich in den Juni-Aufstand involvierter Betriebe wie die des Elektrochemischen Kombinats Bitterfeld und der Farbenfabrik Wolfen hatten sich mehr als drei Jahrzehnte zuvor an den Märzkämpfen beteiligt. Am Bitterfelder Rathaus, das am 17. Juni vom Streikkomitee be- setzt wurde, waren sogar noch die Einschüsse von der Erstürmung durch revolutionäre Arbeiter zu erkennen. »1920–21 war Halle das blutrote Herz Deutschlands. Ich frage mich, ist das herzkrank geworden? Schlägt es nicht mehr?«, meinte Fred Oelßner sichtlich ratlos.3 Intensität und Ablauf der Ereignisse des 17. Juni zeigen indessen deut- lich, dass die revolutionären Traditionen der Region fortwirkten, dass das »rote Herz Deutschlands« durchaus noch schlug – jetzt jedoch gegen die stalinistische SED. Die Symbolsprache der Aufständischen war unmiss- verständlich. So etwa an der SED-Stadtbezirksleitung Halle-West, wo die Stalinbüsten mit der Frage aus dem Fenster gehalten wurden: »Wollt ihr den?« Und wenn die Leute auf dem Marktplatz »Nein!« riefen, zerschell- te der im März verstorbene Diktator auf dem Pflaster. Randaliert wurde nicht »schamlos«, sondern zielgerichtet: SED-Losungen wurden zu Boden gerissen, meterhohe Stalin-Standbilder abgesägt und die Bilder der Staats- und Parteiführer von den Wänden geholt. Auch gegen die staatlichen HO- Läden, vor allem gegen deren mit Propaganda dekorierte Schaufenster, richtete sich die Gewalt der Demonstranten. Gleichzeitig aber setzten be- sonnene Arbeiter Wachen ein, um Plünderungen zu verhindern. Bei all dem brachen die Arbeiter am 17. Juni nicht mit ihren »roten« Traditionen, wie es ihnen wenig später die SED unterstellte, als sie den Aufstand als »faschistischen Putschversuch« diskreditierte. Bei der Beset- zung der Bitterfelder Polizeiwache stritten die Arbeiter, »ob Marx herun- 134  ter muß oder nicht«. In Halle trugen Arbeiter ein Leninbild an der Spitze                                         Der Demonstrationszug marschiert in Richtung Marktplatz.         eines mächtigen Demonstrationszuges. Auch in Bitterfeld führten die De- monstranten »Bilder einiger Arbeiterführer« mit sich. In manchen Fällen mag dies dem symbolischen Schutz der Demonstrationen gedient haben. Wenn aber die Arbeiter, wie in Leuna geschehen, am 17. Juni neben dem »Deutschlandlied« auch »Brüder, zur Sonne, zur Freiheit« sangen, dann knüpften sie damit auch bewusst an sozialdemokratische Traditionen an. Nicht von ungefähr forderten Redner am selben Tag auf einer Kundgebung im Leunawerk die Zulassung der SPD, was von den Streikenden begeistert unterstützt wurde.4 »Faschistische« Losungen oder Symbole spielten hingegen am 17. Juni so gut wie keine Rolle. Wenn ein SED-Bericht vom Abend des 17. Juni in Halle berichtete, dass sich an einer Straßenecke sechs ältere Männer und Frauen mit »Heil Hitler« begrüßten, dann war dies ebenso marginal wie der angebliche Auftritt der »SS-Kommandeuse Erna Dorn« bei einer Großkundgebung in Halle. Anhand der verfügbaren Akten lässt sich weder nachweisen, wer die zweifelhafte Person, die nach dem 17. Juni zum Tode verurteilt und enthauptet wurde, in Wirklichkeit war, noch ob sie überhaupt                                     135     von der Tribüne auf dem Hallmarkt gesprochen hat. Eine Rädelsführerin des Aufstands war sie mit Sicherheit nicht; schon weil sie bis zum Nach- mittag noch in Haft war. Ein Zeitzeuge, der sich an provokante Reden einer Frau, die jedoch nicht auf der Tribüne stand, erinnert, schilderte die Stimmung der abend- lichen Kundgebung am 17. Juni in Halle, zu der etwa 60.000 Menschen gekommen waren: »Ich war beruhigt, als ich merkte, daß die Rufe nach Vergeltung und Haß von der Bevölkerung nicht aufgenommen wurden. Ich war stolz auf die Hallenser wegen ihrer Disziplin und wegen ihrer Gewaltlosigkeit.«5 Allein die Forderung nach freien gesamtdeutschen Wahlen brachte deut- lich zum Ausdruck, dass die Arbeiter die Regierung auf demokratischem Wege überwinden wollten. Und was immer auch der historische Hinter- grund der Akteure des 17. Juni gewesen sein mag, sie einte die Ablehnung der SED-Herrschaft. Schon am Morgen des 17. Juni riefen Sprechchöre im Bunawerk: »Wir wollen eine andere Regierung!« Junge Arbeiter an der Spitze des Demonstrationszuges in Thale reimten: »Arbeiter Euch zum Wohl, weg mit Ulbricht und Grotewohl.«6 Diese Forderungen waren das Resultat einer immer größer gewordenen Unzufriedenheit mit der SED- Herrschaft, die auch der »Neue Kurs« nicht abbauen konnte.   Der »Neue Kurs«: Konfusion in der SED – Widerstand bei den Arbeitern   Der am 11. Juni 1953 verkündete »Neue Kurs« sollte bei der Bevölkerung einen Stimmungsumschwung zugunsten der SED bringen. Er bewirkte je- doch nicht zuletzt bei vielen SED-Anhängern eine tiefe Verunsicherung. »Es ist jetzt eine führerlose Zeit«, äußerte ein Staatsanwalt. »Zu wem sol- len wir noch Vertrauen haben?« fragten Arbeiter in der Braunkohlengru- be Mücheln.7 Linientreue SED-Mitglieder beklagten sich, die Parteifüh- rung falle ihnen in den Rücken. »Die Politik der Partei baut sich auf auf die Grundlagen des Marxismus-Leninismus, die sind unerschütterlich, sie vervollständigen, sie erweitern sich, sie werden durch neue Erkenntnisse bereichert, aber sie sind im Prinzip richtig und bleiben in ihren Prinzipien und Grundsätzen bestehen«, beschwor demgegenüber ein Funktionär der Bitterfelder Kreisleitung seine durch die von Moskau angeordnete Kurs- änderung schockierten Genossen. Aus derselben Kreisleitung hieß es dann auch besonders naiv oder zynisch: »Die Genossen sagen nicht das, was im 136  Kommuniqué steht, sondern sie sagen ihre eigene Meinung[!].«8     Überall fehlte den Genossen »eine klare Orientierung«. Besonders auch auf dem Lande fühlten sie sich durch die Rücknahme des Kollektivierungs- zwanges »verraten«. In der LPG Selbitz schlug das »Kommuniqué wie eine Bombe« ein, in Biendorf löste es »allgemeine Kapitulationsstimmung« aus. »Wir machen nichts mehr, es hat ja doch keinen Zweck«, erklärte ein Bri- gadier der LPG Mansfeld. In Oppin bei Halle wurde die LPG »1. Mai« auf- gelöst.9 Die Rehabilitierung der Jungen Gemeinden (JG), die noch kurz zuvor kriminalisiert worden waren, sorgte für erhebliche Verunsicherung unter den SED-Mitgliedern in der Lehrerschaft. 70 Schüler des Bezirkes Halle mussten im Frühjahr 1953 wegen ihrer Mitgliedschaft in der JG die Ober- schule verlassen, jetzt durften sie, sofern sie noch im Lande waren, wieder zurück. »Durch die Wiederaufnahme der Mitglieder der ›Jungen Gemein- de‹ leidet meine Autorität«, beklagte sich daraufhin ein Schulleiter aus Bad Frankenhausen.10 In der Bezirksleitung gingen aber auch die geforderten Berichte ein, die die Zustimmung der Bevölkerung zum »Neuen Kurs« zeigen sollten. Unmittelbar vor dem Aufstand zitiert ein Polizeibericht11 den Pfarrer der Halleschen Johanneskirche so: »Mir kommt es vor wie nach einem Gewit- terregen, es ist wieder Sauerstoff in der Luft, man kann wieder frei atmen.« In ähnlicher Weise hieß es aus Quedlinburg: »Die Privatunternehmer und Handwerker bringen zum Ausdruck, dass sie jetzt wieder Lust zum Arbei- ten hätten« – nachdem sie vorher »unruhige Nächte verbringen« mussten. Auf große Zustimmung stieß auch die erleichterte Ausstellung eines Inter- zonenpasses.12 »Das war ein ganz großer Schritt auf dem Wege zur Einheit Deutschlands«, jubelten zwei Leserbriefe im SED-Blatt Freiheit am 15. Juni. Unter den so genannten »Neubürgern« aus den ehemaligen Ostgebieten weckte der »Neue Kurs« Hoffnungen, die »Oder-Neiße-Grenze« könne revidiert werden. In Halle hätten sich Handwerker gefreut, dass sie wieder Lebensmittelkarten erhielten, und die Arbeiter seien wegen der Rücknah- me der Preiserhöhungen in guter Stimmung: »Die Senkung der Preise für Marmelade, Zuckerwaren usw. rief unter den Werktätigen eine große Be- friedigung hervor«, vermerkte ein Polizeibericht vom 15. Juni.13 Allzu überzeugt von der positiven Stimmung gerade unter den Arbei- tern war die Hallesche SED-Spitze aber nicht. Denn sie hatte beschlossen, dem ZK mitzuteilen, dass »in den Industriegebieten und in den Betrieben die Arbeiter die Forderungen nach der Bestrafung der Schuldigen« für die verfehlte Politik stellten.14 Als der »Neue Kurs« bekannt gegeben wurde, nahmen die Arbeiter vereinzelt bereits das Heft des Handelns in die Hand. Vom Bau 15 des                                                                                         137     Leunawerks erging eine telefonische Aufforderung an alle Betriebsteile, ihre »Friedenslosungen« und »Roten Ecken« zu entfernen. In Namen der BGL rief man zu einer Besprechung über die Normenfrage auf der Rau- cherwiese auf, was jedoch die SED-Kreisleitung des Leunawerks noch zu verhindern wusste. Am Freitag, dem 12. Juni, legten Arbeiter in der Blechschmiede des IFA- Karosseriewerks in Halle die Arbeit nieder. Durch günstige Normen hatten diese Spezialisten relativ gut verdient. Mit 18 Prozent sollte ihre Norm jetzt überdurchschnittlich erhöht werden. Bereits am 10. Juni streikten Arbeiter im Siliconbetrieb des Elektro- chemischen Kombinats Bitterfeld, weil sie weniger Lohn erhielten. Grund hierfür waren nicht, wie die Arbeiter annahmen, die Normenerhöhung, sondern der Wegfall von Nachtschichten und einiger Feiertage. Daher nah- men die Siliconwerker nach anderthalb Stunden ihre Arbeit wieder auf.15   Konfliktfeld Arbeitsnormen: Lohneinbußen und Demütigung für die Arbeiter   Die am südlichen Stadtrand gelegene Lokomotiven- und Waggonfabrik (LOWA), ein SAG-Betrieb mit etwa 2000 Belegschaftsmitgliedern, war der Ausgangspunkt der Massenstreiks am 17. Juni 1953 in Halle. Dabei galt die Waggonfabrik wie auch das Leunawerk bis dahin als Zentrum der Aktivis- tenbewegung. Die LOWA wurde 1950 als »eines der besten Beispiele für die Erhöhung technisch begründeter Normen« hervorgehoben. Angeblich frei- willige Verpflichtungen von Arbeitern zur Leistungssteigerung registrierte die SED als Zeichen des »gewachsenen Bewusstseins« der Arbeiterschaft und sah darin das wichtigste Mittel zur Produktionssteigerung. Dass hierbei nicht alles so harmonisch zuging, wie es die SED-Presse dar- stellte, zeigt ein aktenkundig gewordener Vorgang im Juli 1950. Offenbar freiwillig hatte die LOWA-Belegschaft ihre Leistung gesteigert, worauf die Betriebsleitung mit neuen Normen reagierte, so dass die Leistungssteige- rung nicht zu höheren Löhnen führte. Das löste im Betrieb »Verwirrung« und »Verbitterung« gegen die Partei aus, die alle Mühe hatte, die Erregung der Arbeiter durch materielle Zugeständnisse wieder zu besänftigen.16 Trotz der propagandistisch hochgejubelten Aktivistenbewegung blieb die Erwartung der SED, die Arbeiter würden aufgrund der veränderten Ei- gentumsverhältnisse bessere Leistungen erbringen, ohne gleichzeitig auch höhere Löhne zu fordern, eine praxisferne Illusion, selbst in den Betrie- 138   ben, wo die SED Erfolge verbuchen konnte. Als es am 16. April 1953 in der     LOWA zu Auseinandersetzungen kam, die zur Entlassung des Werkleiters, zur Verhaftung eines Ingenieurs und zu mehreren Parteistrafen führten, räumte ein SED-Bericht gleichzeitig auch ernüchtert ein, dass die Einfüh- rung technisch begründeter Arbeitsnormen, die sich schon Jahre hinzog, »durch Minutenschieberei und Minutenhortung hintertrieben« worden sei. Weil die Arbeiter bestrebt waren, ihre ohnehin schmalen Einkünfte zu verteidigen, waren die Löhne schneller gestiegen als die Produktivität. Die durchschnittliche Normerfüllung lag im Werk bei 150 Prozent. Angesichts dessen beschloss eine Parteiaktivtagung im Frühjahr 1953, alle Normen um 15 Prozent anzuheben.17 In den innerbetrieblichen Auseinandersetzungen um Normerhöhungen traten den Arbeitern die kapitalistischen Leistungszwänge in gewandelter Gestalt gegenüber. Waren es zuvor Konkurrenz und Markt gewesen, die effizientes betriebswirtschaftliches Handeln rechtfertigten, so traten jetzt Parteifunktionäre auf den Plan, die eine prinzipielle Interessengleichheit von Proletariat und Staat behaupteten, mit dieser Begründung die gewerk- schaftlichen Interessenvertretungen zu Transmissionsriemen ihrer Politik degradierten und Druck auf die Arbeiter ausübten, »freiwillig« mehr zu leisten. Damit entwickelte sich die Normenfrage auch zunehmend zu einem Politikum. Da weder durch Agitation noch durch politischen Druck eine Leistungssteigerung zu bewirken war, erhöhte der Ministerrat der DDR am 28. Mai 1953 kurzerhand alle Normen um 10 Prozent. Zwei Wochen später weckte der »Neue Kurs« Hoffnungen, »dass die Er- höhung der Arbeitsnormen sehr wahrscheinlich auch ein Fehler der Regie- rung sind, und diese in Kürze revidiert werden«, wie es in einer »Vorkomm- nismeldung« der Volkspolizei wenige Tage vor dem 17. Juni hieß.18 Bereits am 8. Juni war es in einer Abteilung der Ammendorfer Waggonfabrik zu Protesten gegen die administrative Normenerhöhung gekommen. Als die Berliner Bauarbeiter dann in den Streik traten, flammte der Protest auch in Ammendorf sofort wieder auf. Bereits in der morgendlichen Straßenbahn nach Ammendorf kam es am 17. Juni zu lebhaften Diskussionen darüber, ob man sich dem im RIAS ge- meldeten Streik der Berliner Arbeiter anschließen sollte. Kurz nach 7 Uhr erschien eine Abordnung der Arbeiter bei der Werksleitung. Darin, dass man im Direktionszimmer »unkonkret über alle möglichen Fragen dis- kutierte«, sahen die Polizisten des Betriebsschutzes ein sicheres Zeichen dafür, dass es sich bei den Diskussionen »um eine organisierte Angelegen- heit handelte«. Es trifft wohl eher das Gegenteil zu. Spontan liefen Gruppen von Ar- beitern die Abteilungen ab und riefen zu einer Versammlung vor dem                                                                                         139                                           Der schwer kriegsbeschädigte Rudolf Weber, Lehrerausbilder im VEB Waggonbau Ammendorf, gehörte zum zentralen Streikkomitee von Halle.       Verwaltungsgebäude auf. Gegen neun Uhr wurde ein Tisch mitten in die Menge gestellt, den ein Arbeiter bestieg, um die Herabsetzung der Nor- men und eine 40-prozentige Preissenkung zu fordern. Nach ihm kletter- te eine Kollegin auf den Tisch und forderte den Sturz der Regierung. Der Parteisekretär und der Arbeitsdirektor hingegen, die ebenfalls versuchten, den Tisch zu erklimmen, wurden durch Pfiffe und Zurufe am Reden gehin- dert. Stattdessen fand die spontan geäußerte Idee, geschlossen nach Halle zu marschieren, um dort die Forderungen geltend zu machen, die mehr- heitliche Zustimmung der Waggonbauer. Während sich etwa 800 Arbeiter mit schnell erstellten Transparenten in Richtung Innenstadt auf den Weg machten, forderten Parteisekretär und Arbeitsdirektor die verbliebenen Ar- beiter auf, an die Arbeit zurückzukehren. Ihre Versicherung, das SED-Zen- tralkomitee hätte die Normenerhöhungen inzwischen revidiert, verhallte wirkungslos.19 Auch wenn die Ursachen der Proteste des 17. Juni vielschichtig waren, 140       zeigen die langwierigen Auseinandersetzungen um die Normenfrage, dass     dieses Problem nicht nur deshalb für die Arbeiter zentral war, weil es den eigenen Geldbeutel betraf, sondern auch, weil die Arbeiter das innerbe- triebliche Ringen um Löhne und Normen oft als politische Entmündigung erlebten. Dies wurde im Leunawerk bei der Durchsetzung der von der SED ange- strebten Betriebskollektivverträge (BKV) im August 1951 deutlich. Diese Verträge sollten nach sowjetischem Muster die Tarifverträge ersetzen und dabei dem von der SED behaupteten Umstand Rechnung tragen, dass in der DDR die »Interessen von Arbeiterklasse und Staatsmacht« deckungs- gleich seien. Die Arbeiter waren jedoch nicht bereit, für die Steigerung der Produktivität Lohneinbußen hinzunehmen, wie es die Verträge vor- sahen, und lehnten sie deshalb mehrheitlich ab. Daraufhin beschimpfte der BGL-Vorsitzende die Leuna-Arbeiter auf einer öffentlichen Veranstal- tung am 11. August 1951 als »Agenten des anglo-amerikanischen Imperia- lismus«, wodurch die Stimmung in tumultartige Proteste gegen die SED umschlug. Angesichts der Eskalation des Streits versuchte die Partei in der Folge- zeit, die Arbeiter durch dosierte Druckausübung schrittweise zu überrum- peln. 31 Instrukteure wurden ausgeschickt, um die Kollegen vor Ort zu »bearbeiten«. Bei den Wahlen der Delegierten zur Betriebsversammlung erreichte die SED, dass sich drei Viertel der Delegierten zur Zustimmung zum BKV verpflichteten. Versammlungen, in denen »eine negative Ein- stellung der Genossen zu verzeichnen war«, ließ die SED wiederholen. Pa- rallel dazu erfolgte die »Entlassung einiger reaktionärer Kräfte«. Vor der Abstimmung über den BKV wurden die Delegierten dann nochmals »be- arbeitet«, damit sie sich auch wirklich an das erteilte Mandat hielten. Zur Abstimmung teilte die SED die Delegierten in fünf Gruppen ein, die jeweils separat abstimmten. Auf diese Weise konnte am 13. September 1951 der BKV in Leuna »feierlich unterzeichnet« werden. »Dieser Erfolg ist aber nicht gerade ein Beweis dafür, daß etwa schon alle Delegierten und Belegschaftsmitglieder restlos von der politischen Not- wendigkeit des Betriebs-Kollektiv-Vertrages überzeugt sind«, räumte ein SED-Papier ein. Im Nachgang prüfte eine Gruppe von Instrukteuren die Gewerkschaftsleitungen auf ihre »Arbeitsfähigkeit«, was praktisch bedeu- tete, dass bei Gewerkschaftern, die der Entmündigung der Gewerkschaft kritisch gegenüberstanden, Neuwahlen veranlasst wurden.20 Die tiefe Erbitterung ließ die Arbeiter selbst dann kein Blatt vor den Mund nehmen, als Walter Ulbricht wenige Tage nach dem Aufstand das Leunawerk besuchte: »Die Stimmung unter uns Arbeitern ist beschissen und … dadurch ist vielleicht die ganze Sache gekommen, mag sie angerührt                                                                                         141     haben wer will.« So schilderte ein Handwerker aus dem Leunawerk bei dieser »Aussprache« die Ursachen für den Streik. »Wir haben uns rumge- schlagen mit Schuhen, Hemden und Anzügen, sie waren überall, nur nicht hier … Wir haben heute noch wenig Butter aufs Brot und die Wurst ist zu teuer. Was haben wir gearbeitet an der Normerhöhung, aber eine jede Normerhöhung bedeutete Lohnabzug … Wir haben freiwillig Normen zu- gegeben und wir haben ›freiwillig müssen‹ unterschreiben.«21   Konfliktfeld Demokratie: freie gesamtdeutsche Wahlen   »Die Werktätigen des Kreises Bitterfeld fordern: Sofortiger Rücktritt der Regierung, die durch Wahlmanöver an die Macht gekommen ist Einsetzung einer provisorischen deutschen demokratischen Regierung Freie demokratische und direkte Wahlen in 4 Monaten …«22 Nicht von ungefähr bezog sich der Forderungskatalog, der vom Streik- komitee des Kreises Bitterfeld am Nachmittag des 17. Juni 1953 nach Berlin telegrafiert wurde, gleich zu Beginn auf die fehlende demokratische Legiti- mation der SED-Herrschaft. Obwohl in der Verfassung der DDR festgelegt war, dass die Abgeordneten »in allgemeiner, gleicher, unmittelbarer und geheimer Wahl nach den Grundsätzen des Verhältnis-Wahlrechts auf die Dauer von vier Jahren gewählt« werden sollten, hatte sich die SED bei den so genannten »Volkswahlen« am 15. Oktober 1950 mitnichten daran gehal- ten. Entgegen vorheriger Zusagen sicherte sich die SED von vornherein die Mehrheit auf der Liste der Nationalen Front, indem sie die Kandidatenplät- ze der Massenorganisationen mit eigenen Genossen besetzte. Alternative Listen standen am Wahltag nicht zur Abstimmung, und damit die Wähler nicht etwa auf die Idee kamen, mit »Nein« zu stimmen, waren Pionier- und FDJ-Gruppen unterwegs, die mit Sprechchören wie »Die Kriegstreiber ha- ben nichts zu hoffen, wir wählen am 15. Oktober offen« gegen eine geheime Wahl durch Benutzung der »Kabine« mobil machten. Im Leunawerk rief die Betriebsgewerkschaftsleitung zur »offenen Stimmabgabe« auf. Und obwohl die Arbeiter fast einstimmig gegen diesen Aufruf votierten, meldete die SED-Presse, dass diese geschlossen dahinter stünden. Die Empörung gegen eine so offenkundige Lüge nahm die SED zum Anlass, den Druck auf die Arbeiter zu verstärken. Dennoch kam es am Wahltag in Leuna zu Unmutsäußerungen über den Wahlmodus. Um die Farce aber perfekt zu machen, wollte die SED neben der »of- 142  fenen Wahl« auch noch eine hohe Beteiligung der Wähler durchsetzen.     Dazu wurden die Stimmberechtigten in den Wochen zuvor unter Druck gesetzt, sich schriftlich zu verpflichten, bis zu einem bestimmten Zeitpunkt die Liste der Nationalen Front zu wählen. 75 Prozent der Wähler im Kreis Merseburg ließen sich dazu bewegen. So genannte »Schlepper« konfron- tierten am Wahltag dann die Säumigen mit ihrer Verpflichtungserklärung. Zudem waren Tausende »Aufklärungsgruppen« unterwegs, deren Einsatz bezirksweit koordiniert wurde. Vereinzelt gab es auch Verhaftungen. Auf diese Weise erreichte das Land Sachsen-Anhalt eine Wahlbeteiligung von 97,6 Prozent.23   Konfliktfeld Justizwillkür: Sturm auf die Haftanstalten   In Halle zogen am Mittag des 17. Juni Hunderte Demonstranten vor die Strafvollzugsanstalt II in der Kleinen Steinstraße, wo überwiegend Frauen inhaftiert waren. Sie brachen ein Tor auf, gelangten in den Hof. Die Wach- mannschaften schossen in die Menge, ein Aufständischer wurde schwer verletzt. Zur Verstärkung gerufene Polizeitruppen wurden vor der Haft- anstalt von den Aufständischen entwaffnet, die Gewehre an eine Haus- wand geschlagen und somit unbrauchbar gemacht. Das war auch deshalb möglich, weil die Polizisten ohne Munition angerückt waren – ein Um- stand, der den verantwortlichen Offizieren der KVP vier bzw. sechs Jahre Zuchthaus einbrachte. Unterhändler der Aufständischen bewirkten bei der Staatsanwaltschaft eine Anweisung, alle politischen Häftlinge mit gerin- gen Haftstrafen freizulassen. Der Leiter der Haftanstalt sah sich jedoch in dieser tumultartigen Situation nicht in der Lage, differenziert zu handeln und ließ alle Zellen aufschließen. In Bitterfeld dagegen, wo die Gefangenenbefreiung unblutig verlief, ließ das Streikkomitee nur die politischen Häftlinge frei. Nach der Befreiung von Gefangenen in Halle ebenso wie in Bitterfeld symbolisierten die De- monstranten ihren friedlichen Freiheitswillen, indem sie an Straßenlater- nen nicht etwa Funktionäre aufhängten, sondern Häftlingsuniformen.24 Ganz anders war die Situation am berüchtigten Zuchthaus »Roter Och- se« in Halle. Dort versuchten Demonstranten ebenfalls, die Gefangenen zu befreien. Jugendliche warfen Steine, ein LKW versuchte, das Tor aufzudrü- cken. Die Wachmannschaften eröffneten schließlich das Feuer. Fünf Men- schen starben im Kugelhagel, weitere wurden schwer verletzt. Die Arbeiter, die am 17. Juni die Gefängnisse stürmten und Gefangene befreiten, setzten genau genommen nur ein Versprechen der SED in die Tat um – ein Versprechen jedoch, an dessen Einlösung sie nicht mehr glaub-                                                           143                                         Vor dem Haupttor des Zuchthauses »Roter Oktober« fordern Demonstranten die Freilassung der politischen Gefangenen.     ten. Im Zuge des »Neuen Kurses« war von der SED angekündigt worden, alle nach dem »Gesetz zum Schutz des Volkseigentums« Verurteilten mit Strafen bis zu drei Jahren Haft freizulassen, weshalb zum Beispiel in Halle bereits in den Tagen vor dem 17. Juni Angehörige vor der Strafvollzugsan- stalt II auf die Amnestierten warteten. Hier wurden tatsächlich noch vor dem 17. Juni einige wegen Diebstahls zu Zuchthausstrafen verurteilte Gefangene freigelassen. Allerdings trau- ten diese der plötzlichen Freiheit nicht: »Die Entlassenen vertraten … die Ansicht, dass sie … beim Austritt aus dem Zuchthaustor nach SS-Metho- den von hinten erschossen würden. Erst als sie vor dem Zuchthaus andere Menschen sahen, waren sie von der Wahrheit überzeugt.«25 Diese Ängste, so überzogen sie auch gewesen sein mögen, spiegeln die Verhör- und Haft- erfahrungen der Betroffenen ebenso wider wie die bedrohliche Atmosphäre der SED-Diktatur jener Tage. Im Übrigen waren die Demonstranten, die in Halle, Merseburg, Eis- leben, Weißenfels oder Bitterfeld die Gefängnisse stürmten, davon über- zeugt, dass die Mehrheit der Inhaftierten zu Unrecht bestraft worden war. 144  Dazu hatten die häufig willkürlichen Verhaftungen beigetragen, wie selbst     SED-Funktionär Fred Oelßner nach dem 17. Juni einräumte, dem die üb- liche Verhaftungspraxis »auf Zuruf« keineswegs unbekannt war: »Da kommt der Parteisekretär oder Vorsitzende der Nationalen Front, der läuft zum Richter und sagt: ›Du, den mußt Du verhaften, der hat das und das gesagt.‹« In Bitterfeld und in Leuna gaben erst kurz zuvor erfolgte Verhaftungen von Kollegen den unmittelbaren Anstoß für die Aktionen zur Gefangenen- befreiung. So war am 15. Juni in einer Abteilung des Elektrochemischen Kombinats Bitterfeld fünf Stunden lang nicht gearbeitet worden, nachdem dort ein neues, schwereres Arbeitsverfahren eingeführt worden war. »Strei- ken – so was gibt es nicht in einem volkseigenen Betrieb. Ihr besitzt euer Werk selbst. Ihr streikt gegen euch selbst!« wetterte daraufhin der BGL- Vorsitzende. Der Streik wurde offiziell als »Arbeitsberatung« vertuscht; ein Lehrling aber, der draußen von dem Streik erzählte, wurde wegen der Ver- breitung von »Hetzgerüchten« abgeholt. Wegen dieses und einiger weite- rer Fälle wählten die Streikenden am Morgen des 17. Juni eine Abordnung, die sich um den Verbleib der Kollegen kümmern sollte.26 Auch im Leunawerk war die Forderung nach Freilassung politischer Gefangener durch konkrete Erfahrungen motiviert. Im Bau 15 wurden im Vorfeld des 1. Mai 1953 Flugblätter verbreitet, die den Sturz der DDR-Re- gierung gefordert haben sollen. Mehrere Kollegen, angeblich eine »Agen- tengruppe«, wurden daraufhin weggeholt.27 Um nun Näheres über den Verbleib der Inhaftierten zu erfahren und deren Freilassung zu fordern, schickten die Streikenden am 17. Juni einen LKW zur sowjetischen Kom- mandantur nach Halle, an den sie mit Kreide geschrieben hatten: »Freiheit für unsere Gefangenen«. Neben den meist wegen angeblicher »Boykotthetze« erfolgten Bestra- fungen, wozu jegliche Anfeindung der SED-Diktatur gezählt wurde, ver- stießen auch die Verurteilungen nach dem »Gesetz zum Schutz des Volks- eigentums« gegen das Rechtsempfinden der Demonstranten. Der Umstand, dass bis zum 20. September 1953 im Bezirk Halle fast 2300 Inhaftierte freigelassen wurden, darunter knapp 900 wegen Verstoßes gegen das »Ge- setz zum Schutz des Volkseigentums« Verurteilte, illustriert, mit welcher Willkür insbesondere seit 1952 verhaftet und verurteilt wurde. Schon Anfang 1953 war der SED-Bezirksleitung Halle aufgefallen, dass die Leidtragenden der extrem harten Verurteilungen aufgrund des »Gesetzes zum Schutz des Volkseigentums« mehrheitlich Arbeiter waren – im Bezirk Halle richteten sich 246 der 319 im IV. Quartal 1952 durch- geführten Strafverfahren gegen sie. Oft waren es Bagatelldelikte, die von den Gerichten mit pauschalen und ungewöhnlich harten Strafen belegt                                                                                         145     wurden. In Roßlau verurteilte die Kreisstaatsanwaltschaft im Januar 1953 zwei Arbeiter für den Diebstahl von je einer Weintraube aus einem offenen Eisenbahnwaggon zu je einem Jahr Zuchthaus. Dieselbe Strafe verhängte der Dessauer Kreisstaatsanwalt gegen eine Frau, die wegen Kohlenmangel aus einem Lager der HO, wo sie beschäftigt war, »sechs bis acht Briketts« mit nach Hause genommen hatte.28 Generell mussten solche kleinkriminellen Vergehen nach dem Rechts- verständnis der SED als »Wirtschaftsverbrechen« bestraft werden, da sie »sich gegen die herrschenden Klassenverhältnisse in der DDR« richteten. Allerdings forderte die SED von den Staatsanwälten, die politisch moti- vierten Verfahren verstärkt gegen private Geschäftsleute, Handwerker und Bauern zu richten. Während die oben genannten Urteile gegen Arbeiter selbst der SED zu hart erschienen, forderte die Bezirksleitung Halle zum Beispiel im Fall einer Hausfrau, die viermal in West-Berlin Waren im Wert von 50 bis 100 Mark gekauft hatte, um sie in der DDR wieder zu verkau- fen, die Anwendung der »Mindeststrafe« von fünf Jahren Zuchthaus. Der Richter des Kreisgerichts Wittenberg hatte lediglich neun Monate Gefäng- nis verhängt, für die SED »eindeutig das Verlassen der Klassenbasis«. Die deshalb entfachten Auseinandersetzungen trieben den Richter, der selbst SED-Mitglied war und erst im Juli 1952 seine Volksrichter-Ausbildung be- endet hatte, zur Kündigung.29 Die im Zuge der Politisierung der Strafjustiz verhängten Urteile waren letztlich hilflose, dysfunktionale Akte, die das eigentliche Problem, die man- gelnde Versorgung mit Lebensmitteln und Waren des täglichen Bedarfs, in keiner Weise entschärften. Statt die Ursachen der Versorgungsmängel im eigenen System zu suchen, behauptete die SED, dass »die aufgetretenen Versorgungsschwierigkeiten meistens auf den privaten Grosshandel zu- rückzuführen« seien.30 Daher sollte dieser Ende 1952 – unter Ausnutzung selbst geringster strafrechtlich belastender Momente – weitgehend »liqui- diert« werden. Am 19. Dezember 1952 notierte der Staatsanwalt des Kreises Merseburg nach einer Besprechung in der SED-Kreisleitung: »Die Aktion zur Liquidierung des privaten Grosshandels, Grossmühlen und Grossbau- ern muss bis Ende Februar abgeschlossen sein. Hierbei müssen wir schwer- punktmässig vorgehen. Als Erste die Speditionen und der private Grosshan- del, anschliessend die Mühlen in Verbindung mit den Grossbauern. Es muss in jedem Falle etwas gefunden werden. Die Sicherung der Vermögenswerte ist in jedem Falle sofort einzuleiten. Ebenso sind die Betreffenden dann so- fort in Haft zu nehmen.«31 Im Kreis Querfurt ermittelte die Kriminalpolizei gegen 58 Bauern, die ihr Soll nicht erfüllt hatten. Nachdem der Staatsan- 146   walt erklärt hatte, dass es unmöglich sei, eine Massenverhaftung vorzuneh-     men, wurden lediglich sechs Bauern verhaftet, wobei es auch noch zu Ver- wechslungen kam. Auch wenn somit die Verhaftungsaktion nicht immer im geplanten Umfang durchgeführt werden konnte, erzeugte sie doch ein starkes Bedrohungsgefühl. In Bernburg wurden Bauern in die Kreisstadt vorgeladen; viele von ihnen flohen Hals über Kopf in die Bundesrepublik. Nicht nur die Bauern trugen dazu bei, dass die Zahl der »Republikflüch- tigen«, die bereits im Jahr 1952 ständig gestiegen war, im Frühjahr 1953 einen Höchststand erreichte. Anfang 1953 verließen auch auffallend viele Arbeiter aus Buna und Leuna die DDR. Im April 1953 wurden im Bezirk Halle 2641, im Mai 2026 und im Juni 2994 »Republikflüchtige« registriert. Im Vorjahr hatten monatlich nur etwa 700 Einwohner des Bezirks Halle die DDR verlassen.32 In vielen Orten wurden Handwerker und private Geschäftsleute sys- tematisch in den Ruin getrieben. Wer nicht in die Bundesrepublik ging, wechselte oftmals in einen Großbetrieb. Auf diese Weise vollzog sich eine allmähliche soziale Umschichtung. Auch wenn die dadurch entstandene Konzentration »deklassierter Elemente« in Industriebetrieben wie Leuna, Buna oder dem Elektrochemischen Kombinat Bitterfeld durch die SED aus ideologischen Gründen besonders stark herausgestellt wurde, ist doch der – meist unverschuldete – soziale Abstieg in das Industrieproletariat auch als Motivation mancher Akteure des Juni-Aufstandes in Betracht zu ziehen.   »Analyse« der SED: »faschistische Provokateure« und »Sozialdemokratismus«   Wie tief die Kluft zwischen Bevölkerung und Partei war, zeigte nicht nur der Aufstand vom 17. Juni selbst; das wurde auch in den langwierigen Auseinandersetzungen zwischen Arbeitern und SED-Funktionären in den Tagen und Wochen danach deutlich. In halleschen Betrieben wurde noch tagelang weiter gestreikt. Zum Beispiel im Dampfkesselbau Hohenthurm. In dem unweit von Hal- le gelegenen Betrieb waren am 17. Juni nur 50 Prozent der Belegschaft in den Ausstand getreten. Am 18. Juni waren es 100 Prozent. Eine zehnköpfige Streikleitung hielt das Büro der BGL besetzt. »Wir haben keine Regierung mehr«, war auf einem Transparent zu lesen. Und obwohl ein Funktionär der SED-Bezirksleitung den Arbeitern drohte: »Die faschistischen Rädelsfüh- rer werden rausgeholt aus dem Betrieb«, obwohl Kasernierte Volkspolizei aufzog und Agitationsgruppen die Belegschaft bearbeiteten, streikten am 19. Juni immer noch 60 Prozent der Arbeiter.33                             147                                         Trotz der eintreffenden sowjetischen Panzer wird die Großkundgebung auf dem Hallmarkt fortgesetzt.       Und auch nach Wiederaufnahme der Arbeit blieb die mehrheitliche Ablehnung der SED-Politik bestehen, ungeachtet des in den späten Nach- mittagsstunden des 17. Juni verhängten Ausnahmezustandes und der an- schließenden Verhaftung und Bestrafung zahlreicher angeblicher »Provo- kateure«. Das bekam auch Politbüro-Mitglied Oelßner zu spüren, dem auf ei- ner Belegschaftsversammlung in Buna am 25. Juni 1953 »eine besonders feindliche Haltung« entgegenschlug. Einheitlicher Grundtenor der insge- samt 29 von Buna-Arbeitern vorgebrachten Diskussionsbeiträge war, dass die Regierung die gleichen Fehler wie die »Provokateure« begangen hätte und deshalb eine gleich harte Bestrafung verdiene. Eine vorbereitete Re- solution, die Oelßner den Buna-Arbeitern unterschieben wollte, lehnten diese rundweg ab.34 Ähnliches geschah auch bei einer Versammlung in der LOWA Halle-Ammendorf, wo der SED-Funktionär sogar mit Steinen be- worfen wurde. Nach der Niederschlagung des Aufstandes blieb den Arbeitern oft nur 148  die Verweigerungshaltung. So wurden in Halle hunderte Flugblätter mit     einem Schneckenzeichen und dem Wort »Langsambewegung« verbreitet. Ein Arbeiter im Elektrochemischen Kombinat Bitterfeld sagte halb ankla- gend, halb resigniert: »Bei uns wird bloß noch geschwiegen, wir sagen gar nichts mehr, das hat ja doch keinen Zweck. Wenn man seine Meinung sagt, wird man als Faschist hingestellt.« Das Bemühen der SED-Führung, Akteure des 17. Juni im Sinne ihrer ideologischen Deutung des Aufstandes als »faschistische Provokateure« zu »entlarven«, erzeugte in den eigenen Reihen oft Hilflosigkeit: »Wir haben nach dem 17.6. nach Feinden gesucht und haben gefühlt, sie müssen irgend- wo sein und haben sie nicht gefunden mit wenigen Ausnahmen«35, hieß es auf einer Konferenz der Kreisparteikontrollkommissionen des Bezirks Halle am 7. Juli 1953. Statt feindliche Agentennester aufzudecken, mussten die Parteikontrol- leure feststellen, dass sich zahlreiche Genossen an den Demonstrationen beteiligt und die Forderungen der Streikenden unterstützt hatten. In der LOWA Halle-Ammendorf waren das 80 Prozent der SED-Mitglieder des Betriebes gewesen. Auch in Teutschenthal bei Halle, im Kaliwerk »Deutsch- land«, das zu den Zentren der Streikbewegung am 17. Juni und an den Ta- gen danach gehörte, hatten sich 80 Prozent der Parteimitglieder sowie die BGL »schwankend« gezeigt. Im Elektrochemischen Kombinat Bitterfeld marschierten ganze SED-Grundorganisationen, eine sogar in geschlossener Formation mit dem Parteisekretär an der Spitze. Ähnliches wurde auch von einer Parteigruppe der Filmfabrik Wolfen berichtet. In der LOWA warf eine verdiente Aktivistin ihr Parteibuch mit der Bemerkung hin, »die Hand der Partei läge zu hart auf den Arbeitern.«36 In Einzelfällen ergriffen die Ge- nossen sogar die Initiative. So in der Wolfener Farbenfabrik, wo ein SED- Mitglied die Bildung einer Streikleitung initiierte. Für die SED-Führung war klar: Grundorganisationen, die am 17. Juni ganz oder teilweise auf Seiten der Arbeiter standen, trugen »einen vereins- mäßigen Charakter oder sind zum Teil zu sozialdemokratischen Nestern herabgesunken, wo die Agenten des Ostbüros unbehindert ihre Schädlings- arbeit betreiben konnten.« In Wolfen würden »alte verknöcherte Sozialde- mokraten« immer noch ihr SPD-Parteibuch bei sich tragen, um sich damit zu legitimieren.37 Seit mehr als fünf Jahren bemühte sich die SED-Führung, die sozialde- mokratische Tradition in der Einheitspartei mit buchstäblich allen Mitteln zu liquidieren. Konkret hieß dies in Bitterfeld, dass etwa zum Jahreswech- sel 1948/49 im EKB 400 ehemalige Sozialdemokraten erst aus der Partei und dann aus dem Betrieb geworfen wurden. Auch die Parteiüberprüfung kostete nochmals Sozialdemokraten ihr Parteibuch.38                                                                                         149     Dennoch stießen die Parteikontrolleure bei der Suche nach »Agenten« und »Provokateuren« z.B. im halleschen Saalkreis weiterhin auf »sozial- demokratische Nester«. So wurde in der Ortsparteiorganisation Teutschen- thal festgestellt: »Nach dem dritten Parteitag machten sie die Entwicklung zur Partei neuen Typus nicht mit, führten keine Parteiarbeit durch, grün- deten einen Gesangsverein, verlegten ihr Hauptbetätigungsfeld in den Ge- sangsverein.« Die Genossen legten eine »antisowjetische Haltung« an den Tag und weigerten sich, die Geschichte der KPdSU zu studieren.39 Lief die ideologische Stigmatisierung, mit der im allgemeinen die Ak- teure des Aufstandes belegt wurden, meist auf den Vorwurf einer »faschis- tischen« Gesinnung hinaus, so griff die SED innerparteilich zum Vorwurf des »Sozialdemokratismus« und behauptete: »Der 17. Juni 1953 hat erneut bestätigt, dass der Sozialdemokratismus und Faschismus Zwillingsbrüder sind.«40 Unter der Bezeichnung »Sozialdemokratismus« fasste die SED alle Abweichungen von ihrer unversöhnlichen Klassenkampfideologie zusam- men. Diskussionen zu Norm- und Lohnfragen, Kritik an der Politik der DDR-Regierung oder der Sowjetunion galten der SED ebenso als Zeichen des Sozialdemokratismus wie die Forderung nach unabhängigen Gewerk- schaften. So wurde nach dem 17. Juni aus dem VEB ABUS Stahlbau Halle berich- tet: »Die Belegschaft verlangt immer wieder = eine neue BGL und äusserten sich, die Partei ist nicht mehr. Hierbei kam der echte Sozialdemokratismus zum Ausdruck, indem die Anführer verlangten: fort mit dem FDGB – neue Organisation – Verlangen v. Betriebsräten – also keine klare Meinung. U.a. wurde gesagt: her mit den Gewerkschaftsgeldern und SED-Geldern für Streikunterstützung.«41 Im Vorhandensein dieser, für die traditionelle Arbeiterbewegung typi- schen Ideen sah die SED Zeichen »organisierter Feindarbeit« und unter- stellte den Arbeitern, auch wenn sie keine konkreten Verbindungen zum Ost-Büro der SPD hatten, sie hätten sich »objektiv« zu »Agenten des Ost- büros« gemacht. Mehrfach ließ die SED-Bezirksleitung Analysen anfer- tigen, um Zentren des »Sozialdemokratismus« im Bezirk Halle ausfindig zu machen. Zu den von der SED als Hochburgen der SPD ausgemachten Orten gehörte – neben Bitterfeld, Dessau, Köthen und Merseburg – auch die Kreisstadt Bernburg. Bereits am Vorabend des 17. Juni meldete ein Po- lizeibericht: »Unter den ehem. SPD-Mitgliedern macht sich die Tendenz bemerkbar, dass sie offen diskutieren, dass sie schon lange gewusst hät- ten, dass es nicht so weitergehen kann, jedoch hätte man aber nichts sagen 150  dürfen, da man sonst eingesperrt worden wäre.«42 Als nach dem 17. Juni     die Meldung eintraf, in Bernburg seien 90 Arbeiter des Kaliwerks aus der SED ausgetreten, weil sie »mehrere Parteien und die Wiederbildung der SPD« wollten, schickte die SED-Bezirksleitung eine Parteikontrollkom- mission nach Bernburg, um jeden Arbeiter einzeln nach seinen Motiven zu befragen. Das Bernburger Kaliwerk »Friedenshall« war bis zum 17. Juni ein schein- bar mustergültiger sozialistischer Betrieb gewesen. Eine Abteilung zur Ein- führung technisch begründeter Arbeitsnormen (TAN) arbeitete unter dem parteitreuen Slogan »Plan gleich Norm«. Nicht zuletzt deshalb wurde das Werk, das 1600 Belegschaftsmitglieder beschäftigte, im Januar 1953 als »Republiksieger im Wettbewerb der Kaliwerke der DDR« ausgezeichnet. Die zentralen Planvorgaben wurden erfüllt und vermeintliche »Feinde« unerbittlich entlarvt. Das ging so weit, dass ein Sicherheitsingenieur, der im Frühjahr 1953 darauf hinwies, dass bei der Produktionsmaximierung Sicherheitsnormen verletzt würden, der Feindtätigkeit »überführt« wur- de. Der Betreffende konnte kurz vor seiner Verhaftung gen Westen fliehen. Vorher war bereits ein Betriebsleiter geflohen, den die SED unter Druck gesetzt hatte.43 Am 17. Juni geschah im Kaliwerk »Friedenshall« wenig. Zwar beschloss die Betriebsgewerkschaftsleitung, die TAN-Abteilung aufzulösen, gestreikt aber wurde an diesem Tag nicht. Umso nachhaltiger gestalteten sich die Auseinandersetzungen in der Folgezeit. 50 Genossen, und damit zehn Pro- zent der Parteimitglieder des Betriebes, traten aus der SED aus. Sie gaben zu niedrige Löhne, willkürliche Verhaftungen und Entlassungen und die fehlerhafte Politik der SED als Grund für den Bruch mit der Einheitspar- tei an. Manche äußerten bei den Befragungen auch, dass es wieder meh- rere Arbeiterparteien geben müsse. Gut die Hälfte derjenigen, die jetzt die SED verließen, war schon vor 1933 SPD-Mitglied gewesen. Im Kaliwerk allerdings war das kein besonders hoher Anteil, wenn man bedenkt, daß 75 Prozent aller SED-Genossen des Betriebes aus der SPD kamen, und nur elf Prozent aus der KPD.   Das »wahre Gesicht«   In seinem bereits zitierten Referat sprach ZK-Mitglied Fred Oelßner da- von, dass am 17. Juni »manche Leute plötzlich ihr wahres Gesicht zeigten.« Der Vorwurf, diese »Leute« hätten vorher Zustimmung zur SED-Politik geheuchelt, war schon deshalb infam, weil die SED selbst, sei es bei Wah- len oder im Zuge der Aktivistenbewegung, massenhaft Lippenbekenntnis-         151     se gefordert und oft auch erzwungen hatte. Und selbst nachdem sie ihre Macht mit Hilfe sowjetischer Waffengewalt wiederhergestellt hatte, übte die SED erneut Druck aus, um die Arbeiter mit »Peitsche und Butterbrot« zu einer Akzeptanz der Parteiherrschaft zu bewegen. So drohte Fred Oelß- ner in einer Rede vor Buna-Arbeitern, dass die Staatsmacht stark genug sei, um einen zweiten 17. Juni zu verhindern. Andererseits räumte er aber auch Fehler ein und ließ sich auf Diskussionen über die sozialen Probleme der Arbeiter ein. In den Betrieben wurden nach dem 17. Juni zum großen Teil Debatten fortgesetzt, die schon Jahre währten. Die SED sorgte dafür, dass sich diese Auseinandersetzungen auf materielle Fragen beschränkten. Angesichts der unveränderten öffentlichen Propaganda fragte ein Arbeiter im Kaliwerk »Friedenshall« Bernburg: »Vor dem 17. schrieb die Presse in der DDR, die Arbeiter stehen 100%ig hinter den Maßnahmen der Regierung und Partei. Nach dem 17. liest man das gleiche. Nun frage ich mich, hat es denn über- haupt einen 17. gegeben?«44 Auch unter den Schauspielern des »Theaters der Jungen Garde« in Halle bedauerten einige, »dass die armen Arbeiter, die die Demonstration organisiert haben, nichts erreicht hätten.«45 Offenbar wurde der Aufstand von den Zeitgenossen im Kern als Arbei- teraufstand erlebt, dessen gesamtgesellschaftliche Zielsetzung jedoch zu einer ständigen Verbreiterung der Basis führte. So wirkten im achtköpfigen Streikkomitee in Halle auch ein Künstler und ein Student mit, in Bitterfeld gehörte ein Lehrer zu den Streikführern. Dass der Aufstand im Kern ein Arbeiteraufstand war, zeigte sich auch in den Auseinandersetzungen in den Tagen nach dem 17. Juni, die sich vor allem in den Produktionsbetrieben abspielten. Die SED beschwichtigte die Arbeiter nach dem 17. Juni vor allem durch verbesserte materielle Lebens- bedingungen. Die Lohnentwicklung der Arbeiter im Elektrochemischen Kombinat Bitterfeld (EKB) beispielsweise setzte nach dem 17. Juni, nach einem schroffen Rückgang 1952/53, den ansteigenden Trend der Jahre 1950/51 fort. »Wenn nicht der 17. Juni gewesen wäre, hätten wir das alles nicht bekommen. So hat der Tag doch etwas eingebracht«, befand ein Ar- beiter aus dem EKB.46 Arbeiter in Buna hingegen, wo es am 15. Juli 1953 zu einem noch mächtigeren Streik kam als einen Monat zuvor – diesmal wurde sogar die Karbidproduktion gestoppt – interpretierten die SED- Politik dahingehend, dass versucht werde, mit kleinen Versprechungen große Fehler zu vertuschen. Durch die gewaltsame Niederschlagung des Aufstandes ist die Erinne- rung bei vielen Zeitzeugen negativ eingefärbt. Die vielen Verletzten, die 152  Toten, die Verhaftungen, die Verhöre, die zerstörten Hoffnungen haben                                                                                     153     möglicherweise eine wichtige Erfahrung dieses Tages in den Hintergrund gedrängt. Diese Erfahrung ist kaum zu finden an den Gedenktafeln und - kreuzen zu Ehren der Akteure und Opfer, sie ist auch nicht zu finden in den Aufzeichnungen der SED und anderer staatlicher Organe, die sich (zu Recht) bedroht fühlten und die Demonstrationen und Streiks durchweg negativ beschrieben. Sie zeigt sich jedoch in manchen Fotos vom Vormit- tag des 17. Juni. Diese dokumentieren den Aufstand im Moment seines Entstehens, und widerlegen gleichzeitig die Herabwürdigung der Aufstän- dischen zu angeblichen »faschistischen Provokateuren« durch die SED. Die Fotos zeigen winkende Demonstranten, lachende Frauen und Arbeiter, die ihr Fahrrad durch die hallesche Innenstadt schieben. Auch das war der 17. Juni im Bezirk Halle. »Liebe Freunde. Wenn ich heute Eure strahlen- den Gesichter sehe, dann möchte ich Euch am liebsten umarmen und an mein Herz drücken. Der Tag der Befreiung ist da, die Regierung ist weg, die Tyrannei hat ein Ende.«47 Diese Worte, gesprochen von Paul Othma vor tausenden Streikenden in der Innenstadt von Bitterfeld, Zeugnisse überschwänglicher Freiheitshoffnung, gehören ebenso zur Geschichte des Aufstands wie das Leid der Toten und Verhafteten nach der blutigen Nie- derschlagung der Revolte. In diesem Sinne haben die Demonstranten am 17. Juni 1953 dem SED-Regime tatsächlich für wenige Stunden ihr »wah- res Gesicht« gezeigt.                                           154 Landeshauptarchiv Sachsen-Anhalt, Abt. Merseburg (LHASA, Abt. MER), SED- Bezirksleitung (SED-BL) Halle, IV/2/55/1136 b, Bl. 283. LHASA, Abt. MER, SED-BL Halle, IV/2/3/606, Bl. 105–109. LHASA, Abt. MER, SED-BL Halle, IV/2/3/611, Bl. 151, 191–210. Rainer Hildebrandt: Der 17. Juni. Berlin 1983, S. 132 sowie Stefan Wolle: »Agenten, Saboteure, Verräter …« Die Kampagne der SED-Führung gegen den »Sozialdemo- kratismus«. In: Ilko-Sascha Kowalczuk, Armin Mitter und Stefan Wolle (Hrsg.): Der Tag X. 17. Juni 1953. 2. Aufl., Berlin 1996, S. 243–277, hier S. 259. Schilderung des ehem. Superintendenten Helmut Hartmann, Archiv von Zeitgeschichte(n) – Verein für erlebte Geschichte e.V. Halle. Angelika Klein: Die Arbeiterrevolte im Bezirk Halle. Bd. 1–3. Potsdam 1993, Bd. 1, S. 10 sowie LHASA, Abt. MER, SED-BL Halle, IV/2/4/1132, Bl. 90. LHASA, Abt. MER, SED-BL Halle, IV/2/3/609, Bl. 223. LHASA, Abt. MER, SED-BL Halle, IV/2/3/611, Bl. 5 sowie IV/2/3/607, Bl. 102. LHASA, Abt. MER, SED-BL Halle, IV/2/4/1133, Bl. 54 sowie BdVP Halle, Bestand 19, Nr. 073, Bl. 83. LHASA, Abt. MER, SED-BL Halle, IV/2/9.02/1369, Bl. 15 sowie IV/2/3/607, Bl. 89.   LHASA, Abt. MER, BdVP Halle, Bestand 19, Nr. 073, Bl. 80–82. LHASA, Abt. MER, SED-BL Halle, IV/2/3/611, Bl. 17 sowie IV/2/3/609, Bl. 232. LHASA, Abt. MER, BdVP, Bestand 19, Nr. 314, Bl. 4. LHASA, Abt. MER, SED-BL Halle, IV/2/3/611, Bl. 12–22. LHASA, Abt. MER, SED-BL Halle, IV/2/3/609, Bl. 233f. LHASA, Abt. MER, LV SED Sachsen-Anhalt, IV/L2/602/64, Bl. 77 sowie LHASA, Abt. MER, LV SED Sachsen-Anhalt, IV/L2/55/10, Bl. 32. LHASA, Abt. MER, SED-BL Halle, IV/2/3/609, Bl. 196. LHASA, Abt. MER, BdVP Halle, Bestand 19, Nr. 314, Bl. 12. Ebenda, Bl. 222f. LHASA, Abt. MER, LV SED Sachsen-Anhalt, IV/L2/602/46, Bl. 86, 105–195. LHASA, Abt. MER, SED-BL Halle, IV/2/3/611, Bl. 102f. Heidemarie Schmidt und Paul Werner Wagner: »… man muss doch mal zu seinem Recht kommen …« Paul Othma – Streikführer am 17. Juni 1953 in Bitterfeld, Mag- deburg 2001, S. 9. LHASA, Abt. MER, LV SED Sachsen-Anhalt, IV/L2/5/60, Bl. 10, 154f., 239–244. Vgl. Hildebrandt, S. 135f. LHASA, Abt. MER, SED-BL Halle, IV/2/3/607, Bl. 103. Vgl. Hildebrandt, S. 120f. LHASA, Abt. MER, SED-BL Halle, IV/2/3/611, Bl. 68. LHASA, Abt. MER, SED-BL Halle, IV/2/3/607, Bl. 3f. LHASA, Abt. MER, SED-BL Halle, IV/2/3/19, Bl. 168f. LHASA, Abt. MER, SED-BL Halle, IV/2/3/607, Bl. 17. Ebenda, Bl. 29. Ebenda, Bl. 115 sowie SED-BL Halle IV/2/3/609, Bl. 2–6. LHASA, Abt. MER, SED-BL Halle, IV/2/55/1136 b, Bl. 3,11. LHASA, Abt. MER, BdVP Halle, Bestand 19, Nr. 074, Bl. 207. LHASA, Abt. MER, SED-BL Halle, IV/2/4/736, Bl. 40. LHASA, Abt. MER, SED-BL Halle, IV/2/4/1132, Bl. 94. LHASA, Abt. MER, SED-BL Halle, IV/2/3/607, Bl. 253–256. Heinz Domeinski: Die SAG-Betriebe als Schulen des Sozialismus. Diss., Halle 1975, S. 175 u. 190. LHASA, Abt. MER, SED-BL Halle, IV/2/4/726, Bl. 64. LHASA, Abt. MER, SED-BL Halle, IV/2/3/610, Bl. 109–113, Zitat Bl. 112. LHASA, Abt. MER, SED-BL Halle, IV/2/4/1133, Bl. 35. LHASA, Abt. MER, BdVP Halle, Bestand 19, Nr. 073, Bl. 83. Die Tatsache, dass in den Polizeiberichten des Bezirks Halle vom April 1953 sechs, vom Mai zehn, von Juni bis August aber nicht ein einziger Sabotagefall gemeldet wurde, legt den Schluss nahe, dass sich nach dem 17. Juni die Interpretation von Betriebsstörungen normalisierte. LHASA, Abt. MER, BdVP Halle, Bestand 19, Nr. 076, Bl. 51. LHASA, Abt. MER, SED-BL Halle, IV/2/4/740. LHASA, Abt. MER, SED-BL Halle, IV/2/55/1136b, Bl. 117. LHASA, Abt. MER, SED-BL Halle, IV/2/3/593, Bl. 80–82. Schmidt/Wagner, »… man muss doch mal zu seinem Recht kommen …«, S. 35. 155

Monographie

Die Wandlung des deutschen Kommunismus. Band 2

Hermann Weber

Der Wandel der KPD von einer Organisation, in der große innerparteiliche Demokratie herrschte, die aber zugleich von inneren Fraktionskämpfen zerrissen wurde, in eine disziplinierte Partei mit zentralisierter Befehlsgewalt wird in Hermann Webers 1969 erschienenen Hauptwerk "Die Wandlung des deutschen Kommunismus" nachgezeichnet. "Wie kaum ein Werk hat Die Wandlung des deutschen Kommunismus die deutschsprachige Kommunismusforschung geprägt", schreibt der Historiker Marcel Bois 2018 im Jahrbuch… Hermann Weber Die Wandlung des deutschen Kommunismus Die Stalinisierung der KPD in der Weimarer Republik Band 2 Europäische Verlagsanstalt © 1969 by Europäische Verlagsanstalt Frankfurt am Main Schutzumschlag: August Bachmeier Printed in Germany Druck: Poeschel & Schulz-Schomburgk, Eschwege Best.-Nr. 01/3 V. Das Führungskorps Die überragende Rolle der Funktionäre bei der Stalinisierung der Kommunistischen Partei Deutschlands wurde bereits beschrieben. Auch die Tatsache, daß innerhalb des Funktionär- körpers der hauptamtliche Apparat und vor allem dessen Spitze auf die Stalinisierung be- stimmend einwirkte, ist dargelegt worden. Untersucht man nun die Zusammensetzung dieses hauptamtlichen Funktionärkorps, so ergeben sich weitere Aufschlüsse über den Prozeß der Stalinisierung. Dabei muß der Kreis der Funktionäre, die zwischen 1924 und 1929 das hauptamtliche Korps der Spitzenfunktionäre bildeten, genau umrissen werden. Die einzige offizielle An- gabe über die Zahl der Parteimitglieder, die von der KPD selbst beschäftigt wurden, liegt für das Jahr 1927 vor. Damals waren 1,64% der 143 172 Mitglieder Parteiangestellte,1 also 2348 Personen. Die meisten dieser von der Partei Beschäftigten waren jedoch sogenannte technische Ange- stellte (Arbeiter und Angestellte der parteieigenen Druckereien und Verlage, Stenotypistinnen usw.). Politische Angestellte (Sekretäre des Zentralkomitees, der 27 Bezirke, der Unter- bezirke, der größeren Orte sowie Redakteure des Zentralorgans »Rote Fahne« und der 35 Parteizeitungen) gab es natürlich weit weniger, die Zahl dürfte bei 500 Funktionären gelegen haben.i 2 Audi wenn man die Angestellten der Massenorganisationen berücksichtigt (Kommunistischer Jugendverband, Rote Hilfe, Internationale Arbeiterhilfe, Roter Frontkämpferbund usw.), verschiebt sich diese Zahl nicht wesentlich. Nach den offiziellen Angaben von 1927 waren 2,6% der Parteimitglieder in Gewerkschaften, Genossenschaften und »Arbeiterorganisatio- nen« beschäftigt. Bei den Freien Gewerkschaften waren jedoch nur 110 Kommunisten als Sekretäre angestellt. Die überwiegende Mehrheit der 3736 Personen dieser zweiten Gruppe setzte sich (auch nach den offiziellen Feststellungen) aus Arbeitern und Angestellten der Konsumgenossenschaften und der Sowjetinstitutionen in Deutschland (ca. 3000) zusammen. Mit anderen Worten, von den 6041 Personen, die 1927 bei der KPD und ihren Massen- organisationen oder bei Arbeitergenossenschaften und Sowjetinstitutionen in Deutschland angestellt waren, sind weniger als 1000 als politische Angestellte von Partei und Massen- organisationen anzusehen. Diese Feststellung wird durch die Betrachtung einer anderen Quelle gestützt. Das Organ i W. Kaasch: Die soziale Struktur der Kommunistischen Partei Deutschlands. »Die Kommuni- stische Internationale«, Heft 19, Jg. 1928, S. 1051 - Vgl. auch Geh. StA München, 101 236. 2 Wo im folgenden die Angaben nicht direkt belegt werden, ergeben sie sich aus vielen Einzel- heiten der gesamten Quellen, die im Literaturverzeichnis genannt sind, vor allem den Materialien der Staatsarchive und den Mitteilungen ehemals führender Funktionäre der KPD. Im vorliegenden Falle handelt es sich hauptsächlich um Auskünfte von Wolfgang Bartels, Klara Blinn, Heinrich Brandler, August Enderle, Ruth Fischer, Max Frenzel, Anton Grylewicz, Erna Halbe, Erich Hausen, Max Hesse, Theodor Koegler, Max Köhler, Herbert Müller, Kurt Müller, Max Rudert (d. i. Bernhard Menne), Josef Schlaffer, Alfred Schmidt, Johannes Stetter, Ernst Torgier, Hans Weber, Rose Wolfstein und Erich Wollenberg. 6 Das Führungskorps der Opposition um Karl Korsch, die »Kommunistische Politik«, veröffentlichte im Mai 19263 eine Aufstellung über Mitgliedschaft und hauptamtlichen Parteiapparat der KPD Ende 1925. Nach dieser - aus der Kenntnis seiner Verfasser sicher zutreffenden - Darstellung hatte die damals im Durchschnitt 125 000 Mitglieder zählende KPD 4400 Mitglieder, die hauptamt- lich beschäftigt wurden (3,5 °/o der Mitgliedschaft).4 Nadi dem Beridit der »Kommunistischen Politik« waren davon 850 Personen im eigentlichen Parteiapparat beschäftigt (einschließlich der Parlamentarier im Reich und den Ländern!). In dieser Zahl waren die technischen An- gestellten (Stenotypistinnen, Kassierer usw.) eingeschlossen. Hinzu kamen 1800 Angestellte der Zeitungen, Druckereien und Inseratenabteilungen; 200 Angestellte im Buchhandel, je 50 Funktionäre der Roten Hilfe und der IAH, 1000 Angestellte in den Sowjetinstitutionen; 200 besoldete kommunistische Gewerkschaftsfunktionäre, 150 Angestellte in Genossenschaften und 100 in Krankenkassen Angestellte. Natürlich war es für die Parteientwicklung von erheblicher Bedeutung - und das wurde bereits dargestellt daß ein so großer Teil der Mitgliedschaft in direkter materieller Ab- hängigkeit von der Partei stand.5 Bei der Untersuchung des eigentlichen Führungskorps ist ein kleinerer Kreis zu berücksich- tigen, nämlich jene hauptamtlichen Parteiangestellten, die wichtige Schlüsselfunktionen in der KPD ausübten. Bisher gibt es keinerlei Aufstellung über die personelle Zusammen- setzung dieses Parteikaders. Eine Darstellung der Funktionen und der Funktionsbesetzungen ist also zunächst notwendig, um das Funktionärkorps näher analysieren zu können DIE WICHTIGSTEN PARTEIFUNKTIONEN Fast alle wesentlichen Parteifunktionen in der KPD waren mit hauptamtlichen Funktio- nären besetzt. Das entscheidende Organ der KPD war (sowohl theoretisch durch das Statut ausgewiesen wie auch in der Praxis) das Zentralkomitee (bis 1925: die Zentrale). Die Mit- glieder und sogenannten Kandidaten (d. h. Ersatzmitglieder) des ZK bestimmten im Rahmen der von der Komintern festgelegten Linie die Politik der Kommunistisdien Partei Deutsch- lands. Die ZK-Mitglieder (bis 1929) waren fast ausschließlich hauptamtliche Funktionäre (entweder im zentralen Apparat in Berlin, in den Bezirksleitungen oder in einer Massen- organisation tätig). Die Zentrale von 1924 war klein: der Frankfurter Parteitag wählte eine Zentrale aus 15 Personen. Das auf dem X. Parteitag 1925 gewählte ZK umfaßte 19 Mitglieder und 7 Kan- 3 Partei im Belagerungszustand. »Kommunistische Politik«. Diskussionsblatt der entschiedenen Linken in der KPD. Nr. 5, Ende Mai 1926. (Auch als Sonderdruck »Partei im Belagerungs- zustand« verbreitet.) 4 Für Berlin errechnete die »Kommunistische Politik« allerdings (1400 Angestellte bei 18 000 Mitgliedern), daß acht Prozent der Mitgliedschaft im Apparat tätig waren. Vgl. auch Band 1, S. 290, Anm. 189. 5 Das gilt nicht nur für Personen, die ihren Arbeitsplatz (bei Konsumgenossenschaften, bei KPD- Massenorganisationen, in KPD-Druckereien usw.) nur mit Hilfe der Partei erhalten hatten und ihn nur mit Unterstützung der Partei behalten konnten. Auch die Funktionäre der illegalen Appa- rate und die zahlreichen Angestellten der sowjetischen Institutionen auf deutschem Boden (Handelsvertretung, DERUPA, Torgprom usw.) konnten auf einen Wink der Parteiführung ihre Positionen verlieren. Auf diese Weise waren wohl etwa 6-8000 Parteimitglieder von der KPD materiell abhängig. Doch waren es meist einfache Arbeitsplätze und das Gros dieser »Partei- angestellten« im weitesten Sinne des Wortes hatte auf die Geschicke und die Entwicklung der KPD nur einen indirekten oder passiven Einfluß. Die wichtigsten Parteifunktionen 7 didaten. Dagegen umfaßte das vom XI. Parteitag 1927 gewählte Zentralkomitee schon 35 Mitglieder und 18 Kandidaten. Das vom XII. Parteitag 1929 berufene ZK bestand aus 38 Mitgliedern und 25 Kandidaten.6 Während sämtliche Mitglieder der Zentrale bis 1923 bekanntgegeben wurden, hielt man ihre Namen seit 1924 streng geheim. Die SED veröffentlichte erstmals 1966 eine Liste der Mitglieder.7 Da das ZK immer mehr Personen umfaßte, verlagerte sich die eigentliche Leitung der Par- tei Mitte der zwanziger Jahre auf das (aus den Reihen des ZK gewählten) Polbüro und auf das Sekretariat, das sogenannte Politsekretariat. Die Mitgliederzahl des Polbüros blieb be- grenzt: 1924 bildeten 9 Parteiführer das Polbüro, nach dem X. Parteitag 1925 waren es 8 Personen (dazu kam allerdings der inhaftierte Maslow). Nach dem »Offenen Brief« än- derte sich die zahlenmäßige und personelle Zusammensetzung des Polbüros mehrfach. Auf dem XL Parteitag 1927 wurde ein Polbüro aus 9 Mitgliedern und 3 Kandidaten gebildet, nach dem XII. Parteitag 1929 gab es 11 Vollmitglieder und 4 Kandidaten des Polbüros (das bald darauf Politbüro genannt wurde). Das Politsekretariat (bis 1925 als Sekretariat bezeichnet) setzte sich 1924 aus 3 Personen zusammen, wurde später auf 4 erweitert und umfaßte ab 1928 wieder 3 Personen. Das Politsekretariat leitete die Institution, den Apparat »Zentralkomitee« an. Dieser ZK- Apparat ist nicht identisch mit dem auf den Parteitagen gewählten »Zentralkomitee«. Das vom Parteitag gewählte ZK (in dem auch Vertreter der Bezirke saßen), kam in bestimmten Abständen zu Tagungen zusammen, die Institution ZK war ein Arbeitsstab, der seinen Sitz in Berlin hatte. Daher gab es neben den ZK-Mitgliedern eine größere Anzahl von ZK- Mitarbeitern^ die als hauptamtliche Funktionäre in den verschiedenen Abteilungen des ZK als Angestellte tätig waren.8 Die ZK-Mitarbeiter wurden von den ZK-Mitgliedern und Sekretären angeleitet und übten in der Parteihierarchie eine wichtige Funktion aus. Durch die Vergrößerung des ZK-Apparates wuchs ihre Zahl in den Jahren von 1924 bis 1929 6 Vgl. dazu: Geschichte der deutschen Arbeiterbewegung - Chronik. Teil II, 1917-194$. Berlin (Ost) 1966, S. 164, 206, 242 - Bericht über die Verhandlungen des 9. Parteitages der Kommunisti- schen Partei Deutschlands (Sektion der Kommunistischen Internationale), abgehalten in Frank- furt/Main vom 7. bis 10. April 1924. Berlin 1924, S. 357 - Bericht über die Verhandlungen des 11. Parteitages der Kommunistischen Partei Deutschlands (Sektion der Kommunistischen Internationale), 2. bis 7. März 1927 in Essen. Berlin 1927, S. IV, 67 und 199 - Die illegale Tagung des Zentralkomitees der KPD am 7. Februar 1933 in Ziegenhals bei Berlin. Berlin (Ost) 1962, S. 27 - »Freiheit«, Düsseldorf, vom 9. 5. 1924 - StA Oldenburg 136-86-37, Bd. VIII, Bl. 373 ff.; Bd IX, Bl. $39; und 86-130, Bd 1 - HStA Düsseldorf 16 927; sowie die Mitteilungen der in Anm. 2 genannten Personen. 7 Chronik, a.a.O. Vgl. dazu Anm. 6. Um die ZK-Mitglieder genau zu erfassen, wurden die Angaben in den Staatsarchiven mit den Aussagen der befragten Personen und den offiziellen Darstellungen der SED und KPD verglichen. So fanden sich Hinweise in der »Erklärung« von 2$ ZK-Mit- gliedern nach dem Fall Wittorf, in »Die Rote Fahne« (RF) vom 7. 10. 1928, andere Angaben in der gleichen Zeitung vom 17. 8. 1926, 14. 9. 1927, 29. 11. 1927, 2. u. 5. 12. 1927, 18. 11. 1928, 19. 3. 1929. Auch im Bericht des XL Parteitages (a.a.O.) S. 67, 88, 93, 131, 199 und 210 und dem Protokoll des XII. Parteitages der KPD, Berlin 1929, S. 222, 246, 282, gibt es Hinweise auf ZK-Mitglieder, ebenso in Ostberliner Veröffentlichungen, (z. B.: Unter der roten Fahne. Er- innerungen alter Genossen. Berlin 1958, S. 325-330 - 1918. Erinnerungen von Veteranen der Deutschen Gewerkschaftsbewegung. Berlin 1958, S. 537-553 - Deutschlands unsterblicher Sohn. Erinnerungen an Thälmann. Berlin 1961, S. 76, 103, 133, 160, 235, 327, 363, 442 u. 463 ff. - Freundschaft für immer. Berlin 1960, S. 114 - »Neues Deutschland«, Berlin [Ost], vom 14. 1. 1962) 8 Die größte Abteilung war die Gewerkschaftsabteilung, außerdem gab es die Organisations- (Org), die Agitprop-, Land-, Frauen-, Genossenschafts-, Informations-, Kommunal-, Geschäfts- abteilung, den Pressedienst usw. 8 Das Führungskorps ständig. Neben den vielen technischen Angestellten gab es zwischen 20 und 60 politische ZK-Angestellte. Die direkte Anleitung der unteren Parteiorganisation erfolgte durch die Bezirksleitungen (BL). In den Bezirksleitungen wurde die Arbeit vor allem von den hauptamtlichen Pol- und Orgleitern geleistet. Außerdem waren - je nach Mitgliederstärke des Bezirks - auch der Sekretär für Gewerkschaftsfragen und der Agitpropsekretär hauptamtlich tätig (ferner tech- nisch-politische Funktionäre wie der Kassierer und technische Angestellte wie Stenotypi- stinnen). In den meisten Bezirken gab es außerdem hauptamtliche Unterbezirkssekretäre.9 Ebenso waren die Redaktionen der Parteizeitungen je nach Größe und Bedeutung des Blattes unterschiedlich besetzt. Im Zentralorgan »Die Rote Fahne« arbeitete fast ein Dutzend Re- dakteure für die Ressorts Politik, Wirtschaft und Gewerkschaft, die als politische Mitarbeiter anzusehen sind. An den größeren Zeitungen war der Chefredakteur und der politische Re- dakteur, bei den kleineren nur der Chefredakteur zum politischen Führungskorps zu rechnen. Bei den Kopfblättern (1927 waren 9 der 35 KPD-Zeitungen Kopfblätter) waren nur Lokal- redakteure beschäftigt. Die Massenorganisationen verfügten über einen weit kleineren hauptamtlichen Apparat, aber auch hier gab es zentrale- und Bezirksfunktionäre, die von ihrer Organisation ange- stellt waren. Zum führenden Funktionärkorps der KPD kann man jedoch nur die Führer und Generalsekretäre dieser Massenorganisationen rechnen. Schließlich übten die Abgeordneten im Reichstag und in den Landtagen eine wichtige Funk- tion für die KPD aus. Zwar war die Kommunistische Partei keine parlamentarische Partei, und sie maß der Arbeit im Parlament kein sehr großes Gewicht bei. Da ein Abgeordneten- mandat jedoch Immunität verlieh, sowie Diäten und Freifahrten einbrachte, wurden nur wichtige Funktionäre in die Parlamente entsandt. Die Abgeordneten hatten deshalb meist zugleich auch andere wesentliche Positionen inne (ZK-Mitglieder, Pol- und Orgleiter der Bezirke usw.). Die KPD verfügte 1927 über 10000 Abgeordnete,10 zumeist Gemeinde- oder Kreistags- vertreter, bzw. Stadtverordnete. Politische Bedeutung hatten aber nur die Reichstags- und Landtagsabgeordneten. 1924 besaß die KPD 64 Reichstags- und 160 Landtagsmandate 9 Als Beispiel für die Zusammensetzung einer Bezirksleitung sei hier die auf dem Bezirksparteitag vom 17./18. 12. 1927 gewählte BL des starken Bezirkes Wasserkante angeführt. Die BL umfaßte 45: Personen (33 Arbeiter, 4 Angestellte und 8 Parteiangestellte). Die »engere BL«, die die eigentliche Leitungsfunktion ausübte, bestand aus 13 Funktionären (6 Arbeiter, 2 Angestellte und 5 Parteiangestellte, darunter ein Redakteur). Hauptamtliche Angestellte der BL waren: Polleiter, Orgleiter, Gewerkschafts- und Agitpropsekretär, 2 UB-Leiter (Kiel und Lübeck), Expedient, Kas- sierer, 3 Stenotypistinnen und eine Hilfskraft für die Abfertigung. Von den 12 hauptamtlichen Angestellten hatten 4 (Pol- und Orgleiter, Gewerkschafts- Agitpropsekretär) die entscheidenden Funktionen inne. (Vgl. StA Oldenburg, 136-86-37, Band 10.) Die BL Pfalz setzte sich im Herbst 1929 aus 33 Personen (darunter 2 Frauen) zusammen. Der »engeren BL« gehörten 15 Personen und dem Sekretariat 8 Funktionäre an. Als direkter Parteiangestellter galt nur der Polleiter, außerdem eine technische Kraft. Die tatsächliche soziale Zusammensetzung sah aber folgendermaßen aus: Arbeiter in Betrieben bis 500 Beschäftigte: 6; in Betrieben über 500: 4; erwerbslos: 5; Invalide: 1; Angestellte in Partei und parteiähnlichen Betrieben: 11. Politisch organisiert hatten sich bereits vor 1914: $ Funktionäre, von 1914 bis 1918: 4, von 1919-1923: 9, während 8 erst nach 1923 in eine politische Organisation ein- getreten waren. Von den BL-Mitgliedern waren 8 früher in der SPD, 10 in der USPD und nur 3 im Spartakusbund Mitglied gewesen; 12 kamen aus dem KJV. (Records of the Reich Leader of the SS and Chief of the German Police. National Archives of the United States [Himmler-Nachlaß] T-175 Roll 312). 10 Kaasch, a.a.O. (Anm. 1) S. 1054. Die wichtigsten Parteifunktionen 9 (einschließlich der Bürgerschaftsabgeordneten in Hamburg und Bremen11), 1929 gehörten 54 Reichstags- und 155 Landtagsabgeordnete der KPD an.ii 12 Die wichtigsten der bisher aufgeführten politischen Funktionen in der KPD 1924-1929 waren folgende: Polbüro-Mitglieder und Politsekretäre; ZK-Mitglieder bzw. -Kandidaten; politische ZK-Mitarbeiter; Pol- und Orgleiter aller Bezirke; politische Redakteure der »Roten Fahne« und Chefredakteure aller Zeitungen; die Sekretäre für Gewerkschaft und Agitprop der großen, d. h. der mitgliederstarken Bezirke Berlin, Wasserkante, Ruhr, Nieder- rhein, Westsachsen, Erzgebirge, Halle-Merseburg und Thüringen; die Reichstagsabgeord- neten; die Landtagsabgeordneten der größeren Länder (einschließlich derjenigen Bürger- schaftsmitglieder in Hamburg und Bremen, die zugleich in der Bezirksleitung der KPD waren); die Führer der Massenorganisationen. Diese Funktionen waren die entscheidenden politischen Positionen der KPD und ihre In- haber können als das Führungskorps der Kommunistischen Partei Deutschlands bezeichnet werden. Allerdings wechselte die KPD ihre Funktionäre häufig aus, vor allem in den Bezirken. Als Beispiel seien hier die Polleiter einiger Bezirke zwischen 1924 und 1929 auf geführt:13 Den Bezirk Ruhr (Sitz der BL: Essen) führte als Polleiter: März bis Mai 1924: Kurt Rosenbaum Juni 1924 bis Februar 1925: Wilhelm Schwan Februar bis Juni 1925: Theodor Neubauer Juli bis September 1925: Wilhelm Schwan Oktober 1925: Wilhelm Hassel November 1925: Wilhelm Kropp Dezember 1925 bis 1932: Wilhelm Florin Den Bezirk Wasserkante (Sitz Hamburg) leitete: Bis Januar 1924: Hugo Urbahns Februar bis Juli 1924: Philipp Dengel August 1924 bis September 1925: August Creutzburg Oktober 1925 bis Januar 1926: Willy Sachse Februar 1926: Paul Dietrich ii Reichstags-Handbuch II. Wahlperiode 1924, Berlin 1924, S. 353 f. - Jahrbuch für Politik, Wirt- schaft, Arbeiterbewegung 1923/24, Hamburg-Berlin 1924, S. 576 - Dass. 1925/26, Hamburg- Berlin 1926, S. 741 - Franz Osterroth und Dieter Schuster: Chronik der deutschen Sozial- demokratie. Hannover 1963, S. 519-552. Vgl. auch S. 19 f., Anm. 22 und 23. 12 Reichstags-Handbuch. IV. Wahlperiode 1928. Berlin 1928. - Osterroth a.a.O. S. 519-552. Vgl. auch S. 19 f., Anm. 22 und 23. 13 Vgl. dazu Anm. 2. Hier wurden speziell ausgewertet: StA Bremen, IIA 12a, Bd. 8, 10, 11, 13, 14, 16, 17, 18, 19, 23; IIA 12b, Bd. 5 u. 7; IV 4e, Bd. 2, 5, 6; IV 13b, Bd. 6; IV 13h, Bd. 2, 3,4; IV 23, Bd. 2 u. 3; IV 27, Bd. 5, 6, 7 u. 9; IV 29, Bd. 4; IV 30, Bd. 2; IV 31, Bd. 1 u. 2; IV 33, Bd. i. HStA Düsseldorf, 16910, 16924, 16927, 16928, 16934, 16959, 30649, 30651. StA Koblenz, 403/13 371, 13 372, 13 374, 16 767, 16 770, 16 771, 16 778. StA Oldenburg, VI-86-i3b. Außerdem wurden an Hand von Fragebogen über die Funktionsbesetzung in den Bezirken Aus- künfte der in Anm. 2 genannten Personen eingeholt und überdies noch folgende Personen zu diesem Problem befragt: Fritz Altwein, Rosa Aschenbrenner, Ludwig Becker, Fritz Belleville, Adam Ebner, Karl Frank, Heinrich Galm, Anton Goren, Karl Grönsfelder, Babette Gross, Paul Hempel, Alwin Heucke, Ludwig Hurm, Kurt Rabe, Gertrud Rattei, Karl Retzlaw, Wilhelm Riechen, Josef Schappe, Emmy Scholem, Burkhart Springstubbe, Hans Tittel, Walter Uhlmann, J. M. J. Vogel, Eduard Wald, August Ziehl, L. S. und E. W. io Das Führungskorps März 1926 bis Februar 1927: Rudolf Lindau März 1927 bis September 1928: John Wittorf September bis Dezember 1928 : Max Maddalena Januar 1929 bis 1930: Ernst Grube Im Bezirk Niederrhein (Sitz Düsseldorf) war Polleiter: Anfang bis Juli 1924: Karl Fugger August 1924 bis September 1925: »Schmidt«, d. i. Ph. Dengel Oktober 1925 bis Dezember 1926: August Creutzburg Januar 1927 bis März 1927: Theodor Neubauer März bis Dezember 1927: Fritz Schulte Januar bis Oktober 1928 : »Breuer«, d. i. Adolf Ende November 1928 bis 1932: Fritz Schulte Im Bezirk Berlin-Brandenburg war Polleiter: Bis Mai 1924: Ruth Fischer Mai 1924 bis Januar 1925: Theodor Koegler     tung der Parteiführerin R. Fischer) Januar bis Oktober 1925: Lilly Korpus (nominell unter Oberlei- November 1925 bis Juni 1926: Hermann Remmele Juli 1926 bis Januar 1929: Wilhelm Pieck Februar 1929 bis 1932: Walter Ulbricht Den Bezirk Thüringen (Sitz Jena) leitete: Mai 1924 bis Mai 1925: Ernst Sdiwarz Juni 1925 bis Mitte September 1925: Wilhelm Florin September/Oktober 1925: Wilhelm Kerff November 1925: Franz Dahlem Dezember 1925 bis Oktober 1928 : Hans Tittel November 1928 bis Anfang 1930: Nikolaus Pfaff Anfang 1930 bis 1933- Walter Duddins Den Bezirk Nordwest (Bremen) leitete: Bis Mai 1924: Rudolf Lindau Mai 1924 bis Januar 1926: Eugen Eppstein Februar 1926: Karl Fugger März/April 1926: Wilhelm Müller April bis November 1926: Oskar Plenge November 1926 bis Ende 1930: Paul Taube Den Bezirk Württemberg (Sitz Stuttgart) - einen kleineren Bezirk - führte: Bis Anfang 1924: Hans Steuer April bis September 1924: »Meyer«, d. i. Hans Bohla September 1924 bis März 1925: »Kupfer«, d. i. Hans Langner Juli 1925 bis Februar 1926: Max Maddalena Februar bis Juni 1926: Karl Schneck Juni 1926 bis Oktober 1928: Karl Fugger November/Dezember 1928: Arthur Vogt Besetzung der Funktionen 11 Januar 1929 bis 1932:                Joseph Schlaffer In anderen Bezirken war die Fluktuation nicht so stark. Den Bezirk Mittelrhein (Sitz Köln) leitete: Bis Februar 1924: Peter Maslowski Februar bis Mai 1924: Eugen Eppstein Mai 1924 bis Anfang 1925: Willy Kerff Anfang 1925 bis Februar 1929: Jean Winterich März 1929 bis Mitte 1930: Hans Kollwitz Im Bezirk Westsachsen (Sitz Leipzig) war Polleiter: 1923 bis März 1927: Max Strötzel April 1927 bis Dezember 1928: Georg Schumann Januar 1929: Rudolf Renner (Kommissar) Februar bis Ende 1929: Jean Winterich Polleiter im Bezirk Hessen-Frankfurt waren: Mai 1924 bis September 192.5: September 1925 bis Oktober 1928: Oktober 1928 bis September 1929: »Schuhmann«, d. i. Willy Sachse Alwin Heucke Albert Kuntz Dagegen war - als Ausnahme - im Bezirk Nordbayern von 1924 bis 1930 ununterbrochen Johannes Meyer Polleiter (zugleich Reichstagsabgeordneter). Es war meist der gleiche Per- sonenkreis, der die Funktionen innehatte, doch der ständige Wechsel bei der Funktions- besetzung machte es nötig, »Stichtage« zur Untersuchung und Auswertung des Funktionär- korps zu nehmen, um möglichst Zufälle und Fehlerquellen auszuschließen. Drei Daten, die einen Einschnitt in der Entwicklung der KPD bedeuten, sollen daher als Grundlage der Auswertung dienen: Mitte 1924, d. h. nach dem IX. Parteitag Mitte 1927, d. h. nach dem XI. Parteitag und Mitte 1929, d. h. nach dem XII. Parteitag. Für diese Daten wurde der oben erwähnte Personenkreis des Führungskorps ermittelt. Für 1924 sind ca. 380, für 1927 sind ca. 370 und für 1929 sind ca. 400 Funktionen zu beachten. Unter Berücksichtigung der jeweiligen Doppelbesetzung (viele Abgeordnete übten zugleich andere Funktionen aus) ergeben sich jeweils 270 bis höchstens 300 Personen, die die ent- sprechenden Positionen innehatten. DIE BESETZUNG DER FUNKTIONEN Für die drei Zeitpunkte der Auswertung (Mitte 1924, Mitte 1927 und Mitte 1929) ergeben sich folgende Funktionsbesetzungen:14 14 Vgl. hierzu die in Anm. 2, 6, 7, 11, 12 und 13 genannten Quellen. Für die Landtagsabgeordneten wurde das »Stichdatum« bis zum Jahresende ausgedehnt, falls im gleichen Jahr Neuwahlen stattfanden. Die angeführten Personen werden in den Kurzbiographien vorgestellt. Die Angaben und Daten über Alter, soziale Zusammensetzung usw. wurden ausgewertet. Die Personen, die 12 Das Führungskorps Das Polbüro und das Politsekretariat 1924 (Das von der Zentrale 1924 berufene Polbüro setzte sich Mitte 1924 aus 9 Personen zusammen): Ruth Fischer, Iwan Katz, Arkadij Maslow, Hermann Remmele, Arthur Rosenberg, Paul Schlecht, Werner Scholem, Max Schütz und Ernst Thälmann. Dem Politsekretariat (Sekretariat) gehörten an: Ruth Fischer, Arkadij Maslow und Werner Scholem. 1927 (Nach dem XI. Parteitag berief das ZK ein Polbüro aus 9 Mitgliedern und 3 Kandi- daten) : Ernst Thälmann (Vorsitzender), Philipp Dengel, Hugo Eberlein, Arthur Ewert, Fritz Heckert, Paul Merker, Ernst Meyer, Hermann Remmele und Ernst Schneller. Sekretär des Polbüros: Leo Flieg. Kandidaten: Gerhart Eisler, Wilhelm Pieck und Heinrich Süßkind. Dem Politsekretariat gehörten an: Philipp Dengel, Arthur Ewert, Ernst Meyer und Ernst Thälmann. 1929 (Nach dem XII. Parteitag berief das ZK 11 Mitglieder und 4 Kandidaten ins Pol- büro) : Ernst Thälmann (Vorsitzender), Franz Dahlem, Leo Flieg (Sekretär), Wilhelm Florin, Fritz Heckert, Paul Merker, Wilhelm Pieck, Hermann Remmele, Fritz Schulte, Walter Ul- bricht und Jean Winterich. Kandidaten: Wilhelm Hein, Wilhelm Kasper, Heinz Neumann und Helene Overlach. Dem Politsekretariat gehörten an: Ernst Thälmann, Hermann Remmele und Heinz Neu- mann. Das Zentralkomitee (Zentrale) 14B 1924 (Mitte 1924 bestand die Zentrale aus 16 Personen, von denen 15 auf dem IX. Partei- tag in Frankfurt gewählt worden waren und einer (Heckert) nach der Verhaftung Maslows kooptiert wurde): bestimmte Funktionen ausübten, über die aber keine Angaben vorlagen und daher keine Kurz- biographie zu erstellen war, sind in eckige Klammern gesetzt. 14a Auf den übrigen Parteitagen der KPD in der Weimarer Republik wurden folgende Mitglieder in die Zentrale gewählt: Parteitag Januar 1919: Hermann Duncker, Käte Duncker, Hugo Eberlein, Paul Frölich, Leo Jogiches, Paul Lange, Paul Levi, Karl Liebknecht, Rosa Luxemburg, Ernst Meyer, Wilhelm Pieck, August Thalheimer. Parteitag Oktober 1919: Heinrich Brandler, Hugo Eberlein, Paul Frölich, Paul Levi, Ernst Meyer, August Thalheimer, Clara Zetkin. Parteitag Februar 1920: Heinrich Brandler, Hugo Eberlein, Paul Frölich, Ernst Meyer, Wilhelm Pieck, August Thalheimer, Clara Zetkin. Ersatzleute (Kandidaten): Ernst Fries- land (Reuter), Arthur Hammer, Fritz Heckert, Joseph Köring, Paul Lange, Fritz Schnell- bacher, Jakob Walcher. Parteitag April 1920: Heinrich Brandler, Hugo Eberlein, Paul Levi, Ernst Meyer, Wilhelm Pieck, August Thalheimer, Clara Zetkin. Ersatzleute: Ernst Friesland, Paul Frölich, Fritz Heckert, Paul Lange, Fritz Schnellbacher, Jakob Walcher, Rosi Wolfstein. Parteitag November 1920: Heinrich Brandler, Hugo Eberlein, Paul Levi, Ernst Meyer, Wilhelm Pieck, August Thalheimer, Clara Zetkin. Ersatzleute: Ernst Friesland, Paul Frölich, Fritz Heckert, Paul Lange, Fritz Schnellbacher, Jakob Walcher, Rosi Wolfstein. Parteitag Dezember 1920: Paul Levi (Vors.), Ernst Däumig (Vors.). Sekretäre: Heinrich Brandler, Otto Braß, Wilhelm Koenen, Wilhelm Pieck, Hermann Remmele, Walter Stoecker, VII. Parteitag August 1921: Paul Böttcher, Bertha Braunthai, Hugo Eberlein, Ernst Friesland, Thalheimer. Clara Zetkin. Beisitzer: Otto Gaebel, Kurt Geyer, Fritz Heckert, Adolph Hoffmann, August Besetzung der Funktionen 13 Hugo Eberlein, Ruth Fischer, Wilhelm Florin, Ottomar Geschke, Fritz Heckert, Iwan Katz, Arthur König, Arkadij Maslow, Wilhelm Pieck, Hermann Remmele, Arthur Rosenberg, Paul Schlecht, Ernst Schneller, Werner Scholem, Max Schütz, Ernst Thälmann. 1927 Der XL Parteitag im März 1927 in Essen wählte 3$ Mitglieder des ZK: Karl Becker, Adolf Betz, Konrad Blenkle, Franz Dahlem, Philipp Dengel, Paul Dietrich, Hugo Eberlein, Arthur Ewert, Leo Flieg, Wilhelm Florin, Max Gerbig, Ottomar Geschke, Arthur Goike, Walter Hähnel, Fritz Heckert, Wilhelm Hein, Paul Merker, Ernst Meyer, Willy Münzenberg, Michael Niederkirchner, Helene Overlach, Wilhelm Pieck, Hermann Remmele, Joseph Schlaffer, Ernst Schneller, Hans Schröter, Fritz Schulte, Georg Schumann, Walter Stoecker, Ernst Thälmann, Walter Ulbricht, Jean Winterich, John Wittorf, Clara Zetkin [Julius Biefang]. Die 18 Kandidaten waren: Albert Bassüner, Franz Bellemann, Gerhart Eisler, Karl Fischer, Heinrich Galm, Paul Grasse, Ernst Grube, Joseph Hark, Erich Hausen, Hans Kollwitz, Willy Leow, Heinz Neu- mann, Paul Maslowski, Alfred Noll, John Schehr, Heinrich Süßkind, Heinrich Wesche, Jo- seph Winternitz-Lenz.* 15 1929 Der XII. Parteitag in Berlin-Wedding wählte 38 Mitglieder des ZK: Joseph Büser, Franz Dahlem, Philipp Dengel, Leo Flieg, Wilhelm Florin, Ottomar Geschke, Ernst Grube, Arthur Goike, Walter Häbich, Margarethe Hahne, Fritz Heckert, Wilhelm Hein, Wilhelm Kasper, Robert Klausmann, Wilhelm Koenen, Karl Küll, Willy Leow, Fried- rich Lux, Paul Merker, Willy Münzenberg, Heinz Neumann, Michael Niederkirchner, He- lene Overlach, Wilhelm Pieck, Gustav Pötsch, Hermann Remmele, Rudolf Renner, Helene Rosenhainer-Fleischer, Joseph Schlaffer, Fritz Schulte, Walter Stoecker, Ernst Thälmann, Walter Ulbricht, Karl Winter, Jean Winterich, Joseph Winternitz-Lenz, [Fritz Hastenreiter, Gustav Nitsche]. Die 25 Kandidaten des ZK: Paul Bertz, Klara Blinn, Philipp Daub, Karl Fischer, Walter Kassner, Hans Kippenberger, Willi Koska, Frida Krüger, Karl Kübler, Albert Kuntz, Kurt Müller, Alfred Noll, Max Opitz, Hans Pfeiffer, Siegfried Rädel, John Schehr, Albert Schettkat, Heinrich Schmidt, Hermann Schubert, Franz Stenzer, Arthur Ullrich, Otto Voigt, [Fritz Schuldt, Willi Voigt, Erna Weber].16 Fritz Heckert, Edwin Hoernle, Ernst Meyer, Wilhelm Pieck, Hermann Remmele, Felix Schmidt, August Thalheimer, Jakob Walcher, Rosi Wolfstein, Clara Zetkin. VIII. Parteitag Januar 1923: Karl Becker, Paul Böttcher, Heinrich Brandler, Hugo Eberlein, Arthur Ewert, Paul Frölich, Fritz Heckert, Edwin Hoernle, August Kleine (Guralski), Wilhelm Koenen, Rudolf Lindau, Hans Pfeiffer, Wilhelm Pieck, Hermann Remmele, Felix Schmidt, Georg Schumann, Walter Stoecker, August Thalheimer, Walter Ulbricht, Jakob Walcher, Clara Zetkin. Dazu ab 17. 5. 1923: Ruth Fischer, Ottomar Geschke, Arthur König, Ernst Thälmann. Die vom X. Parteitag 1925 ins ZK gewählten Mitglieder vgl. Band 1, S. 117 f. 15 Über Julius Biefang, der auf dem XL Parteitag als Vertreter des Ruhrgebietes auch in die Politi- sche Kommission gewählt wurde, ließ sich nichts in Erfahrung bringen. Eine Anfrage bei sämt- lichen Einwohnermeldeämtern des Ruhrgebietes ergab, daß er nach 1945 nicht mehr dort lebte. Wo er vor 1933 wohnte, ließ sich nicht ermitteln, da in den meisten Städten die Akten während des Krieges verbrannten. Die hier abgedruckte Liste der ZK-Mitglieder und Kandidaten stimmt mit einer Ausnahme mit den Angaben der SED-Chronik (vgl. Anm. 6) überein. Die SED nennt Maslowski, der als Vertreter der linken Opposition ins ZK kam, nicht. Statt dessen wird ein »Jürgens« erwähnt, von dem die Chronik aber nicht einmal den Vornamen anzugeben weiß. 16 Von den ZK-Mitgliedern Hastenreiter und Nitsche und den Kandidaten Schuldt, Willi Voigt und Erna Weber ließen sich wegen mangelnder Unterlagen keine Biographien anfertigen. Gustav Nitsche war vermutlich der Betriebsratsvorsitzende von Anilin-Wolfen, der (als »Nietsch«) ins 14 Das Führungskorps Chefredakteur der »Roten Fahne*, 1924: [Schumann-Unger]17 1927: Heinrich Süßkind 1929: Heinz Neumann der »Internationale* Karl Korsch Ernst Schneller Hermann Remmele Politische Mitarbeiter des Zentralkomitees (Die Mitglieder oder Kandidaten des ZK, die im ZK-Apparat tätig waren, wurden hier nicht nochmals erfaßt!) konnten folgende ermittelt werden: 1924 Orgabteilung: Bartz, Dahlem, Flieg, Grylewicz, Kaasch. Gewerkschaftsabteilung: Ewert, Max Köhler, Lanius, Merker, Schoenbeck, Steifen. Wiest. Agitpropabteilung: Engel, Dietrich, Duncker, Winternitz-Lenz. Landabteilung: Hoernle, Rau, Unfried. Frauenabteilung: Erna Halbe. Genossenschaftsabteilung: Bittel. Pressedienst: Eduard Alexander, Friedrich Neumann. Z927 Orgabteilung: Kaasch, Oelßner. Gewerkschaftsabteilung: Bachmann, Beck, Bolze, Max Köhler, Siewert, Steffen, Walcher, Wiest. Agitpropabteilung: Emel, Engel, Duncker, Paul Frölich, Rück, Winternitz-Lenz. Landabteilung: Kerff, Rau. Informationsabteilung: Wurm. Genossenschaftsabteilung: Bittel. Kommunalabteilung: Gäbel. Juristische Abteilung: Halle. Präsidium des XII. Parteitages gewählt wurde. Willi Voigt war damals im Bezirk Halle-Merseburg, er wurde später Orgleiter dieses Bezirkes. Ob Fritz Schuldt mit dem KPD-Funktionär Hermann Schuldt identisch ist, konnte nicht geklärt werden. Die Chronik (a.a.O. Anm. 6) der SED zählt beide getrennt auf. In biographischen Angaben über Hermann Schuldt (Martin Polzin: Kapp-Putsch in Mecklenburg, Rostock 1966, S. 278) wird Hermann Schuldt aber als »Mitglied des ZK« der KPD bezeichnet. In der Chronik heißt es außerdem, Kurt Müller sei auf dem Parteitag zum Mitglied und Fritz Grosse zum Kandidaten gewählt worden. Nach einer schriftl. Mitt. Kurt Müllers an den Verf. (10. 8. 1967) ist das falsch. Auf dem Parteitag wurde Walter Häbich, damals Vor- sitzender des KJVD, zum Mitglied gewählt, Müller ersetzte ihn, als er Vorsitzender des KJV wurde. Diese Darstellung ist sicher richtig. Auf der Kopie einer maschinenschriftlichen Liste der ZK-Mitglieder ist z. B. der Name Häbich gestrichen und Müller darübergeschrieben (ich konnte die Fotokopie einer Liste bei Herrn Zindel einsehen). In der Chronik heißt es auch, Paul Opitz sei der Kandidat des ZK geworden, was ein Fehler sein muß, da in verschiedenen Unterlagen der Staatsarchive und bisherigen Veröffentlichungen der SED immer Max Opitz als ZK-Mitglied an- gegeben wurde. Das gleiche trifft für Karl Winter zu (die Chronik schreibt Rudolf Winter). Die Chronik gibt bei Schmidt keinen Vornamen an. Es handelt sich aber um Heinrich Schmidt. Auf der oben erwähnten Liste steht »Schmidt-Ruhrgebiet«, auch ergaben einige Befragungen die Richtigkeit dieser Feststellung. Die übrigen Angaben der Chronik stimmen mit den hier gegebenen überein. (Bis auf die falsche Schreibweise einiger Namen in der Chronik, z. B. »Büsser« statt richtig Büser, »Gohlke« statt richtig Goike.) 17 Schumann war das Pseudonym eines Funktionärs namens Unger, der aus der Tschechoslowakei kam und seit 1923 zur Berliner linken Opposition gehörte. Nachdem die Linken auf dem Frank- furter Parteitag 1924 die Parteiführung übernommen hatten, übertrugen sie Schumann-Unger die Chefredaktion der »Roten Fahne«. Im Frühjahr 1925 schloß sich Schumann-Unger der ultra- linken Opposition gegen die Ruth-Fischer-Führung an und wurde als Chefredakteur abgesetzt. Nach dem »Offenen Brief« 1925 kapitulierte er vor dem ZK. Biographische Einzelheiten ließen sich nicht ermitteln. Besetzung der Funktionen 15 Pressedienst: Frank, Volk, Abusch [Kunik, Erkner-Staschek]. Sozialpolitik: Hollein. Reichsrevisor: Samisch. 1929 Orgabteilung: Creutzburg, Kaasch. Gwerkschaftsabteilung: Emrich, Evers, Peschke, Pietzuch, Sobottka, Steffen. Agitpropabteilung: Emel, Duncker, Gollmick, Kollwitz, [Gerber]. Informationsabteilung: Wurm. Landabteilung: Hoernle, Kellermann, Kerff, Moericke, Rau. Kommunalabteilung: Gäbel, Schwenk. Geschäftsabteilung: Blau, Budich, Schneller. Juristische Abteilung: Halle. Pressedienst: Renner. Sozialpolitik: Hollein. Frauenabteilung: Lisa Ullrich. In der Redaktion der »Roten Fahne« waren (Politische, Gewerkschafts- und Wirtschafts-) Redakteure: 1924 Alexander, Apelt, Dörr, Enderle, Liese, Rubiner. 1927 Alexander, Eisler, Enderle, Firl, Gentsch, Guddorf, Krausz, Rasch, Rubiner, Schrader- Körner. 1929 David, Firl, Guddorf, Hirsch, Lange, Norden, Rebe, Schrader-Körner, Schrecker. Führende Kommunisten in den Massenorganisationen 1924 KJV: Blenkle, Jakobs, Pütz. IAH: Münzenberg. Rote Hilfe: Piech, Schloer. Kriegsopfer: Tiedt. Kommunistische Gewerkschaften: Kaiser, Wilhelm Schumacher, Weyer. 1927 KJV und Rote Jungfront: Blenkle, Jurr. RFB: Leow, Schreiner, Thälmann. IAH: Dünninghaus, Münzenberg. Rote Hilfe: Pieck, Schloer. Roter Frauen- und Mädchenbund: Overlach, Zetkin. 1929 KJV und Rote Jungfront: Arthur Becker, Grosse, Häbich, Kurt Müller, Olbrysch. RFB: Leow, Thälmann. IAH: Dünninghaus, Münzenberg. Rote Hilfe: Dittbender, Koska, Pieck. Kriegsopfer: Gräf. Roter Frauen- und Mädchenbund: Overlach, Zetkin. Polleiter der Bezirke: Bezirk: 1924 1927 1929 Berlin-Brandenburg Ruth Fischer Lilly Korpus Pieck Ulbricht Erzgebirge-Vogtland Schlecht Schneller Opitz 16 Das Führungskorps Westsachsen Halle-Merseburg Thüringen Wasserkante Ruhr Niederrhein Lausitz Pommern Ostpreußen Danzig Schlesien Oberschlesien Ostsachsen Magdeburg Niedersachsen Mecklenburg Nordwest Mittelrhein Hessen-Waldeck Hessen-Frankfurt Rhein-Saar Baden Württemberg Südbayern Nordbayern Saar Strötzel Rosenbaum E. Schwarz Dengel Schwan Fugger Sychalla Obendiek Lengnink [Laschewski]18 A. Hamann Jaddasch M. Schneider Creutzburg Neddermeyer Kreikemeyer Eppstein Kerff Lohagen Sachse Hans Weber Kenzler Bohla Schlaffer Joh. Meyer (s. Rhein-Saar) Schumann Schröter Tittel Wittorf Florin Schulte aufgelöst Strötzel Kollwitz Kreikemeyer Hausen Jendrosch Melcher Grube Richthofer Alf. Schreiber Taube Winterich Hassel A. Heucke (Pfalz): Baumgärtner Schreck Fugger Buchmann Joh. Meyer Schlaffer Winterich W. Koenen Pfaff Grube Florin Schulte aufgelöst Strötzel Schubert Kreikemeyer Wollweber Jendrosch Rädel Matern Richthofer Warnke Taube Kollwitz Lohagen Kuntz Karl Fischer Schreck Schlaffer Buchmann Joh. Meyer Daub Orgleiter der Bezirke: Bezirk: 1924 1927 1929 Berlin Grylewicz Pfeiffer Langner   Koegler     Erzgebirge Bertz Opitz Karl Winter Westsachsen Vogt Vogt P. Nischwitz Halle-Merseburg Lademann Lademann Lademann Thüringen Bräuning Bräuning Noll Wasserkante Westphal Schehr Schehr Ruhr Kollwitz Kropp Piontek Niederrhein Oberdörster Creutzburg Böschen Lausitz Wölk Martin Hoffmann aufgelöst Pommern Steffen aufgelöst W. Kraus Ostpreußen Gehrmann (Elbing) ? Suhr Danzig [Raschke]19 ? Plenikowski 18 Laschewski wurde 1930 aus der KPD ausgeschlossen. 19 Felix Raschke war Tischler, er gehörte von 1928 bis 1931 auch dem Danziger Volkstag an. Besetzung der Funktionen 17 Schlesien Oberschlesien Ostsachsen Magdeburg Niedersachsen Mecklenburg Nordwest Mittelrhein Hessen-Waldeck Hessen-Frankfurt Rhein-Saar Baden Württemberg Nordbayern Südbayern Saar Rich. Schulz Diedrich Rädel Besser Grobis Hugo Wenzel Kranz Winterich [Max Klamm] Härtle Max Frenzel Ritter Gust. Köhler Georg Karl Götz (s. Rhein-Saar) Reimann Behr Hoop Kassner Ebeling Warnke Osterloh Sommer Lohagen Kuntz (Pfalz): M. Frenzel Pietzuch Schneck Karl Fischer Dressel Daub Reimann Wiatrek Hoop Kassner Abel Wilh. Schröder Gesine Becker Sommer Beuttel Oskar Müller Herbert Müller Hahn Schneck Boulanger Götz Sekretäre für Gewerkschaft (bei den großen Bezirksleitungen) Bezirk 1924 1927 1929 Berlin Kasper u. Giwan Max Frenzel Beutling u. Bulian Erzgebirge Vettermann Hahn Jäkel Westsachsen Nagel Lieberasch   Halle-Merseburg Urban Baumgartel Sämisch Thüringen Smolka Smolka Eyermann Wasserkante Esser Maddalena Maddalena Ruhr Idel Schubert Saefkow Niederrhein Jannack u. Boschen Skrentny   Herm. Weber     Agitpropsekretäre (bei den großen Bezirksleitungen) Bezirk 1924 Berlin Emel u. Rosenthal Erzgebirge Roscher Halle-Merseburg Kilian Thüringen (nicht besetzt) Wasserkante Jahnke Ruhr (nicht besetzt) Niederrhein Benscheid Westsachsen (nicht besetzt) 1927 1929 H. Fröhlich Stauer u. Peuke Wesche Wesche ? ? Tenner Stephan O. Unger Drabent Riegg Birkenhauer Fladung Fladung (nicht besetzt) Zwicker 18 Das Führungskorps Chefredakteure der KPD-Zeitungen (außer den Kopfblättern) Zeitung 1924 1927 1929 Bremen: Arbeiterzeitung Borowski Serwe Heinks Breslau: Arbeiterzeitung   Menne (Rudert) Dombrowski Chemnitz: Kämpfer H. Fröhlich Hirsch Lindau u. Globig Dresden: Arbeiterstimme (1925 gegründet) [Heinz Möller]20 Renner Goldhammer Duisburg: Nieder- rheinische Arbeiterzeitung ? Knodt (Kopfblatt) Düsseldorf: Freiheit Neubauer Neubauer Neubauer Essen: Ruhrecho Ende Ende Abusch Frankfurt: Arbeiterzeitung Knodt Handke Handke Gotha: Thüringer Volksblatt Heilmann Heilmann Apelt Halle: Klassenkampf Menne (Rudert) Maslowski Grade Hamburger Volkszeitung Bartels [»Stephan«]21 Hrch. Meyer Hannover: Niedersächsische (Neue) Arbeiterzeitung Gentsch Bohn Bohn Jena: Neue Zeitung Abusch O. Thomas Gäbler Köln: Sozialistische Republik Maslowski Klepper Knodt Königsberg: Echo des Ostens Seipold Heilborn Heilborn Leipzig: Sächsische Arbeiterzeitung Volk Böttcher Jakobs Magdeburg: Tribüne Moericke Moericke Eildermann Mannheim: Arbeiterzeitung Seyfrid Langner Heymann München: Neue Zeitung (verboten) Schwab Schwab 20 Unter dem Pseudonym Heinz Möller arbeitete in der KPD ein Funktionär, der aus Polen kam. Nach der Wittorf-Affäre wurde er Ende 1928 als »Versöhnler« seines Postens als Chefredak- teur des »Kämpfer« enthoben. 1929 trat er zur KPO über. Bis 1928 schrieb er in der KPD- Presse, danach in KPO-Organen unter dem Pseudonym »Asiaticus« auch über Fragen des Fernen Ostens, vor allem über China. Er galt neben Wittfogel als der China-Spezialist der KPD. 1933 flüchtete Möller nach China. Nach einer Mitteilung Brandlers schickte er 1934 aus Schanghai Geld an die KPO-Zentrale in Straßburg. Nach einer Mitteilung Kurt Müllers soll Möller später Berater der chinesischen KP-Führung geworden sein. 21 Als Stefan (oder Stephan) war in der KPD ein Funktionär tätig, der 1928 zum Führungskreis der »Versöhnler« gehörte. Es ließ sich nicht ermitteln, ob Stefan Pseudonym oder der wirkliche Name war. Stefan wurde 1928 als Chefredakteur der »Hamburger Volkszeitung« abgelöst und als Chefredakteur an das »Ruhr-Echo« in Essen versetzt (vgl. dazu Dok. 17), wo er während der Auseinandersetzungen nach der Wittorf-Affäre eine wichtige Rolle spielte. 1929 kehrte er nach Hamburg zurück und leitete zusammen mit Westermann die Hamburger »Ver- söhnler«-Gruppe. Stefan wurde im Februar 1930 aus der KPD ausgeschlossen. Er leitete nach 1933 die illegale Hamburger »Versöhnler«-Gruppe, zunächst gemeinsam mit Westermann, nach dessen Ausscheiden (vgl. dazu die Biographie Westermanns) führte er die Gruppe weiter, bis er 1934 ins Saargebiet emigrierte, wo sich seine Spur verliert. Die Behauptung in »SBZ-Biographie«, Bonn 1961, S. 190, Stefan sei ein Pseudonym von Georg Krausz gewesen, ist falsch. Nach authentischer Mitteilung von Eduard Wald, der führend in der »Versöhnler«-Gruppe tätig war, sind Georg Krausz und Stefan nicht identisch. Besetzung der Funktionen 19 Remscheid: Bergische Volksstimme Charpentier Wollenberg Hans König Rostock: Volkswacht Beutling Lindau Gg. Müller Saarbrücken: Arbeiterzeitung Solingen: Bergische Krause-Rotter Goldenbaum ? Arbeiterstimme Plenge   Bästlein Stettin: Volkswacht ? Ernst Becker Gentsch Stuttgart: Süddeutsche   ?   Arbeiterzeitung Schaible Hoernle Werner Suhl: Volkswille Heym Heym Arbeiterwille: Ries Im Reichstag wurde die KPD vertreten durchs 1924 (Wahl vom 4. Mai 1924 = 62 Abgeordnete) Maria Backenecker, Wolfgang Bartels, Max Benkwitz, Albert Buchmann, August Creutz- burg, Philipp Dengel, Adam Ebner, Emil Eichhorn, Eugen Eppstein, Fritz Esser, Ruth Fischer, Wilhelm Florin, Paul Frölich, Ernst Grube, Anton Grylewicz, Alfred Hamann, Fritz Heckert, Joseph Herzfeld, Max Heydemann, Guido Heym, Emil Hollein, Anton Jaddasch, Friedrich Jendrosch, Iwan Katz, Georg Kenzler, Wilhelm Koenen, Artur König, Hedwig Krüger, Max Lademann, Joseph Langenfeld, Rudolf Lindau, Peter Maslowski, Johann Meyer, Gustav Müller, Wilhelm Müller, Willy Münzenberg, Arthur Nagel, Robert Ned- dermeyer, Wilhelm Obendiek, Hans Pfeiffer, Siegfried Rädel, Anna Reitler, Hermann Remmele, Max Roscher, Kurt Rosenbaum, Arthur Rosenberg, Paul Schlecht, Werner Scho- lem, Alfred Schroer, Hermann Schubert, Max Schütz, Wilhelm Schwan, Ernst Schwarz, Hans Stetter, Walter Stoecker, Max Strötzel, Konrad Sychalla, Ernst Thälmann, Wendelin Thomas, Hugo Urbahns, Karl Vierath, Clara Zetkin. 1927 (Wahl vom 7. Dezember 1924 = 45 Abgeordnete, ohne die 16 ausgeschlossenen Linken) Martha Arendsee, Paul Bertz, Albert Buchmann, August Creutzburg, Philipp Dengel, Wilhelm Florin, Ottomar Geschke, Fritz Heckert, Emil Hollein, Edwin Hoernle, Anton Ja- dasch, Wilhelm Koenen, Johann Meyer, Willy Münzenberg, Robert Neddermeyer, Theodor Neubauer, Wilhelm Obendiek, Hans Pfeiffer, Ernst Putz, Siegfried Rädel, Hermann Rem- mele, Kurt Rosenbaum, Ernst Schneller, Walter Stoecker, Max Strötzel, Ernst Thälmann, Ernst Torgier, Otto Weber, Clara Zetkin. 1929 (Wahl vom 20. Mai 1928 = 54 Abgeordnete, ohne den als »Rechten« ausgeschlossenen Paul Frölich) 22 Reichstags-Handbuch. II. Wahlperiode 1924. Berlin 1924. Dass. III. Wahlperiode 1924. Berlin 1925. Dass. IV. Wahlperiode 1928. Berlin 1928. Nachtrag zum Reichstags-Handbuch der IV. Wahl- periode 1928. Berlin 1930 - Cuno Horkenbach: Das deutsche Reich von 1918 bis heute. Berlin 1930, S. 419-471 - Maximilian Müller-Jabusch: Politischer Almanach. Jg. 1925, S. 1-14 - Dass. Jg. 1926, S. 3 bis 16 - Dass. Jg. 1927, S. 1 bis 7 - sowie »Handbuch des öffentlichen Lebens«, 5. Ausgabe des politischen Almanachs 1929, S. 3 bis 11 - Handbuch für das Deutsche Reich. 42. Jg. Berlin 1924, S. 5. bis 23 - 44. Jg. 1929, S. 4 bis 26 - Deutscher Geschichtskalender. Hrsg. F. Pur- litz und S. Steinberg. 42. u. 43. Jg. Leipzig 1926-27 - Vgl. auch: Verhandlungen des Reichstags. II. Wahlperiode 1924. Bd. 422. 20 Das Führungskorps Julius Adler, Eduard Alexander, Martha Arendsee, Paul Bertz, Theodor Beutling, Kon- rad Blenkle, Albert Buchmann, Franz Dahlem, Jakob Dautzenberg, Philipp Dengel, Paul Dietrich, Adolf Ende, Arthur Ewert, Wilhelm Florin, Ottomar Geschke, Hugo Gräf, Fritz Heckert, Wilhelm Hein, Emil Hollein, Edwin Hoernle, Anton Jadasch, Georg Kaßler, Hans Kippenberger, Hans Kollwitz, Wilhelm Koenen, Willi Leow, Max Maddalena, Peter Maslowski, Johann Meyer, Joseph Miller, Willy Münzenberg, Theodor Neubauer, Helene Overlach, Paul Papke, Hans Pfeiffer, Wilhelm Pieck, Ernst Putz, Siegfried Rädel, Hermann Remmele, Wilhelm Repschläger, Heinrich Schmitt, Ernst Schneller, Paul Schreck, Hans Schröter, Georg Schumann, Walter Stoecker, Max Strötzel, Ernst Thälmann, Mathias The- sen, Ernst Torgier, Walter Ulbricht, Arthur Vogt, Clara Zetkin. In den Landtagen^ war die KPD durch folgende Abgeordnete vertreten: Preußischer Landtag 1924 (Wahl vom 7. Dezember 1924 = 44 Abgeordnete) Karl Abel, Wolfgang Bartels, Adolf Benscheid, Max Dörr, Hugo Eberlein, Eugen Epp- stein, Johannes Fladung, Leo Flieg, Karl Gehrmann, Arthur Goike, Ernst Grube, Anton Grylewicz, Max Heydemann, Guido Heym, Paul Hoffmann, Friedrich Jendrosch, Willi Kasper, Hermann Kellermann, Willi Kerff, Otto Kilian, Hans Kollwitz, Hedwig Krüger, Max Lademann, Peter Loquingen, Fritz Lossau, Johanna Ludewig, Gustav Menzel, Paul Merker, Franz Moericke, Gustav Müller, Oskar Müller, Gerhard Obuch, Wilhelm Pieck, Oskar Plenge, Karl Rehbein, Richard Schnetter, Hermann Schubert, Richard Schulz, Paul Schwenk, Max Seilheim, Johann Skjellerup, Gustav Sobottka, Georg Stolt, Johann Winterich. 2927 (gleiche Wahl, aber ohne die als Linke u. a. Ausgeschlossenen) Karl Abel, Adolf Benscheid, Hugo Eberlein, Johannes Fladung, Leo Flieg, Karl Gehr- mann, Arthur Goike, Ernst Grube, Paul Hoffmann, Friedrich Jendrosch, Willi Kasper, Hermann Kellermann, Willi Kerff, Hans Kollwitz, Hedwig Krüger, Max Lademan, Jo- hanna Ludewig, Gustav Menzel, Paul Merker, Franz Moericke, Oskar Müller, Gerhard Obuch, Wilhelm Pieck, Oskar Plenge, Karl Rehbein, Richard Schnetter, Hermann Schubert, Paul Schwenk, Max Sellheim, Johann Skjellerup, Gustav Sobottka, Georg Stolt, Johann Winterich. 23 Es wurden nur die Landtage der größeren Länder berücksichtigt, vgl. auch Anm. 34. Handbuch für den preußischen Landtag. Ausgabe für die II. Wahlperiode, Berlini925 - Handbuch für den preußischen Landtag. Ausgabe für die III. Wahlperiode, Berlin 1928 - Müller-Jabusch a.a.O., Jg. 1925, S. 33—81, Jg. 1926, S. 34-93, Jg. 1927, S. 26-75, Jg- 1929, S. 32-97 - Horkenbach a.a.O., S. 599-611 - Osterroth-Schuster, a.a.O., S. 521-551 - Amtliches Handbuch des bayeri- schen Landtags. München 1924. Dass. München 1928 - Handbuch für den Württembergischen Landtag, 2. ordentlicher Landtag 1924-1928. Stuttgart 1927. Dass. (3. ordentlicher Landtag 1928-1932) Stuttgart 1931 - Handbuch für den badischen Landtag. IV. Landtagsperiode 1929-1933. Karls- ruhe o.J. - Handbuch des Landtags des Volksstaates Hessen. 1.-3. Landtag 1919-1927. Darm- stadt 1927 - Die Ergebnisse der Reichstags- und Landtagswahl im Volksstaat Hessen am 7. 12. 1924. Darmstadt 1925, S. 16 - Die Ergebnisse der Landtagswahl im Volksstaat Hessen am 13. November 1927. Darmstadt 1928, S. 16 - Handbuch über den preußischen Staat. Hrsgg. vom preußischen Staatsministerium. 131. Jg. 1925, Berlin 1925, S. 63-81 - Dass. 133. Jg. 1927, Berlin 1927, S. 91-112 - Dass. 134. Jg. 1928, Berlin 1928, S. 101-120 - Dass. 136. Jg. 1930, Berlin 1930, S. 128 - Staatshandbuch der freien Hansestadt Bremen. Bremen 1930, S. 6 - Staatshand- buch für den Freistaat Braunschweig. Braunschweig 1929, S. 16 - Handbuch für den Danziger Volks- tag. 3. Wahlperiode 1928-1931. Danzig o.J., S. 92. Verzeichnis der Mitglieder des am 12. 5. 1929 gewählten Landtags Sachsen (Sächs. HStA - Bibliothek, 972/61) - StA Hamburg 601 - StA Oldenburg 86-37, Bd- 7 u. 8 - Vgl. auch die Angaben in der Tagespresse. Besetzung der Funktionen 21 1929 (Wahl vom 20. Mai 1928 = 56 Abgeordnete, ohne die als »Rechte« ausgeschlossenen Karl Rehbein u. Alfred Schmidt) Karl Abel, Fritz Ausländer, Karl Becker, Adolf Benscheid, Heinrich Böschen, Gustav Bruhn, Adolf Deter, Walter Duddins, Hugo Eberlein, Karl Ferlemann, Johannes Fladung, Leo Flieg, Friedrich Fränken, Max Frenzel, Karl Gehrmann, Arthur Goike, Paul Grasse, Paul Grobis, Ernst Grube, Paul Hoffmann, Hans Jendretzky, Friedrich Jendrosch, Wienand Kaasch, Fritz Kahmann, Willi Kasper, Willi Kerff, Wilhelm König, Max Lademann, Georg Leps, Johanna Ludewig, Gustav Menzel, Paul Merker, Ernst Meyer, Theodor Moelders, Oskar Müller, Robert Neddermeyer, Hedwig Neumann, Wilhelm Obendiek, Ernst Oberdör- ster, Gerhard Obuch, Erich Raddatz, Heinrich Rau, Otto Schlag, Hermann Schubert, Fritz Schulte, Karl Schulz, Paul Schwenk, Johann Skjellerup, Gustav Sobottka, Rudolf Tunkel, Johann Winterich, Ernst Wollweber, Paul Woytkowski, Paul Zobel. Bayerischer Landtag 1924 (Wahl vom 6. April 1924 = 9 Abgeordnete) Franz Aenderl, Rosa Aschenbrenner, Friedrich Baumgärtner, Franz Xaver Büchs, Joseph Götz, Karl Grönsfelder, Hermann Mager, Joseph Schlaffer, Joseph Weber. 1927 (Wahl von 1924, mit den durch Austritt Aenderls und die Mandatsniederlegung von Götz eingetretenen Veränderungen)24 Rosa Aschenbrenner, Friedrich Baumgärtner, Franz Xaver Büchs, Karl Grönsfelder, Georg Karl, Hermann Mager, Joseph Schlaffer, Joseph Weber. 1929 (Wahl vom 20. Mai 1928 = 5 Abgeordnete, davon Rosa Aschenbrenner ausgetreten) Franz Xaver Büchs, Fritz Dressel, Herbert Müller, Friedrich Schaper. Württembergischer Landtag 1924 (Wahl vom 4. Mai 1924 = 10 Abgeordnete) Ludwig Becker, Karl Brönnle, Eugen Haller, Gustav Köhler, Carl Müller, Paul Rehbach, Karl Schneck, Ernst Schumacher, Karl Stäbler, [Gustav Ohnsmann]25. 1927 (Wahl von 1924, durch Ausschlüsse verändert) Ludwig Becker, Karl Brönnle, Albert Fischer, Gustav Köhler, Paul Rehbach, Karl Schneck, Ernst Schumacher, Karl Stäbler. 1929 (Wahl vom 20. Mai 1928 = 6 Abgeordnete, davon 2 Rechte, Ludwig Becker u. Max Hammer ausgeschlossen) Albert Fischer, Gustav Köhler, Karl Schneck, Otto Vollmer. Badischer Landtag 1924 (Wahl vom 30. Oktober 1921 = 3 Abgeordnete, außerdem ein Übertritt von der USP) Max Bock, Ernst Gäßler, Jakob Ritter, Frida Unger. 1927 (Wahl vom 25. Oktober 1925 = 4 Abgeordnete, einer (Ritter) als Linker ausge- schlossen) Max Bock, Georg Lechleiter, Paul Schreck. 1929 (Wahl vom 27. Oktober 1929 = 5 Abgeordnete) Max Bock, Hermann Böning, Robert Klausmann, Antonie Langendorf, Georg Lechleiter. 24 Götz hatte sein Mandat am 30. 5. 1927 niedergelegt, sein Nachfolger war G. Karl. Am 10. 10. 1927 legte auch Schlaffer sein Mandat nieder, sein Nachfolger wurde Paul (Hyronimus Paulus) Tauber, Arbeiter in Ingolstadt (2. 4. 1892-15. 3. 1943). 25 Gustav Ohnsmann, geb. 16. 11. 1881, war Gewerkschaftssekretär in Eßlingen. Er gehörte seit Gründung der KPD an und stand auf dem rechten Flügel der Partei. Er starb am 26. 10. 1924 in Stuttgart. 22 Das Führungskorps Sächsischer Landtag 1924 (Wahl vom 5. November 1922 = 10 Abgeordnete) Paul Böttcher, Richard Ellrodt, Otto M. Gäbel, Arthur Lieberasch, Rudolf Renner, Martha Schlag, Ernst Schneller, Robert Siewert, [Ewald Glombitza, Bruno Granz]26. 1927 (Wahl vom 31. Oktober 1926 = 14 Abgeordnete, 2 Mandate durch Niederlegung verändert) Oswald Bleier, Paul Böttcher, Helene Glatzer, Arthur Lieberasch, Arthur Nagel, Max Opitz, Rudolf Renner, Otto Rötzscher, Max Roscher, Ernst Scheffler, Artur Schreiber, Bruno Siegel, Robert Siewert, Walter Ulbricht. 1929 (Wahl vom 12. Mai 1929 = 12 Abgeordnete) Helene Glatzer, Otto Hermann, Margarete Nischwitz, Max Opitz, Rudolf Renner, Ernst Scheffler, Richard Schneider, Georg Schwarz, Bruno Siegel, Kurt Sindermann, [Richard Lange, Richard Mildenstrey]27. Thüringer Landtag 1924 (Wahl vom 10. Februar 1924 = 13 Abgeordnete) Hans Beck, Hermann Bischoff, Alfred Bochert, Hugo Brommer, Paul Fischer, Otto Geith- ner, Karl Korsch, Theodor Neubauer, Agnes Schmidt, Hans Schreyer, Hermann Schulze, Albin Tenner, Richard Zimmermann. 1927 (Wahl vom 30. Januar 1927 = 8 Abgeordnete) Otto Engert, Richard Eyermann, Paul Fischer, Hermann Schulze, Albin Tenner, Hans Tittel, Frida Winkelmann, Richard Zimmermann. 1929 (Wahl vom 8. Dezember 1929 = 6 Abgeordnete) Karl Barthel, Richard Eyermann, Friedrich Heilmann, Helene Rosenhainer-Fleischer, Ri- chard Zimmermann, [Arno Voigt]28. Hessischer Landtag 1924 (Wahl vom 7. Dezember 1924 = 4 Abgeordnete) Heinrich Angermeier, Heinrich Galm, Daniel Greiner, Katharina Roth. 1927 (Wahl vom 13. November 1927 = 6 Abgeordnete) Heinrich Angermeier, Heinrich Galm, Wilhelm Hamann, Konrad von der Schmidt, Her- mann Sumpf, [Jakob Schäfer]. 1929 (Wahl von 1927, außer den ausgeschlossenen 2 Rechten Angermeier und Galm) Wilhelm Hamann, Konrad von der Schmidt, Hermann Sumpf, [Jakob Schäfer]. Landtag von Mecklenburg29 1924 (Wahl vom 17. Februar 1924 = 9 Abgeordnete) Hans Ambs, Alfred Buhler, Ernst Goldenbaum, Hans Steinemann, Hans Warnke, Hugo Wenzel, Rudolf Hartmann (Strelitz), [K. Jungbluth, O. Nieckhammer, P. Rother]. 26 Ewald Glombitza gehörte dem Landtag bis 1926 an, er schied später aus der KPD aus. Richard Bruno Granz war Bademeister in Limbach; Delegierter des SPD-Parteitags 1913 und seit Gründung der KPD deren Mitglied. Er gehörte zum rechten Parteiflügel. Bis 1925 zeichnete er für das Chemnitzer Parteiorgan »Der Kämpfer« verantwortlich. 2.7 Lange war Metallarbeiter in Leipzig, Mildenstrey Schlosser in Plauen. 28 Arno Voigt war von Beruf Glasmacher. 29 Es handelt sich um den Landtag von Mecklenburg-Schwerin. Von den Landtagsabgeordneten aus Mecklenburg-Strelitz wurde lediglich Hartmann mit aufgenommen, weil er gleichzeitig der BL Mecklenburg angehörte. Im Landtag von Mecklenburg-Strelitz war die KPD 1924 vertreten durch (Wahl vom 8. 7. 1923): Besetzung der Funktionen 23 1927 (Wahl vom 22. Mai 1927 = 3 Abgeordnete; Buhler ausgetreten) Willi Schröder, Hans Warnke. 1929 (Wahl vom 23. Juni 1929 = 3 Abgeordnete) Ernst Goldenbaum, Willi Schröder, Hans Warnke. Landtag von Braunschweig 1927 (Wahl vom 26. Oktober 1925 = 2 Abgeordnete)30 Paul Gmeiner, Ernst Winter. 1929 (Wahl von 1927) Paul Gmeiner, Ernst Winter. Hamburger Bürgerschaft 1924 (Wahl vom 26. Oktober 1924 = 24 Abgeordnete)30 Hans von Borstel, Friedrich Dettmann, Paul Dietrich, Hans Gostomski, Gustav Gundelach, Wilhelm Hassel, Edith Hommes, Rudolf Hommes, Karl Jahnke, Hans Kippenberger, Her- mann Köppen, Alfred Lewy, Heinrich Stahmer, Emil Sydow, Ernst Thälmann, Hugo Ur- bahns, Albert Walter, Johann Westphal, August Ziehl; außerdem: Lina Becker, Carl Bussow, Heinrich Hoffmann, Walter Rühl, Karl Sess. 1927 (Wahl vom 9. Oktober 1927 = 27 Abgeordnete) Edgar André, Anton Becker, Friedrich Dettmann, Fritz Esser, Alma Ewert, Gustav Gun- delach, Ernst Hennig, Wilhelm Hildebrandt, Otto Hoffmann, Rudolf Lindau, Willi Presche, Rudolf Rothkegel, Heinrich Stahmer, Paul Tastesen, Ernst Thälmann, John Wahlgreen, Albert Walter, Johann Walter, Hans Westermann, Johann Westphal, John Wittorf, Au- gust Ziehl; außerdem: Friedrich Michelson, Friedrich Redlich, August Schmidt, Alice Wosikowski, W. Zimmer. Rudolf Hartmann, Kock, Max Leistner, Richard Peters, Rätz, Erich Schmidt, Woldegk (Müller- Jabusch, a.a.O. 1925, S. 55). Nach der Wahl vom 3. 1. 1927 waren Abgeordnete: Max Leistner, Arbeiter; Richard Peters, Lehrer; Erich Schmidt, Arbeiter; (StA Oldenburg 86-37, Bd. 7, Bl. 167). 1929 wurde die KPD vertreten durch: Leistner, Schmidt, Schulte. Bis 1926 gehörte auch Lübeck zum Bezirk Mecklenburg. In der Lübecker Bürgerschaft war die KPD 1924 durch zehn Abgeordnete vertreten: P. Bartsch, Frau L. Grewe, Ismar Heilborn, Erich Klamm, H. Mundt, E. Nickel, Rudolf Rosengart, Karl Roß, Heinrich Schmidt, A. Windisch (Müller-Jabusch, a.a.O., S. 52 f.). 1926 waren Bürgerschaftsabgeordnete: Paul Drews, Maschinenschlosser, geb. 11. 7. 1896; Erich Klamm, Arbeiter, geb. 16. 1. 1896; Rudolf Rosengart, Händler, geb. 1896; Karl Roß, Schlosser, geb. 1882; Heinrich Schmidt, Arbeiter, geb. 9. 8. 1890 (StA Oldenburg, a.a.O. Bd. 8, Bl. 258). 1929 gehören der Bürgerschaft an: Paul Drews, Erich Klamm, Schlosser; Albert Olrogge, Arbeiter; Karl Roß, Heinrich Schmidt (Müller-Jabusch, a.a.O.). Ismar Heilborn (vgl. die Biographie unten). Karl Roß, bis 1920 USP (Delegierter der USP-Partei- tages November 1919), war dann Führer der Lübecker Kommunisten, mehrere Jahre Betriebsrats- vorsitzender der Flender-Werft. Roß stand auf dem rechten Parteiflügel, 1929 trat er zur KPO über, er kam nach 1933 im KZ Neuengamme ums Leben. Erich Klamm war Vorsitzender der KPD- Fraktion in Lübeck, mehrere Jahre Betriebsrat der Travewerft, wurde später Orgsekretär in Ham- burg, 1933 verhaftet, er überlebte im KZ Sachsenhausen. Auch Rudolf Rosengart wurde nach 1933 verhaftet. Paul Drews wurde 1930 wegen »parteischädigenden Verhaltens« aus der KPD aus- geschlossen, nach 1933 ebenfalls verhaftet (Vgl. Ernst Puchmüller: Mit beiden Augen. Ein Erinne- rungsbuch. Rostock 1966, S. 93 ff.). 30 In die Untersuchung der 504 Funktionäre wurden nur diejenigen Abgeordneten der umfang- reichen Hamburger bzw. Bremer Bürgerschaft einbezogen, die gleichzeitig auch Mitglieder der BL waren bzw. die, wie Thälmann, Dietrich, Kippenberger usw. ohnehin der zentralen Führung an- gehörten. Die übrigen Abgeordneten werden nur unter »außerdem« namentlich aufgezählt. 24 Das Führungskorps 1929 (Wahl vom 19. Februar 1928 = 27 Abgeordnete, davon Hildebrandt ausgeschlossen) Edgar André, Anton Becker, Friedrich Dettmann, Fritz Esser, Alma Ewert, Gustav Gun- delach, Ernst Hennig, Hermann Hoefer, Otto Hoffmann, Friedrich Lux, Willi Presche, Al- bert Sanneck, Heinrich Stahmer, Paul Tastesen, Ernst Thälmann, John Wahlgreen, Albert Walter, Johann Walter, Hans Westermann, Johann Westphal, August Ziehl; außerdem: Willi Hofmeister, Friedrich Michelson, Friedrich Redlich, August Schmidt, Alice Wosikowski.31 Bremer Bürgerschaft 1924 (Wahl vom 18. November 1923 = 18 Abgeordnete)32 Rudolf Argus, Gesine Becker, Wilhelm Dantz, Wilhelm Deisen, Adolf Ehlers, Fritz Globig, Hermann Osterloh; außerdem: Friedrich Becker, Richard Boelke, August Börschmann, Hans Brodmerkel, Reinhard Döll, Joseph Hirsch, Karl van Koll, Lück, Karl Preusser, Hermann Rumpf, Lud- wig Stein. 1927 (Wahl vom 13. November 1927 = 10 Abgeordnete) Gesine Becker, Wilhelm Deisen, Heinke Heinks, Hermann Osterloh, Paul Taube; außerdem: Friedrich Becker, Jakob Hansen, Joseph Hirsch, Bernhard Priemer, Hermann Rumpf. 1929 (Wahl 1927, Deisen ausgeschlossen, Holdt für Osterloh nachgerückt) Gesine Becker, Heinke Heinks, Paul Taube; 31 Ein Überblick über Beruf und Alter der nicht erfaßten Bürgerschaftsabgeordneten ergibt folgendes Bild: Lina Maria Becker, geb. 13. 1. 1893 in Arissau/Ostpreußen, Hausfrau, MdHB 1924-1927. Carl Bussow, geb. 24. 1. 1887 in Boizenburg, Arbeiter, seit 1905 in Hamburg, Ultralinker, aus der KPD ausgeschlossen, MdHB 1924-1926. Heinrich Hoffmann, Redakteur der HVZ, MdHB 1920/21 und 1922-1927, starb am 7. 7. 1936 in Hamburg. Walter Riihl, Schmied, MdHB 1923/24. Rühl war zusammen mit Urbahns im Prozeß wegen des Aufstandes von 1923 angeklagt. 1925 als Ultralinker aus der KPD ausgeschlossen, da er gegen »Parteibeschlüsse verstoßen« hatte. Karl Seß, geb. 1. 4. 1855 in Mecklenburg, Schuhmachermeister, kam 1906 nach Hamburg. Führend in der USP, Delegierter des USP-Parteitags November 1919. 1920 KPD, MdHB 1920-1927, zog sich später von der Parteiarbeit zurück, starb am 19. 11. 1939 in Hamburg. Friedrich Michelson, geb. 30. 6. 1888 in Mecklenburg, Händler, MdHB 1927-1931. Friedrich Redlich, geb. 8.9. 1882 in Bockwitz, Bäcker, MdHB 1927-1931, starb am 13. 4. 1953 in Hamburg. August Friedrich Schmidt, geb. 13. 7. 1884 in Königsaue, Arbeiter am Staatskai. MdHB 1927 bis 1931. 1907-1916 SPD, 1919 USPD, 1920 KPD. 1935-1937 inhaftiert, am 3. 8. 1939 an den Haftfolgen gestorben. Alice Wosikowski, geb. 18. 10. 1886 in Danzig, Fürsorgerin, MdHB 1927-1933, starb am 7. 4. 1949 in Hamburg. Willi Hofmeister, geb. 27. 12. 1888 in Braunschweig, Schlosser, MdHB 1929-1931, starb am 30. 12. 1946 in Hamburg. (StA Hamburg, 601 - StA Oldenburg, 86-37, Bd. 7 u. 8 - StA Bremen, IV 4c, Bd. 3-7. Mitt. der Freien und Hansestadt Hamburg, Einwohnermeldeamt und Behörde für Inneres. Ursel Hoch- muth-Gertrud Meyer: Streiflichter aus dem Hamburger Widerstand. 1933-1945. Berichte und Dokumente. Frankfurt/M. 1969, S. 253.) 32 Auch von den Abgeordneten der Bremer Bürgerschaft wurden nur diejenigen in die Untersuchung einbezogen, die gleichzeitig der BL angehörten, die übrigen nur namentlich aufgeführt. 1924 gab es verschiedene Änderungen in der Bürgerschaftsfraktion, so mußten im Sommer, die später als »Rechte« ausgeschlossenen Wilhelm Deisen (s. Biographie, unten) und Brodmerkel ihre Mandate niederliegen. Besetzung der Funktionen 25 außerdem: Friedrich Becker, Jakob Hansen, Joseph Hirsch, Andreas Holdt, Bernhard Priemer, Hermann Rumpf.33 Für die Auswertung34 ergeben sich hiermit 1924 = 252 Personen 1927 = 251 Personen 1929 = 275 Personen. Zusammen mit den Funktionären, die zwischen den »Stichdaten« wichtige Positionen in der KPD innehatten oder Anfang 1924 führend waren, sind für die Auswertung insgesamt 504 Personen (von ca. 550) erfaßt, die zwischen 1924 und 1929 das Führungskorps bildeten. 33 Über die nicht erfaßten Bürgerschaftsabgeordneten ließ sich folgendes ermitteln: Friedrich Becker, geb. 5. 11. 1886, Arbeiter, zeitweise Vorsitzender der KPD in Bremen-Stadt; nach 1933 Vertreter für Elektrowaren. August Börschmann, Dreher, rückte am 23. 4. 1924 in die Bürgerschaft nach für den Postbeamten Gustav Ehrhorn (geb. 4. 12. 1885, 1968 in Bremen wohnhaft). Börschmann wurde bei den Wahlen am 7. 12. 1924 nicht wiedergewählt. Hans (Johann) Brodmerkel, (29. 3. 1887-2. 2. 1932) Schlachter, war Delegierter des KPD- Gründungsparteitags, er gehörte 1923 dem rechten Parteiflügel an, wurde Anfang 192$ aus der KPD ausgeschlossen, Ende 1925 wieder aufgenommen. 1928 erneut Anhänger der Rechten, aus der KPD ausgeschlossen, bis zu seinem Tode Mitglied der KPO. Reinhold Döll (geb. 9. 12. 1887 in Molsdorf Krs. Gotha) war Maschinist, lebte 1968 in Bremen. Joseph Hirsch (5. 2. 1881 - 13. 2. 1956), Bierbrauer, schon während des Krieges aktiv für die Bremer Linksradikalen, 1919 für die Internationalen Kommunisten Deutschlands in die Bremer Nationalversammlung gewählt, ununterbrochen Mitglied der Bremer Bürgerschaft. Karl van Koll (8. 8. 1889-28. 4. 1948), Bäcker, dann Geschäftsführer, gehörte der Bürgerschaft von 1923-1927 an. Karl Preusser (geb. 24. 4. 1879), Former, rückte Mitte 1924 für Frau Kühnert in die Bürgerschaft nach. Er wurde im Dezember 1924 nicht mehr aufgestellt. Hermann Rumpf (27. 7. 1884 - 24. 4. 1950), Lehrer, nach dem 2. Weltkrieg Schulleiter. Gehörte der Bürgerschaft von 1923-1930 an. Ludwig Stein, geb. 22. 12. 1889, Arbeiter, schied 1924 aus der Bürgerschaft aus. Jakob Hansen, Schlosser, gehörte der Bürgerschaft von 1927-1930 an. Bernhard Priemer (23. 9. 1886 - 18. 9. 1962), Bohrer, später Werftarbeiter, war seit Dezember 1924 Mitglied der Bürgerschaft. Andreas Holdt (geb. 13. 11. 1885), Arbeiter, rückte 1928 für Osterloh in die Bürgerschaft nach. Holdt lebte 1968 in Bremen. StA Bremen, IIA 12b, 9, Bd. 1; IIA 12a, Bd. 12 - StA Oldenburg 86-37, Bd. 9 - Auskünfte des Herrn Standesbeamten Bremen-Mitte und des Stadt- und Polizeiamts Bremen - BuA Koblenz, R 58/8 (Gestapo). 34 In den übrigen kleinen Landtagen, deren Abgeordnete nicht erfaßt wurden, war die KPD unter anderem durch folgende Personen vertreten: Anhalt: 1924: (Wahl vom 22. 6. 1924) Erich Besser (vgl. Biographie, unten), Ernst Böse (Ende 1924 zur SPD übergetreten, für diese auch nach 1945 in Hamburg aktiv; Verfasser einer Broschüre über Karl Marx) und zwei weitere Abgeordnete. 1927: (Wahl vom 9. 11. 1924) Paul Kmicz, geb. 10. 8. 1893 in Dessau, Schmied (nach 1933 im Gefängnis, 1946 Mitglied der SED, 1947 verstorben, Besser (1927/28 aus der KPD ausgeschlos- sen). 1929: (Wahl vom 20. 5. 1928) Besser, Kmicz, Alfred Kettig (Schlosser). Lippe: 1924-1929 ein Abgeordneter: Adolf Scholz, geb. 1. 1890 in Eibau, Bildhauer aus Lemgo, 1934 zu 2 Jahren Zuchthaus verurteilt, nach 1945 SED-Funktionär in Eibau. 1968 Partei- veteran der SED. Oldenburg: 1924: Gustav Müller, Installateur (1933 ermordet), J. Reimers, A. Wild. 1927: Gustav Müller. 1929: Gustav Müller. In den Danziger Volkstag wurden 1928 gewählt: Felix Raschke, Tischler (Vorsitzender). Bruno 16 Das Führungskorps WER LEITETE DIE KPD 1924 bis 1929? Eine Untersuchung von 504 der etwa 550 führenden Funktionäre der KPD ergibt (zumal die Auswahl nicht willkürlich ist35) ein objektives Bild von der sozialen, altermäßigen und politischen Zusammensetzung der KPD-Spitze. Vor einer detaillierten Prüfung des Funktio- närkorps soll daher eine Gesamt-Untersuchung der 504 KPD-Führer stehen. Dabei sei zu- nächst darauf verwiesen, daß die meisten Funktionäre Männer waren: Männer = 470, Frauen = 34. Obwohl die KPD stets die Gleichberechtigung der Frau propagierte, befanden sich unter ihren Spitzenfunktionären nur knapp 7% Frauen — eine immerhin bemerkenswerte Tat- sache. Junge Funktionäre Auffallend ist, daß sich die kommunistische Führung überwiegend aus jüngeren Menschen zusammensetzte: Vier Fünftel der Funktionäre des Führungskorps waren (im Jahre 1926) unter 40 Jahre alt. Bis 25 Jahre (nach 1900 geboren) 25-30 Jahre (1896-1900 geboren) 31-35 Jahre (1891-1895 geboren) 36-40 Jahre (1886-1890 geboren) 41-45 Jahre (1881-1885 geboren) 46-50 Jahre (1876-1880 geboren) über 50 Jahre (bis 1875 geboren) 36 Personen ( 7 °/o) 109 Personen (22 °/o) 136 Personen (27 °/o) 114 Personen (23 °/o) 67 Personen (13 °/o) 20 Personen ( 4 6/o) 21 Personen ( 4 Vo) Vier Fünftel des Führungskorps wurden also von den bis 4ojährigen gestellt. In der Partei- führung bestand eine Überrepräsentanz der jüngeren Jahrgänge im Vergleich zur Gesamt- partei, lediglich die unter 25 jährigen waren in der Parteispitze unterrepräsentiert. Nach der offiziellen Darstellung der KPD waren im Jahre 1927 12 °/o der Mitglieder unter 25 Jahre alt, 19% bis 30 Jahre, 32% von 30 bis 40 Jahre, und 35 °/o über 40 Jahre alt.36 Das Durch- schnittsalter des Führungskorps betrug (im Jahre 1926) 34 Jahre. Zum Vergleich sei er- wähnt, daß im SPD-Parteivorstand zur selben Zeit das Durchschnittsalter bei 56 Jahren lag. Bemerkenswert ist auch, daß das Durchschnittsalter der 1967 vom VII. Parteitag der SED gewählten 131 ZK-Mitglieder bei 52 Jahren liegt. Beim Gründungsparteitag der KPD 1919 lag das Durchschnittsalter der Parteigründer mit etwa 34 Jahren beim Durchschnitt der Jahre 1924-1929. Auch das ZK der russischen Kommunisten von 1917 (das die Oktober- revolution leitete), mit einem Durchschnittsalter von 36 Jahren, entspricht annähernd dem Durchschnittswert des KPD-Führungskorps vom Jahre 1926.37 Geisler, Eisenbahnarbeiter, Helene Kreft, Hausfrau, Paul Kreft, Bauarbeiter, Otto Langnau, Land- arbeiter, Wilhelm Lisdinewski, Hobler, Karl Opitz, Heizer und Anton Plenikowski (vgl. seine Biographie, unten), Lehrer. 35 Daß die hier erfaßten Funktionäre als das Führungskorps der KPD überhaupt anzuspredien sind, ergibt sich aus den vielen Vergleichen; z. B. gehörten über die Hälfte der 201 Anwesenden des XL Parteitages 1927 dem hier erfaßten Personenkreis der 504 Funktionäre an, nämlich 107 (s. die Liste des Reichskommissars für die Überwachung der öffentlichen Ordnung, 4291/274, HStA Düsseldorf, 16 927 Kommunistische Bewegung Spez. 1927). 36 Kaasch, a.a.O. (Anm. 1), S. 1051; vgl. auch oben, Kap. 6, S. 281. 37 Vgl. Osterroth-Schuster, a.a.O., S. 301 f., 311, 322, 337. F. Osterroth: Biographisches Lexikon des Sozialismus. Bd. I, Hannover 1960 - Handbuch des Vereins Arbeiterpresse, 4. Folge 1927, Berlin 1927, S. 33 ff. - Der Gründungsparteitag der KPD. Protokoll und Materialien. Hrsg, und einge- leitet von Hermann Weber, Frankfurt/Main 1969, S. 37 - Otto Schön: Die höchsten Organe der SED. Berlin (Ost) 1965, S. 39 ff. - »Neues Deutschland« vom 30. April 1967. Wer leitete die KPD? ^7 Die KPD-Führer und die KPD-Funktionäre waren in der Phase der Stalinisierung der Par- tei sehr jung. Das ergibt sich z. B. auch aus dem Alter der Delegierten des IX. Parteitags 1924: 6% waren noch nicht 25 Jahre, 29 °/o 25 bis 30 Jahre, 51 °/o 30 bis 40 Jahre und nur 14 °/o über 40 Jahre alt.38 Offensichtlich rekrutierte sich die radikalisierte Gruppe, die im und nach dem Weltkrieg von der SPD absplitterte, vor allem aus der jüngeren Generation. Die stärksten Jahrgänge des KPD-Führungskorps (1894 = 36 Personen, 1897 = 30 Personen und 1892 = 29 Personen) setzten sich aus Menschen zusammen, die mit 18-24 Jahren mit dem Kriegserlebnis kon- frontiert worden waren oder die den Ausbruch der Revolution als Zwanzigjährige erlebten. Das ist wohl kein Zufall, denn in der SPD blieben die älteren, mit Erfahrung und Tradition beladenen Funktionäre zurück. Zur KPD dagegen stießen junge, radikalisierte Menschen; diese waren es, die während der Stalinisierungsphase im Führungskorps der Partei be- stimmten. Die soziale "Zusammensetzung Die KPD war in den zwanziger Jahren eine ausgesprochene Arbeiterpartei. 1927 waren 40 % der Parteimitglieder gelernte und fast 30 °/o ungelernte Arbeiter; 10 °/o Handwerker und gewerbliche Arbeiter. In Berlin waren 72 °/o der KPD-Mitglieder Handarbeiter (gegen- über 58 °/o bei der SPD), allerdings waren nur 60% Industriearbeiter.39 Weitverbreitet ist die Ansicht, die Führung der KPD habe in den Händen von Intellektuellen gelegen. Inwie- weit das für die oberste Spitzenführung, das Polbüro oder das Zentralkomitee gilt, wird noch zu untersuchen sein. Für das eigentliche Führungskorps, die hier zu prüfenden 504 Per- sonen, trifft diese Vermutung nicht zu. Von diesen Spitzenfunktionären waren 316 Arbeiter (63 °/o), 21 Handwerker (4 °/o), 55 Angestellte (11 °/o), während 89 Personen (18 °/o) Intel- lektuelle im weitesten Sinne des Wortes waren, 23 Personen (4 °/o) gehörten andern Berufen an oder waren berufslos. Im Führungskorps überwogen also die Arbeiter ebenso wie in der Gesamtpartei, sie waren gegenüber der Partei nur knapp unterrepräsentiert. Ein etwas ge- naueres Bild ergibt folgende Aufschlüsselung: gelernte Arbeiter 248 (49,5 °/o) ungelernte Arbeiter 68 (iî.î’/o) Handwerker 21 ( 4,0 °/o) Landarbeiter 5 ( 1,0 °/o) Bauern 6 ( 1,0 °/o) Angestellte, kaufm. Angestellte 55 (11,0 0/0) Akademiker 33 ( 7>o’Z») Techniker 6 ( i,o°/o) Volksschullehrer 22 ( 4,0%) Personen mit abgeschlossener höherer Schulbildung, ohne abgeschlossenes Studium, »Berufs- revolutionäre« 28 ( 5,5 o/o) Hausfrauen 4 ( 1,0 °/o) sonstige und unbekannt 8 ( 1,5 Vo) 38 Bericht des XI. Parteitages, a.a.O. (Anm. 6) S. 339 f. 39 Kaasch, a.a.O. (Anm. 1), S. 1051 - Geh StA München 101 236 - Bericht der Bezirksleitung Berlin- Brandenburg-Lausitz über die Tätigkeit der Organisation vom 1. Januar bis 31. Oktober 1927. Berlin o.J. S. 87 f. 28 Das Führungskorps Gegenüber der Gesamtpartei waren die gelernten Arbeiter über-, die ungelernten Arbeiter erheblich unterrepräsentiert. Offensichtlich eigneten sich die qualifizierten Facharbeiter besser für politische Leitungsfunktionen in einer Arbeiterpartei und konnten sich dort leichter durchsetzen. Eine nähere Untersuchung der Berufssparten bei den gelernten Arbeitern zeigt weiterhin, daß die Metallarbeiter im Führungskorps an der Spitze standen. Die stärkste Be- rufsgruppe überhaupt waren die Schlosser, die mit 68 Personen 13 °/o des gesamten Füh- rungskorps stellten. Die meisten der Arbeiterfunktionäre kamen aus relativ gut bezahlten Berufszweigen; unter den gelernten Arbeitern befanden sich: Metallarbeiter Druckereiarbeiter handwerkliche Arbeiter Holzarbeiter Bauarbeiter Bergarbeiter sonstige gelernte Arbeiter 145 25 24 19 17 7 11 Die Zahlen unterstreichen, daß die Funktionärsposten der KPD bis hinauf zur Spitze im wesentlichen von qualifizierten Arbeitern der besser verdienenden Berufe besetzt wurden. Ungelernte Arbeiter und Landarbeiter sowie qualifizierte Arbeiter aus schlechter bezahlten Berufen machten nur etwa 15 °/o des Führungskorps aus. Bei den Vertretern geistiger Berufe fällt die relativ hohe Zahl von Volksschullehrern auf (22). Von den 33 Akademikern waren 19 promoviert (12 Dr. phil., 4 Dr. jur., 2. Dr. rer. pol., ein Dr. med.), zwei davon hatten sich habilitiert. Fast genauso groß wie die Gruppe der Akademiker mit abgeschlossener Hochschulbildung war die Zahl derjenigen, die höhere Schulen besuchten, zum Teil auch studierten, aber dann ohne Abschluß in den Parteiapparat eintraten. Die meisten dieser 28 »Berufsrevolutionäre« wechselten nach einigen Semestern Studium in den Parteiapparat oder in Redaktionen über, sie spielten in der KPD eine be- achtliche Rolle. Die Sozialstruktur des Führungskorps insgesamt zeigt das Bild einer Gruppe, die sich zu zwei Dritteln aus Arbeitern zusammensetzt, das restliche Drittel wird je zur Hälfte von Angehörigen intellektueller Berufe einerseits und andererseits von Angestellten, Handwer- kern usw. gestellt. Immerhin waren die intellektuellen Berufe - was wenig erstaunlich ist - gegenüber der Gesamtparteimitgliedschaft im Führungskorps deutlich überrepräsentiert, auch wenn sie keineswegs dominierten. Eine Untersuchung der sozialen Herkunft der Parteikader ist schwierig, da sie sich nur bei 233 Personen (47%) ermitteln ließ. Davon stammten 108, also fast 50%, aus Arbeiterfami- lien; 10% entstammten Angestelltenmilieu. Der Anteil der Handwerker- und Bauern- familien ist relativ groß (11 °/o bzw. 12%) und rund 20% kamen aus bürgerlichen oder intellektuellen Kreisen. Der sozialen Zusammensetzung und Herkunft entspricht auch die Schulbildung der Spitzen- funktionäre: Volksschule Oberschule, Gymnasium Mittelschule Lehrerseminar 374 (75 ®/o) 30 ( 6 %) 10(2 °/o) 22 ( 4 °/o) Wer leitete die KPD? ^9 Technische Hochschule, höhere Handelsschule Universität nicht zu ermitteln 14 ( 3V0) 48 (10%) 6 Von der Gesamtmitgliedschaft hatten 95 °/o die Volksschule und nur knapp 1 °/o die Univer- sität besucht. Im Führungskorps waren die Personen mit höherer Schulbildung erheblich überrepräsentiert. Die sozialistische Tradition Das Führungskorps der KPD setzte sich aus jungen Funktionären zusammen, daher fehlte den meisten Parteiführern auch eine längere sozialistische Tradition. Die landsmannschaft- liche Zusammensetzung der Führung zeigt dagegen, daß ein verhältnismäßig großer Teil der Funktionäre aus Mitteldeutschland stammte, wo die Arbeiterbewegung bereits eine starke Tradition hatte. Von den 504 Funktionären waren geboren:40 Mitteldeutschland 136 (27%) Süddeutschland 92 (18 °/o) Ostdeutschland 66 (13 °/o) Norddeutschland 63 (12%) Westdeutschland 56 (11 °/o) Berlin-Brandenburg 54 (ii*/«) Ausland 33 ( 7°/») nicht zu ermitteln 4 ( i«/o) Gemessen an der Mitgliederstärke der KPD-Organisationen (vgl. Bd. 1, IV, Materialien) waren die Funktionäre aus West- und Mitteldeutschland unterrepräsentiert, die aus Süd- und Ostdeutschland überrepräsentiert. Die Zahl der Funktionäre, die vorwiegend in dem Bezirk, in dem sie geboren wurden tätig blieben, die also an einen bestimmten Bezirk gebunden waren, ist relativ groß. Das ist be- merkenswert, versuchte die KPD-Führung doch immer wieder, solche Bindungen der Funk- tionäre an »ihre« Organisation durch ständige Funktionsumbesetzungen zu verhindern, da- mit diese sich keine »Hausmacht« schaffen konnten. Die Bindung an den Bezirk läßt sich bei 66 der mitteldeutschen Funktionäre (50%), bei 53 der süddeutschen (57%), bei 32 der westdeutschen (57%) und bei 27 der norddeutschen (59%), aber nur bei 16 der in Ost- deutschland geborenen Funktionäre (25 °/o) feststellen. Bei den in Berlin-Brandenburg Ge- borenen waren sogar 46 = 87 °/o an den Bezirk gebunden. Das läßt sich teilweise mit der Stärke des Parteiapparats erklären, der am Sitz der Zentrale und im stärksten Bezirk, in Berlin, sehr viel größer war und den örtlichen Funktionären mehr Aufstiegschancen bot. Auffallend ist noch, daß in den Oppositionsgruppen der Rechten in Süd- und Mittel- 40 Die Herkunft war nur nach Geburtsorten feststellbar. Da viele Funktionäre in anderen Gegenden aufwuchsen oder schon in der Jugend ihren Wohnsitz wechselten, können diese Angaben natürlich nur mit Einschränkung als Überblick der landsmannschaftlichen Zusammensetzung des Führungs- korps angesehen werden. In Mitteldeutschland geboren heißt geboren in Sachsen, Thüringen, Pro- vinz Sachsen und Anhalt, in Süddeutschland = Bayern, Württemberg, Baden, Pfalz-Saar und Hessen, Ostdeutschland = Pommern, Schlesien, Ost- und Westpreußen, Norddeutschland = Nieder- sachsen, Schleswig-Holstein, Hamburg, Bremen, Mecklenburg. Das Führungskorps deutschland Geborene überrepräsentiert sind, in Gruppen der Linken dagegen in Berlin Ge- borene, vermutlich eine Widerspiegelung der örtlichen Verteilung der Oppositionsgruppen. Wichtiger als solche (auf Grund des unvollkommenen Materials) nur mit Einschränkungen verwertbare Übersicht ist die Frage, wie lange die KPD-Führer in der sozialistischen Arbei- terbewegung organisiert Arbeiterbewegung an: waren. Von den 504 Funktionären gehörten im Jahre 1926 der länger als 25 Jahre (vor 1900 Eintritt in die SPD) *3 (4.5 •/.) 20 bis 25 Jahre (1900-1905 Eintritt in die SPD) 38 (7.5 •/») 10 bis 20 Jahre (1906-1916 Eintritt in die SPD) 185 (37,0 °/o) 1917 bis 1920 Eintritt in die USP (106) Eintritt in die KPD (84) 190 (38,0%) nach 1920 Eintritt in die KPD 61 (12,0 °/o) nicht zu ermitteln                                                                                                7 Knapp die Hälfte des Führungskorps der Jahre 1924-1929 war vor dem Weltkrieg in der SPD organisiert gewesen. Die andere Hälfte trat in den Kriegs- und Revolutionsjahren der USPD oder direkt der KPD bei. Da die Stalinisierung eine ständige Auseinandersetzung mit dem »schädlichen sozialdemokratischen Erbe« war, ist bemerkenswert, daß immerhin die Hälfte des Führungskorps formal mit dem »Sozialdemokratismus« belastet war. Bei der Gesamtmitgliedschaft sah es anders aus: nur 30 °/o der Mitglieder waren überhaupt in der SPD gewesen, fast 70% der KPD-Mitglieder des Jahres 1927 waren erst nach 1920 der Partei beigetreten.41 Nur wenige der 504 KPD-Funktionäre spielten in der alten Arbeiterbewegung eine bedeu- tende Rolle. Beispielsweise gehörten nur drei zu der 290 köpfigen deutschen Delegation des Internationalen Sozialistenkongresses 1907 in Stuttgart (Emil Eidihorn, Paul Hoffmann, Clara Zetkin); acht waren Delegierte des SPD-Parteitags 1912 und sechs waren Delegierte des SPD-Parteitages 1913. Zwei der 504 KPD-Funktionäre gehörten vor dem Weltkrieg dem Reichstag an (Emil Eichhorn und Joseph Herzfeld), einer dem preußischen Landtag (Paul Hoffmann). Auch während und nach der Revolution waren die meisten der 504 Funktionäre nicht in wichtigen Funktionen. In der Nationalversammlung saßen nur zwei (Emil Eichhorn, Wilhelm Koenen), im ersten Reichstag von 1920 neun (Eichhorn, Herzfeld, W. Koenen, Hollein, Bartz, Stoecker, W. Thomas, Remmele von der USP, für die KPD Zet- kin; außerdem kamen Frölich und Heydemann in der Nachwahl 1921 in den Reichstag). In der preußischen Nationalversammlung 1919 hatten sechs der 504 Funktionäre ein Mandat, im preußischen Landtag 1921 saßen 23 als Abgeordnete (22 der KPD und einer der USPD).42 Vom Führungskorps der KPD 1924-1929 war zwischen 1918 und 1920 fast die Hälfte (248 Personen = 49 °/o) in der USPD organisiert gewesen, nur ein Drittel (168 Personen = 33 °/o) in der KPD. 80 Personen waren zu jener Zeit noch nicht organisiert, gehörten der KP Österreichs oder der ÖSR-Linken an (bei acht ist die frühere Organisationszugehörig- 41 Kaasch, a.a.O. (Anm. 1), S. 1063. In Berlin-Brandenburg hatten 35% der Mitglieder der SPD angehört (fast 40% der USP!). Vgl. Bericht, a.a.O. (Anm. 39), S. 86. 42 Internationaler Sozialistenkongreß zu Stuttgart. 18.-24. 8. 1907, Berlin 1907, S. 124 ff. - Proto- koll über die Verhandlungen des Parteitages der Sozialdemokratischen Partei Deutschlands, abge- halten in Chemnitz 15.-21. 9. 1912, Berlin 1912, S. 531 ff. - Dass. Abgehalten vom 14.-20. 9. 1913 in Jena. Berlin 1913, S. 561 ff. - Horkenbach, a.a.O., S. 384, 403 ff. - Reichstags-Handbuch 1907, Berlin 1907 - Dass. 1912, Berlin 1912. — A. Plate: Handbuch für die verfassungsgebende preußische Nationalversammlung 1919. Berlin 1919, S. 39-118 - Handbuch für den preußischen Landtag. Ausgabe für die 1. Wahlperiode (von 1921 an). Berlin 1921. Wer leitete die KPD? 31 keit nicht zu ermitteln). Es ist auffallend, daß nur ein Drittel der Mitglieder des Führungs- korps bereits vor 1920 der KPD angehörte; von diesen waren wiederum 90 (18%) schon während des Krieges im Spartakusbund oder bei den Bremer Linksradikalen organisiert. Die Mehrheit der Funktionäre des Führungskorps war nach dem Vereinigungsparteitag im Dezember 1920 mit den 300 000 USPD-Mitgliedern zur KPD gestoßen, durch die die KPD zur Massenpartei geworden war.43 Das Führungskorps war der sozialistischen Bewegung und ihrer Tradition verbunden. Doch nur die Hälfte kam aus der alten Sozialdemokratie, die Mehrheit war durch Krieg und Re- volution radikalisiert worden und nur jeder Fünfte im Führungskorps hatte im Weltkrieg dem Spartakusbund oder den Linksradikalen angehört und vertrat die Traditionen des »Luxemburgismus«. Der Zeitpunkt, zu dem die Angehörigen des Führungskorps ihre Berufe aufgaben und hauptamtliche Apparatfunktionäre wurden, ist ebenfalls recht unterschiedlich. Nur 36 (7 °/o) waren bereits vor und während des Weltkrieges hauptamtliche Funktionäre der Ar- beiterbewegung.44 236 Führer (47 °/o) übernahmen zwischen 1919 und 1923, also vor der Periode der Stalinisierung, eine hauptamtliche Tätigkeit in der USPD oder KPD (davon 56 im Jahre 1919 und 62 im Jahre 1921). 227 Funktionäre (45 °/o) wurden gerade in der Zeit der Stalinisierung hauptamtlich, die weitaus größte Zahl davon (99 Personen = 20 °/o) im Jahre 1924. Die Tatsache, daß fast die Hälfte des Führungskorps während der Stalinisie- rung in den hauptamtlichen Apparat eintrat, unterstreicht die Feststellung über die Absorp- tion der neuen Kräfte durch den Apparat. Die Fraktionen im F ührungskorps Das Führungskorps, das zwischen 1924 und 1929 die Politik der KPD bestimmte, setzte sich aus Personen zusammen, die zu einem großen Teil bereits 1923 wichtige Parteifunktionen 43 Allerdings hatten die aus der KPD (Spartakusbund) kommenden Führer in ihrer Partei eine wich- tigere Rolle gespielt, als diejenigen, die aus der USP kamen. So waren z. B. nur 13 der 248 Funk- tionäre, die aus der USP kamen, Delegierte des USP-Parteitages im März 1919 (bei insgesamt 208 Delegierten); auf dem USP-Parteitag im November-Dezember 1919 waren es 26 (von ins- gesamt 317 Delegierten); und auf dem USP Spaltungsparteitag im Oktober 1920 waren es 45 (unter insgesamt 236 Delegierten) der linken USP. Dagegen waren von 168 Führern, die aus der KPD (Spartakusbund) kamen, 22 Delegierte des Gründungsparteitages der KPD; d. h. fast 20% der 127 Delegierten dieses Gründungspartei- tages. 23 waren Delegierte des III. Parteitags der KPD (Spartakusbund) von 1920, das waren mehr als ein Viertel der insgesamt 81 Delegierten. Auf dem Vereinigungsparteitag 1920 waren von den späteren KPD-Führern 47 als Vertreter der linken USP anwesend (von insgesamt 349, d.h. 13%), aber 35 als Vertreter der KPD (Spartakus- bund) von insgesamt 146, d.h. 24%). (Protokoll über die Verhandlungen des außerordentlichen Parteitages [der USPD] vom 2. bis 6. März 1919 in Berlin. Berlin o. J. [1919] - Protokoll über die Verhandlungen des außer- ordentlichen Parteitages [der USPD] in Leipzig. 30. 11. - 6. 12. 1919. Berlin o. J. [1920] - StA Ludwigsburg, III, 223 - Der Gründungsparteitag a.a.O. [Anm. 37], S. 310 ff.) 44 Im Jahre 1914 waren 3776 Angestellte der Arbeiterbewegung in der »Unterstützungsvereinigung der in der modernen Arbeiterbewegung tätigen Angestellten« erfaßt. Davon waren 162 Arbeiter- sekretäre, 159 Parteiangestellte, 87 Berichterstatter, 293 politische Redakteure, 63 Schriftsteller, 475 Expedienten u.ä., 134 Geschäftsführer und 142 sonstige Angestellte, aber die große Mehrheit, nämlich 2261 Gewerkschaftsangestellte. 1907 waren insgesamt 1871 und 1910 insgesamt 2717 Angestellte der Arbeiterbewegung in der Unterstützungsvereinigung. Wieviel hauptamtliche Funk- tionäre es damals in der Arbeiterbewegung überhaupt gab, ließ sich nicht ermitteln, die über- wiegende Mehrheit dürfte jedoch in der Unterstützungsvereinigung erfaßt gewesen sein. (»Correspondenzblatt der Generalkommission der Gewerkschaften Deutschlands« vom 19. 6. 1915, S. 289 - Protokoll der Verhandlungen des achten Kongresses der Gewerkschaften Deutsch- lands. Abgehalten zu Dresden 26. 6. - 1. 7. 1911. Berlin 1911, S. 85.) 32 Das Führungskorps innehatte. Da 1924 ein Revirement erfolgte und viele Brandler-Anhänger und Vertreter der »Mittelgruppe« durch Linke ersetzt wurden, ist es selbstverständlich nicht erstaunlich, daß im Führungskorps 1924-1929 die Linken überwogen. Während der Auseinanderset- zungen 1923/24 gehörten die 504 Funktionäre zu folgenden Fraktionen: Linke                                           227 (45 %) Mittelgruppe                                64 (13 %) Rechte                                          37(7 %) keine Fraktion                              146(29%) nicht zu ermitteln                         30 ( 6%) Verglichen mit dem gesamten Führungskorps zeigten ehemalige Linke, Mittelgruppen-An- hänger und Rechte im Führungskorps folgendes Bild: auf Seiten der Linken standen über- durchschnittlich viele ungelernte Arbeiter, bei der Mittelgruppe waren Angestellte und Intellektuelle überrepräsentiert, bei den Rechten waren vorwiegend gelernte Arbeiter (über 60 %). Die Linke rekrutierte sich hauptsächlich aus den 25- bis 40jährigen, bei der Mittel- gruppe waren die 35- bis 40jährigen überrepräsentiert und bei den Rechten überwogen diejenigen, die über 40 Jahre alt waren.45 Die fraktionelle Spaltung 1923/24 zeigt, daß vor allem jüngere Funktionäre den radikalen Flügel bildeten, daß zahlreiche Intellektuelle und Parteibeamte der Mittelgruppe angehör- ten und die älteren, qualifizierten Arbeiter relativ oft bei den Rechten blieben. Schließlich tendierten die schon länger in der Arbeiterbewegung tätigen Funktionäre eher zur Mittel- gruppe und zu den Rechten, während die erst nach der Revolution radikalisierten Funktio- näre nach dem vermeintlichen Verrat der Brandler-Führung der linken Opposition zuneig- ten. Allerdings ist auch zu berücksichtigen, daß die Haltung nicht zuletzt regional beein- flußt war, in zahlreichen Bezirken waren die Mitglieder und damit auch die Funktionäre vollzählig zu den Linken übergegangen. Während der Stalinisierung der KPD 1924-1929 bildeten sich im Führungskorps wieder ver- schiedene Fraktionen heraus, die Linken spalteten sich in Ultralinke (Scholem, Katz usw.), 45 Bemerkenswert ist auch, wie sich die Anhänger der verschiedenen Gruppen von 1923 im Frak- tionskampf 1924-1929 verhielten. Von den 227 Linken des Jahres 1923 gehörten später 65 der linken und 34 der ultralinken Opposition an (d.h. sämtliche Vertreter der linken und ultralinken Opposition im Führungskorps, hatten 1923 der Linken angehört). 89 vertraten die Parteilinie, drei waren später bei den Rechten, vier bei den Versöhnlern und 17 bei sonstigen Oppositionsgruppen (zwei gestorben und 13 unbekannt). Von den 227 Linken des Jahres 1923 wurden 67 wegen linker und vier wegen rechter Abweichungen ausgeschlossen (außerdem neun wegen anderer »Ver- fehlungen«). Die Ausschlüsse bei den ehemaligen Linken betrugen also mit etwa einem Drittel den gleichen Anteil wie beim Gesamtführungskorps. Von den 37 Rechten des Jahres 1923 wurden dagegen 30 (wegen rechter Abweichungen) später ausgeschlossen, also fast 8o°/o. Von den 37 Rechten des Jahres 1923 blieb 1928/29 keiner bei der Parteilinie, 31 zählten zu den Rechten, drei zu den Versöhnlern. Von den 64 Funktionären, die 1923 bei der Mittelgruppe standen, wurden später 21 ausgeschlos- sen (20 wegen rechter Abweichungen, einer aus nichtpolitischen Gründen). Bei den Fraktions- auseinandersetzungen standen 18 bei den Rechten, 13 bei den Versöhnlern und 20 vertraten die Parteilinie (13 bekannten sich zu sonstigen Gruppen und waren nicht zu ermitteln). Von den 146 Personen, die sich aus den Fraktionskämpfen 1923 heraushielten, vertraten 1924 bis 1929 115 die Parteilinie, diese Gruppe war also gegenüber dem Gesamtführungskorps stark über- repräsentiert. Diejenigen, die sich 1923 nicht engagierten, blieben später am ehesten jeder Opposition fern. Außerdem zeigten sich die rechten Kommunisten von 1923 als konstanter und standfester, bei den Linken waren 1923 offenbar viele, die damals nur der allgemeinen Stimmung gefolgt waren. Wer leitete die KPD? 33 die linke Opposition (Ruth Fischer, Maslow usw.) und die kominterntreue Linke (Thäl- mann, Dengel usw.). Schließlich gab es neben den Rechten die Versöhnler, außerdem einige weniger bedeutsame Gruppierungen (z. B. die Chemnitzer Linken). Die Stalinisierung der KPD bedeutete die Ausschaltung dieser Gruppen entweder durch den Ausschluß oder die Kapitulation ihrer Führer und Funktionäre. Von den 504 Personen des Führungskorps wur- den bis 1932 insgesamt 154 (also fast ein Drittel) aus der KPD ausgeschlossen oder sie tra- ten aus der Partei aus, einige weitere Funktionäre wurden ausgeschlossen aber nach einer Selbstkritik kurze Zeit später wieder in die Partei aufgenommen. Von den 154 Ausgeschlos- senen wurden 70 Parteiführer wegen »rechter« Abweichungen (Rechte, Versöhnler = 14 °/o) und 67 wegen »linker« Abweichungen (Linke, Ultralinke =13 °/o) aus der Partei entfernt, 10 Personen wegen sonstiger Abweichungen und sieben aus nichtpolitischen Gründen (Un- terschlagungen, Polizeispitzelverdacht etc.). Die Ausschlüsse waren das letzte »Argument« der stalinistischen Führung gegenüber den Oppositionsgruppen, die sich zwischen 1925 und 1929 herausgebildet hatten. Zu einer festen, fraktionell zusammengeschlossenen Oppositionsgruppe im Führungskorps gehörten: 65 Funktionäre zur linken Opposition 35 Funktionäre zu den Ultralinken 66 Funktionäre zu den Rechten 38 Funktionäre zu den Versöhnlern 19 Funktionäre schlossen sich der Merker- oder Remmele-Neumann-Gruppe an 9 Funktionäre sonstigen Oppositionsgruppen (Ruth Fischer 1925/26) (Scholem 1925/26) (Brandler 1928/29) (E. Meyer 1928/29) (1930-1932) 229 Funktionäre vertraten immer die gerade gültige Parteilinie von 41 Funktionären ist unbekannt, ob sie zur Opposition oder zur Parteimehrheit zählten (2 starben bereits früher). Während sich also fast die Hälfte der Funktionäre keiner Oppositionsgruppe anschloß, waren 13 °/o bei der linken Opposition, 7 °/o bei den Ultralinken, 13 % bei den Rechten und 7% bei den Versöhnlern fraktionell fest organisiert, weitere 6 °/o gehörten sonstigen Oppo- sitionsgruppen an, außerdem sympathisierten zahlreiche Funktionäre mit einer der Opposi- tionsgruppen. Zunächst ist bemerkenswert, daß die Linksoppositionellen 1918-1920 meistens in der (rechts von der KPD stehenden!) USPD organisiert gewesen waren, die Rechten dagegen in der Mehrheit aus der KPD (Spartakusbund) kamen. 1918/20 organisiert in: USPD KPD erst später KPD Linke Opposition 49 13 3 Ultralinke 23 9 3 Rechte 20 46 — Versöhnler46 IO 22 6 46 Bei den »Versöhnlern« ist die relativ hohe Zahl der nach 1920 in die KPD Eingetretenen auffallend. Es handelt sich dabei meist um Ausländer, die 1920 bis 1923 aus Österreich oder der Tschechoslowakei nach Deutschland kamen, allerdings auch schon in ihren Heimatländern der KP angehört hatten. Mehrere »Versöhnler« gehörten vorher der linken Opposition an (vgl. z. B. die Biographien von Eisler, Süßkind, Volk). 34 Das Führungskorps Hier zeigt sich die bereits festgestellte Tendenz: die Spartakus-Anhänger waren im Sinne der »luxemburgischen« Tradition in der KPD auf dem rechten Flügel zu finden, linke und ultralinke Abweichungen vertraten vor allem die aus der USPD gekommen Partei- führer.47 Betrachtet man umgekehrt alle in der USP oder KPD organisierten Personen des Führungs- korps, wird das Bild noch eindeutiger. Wie schon erwähnt waren 248 der 504 Funktionäre Mitglied der USPD gewesen. 49 = 20 °/o der ehemaligen USP-Funktionäre gehörten der linken Opposition an, 23 = 9 °/o der ultralinken, also eine deutliche Überrepräsentation. Unterrepräsentiert sind nicht nur Rechte (8 °/o), Versöhnler (4 %), sondern auch die Anhän- ger der jeweiligen Parteilinie (41 °/o). Bei früheren Mitgliedern der KPD (Spartakusbund) = insgesamt 168 Mitglieder des Füh- rungskorps sind die Rechten (27%) und Versöhnler (13%) überrepräsentiert, dagegen linke Opposition (7 °/o) und Ultralinke (4 °/o) ebenso unterrepräsentiert wie die Vertreter der Parteilinie (die mit nur 36 °/o in dieser Kategorie am schwächsten vertreten waren). Die Vertreter der Parteilinie waren dagegen am stärksten bei jenen »traditionslosen« Funk- tionären, die erst nach 1920 zur KPD stießen. Vergleicht man, wie lange die Parteiführer organisiert waren, ergibt sich ein ähnliches Bild: Bei den 131 Personen, die bereits vor 1910 der Arbeiterbewegung beigetreten waren, ist die Zahl der Ausgeschlossenen vergleichsweise hoch (21 = 16% wegen linker und 29 = 22% wegen rechter Abweichungen ausgeschlossen). Von diesen 131 Funktionären waren organisiert: Linke 21 (16 °/o) Ultralinke 8 ( 6 °/o) Rechte JI (24»/0) Versöhnler 11(8 °/o) Parteilinie 45 (34’/o) nicht zu ermitteln 15 (11 °/o) Rechte und Versöhnler waren bei den vor 1910 organisierten Parteiführern ebenso über- repräsentiert wie Linke und Ultralinke, wogegen die Vertreter der Parteilinie stark unter- repräsentiert waren. Umgekehrt waren von den Parteiführern, die erst nach 1920 zur Partei stießen, 80 °/o Vertreter der Parteilinie! 47 Der von den Linken beherrschte IX. Parteitag 1924 zeigte das gleiche Bild: nur 12 Delegierte waren zwischen 1918 und 1920 in der KPD (Spartakusbund) organisiert gewesen, aber 84 in der USPD. (Bericht des XI. Parteitags, a.a.O., S. 340 - »Soz. Republik« vom 18. Juni 1924.) Von den 35 Funktionären des hier untersuchten Führungskorps, die auf dem Vereinigungsparteitag 1920 die KPD (Spartakusbund) vertraten, gehörten später 18 »rechten« Oppositionsgruppen und fünf der linken Opposition an. 12 wurden wegen rechter, aber nur fünf wegen linker Ab- weichungen ausgeschlossen. Von den 47 Führern, die 1920 als USP-Delegierte dem Vereinigungs- parteitag angehörten, wurden aber 14 wegen linker und nur drei wegen rechter Abweichungen aus der KPD entfernt. Diese Tendenz gilt nicht nur für die im Führungskorps erfaßten Funktionäre. Von den 81 Delegier- ten des III. Parteitages der KPD (Spartakusbund) war die spätere Haltung bei 42 nicht zu er- mitteln, zehn vertraten später ständig die Parteilinie, einer gehörte zu den »Versöhnlern«, einer zur linken und zwei zur ultralinken Opposition, aber 18 wurden als Rechte ausgeschlossen. (Der Rest gehörte anderen Oppositionsgruppen an.) Die rechte Opposition konnte sich also später mit einer gewissen Berechtigung als die eigentliche Fortführung der KPD (Spartakusbund) bezeichnen. (Die Namensliste des III. Parteitages, vgl. StA Ludwigsburg, III 223, Geheimakten Kommunistische Partei 1920-1926 - Vgl. auch Bericnt des Vereinigungsparteitages 1920, a.a.O., S. 273-278 u. Der Gründungsparteitag a.a.O. [Anm. 37], S. 37). Wer leitete die KPD? 35 Je kürzer die Zugehörigkeit zur Arbeiterbewegung, um so größer offenbar die Bereitschaft, die jeweilige Parteilinie zu unterstützen; die längere Tradition dagegen vergrößerte die Ten- denz zur Oppotision, wobei allerdings das Eintreten für gemäßigte »rechte« Politik durch längere Tradition stärker hervortrat und besonders bei ehemaligen Führern des Spartakus- bundes deutlich abzulesen ist. Wie setzten sich nun die Fraktionen zusammen, die während der Stalinisierung 1924/1929 und noch in den Jahren bis 1932 im Führungskorps die Auseinandersetzungen führten? Geburtsjahr Parteilinie Linke bis 1880                16                   6 1881-1885           21                 14 1886-1890           43                 16 1891-1895           63                 19 1896-1900           62                   8 nach 1900             24                   2 unbekannt            -                      - Ultral. Rechte            Versöhnl. 27 4            16                   4 13          12                 12 7           19                 IO 6           10                  ii 22                                i i            -                     - sonst. i 2 9 7 4 5 unbekannt 9 6 9 ii 6 Beruf geh Arbeiter ungel. Arbeiter Angestellte Handwerker, sonst.Arb.nehmer Bauern, Landarb. Akademiker, Lehrer, Techniker »Berufsrevolut.« Hausfrauen, unbek., sonstige r Ein Vergleich mit dem Parteilinie Linke Rechte Versöhn!. sonst, in             29           13             39            18 38            9            9               4               i 28            7            3               8              4 11             5            i                33 6            i             -                 i               - 22          10           5                6             g !2            3          2                  34 i             i            2                2               - gesamten Führungskorps der 504 Funktionäre Ultral. unbekannt 15         22 3           4 i            4 -             2 i            2 4            5 4 -             2 ergibt, daß bei den           linientreuen Parteiführern die Jungen (bis 25 Jahre = io°/o, 25-30 Jahre = 26%) über- repräsentiert, die 36- bis 45jährigen unterrepräsentiert waren. Bei allen oppositionellen Gruppen waren demgegenüber die jungen Parteiführer unterrepräsentiert. Bei den Vertre- tern der Parteilinie waren ungelernte Arbeiter überdurchschnittlich stark vertreten (i7°/o), gelernte Arbeiter (46 °/o) und Intellektuelle (9 °/o) unterrepräsentiert, »Berufsrevolutionäre« allerdings normal vertreten. Überrepräsentiert waren bei der linken Opposition die intellek- tuellen Berufe, bei den ultralinken die ungelernten Arbeiter (26 °/o). Da letztere Gruppe nur wenige Personen umfaßte, können bei diesem Ergebnis »Zufälle« überwiegen, immerhin waren bei den »linken Abweichungen« insgesamt weniger gelernte Arbeiter als im Durch- schnitt vertreten. Bei der rechten Opposition war es umgekehrt, hier waren gelernte Arbei- ter überrepräsentiert (59 °/o), ungelernte Arbeiter und Intellektuelle sind weit unterreprä- sentiert. Die Fraktionen zeigen auch ein unterschiedliches Bild, betrachtet man den Zeitpunkt, zu dem ihre Anhänger hauptamtliche Funktionen übernahmen. Bei den Personen, die sich nie einer Oppositionsgruppe anschlossen, fällt auf, daß überdurchschnittlich viele erst nach 1924 in den hauptamtlichen Apparat aufgenommen wurden. Ein relativ großer Teil der Funktio- näre aus der linken und ultralinken Opposition kam 1924 in den hauptamtlichen Partei- 3 6 Das Führungskorps apparat. Bei den Rechten und Versöhnlern sind hingegen jene Parteiführer überrepräsen- tiert, die schon vor der Stalinisierung (und zum Teil schon vor dem Weltkrieg) hauptamt- liche Funktionen ausübten. Die nach 1924 in den Apparat gekommenen Funktionäre waren am ehesten bereit, die Stalinisierung durchzuführen. Von den 1924 von der linken Fischer- Maslow-Führung in den Apparat geholten Funktionären blieben viele bei dieser Fraktion, obwohl sie dadurch häufig wieder ihre Positionen verloren, die meisten machten jedoch die Stalinisierung mit. Die Funktionäre, die seit langen Jahren hauptamtliche Erfahrungen hat- ten, scheuten den ultralinken Kurs, sie standen häufiger bei den Rechten und Versöhnlern. Die Fraktionen im Führungskorps weisen deutliche Unterschiede auf. Das gilt für die alters- mäßige und soziale Zusammensetzung, aber auch für traditionelle Bindungen. Doch sind diese Unterschiede in der Zusammensetzung der Fraktionen wiederum nicht so gravierend, daß die Haltung der Funktionäre zur Parteilinie und zur Stalinisierung allein auf soziale Stellung, Alter, Tradition usw. zurückgeführt werden können. Ebenso stark haben vermut- lich individuelles Verhalten der Funktionäre, ihr Temperament oder persönliche Sympathien die Gruppenbildung innerhalb der Partei und der Führung sowie die Verhaltensweise ge- genüber den Fraktionen mitbestimmt. Das Schicksal der Funktionäre Von den 504 Personen des Führungskorps kamen nicht weniger als 136 auf gewaltsame Art ums Leben. 86 Funktionäre (17 °/o) wurden direkt oder indirekt Opfer des Hitler-Terrors, sie wurden hingerichtet, im Gefängnis oder KZ ermordet, sie starben in Zuchthäusern oder an den Folgen der Mißhandlungen. Da auch von den Überlebenden sehr viele in den Ge- fängnissen oder KZs saßen und zwischen 1933 und 1945 Schweres durchmachten, wird hier deutlich, daß die KPD-Führung im Kampf gegen Hitler sehr große Opfer brachte. Die Tragödie des deutschen Kommunismus wird besonders drastisch dadurch beleuchtet, daß außer Hunderten, ja vermutlich Tausenden von KPD-Mitgliedern 43 Führer der KPD (d. h. 9 °/o des Führungskorps) als Opfer der Stalinschen Säuberungen ums Leben kamen, bzw. Opfer der SED-Säuberung wurden (wie z. B. Kreikemeyer). Da sich weit weniger Funktionäre in der russischen Emigration befanden als im illegalen Kampf gegen Hitler, ist dieser Blutzoll für die deutschen Kommunisten nicht nur tragischer, sondern auch relativ größer. Natürlich soll eine solche Gegenüberstellung nicht den Gestapo-Terror bagatellisieren, dem Tausende und aber Tausende Kommunisten zum Opfer fielen. Wenn diese kommunistischen Führer in die Hände der Gestapo geraten wären, hätte man sie auch in Deutschland ermor- det. Aber es charakterisiert die Situation des deutschen Kommunismus in den dreißiger Jahren, daß der Stalin-Terror seine Spitzenführung in diesem Umfang dezimierte. Und noch etwas ist typisch: Kippenberger, ehemals der Leiter des Militär-Apparats der KPD, ist in der Sowjetunion inzwischen offiziell rehabilitiert worden, die SED aber schweigt nach wie vor über sein Ende und das der meisten anderen Opfer Stalins.48 213 der 504 Funktionäre sind inzwischen eines normalen Todes gestorben, sieben weitere kamen auf sonstige gewaltsame Art (Krieg) ums Leben, 107 der damaligen Parteiführer leben noch. Das Schicksal von 48 Personen ließ sich nicht ermitteln. Gerade bei diesem Per- sonenkreis ist aber anzunehmen, daß ein Teil ebenfalls in den Wirren der dreißiger Jahre und des Krieges gewaltsam ums Leben kam. Betrachtet man das Schicksal der 456 Personen (d. h. von 90% des Führungskorps) deren 48 Bis Februar 1969 wurde lediglich Hugo Eberlein öffentlich als Stalin-Opfer bezeichnet und damit rehabilitiert. Vgl. »Beiträge zur Geschichte der Arbeiterbewegung«, Berlin (Ost) 11. Jg. 1969. Heft 1, S. 122 - »Deutschland Archiv«, Köln, 2. Jg. 1969, Heft 3, S. 319 f. Wer leitete die KPD? 37 Lebenslauf sich bis zu Ende verfolgen ließ, so ist festzustellen, daß fast ein Drittel als poli- tische Opfer gewaltsam ums Leben kam (19 °/o unter Hitler und 10% unter Stalin bzw. der SED). Wie waren die Funktionäre, die 1924 bis 1929 die KPD-Führung bildeten, nach dem Zwei- ten Weltkrieg politisch organisiert? 128 schlossen sich der SED an, 46 waren Mitglied der westdeutschen KPD, 69 gehörten keiner politischen Partei mehr an, 33 waren Mitglied der SPD geworden, 10 gehörten linken Splittergruppen an, i schloß sich der Bayernpartei an, i ging zu der (rechtsstehenden) Deutschen Partei, von 51 ließ sich nicht ermitteln, ob und wo sie organisiert waren, 182 waren 1945 bereits verstorben. Bei den SED-Mitgliedern49 50 51 52 ist zu berücksichtigen, daß davon im Jahre 1945 noch sechs in sowjetischen Haftanstalten lebten. Diese schlossen sich erst nach ihrer Rückkehr wieder den deutschen Kommunisten an. Neun andere wurden in den Jahren nach 1948 wieder aus der SED ausgeschlossen und meist auch eingekerkert. Auch aus der westdeutschen KPD traten 14 Funktionäre wieder aus, bzw. wurden ausgeschlossen.60 Von den überlebenden Funktionären waren 1945 also immerhin zwei Drittel Mitglied der SED bzw. der westdeutschen KPD.61 Weitere 25 °/o waren nicht organisiert, 15 °/o hatten in Parteien und Gruppen eine politische Heimat gefunden, die der SED-KPD ablehnend gegen- überstehen.62 49 80 Mitglieder des ersten Parteivorstandes der SED kamen aus der KPD, davon gehörten 15 Funk- tionäre dem hier untersuchten Personenkreis der KPD-Führer von 1924-1929 an. Zu dem j8köpfi- gen PV, den der II. Parteitag der SED 1947 wählte, gehörten 12 dieser Funktionäre. Von den 51 Mitgliedern des vom III. SED-Parteitages 1950 gewählten ZK gehörten zehn bereits dem Füh- rungskorps der KPD von 1924-1929 an. Unter den 91 Mitgliedern, die der IV. SED-Parteitag 1954 wählte, waren acht in dem hier untersuchten Führungskorps. Dem ZK, das der V. Parteitag der SED 1958 bildete, gehörten 110 Mitglieder an, elf davon waren 1924-1929 in der KPD-Führung. Von den 121 Mitgliedern des 1963 vom VI. SED-Parteitag gewählten ZK waren neun bereits im Führungskorps 1924-1929, von den 60 ZK-Kandidaten einer und von den 21 Mitgliedern der Zentralen Revisionskommission zwei. Von den 131 Mit- gliedern des 1967 vom VII. SED-Parteitag gewählten ZK gehörten acht schon dem Führungskorps 1924-1929 an (Abusch, Dahlem, Eisler, Jendretzky, Matern, Norden, Ulbricht und Warnke), von den 50 Kandidaten keiner. (Protokoll des Vereinigungsparteitags der SPD und KPD. Berlin 1946, S. 154 f. - Protokoll der Verhandlungen des 2. Parteitages der SED. 20.-24. 9- i947j Berlin 1947, S. 428 - Protokoll des III. Parteitages der SED. Berlin 1951, Bd. 2, S. 186 und 193 - IV. Parteitag der SED; in: »Neue Welt« Heft 8 (192), April 1954, S. 1150 f. - Protokoll des V. Parteitages der SED. 10.-16. 7. 1958. Berlin 1959, Bd. 2, S. 1031 ff. - Protokoll des VI. Parteitages der SED, a.a.O., S. 494-500 - »Neues Deutschland« vom 23. April 1967.) 50 Einige dieser Ausgeschlossenen traten später der SPD bei, sie sind daher doppelt aufgeführt, so daß die Gesamtzahl von 504 in diesem Falle überschritten wird. 51 Von den überlebenden ehemaligen Oppositionellen (Linke, Ultralinke, Rechte und Versöhnler) stießen allerdings nur mehr ein Drittel wieder zur KPD-SED. Der SPD oder linken Splittergruppen der Arbeiterbewegung waren nur 15%) der überlebenden ehemaligen kommunistischen Spitzenführer beigetreten, aber 20% der linken und ein Drittel der rechten Oppositionellen. Von den linken Oppositionellen waren fast die Hälfte überhaupt nicht mehr politisch organisiert, von den Rechten 52 Allerdings ist fast ausgeschlossen, daß eine größere Zahl der Personen, deren politische Einstellung 38 Das Führungskorps Über zwanzig Jahre nach dem Krieg, 1969, lebten noch 107 der ehemaligen KPD-Führer (48 unbekannt, ob noch am Leben), davon sind 57 (53 °/o) in der SED organisiert und 13 (12 °/o) waren bis zum Verbot (1956) Mitglied der westdeutschen KPD. 17 (16 °/o) sind nicht organisiert, 20 (18%) gehören der SPD und 2 sonstigen Gruppen oder Parteien an. Von den 57 ehemaligen KPD-Führern, die 1969 Mitglied der SED sind, gehören nur mehr sieben dem 131 köpfigen SED-Zentralkomitee an.53 Schon in den dreißiger Jahren war das Führungskorps 1924-1929 durch wiederum neue Kräfte ersetzt worden. So waren z. B. von den 100 Reichstagsabgeordneten der KPD im November 1932 nur mehr die Hälfte, nämlich 48 Personen, auch schon im Führungskorps, das hier untersucht wird, die anderen 52 waren Funktionäre, die erst nach 1929 zur Füh- rungsgruppe vorstießen. Von den 1932 gewählten 57 Abgeordneten des preußischen Landtags stammten 34 aus dem Führungskorps 1924-1929, während 23 bereits wieder Nachwuchsfunktionäre waren.54 Zu erwähnen wäre noch, daß im Laufe der Jahre von den 504 KPD-Führern 265, d. h. 53 °/o entweder aus der KPD oder SED ausgeschlossen oder gemaßregelt wurden oder gar als Opfer der stalinistischen Säuberungen ums Leben kamen, also Opfer der Stalinisierung wurden. Die Spitzenführung 1924-1929 Nadi der Untersuchung des gesamten Führungskorps erscheint zunächst eine Betrachtung der eigentlichen Spitzenführung, die zwischen 1924 und 1929 die KPD leitete, angebracht. Diese Spitzenführung setzte sich aus den Mitgliedern und Kandidaten des ZK, dem Chef- redakteur der »Roten Fahne« und den Polleitern der acht großen Parteibezirke (soweit sie nicht ohnehin dem ZK angehörten) zusammen. Das war die engere Leitung der KPD. Diese Führung umfaßte für den gesamten Zeitraum insgesamt 103 Personen. Das Durchschnittsalter dieser Funktionäre lag mit 34V2 Jahren (1926) etwas über dem Alter des Gesamtfunktionärkorps. Die soziale Zusammensetzung: gelernte Arbeiter 50 (48 Vo) ungelernte Arbeiter 16 (15 °/o) Angestellte II (11 °/o) Handwerker 4 ( 4°/°) sonstige Arbeitnehmer I ( i °/o) Landarbeiter I ( I °/o) Personen mit höh. Schulbildung,   ohne abgeschl. Studium, »Berufs-   revolutionäre« 4 ( 4°/o) Schullehrer 7 ( 7 °/o) Techniker I ( I °/o) Akademiker 8 ( 8 0/0) Verglichen mit dem gesamten Führungskader ergeben sich keine großen Unterschiede: auch nach 1945 sich nicht feststellen ließ, Anhänger der SED oder KPD waren. In den SED-Publika- tionen werden die »Parteiveteranen« ständig hervorgehoben. Die »Unbekannten« dürften also, soweit sie 1945 nicht bereits verstorben waren, eher den SED-Gegnern zuzurechnen sein. 53 Vgl. Anm. 48 (Eisler ist inzwischen verstorben). 54 Reichstags-Handbuch. VII. Wahlperiode. Berlin 1933 - Handbuch des preußischen Landtags 1932. Berlin 1932. Wer leitete die KPD? 39 bei der Spitzenführung überwogen die Arbeiter, auch hier waren fast die Hälfte gelernte Arbeiter (davon 28 Metallarbeiter, wiederum stellten die Schlosser - mit 12 Personen - die stärkste Berufssparte). Die Angestellten und Akademiker lagen etwas höher als beim Ge- samtführungskorps. Interessant ist vor allem, daß in der Spitzenführung die intellektuellen Berufe nur gering- fügig über dem entsprechenden Prozentsatz des allgemeinen Funktionärkörpers lagen. Auch die Parteispitze der KPD setzte sich in dieser Periode nicht aus Intellektuellen, sondern hauptsächlich aus Arbeitern zusammen. 70% der Spitzenführung waren Arbeiter und Handwerker, 20% Intellektuelle im weitesten Sinne und 10% Angestellte. Die Zahl der Frauen lag in der Spitzenführung noch niedriger als im Gesamtfunktionärkorps: 96 Män- nern standen nur 7 Frauen gegenüber. In der sozialistischen Bewegung waren organisiert: vor 1900                                      41 1900-1917                                   3 direkt zur USP kamen (1918/20)                         28 zur KPD kamen (bis 1920)                                   18 nach 1920                                   13 Zwischen 1918 und 1920 waren 50 Personen aus der Spitzenführung in der USPD und 37 in der KPD organisiert. Audi hier zeigen sich keine nennenswerten Unterschiede gegenüber dem Gesamtfunktionärkorps. Überrepräsentiert ist in der Spitzenführung die Gruppe, die erst zwischen 1918 und 1920 zur KPD bzw. USP stieß. Ausgeschlossen wurden wegen linker Abweichungen 12 Spitzenführer, wegen rechter Ab- weichungen drei und aus anderen Gründen einer, d. h. insgesamt 15 °/o der Führer (also rela- tiv weit weniger als beim Gesamtführungskorps). Oppositionsgruppen gehörten an: Linke                                          12 Ultralinke                                     6 Rechte                                          4 Versöhnler                                  11 Neumann- Merker-Gruppe                           14 usw. zusammen 47 Personen, oder fast die Hälfte der Führung. In der Spitzenführung waren Linke und Ultralinke ungefähr ebenso stark vertreten wie im Gesamtführungskorps, die Rechten dagegen weit geringer und die Versöhnler sowie sonstige Gruppen (Neumann-, Merker- usw.) stärker. Als Opfer Hitlers kamen 20 KPD-Spitzenführer ums Leben, als Opfer Stalins starben 15. Bis 1945 waren weitere sieben Parteiführer verstorben. Von den Überlebenden gehörten 29 der SED an (drei wurden wieder ausgeschlossen), 12 waren nicht organisiert, sechs hatten sich der KPD und zwei linken Gruppen angeschlossen, von 12 Personen ist die Parteizuge- hörigkeit nicht bekannt. 1969 lebten noch 26 der ehemaligen KPD-Führer. 13 gehören der SED an, sechs sind nicht organisiert, vier waren bis zum Verbot in der KPD, drei sind Mit- glied der SPD. Von sieben Personen ließ sich nicht ermitteln, ob sie noch am Leben sind. 40 Das Führungskorps Die Stalinschen Säuberungen trafen die Spitzenführung relativ stärker als das gesamte Füh- rungskorps; die überlebenden Spitzenführer waren nach 1945 auch zu einem größeren Pro- zentsatz in der SED organisiert als das Gesamtkorps. Die Analyse der Spitzenführung ergibt insgesamt jedoch kein wesentlich anderes Bild als die Untersuchung der $04 KPD- Funktionäre. Das Polbüro Dem obersten Führungsgremium der KPD, dem Polbüro, gehörten zwischen 1924 und 1929 insgesamt 32 Funktionäre als Mitglieder oder Kandidaten an. Das Durchschnittsalter dieser Parteiführer betrug 1926: 36 Jahre. Die soziale Zusammensetzung: gelernte Arbeiter                                    11 ungelernte Arbeiter                                  2 Angestellte                                               3 Handwerker, sonstige                               3 Akademiker                                             6 Lehrer                                                      2 Schriftsteller, »Berufsrevolutionäre« 4 Techniker                                                1 Nur ein Drittel des Polbüros bestand also aus gelernten Arbeitern, sie waren gegenüber dem Führungskorps unterrepräsentiert, die intellektuellen Berufe im Polbüro waren mit 13 Per- sonen gegenüber dem Führungskorps erheblich überrepräsentiert, dennoch waren sie auch im Polbüro eine Minderheit. Bei den Polbüro-Mitgliedern allein (ohne die sechs Kandidaten) verschiebt sich das Bild: 10 gelernten, 2 ungelernten Arbeitern sowie 5 Handwerkern stehen 9 Vertreter intellektueller Berufe gegenüber, die Arbeiter stellten also fast die Hälfte der Polbüro-Mitglieder. Drei der 32 Mitglieder und Kandidaten des Polbüros hatten sich vor 1900 der Arbeiter- bewegung angeschlossen, 13 hatten sich von 1900 bis 1914 organisiert, fünf kamen direkt zur USPD, sechs zur KPD (Spartakusbund) und fünf erst nach der Vereinigung 1920 zur KPD (bzw. sie waren vorher in der KPÖ oder KPÓ). Zwischen 1918 und 1920 gehörten 14 Par- teiführer der USPD und 13 der KPD an, im Gegensatz zum gesamten Führungskorps re- krutierte sich das Polbüro also gleichmäßig aus beiden Parteien. Bei den Auseinandersetzun- gen 1923 gehörten 19 Führer zu den Linken, 11 zur Mittelgruppe (keine zu den Rechten), drei enthielten sich als Apparatangehörige der Stellungnahme. Im Jahre 1924 waren fünf der Polbüro-Mitglieder und -Kandidaten ein Jahr und weniger hauptamtlich im Parteiapparat, 16 zwischen zwei und fünf Jahren, fünf zwischen fünf und 10 Jahren und drei über 10 Jahre hauptamtlich tätig. Während der Stalinisierung schlossen sich fünf Parteiführer der linken und drei der ultra- linken Opposition an, bei den Rechten stand keiner, bei den Versöhnlern fünf und später gehörten fünf zur Merker-Neumann-Gruppe usw., 15 Parteiführer (47%) vertraten immer die jeweilige Parteilinie. Ein Viertel des Polbüros, nämlich acht Personen, wurden wegen linker Abweichungen ausgeschlossen. Vier Funktionäre aus dem Polbüro wurden später Opfer des Hitler-Terrors; jedoch sechs fielen den Stalinschen Säuberungen zum Opfer; bis 1969 starben 16, vier leben noch (Dahlem, Kasper, Overlach, Ulbricht; davon sind drei SED-Mitglieder), zwei waren nicht zu ermitteln. Nadi dem Kriege hatten sich acht der SED angeschlossen, sechs waren nicht mehr organisiert, von zwei war nicht zu ermitteln, ob sie sich noch politisch betätigen; 16 waren bereits tot. Wer leitete die KPD? 41 Vergleicht man, wer die KPD 1924 und 1929 im Polbüro leitete, bekommt man folgendes Bild: 1924 hatten die neun Mitglieder des Polbüros ein Durchschnittsalter von 3$ Jahren, der Älteste (Remmele) war 44 Jahre, die beiden Jüngsten (Ruth Fischer und Scholem) waren 29 Jahre alt. Drei gelernten und einem ungelernten Arbeiter standen drei Akademiker und zwei Personen mit abgebrochenem Studium gegenüber. Nur ein Funktionär war über 20 Jahre politisch organisiert, vier zwischen 10 und 20 Jahren, je zwei waren direkt zur USPD bzw. KPD gestoßen. Zwischen 1918 und 1920 gehörten sechs der USP und drei der KPD an. In den Auseinandersetzungen von 1923 waren acht Linke und einer Anhänger der Mittel- gruppe. Hauptamtlich tätig war einer länger als 20 Jahre, sieben zwischen zwei und fünf Jahren und einer 1 Jahr. Während der Stalinisierung schlossen sich vier der linken und drei der ultralinken Opposition an, einer gehörte später zur Neumann-Gruppe und nur einer (Thälmann) vertrat die Parteilinie. Von den neun Polbüro-Mitgliedern kamen zwei unter Hitler (Thälmann und Scholem) ums Leben, einer (Remmele) unter Stalin, fünf sind gestorben, von einem Funktionär (Schütz) ließen sich weitere Daten des Lebenslaufs nicht ermitteln. Nach dem Krieg schloß sich keiner der KPD-Spitzenführer des Jahres 1924 der SED an. Einer war nicht organisiert, einer gehörte zu einer linken Gruppe (einer unbekannt), fünf waren verstorben. Das Polbüro von 1924 setzte sich aus jungen, mit wenig Traditionen der Arbeiterbewegung behafteten, radikalen linken Parteiführern zusammen; es bestand je zur Hälfte aus Intel- lektuellen und Arbeitern, der Großteil dieser Führer wurde später aus der Partei ver- drängt. 1929 hatte das Polbüro eine andere Zusammensetzung. Es bestand aus 11 Mitgliedern und 4 Kandidaten. Das Durchschnittsalter lag mit 38 Jahren höher (der älteste Funktionär war wieder Remmele mit 49 Jahren, der jüngste Heinz Neumann mit 27 Jahren). Nur zwei der KPD-Führer aus dem Polbüro von 1924 saßen auch noch im Polbüro von 1929: Remmele und Thälmann. Die soziale Zusammensetzung hatte sich weitgehend geändert: sechs gelernten und zwei un- gelernten Arbeitern und zwei sonstigen Arbeitnehmern (ein Handwerker und ein Kellner) standen drei Angestellte, ein Lehrer und ein »Berufsrevolutionär« gegenüber, die intellek- tuellen Berufe waren fast ganz ausgeschieden. Allerdings erstreckte sich die hauptamtliche Tätigkeit im Parteiapparat über eine erheblich längere Zeitspanne: ein Funktionär war über 20 Jahre, fünf zwischen 10 und 20 Jahren und acht zwischen fünf und 10 Jahren und einer zwei Jahre hauptamtlich tätig. In der Arbeiterbewegung organisiert waren vier über 20 Jahre, fünf zwischen 10 und 20 Jahren, vier waren direkt zur USPD gekommen und zwei nach 1920 beigetreten. 1923 zählten sich von diesem Polbüro sechs zu den Linken, sieben zur Mittelgruppe und zwei enthielten sich als Apparatfunktionäre einer Stellungnahme. Während der Stalinisierung gehörte keiner dieser Parteiführer einer Oppositionsgruppe an, allerdings schlossen sich fünf später der Merker-Neumann-Gruppe an. Unter Hitler wurde ein Parteiführer dieses Polbüros von 1929 ermordet, den Stalinschen Säuberungen fielen vier zum Opfer, sechs weitere sind inzwischen gestorben und vier leben noch. Nach dem 2. Weltkrieg hatten sich fünf (Dahlem, Merker, Overlach, Pieck, Ulbricht) der SED angeschlossen, zwei waren nicht organisiert und acht bereits tot. Der Unterschied der Zusammensetzung der Polbüros von 1924 und 1929 macht deutlich, daß die Stalinisierung gerade in der obersten Parteispitze erhebliche Veränderungen mit sich brachte. Die »Auslese« der Stalinisierung war vollzogen. 42 Das Führungskorps Mitglieder und Kandidaten des Polbüro der KPD 1924-1929* Konrad Blenkle Franz Dahlem Philipp Dengel Hugo Eberlein Gerhart Eisler Arthur Ewert Ruth Fischer Leo Flieg Wilhelm Florin Ottomar Geschke Fritz Heckert Wilhelm Hein Wilhelm Kasper Iwan Katz Arkadi] Maslow Paul Merker Ernst Meyer Heinz Neumann Helene Overlach Wilhelm Pieck Hermann Remmele Arthur Rosenberg Paul Schlecht Ernst Schneller 'Werner Scholem Max Schütz Fritz Schulte Wilhelm Schwan Heinrich Süßkind Ernst Thälmann Walter Ulbricht Jean Winterich XI. Parteitag 2. Reichs- XU. Parteitag konferenz IX. Parteitag X. Parteitag i. Reichs- konferenz * Die Namen der Mitglieder des Politsekretariats sind kursiv gesetzt. Die Zeit der Mitgliedschaft im Polbüro ist durch einen geschlossenen Kasten, die Kanditatenschaft durch einen offenen Kasten gekennzeichnet. Der IX. Parteitag fand im April 1924 statt, der X. Parteitag im Juli 1925, die 1. Reichskonferenz am 30. Oktober/i. November 1925, der XI. Parteitag im März 1927, die 2. Reichskonferenz im November 1928 und der XII. Parteitag im Juni 1929. Führungskorps 1924      43 DAS FÜHRUNGSKOPRS 1924 Von den ca. 280 Funktionären, die Mitte 1924 die angegebenen wichtigen Positionen der KPD besetzt hatten, konnten für die Auswertung 252 ermittelt werden. Dabei ergibt sich folgendes Bild: Das Alter der 252 Funktionäre: Bis 25 Jahre 25-3° Jahre 31-35 Jahre 36-40 Jahre 41-45 Jahre 46-50 Jahre über 50 Jahre nicht zu ermitteln (nach 1898 geboren) (1894-1898 geboren) (1889-1893 geboren) (1884-1888 geboren) (1879-1883 geboren) (1874-1878 geboren) (vor 1874 geboren) 12 ( 4°/o) 59 58 72 29 (24%) (23 o/o) (29 »/o) (12 °/o) ( 5 ’M ( 3 ’M Gegenüber dem Gesamt-Führungskorps waren die Altersgruppen bis 25 Jahre und 31 bis 35 Jahre unterrepräsentiert, die Gruppen 25 bis 30 und 36 bis 40 Jahre überrepräsentiert. Die soziale Zusammensetzung: gelernte Arbeiter ungelernte Arbeiter Angestellte Handwerker Bauern und Landarbeiter Akademiker Volksschullehrer Redakteure, »Berufsrevolutionäre« Techniker sonstige, Hausfrauen 124 (49,0 °/o) 27 (ii,o°/o) 26 (10,0 °/o) 14 ( 5>5 ’M 5 ( 2,0 °/o) 25 ( 9,5 o/o) 9 ( 4,o »/.) II ( 4,0 °/o) 3 ( i>5 ’M 8 ( 3,$ o/o) Gelernte Metallarbeiter waren 69 (27%), die Schlosser stellten mit 35 Personen die stärkste Berufsgruppe. Die soziale Herkunft ließ sich bei 120 Funktionären ermitteln: 49 kamen aus Arbeiterfami- lien, 19 hatten Angestellte zum Vater, 15 entstammten Bauern- und 11 Handwerkerfami- lien, 6 kamen aus intellektuellen, 13 aus sonstigen bürgerlichen und 7 aus besitzenden Kreisen. In der sozialistischen Bewegung organisiert waren: vor 1900 20 ( 8 °/o) 1901-1905 23 ( 9’M 1906-1916 in (44’/») 1917-1920 (USPD) 54 (21 °/o) 1918-1920 (KPD) 37 (15 ’M nach 1920 KPD 7 ( 3 ’M Im Führungskorps 1924 waren hauptamtlich seit: i Jahr und weniger 102 (40%) 8 44 Das Führungskorps 2 bis 5 Jahre 5 bis 10 Jahre über 10 Jahre 127 (51%) 11(4 ’/») 12 ( 5 ®/o) Gemessen am Gesamt-Führungskorps waren 1924 die Funktionäre überrepräsentiert, die vor dem Weltkrieg zur Arbeiterbewegung kamen, erheblich unterrepräsentiert waren dagegen diejenigen, die erst nach 1920 zur KPD stießen. Zwischen 1917 und 1920 waren organisiert: in der USP in der KPD davon im Spartakusbund und Linksradikale nach 1920 157 (62%) 83 (33 %) 41 9 12 ( 5 0/0) Aus der KPD ausgeschlossen wurden wegen: linker Abweichungen rechter Abweichungen sonstiger Abweichungen nicht politischen Gründen unbekannt 61 (24%) 39       ®/®) 2 3 4 Vom Funktionärkorps 1924 wurden also 105 Personen (42 °/o )aus der KPD ausgeschlossen. Oppositionsgruppen gehörten an: Linke Ultralinke Rechte Versöhnler Neumann-, Merker-, u. a. Gruppe 59 (23,5 «/o) 27 (10,5 °/o) 40 (16,0 %) 10 (4,0 °/o) ii ( 4,5 %) Vom Funktionärskorps 1924 gehörten 147 Personen (59%) einer Oppositionsgruppe an. Das spätere Schicksal der Funktionäre: Als Opfer des Faschismus hingerichtet, in Gefängnissen gestorben, ermordet oder in Spa- nien gefallen sind 31 Menschen (i2°/o), als Opfer Stalins und des Stalinismus kamen 22 Personen (9 °/o) ums Leben, als Opfer des Krieges einer. Eines natürlichen Todes starben bis 1969: 129, am Leben sind noch 43 Personen,55 das Schicksal von 26 Funktionären ist un- bekannt. Von den 252 Parteiführern des Jahres 1924 waren nach 1945 organisiert: SED KPD (Bundesrep.) nicht organisiert SPD sonst, linke Gruppen 53 (davon später 7 ausgeschlossen) 23 (davon später 9 ausgeschlossen) 47 20 6 55 Von den 43 Personen gehören 20 der SED, 12 der SPD, 8 sind nicht mehr organisiert, drei waren bis zum Verbot der Partei Mitglied der KPD. Führungskorps 1927      45 andere Parteien                             2 verstorben                                  83 nicht zu ermitteln                        25 Ein Vergleich des Funktionärkorps von 1924 mit dem Gesamt-Führungskorps ergibt keine großen Unterschiede. Alter und soziale Zusammensetzung sind ähnlich (die Zahl der un- gelernten Arbeiter ist 1924 geringer, die der Akademiker größer). 1924 waren erheblich mehr Positionen von Funktionären besetzt, die aus der USPD kamen (62% gegen 49%). Hier zeigt sich: ein Großteil des Führungskorps von 1924 rekrutierte sich aus den linken Kreisen, die 1920 mit der USPD zur KPD stießen. Die Zahl der Ausgeschlossenen vom Führungskorps 1924 lag über dem Durchschnitt (40% gegen 31%). Es wurden vor allem mehr »linke Abweichler« ausgeschlossen (24% gegen 13 °/o im Durchschnitt), das ist darin begründet, daß 1924 die linke Gruppe die Parteifüh- rung innehatte. Entsprechend war 1925/26 die linke und ultralinke Opposition in diesem Kreis auch erheblich überrepräsentiert (23,5% linke Opposition gegen 13% im Gesamt- führungskorps, 10,5 °/o Ultralinke gegen 7%). Diese Linken und Ultralinken wurden durch die Stalinisierung als erste ausgeschaltet. 1924 war auch die rechte Opposition überrepräsen- tiert (16 °/o gegen 13% im Durchschnitt), denn eine größere Anzahl damaliger Landtags- abgeordneter gehörte später zur rechten Opposition; im Führungskorps von 1924 hatten die Rechten jedoch kein politisches Gewicht, die maßgebenden Stellen wurden von Linken und Ultralinken besetzt. Bemerkenswert ist noch: vom Führungskorps des Jahres 1924 schlossen sich nach dem 2. Weltkrieg prozentual weniger Funktionäre des SED an als vom Gesamtführungskorps der 504 Funktionäre (30 °/o gegen 4o °/o von den 1945 noch lebenden Personen). DAS FÜHRUNGSKORPS 1927 Von den ca. 280 Funktionären, die 1927 die KPD führten, konnten für die Auswertung 251 ermittelt werden. Dabei ergibt sich folgendes Bild: Das Alter der 251 Parteiführer: Bis 25 Jahre (nach 1900 geboren) 9 ( 3.0°/») 25-30 Jahre (1897-1901 geboren) 52 (21,0%) 30-35 Jahre (1892-1896 geboren) 72 (29,0 %) 36-40 Jahre (1887-1891 geboren) 61 (24,5 Vo) 41-45 Jahre (1882-1886 geboren) 36 (14,5 «/o) 46-50 Jahre (1877-1881 geboren) 12 ( 5,0 %) über 50 Jahre (vor 1876 geboren) 9 ( 3>° %) Gegenüber 1924 sind die 30- bis 35jährigen stärker, die 25- bis 30jährigen und die 36- bis 40jährigen schwächer vertreten, gegenüber dem Gesamt-Führungskorps gibt es kaum wesent- liche Verschiebungen. Die soziale Zusammensetzung: gelernte Arbeiter ungelernte Arbeiter Angestellte 135 (54,o °/o) 29 (12,0 °/o) 28 (11,0%) 46 Das Führungskorps Handwerker Bauern und Landarbeiter Akademiker Volksschullehrer Redakteure, »Berufsrevolutionäre« Techniker sonstige, Hausfrauen ( 4,5 °/o) ( 1,0 °/o) ( 8,0%) ( 4,5 °/o) ( 5,o %) 3 19 2 Gelernte Metallarbeiter gab es insgesamt 77, wiederum war Schlosser (32) der am häufigsten angegebene Beruf. Gegenüber 1924 war der Anteil der gelernten Arbeiter erheblich, der der Angestellten und Hilfsarbeiter etwas größer, die Zahl der Akademiker war leicht zu- rückgegangen. Grundsätzlich aber hatte sich das Bild der sozialen Zusammensetzung kaum verändert. Gegenüber dem Gesamt-Führungskorps waren die gelernten Arbeiter überreprä- sentiert (54 °/o gegenüber 49,$ °/o). Die soziale Herkunft wurde bei 124 Personen ermittelt, davon kamen $7 (45^/0) aus Ar- beiterhaushalten, 14 entstammten Angestelltenfamilien, 16 Bauern-, 12 Handwerker- und neun Intellektuellenfamilien, während 16 aus vermögenden Kreisen stammten. In der sozialistischen Bewegung organisiert waren: vor 1900 1901-190$ 1906-1916 1917-1920 (USPD) 1918-1920 (KPD) nach 1920 KPD 12 ( 5 ®/o) 21 ( 8 ®/o) 108 (43 °/o) 48 (19 Vo) 47 (19%) 15 ( 6%) Gegenüber 1924 erhöhte sich die Zahl derjenigen, die nach dem Krieg direkt zur KPD stie- ßen und nicht über die USPD in die Partei gekommen waren, etwas zurückgegangen war der Anteil der vor dem Weltkrieg in der SPD organisierten Parteiführer. Im Führungskorps 1927 waren hauptamtlich seit: i Jahr und weniger                                               29 (11,5 °/o) 2 bis $ Jahre                                                        104 (41,$ °/o) 5 bis 10 Jahre                                                      96 (38,0%) über 10 Jahre                                                      22 ( 9,0%) Beim Vergleich mit dem Führungskorps von 1924 wird deutlich, daß 1927 die in der haupt- amtlichen Tätigkeit erfahreneren Genossen wieder stärker herangezogen worden waren. Zwischen 1917 und 1920 waren organisiert: in der USPD                                                        117 (47 c/o) in der KPD (Spartakusbund)                              105 (42 °/o) Während im Führungskorps 1924 doppelt soviel Personen aus der USPD gekommen waren wie aus der KPD, war die politische Herkunft beim Führungskorps von 1927 fast ausge- glichen. Da 1924 ein »linkes« und 1927 ein »rechtes« Führungskorps bestand, bestätigen auch diese Zahlen, daß die nach links neigenden Parteiführer meist aus der USPD, die nach rechts tendierenden aus der KPD (Spartakusbund) kamen. Auch gegenüber dem Gesamt-Füh- Das Führungskorps 1927       47 rungskorps sind 1927 die aus der KPD kommenden Funktionäre weit überrepräsentiert (43 %). Das Funktionärkorps 1927 war erheblich stärker in der Tradition des »Luxem- burgismus« verwurzelt. Das schlägt sich auch in der Oppositionshaltung nieder. Es gehörten zu den Linken Ultralinken Rechten Versöhnlern Neumann-Merker- u. a. Gruppen 12(5 %)) 11(4 °/o) 46 (18 °/o) 29 (12 °/o) 15 ( 6°/o) 45 °/o dieses Funktionärkorps, nämlich 113 Personen, gehörten also einer Oppositionsgruppe an, doch es waren vorwiegend Anhänger von »rechten Abweichungen«. Aus der KPD ausgeschlossen wurden wegen: linker Abweichungen                    4 rechter Abweichungen                51 sonstiger Abweichungen               4 nicht politischer Gründe                1 60 Funktionäre (24 °/o) des Funktionärkorps von 1927 wurden ausgeschlossen. Wenn das auch weniger waren als 1924, so wird hier doch die zweite Säuberung im Rahmen der Stali- nisierung (gegen die Rechten 1928/29) deutlich. Das spätere Schicksal der Funktionäre: als Opfer des Faschismus kamen ums Leben                    4o als Opfer des Stalinismus starben                                    26 an den Kriegsfolgen starben                                              2 bis 1969 verstorben                                                       115 noch am Leben58                                                             54 unbekannt                                                                       14 16% verloren unter Hitler und io°/o unter Stalin ihr Leben, das Führungskorps von 1927 wurde also besonders stark dezimiert. Von den 251 Funktionären des Jahres 1927 waren nach 1945 organisiert: SED KPD (Bundesrepubl.) nicht organisiert SPD sonst, linke Gruppen andere Parteien verstorben unbekannt 72 (davon später 9 ausgeschlossen) 23 (davon später 5 ausgeschlossen) 32 U 5 90 18 Vergleicht man das Führungskorps von 1927 mit dem Gesamtkorps oder dem Kader von 1924, so ergeben sich außer den angeführten Veränderungen kaum Unterschiede. Allerdings 56 * 56 Von den 54 Personen gehören 27 der SED, sieben der SPD an, 12 sind nicht mehr politisch organisiert, acht waren bis zum Parteiverbot 1956 in der KPD. 48 Das Führungskorps waren diese Funktionäre im Durchschnitt schon länger in der sozialistischen Bewegung orga- nisiert. Ebenso waren 1927 die meisten Oppositionellen in der Gruppe der Rechten und Versöhnler zu finden, die 1928/29 ausgeschlossen oder gemaßregelt wurden. Schließlich kamen mehr Funktionäre aus der KPD (Spartakusbund). Nach dem 2. Weltkrieg schlossen sich aus diesem Führungskorps (von den noch lebenden) mehr Funktionäre der KPD-SED an, als im Durchschnitt des gesamten Führungskorps. DAS FÜHRUNGSKORPS 1929 Von den etwa 300 Funktionären, die 1929 die Kommunistische Partei Deutschlands leiteten, konnten für die Auswertung 275 ermittelt werden. Dabei ergibt sich folgendes Bild: Das Alter der 275 Funktionäre: Bis 25 Jahre (nach 1903 geboren) 10 ( 4®/o) 25-30 Jahre (1899-1903 geboren) 41 (14 %) 31-35 Jahre (1894-1898 geboren) 81 (30 ®/o) 36-40 Jahre (1889-1893 geboren) 68 (25 ®/o) 41-45 Jahre (1884-1888 geboren) 47 (17%) 46-50 Jahre (1879-1883 geboren) 15 ( 5 ®/o) über 50 Jahre (bis 1878 geboren) 13 ( 5®/o) Gegenüber 1927 war der Anteil der 25- bis 30jährigen merkbar zurückgegangen, gemessen am Gesamt-Führungskorps waren die jungen Jahrgänge etwas unterrepräsentiert. Die soziale Zusammensetzung: gelernte Arbeiter 137 (50’/») ungelernte Arbeiter 43 (16’/o) Angestellte 31 (11 ®/o) Handwerker 12 ( 4 ®/o) Bauern, Landarbeiter 7 ( 3 fl/®) Akademiker ii ( 4®/o) »Berufsrevolutionäre« 16 ( 5 °/o) Volksschullehrer ii ( 4°/») Techniker 4( 2«/o) Hausfrauen, sonst., unbekannt 3 ( i ®/o) Auch 1929 waren die Schlosser (40 Personen) die stärkste Berufssparte (Metallarbeiter ins- gesamt 87). Die Zahl der ungelernten Arbeiter stieg weiter an und lag auch 1929 über dem Durchschnitt, dagegen ging die Zahl der Akademiker zurück. Die soziale Herkunft war fast unverändert, sie ließ sich bei 126 Personen ermitteln. Davon kamen 65 aus Arbeiterkreisen 12 aus Angestellten-, 16 aus Bauern- und 13 aus Handwerkerfamilien. 7 hatten einen Intel- lektuellen zum Vater und 9 kamen aus besitzenden Kreisen. In der sozialistischen Bewegung organisiert waren: vor 1900                                                            13    ( 4 %) 1901-1905                                                          16   ( 6°/o) 1906-1916                                                          87   (32 °/o) Führungskorps 1929      49 1917-1920 USP 1918-1920 KPD nach 1920 KPD unbekannt 49 (18 %) 48 (18%) 57 (20%) 5 ( 2°/o) Beträchtlich erhöht hatte sich also die Zahl derjenigen Funktionäre, die erst nach 1920 zur KPD gestoßen waren (20% gegenüber 6% im Jahre 1927 und 12% im Durchschnitt der Jahre 1924-1929). Im Funktionärkorps 1929 waren hauptamtlich seit: i Jahr und weniger 5S (20°/o) 2 bis 5 Jahre 91 (3 J •/.) 5 bis 10 Jahre HO (40%) über 10 Jahre 17 ( 6 Vo) unbekannt 2 ( i %) Immerhin wurden also 55 Personen neu ins Führungskorps aufgenommen, die Zahl der über 10 Jahre hauptamtlich tätigen Funktionäre ging zurück. Zwischen 1918 und 1920 waren organisiert: USPD                                                                127    (46%) KPD                                                                     81(29%) KPD nach 1920                                                    65   (23 %) unbekannt                                                              2 Die Funktionäre, die 1918-1920 der KPD (Spartakusbund) angehörten, waren gegenüber 1927 erheblich vermindert und auch gegenüber dem Gesamt-Führungskorps unterrepräsen- tiert (29 % gegen 33 %). Vor allem betrug der Anteil der »Neu-Kommunisten« (nach 1920 eingetreten) 1929 fast ein Viertel des Führungskorps. Oppositionsgruppen gehörten an (oder hatten angehört): Linke 5 Ultralinke IO Rechte 3 Versöhnler 22 Merker-Gruppe und   Neumann-Gruppe 18 sonstige Gruppen 6 Aus der KPD ausgeschlossen wurden wegen: linker Abweichungen                          - rechter Abweichung                      3 sonstiger Abweichung                   6 nichtpolitischer Gründe                 2 Von diesem Führungskorps des Jahres 1929 wurden nur noch 4 % ausgeschlossen, bzw. tra- ten aus der Partei aus - die Stalinisierung war abgeschlossen. Was die Opposition angeht (25 %), so muß berücksichtigt werden, daß alle Linken, Ultralinken bereits kapituliert hat- ten. Einige Rechte wurden Anfang 1930 ausgeschlossen und die Versöhnler (meist Abge- jo Das Führungskorps ordnete im Reichtstag und den Landtagen) waren gemaßregelt und hatten ihre anderen Funktionen bereits verloren. Gegenüber 1924 und 1927 existierte also schon keine eigent- liche Opposition mehr, sieht man von der späteren Merker-Gruppe (1930) und Neumann- Gruppe (1932) ab. Das spätere Schicksal der Funktionäre: als Opfer Hitlers und des Faschismus umgekommen 61 (22%) als Opfer des Stalinismus umgekommen 34 (l2°/o) als Opfer des Krieges umgekommen 6 ( 2 »/o) bis 1969 verstorben 91 (33°/o) noch am Leben 57 67 (2$’/o) nicht zu ermitteln 16 ( 6%) 34 °/o des Führungskorps von 1929 kamen gewaltsam ums Leben, davon 22% unter Hitler und 12 °/o unter Stalin, der Aderlaß war hier am größten. Von den überlebenden Parteiführern des Jahres 1929 waren nach 1945 organisiert: SED KPD (Bundesrepublik) nicht organisiert SPD andere Parteien verstorben unbekannt 92 (davon später 8 ausgeschlossen) 29 (davon später 4 ausgeschlossen bzw. ausgetreten) 16 '9 2 (davon einer in der Deutschen Partei) in *7 Die Zahl derjenigen, die der SED oder KPD weit höher als 1924 oder 1927. Das ist wohl sierung 1929 fortgeschritten war. Die meisten das auch nach 1945. beitraten, ist beim Funktionärkorps von 1929 kein Zufall, es zeigt an, wie weit die Stalini- Anhänger der Stalin-Politik von 1929 blieben DIE FLUKTUATION IM FÜHRUNGSKORPS Die durch die Stalinisierung hervorgerufenen Veränderungen des Führungskorps zeigen schon die einfachen Zahlen (der ermittelten Personen): 1924 waren 252, 1927 waren 251 und 1929 waren 275 Funktionäre in den entscheidenden Positionen der Kommunistischen Partei Deutschlands. Es blieben jedoch nicht immer die gleichen Personen. Insgesamt waren es 479 Personen, die in den Jahren von 1924 bis 1929 an der Spitze der KPD standen.58 Aber nur 88 Personen waren im gesamten Zeitraum der Stalinisierung (d. h. an allen drei »Stichdaten«: 1924, 1927 und 1929) ständig im Führungskorps. Dagegen waren 268 Per- sonen jeweils an einem Stichdatum (1924 oder 1927 oder 1929) im Führungskorps vertreten. Weitere 123 Personen übten in zwei Zeiträumen eine Spitzenfunktion aus.59 Diese Zahlen belegen, in welchem Maße die Leitungen ausgewechselt wurden. Dabei sind vor allem die 57 Von den 67 Personen gehören 45 der SED, sechs der SPD und einer einer anderen Partei an, fünf sind nicht mehr politisch organisiert, 10 gehörten bis zum Parteiverbot der KPD an. 58 Die restlichen 25 Parteiführer waren nur zwischen den »Stichtagen« in entsprechenden Funk- tionen, sie wurden nur in der Gesamtauswertung der 504 Funktionäre erfaßt. 59 Vgl. Anm. 58. Die Fluktuation 51 Veränderungen des Führungskorps zwischen 1924 und 1929 bemerkenswert: 1924 besetzten 252 Funktionäre die entscheidenden KPD-Positionen, von ihnen gehörten 1929 nur noch 96 Parteiführer dem (275-köpfigen) Führungskorps an, 156, also mehr als 6o°/o, waren ausgeschieden. Allein 105 der Parteiführer von 1924 waren 1929 nicht mehr in der Partei, sie waren ausgeschlossen worden oder ausgetreten. Weiter 44 Funktionäre hatten ihre ein- flußreichen Funktionen eingebüßt, und sieben waren verstorben. Die meisten Mitglieder des Führungskorps verloren ihre Positionen in den Jahren 1924 bis 1929. Der Verschleiß an führenden Kadern ist ein charakteristisches Phänomen der Stalinisierung der KPD. Die V eränderungen im Führungskorps 1924-1929 Die starke Fluktuation zeigt, welche Zäsur die Stalinisierung gerade für das Führungskorps war. Zwischen 1924 und 1929 ergaben sich dadurch folgende Strukturänderungen in der Führung: Das Durchschnittsalter der Parteiführer stieg von 35 V2 Jahren (1924) auf 37 Jahre (1929) leicht an. Die Zahl der gelernten Arbeiter im Führungskorps blieb fast konstant, sie stieg von 49% (1924) auf 50% (1929) geringfügig an. Der Prozentsatz der ungelernten Arbei- ter war 1929 wesentlich höher: statt 11 °/o (1924) betrug er am Ende der Stalinisierungs- phase 16%. Umgekehrt sank der Anteil der Akademiker von 9,5% (1924) auf 4% (1929). Am deutlichsten ist die Ausschaltung der Akademiker in der obersten Parteispitze, dem Polbüro, zu erkennen: 1924 noch mit einem Drittel, waren sie 1929 im Polbüro über- haupt nicht mehr vertreten. Die Zahl der »Berufsrevolutionäre« (d. h. der Personen, die ohne einen Abschluß Oberschulen besucht oder kurz studiert hatten und dann in den Par- teiapparat eintraten) stieg von 4% (1924) auf 5% (1929). Alle übrigen Berufsgruppen (Handwerker, Angestellte, Bauern, Volksschullehrer usw.) blieben im ganzen Zeitraum konstant vertreten. Auch wenn also insgesamt keine entscheidenden Veränderungen der sozialen Zusammen- setzung zu verzeichnen sind, so ist doch dieser Trend zur Abwanderung der Intellektuellen und das Ansteigen der ungelernten Arbeiter und »Berufsrevolutionäre« nicht zufällig. Die Zahl der Funktionäre, die bereits vor dem Ersten Weltkrieg in der sozialistischen Be- wegung organisiert waren, fiel von 61 °/o im Jahre 1924 auf 42 °/o im Jahre 1929, während der Anteil der Funktionäre, die erst nach 1920 direkt zur KPD gestoßen waren von 3 °/o auf 20 °/o anstieg. Das »sozialdemokratische Erbe« konnte also »eingedämmt« werden. Die KPD-Führung von 1924 hatte durch ihre Politik der »Bolschewisierung« bereits diesen Weg beschritten, denn auch sie wollte mit dem »Kampf gegen den Sozialdemokratismus« die sozialistische Tradition ausschalten, vor allem aber im Funktionärkorps neue »bolsche- wistische Führer« heranziehen. August Thalheimer, einer der alten Spartakusführer, hatte vor dieser Politik schon 1924 gewarnt und sie die »Theorie der unbeschriebenen Blätter« genannt: »Die Theorie der unbeschriebenen Blätter enthält folgende Hauptgedanken: Im Westen gibt es noch nirgends reife kommunistische Parteien, die von einem festen und reifen Führerkern geleitet werden. Die bisherige Führergarnitur, die zwar die Kommunistische Partei aufge- baut hat und die Arbeiter in der Kommunistischen Partei sammelte, sei noch stark mit so- zialdemokratischen Traditionen behaftet und nicht geeignet zur bolschewistischen Leitung der Partei. Darum sei es eine unbedingte Notwendigkeit, die Führung der Partei den jünge- ren Elementen, den unbeschriebenen Blättern zu übergeben. Weiße Blätter, noch unbeschrie- ben von sozialdemokratischen Texten, sollen mit kommunistisch-bolschewistischem Text beschrieben werden! Das aber hat selbstverständlich zur Konsequenz, daß die Leitungen der westeuropäischen Parteien mehr als bisher von Moskau beeinflußt werden, daß noch mehr 5 2 Das Führungskorps als bisher öder Schematismus zum Leitstern kommunistischer Politik und Taktik wird. Im wesentlichen sind darin die Grundgedanken der Theorie der unbeschriebenen Blätter ent- halten.«80 Diese »Theorie der unbeschriebenen Blätter« ist in der Periode der Stalinisierung zu einem Teil verwirklicht worden. Doch im Funktionärkorps überwogen nicht nur die Funktionäre ohne sozialistische Tradi- tion, inzwischen hatte sich der Apparat festigen können. Die meisten Funktionäre waren stärker mit dem Apparat verwachsen, da sie ihm inzwischen länger angehörten als die Füh- rer aus früheren Jahren. 1924 waren 40% der Funktionäre unter einem Jahr und 51 °/o von 2 bis 5 Jahren haupt- amtlich tätig, 1929 gehörten 20% dem Apparat weniger als ein Jahr und 33 °/o von 2 bis 5 Jahren an, während 40% (1924 = 4%!) zwischen 5 und 10 Jahren hauptamtlich arbei- teten. Kamen infolge der völligen Umstellung des Apparats durch die Linken 1924 neue Kräfte in den Apparat, so waren die Parteiführer von 1929 weit fester mit dem Apparat verwachsen, allerdings nicht (wie etwa das Führungskorps von 1927) mit dem alten sozial- demokratischen Apparat vertraut, sondern allein mit dem jungen kommunistischen. 1924 kamen 62% des Führungskorps aus der USPD und nur 33% aus der KPD. 1929 waren es noch 46 % die aus der USPD, und 29 °/o die aus der KPD kamen. Vom Führungs- korps des Jahres 1929 hatten überdies 23 °/o zwischen 1918 und 1920 weder der USPD noch der KPD angehört (1924 = 5 °/o). Die Absicht der linken Führung von 1924, die Tradition des »Luxemburgismus« zu brechen, war weiter verfolgt und verstärkt worden. Waren vom Funktionärkorps 1924 59% später in einer oppositionellen Fraktion, so be- kannten sich nur 25 °/o der Parteiführer von 1929 zu einer Oppositionsgruppe bzw. waren oppositionell tätig gewesen und hatten vor 1929 kapituliert. Vom Führungskorps 1924 wur- den 42% aus der KPD ausgeschlossen, vom Führungskorps 1929 nur noch 4%. Bei den Funktionären, deren späterer Lebenslauf bekannt ist, ergibt sich: 12% der Führung von 1924 wurden Opfer des Nationalsozialismus, 9 °/o des Stalinismus. Beim Führungskorps von 1929 war der Aderlaß größer: 22% dieser Funktionäre fielen dem Nationalsozialismus und 12% dem Stalinismus zum Opfern Während sich nach 1945 die Hälfte der Überleben- den des Führungskorps von 1924 der KPD-SED anschlossen, taten den gleichen Schritt 8o°/o der Führer von 1929.60 61 Die Fluktuation des Führungskorps, die Auswechselung der Kader war im Sinne des Stali- nismus durchaus folgerichtig, auch wenn sie die erstrebten Ziele nicht völlig erreichte. Die starke Fluktuation war aber nicht nur in der Spitzenführung, sondern im Funktionärkorps 60 Zitiert in: Ernst Böse, Wahnsinn oder Verbrechen? Am Grabe des Kommunismus. Bernburg o.J. (1925), S. ii f. 61 In den letzten 40 Jahren hat sich die Zusammensetzung des Führungskorps der deutschen kommu- nistischen Bewegung natürlich noch stärker verändert. Vergleicht man die KPD-Führung 1924/1929 mit der SED-Führung 1968 (ZK-Mitglieder der SED, Regierung und Staatsrat der DDR), so er- geben sich bemerkenswerte Unterschiede. Das Durchschnittsalter der Führung ist von 35 Jahren (1924) auf 53 Jahre angestiegen. Frühere Arbeiter und Handwerker stellten 1924-1929 über zwei Drittel des Führungskorps, bei der heutigen DDR-Führung umfaßt diese Gruppe nur noch 50%, dagegen stiegen die Angestellten von io°/o auf 2o°/o und die intellektuellen Berufe von 15% auf 30% Vor allem aber hat sich die Dauer der Tätigkeit im Apparat verlängert: Während die Mitglieder des KPD-Führungskorps 1924-1929 zu 95% weniger als 10 Jahre im hauptamtlichen Apparat tätig waren, sind in der SED-Führung nur 10% weniger als 10 Jahre Apparatfunktionäre, aber 6o°/o sind zwischen 10 und 20 Jahren, 20% zwischen 20 und 40 Jahren und io°/o sogar über 40 Jahre hauptamtlich im Parteiapparat tätig. Die Tendenz der Stalinisierung nach 1929 hat sich verstärkt fortgesetzt. Die Fluktuation 53 auf allen Ebenen sowie in der Mitgliedschaft festzustellen. So ergibt sich bei den KPD-Kan- didaten für die Wahlen zum Reichstag und zum preußischen Landtag von 1924 und 1930 folgendes Bild: Die KPD stellte für die Reichstagswahlen im Mai und Dezember 1924 und die preußische Landtagswahl im Dezember 1924 insgesamt 989 Personen als Kandidaten auf.61 62 Bei den Wahlen zum Reichstag und zum preußischen Landtag im Mai 1928 nomi- nierte die KPD 816 Personen, doch darunter waren nur noch 218 Kandidaten aus dem Jahre 1924, drei Viertel der alten Kandidaten wurden nicht mehr aufgestellt.63 Ein noch drasti- scheres Ergebnis zeigt ein Vergleich zwischen den Reichstagswahlen vom Mai 1924 und Sep- tember 1930: Nur 42 Personen (nicht einmal io°/o!) von den 484 Kandidaten des Jahres 1924 befanden sich noch unter den 605 Kandidaten des Jahres 1930.64 Bei den gewählten Abgeordneten ist das Verhältnis zwar etwas besser, von den 62 Abge- ordneten des Jahres 1924 gehörten auch 15 wieder der (77 Personen umfassenden) KPD- Fraktion des Reichstags von 1930 an, damit hatte aber auch nur ein Viertel das Mandat behalten.65 Die KPD versuchte, die Instabilität des Führungskorps zu überdecken, indem sie vor allem ihren Führer Thälmann herausstellte. Der Kult um Thälmann, der seit 1925 als Personifika- tion der Parteiführung erschien, war unter diesem Aspekt ein Integrationsfaktor. Dabei hatte 1924/25 durchaus die Möglichkeit bestanden, auch einen anderen ehemaligen Arbeiter aus den Reihen der Linken zum Symbol der Parteiführung aufzubauen, etwa Paul Schlecht oder Ottomar Geschke aus Berlin, Wilhelm Florin, Max Schütz oder Wilhelm Schwan aus dem Ruhrgebiet. An Format übertraf Thälmann diese Parteiführer kaum. Thälmanns Auf- stieg wurde nicht nur durch seine Ergebenheit gegenüber der Sowjetunion begünstigt, son- dern noch mehr durch die Tatsache, daß er 1925 als Präsidentschaftskandidat und als Vorsit- zender des RFB populär war. Trotzki sah 1929 im Aufstieg Thälmanns eine Folgerichtig- keit, die aber mehr dessen Typ als die Person Thälmanns traf: Brandler bereitete Maslow vor, wie Maslow Thälmann vorbereitet hat, »der alle Fehler Brandlers und Maslows ver- einigte und seine eigenen hinzufügte, die aus bürokratischer Dummheit und prahlerischer Unwissenheit hervorgingen.«66 Inmitten der Fluktuation des Führungskorps war Thälmann von 1924 bis 1933 der ruhende Pol, der Kontinuität ausstrahlte. Thälmann schien dafür als Renommierproletarier und Stalins treuer Anhänger nicht nur am besten geeignet, er war von diesem Platz auch nicht mehr zu verdrängen. Die Führungskrisen und der Verschleiß der Funktionäre wurden offiziell mit der Überwin- dung des Sozialdemokratismus im Führungskorps gerechtfertigt. Die Komintern wollte sich endlich auf die neue, »im Bürgerkrieg herangewachsene Generation« verlassen können. Bei den alten Funktionären mußten immer wieder »sozialdemokratische Rückfälle« und oppor- tunistische Fehler befürchtet und festgestellt werden. Diese Gefahr sah die Komintern vor 61 Alle Personen, die mehrfach als Kandidaten aufgestellt wurden, sind hierbei nur einmal erfaßt. Statistik des Deutschen Reiches, Bd. 315 I. Die Wahlen zum Reichstag am 4. Mai 1924. Berlin 1925, S. 23 ff. - Bd. 315 III. Die Wahlen zum Reichstag am 7. Dezember 1924. Berlin 1925, S. 22 ff. - Preußische Statistik, Bd. 278. Die Wahlen zum preußischen Landtag vom 7. 12. 1924, Berlin 1925, S. 15 ff. 63 Statistik des Deutschen Reiches. Bd. 372, Die Wahlen zum Reichstag am 20. Mai 1928. Berlin 1930, S. 23 ff. - Preußische Statistik. Bd. 293. Die Wahlen zum preußischen Landtag am 20. Mai 1928. Berlin 1929, S. 19 ff. 64 Statistik des Deutschen Reiches, Bd. 315 I, a.a.O. (Anm. 62), S. 23 ff. - Statistik des Deutschen Reiches. Bd. 382 I, Die Wahlen zum Reichstag am 14. 9. 1930 (5. Wahlperiode). Berlin 1932, S. 26 ff. 65 Reichstags-Handbuch. II. Wahlperiode 1924. Berlin 1924, S. 535 f. - Reichstags-Handbuch. V. Wahlperiode 1930. Berlin 1930, S. 208 ff. 66 »Die Aktion«. Hrsg. Franz Pfemfert. Heft 5-8. Ende September 1929. 54 Das Führungskorps allem in Deutschland: »Die alte Generation der führenden Parteikaders in Deutschland ist aus dem linken Flügel der deutschen Sozialdemokratie hervorgegangen und gerade deshalb, weil sie bereits vor dem Kriege linke Sozialdemokraten waren, in der Opposition dem so- zialdemokratischen Zentrum gegenübergestanden haben, hat die Mehrzahl dieser Genossen nach dem Eintritt in die Kommunistische Partei es nicht für nötig gehalten, ihre alten An- schauungen radikal umzuwerfen, haben sie es nicht verstanden, daß sie nicht wirkliche Bolschewiki sind, daß ihnen noch viele sozialdemokratische Eigenheiten anhaften.«67 Während der Stalinisierung sollte dieser Führertyp aus der KPD ausgemerzt werden. Mit Ernst Thälmann, einem ungelernten Arbeiter als Repräsentanten der Partei, wollte man sich von der SPD abheben. Zwar kam auch Thälmann aus der Sozialdemokratie, er vertrat aber den emotionalen Radikalismus der USPD und nicht den politischen rationalen Radika- lismus des Spartakusbundes, in seiner Person wurde so auch die erwünschte Wandlung des Führungskorps demonstriert. Zusammenfassend ist über das Führungskorps der Kommunistischen Partei während der Stalinisierung zu sagen: Die große Mehrheit der führenden Funktionäre der KPD in den zwanziger Jahren setzte sich aus Arbeitern zusammen, zumeist aus qualifizierten Arbei- tern. Durch die Stalinisierung wurden die Intellektuellen zunehmend aus der Führung ver- drängt.68 Die ungelernten Arbeiter und jene Personen, die nach dem Besuch einer höheren Schule oder einigen Semestern Studium ohne Berufsabschluß direkt in den KPD-Apparat kamen (»Berufsrevolutionäre«), drangen stärker in die Parteileitung vor. Die geistige und nicht zuletzt die materielle Abhängigkeit dieser Personen von der Partei und besonders von der Komintern (und damit die Bereitschaft, die geforderte Politik durchzuführen) war ein wichtiger Faktor, der die Stalinisierung begünstigte. Das Führungskorps der KPD war erstaunlich jung. Kaum durch familiäre Bindungen ge- hemmt, unbelastet von zur Vorsicht mahnenden Erfahrungen und von Traditionen nicht zermürbt, waren die Funktionäre auch jung genug, um ebenso arbeitsam wie fanatisch die Partei mitzureißen. Für den Prozeß der Stalinisierung war es noch wesentlicher, daß die so- zialistische und spartakistische Tradition durch die Machtübernahme der jungen, sogenann- ten »unbeschriebenen Blätter« mehr und mehr verlorenging und der Bolschewismus alleiniges Vorbild der KPD wurde. Die Fluktuation in der Gesamtpartei machte das Funktionärkorps für die Existenz der KPD doppelt wichtig. Um die Partei zu stabilisieren und sie für ihre Aufgabenstellung intakt zu halten, mußte zunächst das Funktionärkorps umgewandelt werden. Die Auswechselung der Parteiführer war dazu der erste Schritt. Diese Stalinisierung des obersten Führungskorps war - wie die Zahlen über Ausschlüsse, Oppositionsgruppen usw. zeigen - 1929 im wesent- 67 »Die Kommunistische Internationale«. Jg. 1926, S. 238. 68 Bei dieser Gelegenheit muß auch einer anderen - vor allem wohl von der Goebbels-Propaganda verbreiteten - falschen Vorstellung widersprochen werden. Es handelt sich um die Rolle der Juden in der KPD-Führung. Zunächst ist festzuhalten, daß für die KPD als atheistische Partei die Religionszugehörigkeit keine Bedeutung hatte (alle 504 Führer waren - mit Ausnahme Heydemanns - aus der Kirche ausgetreten) und die »Rassenfrage« in einer sozialistischen Bewegung natürlich als Nonsens galt. In der Tat war aber der Anteil von »Juden« im Führungskorps relativ gering, stärker nur bei den 32 Polbüromitgliedern (25%). Insgesamt waren von 504 erfaßten Funk- tionären nur 34 Juden (fraglich ist es bei weiteren 21 Personen), d.h. daß weniger als io°/o der KPD-Führer Juden waren. Die Zahl sank von 20 im Führungskorps von 1924 auf 13 im Füh- rungskader des Jahres 1929 ab. Lediglich im Polbüro hatten sie mit vier von neun Polbüromit- gliedern im Jahre 1924 den höchsten Anteil erreicht. Daß der Kampf gegen die Intellektuellen nach 1924 teilweise (wenn auch verschleiert) antisemitische Züge trug, wurde an anderer Stelle ausgeführt. Die Fluktuation 55 liehen abgeschlossen. Erst im Anschluß daran konnte die KPD-Führung auch mit der Aus- wechselung des unteren Funktionärkorps beginnen. Das spätere Geschick der Mitglieder des Führungskorps reflektiert zugleich die Tragödie des deutschen Kommunismus: viele Funktionäre wurden ein Opfer des Nationalsozialismus, nicht wenige kamen aber auch als Opfer des Stalinismus ums Leben. VI. Biographien von 504 Funktionären des KPD-Führungskorps Die bedeutende Rolle der führenden Funktionäre bei der Stalinisierung der KPD läßt es angebracht erscheinen, die Lebensläufe jener Parteiführer, die letztlich die Geschicke der KPD 1924-1929 bestimmten, kurz zu skizzieren. Es braucht wohl nicht begründet zu wer- den, daß solche Arbeit auf mannigfache Schwierigkeiten stieß. Es war nicht einfach, nach vierzig Jahren biographische Angaben von mehreren hundert Funktionären zusammenzu- tragen. Doppelt schwer ist diese Aufgabe, nachdem die Parteiführer in der Zeit des Natio- nalsozialismus illegal untertauchen mußten, in der Zeit der Emigration zerstreut lebten und vielfach spurlos verschwanden. Selbstverständlich sollten Ausführlichkeit und Umfang einer jeden Biographie von Rang und Bedeutung des jeweiligen Funktionärs bestimmt werden, doch war das nicht immer möglich, auch die Materiallage war für den Umfang der Kurz- biographien ausschlaggebend. Hier ist erstmals der Versuch unternommen worden, von mehreren hundert führenden deutschen Kommunisten biographisches Material zu sammeln, das zugleich auch Grundlage der Auswertung des »Führungskorps« bildet. Der Modus für die Auswahl der Personen ist bereits beschrieben (vgl. Abschnitt 1, S. 6 ff). Für die Biographien mußten im allgemeinen eine Vielzahl von Quellen herangezogen, Umfra- gen angestellt und Auskünfte eingeholt werden. Um die Lesbarkeit nicht zu sehr zu stören, wurde darauf verzichtet, jede der Quellen direkt bei der Personendarstellung anzuführen. Alle Quellen sind zusammengefaßt im Anhang der Arbeit wiedergegeben. Hinweise für die Biographien fanden sich vor allem in den Unterlagen der Staatsarchive, in den Hand- büchern der Parlamente, bei der Auswertung der kommunistischen Presse und der Literatur mit biographischen Angaben. Außerdem wurden die entsprechenden Standesämter bzw. Einwohnermeldeämter, Gemeindeämter usw. in der Bundesrepublik und im Ausland be- fragt, die dankenswerter Weise zahlreiche Auskünfte und Hinweise gaben. Obwohl u. a. auch über 100 Standesämter usw. der DDR angeschrieben wurden, erhielt ich von dort nicht eine einzige Auskunft. Hier konnte nur auf biographische Bemerkungen wie bei Ehrungen, Nachrufen usw. der SED-Presse zurückgegriffen werden. Wichtige schriftliche und mündliche Hinweise bekam ich schließlich von einem Teil der noch lebenden ehemaligen Funktionäre selbst bzw. von ihren Angehörigen, außerdem von zahl- reichen Personen, die Funktionäre aus dem Führungskorps kannten und entsprechende Aus- künfte geben konnten. Auch nach Erscheinen dieser Biographien bin ich für weitere Hinweise und Auskünfte dankbar. Es versteht sich, daß die biographischen Angaben jeweils durch mehrere Quellen belegt sind, bei widersprüchlichen Angaben wurde versucht, diese zu klären, wo das nicht möglich war, ist es in der Biographie vermerkt. In Ausnahmefällen ist bei besonders prekären Aus- sagen auch die Quelle direkt benannt. Um die damaligen Funktionäre im Bild vorzustellen,1 i Die Fotos stammen aus Privatbesitz, aus den Bildarchiven Ullstein und Gerstenberg, den Reichs- tag-Handbüchern, dem HStA Düsseldorf und aus dem Archiv Weber. 5 8 Abel/Abusch wurden soweit möglich auch Bilder der Personen beschafft und wiedergegeben; im allgemei- nen stammen die Fotos aus den zwanziger und dreißiger Jahren. ABEL, Karl (geb. 1897) Geboren am 10. Februar 1897 in Obernkir- chen (Wesergebirge), gelernter Schuhmacher. 1916 bis 1919 Soldat. Danach Wander- schaft, seit 1921 Bergarbeiter. Abel trat 1914 der Gewerkschaft, 1916 der Sozialistischen Jugend und 1921 der KPD bei. Von 1924 bis 1932 KPD-Abgeordneter im preußischen Landtag. 1926 von der Preußag entlassen, wurde er hauptamtlicher Funktionär. Bei den Auseinandersetzungen mit der Katz- Gruppe wurde Abel, der immer die Partei- linie vertrat, 192; Gauleiter des RFB Nie- dersachsen. 1927 zunächst Leiter der Arbeiter- buchhandlung in Hannover, dann Sekretär für Gewerkschaftsfragen. Anfang 1929 Org- leiter in der KPD-Bezirksleitung Nieder- sachsen. Im gleichen Jahr schloß ihn die Gewerkschaft wegen der RGO-Politik aus dem Bergarbeiterverband aus. In den letzten Jahren der Weimarer Republik trat er in der KPD etwas in den Hintergrund. 1933/34 Festungshaft, anschließend ließ er sich als orthopädischer Schuhmacher nieder. Wegen seiner kommunistischen Vergangenheit und Verbindung zu Widerstandskreisen kam er 1938 ins KZ Sachsenhausen, wurde 1940 frei- gelassen und als Soldat eingezogen, jedoch 1944 nochmals inhaftiert und 1945 aus dem KZ Sachsenhausen befreit. Er schloß sich wieder der KPD an und zog als Abgeord- neter in den Landtag von Niedersachsen ein. Von November 1946 bis Mai 1947 war Abel Minister für Volksgesundheit und Staats- wohlfahrt in Niedersachsen, anschließend bis Februar 1948 Staatsminister ohne Geschäfts- bereich. Nach seinem Rücktritt wieder als Schuhmachermeister und Schuhhändler tätig, politisch kaum noch aktiv. Abel war 1969 in Obernkirchen wohnhaft; er betätigte sich politisch für die Vereinigung für Frieden und Sicherheit (VFS) und ist Vorsitzender der »Vereinigung der Verfolgten des Nazi- regimes« (VVN) in Niedersachsen. ABUSCH, Alexander (geb. 1902) (Pseud.: Ernst Reinhardt). Als Sohn des Kutschers und späteren Händlers Chaskel Abusch am 14. Februar 1902 in Krakau geboren. Volksschule und kaufmännische Fortbildungsschule in Nürnberg. Nach der kaufmännischen Lehre (1916-1919) kurze Zeit kaufmännischer Angestellter. 1918 Freie Sozialistische Jugend, 1919 KPD. Schon 1919 wurde Abusch Redakteur bei KP-Organen, zunächst der »Nordbayerischen Volkszeitung« in Nürnberg. Nach einem Hochverratsverfahren Flucht nach Thürin- gen und politische Arbeit unter dem Namen »Reinhardt«. Ab 1923 bei der »Neuen Zei- tung« in Jena tätig, dem wichtigsten KP- Organ in Thüringen. Abusch gehörte dem linken Parteiflügel an. Die Ruth-Fischer- Führung übergab ihm Mitte 1924 die Chef- redaktion der »Neuen Zeitung«. Zugleich war er 1924/25 (immer unter dem Namen »Reinhardt«) Mitglied der Bezirksleitung Thüringen. 1925 schloß sich Abusch der ultralinken Opposition (Scholem, Rosenberg, Neubauer usw.) an und war vor allem nach dem »Offenen Brief« der Komintern (September 1925) für die Opposition aktiv. Auf der Konferenz des Kommunistischen Jugendver- bandes Deutschlands am 15. Oktober 1925 trat er als Korreferent gegen das ZK-Mit- glied Dengel auf. Im März 1926 wurde er wegen seiner oppositionellen Haltung als Chefredakteur abgelöst und zum KPD- Pressedienst nach Berlin versetzt. Bis De- zember 1926 arbeitete er noch aktiv für die linke Opposition. Danach wandte sich Abusch/Aenderl 59 Abusch von der Opposition ab, wurde Re- dakteur der »Roten Fahne« in Berlin und schloß sich eng der Thälmann-Gruppe an. Im November 1928 löste er den Versöhnler Stephan als Chefredakteur des »Ruhr-Echo« in Essen ab und gelangte im Rahmen des ultralinken Kurses wieder in die Spitzen- führung. Im Juni 1930 wurde er politischer Redakteur der »Roten Fahne«, einige Mo- nate auch Chefredakteur. Abusch wurde als Neumann-Anhänger im Juni 1932 abgesetzt und im August 1932 erneut Chefredakteur des »Ruhr-Echo«. Im Mai 1933 forderte Abusch das ZK auf, seiner Emigration zustimmen und siedelte ins Saargebiet über. 1934/35 leitete er die »Arbeiterzeitung« in Saarbrücken, danach war er bis 1939 Chefredakteur der illegalen »Roten Fahne«. Nadi Kriegsausbruch in Frankreich interniert, flüchtete er 1940 und konnte über Toulon nach Mexiko entkom- men, wo er Chefredakteur der Zeitschrift »Freies Deutschland« wurde. 1946 kehrte Abusch (zusammen mit Paul Merker) über Wladiwostok nach Deutsch- land zurück und wurde Sekretär des »Kul- turbundes zur demokratischen Erneuerung Deutschlands«. 1948-50 Mitglied des Partei- vorstandes der SED. Im August 1950 im Zusammenhang mit der Merker-Affäre aller Funktionen enthoben, war er 1952/53 als Jude und Westemigrant besonders gefährdet und trat erst mit Beginn der Entstalinisie- rung wieder in den Vordergrund. 1954 bis 1958 Staatssekretär im Ministerium für Kultur der DDR, 1958 Minister für Kultur. 1957 ins ZK der SED kooptiert, 1958, 1963 und 1967 als Mitglied gewählt. Seit 1958 Volkskammer-Abgeordneter (Fraktion Kul- turbund!). Seit 1961 Stellvertretender Vor- sitzender des Ministerrats, verantwortlich für Kultur und Erziehung. Abusch veröffentlichte nach 1945 eine Reihe von Büchern, darunter »Schiller, Größe und Tragödie eines Genies«, »Der Irrweg einer Nation« (1947), »Stalin und die Schicksals- fragen der deutschen Nation« (1949), »Li- teratur und Wirklichkeit« (1952). 1967 er- schien ein Sammelband »Literatur im Zeit- alter des Sozialismus« (Aufbau Verlag Ber- lin). Abusch ist Träger mehrerer Orden, dar- unter des »Vaterländischen Verdienstordens« in Gold und des »Karl-Marx-Ordens«. ADLER, Julius (1894-1945) Geboren als Sohn eines Bergmanns am 23. Januar 1894 in Neunkirchen (Saar). Nach der Schulentlassung Metallarbeiter. Zunächst Mitglied einer katholischen Ju- gendorganisation. 1923 Eintritt in die KPD. 1924 Stadtverordneter in Hamborn, 1925 Provinziallandtagsabgeordneter, 1928 bis 1933 Reichstagsabgeordneter. Seit 1930 hauptamtlicher Sekretär des KPD-Unter- bezirks Hamborn, ab März 1932 des Unter- bezirks Dortmund. Am 18. März 1933 wurde Adler verhaftet und bis 11. Januar 1935 im KZ Lichtenburg festhalten. Am 12. Januar 1935 zu einem Jahr und sechs Monaten Gefängnis ver- urteilt, danach wieder bis Ende August 1937 in »Schutzhaft«. Nach seiner Entlassung arbeitete Adler als Hilfsarbeiter beim Autobahnbau. Zu 60 °/o kriegsbeschädigt, erhielt er eine Rente von 85 Mark. Bei Kriegsausbruch (1. September 1939) erneut verhaftet, starb er am 3. April 1945 im Vernichtungslager Bergen-Belsen an Flecktyphus. AENDERL, Franz Xaver (1883-1951) Am 25. November 1883 in Steinweg b. Re- gensburg geboren, entstammte einer baye- rischen Bürgerfamilie, seine Vorfahren wur- den schon im 17. Jahrhundert in Rohr (Niederbayern) erwähnt. Aenderl besuchte die Mittelschule und wurde nach der kaufmännischen Lehre Ver- sicherungskaufmann. Während des Krieges Soldat, geriet er in Kriegsgefangenschaft. Nach dem Krieg Mitglied und Funktionär der USPD. Hauptamtlicher Parteisekretär der USP ab 1919, Anhänger des linken Parteiflügels. Mit der linken USP Ende 6o Aenderl/Ambs 1920 zur KPD, Delegierter des Spaltungs- parteitags der USP und des Vereinigungs- parteitages KPD-USP. 1921 als Abgeord- neter in den bayerischen Landtag gewählt. In der KPD stand Aenderl auf dem rech- ten Parteiflügel, er wurde aber mit Unter- stützung des KPD-Führers Hollein 1924 erneut als Landtagskandidat aufgestellt und zum Abgeordneten gewählt. Im August 1924 Ausschluß aus der KPD, da er sich gegen die linke Taktik der Ruth-Fischer- Führung wandte. Eintritt in die SPD, für die er bis 1928 sein Mandat beibehielt. 1928 zog er für die SPD erneut in den bayeri- schen Landtag ein, dem er bis 1932 an- gehörte. Er lebte als Schriftsteller in Kulm- bach. 1933 verhaftet und ins KZ gebracht, nach der Freilassung als Tagelöhner beschäftigt. Angebote von nationalsozialistischer Seite wies er schroff zurück, mußte deshalb mit erneuter Verhaftung rechnen und emigrierte im August 1934 in die Tschechoslowakei. 1938 floh er über Polen und Dänemark nach England. Als Journalist an einer Lon- doner Zeitung tätig. 1943 veröffentlichte Aenderl die Broschüre »Bavaria, the pro- blem of German federalism«. 1942/43 sprach er in katholischen Sendungen des Londoner Rundfunks nach Bayern und gründete den »Bavarian circle«, eine unpoli- tische Vereinigung. Auf Wunsch von Ministerpräsident Högner kehrte Aenderl 1946 nach Deutschland zu- rück, er wurde Redakteur an der »Mittel- bayerischen Zeitung« in Regensburg. 1947 erschien die deutsche Ausgabe seiner Bro- schüre »Bayern. Das Problem des deut- schen Förderalismus«. Aenderl, inzwischen aktiver bayerischer Förderalist, wandte sich scharf gegen den »preußischen Militarismus«. 1947 mußte er das Angebot, in Straubing eine eigene Zei- tung herauszugeben, wegen Krankheit ab- lehnen. Er übersiedelte nach Kulmbach. Aenderl war nicht mehr der SPD beigetre- ten, sondern gehörte bis zu seinem Tode der Bayern-Partei an, für die er auch in Kulmbach aktiv war. Er starb am 20. Ok- tober 1951 in Kulmbach. ALEXANDER, Eduard Ludwig, Dr. jur. (1881-1945) Geboren am 14. März 1881 in Essen. Abitur in Essen, Jurastudium in Freiburg, Lausanne und Berlin. Seit 1911 Rechtsanwalt in Ber- lin. 1908 heiratete er die Arzttochter Ger- trud Gaudin, Zeichenlehrerin im höheren Schuldienst, die eng mit Clara Zetkin be- freundet war. Seine Frau leitete später das Feuilleton der »Roten Fahne«, 1925 kam sie ins Frauensekretariat der KI, sie soll während der Stalinschen Säuberungen 1937 verhaftet worden sein; 1968 lebte sie hoch- betagt als SED-Veteranin in Ost-Berlin. Alexander war Gründungsmitglied des Spartakusbundes und der KPD in Berlin. 1921-1925 Stadtverordneter in Berlin. Un- ter dem Pseudonym E. Ludwig 1922 Leiter des kommunistischen Pressedienstes, jahre- lang Wirtschaftsredakteur der »Roten Fah- ne«, auch in der Ruth-Fischer-Ära, obwohl er der Mittelgruppe angehörte. 1929 als Versöhnler abgelöst. 1928-1930 Reichstagsabgeordneter, danach als Versöhnler nicht mehr aufgestellt. Im August 1931 wählte ihn die Gemeinde Boizenburg (Mecklenburg) mit 1752 Stim- men der KPD und SPD gegen den Vertreter der NSDAP (1625 Stimmen) zum Bürger- meister. Da die mecklenburgische Regierung die Bestätigung verweigerte, konnte er die- ses Amt nicht ausüben. Nach 1933 betätigte sich Alexander als Schiedsmann in Handelsangelegenheiten bei der deutsch-russischen Handelsgesellschaft. Am 22. August 1944 wurde Alexander ver- haftet. Er kam am 1. März 1945 auf dem Transport vom KZ Sachsenhausen ins KZ Bergen-Belsen ums Leben. AMBS, Hans (1898-1962) Als einziges Kind eines Schlossermeisters am 5. Juni 1898 in Augsburg geboren, erlernte Ambs/André 61 Ambs das Bauschlosserhandwerk. Nach ein- jähriger Gesellenzeit im März 1917 als Ma- trose eingezogen. Ausbildung bei der i. Werft-Division in Kiel, danach Dienst in der Mittelmeer-Halbflottille. Im Oktober 1918 Rückkehr nach Kiel. Die Matrosen- erhebung hatte auf Ambs’ ferneres Leben entscheidenden Einfluß, er trat im Januar 1919 der USPD und im Januar 1920 der Gewerkschaft bei. Seit 1919 war er in Rostock auf verschie- denen Werften als Schlosser tätig. 1920 mit der linken USP Übertritt zur KPD. 1923 besuchte Ambs für drei Monate die Partei- schule der KPD in Jena, im Februar 1924 wurde er in den Mecklenburg-Schweriner Landtag gewählt. Ambs gehörte zum linken Flügel der Partei. Nach dem »Offenen Brief« 1925 war er aktiv für die linke Opposition tätig, deshalb wurde er am 20. August 1926 aus der KPD ausgeschlossen. Er hielt Verbindung mit den linken Grup- pen (Leninbund usw.), war aber politisch nicht mehr aktiv. Nach dem Besuch von Abendschulen bestand er 1930 die Meisterprüfung. Er verzog nach Berlin, wo er bei verschie- denen Firmen arbeitete, bis er 1942 eingezo- gen wurde. Bei Kriegsende Stabsgefreiter. 1945 Übersiedlung nach Eckernförde, wie- der Mitglied der KPD. 2. Vorsitzender der Gewerkschaft Metall in Eckernförde, stell- vertretender Landrat und 1946 von der Be- satzungsmacht ernannter KPD-Landtagsab- geordneter in Schleswig-Holstein. 1946/47 Mitglied des Zonenbeirats der britischen Zone zur Neugliederung der Länder. 1949 verließ Ambs die KPD wegen er- neuter Differenzen und trat im Mai 1950 zur SPD über. Im Oktober 1953 wurde er Bevollmächtigter der IG Metall, Verwal- tungsstelle Nordenham. Ambs starb am 8. Oktober 1962 in Nor- denham. ANDRÉ, Edgar (1894-1936) Am 17. Januar 1894 in Aachen geboren, verbrachte André seine Jugend als Waise in Belgien, wo er sich der »Jungen Sozialisti- schen Garde« anschloß. Nach der Schul- entlassung Arbeiter. Im Krieg deutscher Sol- dat, geriet er in französische Gefangen- schaft. Nach dem ersten Weltkrieg Rückkehr nach Deutschland, SPD-Mitglied in Hamburg. Hafenarbeiter. 1923 Übertritt zur KPD. Bereits 1924 spielte André eine führende Rolle bei Erwerbslosendemonstrationen. Leiter des RFB Wasserkante, Mitglied der KP-Bezirksleitung und von Oktober 1927 bis 1933 Abgeordneter der Hamburger Bür- gerschaft. Ab 1930 auch Stadtverordneter in Cuxhaven. Nach dem Verbot des RFB (1929) leitete André die illegale Organi- sation. 1931 wurde auf ihn ein Mord- anschlag verübt, dem der kommunistische Funktionär Ernst Hennig zum Opfer fiel. 1932 arbeitete André einige Zeit für die KP in Frankreich. Nach dem Reichstagsbrand wurde André am 5. März 1933 verhaftet und für die Zusammenstöße zwischen SA und RFB in Hamburg verantwortlich gemacht. Drei Jahre hindurch mußte er schwere Mißhand- lungen erleiden, weil ihn die SA als angeb- lichen Juden (er war »Arier«) besonders haßte. Am 10. Juli 1936 verurteilte das Hanseatische Oberlandesgericht André we- gen »mehrfachen Mordes« zum Tode, ob- wohl die Mehrzahl der Richter zunächst nicht bereit war, dem Antrag des Staats- anwaltes zuzustimmen. Wie verlautet, habe Hitler selbst auf das Todesurteil gedrun- gen. André hielt sich vor Gericht sehr tapfer. In seinem Schlußwort erklärte er: »Meine Herren, der deutsche Dichter Goe- the sagte: >Wer Recht hat und Geduld, dem bleibt der Sieg nicht aus.< Geduld habe ich gehabt. Das beweisen die 40 Monate Haft, schwere Einzelhaft unter den schlimmsten Mißhandlungen. (Der Vorsitzende droht mit Wortentzug.) Recht habe ich auch. Das ist nicht nur meine Meinung, sondern die Meinung der ganzen Welt. Das beweisen die unzähligen Zuschriften aus allen Län- 61 André/Arendsee dem, die sich hier zu Bergen gehäuft haben. Infolgedessen muß mir auch der Sieg wer- den . . . Meine Herren, wenn der Ober- staatsanwalt auch Ehrverlust beantragt hat, so erkläre ich hier: Ihre Ehre ist nicht meine Ehre und meine Ehre ist nicht Ihre Ehre. Denn uns trennen Weltanschauungen, uns trennen Klassen, uns trennt eine tiefe Kluft. Sollten Sie hier das Unmögliche möglich ma- chen und einen unschuldigen Kämpfer zum Richtblock bringen, so bin ich bereit, diesen schweren Gang zu gehen. Ich will keine Gnade! Als Kämpfer habe ich gelebt und als Kämpfer werde ich sterben mit den letzten Worten: >Es lebe der Kommunismus !<« Trotz zahlreicher Proteste aus dem Aus- land wurde André in Gegenwart von 75 politischen Mitgefangenen am 4. November 1936 mit dem Handbeil enthauptet. Seine Frau, Martha, war ebenfalls einige Zeit inhaftiert, sie emigrierte später und lebte nach 1945 als Veteranin der SED in Berlin. Man verlieh ihr die Clara-Zetkin- Medaille, sie starb am 22. Oktober 1966. ANGERMEIER, Heinrich (1884-1945) In Groß-Zimmern (Hessen) am 5. April 1885 geboren, entstammte Angermeier einer Bauernfamilie. Schon sein Vater war So- zialist gewesen. Im Krieg wurde Angermeier schwer ver- wundet. Er stieß 1920 zur KPD. 1924 Ab- geordneter des hessischen Landtages, in dem er sich als Experte für Agrarfragen einen Namen machte. Mitglied der Unterbezirks- leitung Darmstadt. 1927 erneut in den Landtag gewählt. Nach dem Ausscheiden von Galm (1929) verließ Angermeier als »Rechter« die KPD und führte sein Mandat für die KPO weiter. Auch 1931 kandi- dierte er auf der Liste der KPO für die hessischen Landtagswahlen. Er war kein hauptamtlicher Funktionär, sondern stets als Landwirt tätig. 1933 verhaftet, war er über ein Jahr im KZ. Bis 1944 wieder Landwirt in Groß- Zimmern. Im August 1944 wurde er erneut verhaftet und ins KZ Dachau gebracht, wo er am 22. Februar 1945 ums Leben kam. APELT, Fritz (geb. 1893) Am 4. Februar 1893 in Tiefenfurt (Thü- ringen) geboren, gelernter Schlosser. 1911 SPD-Mitglied, nach dem Kriege KPD. 1924 Redaktionsmitglied der »Roten Fahne«, für die er ab Mai 1924 als verantwortlicher Re- dakteur zeichnete. Im September 1924 ver- haftet, Ende 1924 zu einem Jahr Festung- haft verurteilt. 1925 übersiedelte Apelt nach Moskau, wo er im Apparat der RGI arbeitete und 1928 dort für Jugendfragen verantwortlich war. 1929 Rückkehr nach Deutschland, Chef- redakteur des »Thüringer Volksblatts«. Später Redakteur in Erfurt und Mann- heim. Nach 1933 zunächst illegale Arbeit als »Oberberater West«, dann KZ Kislau und Heuberg. Nach der Flucht ins Ausland, Parteiarbeit in Frankreich, der Schweiz und endlich in der Sowjetunion. Mitglied des »Nationalkomitees Freies Deutschland«. 1945 Zweiter Vorsitzender des FDBG in Sachsen. 1950 Nachfolger von Jakob Wal- cher als Chefredakteur der FDBG-Zeitung »Tribüne«. In den Bundesvorstand des FDGB gewählt. 1951 Vorsitzender des »Verbandes der deutschen Presse«, 1954 Staatssekretär im Ministerium für Kultur, 1958 trat Apelt in den Ruhestand, er lebte 1969 als »Parteiveteran«, Mitglied der Kommission für Presse und Funk der Liga für Völkerfreundschaft, ausgezeichnet mit dem »Vaterländischen Verdienstorden« in Bronze (1955) und dem »Banner der Ar- beit« (1965), in Wandlitzsee bei Bernau. ARENDSEE, Martha (1885-1953) Geboren am 29. März 1885 in Berlin als Tochter eines Schriftsetzers. Buchhalterin. 1906 SPD. Später als Heimarbeiterin tätig. Nach einer Operation ab 1903 schwer kör- Arendsee/Aschenbrenner 63 perbehindert. Von 1907-1916 verantwort- lich für die Frauenarbeit der SPD in Berlin. Sie war Teilnehmerin der internationalen Frauenkonferenz in Bern 1915. 1917 Über- tritt zur USPD, Abgeordnete dieser Partei in der Preußischen Landesversammlung 1919-1921. Nadi der Spaltung der USP im Oktober 1920 Mitglied des ZK der linken USP. Mit der linken USPD im Dezember 1920 zur KPD, die sie 1921-1924 im preu- ßischen Landtag und ab Dezember 1924 im Reichstag vertrat. Zunächst in der Frauenarbeit der KPD tä- tig, zeichnete Martha Arendsee 1922/24 für die Zeitschrift »Die Kommunistin« ver- antwortlich. Dann war sie Redakteurin an der Zeitschrift »Proletarische Sozialpolitik«. Auf dem VIII. KPD-Parteitag 1923 in die Gewerkschaftskommission gewählt. Seit 1925 vor allem in der IAH tätig, deren Vorstand sie angehörte. 1930 wegen ihrer Sympathie für den rechten Parteiflügel nicht mehr für den Reichstag nominiert. 1933 verhaftet. Nach der Freilassung 1934 emigrierte sie zusammen mit ihrem Mann, Paul Schwenk, in die Sowjetunion, wo Schwenk während der Stalinschen Säube- rung einige Zeit inhaftiert war. Martha Arendsee war beim Moskauer Sender tätig. 1945 Rückkehr nach Ostberlin, wo sie den ersten Aufruf des ZK der neugebildeten KPD vom Juni 1945 unterschrieb und da- nach noch einige Zeit in der Frauenarbeit der KPD-SED tätig war. M. Arendsee war Mitglied des 1. Parteivorstandes der SED, aber schon auf dem II. Parteitag der SED im September 1947 wurde sie nicht wieder- gewählt. Sie leitete als Vorsitzende die So- zialversicherungsanstalt Berlin. Martha Arendsee starb am 22. Mai 1953 in Ost-Berlin. ARGUS, Rudolf (1888-1969) Rudolf Martin Argus wurde am 17. De- zember 1888 in Reudnitz (Thüringen) ge- boren. Übersiedelte 1912 nach der Lehrer- ausbildung nach Bremen, arbeitete als Volksschullehrer. Während des Krieges schloß er sich den »Bremer Linksradikalen« an, seit Gründung der KPD Mitglied der Partei. Argus wurde 1921 für die KPD in die Bürgerschaft gewählt, er war einer der Hauptredner der KPD in diesem Parla- ment und Mitglied der BL Nordwest. Im November 1923 und Dezember 1924 wie- dergewählt, schied er 1927 aus der Bürger- schaft aus. Argus zog sich von der Partei- arbeit zurück. 1933 blieb er zunächst Lehrer. Argus trat der SA bei. Später pensioniert, übersiedelte er 1941 nach Füssen (Allgäu) und anschlie- ßend ins Rheinland. Nach 1945 politisch nicht mehr tätig, lebte Argus in Siegen, wo er am 16. Januar 1969 starb. ASCHENBRENNER, Rosa (1885-1966) Rosa Lierl, am 27. April 1885 in Beiln- gries (Bayern) als Tochter eines Uhrma- chers, der auch eine Landwirtschaft betrieb, geboren; arbeitete 12 Jahre als Dienstmäd- chen. Sie heiratete 1909 den Arbeiter Aschenbrenner und trat nach der Heirat der SPD bei. Sie war ab 1917 in der USPD sehr aktiv, stand auf dem linken Flügel der Partei und war Delegierte des Vereini- gungsparteitages mit der KPD im Dezem- ber 1920 sowie des KPD-Parteitages in Jena 1921. Ab 1921 vertrat sie die KPD im bayeri- schen Landtag. In der Bezirksleitung Süd- bayern war sie anfangs für die Frauen- arbeit, nach 1925 für die Kasse verantwort- lich. 1924 und 1928 erneut in den Landtag gewählt, geriet sie jedoch in Konflikt mit der Partei, nachdem 1928 der ultralinke Kurs einsetzte. 1928 Verwarnung, weil sie gegen die EKKI-Beschlüsse stimmte. Am 11. Juni 1929 erklärte Rosa Aschen- brenner in einer Stellungnahme vor dem Landtag gegen die »Katastrophenpolitik« der KPD-Führung ihren Austritt aus der Partei. Sie hatte es abgelehnt, in Versamm- lungen die offizielle Parteilinie zu vertre- Aschenbrenner/Bachmann ten. Sie weigerte sich, »unter der derzeiti- gen Parteiführung mit ihrem verderblichen politischen Kurs« ihr Mandat niederzulegen und trat der KPO bei. Ihr Ehemann Hans wurde im Juli 1929 aus der KPD ausge- schlossen, da er sich mit seiner Frau soli- darisiert hatte. Von der KPD-Presse als »politischer Leichnam« beschimpft, trat sie im Mai 1932 zur SPD über und behielt ihr Mandat bis zum Ende der Legislaturperi- ode bei. 1938 wurde sie verhaftet und wegen Ab- hörens feindlicher Sender zu 4 Monaten Gefängnis verurteilt. 1945 Mitbegründerin der SPD in München und Mitglied der Verfassunggebenden Versammlung. Von 1946 - 1948 SPD-Ab- geordnete im bayerischen Landtag, bis 1956 im Münchener Stadtrat. Frau Aschenbren- ner stand auf dem linken Flügel der SPD. Sie starb am 9. Februar 1966 in München. AUSLÄNDER, Fritz, Dr. phil (1885 bis 1943) Am 24. November 1885 in Königsberg als Sohn des Kaufmanns Alexander Traugott A. geboren. Besuch des Altstädtischen Gym- nasiums in Königsberg, dann Studium in Königsberg. Als Philologiestudent Mit- glied der SPD. Kurze Zeit Referendar in Königsberg und Breslau, dann Studienrat in Hamburg, Marburg und Berlin. Hier schon vor dem I. Weltkrieg Angehöriger des lin- ken Flügels der SPD und enger Freund Liebknechts. 1914 Mitbegründer der Gruppe »Internationale« und Herausgeber von Schulungsmaterialien der Linken im Kreis Niederbarnim. 1914 bis November 1915 Kriegsteilnehmer. Nach Rückkehr in Berlin für den Sparta- kusbund aktiv. Seit Gründung der Partei Funktionär der KPD, vor allem im Bil- dungswesen der Partei tätig. In den zwanziger Jahren Studienrat in Berlin, unbesoldeter KPD-Stadtrat. Seine geistige Haltung umschrieb er so: »Die proletarische Diktatur ist der Hebel, um den Weg frei zu machen für das Neue, das im Schoß der Gesellschaft herangereift ist. Daher bekenne ich mich gerade auch als Historiker und Pädagoge zur Kommuni- stischen Weltpartei.« 1924 Sekretär der Reichsfraktion kommunistischer Lehrer, 1928 Abgeordneter des preußischen Land- tags. Als »Versöhnler« stellte ihn die KPD 1932 nicht mehr als Kandidat zum Landtag auf. 1932 trat Ausländer aus Protest gegen die ultralinke Haltung der Partei aus der KPD aus. 1933 in der Nacht des Reichstagsbrandes von SA-Männern verhaftet, bis Juni 1935 Zuchthaus Sonnenburg und KZ Esterwegen. Verdiente seinen Lebensunterhalt dann durch Adressenschreiben, da ihm die zu- stehende Pension wegen seiner kommunisti- schen Vergangenheit verweigert wurde. Später Ausländskorrespondent bei der »Deutschen Buch-Gemeinschaft« Berlin. Bei Kriegsausbruch an seiner Arbeitsstelle erneut verhaftet. KZ Sachsenhausen und nach Selbstmordversuch im »Horst-Wessel- Krankenhaus« Weihnachten 1939 entlassen. Dr. Ausländer nahm sich am 21. Mai 1943 aus Angst vor erneuter Verhaftung das Le- ben. Seine Witwe und seine Tochter, die Lehrerin ist, leben heute in der Bundes- republik. BACHMANN, Otto Karl (1887-?) Geboren am 8. Februar 1887 in Hintersee Krs. Torgau, Bauarbeiter. Seit 1908 Sekre- tär des Bauarbeiterverbandes in Breslau, 1919-1921 Vorsitzender des Bauarbeiter- verbandes in Chemnitz. 1918 Mitglied des Soldatenrates in Chemnitz. Seit Gründung der Partei in der KPD aktiv. Auf dem Vereinigungsparteitag mit der USPD im Dezember 1920 gehörte er zur Organisa- tionskommission. 1921 wählten ihn die Mitglieder des kommunistischen »Roten Bauarbeiterverbandes« zu ihrem Sekretär. 1922 zur Zentrale der KPD nach Berlin berufen, Leiter der IG Bau der Gewerk- schaftsabteilung. Von September 1923 bis Bachmann/Bästlein 65 März 1926 (Auflösung) 1. Vorsitzender des (kommunistischen) Verbandes der aus- geschlossenen Bauarbeiter Deutschlands. Ab 1926 war er im Reichsausschuß Revo- lutionärer Gewerkschaften - Mitteleuropä- isches Büro - sowie in der Gewerkschafts- abteilung der Zentrale der KPD tätig. Bachmann arbeitete in der Gewerkschafts- abteilung und in der IAH, bis er im Juni 1927 als erster Kommunist in Deutschland zum Bürgermeister einer Stadtgemeinde (Ölsnitz im Vogtland - 18 000 Einwohner) gewählt wurde. Bachmann gehörte zum rechten Parteiflügel, er solidarisierte sich mit Brandler und wurde deswegen im März 1929 aus der KPD ausgeschlossen. Er trat der KPO bei und war für diese aktiv. Nach 1933 ging er in die Emigration, wo er auch gestorben sein soll. BACKENECKER, Maria (1893-1931) Maria Scharnetzki wurde am 20. März 1893 in Bochum geboren. Sie heiratete den Arbeiter Backenecker, war Hausfrau. 1919 USPD, 1920 KPD, betätigte sie sich 1923/24 aktiv in der kommunistischen Frauenbewe- gung des Ruhrgebiets. Im Mai 1924 wurde sie in den Reichtstag gewählt. Für die Wah- len im Dezember 1924 setzte man sie auf einen aussichtslosen Platz der Kandidaten- liste; sie kam nicht mehr in den Reichs- tag. Maria Backenecker stand auf dem linken Parteiflügel. Nach dem »Offenen Brief« 1925 aktiv für die linke Opposition tätig. Anfang 1927 aus der KPD ausgeschlos- sen. Mitbegründerin des Leninbundes. Sie trennte sich mit den Trotzkisten vom Le- ninbund und leitete die Gruppe Hamborn der Trotzkisten. Maria Backenecker starb am 24. Dezember 1931. BÄSTLEIN, Bernhard (1894-1944) Am 3. Dezember 1894 in Hamburg ge- boren, entstammte einem sozialistischen Elternhaus. Nach der Lehre Feinmechani- ker. 1911 Eintritt in die Sozialistische Ar- beiterjugend. Kurz vor dem Weltkrieg, den er als einfacher Soldat an der Westfront mitmachte, trat er der SPD bei. Nadi dem Krieg schloß er sich 1918 der USPD an und kam mit deren linkem Flügel im De- zember 1920 zur KPD. 1921 wurde er Mit- glied der Hamburger Bürgerschaft. Wegen seiner Teilnahme an den März- kämpfen 1921 von der Polizei gesucht, flüchtete er nach Sowjetrußland, wo er eine deutschsprachige Bauernzeitung redigierte. Nach einer Amnestie kehrte er Anfang 1923 nach Deutschland zurück und wurde Redakteur in Dortmund. 1924 gehörte Bästlein der Mittelgruppe an. Deshalb nach Hagen und später nach Bar- men versetzt. 1926 Redakteur der »Bergi- schen Volksstimme« in Remscheid und Vor- sitzender des Remscheider RFB, 1929 Chefredakteur der Solinger »Bergischen Arbeiterstimme«. Im Oktober 1929 Unter- bezirksleiter der KPD in Düsseldorf. Von Februar 1931 bis Mai 1933 Polleiter des Bezirks Mittelrhein, seit 1932 auch MdL Preußen. 1933 wurde Bästlein verhaftet und wegen Vorbereitung zum Hochverrat zu 20 Monaten Zuchthaus verurteilt. Nach Ablauf der Strafzeit 4 Jahre KZ (Dachau, Esterwegen und Sachsenhausen). 1939 aus der KZ-Haft entlassen, arbeitete er als Wagenwäscher, dann als Chauffeur in Hamburg und organisierte mit den ehe- maligen KPD-Funktionären Abshagen und Jacob eine bedeutende Widerstands- gruppe. Am 17. Oktober 1942 erneut verhaftet, nachdem er von Gestapobeamten bei einem Fluchtversuch einen Steckschuß erhalten hatte. Im Sommer 1943 wurde er zur Ab- urteilung nach Berlin gebracht. Während eines Luftangriffes konnte er am 30. Januar 1944 aus dem Gefängnis Plötzensee entflie- hen. Er schloß sich der KP-Widerstands- gruppe Saefkow an, wurde aber am 30. Mai 1944 wiederum verhaftet und am 5. 66 Bästlein/Bartels August 1944 zum Tode verurteilt. Zusam- men mit Saefkow wurde Bästlein am 18. September 1944 in Brandenburg hingerich- tet. In einer Niederschrift hatte er am 30. November 1942 erklärt: »Meine illegale Arbeit während des letzten Jahres wurde vorwiegend von zwei Faktoren bestimmt ... Der erste Faktor war meine siebenjäh- rige Haft von 1933-1940 - davon vier Jahre Konzentrationslager -, während der ich entsetzliche Dinge erlebt, gesehen und gehört habe. Diese Zeit hat mir jede Mög- lichkeit des Zweifels in bezug auf meine weltanschauliche Grundeinstellung genom- men, denn meine Überzeugung, daß eine Gesellschaftsordnung, in der solche Dinge möglich sind, wie ich sie erlebte, beseitigt werden muß, wurde dadurch grundfest ge- macht, soweit das bisher noch nicht der Fall war. Der zweite Faktor war der 1939 begonnene Zweite Weltkrieg, der in mir alle Erinnerungen an den Krieg 1914 bis 1918 weckte, den ich zwei Jahre als Front- soldat vor Ypern, an der Somme, vor Ver- dun und an anderen Frontabschnitten der Westfront mitmachte. Er verstärkte in mir die Überzeugung, daß, solange die kapita- listische Gesellschaftsordnung besteht, es im- mer wieder zu solchen alle humanitären Regungen der menschlichen Gesellschaft und ungeheure materielle Güter zerstörenden Kriegen kommen wird. . . Diese beiden Faktoren - meine siebenjährige Haft und der Krieg - waren die Triebfeder, die mich zur illegalen Arbeit anregte ...« BARTHEL, Karl (geb. 1907) Geboren am 20. März 1907 in Lohmen bei Pirna, Hilfsarbeiter in Metallbetrieben. 1923 Mitglied der Kommunistischen Jugend und 1926 der KPD. 1929 Abgeordneter des Thüringischen Landtages, 1932 jüngster Reichstagsabgeordneter, Sekretär der BL Hessen-Kassel. Barthel wurde nach dem Reichstagsbrand verhaftet und 12 Jahre lang im KZ festgehalten. Er gehörte zu den ersten Häftlingen, die 1936 das KZ Buchen- wald aufbauen mußten. Zusammen mit Ottomar Geschke war er in Buchenwald (September 1936) der erste politische Stu- benälteste. Mit Hilfe seiner Frau gelang es ihm, Skizzen und Nachrichten über das Leben im KZ nach draußen zu schmuggeln. Daraus entstand später einer der eindrucks- vollsten KZ-Berichte: »Die Welt ohne Er- barmen«, Greifenverlag, Rudolstadt 1946. Nach 1945 lebte Barthel in der Ostzone, Mitglied des SED, ohne politisch besonders hervorzutreten. Mitglied des Stadtrats in Jena. 1969 in Jena wohnhaft, Direktor der Stadtwerke Jena. BARTELS, Wolfgang (geb. 1890) Geboren am 11. Juli 1890 in Hayn (Harz), Sohn des Revierförsters Wilhelm Bartels. Leibniz-Gymnasium in Hannover. Absol- vent der Journalistenhochschule in Berlin. Danach an verschiedenen Zeitungen tätig (Krefelder Zeitung, Frankfurter Zeitung). Im Oktober 1913 wurde Bartels aktiver Soldat. Seit 1914 an der Front; nach einer Verwundung 1916 bei der Fliegertruppe. Bartels gehörte vor dem Weltkrieg der »Demokratischen Vereinigung« an. 1916 nahm er im Reichtstagsgebäude Verbindung mit dem späteren USPD-Führer Wilhelm Dittmann und dem später führenden KAP-Rechtsanwalt Barbasch auf und trat selbst der SPD bei. 1918 während der Revolution zum Vorsit- zenden des Soldatenrates in Doblen (Kur- land) gewählt. Nach der Heimkehr 1919 Mitglied der USPD; zunächst Redakteur der »Hamburger Volkszeitung«, dann der »Leipziger Volkszeitung«. 1920 politischer Redakteur der »Sozialistischen Republik« in Köln. Im Dezember 1920 trat Bartels mit der lin- ken USPD zur KPD über. 1921 während des Abwehrkampfes gegen den rheinischen Separatismus von der belgischen Besatzung einige Monate lang interniert, 1922 von einem deutschen Gericht wegen Beleidigung Noskes zu 3 Monaten Gefängnis verurteilt. Bartels/Bassüner 67 1923 kurze Zeit Chefredakteur der »Ar- beiterzeitung« in Saarbrücken, auch dort verhaftet und ausgewiesen. Bartels gehörte zu den Linken um Ruth Fi- scher und Maslow. Nadi dem Frankfurter Parteitag 1924 Chefredakteur der wichti- gen »Hamburger Volkszeitung«. Im Mai 1924 Reichstagsabgeordneter, im Dezember 1924 KPD-Abgeordneter des preußischen Landtags und Mitglied des kommunisti- schen Fraktionsvorstands. In den Ausein- andersetzungen nach dem »Offenen Brief« 1925 war Bartels einer der aktiven Anhän- ger der linken Opposition, als deren Spre- cher er auf dem Essener Parteitag (März 1927) auftrat. Sofort danach erfolgte sein Ausschluß aus der KPD. 1928 gehörte er zu den Mitbegründern des »Leninbundes«, er übernahm die Redaktion des Organs dieser Gruppe »Volkswille«, zu- nächst in Suhl, später (nach dem Übertritt Heyms zur SPD) in Berlin. Zugleich leitete er als Redakteur das theoretische Organ des Leninbundes »Fahne des Kommunismus«. Mitte Januar 1929 trat Bartels zur SPD über und wurde Chefredakteur des Braun- schweiger »Volksfreund«. Er gehörte der SPD-Bezirksleitung Braunschweig an. 1933 verhaftet, anschließend KZ Dachau. Nach der Entlassung 1935 unter Polizeiauf- sicht, 1938 erneut verhaftet und zusammen mit Grotewohl und anderen Sozialdemo- kraten angeklagt; das Verfahren wurde je- doch niedergeschlagen. 1944 nochmals ver- haftet, dann entlassen und noch 1945 zum Militärdienst eingezogen. 1945 trat Bartels wieder der SPD bei. Von der amerikanischen Besatzung zum Lizenz- träger der »Hessischen Nachrichten« in Kas- sel ernannt, schied er 1955 aus der Redak- tion dieser Zeitung aus. Seit 1956 lebt Bartels mit seiner Familie in München. Er gab dort bis 1967 die Zeitschrift »Das Ge- wissen« heraus, ein »unabhängiges Organ zur Bekämpfung der Atomgefahr«. BARTZ, Wilhelm (1881-1929) Geboren am 10. Dezember 1881 in Tanger- münde, Buchdrucker. 1900 trat Bartz in die Gewerkschaft und die SPD ein. 1907 haupt- amtlicher Funktionär der SPD und Redak- teur der »Norddeutschen Volksstimme« in Bremerhaven, dieses Blatt leitete er bis 1919. 1910/ii Besuch der SPD-Parteischule in Berlin. Im Mai 1919 Übertritt zur USPD, Redak- teur der »Arbeiterzeitung« für das Unter- wesergebiet. 1920 zog Bartz für die USPD in den Reichstag ein, dem er bis 1924 an- gehörte. Mit dem linken Flügel der USPD trat er für den Anschluß an die Kommuni- stische Internationale als Delegierter des USP-Spaltungsparteitages ein; kam bei der Verschmelzung im Dezember 1920 zur KPD. Bartz gehörte zu den Führern der KPD in Hannover, er unterschrieb im Streit zwischen der Levi-Gruppe und der Zentrale nach der Märzaktion 1921 eine Erklärung gegen die Zentrale. Doch schloß er sich der KAG nicht an. 1921 Redakteur der »Internationalen Pres- sekorrespondenz« in Berlin. 1922 (gemein- sam mit Koenen) Vorsitzender der kom- munistischen Reichstagsfraktion. 1924 kurze Zeit verhaftet, dann in der Orgabteilung des ZK tätig. 1925 übernahm Bartz die Geschäftsführung der »Roten Fahne«, die er bis zu seinem Tode innehatte. Er vertrat die KPD im Preußischen Staatsrat. Seit 1923 gehörte Bartz zu den Berliner Linken. Auf dem X. Parteitag (1925) war er Schriftführer und Mitglied der Politi- schen Kommission des Parteitags. Nach dem »Offenen Brief« im September 1925 trennte er sich von der Ruth-Fischer-Führung und ging zu Thälmann über. Bartz starb am 18. März 1929 in Berlin. BASSÜNER, Albert (1891-?) Geboren am 25. Januar 1891 in Witten- berg. Arbeiter in den Stickstoffwerken Piesteritz, wo er Mitte der zwanziger Jahre Betriebsratsvorsitzender wurde. 1920 Über- 68 Bassüner/Beck tritt von der USPD zur KPD. Mitglied des Provinziallandtags Merseburg. Auf dem Essener Parteitag (1927) Schrift- führer; als Kandidat ins ZK gewählt. 1928 vertrat Bassüner gemeinsam mit Hausen und Galm den rechten Flügel im ZK der KPD und trat in der Wittorf-Affäre aktiv gegen Thälmann auf. Am 29. Dezember 1928 Ausschluß aus der KPD, weil er sich weigerte, die Forderun- gen des ZK zu akzeptieren. Die Komintern stimmte seinem Ausschluß zu. Bassüner wurde führendes Mitglied der KPO. Gegen den Widerstand der KPD im Februar 1929 wieder Vorsitzender des ADGB in Witten- berg, diese Funktion hatte er längere Zeit inne. 1932 Übertritt zur SAP. Weitere Da- ten seines Lebenslaufs ließen sich nicht er- mitteln. BAUMGÄRTEL, Karl (1899-?) Geboren am 24. Dezember 1899 in De- litzsch. Kaufmännischer Angestellter. Nach der Revolution 1918 schloß er sich der KPD an und übte verschiedene Funktionen aus. Wegen seiner Tätigkeit bei den Unruhen von 1923 am 24. Juli 1924 zu 2 V2 Jahren Gefängnis verurteilt. Die KPD-Presse fei- erte ihn, weil er noch im Gerichtssaal aus- rief: »Es lebe die KPD, es lebe die Welt- revolution!« Strafverbüßung im Zentralge- fängnis Cottbus. Im März 1926 wurde Baumgärtel amne- stiert. 1927 wählte man ihn - gegen den Protest der »Linken« - zum Agitprop- Sekretär des Bezirks Halle-Merseburg. Mit der Mehrheit dieser Bezirksleitung gehörte er zu den »Versöhnlern« und wurde des- halb Anfang 1929 seiner Funktion ent- hoben. Baumgärtel näherte sich den Rechten. Die KPD-Führung bezeichnete ihn als »Adjutanten Brandlers« und schloß ihn am 25. Februar 1930 aus der Partei aus. Er war aktiv in der KPO und schloß sich 1932 der SAP an. Er war als Lagerhalter in Delitzsch beschäftigt. Weitere Daten sei- nes Lebenslaufs ließen sich nicht ermitteln. BAUMGÄRTNER, Friedrich (1897 bis i9S7) Geboren am 14. März 1897 in Dielkirchen. Schon in jungen Jahren Arbeiter bei der BASF Ludwigshafen/Rhein. 1920 KPD- Mitglied. 1923 hauptamtlicher Sekretär des Industrieverbandes der chemischen Arbei- ter, der sich von den freien Gewerkschaften abgespalten hatte. 1924 KPD-Abgeordneter des Bayerischen Landtags. 1925, als der selbständige Che- mie-Verband wieder in die freie Gewerk- schaft übergeführt wurde, Sekretär der KPD. Mit der Mehrheit des Bezirks Pfalz gehörte Baumgärtner zum linken Flügel der Partei (Weddinger Opposition). Nach dem »Offenen Brief« 1925 Nachfolger von Hans Weber als Polleiter der KPD in der Pfalz. Noch auf dem Bezirksparteitag 1927 - ge- gen den Willen des ZK - zum Polleiter wiedergewählt. Am 7. Februar 1928 aus der KPD ausgeschlossen, gehörte er nun zu der von Frenzel geleiteten Oppositions- gruppe der Pfalz, die sich aber im Oktober 1929 von Baumgärtner trennte. Baumgärtner näherte sich wieder der KPD und wurde 1931 Leiter der RGO in Ludwigshafen. 1933 verhaftet und bis April 1934 KZ-Da- chau. Bis 1945 als Schlosser tätig. 1945 Sekretär, dann Landes vorsitzender der Industriegewerkschaft Metall in Rheinland- Pfalz. KPD-Abgeordneter im Rheinland- Pfälzischen Landtag. 1949 geriet er wegen der Gewerkschaftshaltung der Partei in Konflikt mit der KPD, trat am 20. Februar 1951 aus ihr aus und war bis zu seinem Tode nicht mehr politisch organisiert. Baumgärtner starb am 10. April 1957 in Ludwigshafen an Diabetes. BECK, Hans (1894-1937?) Geboren am 4. Januar 1894 in Erfurt. Feinmechanikerlehre. Während der Lehrzeit Eintritt in die Gewerkschaft, 1913 Mitglied der SPD. 1914 zum Militär eingezogen. Später Mechaniker im Reichsbahnausbes- serungswerk Erfurt. Beck/Becker, Ernst 69 Beck gehörte im Januar 1919 zu den Mit- begründern der KPD in Thüringen. 1919 Mitglied des Betriebsrats. Später in den Zeiß-Werken tätig. 1923 Arbeiterratsvor- sitzender der Zeiß-Werke. 1924 Abgeord- neter des Thüringer Landtags. Ende 1926 Mitarbeiter in der Gewerkschaftsabteilung des ZK. Beck zeichnete mitverantwortlich für die Zeitschrift »Einheit«, die Sozial- demokraten unter den »Arbeiterdelegatio- nen« in Rußland für die KPD gewinnen sollte. Wie die ganze Gruppe um die »Einheit«, war auch Beck Anhänger des rechten Flü- gels der KPD. Im Oktober 1928 aus der Partei ausgeschlossen, dann Mitglied der KPO, deren Reichsleitung er von 1929 bis 1932 angehörte. Beck hatte eine Russin geheiratet, er emi- grierte 1933 selbst in die Sowjetunion. Das letzte Lebenszeichen von ihm stammt aus dem Jahre 1935. Beck wurde Opfer der Stalinschen Säuberung. BECKER, Anton (1883-1965) Geboren am 19. April 1883 in Stoßdorf, Krs. Siegburg als Sohn eines Landarbeiters (»Ackerers«). Zunächst selbst Landarbeiter, dann Lehre und Tätigkeit als Dreher. Vor dem 1. Weltkrieg Übersiedlung nach Ham- burg, Mitglied der SPD. Nach dem Krieg Übertritt zur USP, 1920 mit der linken USP zur KPD. In den zwanziger Jahren lange erwerblos, wurde Becker einer der Führer der Ham- burger Arbeitslosen. 1925 Mitglied der BL Wasserkante, 1926-1931 Abgeordneter der Hamburger Bürgerschaft. 1931 schied er wegen Differenzen auch aus der BL aus und zog sich von der aktiven Politik zurück. 1943 verzog er von Hamburg nach Dassen- dorf. Nach 1945 lebte er als Rentner in Geesthacht, er war politisch nicht mehr ak- tiv. Becker starb am 12. April 1965 in Geesthacht. BECKER, Arthur (1905-1938) Geboren am 12. Mai 1905 in Remscheid, Sohn des Feilenhauers Walter Becker, eines Sozialisten, der nach dem Kriege der USPD angehörte. Schlosserlehre. 1920 Mitglied der kommunistischen »Freien Sozialistischen Ju- gend«. 1923 Eintritt in die KPD; Organi- sationsleiter und ab Januar 1925 politischer Leiter des Unterbezirks Remscheid des KJVD. Absolvent der Schule der Kom- munistischen Jugendinternationale in Mos- kau. Nach seiner Rückkehr 1926 Leiter des Bezirks Niederrhein der Kommunistischen Jugend. 1929 2. Vorsitzender des KJVD. 1930 jüngster Abgeordneter des Reichs- tags. 1931 einige Monate Vorsitzender des KJVD. Im Frühjahr 1932 für die Fehl- schläge der KJV-Arbeit verantwortlich ge- macht, aus dem ZK des KJVD entfernt und zur Jugendarbeit in der RGO abge- stellt. Im November 1932 wurde Becker wieder »rehabilitiert« und seine Absetzung als Intrige der »Neumann-Gruppe« bezeich- net. Becker übersiedelte nach Moskau und arbeitete im EKKI der Jugendinternatio- nale. 1936 Angehöriger, später Kommissar der XL Internationalen Brigade im Spani- schen Bürgerkrieg. Am 13. April 1938 geriet Becker verwundet in die Gefangen- schaft der Franco-Truppen, die ihn am 16. Mai 1938, vier Tage nach seinem 33. Geburtstag, in Burgos erschossen. BECKER, Ernst (1900-1932) Als Kind einer proletarischen Sozialisten- familie (Karl Albin Bedcer war sein Bruder) 1900 geboren. Schon als Schüler Mitglied der revolutionären Jugendorganisation. Nach dem Krieg in KPD-Organisationen in Hamburg (u. a. in der IAH) tätig. Später Redakteur in Breslau. 1922 wurde Becker zu einem Jahr Festung verurteilt, anschließend arbeitete er im Pressedienst der KPD in Berlin. Nach 1925 Redakteur der KPD-Zeitung in Gotha, Anfang 1927 Chefredakteur der Solinger »Bergischen Arbeiterstimme«. 70 Becker, Ernst/Becker, Karl Becker stand auf dem reckten Flügel der Partei. Auf dem Bezirksparteitag Nieder- rhein setzte er sich schon im Februar 1927 für die rechte Gruppe um Böttcher ein. Nach der Wittorf-Affäre 1928 als Rechter entlassen und im Dezember 1928 aus der KPD ausgeschlossen. Ernst BecKer trat der KPO bei und gab seit April 1929 den »Klassenkampf« in Düssel- dorf heraus, später war er Gewerkschafts- redakteur des KPO-Organs »Arbeiter- politik«. Becker starb am 1. Juli 1932 an einem Herzleiden. Seine Frau, die kommunistische Funktio- närin Martha Moritz (geb. 16. Juni 1904 in Hamburg, Kontoristin), kam als Emi- grantin bei den Stalinschen Säuberungen ums Leben. BECKER, Gesine (1888-1968) Gesine Bolte, geboren am 16. April 1888 in Meinershausen, war Arbeiterin. 1910 Mitglied der SPD. Über die »Bremer Links- radikalen« kam sie zur KPD, deren Vor- stand sie in Bremen bereits 1919 angehörte. Ihr Mann, Gottfried Becker, war 1921 Lei- ter der Bremer KPD. 1921 war Frau Bek- ker Delegierte des Jenaer Parteitags. 1923/ 24 arbeitete sie aktiv für die Mittelgruppe. Von 1919-193 3 vertrat sie die KPD in der Bremer Bürgerschaft. 1929 einige Monate Orgleiter des KPD-Bezirks Nordwest. Mitte der dreißiger Jahre verzog sie aus Bremen nach Berlin-Lichtenberg. Nach 1945 schloß sie sich der SED an, ohne wichtige Funktionen auszuüben. Gesine Becker starb am 9. Dezember 1968 in Ost-Berlin. BECKER, Karl Albin (1894-1942) Geboren am 19. November 1894 in Han- nover als Kind einer sozialistischen Fami- lie. Auch seine Geschwister waren später Kommunisten (s. Ernst Becker). Mit 15 Jahren 1909 Mitglied der Sozialistischen Jugendorganisation, 1912 der SPD. Während des Weltkrieges gehörte er zu- nächst in Dresden, dann in Bremen zu den führenden Köpfen der »Bremer Linksradi- kalen«. Deswegen 1917 verhaftet, gelangte er erst durch den Ausbruch der November- revolution wieder in die Freiheit. Mitglied des A- und S-Rates Dresden. Delegier- ter der »Internationalen Kommunisten Deutschlands« auf dem Gründungsparteitag der KPD. 1919 aktiver Funktionär der KPD, Mitglied des Bremer »21er Aus- schuß«. Bei der Spaltung 1919 zunächst beim linken Flügel, aktiver Anhänger einer »Allgemeinen-Arbeiter-Union«. Im März 1920 Abkehr von der Opposition. 1921 führend in der Hamburger KP und Chef- redakteur der »Hamburger Volkszeitung«. Auf dem Leipziger Parteitag im Januar 1923 als einer der Jüngsten Mitglied der Zentrale. Er leitete als Obersekretär die Bezirke Wasserkante und Nordwest und mußte nach dem Parteiverbot 1923 - steck- brieflich gesucht - untertauchen. Er arbei- tete vorübergehend in Schlesien und dann bis zum Frankfurter Parteitag (1924) wie- der als Chefredakteur der »Hamburger Volkszeitung«, einem bedeutenden KP- Organ. In den Auseinandersetzungen nach 1923 gehörte er zu den »Rechten« (Brandler, Thalheimer, Walcher). Er lebte einige Zeit in Moskau. Nach seiner Rückkehr im Jahre 1925 schloß er sich eng an die Gruppe um Ernst Meyer an und gelangte mit dieser Gruppe 1926 wieder in wichtige Funktio- nen. Becker arbeitete in der Gewerkschafts- abteilung des ZK und von 1927 bis An- fang 1928 als Chefredakteur der KPD- Gewerkschaftszeitung »Kampf«. Der Esse- ner Parteitag 1927 wählte Becker wieder als Mitglied ins ZK. 1928 KPD-Abgeord- neter des preußischen Landtags. Bei den innerparteilichen Auseinanderset- zungen 1928 einer der Wortführer der »Versöhnler« und mit diesen aus allen wich- tigen Funktionen verdrängt, 1929 nicht mehr ins ZK gewählt. Becker kapitulierte und fand in Nebenorganisationen der KPD Becker, Karl/Behr 71 (Rote Hilfe, Kampfbund gegen den Fa- schismus) Verwendung. 1931-1933 in Berlin Landessekretär des »Bundes der Freunde der Sowjetunion«. Nach 1933 arbeitete er für die KPD in Frankreich und übernahm 1937 in Paris beim Weltkomitee der »Freunde der So- wjetunion« eine führende Funktion. 1942 wurde Becker vom Vichy-Regime an Deutschland ausgeliefert, am 4. September 1942 zum Tode verurteilt und am 1. De- zember 1942 in Plötzensee hin gerichtet. In dem letzten Brief an seine Frau schrieb er: »Ich stehe jetzt vor meinem letzten Gang aus dieser Welt. Die letzten 12 Wochen habe ich ebenso zuversichtlich verlebt, wie ich das Urteil entgegengenommen habe, und wie Du es auch getan hast, tapfer und auf- recht. Ich sterbe aufrecht, wie ich gelebt habe, wie ein Soldat für mein Ideal.« BECKER, Ludwig (geb. 1892) Geboren am 25. Oktober 1892 in Gmünd (Württemberg) als Sohn eines Goldschmieds und alten Sozialisten, erlernte den Beruf eines Fassers (Spezialberuf der Gold- schmiedebranche) und ging anschließend auf Wanderschaft. 1907 Eintritt in die Gewerk- schaft und die Sozialistische Jugendorgani- sation, 1910 in die SPD. Übersiedelte 1911 von Gmünd nach Berlin und besuchte hier die Arbeiterbildungsschule, an der auch Rosa Luxemburg wirkte. 1913 Einberufung zum Militär; bis 1918 Soldat. Von der Front aus hielt er enge Verbindung mit der Stuttgarter radikalen Gruppe Westmeyer. 1918 in den Soldaten- rat gewählt. Mitglied des Spartakusbundes. Seit der Gründung für die KPD aktiv. Bis 1922 in seinem Beruf tätig. Delegierter des VIII. Parteitages 1923. Mit anderen Stuttgarter Funktionären wurde Becker wegen seiner Tätigkeit für die illegale KPD Anfang 1924 verhaftet und am 27. Sep- tember 1924 zu 1V2 Jahren Gefängnis ver- urteilt. Während der Haft im Mai 1924 in den Württembergischen Landtag gewählt, so daß er als Abgeordneter einige Monate früher aus dem Gefängnis entlassen werden mußte. Im Juli 1925 Parteisekretär in Stuttgart. In den folgenden Jahren im Bezirk Würt- temberg tätig; Anhänger des rechten Par- teiflügels. 1928 erneut in den Landtag ge- wählt. 1929 als »Rechter« aus der KPD ausgeschlossen. Er trat zur KPO über und blieb für diese bis 1932 im württembergi- schen Landtag. Im Dezember 1930 haupt- amtlicher Bevollmächtiget des Metallarbei- terverbandes in Schwenningen; diese Funk- tion behielt er bis 1933. 1933 versuchte die »Deutsche Arbeitsfront« ihn für die NSDAP zu gewinnen. Becker lehnte alle Angebote ab und arbeitete bis 1938 in seinem Beruf. Als oppositioneller Kommunist war er von 1938-1945 im KZ Buchenwald. Nach Schwenningen zurück- gekehrt, baute er die KPD auf und war einige Monate stellvertretender Bürgermei- ster. 1948 Leiter der IG Metall Südwürt- temberg-Hohenzollern. KPD-Abgeordne- ter des Landtags Südwürttemberg-Hohen- zollern. Nach neuen Differenzen mit der KPD wurde er 1951 aus der Partei aus- geschlossen, er trat 1955 der SPD bei. Von 1953-1959 war Becker Bezirksleiter der IG Metall Baden-Württemberg in Stuttgart; 1969 lebte er im Ruhestand in Stuttgart. BEHR, Karl (1892-?) Am 29. Mai 1892 in Gleiwitz geboren; arbeitete in mehreren Berufen, u. a. als Autoschaffner. Er trat 1920 der KPD bei und übte verschiedene Funktionen aus, so gehörte er als KPD-Abgeordneter dem schlesischen Provinziallandtag an. 1927 wurde er Orgleiter des Bezirks Ober- schlesien. Nach 1928 leitete er die RGO und 1932 war er kurze Zeit Polleiter in Oberschlesien. Er lebte auch in den drei- ßiger Jahren in Gleiwitz. 1932 Kandidat für den preußischen Landtag, aber nicht gewählt. Weitere Daten seines Lebenslaufs ließen sich nicht ermitteln. 72 Bellemann/Benscheid BELLEMANN, Franz (geb. 1899) Am 30. August 1899 in Heilbronn gebo- ren; lernte Buchbinder und war in diesem Beruf tätig. 1919 USPD, 1920 mit deren linkem Flügel zur KPD, in der er zunächst wiederum dem linken Flügel angehörte. Nach dem Frankfurter Parteitag 1924 trat er in Württemberg in den Vordergrund. Auf dem Berliner Parteitag 1925 Mitglied der Politischen Kommission. Ab 1925 Lei- ter des RFB in Württemberg und zugleich Mitglied der BL, in der er 1926/27 eng mit dem neuen Polleiter Fugger zusammenar- beitete. Bellemann wurde auf dem Essener Parteitag 1927 als Kandidat ins ZK ge- wählt. Während der Auseinandersetzung nach der Wittorf-Affäre gehörte er zu den »Versöhnlern«. Nach der Auflösung dieser Gruppe wurde Bellemann Agitprop-Sekre- tär in Württemberg. Zusammen mit dem Polleiter Schlaffer und Orgleiter Schneck wurde er im Januar 1932 vom ZK-Beauf- tragten Ulbricht abgesetzt. Nach 1933 arbeitete er zunächst illegal wei- ter, wurde verhaftet und war bis 1945 im KZ. Nach 1945 wieder als Buchbinder tä- tig; er war nicht mehr hauptamtlich für die KPD aktiv, soll aber Mitglied der Partei gewesen sein. Bellemann lebte 1969 in Stuttgart. BENKWITZ, Max (geb. 1889) Geboren am 23. Juli 1889 in Groitschen (Thüringen), lernte Former. 1909 Mitglied der Gewerkschaft und 1912 der SPD. 1917 USPD; trat mit der linken USPD 1920 zur KPD über. Benkwitz spielte eine führende Rolle in Zeitz, wo er sich nach dem Krieg als Berg- arbeiter niedergelassen hatte. Nach den Un- ruhen der Bergarbeiter im Zeitzer Gebiet (1923), bei denen es 11 Tote gab, mußte Benkwitz aus Zeitz fliehen. Er wurde Par- teisekretär in Schlesien und Oberschlesien. Im November 1923 in Breslau (wo die Po- lizei durch Alfred Hamann genau infor- miert war) verhaftet. Im Mai 1924 zum Reichstagsabgeordneten der KPD gewählt, wurde er aus dem Ge- fängnis entlassen. Als Anhänger der Ruth Fischer-Führung Mitglied der Bezirkslei- tung Halle-Merseburg und Leiter des Un- terbezirks Zeitz. Im Dezember 1924 nicht mehr in den Reichstag gewählt. Nach dem »Offenen Brief« 1925 schloß sich Benkwitz der linken Opposition an und faßte noch im August 1927 als Polleiter die linken Funktionäre in Zeitz zu Fraktionssitzungen zusammen, auf denen Urbahns sprechen konnte. Er löste sich von der Opposition, wohl nicht zuletzt deshalb, weil ihm 1927 ein Prozeß vor dem Reichsgericht bevorstand. Die KPD-Führung drohte ihm die Entzie- hung jeder Unterstützung an, falls er sein »fraktionelles Treiben« nicht aufgäbe. Benkwitz erhielt zwei Jahre Festung (we- gen Zersetzung der Schupo und Vorberei- tung zum Hochverrat), die er teilweise auf der Festung Gollnow absaß. 1928 Mitglied des Provinziallandtags von Halle-Merseburg. Leiter des RFB-Halle- Merseburg, den er (nach dessen Verbot 1929) illegal weiterführte. Im Juni 1934 verhaftet, war er bis Kriegs- ende in verschiedenen KZs (u. a. Buchen- wald). Nach 1945 Leiter der KPD Zeitz und 1946 einer der beiden Vorsitzenden der SED Zeitz. 1951 abgelöst, arbeitete er bis 1955 als Abteilungsleiter des Rates der Stadt Zeitz. Seither lebt er als »Arbeiter- veteran« in Zeitz. Benkwitz erhielt den »Vaterländischen Verdienstorden«, zu sei- nem 70. Geburtstag das »Banner der Arbeit« und im August 1969 die Ehrenspange des »Vaterländischen Verdienstordens in Gold«. BENSCHEID, Gustav Adolf (1888 bis 1961) Geboren am 9. September 1888 in Rem- scheid als Sohn des Feilenhauers Albert Benscheid. 1902-1904 Schlosserlehre, bis 1920 in seinem Beruf tätig. 1907 Mitglied der Gewerkschaft und der SPD. 1910 Funk- Benscheid/Bertz 73 tionär in der Ortsverwaltung Remscheid des DMV. KPD-Mitglied seit deren Grün- dung. Von 1920-1923 Gwerkschaftsange- stellter in Remscheid (DMV). Anschließend Redakteur der KPD-Zeitung »Bergische Volksstimme«. Wichtiger Agitator der KPD im Rhein- land, 1924 in den preußischen Landtag gewählt. Auf dem X. Parteitag 1925 Mit- glied der Politischen Kommission. Mitte 1926 wurde Benscheid nach Mönchen-Glad- bach geschickt, um dort den Einfluß des Ultralinken Schlagewerth einzudämmen. Delegierter des XI. Parteitages 1927, auf dem er gegen die linke Opposition auf- trat. Seit Oktober 1927 Sekretär des Unterbe- zirks Koblenz. Auch 1928 wurde Benscheid wieder in den Landtag gewählt. Auf dem XII. Parteitag in Berlin-Wedding wandte er sich nicht nur scharf gegen die »Versöhn- ler« sondern warf der Partei auch »Brand- lerismus« vor, weswegen er von Thälmann angegriffen wurde. Die Delegation Nieder- rhein distanzierte sich von Benscheid und in der Folgezeit trat er etwas in den Hinter- grund. 1932 arbeitete er als Instrukteur der KPD in Braunschweig, zur Landtagswahl 1932 wurde er nicht mehr als Kandidat aufge- stellt. Nach 1933 war er als Feilenhauer mit Heimarbeit beschäftigt und eröffnete nach dem Krieg eine kleine Fabrik in Remscheid. Politisch war er nicht mehr organisiert. Benscheid starb am 26. Oktober 1961 in Remscheid. BERTZ, Paul (1886-1950) Geboren am 2. August 1886 in Mühlhau- sen (Thüringen). Werkzeugschlosser. Nach der Militärzeit ging er 1909 auf Wander- schaft und trat 1910 der SPD bei. Er ließ sich in Chemnitz nieder, wo er dem Sparta- kusbund und der KPD seit ihrer Gründung angehörte. Delegierter des Vereinigungspar- teitages 1920 und des Jenaer Parteitags 1921. In Chemnitz gehörte Bertz zum lin- ken Flügel der Partei, der erst Mitte 1924 Einfluß erlangte. Seit Dezember 1922 vertrat Bertz die KPD im sächsischen Landtag, er wurde im De- zember 1924 auch in den Reichstag ge- wählt. 1924 Orgleiter des Bezirks Erzge- birge-Vogtland, vorübergehend auch Pol- leiter in diesem wichtigen Bezirk. Auf dem X. Parteitag der KPD (Juli 1925) Mitglied der Politischen Kommission; zum Kandidaten des ZK gewählt. Delegier- ter des Erweiterten EKKI und der Orgkon- ferenz des EKKI in Moskau 1925. Ab August 1925 Mitarbeiter der Gewerk- schaftsabteilung des ZK. Der Weddinger Parteitag 1929 wählte Bertz als Kandidat ins ZK. 1928 wurde er auch wieder Reichs- tagsabgeordneter. Bertz gehörte zur sogenannten Chemnitzer Richtung, die in den Jahren 1926/28 eine »linke« Opposition betrieb, und er wurde nach Berlin geholt, um die Opposition in Chemnitz zu schwächen. Nach der Kurs- schwenkung 1928 trat er sehr in den Vor- dergrund, er war Mitglied der Gewerk- schaftsabteilung des ZK, doch wurde er schon 1930 zusammen mit Paul Merker wegen »linker Abweichung« angegriffen. 1930 nicht mehr in den Reichstag gewählt. Er arbeitete in der RGO, doch hatte er an Einfluß wesentlich eingebüßt. Bis Ende 1933 Instrukteur in Deutschland; als »Johann« übernahm er dann die Ab- schnittsleitung West der illegalen KPD (vom Ausland her) und war 1936 »Ober- berater« in Amsterdam. Bertz nahm 1935 am VII. Weltkongreß der Komintern teil und wurde auf den Parteikonferenzen der Emigrations-KPD 1935 und 1939 ins ZK gewählt. Bis Kriegsausbruch war er Sekre- tär des ZK in Paris. Er wurde interniert, konnte aber 1940 in die Schweiz fliehen. Am 1. November 1939 entzog ihm die Hitler-Regierung die deutsche Staatsange- hörigkeit; seine Frau war schon 1934 ge- storben. Bertz sprach sich gegen den Stalin- Hitler-Pakt aus und erhielt deshalb keine einflußreiche Funktion mehr. 74 Bertz/Beutling 1945 nach Berlin zurückgekehrt, wurde er Stellvertretender Chef der Deutschen Zen- tralverwaltung für Justiz. Da er die Ver- einigung mit der SPD ablehnte und die Politik der KPD bzw. der SED nicht bil- ligte, übernahm er 1946 (obwohl SED- Mitglied) keine hauptamtliche Funktion mehr. Er soll wieder als Dreher im Betrieb gearbeitet haben. Bertz verübte am 19. April 1950 Selbst- mord. Kurz nach seinem Tode (am 24. Au- gust 1950) gab das ZK der SED eine Er- klärung zur Verbindung ehemaliger Emi- granten mit Noel Field ab. Darin wurde Bertz (gemeinsam mit Kreikemeyer, Lex Ende, Leo Bauer u. a.) beschuldigt, ein »Agent« gewesen zu sein. BESSER, Erich (1890-?) Geboren am 27. Januar 1890 in Aschers- leben. Gärtner. Frühzeitig der Arbeiterbe- wegung beigetreten. Nach der Rückkehr aus dem Krieg, den er als Soldat miterlebte, Mitglied der USP, 1920 mit der linken USP Übertritt zur KPD. Anschließend Parteifunktionen in Mitteldeutschland. 1924 in den Landtag von Anhalt gewählt, übernahm er die Orgleitung des Bezirks Magdeburg-Anhalt. Delegierter des IX. und X. Parteitages. Auf dem X. Parteitag 1925 in die Politische Kommission gewählt. Besser war 1925 Anhänger der Ultralinken und nach dem »Offenen Brief« aktiver An- hänger der linken Opposition. Einer der wenigen, die auf der 1. Parteikonferenz im Oktober 1925 gegen den Ausschluß Scho- lems aus dem ZK protestierten. Ende 1925 als Orgleiter abgesetzt; solidarisierte sich 1926 mit der russischen Opposition. 1927 aus der KPD ausgeschlossen, war er noch einige Zeit für die linke Opposition tätig und blieb bis 1928 im Landtag von Anhalt. 1928 kapitulierte er vor dem ZK, er wurde wieder in die Partei aufgenommen und er- neut als Abgeordneter in den Landtag ge- wählt. Auch 1932 zog er wieder in den Landtag ein. 1933 verhaftet, eröffnete Bes- ser nach seiner Entlassung ein Kolonial- warengeschäft. Er wurde 1944 erneut inhaf- tiert, weil er zur kommunistischen Wi- derstandsgruppe Schwantes Verbindung hatte. Weitere Daten seines Lebenslaufs ließen sich nicht ermitteln. BETZ, Adolf (geb. 1897) Geboren am 11. Mai 1897 in Pirmasens. Nach der Schulentlassung Zuschneider in einer Schuhfabrik. 1919 Mitbegründer der KPD-Ortsgruppe Pirmasens. Seit 1921 Mit- glied der Bezirksleitung Pfalz und Vorsit- zender der Ortsgruppe Pirmasens. Gehörte mit der Mehrheit der Bezirksleitung zu den Ultralinken, dann zur »Weddinger Oppo- sition«. Teilnehmer des XL Parteitages 1927. Als Vertreter der »Weddinger Oppositon« der Pfalz in die Politische Kommission des Parteitags und dann ins ZK gewählt. Auf der ZK-Tagung am 8 79. Dezember 1927 trennte sich Betz, der sich schon auf dem XL Parteitag von seiner Fraktion ent- fernt hatte, offiziell von der Opposition und ging zur ZK-Mehrheit über. 1929 nicht mehr ins ZK gewählt. Bis 1933 übte er ver- schiedene Funktionen aus. Nach 1933 mehr- fach verhaftet. 1945 wurde Betz Verwaltungsangestellter in Pirmasens. Er trat wieder der KPD bei und zog 1946 für seine Partei als Abge- ordneter in den Landtag von Rheinland- Pfalz ein, dem er bis 1951 angehörte. Betz lebte 1969 als Rentner in Pirmasens. BEUTLING, Theodor (1898-1937?) Geboren am 22. Januar 1898 in Odessa, kam als Kind mit seinen Eltern nach Deutschland. Nach der Volksschule Metall- arbeiter. 1918 Mitglied der USPD, ab 1920 der KPD. 1924 Chefredakteur der Partei- zeitung in Mecklenburg, später auch bei anderen KPD-Blättern. Beutling/Birkenhauer 75 1928 zog er als Abgeordneter in den Reichstag ein, wurde aber 1930 nicht wie- dergewählt. Ende 1928 als Nachfolger von Frenzel Sekretär für Gewerkschftsfragen der Bezirksleitung Berlin-Brandenburg. Im Herbst 1929 wurde er als Freund Piecks abgesetzt, nunmehr im Freidenkerverband aktiv. Ab 1930 wieder Redakteur bei Par- teizeitungen. Als er 1932 die Redaktion der KPD-Zei- tung »Volkswacht« in Stettin leitete, wurde er im Juni zu vier Monaten Gefängnis ver- urteilt. 1933 emigrierte Beutling in die So- wjetunion, wo er bis 1937 Leiter der Mos- kauer »Universität des Westens« war. 1937 von der NKWD verhaftet, gilt seitdem als verschollen. BEUTTEL, Wilhelm (1900-1944) Geboren am 10. August 1900 in Durlach (Baden). Lernte das Schneiderhandwerk. Er trat 1917 in die USPD ein und ging mit deren linkem Flügel zur KPD. Von 1921 bis 1923 Leiter des Bezirks Hessen der Kommunistischen Jugend. Von 1922-1928 KPD-Stadtverordneter in Friedberg. 1929 Orgleiter des Bezirks Hessen-Kassel. Ende 1929 kam Beuttel auf die Lenin- Schule nach Moskau, von der er 1931 zu- rückkehrte. Er wurde Orgleiter in Hessen- Frankfurt und gehörte bis 1933 dem hes- sischen Landtag an. Nach 1933 arbeitete er in der Emigration für die KPD, bis 1938 leitete er in Paris die Schulung der Partei. 1941 illegale Rück- kehr nach Deutschland. Beuttel gehörte zur Gruppe Knöchel. Nachdem bereits Seng, Kowalke und Knöchel verhaftet waren, konnte die Gestapo im Januar 1943 auch Beuttel festnehmen. Er wurde zum Tode verurteilt und am 27. Juli 1944 hingerich- tet. In seinem letzten Brief an seine Frau hatte er geschrieben: »Dieser Brief ist das letzte Lebenszeichen und Liebeszeichen von mir. Heute, am 27. Juli, 15 Uhr, wird mein Kopf, der so viele liebe Gedanken für Dich barg, in den Sand rollen. Mein Urlaub auf dieser Erde ist damit abgelaufen, und ich werde wie so viele andere >eingeschreint sein im Herzen der Menschheit<, die heute ja so viel Leid erdulden muß. Wenn ich daran denke, wie wir so oft gemeinsam der Matthäus-Passion gelauscht haben und wie unsere Blicke sich zuletzt begegneten, wäh- rend auf der Tribüne des Konzertgebäudes der Schlußchor von Beethovens 9. Sympho- nie losbrauste, dann wird mir doch ein wenig weh ums Herz. >Alle Menschen werden Brüden. Ja, dafür habe ich gelebt und gekämpft von frühester Jugend an. Und wenn auch mein Leben auf diese Art enden muß, so bin ich dem Schicksal doch dankbar, daß es mich dieses Leben - und besonders die letzten 10 Jahre an Deiner Seite - leben ließ. Ich habe in meiner Pas- sionszeit Zeit genug gehabt, mein Tun und Handeln zu überprüfen, und weiß, daß ich mir nichts vorzuwerfen habe. Allein das, daß es mir nicht gelungen ist, mich für Dich zu erhalten. Aber ich schrieb Dir schon im letzten Brief, daß gegen Verrat noch kein Kraut gewachsen ist. Schlimm, sehr schlimm ist das alles für Dich und meine lieben Angehörigen. Tragisch ist es, denn ich komme mir vor wie ein Rennpferd, das kurz vor dem Ziele stürzt. Ich hätte gern noch erlebt, daß die Menschheit und vor allem mein geliebtes deutsches Volk von den furchtbaren Leiden des Krieges erlöst werden würde . ..« BIRKENHAUER, Erich (1903-1937?) Geboren am 21. Januar 1903 in Essen. Be- suchte bis 1922 das Lehrerseminar, ohne seine Ausbildung zu beenden. 1919 Mit- glied der Freien Sozialistischen Jugend. 1924 traten er und sein Bruder Wilhelm der KPD bei. Nach einer Volontärzeit arbeitete Birkenhauer 1925 als Redakteur beim »Ruhr-Echo« in Essen. 1926 Leiter des Unterbezirks Essen des Kommunistischen Jugendverbandes. 1928 Redakteur des KPD-Organs »Niederrhei- nische Arbeiterzeitung« in Duisburg. 1929 76 Birkenhauer/Bittel Agitpropsekretär der Bezirksleitung Ruhr. Im Oktober 1929 wegen Vorbereitung zum Hochverrat zu einem Jahr Festung verur- teilt. Nach der Entlassung aus der Festung Gollnow im Oktober 1930 Sekretär des Bezirks Ruhr. 1931 Nachfolger von Albert Norden als Chefredakteur des »Ruhr- Echo«. 1932 übersiedelte Birkenhauer nach Berlin und gehörte neben Werner Hirsch und Heinrich Meyer zu jenen engen Mitarbei- tern Thälmanns, welche auf die Politik der KPD größeren Einfluß hatten als das Polit- büro. Nach einem Treffen mit Herbert Wehner und Sepp Schwab wurde Birkenhauer am 3. März 1933 verhaftet. In seiner Aussage erklärte er: »Ich bin heute in Berlin aus Essen angekommen, traf einige Freunde und bin dann zur Wohnung Thälmanns in der Lützowstr. 9 verwiesen worden. Dar- über, mit wem ich in Essen zu tun gehabt habe, möchte ich nichts sagen. Die Bezeich- nung >Sekretär< des Herrn Thälmann ist dahingehend zu verstehen, daß ich einer seiner Mitarbeiter bin.« Birkenhauer wurde am 5. Oktober 1933 aus der »Schutzhaft« entlassen. Er war als Zeuge zum Reichstagsbrandprozeß geladen, erschien aber nicht. Birkenhauers Aussage in der Voruntersuchung belastete allerdings. Torgier im Reichstagsbrandprozeß: um nicht selbst in den Verdacht zu geraten, hatte Birkenhauer die Unwahrheit gesagt und damit Torgier schwer geschadet. Birkenhauer floh ins Ausland, arbeitete für die KPD in Prag, Paris und in Moskau, wo er 1937 verhaftet und wahrscheinlich er- schossen wurde. Als ihm die Hitler-Regie- rung am 17. Oktober 1938 die deutsche Staatsbürgerschaft aberkannte, war er ver- mutlich schon tot. Birkenhauer war noch im August 1944 im deutschen Fahndungsbuch ausgeschrieben. Er dürfte also kein »Verräter« gewesen sein. BISCHOFF, Hermann (1875-?) Geboren am 18. Oktober 1875 in Gräfen- roda, als Sohn eines Kleinbauern, erlernte das Müllerhandwerk. Bischoff kehrte nach der Wanderschaft in seine Thüringer Hei- mat zurück, wo er sich noch vor dem 1. Weltkrieg der SPD anschloß. Von 1924-1927 KPD-Landtagsabgeordne- ter in Thüringen und Mitglied der BL (Abt. Land). Später trat er politisch nicht mehr hervor. Nach 1933 Pächter einer Gastwirtschaft in ölschroda bei Friedersdorf. Am 22. Au- gust 1944 verhaftet und ins KZ Buchen- wald eingeliefert. Am 2. September 1944 wieder aus dem KZ entlassen, kehrte er nach ölschroda zurück. Weitere Daten sei- nes Lebenslaufs ließen sich nicht ermitteln. BITTEL, Karl, Dr. rer. pol. (1892 bis 1969) Geboren am 22. Juni 1892 in Darmstadt, Sohn eines hessischen Staatsbeamten. 1911 legte er das Abitur am Realgymnasium in Freiburg ab und war Mitglied der bürger- lichen Jugendbewegung. Er studierte in Heidelberg, Freiburg und Tübingen und promovierte am 11. März 1915 in Tübin- gen mit einer Dissertation über das Thema »Eduard Pfeiffer und die deutsche Kon- sumgenossenschaft«. Während des Krieges betätigte sich Bittel als Journalist; er gab die Zeitschrift »Poli- tische Rundbriefe« heraus und gehörte der »Freideutschen Jugend« an. Nach der No- vemberrevolution 1918 wurde er in den Arbeiter- und Soldatenrat in Karlsruhe gewählt. Er trat der SPD bei, ging aber schon im Februar 1919 in Stuttgart zur KPD über. In der Folgezeit hauptamtlicher Funktionär der KPD, zunächst als Redakteur (u. a. beim Chemnitzer »Kämpfer«). 1921 Leiter der Abteilung »Genossenschaft« in der Ber- liner Zentrale. Ende 1924 ging er als Spe- zialist für Genossenschaftswesen nach Mos- kau und arbeitete in der Gewerkschafts- Bittel/Bleier 77 abteilung des EKKI. Im Januar 1927 Rückkehr nach Deutschland, vorübergehend in Württemberg, dann erneut in der Ge- nossenschaftsabteilung des ZK der KPD tätig. Bittel tendierte zum rechten Flügel der Par- tei und trat daher in der ultralinken Peri- ode nach 1928 in den Hintergrund. 1933 wurde er verhaftet und einige Zeit im KZ Heuberg und in Ulm festgehalten. Er arbeitete dann wissenschaftlich, verfaßte eine Schrift über den Bauernkrieg, 1940 erschien eine Arbeit »Messmer und sein Problem«, 1942 eine Paracelsus-Dokumen- tation. Seine Arbeiten wurden in Deutsch- land gedruckt. Er lebte unbehelligt am Bo- densee. 1945 wurde Bittel wieder journalistisch ak- tiv und trat der KPD bei. 1946 Chefredak- teur der KPD-Zeitung »Unser Tag« in Offenburg und Mitglied der KPD-Landes- leitung in Südbaden. Im September 1949 Leiter des »Instituts für Zeitgeschichte« in Ostberlin. Am 1. Oktober 1957 Professor mit Lehrauftrag an der Humboldt-Univer- sität. Längere Zeit hindurch Vorsitzender des »Verbandes der deutschen Presse« der DDR. Inhaber einer Reihe von Orden und Auszeichnungen. Zu seinem 70. Geburtstag wurde ihm die höchste Auszeichnung der DDR, der Karl-Marx-Orden, verliehen. Bittel veröffentlichte auch nach 1945 zahl- reiche Schriften, u. a. »Die Feinde der deutschen Nation«, Berlin 1952; »Vom Potsdamer Abkommen zur Viermächtekon- ferenz«, Berlin 1953; »Zeitgeschichte als Wissenschaft«, Berlin 1956. Bittel starb am 18. April 1969 in Ost- Berlin. BLAU, Ewald (Pseud, von Thoma, Karl) (1899-1939) Geboren am 8. Juni 1899 in Königsberg. Die Jugend von Karl Thoma liegt im Dun- kel. Er arbeitete schon 1923 im zentralen Apparat der KPD (im M-Apparat, d. h. der militärischen Organisation); 1924 war er Sekretär im illegalen Apparat des KJVD. Blau war außerdem seit 1926 Archivar im ZK der KPD. Obwohl seine Zugehörigkeit zum M-Apparat bekannt war, setzte man ihn - der Ende 1925 verhaftet wurde - nach einer nichtöffentlichen Sitzung des Staatsgerichtshofes am 11. März 1926 au- ßer Verfolgung. 1927 Teilnehmer des XL Parteitages in Es- sen, wo er in die Politische Kommission gewählt wurde. Nach der Linkswendung von 1928 war der dem linken Flügel ange- hörige Blau nicht nur als Archivar tätig, er übernahm auch wichtige politische Funktio- nen und gewann wesentlichen Einfluß auf die Geschäftsführung der KPD. Nach dem Zusammenschluß der drei sächsischen Be- zirke ging er Ende 1929 als Agitprop- sekretär nach Sachsen. Bis 1932 übte er auch andere wichtige Bezirksfunktionen aus. 1932 aktiver Anhänger der Neumann- Gruppe. Blau-Thoma emigrierte 1934 und kämpfte während des Bürgerkriegs in Spanien. Er war Kriegskommissar der XL Internatio- nalen Brigade und fiel am 29. Januar 1939- Es fehlte nicht an Vermutungen, nach denen Blau Polizeiagent in der KPD-Zen- trale war, aus der die Abteilung IA des Berliner Polizeipräsidiums wichtige Infor- mationen erhielt. Seine erstaunliche Freilas- sung 1926 nährte diesen Verdacht, der nie bewiesen wurde, da der tatsächliche Ver- trauensmann der politischen Polizei im ZK nicht bekannt wurde. BLEIER, Oswald (1889—1936) Geboren am 17. Dezember 1889 in Voigts- grün. Nach der Schulentlassung Lehre und anschließend Tätigkeit als Böttcher. Nach dem Weltkrieg Arbeiter in Riesa, wo er sich der KPD anschloß. 1926 sächsischer Landtagsabgeordneter. Bei der Spaltung der Fraktion Anfang 1929 blieb er mit der Mehrheit auf der ZK-Linie, wurde aber trotzdem 1929 nicht mehr als Landtagskan- didat aufgestellt. 7 8 Bleier/Blinn Bleier wurden »versöhnlerische Tenden- zen« vorgeworfen, er arbeitete aber aktiv weiter in der KPD. Sekretär in Riesa und Mitglied der Bezirksleitung Westsachsen. 1933 wurde er verhaftet und ins KZ über- führt. Nach seiner Entlassung Ende 1933 reihte er sich sofort wieder in den illegalen Widerstandskampf ein. Am 8. Juli 1935 verurteilte man ihn dafür zu 5 Jahren Zuchthaus. Am 9. Mai 1936 kam er im Zuchthaus Waldheim ums Leben. Obwohl er Widerstandskämpfer und für die KPD tätig war, wird Bleier heute in entsprechenden Publikationen der SED aus unbekannten Gründen nicht erwähnt. BLENKLE, Konrad (1901-1943) Geboren am 28. Dezember 1901 in Berlin, Sohn des Schlossers und späteren Gastwirts Reinhold Blenkle; gelernter Bäcker. 1919 Mitglied der »Freien Sozialistischen« - später der Kommunistischen Jugend. 1920 KPD, 1921 Anstellung bei der diplomati- schen Vertretung der RSFSR in Berlin. 1923 Sekretär des Kommunistischen Ju- gendverbandes. Anhänger der Linken. 1924 Vorsitzender des KJVD und als sol- cher in den folgenden Jahren auch Mitglied des ZK der KPD. 1925 gehörte Blenkle mit der Mehrheit des KJV zu den unbedingten Anhängern des EKKI, er trat bereits auf dem X. Parteitag 1925 gegen die Ruth-Fischer-Führung auf. Er wurde deswegen vor allem von Geschke heftig attackiert, aber doch ins ZK gewählt. Nach dem »Offenen Brief« war seine Stel- lung gefestigt, er wurde Mitglied des Pol- büros. Der XL Parteitag 1927 wählte ihn erneut als Mitglied ins ZK. 1928 zog er als jüngster Abgeordneter in den Reichstag ein. Der VI. Weltkongreß wählte ihn als Mitglied ins EKKI. Ende 1928 setzte ihn das ZK der KPD als Vorsitzenden des KJVD ab, weil er gegen die Aufhebung des ZK-Beschlusses zur Wittorf-Affäre opponiert hatte. Obwohl er weder den »Versöhnlern« noch gar den Rechten angehörte, schien ihm die Methode falsch, mit der die Korruption vertuscht wurde. Man »degradierte« ihn zum Pollei- ter des 14. Berliner Verwaltungsbezirks. In der Folgezeit war Blenkle Redakteur der »Jungen Garde«, des Organs des KJVD, außerdem betätigte er sich im ille- galen RFB. Ins ZK (1929) und in den Reichstag (1930) wurde er nicht mehr ge- wählt. 1931 wegen Pressevergehens zu 1V2 Jahren Festung verurteilt, setzte ihn die Parteiführung nach seiner Entlassung 1932 in Oberschlesien ein. Ab März 1933 illegale Arbeit in Berlin. Im April 1934 Emigration. Bis Dezember 1936 als Instrukteur tätig. 1937 in der Schweiz verhaftet; erst in letzter Minute konnte seine Auslieferung nach Deutsch- land verhindert werden. Ab 1938 2. Lei- ter der KPD-Abschnittsleitung Nord in Kopenhagen, die für Norddeutschland zu- ständig war. Im Dezember 1941 in Kopen- hagen festgenommen. Vom Volksgerichts- hof wegen Vorbereitung zum Hochverrat zum Tode verurteilt. Blenkle wurde am 20. Januar 1943 in Plötzensee hingerichtet. In seinem letzten Brief an sein Kind schrieb er: » .. . Ich habe den letzten Nachmittag verlebt und gehe dem Ende ruhig entgegen. Als Kämpfer habe ich gelebt und werde als Kämpfer sterben. Für eine Idee eintre- ten zu können, ist eine große, ehrenvolle Sache. Das gibt mir Kraft bis zum Letz- ten ...« BLINN, Klara (geb. 1895) Klara Guntwolf wurde am 14. September 1895 in Rapperswil (Schweiz) als Tochter eines Heizers geboren. Der Vater, ein Württemberger, war Sozialist, der mit der Familie durch die Lande zog. Nach der Schulentlassung arbeitete Klara Guntwolf fünf Jahre in der Schweiz und ein Jahr in Luxemburg als Hausmädchen. Sie kam dann nach Emmendingen im Schwarzwald, wo die Eltern seit 1908 wohnten, und ar- beitete in einer Schuhfabrik. 1919 heiratete Blinn/Böning 79 sie den Arbeiter Blinn, im gleichen Jahr trat sie der USP bei und kam mit der linken USP 1920 zur KPD. Seit Mitte der zwanziger Jahre Mitglied der BL Baden, wurde sie vom XII. Parteitag 1929 als Kandidat ins ZK gewählt. Seit 1931 ar- beitslos, gehörte sie bis 1933 ehrenamtlich dem ZK an. 1933 einige Wochen verhaftet, war sie wie- der als Arbeiterin tätig. 1944 nochmals kurz inhaftiert. 1945 wieder Mitglied der KPD, war sie für die Partei im lokalen Rahmen aktiv. Sie lebte 1969 in Emmen- dingen. BOCHERT, Alfred Max (1887-?) Geboren am 19. Juni 1887 in Schmiedefeld (Thüringen). Erlernte das Schneiderhand- werk. Schon vor dem 1. Weltkrieg SPD- Funktionär. 1917 USPD, schließlich 1920 zur KPD. Vorsitzender der KPD in Pöß- neck und KPD-Kreistagsmitglied in Saal- feld. Auf dem Jenaer Parteitag 1921 wurde Bochert in die Statutenkommission und als Mitglied in den ZA gewählt, dem er bis 1923 angehörte. Er war einer der wenigen kommunistischen Bürgermeister (in Katzhütte) und war von 1921-1926 KPD- Landtagsabgeordneter. Bochert zählte zu den »Versöhnlern«, er trat nach 1928 in der KPD nicht mehr hervor. Nach 1933 hatte er in Pößneck eine Damen- und Herrenschneiderei. 1945 trat er wieder der KPD und 1946 der SED bei. Er wurde Bürgermeister in Pößneck. Mit der SED- Politik war er unzufrieden, er trat aber po- litisch weder gegen noch für sie in Erschei- nung. Weitere Daten seines Lebenslaufs ließen sich nicht ermitteln. BOCK, Max (1881-1946) Geboren am 29. Oktober 1881 in Altona, Sohn eines Gastwirts. Lernte Schmied. Auf seiner Wanderschaft schloß er sich 1904 in der Schweiz der Sozialdemokratie an und war von 1911-1915 als Gewerkschaftssekre- tär in Zürich und Basel tätig. 1916 kehrte er nach Deutschland zurück und nahm noch bis 1918 als Soldat am Krieg teil. 1917 schloß er sich der USPD an und war für diese nach 1918 als Sekretär in Südbaden aktiv. Delegierter des USP-Spaltungsparteitags. Mit der linken USPD trat Bock im Dezem- ber 1920 zur KPD über, war Delegierter des Vereinigungsparteitages und wurde in den ZA gewählt. Seit 1921 vertrat er die KPD im badischen Landtag. Von 1922 bis 1924 Stadtrat in Lörrach. Im Zusammenhang mit den KPD-Aufstän- den in Süd- und Mittelbaden im Oktober 1923 verhaftet, aber im April 1924 wieder freigelassen. Als »Nurparlamentarier« be- teiligte sich Bock nicht an den inneren Par- teiauseinandersetzungen und blieb auch in den folgenden Perioden (1925, 1929) Vor- sitzender oder stellvertretender Vorsitzen- der der KPD-Gruppe im badischen Land- tag. Nach 1933 lebte er - einige Male für kürzere Zeit verhaftet - in Heidelberg und arbeitete als Holzschnitzer. 1945 trat er wieder der KPD bei. Im Ja- nuar und Februar 1946 war Bock der erste Arbeitsminister von Württemberg-Baden. Wegen schwerer Krankheit mußte er sein Amt aufgeben. Bock starb am 15. März 1946 in Heidelberg. BÖNING, Hermann (1894-1939) Geboren am 18. Mai 1894 in Heidelberg, Sohn eines Arbeiters. Von 1908-1911 Schlosserlehre, von 1914-1918 Kriegsteil- nehmer. Nach dem Krieg Schlosser in Hei- delberg, wo er 1920 in die KPD eintrat. Anfang 1929 hauptamtlicher Gewerkschafts- sekretär der Bezirksleitung Baden und im gleichen Jahr Abgeordneter des badischen Landtags. Von 1931—1933 Leiter der IAH in Baden. Bis 1933 Mitglied der erweiter- ten Bezirksleitung Baden. 1933 Flucht nach Basel, zur Parteiarbeit nach Deutschland zurückgeschickt. Bereits am 5. August 1933 verhaftet und zu einer mehrjährigen Zuchthausstrafe verurteilt. 8o Böning/Böttcher Am 2. Oktober 1939 wurde Böning vom Zuchthaus Ludwigsburg nach Asperg trans- portiert. Während der Fahrt mit dem Wa- gen kam er ums Leben. Da dem Fahrer des Autos nichts passierte, liegt die Vermutung nahe, daß Böning auf dem Transport er- mordet wurde. BÖSCHEN, Heinrich (1887-1945) Geboren am 27. Oktober 1887 in Bremen, Sohn eines Maurers. Gelernter Maurer. Vor dem 1. Weltkrieg Mitglied der SPD, 1917 der USPD. Als Vertreter der Danziger USPD Delegierter des Vereinigungspartei- tags KPD-USPD im Dezember 1920. Bö- schen übersiedelte ins Rheinland, wo er Gewerkschaftssekretär des DMV wurde. Auf den Parteitagen in Jena 1921 und Leipzig 1923 in den ZA gewählt. Ab 1926 Sekretär für Gewerkschaftsfragen bei der KPD-Bezirksleitung Niederrhein. 1928 KPD-Abgeordneter im preußischen Land- tag. 1929 Orgleiter des wichtigen Bezirks Niederrhein. Delegierter des XII. Parteitags 1929 in Berlin-Wedding. 1930 legte er seine Funktion als Orgleiter nieder. Er wurde 1931 Politischer Leiter des »Einheitsver- bandes der Bauarbeiter« der RGO. 1932 stellte ihn die KPD nicht mehr als Land- tagskandidaten auf. Böschen war weiter in der RGO tätig, wurde 1933 in Berlin verhaftet und noch im gleichen Jahr zu 2 Jahren und 9 Mo- naten Zuchthaus verurteilt. Längere KZ- Haft. Während des Krieges zur »Organi- sation Todt« eingezogen, ist er bei Kriegs- ende verschollen. 1959 wurde Böschen mit dem Zeitpunkt des 31. Dezember 1945 für tot erklärt. BÖTTCHER, Paul Herbert (geb. 1891) Geboren am 2. Mai 1891 in Leipzig. Ge- lernter Schriftsetzer. 1907 trat er in die Sozialistische Jugendbewegung ein und lei- tete 1908 als Vorsitzender die Leipziger Gruppe dieser Organisation (der auch Ul- bricht angehörte). 1908 Mitglied der SPD. Nach der Lehre von 1909-1913 arbeitete er als Setzer und bereiste dabei als Wander- geselle Europa. 1914 hauptamtlicher Ju- gendsekretär der Gewerkschaft. Böttcher stand auf dem linken Flügel der SPD und schloß sich 1917 der USPD an. Im November 1918 wurde er Redakteur der »Leipziger Volkszeitung«. 1920 über- siedelte er nach Stuttgart und übernahm die Chefredaktion des »Sozialdemokrat«, (Organ der linken USP - nach dem Zu- sammenschluß mit der KPD in »Kommu- nist« umbenannt). Delegierter des Spal- tungsparteitages der USP im Oktober und des Vereinigungsparteitages mit der KPD im Dezember 1920. In den ZA der VKPD gewählt. Ab Februar 1921 Chefredakteur des Zentralorgans der KPD »Die Rote Fahne«. Auf dem Jenaer Parteitag 1921 als Mitglied in die Zentrale der KPD berufen. Im Oktober 1921 übernahm Böttcher die Redaktion des »Roten Kurier« in Leipzig, wurde jedoch wieder in die Zentrale beor- dert, bis er 1923 Vorsitzender der sächsi- schen Landtagsfraktion und Leiter des KPD-Bezirks Westsachsen wurde. Auch der Leipziger Parteitag 1923 wählte Böttcher in die Zentrale. Im Oktober 1923 vertrat er die KPD als Finanzminister in der sächsi- schen Regierung Zeigner. Als prominenter Führer der »Rechten« in der KPD verlor Böttcher 1924 seine Funktionen. Er blieb einer der Wortführer der rechten Opposi- tion, weiterhin Mitglied des sächsischen Landtags und war ab 1926 Chefredakteur der »Sächsischen Arbeiterzeitung« in Leip- zig. Auf dem XL Parteitag 1927 wegen des Widerstandes der Leipziger Linken nicht ins ZK gewählt. Bis 1928 blieb er Vorsitzender der sächsischen Landtagsfrak- tion und Mitglied der Bezirksleitung West- sachsen. Als führender »Rechter« verlor er Ende 1928 auch seine Position bei der Leipziger »Sächsischen Arbeiterzeitung«, am 4. Ja- nuar 1929 erfolgte sein Ausschluß aus der KPD. Bis 1933 gehörte er dann zur Füh- Böttcher/Bohn 81 rung der KPO, war Pol-Sekretär der KPO- Bezirksleitung Westsachsen, Mitglied der Reichsleitung der KPO und vorübergehend Redakteur ihres Organs »Arbeiterpoli- tik«. Im März 1933 Emigration in die Schweiz. Dort war er Journalist, aber auch für den sowjetischen Nachrichtendienst (dem er wahrscheinlich schon seit 1927 angehört hatte) tätig und wurde deshalb für einige Zeit inhaftiert. 1945 floh Böttcher in die sowjetisch besetzte Zone Deutschlands, in der Schweiz wurde er in Abwesenheit (am 23. Oktober 1945) zu 2 Jahren Gefängnis verurteilt. Trotz seiner Dienste für die So- wjetunion 1946 in der Zone verhaftet, in die Sowjetunion übergeführt und bis 1955 in verschiedenen Lagern festgehalten. 1955 kehrte er in die DDR zurück, wo er in die SED aufgenommen und 1956 zum stellver- tretenden Chefredakteur der »Leipziger Volkszeitung« berufen wurde. Diese Funk- tion übte er 1968 noch aus. Inzwischen er- hielt er eine Reihe von Orden, darunter zu seinem 70. Geburtstag das »Banner der Arbeit«. Er war einer der Ehrengäste an Ulbrichts 70. Geburtstag 1963. Böttchers frühere Zugehörigkeit zur KPO und seine Haft in der Sowjetunion werden heute in den offiziellen Verlautbarungen unterschla- gen. Böttcher hat eine Reihe von Broschü- ren veröffentlicht, darunter »Der Arbeiter- Korrespondent« (1927). BOHLA, Hans (1891-1928) Geboren am 26. Januar 1891 in Herreth (Obfr.), Sohn eines Oberlehrers. Besuchte das Gymnasium in Erlangen, anschließend Studium in Leipzig. 1918 USP, trat mit deren linkem Flügel 1920 zur KPD über. 1919 Redakteur am »Volksblatt«, dem USP-Organ für Halle. Nach der Vereini- gung von USP und KPD beim »Klassen- kampf« in Halle. Im April 1921 Redak- teur des »Kommunist« in Stuttgart (unter dem Pseud. Ernst Kunert). 1922/23 arbeitete Bohla als KPD Sekretär in der Pfalz, bis ihn die Franzosen auswie- sen. Er stand auf dem linken Parteiflügel. 1924 entsandte man ihn als Polleiter in den rechten Bezirk Württemberg, wo er unter dem Namen Meyer arbeitete und auf gro- ßen Widerstand seitens der Parteiorgani- sation stieß. Im September 1924 in Stutt- gart verhaftet; nach seiner Wahl in den Reichstag, im Dezember 1924, jedoch wie- der freigelassen. Bohla schloß sich den Ul- tralinken an, übte verschiedene Funktionen aus, wurde aber nach dem »Offenen Brief« aus allen hauptamtlichen Funktionen ver- drängt. Am 3. August 1927 trat er aus der KPD aus, um sich mit Kenzler und anderen ge- maßregelten Linken zu solidarisieren. Im Reichstag gehörte er zur Gruppe der linken Kommunisten. Bohla starb, 36jährig, am 8. Januar 1928. BOHN, Willi Karl (geb. 1900) Am 6. August 1900 in Gotha als ältestes von drei Kindern eines Instrumenten- machers geboren. Der Vater arbeitete in einer Pianofabrik, war Mitglied der SPD, er starb 1910. Willi Bohn kam nach der Schulentlassung Ostern 1915 zu einem Rechtsanwalt in die Lehre. Bis 1920 hatte er sich zum 2. Vorsteher des Büros herauf- gearbeitet. Ab Mai 1918 Mitglied der USPD, kam Bohn mit dem linken USP-Flügel 1920 zur KPD. 1921 Stadtverordneter in Gotha, seit 1922 hauptamtlicher Funktionär der KPD. Zunächst Redakteur des »Gothaer Volks- blatts«, 1924 nach Hannover versetzt. Nach der Ausschaltung der Katz-Gruppe aus der politischen Führung in Niedersachsen wurde Bohn dort im Juni 1925 Bezirkssek- retär und im August 1925 Polleiter des Bezirks. Von 1926-1932 Chefredakteur der »Niedersächsischen Arbeiterzeitung«, die im November 1926 in »Neue Arbeiterzei- tung« umbenannt und Organ der KPD in Niedersachsen und Hessen-Kassel wurde. Im Herbst 1932 als Chefredakteur der »Süd- 8 2 Bohn/Borowski deutschen Arbeiterzeitung« nach Stuttgart berufen. 1933 illegale Arbeit für die KPD. Im Ok- tober 1934 in Berlin verhaftet und am 3. Oktober 1935 wegen Vorbereitung zum Hochverrat zu 10 Jahren Zuchthaus ver- urteilt. Bis 1945 Gefangener in den Zucht- häusern und Gefängnissen Stuttgart, Lud- wigsburg und Vaihingen-Enz. 1945 wieder Mitglied der KPD. 1946 bis 1949 politischer Redakteur der überpartei- lichen »Stuttgarter Zeitung«. 1950 Chef- redakteur des »Volksecho«, Organ der KP Württemberg. Von 1946 bis zum KPD- Verbot auch Stadtrat im Stuttgarter Ge- meindeparlament und Fraktionsvorsitzen- der der KPD. Bohn lebte 1969 als DKP- Mitglied in Stuttgart. 1969 erschien sein Buch »Stuttgart: Geheim!«; ein Bericht über den Stuttgarter Widerstand. BOLZE, Waldemar (1896-1951) Geboren am 11. Januar 1896 in Buk (Po- sen). Gelernter Tischler. Als 18 jähriger Mitglied der Gewerkschaft und 1906 auch der SPD. Nach kurzer Wanderschaft kam er nach Berlin, wo er bald Funktionen in SPD und Gewerkschaft ausübte. Nadi Kriegs- ausbruch trat er unter Protest gegen die Haltung der SPD aus der Partei aus. Er war vier Jahre Soldat, trat 1917 der USP und im Januar 1919 der KPD bei. Bolze nahm an den Spartakuskämpfen in Berlin teil. 1920 wurde er Mitarbeiter der »Roten Fahne« und 1921 der Gewerk- schaftsabteilung der KPD-Zentrale. 1924 als Gegner Ruth Fischers und als »Rechter« aus der Zentrale entlassen, war Bolze einer der wenigen Wortführer der »Rechten« in der Berliner KPD. 1926 kam er wieder in die Gewerkschaftsabteilung des ZK, wo er bis Anfang 1929 blieb. An- hänger Brandlers und Gegner des RGO- Kurses, deshalb im Januar 1929 aus der KPD ausgeschlossen. Bolze gehörte bis 1933 der KPO und deren Leitung an. 1933 mußte er emigrieren. Er lebte zuerst in Frankreich und ging im November 1936 nach Spanien, um dort für die Republika- ner tätig zu sein. Er arbeitete in einem Flugzeugwerk in Barcelona und hatte enge Verbindung zur Gruppe POUM, die von den Stalinisten als »trotzkistisch« verfolgt wurde. Audi Bolze wurde von der GPU verhaftet und über ein Jahr in spanischen Kerkern festgehalten. Er wäre den Franco- Truppen in die Hände gefallen, wenn die stalinistische Gefänigswache nicht im letzten Augenblick geflüchtet wäre, so daß die Ge- fangenen über die Pyrenäen entkamen. Von Frankreich wurde Bolze nach Belgien ausgewiesen. Im Mai 1940 floh er vor den deutschen Truppen wieder nach Frankreich, wurde in Südfrankreich interniert, entkam und lebte bis 1945 illegal. Die Genehmigung nach Deutschland zurückzukehren, erhielt er erst 1948. Bolze arbeitete als Tischler in den Reichswerken Salzgitter und gehörte der »Gruppe Arbeiterpolitik«, der Nadi- folgeorganisation der KPO an. Er starb am 14. Dezember 1951 in Salzgit- ter an Lungentuberkulose. BOROWSKI, Noah (August) (1885-?) Geboren am 1. Oktober 1885 in Peski (Rußland). Er kam noch vor dem 1. Welt- krieg nach Deutschland und schloß sich in Chemnitz der SPD an. Während des Krie- ges gehörte er zum Spartakusbund und war Mitbegründer der KPD in Chemnitz. Er nahm an einigen Parteitagen der KPD teil, darunter dem III. Parteitag (Februar 1920) in Karlsruhe. Der Jenaer Parteitag 1921 wählte ihn in den ZA, auf dem VIII. Par- teitag 1923 wurde er in die Redaktions- kommission delegiert. Borowski arbeitete als Redakteur am Chemnitzer »Kämpfer«, dessen Chefredak- teur er 1923/24 war. Als Anhänger Brandlers wurde er im Herbst 1924 entlas- sen und Anfang 1925 aus der KPD ausge- schlossen. Nach der Ruth Fischer-Ära wie- der in die KPD aufgenommen, übersiedelte er nach Berlin. Als Anhänger Brandlers Borowski/Boulanger 83 im Januar 1929 abermals verwarnt, erfolgte im Frühjahr 1929 sein erneuter Ausschluß aus der KPD. Er gehörte der KPO-Führung an, wandte sich aber gegen die Aufstellung eigener Kandidaten durch die KPO und schied 1930 aus der Organisation aus. An der deutschen Übersetzung der Werke Le- nins beteiligt, übersiedelte er 1931 nach Mos- kau. Dort soll er während der Säuberungen 1937 verhaftet worden sein. Weitere Daten seines Lebenslaufs ließen sich nicht ermit- teln. BORSTEL, Hans von (1888-1962) Geboren am 3. März 1888 in Stade, nach der Entlassung aus der Volksschule Eisen- bahn-Arbeiter. Vor dem Weltkrieg SPD, 1917 USPD, 1920 mit deren linkem Flügel zur KPD. 1921 war Borstel gemeinsam mit Thälmann Vorsitzender der KPD in Hamburg. Von 1921-1927 wurde er in die Beschwerde- und Revisionskommission gewählt. Anhän- ger Thälmanns, nahm an den Parteitagen 1923 und 1924 teil, auf denen er in die Gewerkschaftskommission delegiert wurde. Ab 1923 Redakteur der »Hamburger Volkszeitung«. Im November 1926 brach Borstel mit der KPD, er weigerte sich, die Trennung Thälmanns von Ruth Fischer mitzumachen und wurde wegen angeblicher »Intrigen« ausgeschlossen. Borstel arbeitete später bei der Wohlfahrtsbehörde und war ein Anhänger der Korsch-Gruppe. Von 1928-1933 Mitglied der SPD. Nach 1933 einige Zeit inhaftiert, schloß er sich nach 1945 kommunistischen Oppositionsgruppen an. Borstel starb am 6. Oktober 1962 in Hamburg an Kehlkopfkrebs. BOULANGER, Jakob (1897-1968) Geboren am 8. Januar 1897 in Köln, durchlebte eine schwere Kindheit; nach dem frühen Tod des Vaters mußte die Mutter ihn und vier Geschwister allein ernähren. Nach der Schulentlassung arbeitete er zu- nächst als Schleifer in einer Aluminium- fabrik, mußte diese Tätigkeit aber einstel- len, da er zu schwach und unterernährt war. Er lernte das Kunstschmied-Handwerk und trat 191$ der Gewerkschaft bei. 1916 kam er an die Front und wurde dort zum Sozialisten. Nach dem Krieg übersiedelte er nach Nürn- berg, dort schloß er sich 1919 der KPD an. 1927 wurde er Gauführer und Sekretär des RFB in Nordbayern. 1929 Orgleiter der KPD Nordbayern und 1930 Polleiter die- ses KPD-Bezirks. 1932 wurde er auch in den bayerischen Landtag gewählt. Im April 1933 sandte die KPD Boulanger als Polleiter nach Thüringen, wo er am 29. Juli festgenommen und anschließend zu 3 Jahren Zuchthaus verurteilt wurde. Am 12. September 1936 wurde er aus dem Zuchthaus Amberg ins KZ Dachau einge- liefert, wo für Boulanger, der nach den Worten Himmlers der »bestgehaßte Mann in Bayern« war, ein Martyrium begann. Drei Jahre verbrachte er im berüchtigten »Bunker«. Im September 1939 wurde er nach Buchenwald überführt und hier wei- tere drei Jahre im »Bunker« - einer Zelle von 2 Meter Länge und 1,20 Meter Breite - eingesperrt. Wie durch ein Wunder über- stand Boulanger auch noch die anschlie- ßende Haft im Vernichtungslager Mauthau- sen. Am 5. Mai 1945 endete für Boulanger die qualvolle Zeit. Sein Erlebnisbericht (Jakob Boulanger - Michael Tschesno-Hell, »Eine Ziffer über dem Herzen«, Berlin 1957) ist ein erschütterndes Dokument. Nach 1945 übernahm Boulanger eine Reihe wichtiger Funktionen für die SED; zu- nächst war er Vizepräsident der Zentral- verwaltung für Industrie (1947), dann stellvertretender Vorsitzender der Deut- schen Wirtschaftskommission; »auf Grund eines in Gang befindlichen Parteiverfahrens wegen grober Verfehlungen in seinem per- sönlichen Verhalten im Amt« im November 1947 abgesetzt, wurde er später Leiter meh- rerer großer Werke. Dann Generaldirektor des Außenhandelsunternehmens Invest-Ex- 84 Boulanger/Brandler port. Seine letzten Lebensjahre verbrachte Boulanger als »Parteiveteran«. Zum 70. Geburtstag 1967 noch mit dem »Vaterlän- dischen Verdienstorden in Gold« ausgezeich- net, starb er am 16. März 1968 in Ost- Berlin. BRÄUNING, Karl (1886-1962) Geboren am 5. Januar 1886 in Ilversgeho- fen b. Erfurt. Sohn eines Bergmanns, der später ein Milchgeschäft betrieb. Gelernter Metalldreher. 1903 Mitglied des Deutschen Metallarbeiterverbandes. Nach der Lehre ging Bräuning auf Wanderschaft und trat 1906 in Düsseldorf der SPD bei. Nach sei- ner Militärzeit (1906/08) arbeitete er in den Zeiß-Werken in Jena. Nach dem Krieg wurde er dort Betriebsrat. 1917 USPD, 1920 mit deren linkem Flügel zur KPD. Obwohl er schon während des Krieges Mitglied der Spartakusgruppe war, wollten er und seine Freunde erst die Mehrheit der USPD für die KPD gewin- nen. 1923 verhaftet. Im Januar 1924 entlassen und bis 1928 Orgleiter der KPD Thürin- gen. Auf dem X. Parteitag 1925 in die Org-Kommission gewählt. Bräuning ge- hörte zum rechten Parteiflügel. Auf dem Thüringer Bezirksparteitag im Januar 1929 vertrat er die Opposition, dann wurde er ausgeschlossen und trat der KPO bei. Als Sekretär der Thüringer KPO-Organisation führend tätig. Für die KPO arbeitete er auch nach 1933 illegal als Orgleiter des Berliner Komitees der KPO und bis 1941 in der Emigration weiter. Er nahm am Spanischen Bürgerkrieg teil, wo er wegen seiner Verbindung zum POUM von den Stalinisten verhaftet und über ein Jahr im Gefängnis festgehalten wurde. Von Frankreich aus flüchtete er 1942 in die USA. Er kehrte erst 1955 nach Deutschland zurück und trat der SPD bei. Bräuning starb am 14. September 1962 in Darmstadt. BRANDLER, Heinrich (1881-1967) Geboren am 3. Juli 1881 in Warnsdorf (Böhmen). Der Vater, Joseph Brandler, der zur Zeit des Sozialistengesetzes verbotene Literatur geschmuggelt hatte und die ört- liche Maurer-Gewerkschaft begründete, starb, als Brandler neun Jahre alt war. Heinrich Brandler erlernte das Maurer- handwerk und arbeitete als Fliesenleger. Bereits mit 16 Jahren wurde Brandler Schriftführer des Bauarbeiterverbandef Drei Jahre lang durchwanderte er Europa bis nach Italien. 1901 kam er nach Ham- burg, wo er Mitglied der SPD wurde. Vor- sitzender des Arbeiterbildungsvereins, 1904 aus Hamburg ausgewiesen, übersiedelte nach Bremen. Auch dort arbeitete er vor allem im sozialdemokratischen Bildungs- verein. Delegierter auf dem SPD-Parteitag 1908 in Nürnberg. 1909 verließ Brandler Bremen und zog in die Schweiz, wo er im Sommer als Fliesenleger arbeitete und im Winter als Wanderlehrer für die Sozial- demokratie warb, er vertrat dort die links- radikale Position. Im Juni 1914 Übersiedlung nach Chemnitz, dort 1914 hauptamtlicher Sekretär im Bau- arbeiterverband. 1915 wurde Brandler als Anhänger Karl Liebknechts aus der SPD ausgeschlossen. Während des Krieges leitete er gemeinsam mit Heckert (beide waren nicht zum Militär eingezogen worden) die illegale Arbeit der Spartakusgruppe in Chemnitz, die eine der bedeutendsten in Deutschland war. Brandler nahm an fast allen Konferenzen der Spartakusgruppe in Berlin teil. Im Oktober 1918 wies ihn die Regierung aus Deutschland aus. Die Re- volution erlebte er in Wien. Ende 1918 war Brandler in Bayern, hier wollte Eisner ihn zum Staatssekretär für Äußeres ernen- nen. Doch er lehnte ab und kehrte nach Chemnitz zurück, wo er den »Kämpfer« begründete und in der stärksten KP-Or- ganisation Deutschlands tätig war. Dele- gierter des II. Parteitages der KPD, in die Zentrale der Partei gewählt. In der Folge- zeit mehrmals verhaftet, wurde Brandler Brandler 8 5 nach dem Rücktritt Levis im Februar 1921 Mitvorsitzender der KPD. Er hatte maß- gebenden Anteil an der Märzaktion. Des- wegen im April 1921 verhaftet und zu 5 Jahren Festung verurteilt. Über seine Ver- teidigung vor Gericht gab es in der KPD kritische Diskussionen, da er »nicht kämp- ferisch genug« aufgetreten sei; doch hatte z. B. der Bezirksausschuß Erzgebirge »ein- mütig bekundet, daß die Organisation volles Vertrauen zum Genossen Brandler« habe. Der III. Weltkongreß der Komintern 1921 wählte ihn zum Ehrenpräsidenten. Im November 1921 floh er aus der Festung Gollnow nach Sowjetrußland, er wurde stellvertretender Generalsekretär des Voll- zugsbüros der RGI. Nach der Rathenau- Amnestie kehrte Brandler nach Deutsch- land zurück, nachdem er zuvor bis Septem- ber 1922 in der KP der ÖSR gearbeitet hatte. Er übernahm nun als Sekretär des Polbüros die Führung der KPD und hatte auf dem VIII. Parteitag im Januar 1923 eine starke Mehrheit hinter sich. Unter sei- ner Leitung bereitete sich die KPD im Som- mer 1923 auf den Umsturz vor. Vom 10. bis 29. Oktober 1923 gehörte Brandler als Leiter der Staatskanzlei der sächsischen Re- gierung an. Er betrieb die Einheitsfront- politik mit der SPD. Als die linke SPD auf der Chemnitzer Betriebsrätekonferenz die Teilnahme am Generalstreik ablehnte, entschloß sich die KPD unter Führung Brandlers den Aufstand abzusagen, der nur in Hamburg ausbrach. Nach dem KPD- Verbot billigte zwar die Mehrheit der Füh- rung zunächst noch Brandlers Politik, doch war bald die übergroße Mehrzahl der Par- teimitglieder gegen ihn und seine »rechte Politik«. Er wurde - besonders nach dem Eingreifen Sinowjews und der Komintern - zum »Hauptschuldigen« an der Nieder- lage erklärt und im Januar 1924 abgesetzt und nach Moskau befohlen. Die deutsche Polizei suchte ihn noch (unter dem falschen Namen Otto Ilgner und dem Steckbrief: »1,62 groß, hohe Stirn, braune Augen, breiter Mund, volles Gesicht, links- seitig Buckel, sächsischer Dialekt«) während er sich in Moskau befand. Auf dem IX. Parteitag erlitten er und Thalheimer eine vollständige Niederlage. Versuche seiner Freunde, ihn zur Parteispaltung zu über- reden, lehnte er ab, weil er annahm, daß von den 27 Zeitungen nicht einmal 4 zu halten seien, daß es unmöglich sein würde, die Parteiangestellten zu bezahlen usw. Brandler arbeitete - nunmehr Mitglied der russischen KP - in Moskau zunächst im Obersten Volkswirtschaftsrat. Nach dem Ende des ultralinken Kurses in Deutschland wurde er 2. Vorsitzender der Roten Bau- ern-Internationale. Schon in der Ruth- Fischer-Ära hatte sein Ausschluß aus der KPD nicht durchgesetzt werden können; 1927 beschloß das neue ZK, ihn wieder zur Parteiarbeit in Deutschland heranzuziehen. Doch gelang es ihm auch 1928 nicht, sein unfreiwilliges Exil mit Genehmigung der Komintern zu verlassen, obwohl seine Frau bereits ein Jahr zuvor nach Deutschland zurückgekehrt war. Nach der Wittorf-Af- färe reiste er - entgegen dem Parteibeschluß - im Oktober 1928 nach Deutschland; er kam am 28. Oktober 1928 in Berlin an und übernahm zusammen mit Thalheimer die Leitung der oppositionellen »rechten« Kom- munisten. Brandler wurde im Januar 1929 aus der KPdSU und damit aus der Komintern aus- geschlossen. Seit Dezember 1929 Mitglied der Reichsleitung der KPO und deren eigentlicher Führer. 1931 gemeinsam mit Thalheimer Hauptrepräsentant der Mehr- heitsgruppe der KPO, die 1932 einen Zu- sammenschluß mit der SAP ablehnte. 1933 Emigration nach Frankreich, 1941 nach Kuba, wo er (gemeinsam mit Thalhei- mer, der dort starb) blieb, bis er 1947 die Erlaubnis zur Übersiedlung nach England und 1949 zur Rückkehr nach Deutsch- land erhielt. Anfangs noch aktiv in der »Gruppe Arbeiterpolitik« (die er schon von Kuba aus mit den »Briefen aus der Ferne« politisch zu orientieren suchte), zog er sich später von der aktiven Politik zurück. 86 Brandler/Brönnle Brandler lebte zuletzt in Hamburg, er starb dort am 26. September 1967. BRAUN, Otto (geb. 1900) Geboren am 28. September 1900 in Isma- ning b. München als Sohn des Buchhalters Willibald Braun. Absolvierte Präparanden- schule und Lehrerseminar in Pasing. Wäh- rend des Krieges in der bürgerlichen Ju- gendbewegung aktiv. Trat nach dem Kriege zusammen mit Kurella der Freien Sozialisti- schen Jugend (KP) bei. Aktiver Teilneh- mer der Münchner Räterepublik 1919 und Mitglied der KPD. Kurze Zeit später Pri- vatlehrer. Am 28. Juli 1921 verhaftet, angeklagt wegen Beihilfe zur Amtsan- maßung und Anstiftung zur Urkundenfäl- schung. Vor Gericht behauptete er, nur zum Schein mit Kommunisten zu verkehren, in Wirklichkeit sympathisiere er mit den Rechtsparteien. Tatsächlich war er schon damals für den illegalen Apparat der KPD tätig. Am 9. Mai 1922 zu 7 Monaten Gefängnis verurteilt. Redakteur an ver- schiedenen KPD-Blättern. Seit 1923 Mit- arbeiter des ZK, vor allem für Schulungs- arbeit im Militärapparat und später im RFB eingesetzt. 1925/26 Reichsnachrichten- leiter der KPD. Am 30. September 1926 in Berlin verhaf- tet, saß er 1V2 Jahre in Untersuchungshaft. Im Mai 1928 sollte der Prozeß gegen Braun die illegale Arbeit der KPD enthüllen. Am 11. April 1928 befreite ihn der ille- gale Apparat der KPD durch einen Hand- streich von 5 Bewaffneten gewaltsam aus der Untersuchungshaft. Gemeinsam mit sei- ner Freundin Olga Benario floh Braun nach Moskau. Militärwissenschaftliche Studien und Mit- arbeit im Kominternapparat. 1932 entsand- te ihn die Komintern nach China. Er war zunächst am Kampf gegen die Japaner in der Mandschurei beteiligt, dann wurde er im Herbst 1932 zum militärischen Berater des EKKI-Vertreters beim ZK der KP Chinas (1932-1934: Arthur Ewert) berufen. Braun war sieben Jahre in China, er war der ein- zige ausländische Teilnehmer des legendären »langen Marsches«, der die Rote Armee kämpfend durch ganz China führte. 1939 kehrte er nach Moskau zurück. 1941-1948 Politinstrukteur im Lager Oran- ski und Lehrer an der Antifa-Zentral- schule in Krasnogorsk. 1949 Rückkehr aus der Emigration und Mitglied der SED. Übersetzer zahlreicher russischer Bücher. Verantwortlicher Redakteur für die deut- sche Ausgabe der Werke W. I. Lenins. Seit 1961 Erster Sekretär des Schriftstellerver- bandes der DDR. In »Neues Deutschland« vom 27. Mai 1964 wandte er sich scharf gegen die chinesische Führung. Unter der Überschrift: »In wessen Namen spricht Mao Tse-tung?« griff er seine ehemaligen chine- sischen Freunde an, deren Politik ihn »schmerzlich berühre«. 1969 berichtete er in der Zeitschrift »Horizont« über seine Erleb- nisse in China. Braun lebte 1969 in Ost-Berlin, er ist Trä- ger des »Vaterländischen Verdienstorden« in Silber. BROMMER, Hugo August (1895-?) Geboren am 22. März 1895 in Schlotheim (Thüringen). Gelernter Weber. Aktiver Funktionär der Thüringer USP und ab 1920 der KPD, von 1924-1927 thürin- gischer KPD-Landtagsabgeordneter. Nach 1933 lebte er als Weber in Pößneck. Wei- tere Daten seines Lebenslaufs ließen sich nicht ermitteln. BRÖNNLE, Karl (1879-1952) Geboren am 4. Januar 1879 in Reichenbach (Württemberg), Sohn eines Eisenbahnexpe- dienten. Nach dem Besuch der Oberschule ebenfalls Eisenbahndienst (Eisenbahnin- spektor), aber zugleich auch Kunstschrift- steller. Er schloß sich 1909 der SPD, 1917 der USPD und 1920 der KPD an und ar- beitete als Literatur- und Theaterkritiker für Parteizeitungen. Brönnle/Buchmann 87 Brönnle hatte keinen Einfluß im Partei- apparat, wurde aber von der Führung ge- schätzt, weil er gute Verbindungen zu bür- gerlichen Kreisen besaß und als Fachmann für Kulturfragen galt. Von 1924-1928 vertrat er die KPD im württembergischen Landtag. Er stand auf dem rechten Flügel der KPD, die er 1929 verließ, um sich der KPO anzuschließen. Bald trat er im politischen Leben nicht mehr in Erscheinung. Bis zu seiner Pensio- nierung 1945 arbeitete er bei der Bahn. Auch nach 1945 betätigte er sich nicht mehr politisch. Brönnle starb am 29. Mai 1952 in Stuttgart. BRUHN, Gustav (1889-1944) Geboren am 14. März 1889 in Anger- münde, Sohn eines Eisenbahnarbeiters. Ge- lernter Tischler. Nach der Lehrzeit Soldat in Kiel. Dort machte er die Bekanntschaft seiner Frau Lisbeth, die aus einer Landar- beiterfamilie stammte. 1912 trat er in Hannover der SPD bei. Im Weltkrieg gehörte er zunächst einer Matro- sendivision an, später einer Pionierkom- panie in Flandern. 1919 USPD. Delegierter des Spaltungsparteitags in Halle; 1920 mit dem linken Flügel der USP Übertritt zur KPD. 1921 Delegierter auf dem Jenaer Parteitag. Bruhn wohnte in Heide (Hol- stein), wo er 1923 beim Aufstandsversuch festgenommen wurde. Als Anhänger des linken Flügels der KPD Delegierter auf dem V. Weltkongreß der Komintern. Seit 1925 hauptamtlicher Parteisekretär für Heide-Itzehoe. 1925 Delegierter des X. Parteitags, von 1926-1929 Mitglied der er- weiterten Bezirksleitung Wasserkante. 1927 Unterbezirksleiter in Lübeck. Im gleichen Jahre wegen Vertriebs einer Broschüre zur Zersetzung der Marine verhaftet und zu 3 Jahren Festung verurteilt. Er kam auf die Festung Gollnow; von dort entlassen, weil er 1928 als Abgeordneter in den preußi- schen Landtag gewählt worden war. 1932 kam er nicht mehr ins Parlament. Im April 1933 Schutzhaft, jedoch im Juli wieder entlassen. Wegen illegaler Arbeit für die KPD im September 1933 erneut verhaftet und zu drei Jahren Zuchthaus verurteilt. Seine Frau erhielt 1934 zwei Jahre Gefängnis. Nach Verbüßung der Zuchthausstrafe kam Bruhn ins KZ Sach- senhausen, aus dem er 1939 entlassen wurde. Gemeinsam mit seiner Frau schloß er sich wieder einer kommunistischen Widerstands- gruppe (Bästlein-Jacob-Abshagen-Gruppe) an und wurde mit seiner Frau im Herbst 1942 abermals verhaftet. Nach den Groß- angriffen auf Hamburg wurden beide für zwei Monate beurlaubt, doch meldeten sie sich nicht wieder, sondern gingen in die Illegalität. Sie gerieten in die Hände eines Gestapospitzels, wurden beide ins KZ Neuengamme gebracht und dort am 14. Februar 1944 am Galgen erhängt. BUCHMANN, Albert (geb. 1894) Geboren am 28. Oktober 1894 in Pirma- sens. Sohn eines Schuhmachers. Arbeiter in Schuhfabriken. 1910 Mitglied der Gewerk- schaft und 1911 der SPD. 1914-1919 Soldat bei der bayerischen Infanterie. Nach dem Krieg kam Buchmann im Januar 1921 über die USPD zur KPD. 1920 war er nach München übergesiedelt, hier wurde er 1922 Vorsitzender der Schuh- arbeitergewerkschaft, im Januar 1923 Lei- ter der KPD München. Im Herbst 1923 hauptamtlicher Sekretär der KPD Süd- bayern. Im Oktober 1923 verhaftet. Von Mai 1924-1933 ununterbrochen Reichstags- abgeordneter der KPD. Als Nachfolger Schlaffers 1925 Polleiter des Bezirks Südbayern der KPD, er behielt diese Funktion bis 1932. Als Delegierter vertrat er die bayerische KP auf verschie- denen Parteitagen. 1932 als Nachfolger Schlaffers Polleiter des Bezirks Württem- berg. Im Dezember 1935 Verhaftung durch die Gestapo; Zuchthaus und KZ bis 1945. 88 Buchmann/Büchs Auch seine Frau Erika, Tochter eines be- kannten Münchener kommunistischen Arz- tes und aktive kommunistische Funktio- närin, war bis 1945 im KZ (Ravensbrück). 1945 aus dem KZ Flossenbürg befreit, lei- tete Buchmann als Vorsitzender die KPD von Nordwürttemberg, später die von Württemberg-Baden. Er wurde Abgeord- neter (Fraktionsvorsitzender) der KPD im Landtag. 1948 Mitglied des Parteivorstan- des der westdeutschen KPD, später Ab- teilungsleiter für Aktionseinheit im ZK der KPD. 1952 übersiedelte Buchmann in die DDR, wo er ein Jahr »kaltgestellt« war. 1955/56 arbeitete er als Parteisekretär an der KPD- Schule in Schmerwitz (DDR). 1959 als »Delegierter der KPD« zur Konferenz der Großmächte nach Genf entsandt. Buchmann lebte 1969 mit seiner Frau in Ost-Berlin, er gehört dem ZK der illegalen KPD an. BUDICH, Willi (1890-1941) Geboren am 16. April 1890 in Cott- bus. Kind meiner sorbischen Bauernfamilie. Schlosserlehre, dann Ingenieurstudium in Mittweida. 1910 SPD, während des Krieges stieß er zur Spartakusgruppe und war ein enger Mitarbeiter von Jogiches und Eber- lein. Nach einer Verwundung an der West- front Schreiber der Berliner Garnisonsver- waltung (Garde-Feldartillerie). Budich ge- hörte als Spartakusmitglied auch der USPD an und war aktiv bei der Herstellung und Verbreitung illegaler Flugblätter für die Armee. Gemeinsam mit Jogiches war er einer der Organisatoren des Spartakusbun- des (Deckname: Brandt). Am 24. März 1918 verhaftet. Durch die Revolution be- freit, leitete er in der Zentrale des Sparta- kusbundes die militärische Arbeit. Führer des »Roten Soldatenbundes«. Bei einer De- monstration am 6. Dezember 1918 wurde Budich schwer verletzt, er verlor einen Arm. Im März 1919 Übersiedlung nach München in der Räterepublik Mitglied des Volzugsrats (Pseud.: Dietrich). 1920 Delegierter der KPD zum II. Weltkongreß der Komintern, blieb er in Rußland und war Offizier der Roten Armee. 1921 wie- der in der KPD, verhaftet und erneute Flucht nach Sowjetrußland, wo er in den folgenden Jahren wichtige Funktionen aus- übte, vor allem in der Leitung der Inter- nationalen Roten Hilfe. 1924-1928 (Pseud. Gerbilski) Direktor der russischen Handels- gesellschaft in Wien. 1929 kehrte er nach Deutschland zurück, war zunächst Redak- teur der »Roten Fahne« und arbeitete dann in der Geschäftsabteilung des ZK. Im No- vember 1932 wurde er in den Reichstag gewählt. 1933 wurde Budich mit zwei seiner Sekre- tärinnen von der Gestapo verhaftet. Später warf ihm die Kontrollkommission in Mos- kau vor, er habe unter den Folterungen der Gestapo die KPD belastende Aussagen ge- macht, was Budich aber bestritt. Aus dem deutschen KZ entlassen, emigrierte er im August 1933 nach Moskau, wo er 1937 verhaftet wurde und im Gefängnis ums Leben kam. Die SED gibt unterschiedlich 1941 und 1942 als Sterbejahr an. BÜCHS, Franz Xaver (1889-1940) Geboren am 18. April 1889 in Augsburg, Sohn eines Malers und einer Arbeiterin; gelernter Schlosser. 1910 kam Büchs nach Nürnberg und arbeitete bei der Firma MAN. 1910 Mitglied der SPD, 1917 der USPD. Aktive Beteiligung am Munitions- arbeiterstreik 1918. 1920 Betriebsrat in den MAN-Werken. Mit der linken USP (De- legierter des Spaltungsparteitags) kam Büchs 1920 zur KPD und wurde deren Vorsitzender in Nürnberg, blieb aber wei- terhin im Betrieb tätig. Auf Anordnung der Zentrale gab er 1923 die Fabrikarbeit auf, um illegal für die verbotene KPD zu wirken. Anfang 1924 zusammen mit an- deren Kommunisten bei einer illegalen Sit- zung in Stuttgart verhaftet und zu 6 Mo- naten Gefängnis verurteilt. Im April 1924 Büchs/Bulian 89 als Abgeordneter in den bayerischen Land- tag gewählt, deshalb vorzeitig aus der Haft entlassen. Neben seiner Tätigkeit als Land- tagsabgeordneter in den folgenden Jahren für die Betriebszellenarbeit der KPD in Bayern verantwortlich. 1928 erneut in den Landtag gewählt. Büchs zählte zum rechten Parteiflügel; An- fang 1930 zusammen mit anderen bayeri- schen Opponenten aus der KPD ausge- schlossen. Kurze Zeit in der KPO, dann zur SPD, für die er bis 1932 im Landtag blieb. Danach eröffnete er in Nürnberg ein Zigarrengeschäft. 1933 einige Male verhaftet, bei den mehr- fachen polizeilichen Vernehmungen geprü- gelt. Im Juni 1940 verhaftete die Gestapo Büchs sowie ein anderes SPD-Mitglied er- neut. Dieser Mitgefangene stürzte sich (wahrscheinlich nicht freiwillig) aus dem Fenster. Frau Büchs erhielt die Nachricht, ihr Mann habe sich am 22. Juni 1940 in seiner Zelle erhängt. Seinen Leichnam konnte sie erst nach der Aufbahrung im Leichenhaus sehen, irgendwelche Anzeichen einer Strangulation waren nicht festzustel- len. Über die Todesursache bekam Frau Büchs keine schriftliche Bescheinigung, meh- rere Hinweise deuten darauf hin, daß Büchs ermordet wurde. BÜSER, Joseph (1886-1954) Am 7. Juli 1886 in Langenfeld (Rheinl.) geboren, arbeitete nach der Lehre als Schmied. Im 1. Weltkrieg Soldat, übersie- delte er nach dem Krieg nach Köln. Er schloß sich der USPD an und kam mit deren linkem Flügel 1920 zur KPD. Akti- ver Funktionär im Bezirk Mittelrhein, Mitglied der BL und 1924 und 1928 Kan- didat bei den Reichstagswahlen (aber nicht gewählt). Der XII. Parteitag der KPD 1929 berief Büser als Betriebsarbeiter zum Mitglied des ZK. Nach dem Parteitag wurde er hauptamtlicher Sekretär im Be- zirk Mittelrhein, er schied aber bald wieder aus dem Apparat aus. Nach 1933 mehrfach verhaftet, trat Büser nach 1945 nicht mehr politisch hervor. Er starb am 1. September 1954 in Köln-Ehrenfeld. BUHLER, Alfred (geb. 1890) Geboren am 14. Januar 1890 in Bürgel (Thüringen); Arbeiter. Schloß sich 1917 der USPD an und kam 1920 zur KPD. Damals arbeitete er in Mitteldeutschland. Buhler war Delegierter des Jenaer Partei- tages 1921. 1922 hauptamtlicher Unterbe- zirksleiter der KPD in Merseburg. 1923 übersiedelte er nach Rostock, 1924 Mitglied des Landtags von Mecklenburg-Schwerin, leitete er zugleich als Sekretär den Unter- bezirk Rostock. Von 1921-1924 Mitglied des ZA der KPD für Mecklenburg. Der VIII. Parteitag 1923 wählte Buhler in die Beschwerdekommission. Auch im Mai 1927 wieder in den Landtag gewählt. Ende August 1927 aus der KPD ausgeschlos- sen, angeblich wegen »Unregelmäßigkei- ten«; doch wurde bekannt, daß es politische Differenzen gegeben hatte, da Buhler auf dem linken Parteiflügel stand. Er blieb als Fraktionsloser bis 1929 im Landtag. Später kehrte er nach Thüringen zurück und betei- ligte sich am antifaschistischen Wider- standskampf. Buhler trat 1945 der KPD- SED bei, ohne wichtige Funktionen zu bekommen. Er lebte 1968 als Parteiveteran in Thüringen. BULIAN, Otto (1886-1937?) Geboren am 21. März 1886 in Gronowki (Kreis Thorn). In der Kindheit Übersied- lung nach Berlin, Lehre als Maschinenfor- mer, anschließend in seinem Beruf tätig. Vor dem Weltkrieg Mitglied der SPD, seit Gründung der Partei 1919 in der KPD ak- tiv. 1923 im Militärapparat und anschlie- ßend im »Ordner-Dienst« der KPD tätig. Im Oktober 1925 wegen dieser illegalen Arbeit zu 2V2 Jahren Gefängnis verur- teilt. Nach der Entlassung aus dem Gefängnis in 90 Bulian/Creutzburg den hauptamtlichen Apparat übernommen, 1929 kurze Zeit auch Sekretär für Gewerk- schaftsfragen der BL Berlin-Brandenburg. 1928 Kandidat für die Reichstagswahlen, aber nicht gewählt. Bulian war bis 1933 wieder im M-Apparat tätig, vor allem für Waffenbeschaftung ver- antwortlich. Er emigrierte in die Sowjet- union, wo er während der Stalinschen Säu- berungen 1937 verhaftet wurde, seither ist er verschollen. CHARPENTIER, Fritz (1869-1928) Am 25. Dezember 1869 in Norden (Au- rich) geboren, nach dem Besuch der Bürger- und Handelsschule in einer Privaten Lehr- anstalt zum Kaufmann ausgebildet. Kauf- mann und Reisender im Rheinland und Ruhrgebiet; trat vor dem Weltkrieg der Sozialdemokratie bei. Als Kriegsgegner schloß er sich 1917 der USPD an. 1919 Parteisekretär in Solingen. Mit dem linken Flügel der USP (Delegier- ter des Spaltungsparteitags) kam er 1920 zur KPD, übernahm als Sekretär die Lei- tung des Unterbezirks Solingen. 1921 als Abgeordneter in den preußischen Landtag gewählt. 1921 Levi-Anhänger und Gegner der »Märzaktion«. Im Herbst 1921 in einer Funktionärsitzung von Vertretern der »Offensivtheorie« niedergeschlagen und ver- letzt. Charpentier blieb nach einigen Schwankungen (kurze Zeit gehörte er im Landtag zur »Kommunistischen Arbeits- gemeinschaft« Levis) in der KPD. Partei- sekretär in Elberfeld. Als Anhänger der Mittelgruppe übernahm er Anfang 1924 die Chefredaktion der Remscheider »Bergischen Volksstimme«. Im Juli 1924 von den Linken dieser Funktion enthoben, und 1924 auch nicht mehr in den Landtag gewählt. Wegen seiner Aktivität bei den Aufstandsvorbereitungen 1923 po- lizeilich gesucht, emigrierte er nach Sowjet- rußland. Er lebte in Leningrad und geriet in Opposition zum bestehenden System. 1928 berichtete die sozialdemokratische Presse, Charpentier sei in Leningrad er- schossen worden. »Die Rote Fahne« wies diese Meldung zurück und schrieb, Charpen- tier sei längere Zeit krank gewesen, im Juli in ein Moskauer Krankenhaus einge- liefert worden und dort am 2. August 1928 gestorben. Die Gerüchte, Charpentier sei 1928 in der Sowjetunion im Gefängnis umgekommen, verstummten lange Zeit nicht und führten zu Auseinandersetzun- gen in der rheinischen KP. CREUTZBURG, August (1892-1940?) Geboren am 6. März 1892 in Fischbach (Thüringen), lernte Maler und Lackierer. Bis 1912 arbeitete er in verschiedenen Tei- len Deutschlands als Tüncher. Am 1. Mai 1908 Eintritt in die SPD und im Mai 1909 in die Gewerkschaft. Von 1912-1918 Sol- dat. 1917 zur USPD, nach der Vereinigung 1920 zur KPD übergetreten. Ab Mai 1919 hauptamtlicher Sekretär der USPD in Thüringen und ab Dezember 1920 KPD-Sekretär in Jena. Im Juni 1923 zum Orgleiter des Bezirks Magdeburg be- rufen, den Creutzburg ab Mai 1924 als Polleiter führte. Im Mai 1924 in den Reichstag gewählt, dem er bis 1928 und von 1930-1933 angehörte. Creutzburg wurde als einer der »Feuer- wehrleute« des ZK immer in die Bezirke geschickt, in denen die Zentrale Schwierig- keiten hatte. Er bewältigte seine Aufgaben gut und gehörte nie einer Oppositions- gruppe an. Im August 1924 nach Ham- burg entsandt, Polleiter des KPD-Bezirks Wasserkante, den er auf dem X. Parteitag im Juli 1925 vertrat (er war Teilnehmer fast aller anderen Parteitage und schon De- legierter auf dem Vereinigungsparteitag von linker USPD und KPD 1920 gewesen). Im Oktober 1925 Polleiter des Bezirks Nie- derrhein, Ende 1925 war er einige Zeit Sekretär in Thüringen und ab Ende 1926 Orgleiter in Niederrhein. Als »Kommis- sar« des ZK Ende 1927 in die Pfalz ge- schickt, um dort die ultralinke Führung zu Creutzburg/Dahlem 91 isolieren. Im August 1928 als Orgleiter des Bezirks Ruhr nach Essen entsandt. Ein Jahr später, im Juli 1929 wurde Creutzburg nach Berlin berufen. Er übernahm die Lei- tung der Orgabteilung, in dieser Funktion , blieb er bis März 1933. 1933 zunächst kurze Zeit Instrukteur in Berlin, da er sich nicht »bewährte«, in die Emigration geschickt. In Amsterdam bis 1935 Parteivertreter, dort verhaftete ihn im März 1935 die holländische Polizei. Über Frankreich gelangte Creutzburg in die So- wjetunion. Mit seiner Frau, Clara Vater, und einem Kind wurde er in die Wolgare- publik abgeschoben; 1937 von der NKWD verhaftet. 1940 soll sich Creutzburg in einer Auslie- ferungszelle befunden haben, von der aus die Gefangenen an die Gestapo übergeben wurden. Über sein weiteres Schicksal ist nichts Konkretes bekannt; er kam als Opfer der Stalinschen Säuberung um. In einem von der SED publizierten Buch wird Creutzburg kurz erwähnt, über sein Ende heißt es lapidar: »In der Emigration verstorben.« DAHLEM, Franz (geb. 1892) Geboren am 14. Januar 1892 in Rohrbach (Lothringen), Sohn eines Eisenbahn-Wei- chenstellers. Aus Geldmangel mußte er die Oberrealschule verlassen und konnte nicht studieren. 1911 Lehrling in einer Saarbrük- ker Exportfirma und Eintritt in die Ge- werkschaft. 1913 in Köln Mitglied der SPD und der Jungsozialisten. In der Partei durchlief Dahlem alle Stufen der Klein- arbeit. 1914 Vorsitzender der Kölner Jung- sozialisten. Korrespondent bei einer Ex- portfirma. 1914 bis 1918 Kriegsteilnehmer. 1917 zur USPD übergetreten. Bei Revolu- tionsausbruch in Allenstein in den Arbei- ter- und Soldatenrat gewählt. Ende 1918 Rückkehr nach Köln, Redakteur des USP- Organs »Sozialistische Republik« und Mit- glied des A.- und S.-Rats in Köln. 1919 Vorsitzender der USP-Mittelrhein. Stadt- verordneter in Köln, Delegierter des USP- Spaltungsparteitags; ging mit der linken USP im Dezember 1920 zur KPD über. USP-Delegierter auf dem Vereinigungspar- teitag. Im Zentralausschuß der VKPD Ver- treter des Bezirks Mittelrhein. 1921 in den preußischen Landtag gewählt. Nach der Märzaktion 1921 war Dahlem Anhänger der Levi-Gruppe. Noch im April wandte er sich als Chefredakteur der »Sozialisti- schen Republik« in mehreren Leitartikeln gegen die Linie der Partei. So schrieb er am 22. April 1921, daß die von der Partei geforderte Parteidisziplin eine Abwürgung der Diskussion sei. In einer Kölner Ver- sammlung forderte er die »volle Diskus- sionsmöglichkeit in der Partei« und erklärte, die Taktik der KPD in der Märzaktion habe nicht den kommunistischen Grundsät- zen entsprochen. Daraufhin wurde er Ende April durch die Zentrale von seinem Po- sten abberufen. Aus Protest besetzten Dah- lems Anhänger Redaktion und Verlag; es kam zu tätlichen Auseinandersetzungen zwischen Gefolgsleuten der Zentrale und Anhängern Levis bzw. Dahlems. Da die Kölner Funktionäre Dahlems Rückkehr forderten, ließ die Zentrale den schweren Disziplinbruch durchgehen. Auf dem Be- zirksparteitag Mittelrhein im Mai 1921 wurde Dahlem 2. Vorsitzender (1. Vorsit- zender war der Ultralinke Mieves). Er wandte sich von Levi ab. Von Juli bis Ok- tober 1922 arbeitete Dahlem als Berater der KP Frankreichs in Paris. Anfang 1923 ernannte ihn die Zentrale zum Obersekretär für das Rheinland. Von der französischen Besatzungsmacht ausge- wiesen, kam er als Redakteur der »Roten Fahne« nach Berlin. Zeitweise arbeitete er in der Orgabteilung und bei der »Inpre- korr«. Ende 1925 kurze Zeit Polleiter von Thüringen. Von 1926-1928 leitete er die Orgabteilung des ZK der KPD. Auf dem XL Parteitag 1927 als Mitglied ins ZK gewählt und 1928 ins Polbüro beru- fen (nach der Wittorf-Affäre). Der Wed- dinger Parteitag 1929 wählte ihn erneut in 92 Dahlem/Daub diese Funktionen. Ab 1928 auch Abgeord- neter des Reichstags, dem er bis 1933 an- gehörte. 1931 Reichsleiter der RGO. Dah- lem, nunmehr in die Spitzenführung der KPD vorgedrungen, wurde Ende 1932 als Anhänger der »Neumann-Gruppe« gemaß- regelt. Nach 1933 schloß er sich im Polit- büro der Gruppe Schubert-Schulte-Florin an (diese hatte die Mehrheit gegen Ulbricht und Pieck), schwenkte jedoch 1935 von die- ser Gruppe ab und wurde 1935 und 1939 ins ZK und Politbüro der KPD gewählt. Zunächst in französischer Emigration; wäh- rend des Spanischen Bürgerkriegs zusam- men mit Marty und Longo politischer Lei- ter der Interbrigade. Im September 1939 in Frankreich interniert und im September 1941 an Hitler-Deutschland ausgeliefert. Nach achtmonatiger Bunkerhaft in der Ge- stapozentrale kam Dahlem ins KZ Maut- hausen, aus dem er am 7. Mai 1945 befreit wurde. Die Rote Armee brachte ihn nach Moskau, von dort kam er gemeinsam mit Wilhelm Pieck nach Deutschland zurück. Als Kader- leiter der KPD bzw. der SED gehörte Dahlem bis 1952 den höchsten Parteigre- mien an. Als Leiter des Westkommission der SED praktisch der Führer der west- deutschen KPD. 1952 bildete er eine Frak- tion gegen Ulbricht. Nachdem Ulbricht ihn schrittweise entmachtet hatte, enthob ihn das ZK der SED am 15. Mai 1953 aller Funktionen »wegen politischer Blindheit gegenüber der Tätigkeit imperialistischer Agenten« und weil er nicht bereit war, Selbstkritik zu üben. Dahlems ganze Ver- gangenheit wurde auf gerollt; Matern, Lei- ter der ZPKK der SED verurteilte vor allem Dahlems Haltung in Frankreich 1939. Dahlem erhielt 1954 eine strenge Rüge, Parteiausschluß und Verurteilung waren greifbar nahe. Inzwischen begann in der Sowjetunion die Entstalinisierung, das ret- tete ihn. 1955 kam Dahlem als Abteilungsleiter in das Staatssekretariat für Hochschulwesen, er wurde anschließend Stellvertretender Staatssekretär für Hoch- und Fachschul- wesen und 1967 Stellvertreter des Ministers für Hoch- und Fachschulwesen. Im Juli 1956 rehabilitiert, wurde er im Ja- nuar 1957 auch wieder ins ZK der SED aufgenommen und auf den folgenden Par- teitagen (1958, 1963 und 1967) wiederge- wählt. 1950-1953 und seit 1963 ist Dahlem Volkskammer-Abgeordneter. Er wurde mit allen wichtigen Orden ausgezeichnet, dar- unter dem »Karl-Marx-Orden« und (zum 75. Geburtstag 1967) mit der »Ehrenspange zum Vaterländischen Verdienstorden in Gold«, doch seinen politischen Einfluß konnte Dahlem nicht wieder erlangen. DANTZ, Wilhelm (1886-1948) Geboren am 21. Juli 1886 in Hannover. Nach der Tischlerlehre in seinem Beruf tä- tig. Vor dem Weltkrieg Eintritt in die SPD, seit Gründung in der KPD. 1919 Vorsit- zender der KPD Bremen-Hastig, gehörte 1920 zur KAP-Richtung und wurde Leiter der »Allgemeinen Arbeiter-Union«. 1920 trennte sich Dantz wieder von den Ultralin- ken und kam zur KPD zurück. 1921 Vor- sitzender der KPD Bremen, Delegierter des Jenaer Parteitages. Von 1921-1924 Abge- ordneter der Bremer Bürgerschaft und Re- dakteur des Parteiorgans. Im Oktober 1924 als »Rechter« aus der KPD ausgeschlossen, nach der Ruth-Fischer- Ära 1925 wieder in die Partei aufgenom- nen und 1926/27 wieder Bremer Bürger- schaftsabgeordneter und hauptamtlicher KPD-Funktionär. Ende 1928 erneut als »Rechter« aus der KPD ausgeschlossen. Im Juni 1929 Eintritt in die SPD. Dantz war wieder als Tischler tätig, er trat politisch nicht mehr hervor. Er starb am 28. Juni 1948 in Bremen. DAUB, Philipp (geb. 1896) Geboren am 21. Januar 1896 in Saarbrük- ken, Sohn eines Arbeiters; nach dem Be- such der Volksschule Metallarbeiter. 1918 Daub/David 93 Eintritt in die Gewerkschaft und die USPD, 1921 in die KPD. Betriebsratsvorsitzender. 1923 Stadtverordneter der KPD. 1924 hauptamtlicher Sekretär der Gewerkschaft, ab 1927 im Parteiapparat tätig. Zunächst war Daub Orgleiter, dann 1928 Polleiter im Bezirk Saar. Der Weddinger Parteitag wählte ihn 1929 als Kandidat ins ZK der KPD. Im April 1931 versetzte ihn das ZK als Polleiter in den KPD-Bezirk Hessen. Schon im Oktober 1931 als Polleiter von Hessen wieder abgesetzt, da er (wie Schlaffer in Württemberg) nicht auf der Linie des ZK stand. Von dem Zeitpunkt ab arbeitete er in Berlin als Instrukteur des ZK-Apparats, 1932 Reichstagsabgeordneter der KPD. 1:933/34 Mitglied der illegalen Landeslei- tung der KPD, 1935 Nachfolger Creutz- burgs als Parteivertreter in Amsterdam. 1936 übernahm Daub in Paris die Leitung der »Roten Hilfe«, 1940 flüchtete er nach Übersee und kehrte 1945 nach Deutschland zurück. Daub schloß sich wieder der KPD bzw. der SED an und wurde Vizepräsident der Zen- tralverwaltung für Umsiedler und später Leiter der Kaderabteilung im ZK der SED. I955~19^1 Oberbürgermeister von Magde- burg. Von Dezember 1961 bis Januar 1964 Präsident der Liga für Völkerfreundschaft, seither Parteiveteran, lebte 1969 in Magde- burg. Daub wurde mit zahlreichen Orden ausgezeichnet. 1966 erhielt er den »Karl- Marx-Orden«. DAUTZENBERG, Jakob (geb. 1897) Geboren am 2. Februar 1897 in Würselen, Krs. Aachen, Sohn eines Werkmeisters; ge- lernter Former. Ab 1912 Gewerkschafts- mitglied, trat 1922 in die KPD ein, für die er verschiedene Funktionen ausübte, u. a. war er Gemeindevertreter und Kreistags- abgeordneter. 1923 von der belgischen Be- satzung verurteilt. Ab 1928 hauptamtlicher Sekretär in Aachen und im gleichen Jahr in den Reichstag gewählt, dem er jedoch nur bis 1930 angehörte. Für die KPD blieb er bis 1933 als Sekretär in Aachen tätig. Nach 1933 erwerbslos, in den Jahren 1933 bis 1934 in Untersuchungshaft; arbeitete dann als Former. In Aachen und Eschwei- ler baute Dautzenberg eine Widerstands- gruppe auf. Im August 1944 mit 200 Antifaschisten verhaftet, kam er ins KZ Neuengamme. An Dautzenberg wurden Bazillenversuche unternommen, er kam schwerkrank ins Vernichtungslager Bergen- Belsen. 1945 aus dem KZ befreit, kehrte er - Ge- sicht und Körper durch Pilzwucherungen entstellt und todkrank - in die Heimat zu- rück. Langsam erholte er sich und kam als KPD-Mitglied in den Kreistag, er sollte Landrat werden, was jedoch nicht verwirk- licht wurde. Bis zum Verbot der KPD im Wurmgebiet Funktionär (Unterbezirkslei- ter) der Partei. Seit einigen Jahren lebt Dautzenberg als Rentner in Haaren, Krs. Aachen. Er wurde 1967 angeklagt, für die illegale KPD tätig zu sein, vom Gericht je- doch freigesprochen. DAVID, Fritz (1897-1936) Entstammte einer jüdischen Familie aus der Wilnaer Gegend und hieß richtig Ilja-Da- vid Krugljanski, 1897 geboren. Er arbeitete ursprünglich im Komintern-Apparat in Moskau und wurde 1929 zur Arbeit nach Deutschland geschickt. David leitete die Gewerkschaftsredaktion der »Roten Fahne« und war Mitglied der Zentrale der RGO. Er galt als einer der KPD-Theoretiker der letzten Periode; ver- faßte das 1932 erschienene Buch »Der Bankrott des Reformismus. Wandlungen in der Theorie und in der Politik der deut- schen Gewerkschaften vom Verzicht auf die soziale Revolution zur Preisgabe der Lohn- kämpfe«. Am 3. März 1933 zur Arbeit in der deut- schen Sektion der Komintern nach Moskau beordert, dort ein enger Mitarbeiter Piecks. 94 David/Dengel David entwarf wesentliche Teile der Reso- lution der »Brüsseler« Parteikonferenz 1935; er war schon zuvor aktiv am VII. Weltkon- greß der Komintern beteiligt gewesen. 1936 von der NKWD verhaftet, wurde David als angeblicher Trotzkist im Schau- prozeß gegen Sinowjew u. a. im August 1936 vor Gericht gestellt. Die Anklage be- hauptete, er sei von Trotzki in die UdSSR geschickt worden, um Stalin umzubringen. Nachdem David das übliche »Geständnis« abgelegt hatte, wurde er am 24. August 1936 zum Tode verurteilt und hingerichtet. DEISEN, Wilhelm (1887-1962) Geboren am 7. April 1887 in Bremen, Sohn eines Zigarrenmachers. Lernte Maler und Tüncher, legte die Meisterprüfung ab. Im Kriege Mitbegründer der »Bremer Linksradikalen«. Seit Bestehen der KPD Mitglied der Partei. 1920 Vorsitzender der KPD in Bremen. Arbeitete bei der Weser- AG und war von 1919-1922 in deren Ar- beiterrat. 1922 wurde Deisen Parteisekretär und Mitglied der Bremer Bürgerschaft. Der VIII. KPD-Parteitag 1923 wählte ihn als Kandidat in den ZA. 1923 übernahm er die Leitung des KPD- Bezirks Nordwest. Er gehörte in der KPD zum Brandler-Flügel und war nach dem Sieg der Linken auf dem Frankfurter Par- teitag 1924 als Exponent der Rechten füh- rend an der Fraktionsarbeit dieser Gruppe beteiligt. Im Mai 1924 in den Reichstag gewählt, zugunsten Lindaus zurückgetre- ten. Mit einer Gruppe Gleichgesinnter lei- stete er dem nach Bremen entsandten linken Polleiter Eppstein großen Widerstand. Im Herbst 1924 verwarnt, wurde er im Januar 1925 aus der KPD ausgeschlossen. Clara Zetkin protestierte auf der Sitzung des Er- weiterten EKKI 1925 gegen Deisens und Jannacks Ausschluß. Nach der Wendung der Parteilinie Ende 1925 wieder in die KPD aufgenommen, zog er 1927 auch wieder in die Bremer Bürgerschaft ein. 1926 Leiter der »Roten Hilfe« Bezirk Nordwest. Nach der Wittorf-Affäre versuchte er in Bremen dem ultralinken Kurs Widerstand zu leisten. Am 25. Januar 1929 erneut aus der KPD ausgeschlossen, verlor er auch seine Position in der »Roten Hilfe«. Mit- glied der KPO, trat aber nach deren Spal- tung zusammen mit seinem Schwager Adolf Ehlers zur SAP über. Von 1929-1948 war Deisen Malermeister in Bremen; er war auch künstlerisch tätig im Bremer Kunstverein. 1945 schloß er sich wieder der KPD an. Da er schwer herzleidend war, nahm Deisen keinen aktiven Anteil mehr am politischen Leben. Die Verbindung zur Brandler- Gruppe ließ er auch nach 1945 nicht abrei- ßen und unterhielt bis zuletzt herzliche per- sönliche Beziehungen zu Heinrich Brandler. Ab 1948 lebte er als Rentner. Deisen starb am 23. Februar 1962 in Bre- men. DENGEL, Philipp (1888-1948) Geboren am 15. Dezember 1888 in Ober- ingelheim, Sohn eines rheinischen Winzers. Besuchte bis 1907 das Realgymnasium in Mainz und studierte bis 1911. Von 1911 bis 1913 Privatlehrer, dann Militärdienst bis 1918, zuletzt Leutnant der Reserve. Nach Ausbruch der Revolution Redakteur an Zeitungen der Arbeiterräte. 1919 schloß sich Dengel der KPD an und wurde Re- dakteur der »Roten Fahne«. 1922 übernahm er die Chefredaktion der »Sozialistischen Republik« in Köln. 1923 leitete er die Re- daktion der »Hamburger Volkszeitung« und nahm aktiv am Hamburger Aufstand teil. Dengel gehörte zum linken Parteiflügel. Anfang 1924 schickte ihn die KPD als Pol- leiter in ihren Bezirk Wasserkante. Ab August 1924 Polleiter im Bezirk Nieder- rhein (unter dem Namen Schmidt). Im Mai 1924 war er als Abgeordneter in den Reichstag eingezogen, dem er bis 1930 an- gehörte. Auf dem X. Parteitag der KPD im Juli Dengel/Deter 95 1925 wurde Dengel als Mitglied in das ZK gewählt, seit dem »Offenen Brief« 1925 ge- hörte er dem Polbüro an und arbeitete bis 1929 als Sekretär des ZK in Berlin. Dort gehörte er zur linken Gruppe um Thäl- mann. Der VI. Weltkongreß der Komin- tern 1928 hatte Dengel als Mitglied ins EKKI und ins Präsidium gewählt. Nach der Aufdeckung der Wittorf-Affäre wandte er sich gegen Thälmann. Im Ok- tober 1928 war Dengel eine der treibenden Personen, die Thälmanns Absetzung ver- langten: »Genosse Thälmann muß ver- schwinden von der oberen Spitze der Par- tei für eine gewisse Zeit.« Nach Thälmanns Wiedereinsetzung wurde Dengel gemaßregelt, von seinen Funktionen als Sekretär des ZK entbunden; zwar 1929 vom XII. Parteitag als Mitglied ins ZK ge- wählt, aber nach Moskau abgeschoben. In der Sowjetunion arbeitete er im Apparat der Komintern (im Dezember 1929 reiste er im Auftrag der Komintern nach Schwe- den). Erst 1936 wurde er wieder zur Ar- beit in der KPD herangezogen. Die »Ber- ner« Konferenz der KPD wählte ihn 1939 wieder ins ZK, er blieb aber ständig in Moskau. Im Juni 1941 erlitt Dengel einen Schlag- anfall, von dem er sich nie wieder ganz erholte. Er gehörte zwar 1944 noch dem »Nationalkomitee Freies Deutschland« an, spielte aber keine politische Rolle mehr. 1947 kehrte er schwerkrank nach Berlin zu- rück, wo er am 28. März 1948 starb. Seine Frau Käthe lebte 1969 in der DDR. DETER, Adolf (geb. 1900) Geboren am 23. Juni 1900 in Czarnikau in Polen, Sohn deutscher Eltern. Lernte Dre- her und arbeitete in Mitteldeutschland. 1920 KPD-Mitglied. 1921 für die KPD in Tangermünde aktiv, übersiedelte 1923 nach Berlin, war bei der Berliner Hochbahn be- schäftigt und wurde 1925 zum Vorsitzen- den des Gesamtbetriebsrates der Berliner Hochbahn gewählt. 1928 Arbeiterratsvor- sitzender der BVG; im gleichen Jahr in den preußischen Landtag gewählt. Gehörte 1929 zu den »Versöhnlern«, protestierte vor allem gegen die Taktik, die am 1. Mai 1929 angewandt wurde und bezeichnete sie als putschistisch. Da er 1929 bei den Be- triebsratswahlen der BVG einen großen persönlichen Erfolg verzeichnen konnte, wurde er jedoch nicht abgesetzt. 1931 sandte ihn das ZK der KPD als Sekretär der RGO Wasserkante nach Ham- burg. 1932 erneut preußischer Landtags- abgeordneter. Deter war der direkte Organisator des Berliner Verkehrsarbeiter- Streiks 1932, den RGO und NSBO gemeinsam durchführten. 1933 Emigration nach Dänemark, 1934 nach Belgien, 1936 nach Frankreich. In der Emigration gehörte er zum Apparat Woll- webers (in Valtins »Tagebuch der Hölle« wird behauptet, Deter habe mißliebige Ge- nossen in die Hände der Gestapo gespielt). 1941 entkam Deter in die USA, wo er bis 1946 als Metallarbeiter tätig war. Nach seiner Rückkehr nach Deutschland Mitglied der Berliner SED-Leitung und deren stellvertretender Vorsitzender. 1949 bis 1951 1. Vorsitzender des FDGB Berlin und 1950-1954 Kandidat des ZK der SED, 1950 zum Mitglied des FDGB-Bundesvor- stands gewählt. 1953 warf Ulbricht Deter »kapitulantenhaftes Verhalten« vor, der IV. SED-Parteitag 1954 wählte Deter des- halb nicht mehr ins ZK. Bis 1954 als Sekretär des FDGB tätig, dann Sekretär des Ausschusses für deutsche Einheit. 1958 bei den West-Berliner Wahlen Spitzenkandidat der SED. Da die SED nur 2 °/o der Stimmen erhielt, jedoch nicht ge- wählt. Deter lebte 1969 in Ost-Berlin, er ist Vizepräsident der im Dezember 1964 ge- gründeten Gesellschaft »Neue Heimat«, die Verbindung zu Bürgern deutscher Herkunft im Ausland halten soll. Er ist Träger des »Vaterländischen Verdienstordens« in Sil- ber. $6 Dettmann/Dietrich DETTMANN, Friedrich (geb. 1897) Geboren am 15. Juli 1897 in Hamburg. Nach der Schlosserlehre arbeitete er vier Jahre in seinem Beruf. Ab 1917 Soldat, geriet in englische Gefangenschaft, aus der er am 30. September 1919 nach Hamburg zurückkehrte. Schloß sich der USP an und kam mit deren linkem Flügel 1920 zur KPD. Seit 1923 hauptamtlicher Funktionär, nahm als Delegierter am VIII. Parteitag der KPD 1923 teil. Zunächst Redakteur der »Ham- burger Volkszeitung«. Im Juli 1924 Ver- urteilung als verantwortlicher Redakteur der »Hamburger Volkszeitung«. 1924 bis 1933 Mitglied der Hamburger Bürger- schaft. 1929 Leiter des »Norddeutschen Arbeiterschutzbundes«, der als Nachfolge- organisation des verbotenen RFB gedacht war. Bis 1933 gehörte Dettmann zur erwei- terten KPD-Bezirksleitung Wasserkante. 1935 verhaftet, wurde er am 3. März 1936 zu 10 Jahren Zuchthaus verurteilt und war bis 1945 inhaftiert. 1945 kehrte »Fiete« Dettmann nach Ham- burg zurück und wurde dort Vorsitzender der KPD. Am 20. August 1945 unter- schrieb er eine Vereinbarung über die Zu- sammenarbeit mit der SPD und Schaffung einer »Sozialistischen Partei«. Von 1945 bis 1948 Senator der Gesundheitsbehörde in Hamburg; von 1946-1951 gehörte er wie- der als KPD-Abgeordneter der Hamburger Bürgerschaft an. 1950 im Zuge der erneuten Stalinisierung der westdeutschen KPD als Vorsitzender der Hamburger KP abgelöst. Auf Partei- beschluß übersiedelte Dettmann 1952 in die DDR, wo er untergeordnete Funktionen ausübte. 1962 erhielt er den »Vaterländi- schen Verdienstorden« in Bronze, 1967 in Gold. 1968 war er Generaldirektor der VEB Hochseefischerei in Rostock. DIEDRICHS, Johann (1893-1951) Am 28. Dezember 1893 in Grünberg/ Schlesien geboren; Sohn eines SPD-Funk- tionärs. Gelernter Maschinenschlosser. 1913 Mitglied der SPD. Im Weltkrieg Soldat, 1918 Mitglied des Soldatenrats. 1919 Über- tritt zur KPD. Als Schlosser in Oberschle- sien beschäftigt. Bis 1924 Funktionär in Gleiwitz. Diedrichs stand auf dem linken Parteiflügel, er gehörte der BL Oberschle- sien an und übernahm 1924 als Orgleiter des Bezirks eine hauptamtliche Funktion. Bis 1926 Orgleiter der BL, anschließend Parteisekretär in Gleiwitz, wo er auch Stadtverordneter war. 1929 Übersiedlung nach Köln. Als Steuer- und Rechtsberater tätig. Mitglied der KPD- Leitung in Köln und Funktionär der RGO. 1933 illegal für die KPD tätig, verhaftet und wegen »Vorbereitung zum Hochverrat« zu einem Jahr Gefängnis verurteilt. Von 1934-1938 als Schlosser beschäftigt. Ab 1942 lebte Diedrichs, der schwer lungen- krank war, von seiner Rente. Nach 1945 betätigte er sich beim Neuaufbau der KPD, bis zu seinem Tod war er Parteisekretär in Köln-Höhenhaus. Diedrichs starb am 5. März 1951 in Köln. DIETRICH, Paul Reinhold (1889-1937?) Geboren am 6. November 1889 in Groß- Warzula (Thüringen). Nach der Realschule in Langensalza kam er auf ein Lehrersemi- nar. 1909 trat er der SPD bei. Bis 1912 unterrichtete er als Volksschullehrer, dann Mitarbeiter an SPD-Zeitungen. 1917 Übertritt zur USP und Mitglied des Spartakusbundes. Nadi dem Krieg führend in der USPD-Bezirksleitung Jena tätig. 1920 mit der linken USP zur KPD. Bis 1923 einer der Führer der Thüringer KPD, Redakteur in Gotha. Auf dem VIII. Par- teitag 1923 in die Redaktionskommission gewählt und als Mitglied in den ZA be- rufen. 1924 entsandte ihn die Zentrale nach Ham- burg, wo er zunächst stellvertretender Chefredakteur und Ende 1924 Chefredak- teur der »Hamburger Volkszeitung« und Mitglied der Hamburger Bürgerschaft wurde. Diese Funktion übte er bis Ende Dietrich/Dörr 97 1925 aus, im Februar 1926 Polleiter des Bezirks Wasserkante. Im Frühjahr 1926 Rückkehr in den ZK-Apparat nach Ber- lin. Auf dem Essener Parteitag 1927 wurde Dietrich als Mitglied ins ZK berufen und 1928 in den Reichstag gewählt. Er leitete verschiedene Bezirke an, verfaßte kleinere Schriften und Zeitungsaufsätze und galt als »Thälmanns Federhalter«. Dietrich schloß sich 1928 der »Versöhnler«- Gruppe an und wurde einer ihrer Wortfüh- rer. Nach der Wittorf-Affäre deswegen gemaßregelt, wurde er 1929 nach Moskau versetzt und war in der Komintern für Ägypten und Palästina verantwortlich. Er kam 1929 nicht mehr ins ZK und schied 1930 auch aus dem Reichstag aus. Nach Deutschland zurückgekehrt, war er bis 1933 Redakteur an Zeitungen verschiedener KPD-Massenorganisationen. 1934/35 gab Dietrich gemeinsam mit Lex Ende eine kommunistische Wochenschrift im Saargebiet heraus. 1936 in die Sowjetunion abkom- mandiert, arbeitete er als Redakteur an einer deutschsprachigen Zeitung in Lenin- grad. Dietrich wurde 1937 in der Sowjet- union verhaftet, er kam in den Stalinschen Säuberungen ums Leben. DLiTBENDER, Walter (1891-1937) Geboren am 29. November 1891 in Stettin. Gelernter Schlosser. Im Kriege Soldat, schloß sich der USP an und kam mit deren linkem Flügel 1920 zur KPD. Funktionär in der kommunistischen Bauernbewegung. 1925 Teilnehmer am X. KPD-Parteitag und Mitglied der Bauernkommission. Seit 1926 in der »Roten Hilfe« tätig, zunächst Leiter der Emigranten-Fürsorge, 1929 kurze Zeit Reichsleiter der »Roten Hilfe«. 1929 auch Mitglied der Berliner Stadtverordnetenver- sammlung. Bis 1933 leitend in der »Roten Hilfe«. Nach dem Reichstagsbrand verhaftet. Als Zeuge im Reichstagsbrandprozeß vernom- men, erregte seine mutige Haltung vor Ge- richt Aufsehen und wurde von Dimitroff als beispielhaft gewürdigt. 1934 aus dem KZ entlassen, emigrierte er in die Sowjetunion. In Moskau Leiter der Emigranten-Hilfe. 1936 verhaftet, legte er nach langer Tortur ein »Geständnis« ab. Er belastete auch Kerff, dem er gegenübergestellt wurde: er, Dittbender, habe Kerff für eine trotzki- stische Organisation geworben. 1937 ver- urteilte die NKWD Dittbender zum Tode, er wurde erschossen. DÖRR, Max (1886-?) Geboren am 31. August 1886 in Berlin. Technischer Zeichner. 1908 trat er der SPD bei und kam über die USPD zur KPD, auf deren linkem Flügel er stand. Dörr hatte in der Berliner Organisation verschiedene Funktionen inne; seit 1921 auch Stadtrat in Berlin. Im März 1924 be- rief ihn die Zentrale als Redakteur an die »Rote Fahne«. Bei den Wahlen für den Reichstag im Mai 1924 hatte Dörr den 4. Platz im Wahlkreis Berlin eingenommen, er wurde aber nicht gewählt. Im Dezember 1924 zog er dann als Abgeordneter in den preußischen Landtag ein, gehörte zum Fraktionsvorstand der KPD im Landtag und war gleichzeitig Fraktionsführer der Berliner KPD-Stadtverordneten. Im Juni 1924 kurze Zeit inhaftiert. 1925 arbeitete er in der Kommunalabteilung des ZK. 1926 erfolgte sein Ausschluß aus der KPD. Er soll Gelder unterschlagen haben. Nach Dörrs Darstellung erfolgte sein Ausschluß jedoch wegen seiner linksoppositionellen Haltung. Im Mai 1927 fand der Prozeß statt. Dörr wurde beschuldigt, 3000 Mark von der Stadtkasse für die »Rote Hilfe« empfangen, aber nur 2000 Mark weiterge- leitet und den Rest erst 1926 abgeliefert zu haben. Nach seiner Version hatte er an eine Parteispaltung geglaubt, er habe des- halb das Geld nicht dem ZK, sondern einer linken Gruppe geben wollen, den Rest des Geldes habe er dem ZK übergeben, als er 9 8 Dörr/Dressel seinen Irrtum eingesehen hatte. Das Gericht schenkte ihm keinen Glauben und nannte seine Darstellung »leeres Gerede«. Er wurde zu drei Monaten Gefängnis verurteilt. Sein Landtagsmandat behielt er bis 1928 als Fraktionsloser. Im August 1927 schrieb er in der russi- schen Emigrantenzeitung »Rui« eine Ar- tikelserie über die Abhängigkeit und Fi- nanzierung der KPD von Moskau. Weitere Daten seines Lebenslaufs ließen sich nicht ermitteln. DOMBROWSKI, Arthur (1888-1969) Geboren am 23. Oktober 1888 in Ober- schlesien, Sohn des Kaufmanns Max D. Nach einer kaufmännischen Lehre zunächst Angestellter. Ab 1905 in der Arbeiter- Jugendorganisationen Deutschlands. 1908 Delegierter der 2. Konferenz der freien Jugendorganisationen Deutschlands. 1909 SPD, als Kriegsgegner 1917 Übertritt zur USPD. Nach dem Krieg als Privatdetektiv in Breslau tätig. 1920 mit der linken USPD zur KPD. 1923 Redakteur der »Arbeiter- zeitung«, des Breslauer KPD-Organs. 1924 inhaftiert, dann Redakteur, 1929 Chef- redakteur der »Arbeiterzeitung«. 1930 zu 16 Monaten Festungshaft verurteilt. 1932 zur »Roten Hilfe« nach Berlin versetzt. Im Februar 1933 verhaftet, bis 1934 im Gefängnis. 1936 konnte Dombrowski nach Palästina auswandern. Sein Sohn Heinz war bei den Aufständen in Nordpalästina gefallen, daraufhin erhielten er und sein Sohn Kurt die Einreisegenehmigung. Dom- browski lebte bis zu seinem Tod in einem Kibbuzim in Israel, er starb am 2. Januar 1969. DRABENT, Leo (1899-1944) Geboren am 15. Juni 1899 in Blumenthal bei Bremen. Nach der Schlosserlehre 1917 zum Kriegsdienst eingezogen, aus dem er schwer verwundet zurückkehrte. 1923 Mitglied der KPD. Vor allem als Propagandist tätig. 1927 Unterbezirksse- kretär in Vegesack und nach dem Besuch der »Rosa-Luxemburg«-Parteischule 1929 Agitprop-Sekretär des Bezirks Wasser- kante. Mitglied des Hannoverschen Provin- ziallandtages. Nach 1933 arbeitete Drabent als Dreher und wirkte illegal für die KPD. Seit 1935 auf der Weser-Werft in Bremen beschäftigt. Die Gestapo verhaftete ihn zu- sammen mit seiner Frau Marianne 1943. Drabent wurde zum Tode verurteilt und am 20. November 1944 in Brandenburg hingerichtet. DRESSEL, Fritz (1896-1933) Geboren am 1. Juni 1896 in Wehsberg (Oberfranken), besuchte sieben Jahre die Volksschule und drei Jahre die Bauge- werbeschule in Coburg, lernte Zimmerer. Dressel war Kriegsteilnehmer in Frankreich und Rußland, er befand sich längere Zeit in Kriegsgefangenschaft. 1919 Mitglied der USPD. 1920 kam er mit der linken USPD zur KPD. 1923 wählte ihn der VIII. KPD- Parteitag in die Mandatsprüfungs- und Orgkommission. Anfang 1923 Sekretär der KPD Bezirk Südbayern. Zeitweise (wäh- rend der Inhaftierung von Götz) war Dres- sel Orgleiter. Im April-Mai 1927 besuchte er die Partei- schule der KPD in Hohenstein (sächsische Schweiz) und wurde anschließend Orgleiter in Südbayern (bis 1928) und zugleich Ab- geordneter des Landtags (1928-1933). Dressel blieb bis 1933 Vorsitzender der Landtagsfraktion und protestierte in dieser Funktion noch im April 1933 beim Gaulei- ter der bayerischen NSDAP, Wagner, gegen den Terror der SA. Am 3. Mai 1933 verhaftet, brachte man ihn ins KZ Dachau. Dort hetzte die Wach- mannschaft des KZs Hunde auf ihn, von diesen Hunden zerfleischt, wurde er ins Re- vier des KZs gebracht, wo ihn die SA ver- bluten ließ. Dressel starb am 7. Mai 1933. DUDDINS, Walter (1903-1941?) Geboren am 20. Mai 1903 in Königsberg, lernte Maschinenschlosser und arbeitete in Königsberg und später in Dortmund. 1921 trat er der KPD bei und wurde 1922 Ju- gendsekretär der Partei im Ruhrgebiet. 1923 lief gegen Duddins ein Ausschlußver- fahren wegen Unregelmäßigkeiten, er schied aus dem hauptamtlichen Apparat aus, wurde später aber rehabilitiert. Im Januar 1926 Parteisekretär, zunächst im Unterbezirk Duisburg, dann 1927-1929 in Bochum. Er neigte zur linken Opposition, vertrat aber dann die Parteilinie. 1927 wegen Widerstand gegen die Staats- gewalt zu sechs Monaten Gefängnis ver- urteilt, wegen Zersetzung der Schutzpoli- zei im März 1928 zu 1V2 Jahren Festung. Im Mai 1928 in den preußischen Landtag gewählt, dem er bis 1933 angehörte. Anfang 1930 leitete er als Sekretär den KPD-Unterbezirk Dortmund. 1930 ver- übte die Dortmunder SA einen Mord- anschlag auf Duddins. Er übernahm Mitte 1930 als Polleiter die Führung des wich- tigen KPD-Bezirks Thüringen und behielt diese Funktion bis 1933. 1933 zur illegalen Arbeit als Leiter des Be- zirks Wasserkante abgestellt, wurde Dud- dins im Juli 1933 verhaftet und 1934 zu drei Jahren Zuchthaus verurteilt. Auch seine Frau stand wegen Hochverrats vor Gericht und wurde 1935 zum Tode ver- urteilt, ihre Strafe wurde zu 15 Jahren Zuchthaus umgewandelt. Duddins selbst kam nach der Strafverbüßung ins KZ Sach- senhausen, dort wandte er sich von der KPD ab. In den SED-Publikationen wird heute gesagt, »daß er sich nach 1934 nicht mehr am antifaschistischen Kampf beteiligt hat«. Nach Darstellung einer kommunisti- schen Oppositionsgruppe (Arbeiterpolitik) soll er im KZ umgekommen sein. DÜNNINGHAUS, Georg Karl (1893 bis Geboren am 28. Juni 1893 in Hamburg. Duddins/Duncker 99 Gelernter Modelltischler; trat 1919 der KPD bei. 1926 zum Generalsekretär der IAH berufen und auf dem 2. Kongreß im April 1927 »einstimmig wiedergewählt«. Dünninghaus hatte diese Funktion bis 1931 inne. 1933 emigrierte er ins Saargebiet, kehrte aber später wieder nach Deutschland zu- rück. Da er illegal für die KPD arbeitete, wurde er im November 1938 verhaftet und war mehrere Jahre im Gefängnis. 1945 kehrte er nach Hamburg zurück. Dann übersiedelte er nach Chemnitz, wo er der SED angehörte, ohne Funktionen zu haben. Dünninghaus starb am 9. April 1953 in Chemnitz. DUNCKER, Hermann, Dr. phil. (1874 bis 1960) Geboren am 24. Mai 1874 in Hamburg, Sohn des Kaufmanns Hermann Duncker. 1883-1891 Gymnasium in Göttingen. Stu- dierte zunächst in Leipzig Musikwissen- schaft. Am 1. Mai 1893 trat er der SPD bei. Studierte 1896-1903 Geschichte, Philo- sophie und Ökonomie vor allem bei Wil- helm Wundt und Karl Lambrecht, 1903 promovierte er zum Doktor der Philo- sophie über »Das mittelalterliche Dorfge- werbe« (1903 im Druck erschienen). Inzwischen hatte er seine Frau Käte (geb. 23. Mai 1871) kennengelernt, die aktiv in der sozialdemokratischen Frauenbewegung stand und Mitarbeiterin Clara Zetkins war. (Auf der 5. Frauenkonferenz der SPD 1908 hielt Käte Duncker das Hauptrefe- rat.) Duncker sagte später: »Was ich für die Arbeiterbewegung habe leisten können, verdanke ich wesentlich der kameradschaft- lichen Unterstützung meiner Frau.« 1903 wurde Duncker hauptamtlicher Funk- tionär der SPD, zunächst Redakteur der »Leipziger Volkszeitung«. Mit der Einrich- tung marxistischer Schulungskurse durch die SPD wurde er 1906 zum ersten Wander- lehrer der Partei berufen. Dabei kam ihm 100 Duncker/Ebeling seine große pädagogische Begabung zustat- ten. 1911 kam er an die Zentralschule der SPD nach Berlin, wo er eng mit Rosa Lu- xemburg und Franz Mehring verbunden war. 1914 gehörte Duncker zu dem kleinen Kreis der Internationalisten, die in Berlin den späteren Spartakusbund begründeten. Er und seine Frau waren enge Mitarbeiter von Leo Jogiches bei der Organisierung der Spartakusgruppe und bei der Herausgabe illegaler Materialien. Duncker war der Ver- fasser der illegal vertriebenen Broschüre »Der Annexionswahnsinn«. Nach Ausbruch der Revolution besetzte er mit einer Gruppe Anhänger Redaktion und Druckerei des »Berliner Lokalanzei- ger« und gab die erste Nummer der »Ro- ten Fahne« heraus. Duncker gehörte zur Leitung des Spartakusbundes. Auf dem Gründungsparteitag wurden er und seine Frau in die Zentrale der KPD gewählt. 1919 wurde er einige Monate inhaftiert, seine Frau floh nach Dänemark. Er bekam jedoch Differenzen mit der Partei und wurde auf dem II. Parteitag nicht wie- dergewählt. Er übersiedelte nach Gotha, 1919/20 Sekretär der (von der USPD ge- führten) Landesregierung von Gotha. Nadi dem Kapp-Putsch seiner Funktion in Gotha enthoben, arbeitete er als Wanderlehrer für die KPD. 1923 wurde Hermann Duncker Sekretär der Thüringer Landtagsfraktion der KPD. Duncker nahm an allen KPD-Parteitagen von 1920-1923 teil. Er litt damals unter chronischer Bronchitis und hatte Asthma- anfälle. Er lebte, wie seine Frau an Frau Kautsky schrieb, mit seinen drei inzwischen fast erwachsenen Kindern unter schwierigen Verhältnissen. 1923 übernahm Duncker die Schulungs- abteilung der Zentrale, die er auch unter der Ruth-Fischer-Führung behielt, obwohl er zum rechten Parteiflügel tendierte und 1923/24 aktives Mitglied der Mittelgruppe war. In den zwanziger Jahren wurde er auch als Herausgeber einiger Schriftenrei- hen in kommunistischen Verlagen bekannt (u. a. »Elementarbücher des Kommunismus« und »Kleine Lenin-Bibliothek«). Außerdem war er Gründer und Leiter der MASCH, der Berliner Marxistischen Arbeiterschule. Bis 1933 betätigte sich Duncker vor allem auf dem Gebiet der Schulungsarbeit der KPD. 1927/28 Leiter der Bildungsabteilung des ZK, verlor der immer dem rechten Flü- gel nahestehende Duncker in der ultralin- ken Periode nach 1929 seinen politischen Einfluß. Nach dem Reichstagsbrand am 28. Februar 1933 verhaftet und im Gefängnis Spandau und dann ein Jahr lang im KZ Branden- burg festgehalten. Nach seiner Entlassung 1936 flüchtete er nach Dänemark, England und schließlich nach Frankreich. Über ein Internierungslager in Marokko gelangte er im September 1941 nach den USA. Seine Frau hatte eine Reise zum Sohn Karl (Do- zent an einer USA-Universität) benutzt, um in den USA zu bleiben. Da er den Stalin-Hitler-Pakt ablehnte, kam es zu Dif- ferenzen mit der Partei. Im Mai 1947 kehrte Duncker mit seiner Frau nach Deutschland zurück, schloß sich der SED an und wurde Professor und Dekan der Ge- sellschaftswissenschaftlichen Fakultät der Universität Rostock. 1948 berief ihn das ZK zum Direktor der Bundeshochschule des FDGB in Bernau. Fast erblindet hielt er noch viele Vorträge. Er erhielt von der SED viele Auszeichnun- gen, darunter den »Karl-Marx-Orden«. Eine zweibändige Auswahl seiner Schrif- ten »Einführung in den Marxismus« er- schien 1958 in Ost-Berlin. (Bereits 1908 war seine Schrift: »Volkswirtschaftliche Grundbegriffe« gedruckt worden.) Käte Duncker starb am 2. Mai 1953, Her- mann Duncker nach längerer Krankheit am 22. Juni 1960 in Ost-Berlin. EBELING, Karl (1894-1960) Geboren am 16. Dezember 1894 in Bevern bei Holzminden, lernte Schmied und war Ebeling/Eberlein 101 nach dem Krieg in der Continental-Fabrik in Hannover beschäftigt, in der er auch Betriebsrat wurde. Seit 1920 KPD-Mit- glied. Gehörte dem Vorstand des DMV in Hannover an, wurde aber 1924 wegen kommunistischer Tätigkeit ausgeschlossen. 1925 hauptamtlicher Funktionär der KPD. Auf dem X. Parteitag vertrat er den Be- zirk Niedersachsen in der Politischen Kom- mission. 1927 Orgleiter des Bezirks Nieder- sachsen. Er gehörte zu den »Versöhnlern« und wurde deswegen im November 1928 seiner Funktion enthoben. Er übersiedelte nach Berlin und war bis 1933 als typischer »Proletarier« Leiter des »Antifaschistischen Kampfbundes« für Berlin. Bis 1936 arbeitete Ebeling in Berlin illegal für die KPD, dann wurde er verhaftet und war längere Zeit im Gefängnis. Nadi 1945 schloß er sich der KPD an, er wurde 1945 Mitglied des Gesamtbetriebs- rats Neukölln. 1946 Mitglied der SED; war im Berliner FDGB aktiv. Mitglied der Ber- liner SED-Bezirksleitung und Sekretär für Sozialhilfe. Ebeling lebte bis 1959 in West- Berlin und kandidierte bei Stadtverord- netenwahlen für die SED. Er war Träger des »Vaterländischen Verdienstordens« in Bronze. Er verbrachte sein letztes Lebens- jahr als Parteiveteran in Ost-Berlin, wo er am 28. Oktober 1960 starb. EBERLEIN, Hugo (1887-1944) Geboren am 4. Mai 1887 in Saalfeld, lernte Zeichner. 1905 Mitglied der Gewerkschaft und 1906 der SPD. Er lebte als technischer Zeichner in Berlin. Eberlein - ein gewand- ter, schlagfertiger und belesener Mann - stand in den Parteidiskussionen auf dem linken Flügel der Partei. Er war ein treuer Anhänger Rosa Luxemburgs, die nach Kriegs- ausbruch seine weniger bekannte Adresse für wichtige Korrespondenz benutzte. Eberlein gehörte von Anfang an zur füh- renden Gruppe der Linken, der späteren Spartakusgruppe. Da er ein ausgezeichneter Organisator war, spielte er im Krieg neben Leo Jogiches für den Spartakusbund eine wichtige Rolle. Teilnehmer der ersten Reichskonferenz der Spartakusgruppe im Januar 1916. Im Juni des gleichen Jahres wurde er (neben Pieck, Käte Duncker und Frassek) für die Spartakusgruppe in den SPD-Kreisvorstand Teltow-Beeskow-Char- lottenburg gewählt, in dem die Linken gro- ßen Einfluß hatten. Seit 1917 gehörte er mit der Spartakusgruppe zur USPD. Sofort nach der Novemberrevolution wurde Eberlein Mitglied des Vorstandes des Spartakusbundes und war für die Ge- schäftsleitung verantwortlich. Auf dem Gründungsparteitag der KPD hielt er am 31. Dezember 1918 das Referat über die Organisation. Am 11. Januar 1919 wurde er verhaftet, konnte entkommen und lebte in der folgenden Zeit illegal. Er nahm an allen Parteitagen der KPD teil und wurde vom I. bis zum XL Parteitag immer wieder in die Zentrale bzw. in das ZK gewählt, gehörte fast immer dem Orgbüro und zeit- weise auch dem Polbüro an. Im März 1919 reiste Eberlein als einziger deutscher Vertreter zum Gründungskon- greß der Komintern nach Moskau (er trug dort das Pseudonym »Albert«). In Moskau wandte er sich, entsprechend einem Be- schluß der KPD und dem Wunsch der in- zwischen in Deutschland ermordeten Rosa Luxemburg, gegen die sofortige Gründung der Komintern, und enthielt sich bei der Gründung der Kommunistischen Internatio- nale der Stimme. Nach Deutschland zurück- gekehrt, trat er für den Anschluß an die Komintern ein und die KPD beschloß ent- sprechend. Eberlein war in der Folgezeit einer der Vertrauensleute der Kominternführer in Deutschland, durch seine Hände floß die finanzielle Unterstützung für die KPD. Während der Märzaktion und bei den Vor- bereitungen des Aufstandes 1923 auch ak- tiv im militärischen Apparat der KPD tätig. Seit 1921 Mitglied des preußischen Landtags (dem er ununterbrochen bis 1933 angehörte). 102 Eberlein/Ebner Ende 1923 wandte sich Eberlein von Brandler ab und gehörte zur Mittelgruppe, die bis zum IX. Parteitag im April 1924 die Partei leitete. Eberlein war einer der Organisatoren dieses illegal abgehaltenen Parteitags. Der IX. Parteitag wählte ihn als einen der vier Vertreter der Mittelgruppe in die linke Zentrale, in der er loyal mit- arbeitete. Audi auf dem X. Parteitag 1925 kam er ins ZK. Nach dem »Offenen Brief« stieg sein Einfluß in der Partei beträchtlich und auf dem XI. Parteitag 1927 wurde er als ZK-Mitglied ins Polbüro aufgenommen. Der VI. Weltkongreß der Komintern wählte ihn 1928 in die Internationale Kon- trollkommission. Eberlein gehörte zur »Versöhnler«-Gruppe, hatte maßgebenden Anteil an der Auf- deckung der »Wittorf-Affäre« sowie an der Absetzung Thälmanns im September 1928. Nach dem Eingreifen Stalins wurde er »kaltgestellt«. Mit der Mehrheit der Ver- söhnler kapitulierte er später und wurde auf weniger wichtige Posten in der Partei abgeschoben. Eberlein war in zweiter Ehe mit einer Tochter der berühmten russischen Bolsche- wikin Inessa Armand, einer Freundin Le- nins, verheiratet. Er war auch sehr eng mit Wilhelm Pieck befreundet. Nadi 1929 ar- beitete Eberlein für den Kominternapparat. Bela Kun hatte ihn für die Arbeit in der Komintern herangezogen, er übte diese Funktion auch nach 1933 aus. In Frank- reich war er maßgeblich an der Organisie- rung der Volksfrontbewegung beteiligt. Im September 1935 wurde er in Strasbourg verhaftet, nach einem Hungerstreik im März 1936 in die Schweiz abgeschoben und von dort in die Sowjetunion geschickt. Er geriet in die Stalinschen Säuberungen. Nachdem Pieck auf Eberleins Geburtstag 1937 noch verkündete, Eberlein werde re- habilitiert und wieder in die deutsche Par- teiarbeit aufgenommen, verhaftete ihn kurz danach die NKWD. 1940 sollte Eberlein an die Gestapo ausgeliefert werden, er soll aber wenige Tage vorher in der Ausliefe- rungshaft ums Leben gekommen sein. Die SED gab 1940 als Todesjahr an, allerdings war in einer früheren sowjetischen Publika- tion (Protokoll des 8. Parteitags der KPR [russ.], Moskau 1959, S. 593) 1944 als To- desjahr angegeben. Nach anderen Angaben soll Eberlein auch nach dem Krieg noch am Leben gewesen sein. In den Publikationen der SED wird Eber- lein seit einigen Jahren wieder positiv er- wähnt, aber erst Anfang 1969 erfolgte seine öffentliche Rehabilitierung durch die Angabe, er sei in der Sowjetunion wider- rechtlich verhaftet worden. Als Todes- datum wurde nun (»Beiträge zur Geschichte der Arbeiterbewegung«, 11. Jg. 1969. Heft 1), der 12. Januar 1944 genannt. EBNER, Adam (geb. 1894) Geboren am 4. März 1894 in Neu-Isenburg, entstammte einer alteingesessenen Neu- Isenburger Familie. Der Vater starb früh, die Mutter betrieb eine Gastwirtschaft. Ebner lernte Mechaniker und war längere Zeit in seinem Beruf tätig. Besuchte dann die technischen Lehranstalten in Offenbach, kam danach als Betriebsassistent zur Reichs- bahn. Ebner nahm am Krieg teil und wurde ver- wundet. Nach dem Weltkrieg trat er der USPD bei und kam mit deren linkem Flü- gel 1920 zur KPD. Von 1921-1924 Ab- geordneter des hessischen Landtags, im Mai 1924 in den Reichstag gewählt (im Dezem- ber 1924 nicht mehr). Delegierter des VIII. KPD-Parteitages 1923, als Vertreter des linken Bezirks Hessen in die Gewerkschafts- kommission und den Zentralausschuß ge- wählt, doch nahm er an dessen Sitzungen nie teil. Ebner zählte zum linken Flügel der KPD. Als Oppositioneller 1927 aus der Partei ausgeschlossen, gehörte er zu den Mitbe- gründern des Leninbundes. Im März 1928 unterschrieb er den Aufruf der »linken Kommunisten«. Bei den Stadtverordneten- wahlen 1929 errang der Leninbund unter Ebner/Eichhorn 103 Ebners Führung in Neu-Isenburg vier Man- date. Im April 1931 gab es Wiedervereinigungs- bestrebungen zwischen den örtlichen Lei- tungen der KPD und des Leninbundes. Ebner kandidierte damals als Beigeord- neter in Neu-Isenburg und hatte einen gro- ßen Wahlerfolg. Die KPD versuchte das als eine »Kandidatur der KPD« auszunutzen, was nicht stimmte. Der Leninbund blieb selbständig. 1933-1945 arbeitete Ebner weiter als Be- triebsassistent bei der Reichsbahn, nach 1945 war er bei der Landesversicherungs- anstalt beschäftigt. 1968 lebte er als Pen- sionär in Neu-Isenburg, er gehört keiner Partei an. EHLERS, Adolf (geb. 1898) Am 21. Februar 1898 in Bremen geboren. Nach der Schulentlassung kaufmännische Lehre, 1918 Soldat. Nach dem Krieg Me- tallarbeiter (Schweißer und Brenner). Mit- glied der KPD, ab 1921 Leiter des kommu- nistischen Jugendverbandes in Bremen, Vorstandsmitglied des Deutschen Metall- arbeiterverbandes und des ADGB Bre- men. 1923-1927 Mitglied der Bremer Bürger- schaft, Redakteur und Sekretär der Partei. Als Anhänger des rechten Parteiflügels Anfang 1925 aus der KPD ausgeschlossen, Ende 1925 Wiederaufnahme. Leiter der Ro- ten Hilfe Bezirk Nordwest, ab 1927 Leiter der Propagandaabteilung im Zentralvor- stand der Roten Hilfe. 1929 erneut als »Rechter« aus der KPD aus- geschlossen. Mitglied und Funktionär der KPO. 1932 mit der Minderheit Übertritt zur SAP und deren Leiter in Bezirk Nord- west (Bremen). Nach 1933 illegal für die SAP tätig. 1945 wieder Mitglied der KPD, Senator für Wohlfahrts- und Gesundheitswesen in Bre- men. Am 15. Mai 1946 Austritt aus der KPD und Übertritt zur SPD. Ab Januar 1948 Senator für innere Verwaltung, Wohl- fahrt und Flüchtlingswesen. 1948/49 Mit- glied des Parlamentarischen Rates, seit September 1949 Mitglied des Bundesrates. 1962 in den Parteivorstand der SPD ge- wählt. Er sollte als Nachfolger Kaisens Präsident des Senats werden, verzichtete aber aus Gesundheitsgründen. Ehlers war ab 1959 als Innensenator 2. Bürgermeister und stellvertretender Senats- präsident in Bremen, seit 1967 lebt er im Ruhestand in Bremen. EICHHORN, Emil (1863-1925) Einer der wenigen alten sozialdemokrati- schen Führer, die zur KPD kamen und auch nach 1921 in dieser Partei blieben, war Emil Eichhorn. Am 9. Oktober 1863 in Röhrsdorf bei Chemnitz als Sohn eines Handwerkers geboren, lernte er von 1878 bis 1882 Mechaniker, absolvierte einige Se- mester an privaten technischen Lehranstal- ten und arbeitete in verschiedenen deut- schen Städten als Mechaniker. Von Jugend an in der Arbeiterbewegung tätig, trat er 1881, während des Sozialisten- gesetzes, der SPD bei. Seit Mitte der acht- ziger Jahre nebenberuflicher Mitarbeiter der sozialdemokratischen Presse, wurde er 1893 - wegen seiner politischen Überzeu- gung im Beruf mehrmals gemaßregelt - hauptamtlicher Funktionär der SPD. Zunächst Redakteur der »Sächsischen Ar- beiterzeitung« in Dresden, 1900-1905 Chef- redakteur der Mannheimer »Volksstimme«, dann SPD-Landessekretär in Baden. Von \i 901-1908 Abgeordneter des Badischen Landtags, von 1903-1912 Reichtstagsabge- ordneter. In den Jahren 1908-1917 leitete Eichhorn das Sozialdemokratische Presse- büro in Berlin. Seit 1896 war er Delegierter aller SPD-Parteitage. Eichhorn gehörte zum linken Flügel der SPD, deswegen hatte ihn der Parteivor- stand schon 1900 ins revisionistische Baden geschickt, wo ihn 1905 der SPD-Parteivor- stand als ersten Landessekretär bestätigte. Mit den Revisionisten, die in Baden die Mehrheit hatten, lebte Eichhorn in ständi- 104 Eichhorn/Eildermann ger Fehde. 1917 trat er zur USPD über und leitete deren »Unabhängigen Zeitungs- dienst.« Im Mai 1917 erlag sein Sohn Fritz im Alter von 25 Jahren in einem Lazarett seinen Verwundungen. In einer Todesan- zeige schrieb Eichhorn, seine »Freude und Hoffnung« sei »vernichtet«. Von August 1918 bis kurz vor Ausbruch der Novem- berrevolution war er Leiter der deutschen Abteilung der russischen Nachrichtenagen- tur »ROSTA« in Berlin. An der Novemberrevolution 1918 in Ber- lin aktiv beteiligt, wurde Eichhorn Polizei- präsident von Berlin. Als die USP-Vertre- ter aus der Regierung austraten, weigerte sich Eichhorn, sein Amt niederzulegen. So wurde seine Person und sein Amt Anlaß des sogenannten Spartakusaufstandes in Berlin im Januar 1919. Für die USP zog Eichhorn in die National- versammlung und 1920 in den Reichstag ein. Nach der Spaltung der USPD gehörte er zum ZK der linken USP und kam mit dieser im Dezember 1920 zur KPD. Nach der Märzaktion 1921 gehörte er zunächst mit Levi, Däumig, Braß usw. zur KAG- Gruppe im Reichstag und wandte sich im April 1921 in einer Erklärung gegen die Haltung der Zentrale. Im Gegensatz zu den anderen alten USPD-Führern verließ er die KAG und blieb in der KPD. Eichhorn war schriftstellerisch tätig und trat in der KPD nicht mehr hervor. Auch im Mai und Dezember 1924 wurde er wie- der in den Reichstag gewählt. Nach jeder Reichstagsauflösung mußte er flüchten, da er wegen der Ereignisse von 1919 noch im- mer polizeilich gesucht wurde und nur durch die Immunität als Parlamentarier ge- schützt war. Eichhorn starb am 26. Juli 1925. Die KPD rühmte ihm nach, er sei neben Clara Zetkin und Herzfeld der »Einzige der alten Garde« gewesen, der »der Revolution treu« geblieben sei. Auch seine »Parteidisziplin« wurde anerkannt, da er (obwohl zum rech- ten Flügel der KPD gehörend) auch in der ultralinken Periode nach 1923 mitarbeitete. EILDERMANN, Wilhelm (geb. 1897) Geboren am 24. Dezember 1897 in Bremen, Sohn eines SPD-Funktionärs. Nach der Schulzeit Volontär in der Redaktion der »Bremer Bürgerzeitung«. 1916-1918 Soldat an der Westfront. Schon während des Krie- ges gehörte er zu den »Bremer Linksradika- len« und kam mit diesen 1919 zur KPD. 1920 setzte ihn die KPD als Wanderredner in Bayern ein. In der Folgezeit Redakteur verschiedener KPD-Zeitungen, so 1923 beim »Klassenkampf« in Halle und 1924 bei der »Arbeiterzeitung« in Breslau. 1926 kam Eildermann zur Redaktion der »Tribüne« in Magdeburg und wurde 1928 deren Chefredakteur. 1930 verurteilte ihn das Reichsgericht wegen Pressevergehens zu ein Jahr und neun Monaten Festung. Nach Verbüßung der Strafe arbeitete er wieder als Redakteur. Nach 1933 illegal tätig, u. a. in Mecklen- burg, dann emigrierte er und nahm 1937/ 1938 am Spanischen Bürgerkrieg teil. Wäh- ren des 2. Weltkrieges in Nordafrika inter- niert und dort 1942 von den Alliierten be- freit. Eildermann wurde Angehöriger der englischen Armee, bis er 1944 nach Moskau übersiedelte. In Moskau als Redakteur an der Zeitung des Nationalkomitee »Freies Deutschland« tätig. 1945 wieder in der KPD bzw. der SED organisiert. 1946 in der Redaktion der »Einheit« tätig, dann Professor und Pro- dekan der Fakultät für Journalistik an der Universität Leipzig. Eildermann erhielt eine Reihe von Auszeichnungen, darunter das »Banner der Arbeit«. 1962 leitete er als stellvertretender Chef- redakteur die Zeitschrift »Beiträge zur Ge- schichte der deutschen Arbeiterbewegung«. Im April 1963 entfernte ihn die SED aus der Redaktion. Auch ein lang angekündig- tes Buch Eildermanns über die Bremer Räterepublik erschien nicht. Eildermann hatte die These vertreten, die Bremer Linksradikalen hätten 1916-1918 Lenin nähergestanden als die Spartakusgruppe. Als Ulbricht 1962 den entgegengesetzten Eildermann/Eisler 105 Standpunkt einnahm, mußte Eildermann Selbstkritik üben. Eildermann, 1969 in Ost- Berlin wohnhaft, ist wissenschaftlicher Mit- arbeiter am Institut für Marxismus-Leninis- mus beim ZK der SED; im Oktober 1967 mit dem »Vaterländischen Verdienstorden« in Gold ausgezeichnet. EISLER, Gerhart (1897-1968) Geboren am 20. Februar 1897 in Leipzig. Sohn des österreichischen Philosophie-Pro- fessors Rudolf Eisler, des Verfassers einiger philosophischer Standardwerke. Bruder von Ruth Fischer und dem Komponisten Hanns Eisler. Besuchte das Gymnasium in Wien und wurde während des Ersten Weltkrieges österreichischer Offizier. Ebenso wie seine Schwester und sein Bruder schloß er sich 1918 in Wien der KP an. 1920/21 Redak- teur der Zeitschrift »Kommunismus« in Wien. Wie eine Reihe anderer junger intellektuel- ler Kommunisten übersiedelte auch Eisler (1921) nach Deutschland, wo er als »Ger- hart« in der KPD eine Rolle spielte. Zu- nächst in der Berliner Parteiorganisation und bei der »Roten Fahne« tätig, gehörte er wie seine Schwester Ruth Fischer zur lin- ken Opposition in der KPD. Auf dem VIII. KPD-Parteitag wurde Eisler als Kan- didat in den ZA gewählt. Im April 1923 trennte er sich von der Ruth-Fischer-Frak- tion und nahm zwischen der Brandler-Füh- rung und der linken Opposition eine ver- mittelnde Stellung ein (zusammen mit Ewert, Hans Pfeiffer und Heinz Neu- mann). Mit dieser Gruppe forderte er schon damals eine »Konzentration« der Partei. Als unbedingter Anhänger der Sowjet- union trat er nach der Oktoberniederlage (1923) der »Mittelgruppe« bei. Nachdem die Linken 1924 die Parteifüh- rung übernahmen, erhielt Eisler zweitran- gige Parteifunktionen, bis er nach dem »Offenen Brief« als Redakteur der »Roten Fahne« und Mitglied der Berliner BL wie- der Bedeutung erlangte. Er schloß sich fest der Gruppe um Ernst Meyer an. Der XL Parteitag 1927 wählte ihn - ob- wohl er sich in Moabit in Untersuchungs- haft befand - als Kandidaten ins ZK. Er wurde auch zum Kandidaten des Polbüros berufen und arbeitete als Sekretär der Ber- liner BL und im ZK-Apparat. Als sich durch das Abkommen zwischen deutschen und russischen Vertretern auf der EKKI-Tagung im Februar 1928 die Links- wendung der KPD anbahnte, versuchte Eis- ler mit den anderen »Versöhnlern« diese ultralinke Wendung mit allen Mitteln zu verhindern. Eisler wollte im September 1928 Thäl- manns Rolle in der Wittorf-Affäre ausnut- zen, um den neuen Kurs der KPD abzu- stoppen. Er war einer der eifrigsten Ver- fechter der Absetzung Thälmanns. Nach dem Eingreifen Stalins wurde Eisler daher in der EKKI-Erklärung neben dem »Rech- ten« Hausen auch am schärfsten angegrif- fen. Außerdem wurde er seiner Funktion als Kandidat des Polbüros enthoben und sofort aus Deutschland abberufen. Nachdem er sich von den Versöhnlern di- stanziert hatte, wurde er in den Komin- tern-Apparat übernommen, arbeitete in China und später in den USA. Erst 1935, als die KPD dringend Funktionäre brauchte, wurde Eisler wieder zur KPD abgestellt und nachträglich ins ZK und Po- litbüro kooptiert. In Prag und Paris war er Mitglied der Auslandsleitung und zu- sammen mit Lex Ende Redakteur der »Deutschen Volkszeitung«. Nach Kriegsausbruch in Frankreich (Ver- net) interniert, bekam er Mitte 1940 die Erlaubnis, nach Mexiko auszuwandern. Das Schiff, mit dem er den Atlantik überquerte, wurde von den Briten aufgebracht. Von Trinidad aus konnte Eisler schließlich nach New York Weiterreisen. Er blieb in den USA und veröffentlichte ein Buch »The Lessons of Germany«. Im Oktober 1946 wollte er die USA ver- lassen, wurde aber von der Polizei daran io6 Eisler/Ellrodt gehindert. 1948 wurde er verhaftet, man hatte herausgefunden, daß er in den drei- ßiger Jahren als Kominternagent »Hans Berger« in den USA gearbeitet hatte. 1949 gelang es ihm auf dem polnischen Dampfer »Batory« aus den USA zu entfliehen und über London und Warschau nach Ost-Ber- lin zu entkommen, wo er am 1. Juni 1949 triumphal empfangen wurde und der SED beitrat. Eisler trat besonders als Kommentator her- vor und wurde zunächst Leiter des Amtes für Information. An seinem 53. Geburts- tag im Februar 1950 wurde er noch groß in der Öffentlichkeit herausgestellt, jedoch nach der erneuten Stalinisierung der SED und der Überprüfung der Vergangenheit mußte er das Schlimmste befürchten. Für den geplanten SED-Schauprozeß war er ohne Zweifel als Angeklagter vorge- sehen. Schon am 18. Februar 1951 übte Eisler in der »Täglichen Rundschau« eine vernich- tende »Selbstkritik« seiner Tätigkeit vor 1928. Er schrieb: »Es fiel mir durchaus nicht leicht, sofort nach meiner Entfernung aus dem Zentralkomitee die Schwere der von mir gemachten Fehler einzusehen und sie nicht nur formell, sondern in vollem Um- fange anzuerkennen. Rechthaberei, Eigen- sinn, mangelnde Kenntnis der Erfahrung der KPdSU (B) verhinderten dies. Erst im Jahre 1929 begann ich völlig zu verstehen, daß ein Versöhnler kein ehrlicher Kommu- nist, kein Marxist-Leninist, kein ehrlicher Freund der Sowjetunion, kein ehrlicher Schüler der KPdSU und des Genossen Sta- lin sein kann, und daß die objektive Rolle eines Versöhnlers, gleichgültig, was er sich dabei denkt oder zu tun glaubt, nichts an- deres ist als eine Hilfe für die Auffassun- gen, die mit der Kommunistischen Partei unvereinbar sind.« Eisler schrieb, daß einige Versöhnler den »Weg des Renegatentums« gingen und »Spione und Provokateure im Lager des amerikanischen Imperialismus« wurden. Vor den gleichen Beschuldigungen rettete ihn vermutlich nur die Tatsache, daß die Schauprozesse nach Stalins Tod aufhörten. Schon im Dezember 1952 war das Infor- mationsamt aufgelöst worden, es war als »Ansammlung von Westemigranten« ver- pönt. Eisler verschwand im Hintergrund, bis er 1954 als Leiter des Amtes für De- moskopie im Ministerium für Kultur wie- der eine Funktion erhielt. Nach der Entstalinisierung in der Sowjet- union machte Eisler wieder Karriere. Im Oktober 1956 wurde er stellvertretender Leiter des Staatlichen Rundfunkkomitees, am 30. März 1962 dessen Vorsitzender. Er erhielt eine Reihe Auszeichnungen, dar- unter das »Banner der Arbeit.« In seinen letzten Lebensjahren konnte Eis- ler wieder mehr Einfluß gewinnen. Der VII. SED-Parteitag 1967 wählte ihn zum Mitglied des ZK, an seinem 70. Geburtstag wurde er zum »Held der Arbeit« ernannt. Eisler starb am 21. März 1968 während eines Aufenthalts in der Sowjetunion. ELLRODT, Richard Friedrich (1883-1932?) Geboren am 2. August 1883 in Leipzig. Arbeitete als Metallschleifer. Schon lange vor dem Weltkrieg Mitglied der SPD, schloß sich 1917 der USPD an und kam 1920 zur KPD. Delegierter des Spaltungs- parteitags der USP und des Vereinigungs- parteitages von USP und KPD im Dezem- ber 1920. Im November 1920 als Abgeord- neter der USPD in den sächsischen Landtag gewählt, vertrat er dann die KPD, für die er 1922 wiedergewählt wurde. 1922/23 Re- dakteur beim »Roten Kurier« in Leipzig. 1926 wurde Ellrodt nicht mehr in den Landtag gewählt; er spielte in der Folgezeit keine wesentliche Rolle mehr in der KPD und starb noch vor 1933. Ellrodts Sohn Gerhard (geb. 8. Juli 1909) gehörte seit 1927 dem KJVD und ab 1930 der KPD an. Er war Funktionär und Wi- derstandskämpfer in Leipzig (Schumann- Gruppe) und starb als Sekretär der SED am 14. Februar 1949. Emel/Emrich 107 EMEL, Alexander, Dr. phil. (richtig: Mo- ses Lurje) (1897-1936) Geboren am 22. August 1897 in Kossaria- schie in der Nähe von Minsk, Sohn eines armen Schankwirts. Nach dem Ersten Welt- krieg kam er nach Berlin, um zu studieren. Obwohl er keine höhere Schule besucht hatte, promovierte er an der Berliner Uni- versität bei Prof. Eduard Mayer summa cum laude. Seine Dissertation behandelte die Darstellung Ägyptens im Alten Testa- ment und fußte auf seiner ausgezeichneten Kenntnis des Hebräischen. 1921 stieß er in Berlin zur KPD und wurde bald einer der von Ruth Fischer geförder- ten »jungen Männer«. 1924 übernahm er die Agitprop-Arbeit im Bezirk Berlin. Ein Jahr später übersiedelte Emel nach Moskau, wo er sich der Opposition gegen Stalin anschloß. Doch »körperlich schwach, ein wandernder Jude zwischen Deutschland und Rußland«, wie ihn Ruth Fischer be- schrieb, kapitulierte er bald vor Stalin und wurde Professor an der Moskauer Sun Yat-Sen-Universität. 1927 kehrte Emel nach Deutschland zurück. Hier war seine Frau Isa, Tochter des »Bund«-Führers Kogon, bei der russischen Handelsgesellschaft tätig. Er wurde Mit- arbeiter des ZK der KPD, gehörte 1927 noch kurze Zeit zur linken Opposition, von der er sich 1928 offiziell trennte. Ab 1929 stellvertretender Leiter der Agitpropabtei- lung, war er auch ständiger Referent an den KPD-Parteischulen und schrieb Arti- kel in der Parteipresse. In dem Beschluß des ZK vom 31. Dezem- ber 1931 wurden Emel und Winternitz- Lenz wegen »antibolschewistischer Auf- fassungen« heftig angegriffen, sie wurden ihrer Funktionen enthoben. Angeblich hat- ten beide in einem Artikel, der der Vertei- digung von Stalins Thesen über die Ge- schichte des Bolschewismus gewidmet war, »parteifeindliche« Ansichten vertreten. Erst nach der Absetzung Heinz Neumanns wurde Emel Ende 1932 wieder zur Arbeit in der Agitprop-Abteilung des ZK heran- gezogen. Obwohl er längst mit Ruth Fi- scher gebrochen hatte, traf er sich noch mit ihr und früheren Freunden. Das geschah auch am 4. März 1933, vor seiner Abreise nach Moskau. Nachdem Emel einige Jahre an der Mos- kauer Universität lehren durfte, verhaftete ihn die sowjetische Geheimpolizei 1936. Die Tatsache, daß er sich am 4. März 1933 mit Ruth Fischer getroffen hatte, wurde mit der Lüge verknüpft, er habe von ihr und Mas- low den Auftrag Trotzkis entgegengenom- men, Stalin zu ermorden. Vom 19. bis 24. August 1936 war Emel Angeklagter im Schauprozeß gegen Si- nowjew und Kamenew. Lurje-Emel »ge- stand« alle Vorwürfe, u. a. gab er zu, er habe Shdanow und Ordshonikidse und selbstverständlich Stalin ermorden sollen, und er habe in Verbindung zu dem Agen- ten der NSDAP, Weitz, gestanden. In sei- nem Schlußwort bat er um mildernde Um- stände, doch wie alle Angeklagten wurde er am 24. August 1936 zum Tode ver- urteilt und erschossen. EMRICH, Fritz (1894-1947) Geboren am 19. August 1894 in Weihstein, Sohn eines Maurers. Lernte Schneider und arbeitete in mehreren Textilfabriken. 1910 Mitglied der Sozialistischen Jugend. Nach dem Weltkrieg trat er der USP und dann der KPD bei. Emrich war vor allem in der Gewerkschaftsbewegung tätig und seit 1928 hauptamtlicher Mitarbeiter im ZK. Auf dem IV. Weltkongreß der RGI 1928 wurde er ins Präsidium gewählt. 1929, nach seinem Ausschluß aus der Ge- werkschaft, in die Zentralleitung des RGO übernommen. Er trat mit Veröffentlichun- gen über die Rationalisierung hervor und wurde auf dem 1. Kongreß der RGO 1929 ins Reichskomitee gewählt. Emrich leitete die RGO-Gruppe »Textil« und später -»Metall«. Im Juli 1932 zog er für KPD in den Reichstag ein, dem er bis 1933 ange- hörte. io8 Emrich/Ende Von 1933-1936 im KZ, anschließend als Arbeiter in Berlin tätig. Während des Krieges versuchte die Auslandsleitung der KPD Emrich für die illegale Arbeit zu gewinnen. Er hatte auch Verbindung zur Saefkow-Gruppe, wurde aber nicht ver- haftet. 1945 wieder Mitglied der KPD, kam er zur Berliner Polizei. Im Dezember 1946 Leiter der Personalabteilung und Kommissar der Schutzpolizei. Bei einer Explosion im Kom- mando der Schutzpolizei kam Emrich am 23. Juli 1947 ums Leben. ENDE, Adolf (Pseud.: Lex Breuer) (1899 bis 1951) Geboren am 6. April 1899 in Kissingen, Sohn eines Kunsthändlers. Nach Beendi- gung des Gymnasiums sofort zum Militär eingezogen (sein Bruder fiel als Soldat). Nach der Revolution schloß er sich der USP an und kam bereits 1919 zur KPD. Für die KPD hauptamtlich tätig, zunächst als Redakteur in Frankfurt bei der »Arbeiter- zeitung«, ab 1920 als 2. Redakteur unter Viktor Stern beim »Ruhrecho« in Essen. Nach 1921 leitete er als Chefredakteur ver- schiedene KPD-Zeitungen, so die »Tribüne« in Magdeburg, und das »Rote Echo« in Er- furt. 1924 kam er als Chefredakteur an das wichtige Parteiorgan »Ruhrecho« nach Es- sen. Alle diese Funktionen übte er unter seinem Parteinamen »Breuer« aus. Als Chefredakteur des »Ruhrecho« von 1924 bis Januar 1928 zugleich Mitglied der Bezirks- leitung Ruhrgebiet. Im Januar 1928 zum Polleiter des Bezirks Niederrhein nach Düsseldorf berufen. Im Mai 1928 zog er als Abgeordneter in den Reichstag ein. Ende gehörte zu den »Ver- söhnlern« und wurde daher nach der Wit- torf-Affäre Ende 1928 abgesetzt und 1930 auch nicht mehr in den Reichstag entsandt. Bis 1933 war Ende, der 1930 vor dem ZK kapituliert hatte, in verschiedenen Redak- tionen tätig, z. B. dem KPD-Wochenblatt »Rote Post«. 1933 und 1934 arbeitete er noch illegal in Deutschland, dann emigrierte er nach Saar- brücken, wo er gemeinsam mit Paul Diet- rich eine kommunistische Wochenzeitung herausgab. 1936 kam Ende als Redakteur der »Deutschen Volkszeitung« nach Prag. Als deren Redaktion im Oktober 1937 nach Paris verlegt wurde, übersiedelte auch Ende dorthin. Nach Kriegsausbruch wurde die Zeitung verboten, Ende interniert. Nach dem Einmarsch der deutschen Trup- pen in Frankreich flüchtete er aus dem La- ger und lebte bis Kriegsende illegal in Mar- seille. Dort traf er auch einmal auf Bitten der Frau Franz Dahlems mit dem Quäker Noel H. Field zusammen, um mit diesem über die Befreiung von Franz Dahlem aus einem französischen Gefängnis zu beraten. Es war die einzige - aber für Ende sehr verhängnisvolle - Begegnung mit Field. Nach Kriegsende gab Ende vorübergehend eine deutsche Zeitung in Paris heraus, dann kam er illegal über die französische Grenze nach Hannover und im September 1945 nach Berlin. Bis zur Gründung der SED ar- beitete er als Chefredakteur des »Freien Bauern« und wurde im August 1946 Chef- redakteur des SED-Zentralorgans »Neues Deutschland«. Die Maßnahmen gegen West-Emigranten warfen bereits im Juni 1949 ihre Schatten voraus: Ende wurde durch Herrnstadt als Chefredakteur des »Neuen Deutschland« abgelöst und übernahm die Chefredaktion der »Friedenspost« (Wochenorgan der Ge- sellschaft für deutsch-sowjetische Freund- schaft). Diese Funktion behielt er bis Au- gust 1950. Am 24. August 1950 veröffent- lichte das ZK eine Erklärung über die Verbindung deutscher Emigranten zu Noel H. Field. Lex Ende (so hieß er in der SED) wurde zusammen mit Merker, Goldham- mer, Leo Bauer u. a. aus der SED ausge- schlossen. Eine enge Verbindung zu Field wurde konstruiert und »festgestellt, daß Lex Ende, Leo Bauer, Paul Bertz, Maria Weiterer, Willy Kreikemeyer, Paul Merker und Genosse Walter Beling entweder selbst Ende/Enderle Kenntnis von parteiinternen Angelegenhei- ten [an Field, H. W.] gaben, oder dieses duldeten«. Im September 1950 schickte man Lex Ende nach Muldenhütten in Sachsen, wo er als kleiner Angestellter in der Betriebsbuchhal- tung des Hüttenwerkes Muldenhütten, Zweigbetrieb der WB Buntmetall, arbeiten mußte. Er sah die Intrigen immer noch als »Fehler« an, die sich aufklären würden. Seelisch vernichtet, starb Ende ein Viertel- jahr später, am 15. Januar 1951, noch nicht 5 2 jährig. Ende und Kreikemeyer sind bis heute nicht rehabilitiert (vermutlich auch deshalb, weil ihre Frauen nach dem Westen flüchteten). Frau Ende (seine zweite Frau, die er 1936 in Prag kennenlernte), Redaktionssekretä- rin der »Deutschen Volkszeitung«, war in Frankreich interniert. Nach Prag zurück- gekehrt, aber als Deutsche ausgesiedelt, traf sie Ende in Berlin wieder. Sie hatte nach ihres Mannes Ausschluß keine »Selbstkri- tik« geübt und mußte im Frühjahr 1952 mit ihrem damals vierjährigen Sohn in die Bundesrepublik flüchten. ENDERLE, August (1887—1959) Geboren am 5. August 1887 in Feldstetten (Württemberg); entstammte einer Zim- mererfamilie, lernte Mechaniker und arbei- tete als Eisendreher. 1905 trat er in Stutt- gart der SPD und dem Deutschen Metall- arbeiterverband bei. Bei Ausbruch des Ersten Weltkrieges agi- tierte er gegen den Krieg. 1915 trat er in einer SPD-Versammlung in Berlin-Nowa- wes gegen Lensch auf, der früher Linker war, nun aber die Vaterlandsverteidigung bejahte. Daraufhin wurde Enderle einge- zogen und war bis zum Kriegsende Soldat. Nach dem Krieg bewirtschaftete er einige Zeit die Anteile seiner Mutter an einem Bauernhof. Seit 1919 Mitglied der KPD. 1921 wurde Enderle von Walcher nach Ber- lin in die Gewerkschaftsredaktion der »Ro- ten Fahne« geholt, er wurde auch Mitglied 109 der Gewerkschaftsabteilung des ZK. 1922/ 1923 als deutscher Vertreter in der Leitung der »Roten Gewerkschaftsinternationale« in Moskau. Ab 1924 wieder Gewerkschafts- redakteur der »Roten Fahne«. Ende 1928 als Anhänger Brandlers und Walchers, d. h. als sogenannter Rechter, aus der KPD aus- geschlossen. 1928 hatte Enderle noch dem Kongreß der RGI in Moskau beigewohnt und gegen die dort beschlossenen Thesen op- poniert. Er wurde in Moskau festgehalten und konnte erst zurückreisen, nachdem er dem Orgleiter Pjatnizki gedroht hatte, er werde zur Wiedererlangung seines Passes zur Deut- schen Botschaft gehen. Während seiner Redaktionstätigkeit war Enderle auch ständiger Mitarbeiter für Ge- werkschaftsfragen beim theoretischen Organ der KPD »Die Internationale«, sowie der internationalen Zeitschrift »Inprekorr«. 1927 veröffentlichte er das Buch »Die Gewerk- schaftsbewegung. Ein Leitfaden für prole- tarische Gewerkschaftsarbeit« und eine Broschüre »Kampf um den Achtstunden- tag«. Ständiger Funktionär im Deutschen Metallarbeiterverband (DMV). Enderle war einer der Mitbegründer der KPO, deren Zentralleitung er angehörte. Bei der Spaltung der KPO 1932 ging er mit der Minderheit (Frölich und Walcher) zur SAP, wurde Redakteur der »Sozialisti- schen Arbeiterzeitung«, dem Organ der SAP, das zuerst in Berlin, dann in Breslau herauskam. Nach dem Verbot der SAP und der Er- mordung des Breslauer SAP-Vorsitzenden Dr. Eckstein durch die SA leitete Enderle die illegale SAP in Breslau. Im Juli 1933 konnte er im letzten Augenblick der Ge- stapo entkommen und emigrierte nach Hol- land. Nach kurzem Aufenthalt in den Nie- derlanden und Belgien gelangte er im Frühjahr 1934 nach Schweden, wo er die Auslandsgruppe der SAP leitete. Im Sommer 1945 nach Deutschland zurück- gekehrt, war Enderle zuerst Gewerkschafts- redakteur beim »Weser-Kurier« in Bremen, ab April 1947 Chefredakteur der DGB- iio Enderle/Engert Zeitung für die britische Besatzungszone, dem »Bund« in Köln. 1950 übernahm er das Funktionärorgan des DGB, die »Quelle«. Enderle war Vorsitzender (später Ehrenvorsitzender) der Gewerkschaft der Journalisten im DGB. Er gehörte der SPD an und schrieb nach seiner Pensionierung (1954) an einer Geschichte der Gewerk- schaftsbewegung. Enderle starb am 2. November 1959 in Köln. ENGEL, Max (geb. 1887-?) Geboren am 6. Dezember 1887 in Wod- dow; kam in jungen Jahren nach Berlin, wo er sich der Arbeiterbewegung anschloß; arbeitete als Wickler. Mit der linken USPD stieß er 1920 zur KPD. Als die linke Führung 1924 die Partei übernahm und »mehr Arbeiter« in die Lei- tung sollten, holte man ihn als Weddinger Arbeiter in die Agitpropabteilung der Zentrale. 1925/26 leitete Engel diese Ab- teilung. Er gehörte zum linken Flügel der KPD, blieb bis Ende 1926 in der Agit- propabteilung des ZK. Nach dem »Offenen Brief« 1925 schloß er sich der Thälmann- Gruppe an, für die er aktiv war. Ab 1927 als technischer Angestellter des ZK be- schäftigt. Im März 1928 trat Engel überraschend aus der KPD aus und erklärte, daß er mit dem Atheismus gebrochen und zu Gott zurück- gefunden habe. Weitere Daten seines Le- benslaufs ließen sich nicht ermitteln. ENGERT, Otto Max (1895-1945) Geboren am 24. Juli 1895 in Brösdorf (Altenburg). Engert, der eigentlich Otto Gentsch hieß, wanderte nach der Zimmer- mannslehre durch Deutschland. 1913 Mit- glied der SPD. Während des Krieges Soldat an der Front. Engert schloß sich der USP an und kam mit deren linkem Flügel 1920 zur KPD. Er war der einzige kommunistische Abgeord- nete im Kreisrat Altenburg und wurde 1924 und erneut 1927 in den Thüringer Landtag gewählt. Seit dieser Zeit war er hauptamtlich tätig. Er wurde Unterbezirks- leiter der KPD, 1927/28 Redakteur bei der »Sächsischen Arbeiterzeitung«. 1927 zu einem Jahr Festung verurteilt. Da er sich ein großes theoretisches Wissen angeeignet hatte, wurde er oft zu Schulungskursen herangezogen. Engert gehörte zum rechten Parteiflügel. Mit der Mehrheit der thüringer Landtags- abgeordneten wandte er sich Ende 1928 gegen den ultralinken Kurs und wurde des- wegen 1929 aus der KPD ausgeschlossen. Er trat der KPO bei, in der er bis 1933 aktiv wirkte. Im Juli 1929 zum Bürgermei- ster (er kandidierte für die KPO) in Neu- haus am Rennsteig gewählt (mit 11 gegen 8 Stimmen). Von 1930-1933 amtierte er als Bürgermeister in Neuhaus-Rennsteig, im März 1931 vom damaligen NS-Innenmini- ster Frick vorübergehend dieses Postens enthoben. Nach 1933 arbeitete er illegal für die KPO weiter, seine Frau hatte in Leipzig einen Gemüseladen eröffnet. Engert wurde in Leipzig verhaftet und zu acht Monaten Zuchthaus verurteilt und anschließend ins KZ Sachsenburg verschleppt. Nach seiner Freilassung kooperierte er wie- der mit illegalen Gruppen der KPD; 1943/ 1944 wurde er der theoretische Kopf der Widerstands-Gruppe Schumann für die er zusammen mit Alfred Schmidt die poli- tische (von der offiziellen KPD-Linie ab- weichende) Plattform schuf. Im Juli 1944 erneut verhaftet, verriet er trotz schwerer Mißhandlungen nichts. Er wurde zum Tode verurteilt (seine Frau zu langjähriger Zuchthausstrafe). In seinem letzten Brief schrieb er: »Mit dem heutigen Tage scheide ich von Euch. Mein Leben hat sich erfüllt. Ich gebe es hin in dem Bewußt- sein, das getan zu haben, wozu mich Über- zeugung und Pflicht zwangen. Nur so könnt Ihr mich verstehen, das ist es, wor- um ich bitte. Darüber, ob das, was ich tat, Engert/Eppstein ui richtig und notwendig war, wird einst die Geschichte entscheiden.« Engert wurde am n. Januar 1945 in Dres- den hingerichtet. EPPSTEIN, Eugen (1878-1943) Geboren am 25. Juni 1878 in Simmern, Sohn jüdischer Kaufleute. Lernte Kauf- mann und wurde kaufmännischer Ange- stellter. In jungen Jahren übersiedelte er nach Köln, schloß sich 1897 der SPD an, auf deren linkem Flügel er stand. Während des Krieges Mitglied des Spartakusbundes, für den er im Ruhrgebiet aktiv war. Nach Gründung der KPD in Essen haupt- amtlicher Sekretär der Partei. Mitte 1919 verhaftet und nach Berlin gebracht, gelang ihm im November 1919 die Flucht. Da er wegen seiner Arbeit für den Spartakus- bund stechbrieflich gesucht wurde, ging er nicht mehr ins Ruhrgebiet zurück, sondern wandte sich nach Köln, wo er in den fol- genden Jahren Führer der KPD wurde. Eppstein, der als einer der besten Organi- satoren der KPD galt, gehörte seit 1920 als Vertreter des Bezirks Mittelrhein dem Zen- tralausschuß der KPD an. Seit dem IV. Parteitag 1920 immer Parteitagsdelegierter, bis 1925 Mitglied des ZA. Zugleich war er Sekretär und Politischer Leiter des KPD- Bezirks Mittelrhein. Unter Führung Eppsteins gehörte dieser Bezirk seit 1921 (ebenso wie Berlin und Wasserkante) zur linken Opposition. Sein Vorgänger Dahlem, der den Bezirk bis 1921 leitete, war abgelöst worden, weil er »rechts« stand. Im Februar 1923 wurde Eppstein erneut zum Polleiter gewählt, jedoch kurze Zeit danach von der Zentrale abgesetzt. Als die Linken nach der Oktoberniederlage der Partei rasch die Oberhand gewannen, wurde auch Eppstein auf dem Bezirkspar- teitag im Februar 1924 wieder zum Sekre- tär berufen. Im Mai 1924 zog er als Abgeordneter in den Reichstag ein. Im gleichen Monat schickte ihn die Zentrale als Polleiter in den rechten Bezirk Nordwest (Bremen), um die- sen Bezirk für die Linke zu erobern. Da Eppstein ein geschickter Organisator war, gelang es ihm in wenigen Monaten, die Rechten auszubooten. Mit dem Ruf nach »militärischer Disziplin« konnte er den Be- zirk auf die Linie der Zentrale bringen. Nach der Reichstagsauflösung im Oktober 1924 verhaftet, jedoch wieder freigelassen, als er im Dezember 1924 in den preußi- schen Landtag gewählt wurde. Im Landtag wie im Reichstag fiel er durch seine heftigen und rauhen Reden auf. (Als bei einer sei- ner Reden Unruhe herrschte, rief er: »Ich kann nicht gegen die Esel anschreien. Das ist ein Stall voll Esel«.) Im Januar 1925 wies der ZA alle »Ver- leumdungen« gegen Eppstein zurück. Da- mals war in Köln Peter Mieves ausgeschlos- sen worden, weil er angeblich für die Poli- zei gearbeitet hatte. Da Mieves jahrelang engster Mitarbeiter Eppsteins gewesen war, verdächtigten die Rechten um Jannack und Deisen Eppstein ebenfalls. Der ZA sprach ihm jedoch sein »vollstes Vertrauen« aus. Auf dem X. Parteitag stand Eppstein hin- ter der Ruth Fischer-Führung und trat be- sonders scharf gegen die Rechten auf, di- stanzierte sich aber zugleich von den Ultra- linken. Nach dem »Offenen Brief« wurde in Bre- men sofort versucht, Eppstein abzulösen. Das gelang nicht, da er zunächst dem »Of- fenen Brief« zustimmte. Er blieb noch bis Januar 1926 als Polleiter in Bremen, dann von der Zentrale abberufen, da er sich in- zwischen der Opposition um Ruth Fischer fest angeschlossen hatte. Er war nun nur noch als Abgeordneter für die KPD tätig, versuchte aber vor allem im Ruhrgebiet für die linke Opposition zu werben. Er unterschrieb alle Aufrufe der linken Opposition und trat am 13. Januar 1928 aus der KPD aus. Eppstein war einer der Mitbegründer des Leninbundes, zusammen mit Fischer und Maslow verließ er jedoch den Leninbund I 12 Eppstein/Evers bereits vor der Wahl 1928. In den folgen- den Jahren war er in verschiedenen Be- rufen tätig und arbeitete politisch im Kreis um Ruth Fischer. An den XII. Parteitag 1929 richtete er den Antrag, wieder in die KPD auf genommen zu werden (»doch recht gehabt«), was abgelehnt wurde. 1933 emigrierte Eppstein nach Frankreich, wo er in verschiedenen linken Emigranten- gruppen wirkte. Im August 1933 wurde ihm als einem der ersten Emigranten die deutsche Staatsangehörigkeit aberkannt. Eppstein und seiner Frau ging es sehr schlecht. Nach der Besetzung Frankreichs wurde er von der Gestapo verhaftet, da wegen fehlerhafter Arbeit eines USA-Ko- mittees sein Visum zu spät kam. Am 4. März 1943 kam Eppstein von Dran- cy ins KZ Lublin-Majdanek, wo er wahr- scheinlich sofort ermordet wurde. ESSER, Fritz (1886-1961) Am 24. August 1886 in Peine geboren; verbrachte seine Jugend in Sachsen, erlernte das Modelltischlerhandwerk. 1904 Eintritt in die SPD. Während des Krieges als Frontsoldat schwer verwundet, konnte er seinen Beruf nicht mehr ausüben. 1920 kam er über die USPD zur KPD. 1921 Mitglied der Hamburger Bürger- schaft. Im gleichen Jahr Delegierter des Jenaer Parteitags der KPD. Esser arbeitete als Fürsorgeangestellter und war führend im »Internationalen Bund der Opfer des Krieges und der Arbeit«. Im Hamburger Aufstand 1923 spielte er eine leitende Rolle, wurde später aber vom Gericht freigesprochen. 1924 zog er als Ab- geordneter in den Reichstag ein (Mai-De- zember 1924). Esser gehörte 1925/26 der linken Opposition an, er wurde 1926 aus der KPD ausgeschlossen, aber noch im glei- chen Jahr, nach der Trennung von der Op- position, wieder in die Partei aufgenom- men. 1927 erneut in die Hamburger Bürgerschaft gewählt, der er bis 1933 angehörte. 1926/ 1927 leitete er die »Rote Hilfe« an der Wasserkante, dann wieder den »Interna- tionalen Bund«. Esser wurde 1933 von der Gestapo verhaf- tet und war längere Zeit im KZ Fuhlsbüttel (irrtümlich wurde mehrfach die Meldung verbreitet, er sei im KZ ermordet worden). Nach 1945 trat er politisch nicht mehr her- vor. Esser starb am 27. August 1961 in Ham- burg. EVERS, Heinrich (1887-1968) Am 24. März 1887 in Berlin geboren; nach der Berufsausbildung als Kunstbildhauer tätig. 1907 Eintritt in die SPD. 1917 ein- gezogen, war er bis zum Kriegsende als Infanterist an der Front 1918 Mitglied der USPD, 1920 der KPD. In Berlin-Lichten- berg Bezirksvorsteher für die KPD. Evers arbeitete offiziell als Reisender für Linoleumfabriken, war aber seit 1924 von der KPD mit der Emigrantenfürsorge der »Roten Hilfe« betraut. Er war als »Adolf« beauftragt, flüchtige Kommunisten zu un- terstützen und ihre Flucht nach Rußland zu organisieren. Wegen dieser Tätigkeit wurde er am 8. Juni 1926 verhaftet und am 3. Mai 1927 vom Reichsgericht zu drei Jah- ren und sieben Monaten Zuchthaus ver- urteilt. Nach der Amnestie 1928 aus der Haft ent- lassen, wurde Evers 1929 in die Gewerk- schaftsabteilung des ZK geholt. Im gleichen Jahr kam er ins Reichskomitee der RGO, in dem er bis 1933 arbeitete. 1933 emigrierte Evers aus Deutschland und kam 1937 nach Moskau. Er unterschrieb im Januar 1942 den Aufruf einer Gruppe, aus der später das »Nationalkomitee Freies Deutschland« hervorging. Bis Kriegsende war er Oberinstrukteur des russischen Kriegsgefangenenlagers 52. Nach 1945 kehrte er nach Ost-Berlin zu- rück und erhielt in der SED verschiedene kleinere Funktionen, u. a. in der Propa- ganda-Abteilung des FDGB. Evers, zuletzt Evers/Ewert, Arthur II3 Parteiveteran in Ost-Berlin, bekam mehrere Auszeichnungen, darunter 1962 das »Ban- ner der Arbeit« und den »Vaterländischen Verdienstorden«. 1965 starb seine Frau, Evers starb am 22. Dezember 1968 in Ost- Berlin. EWERT, Alma (geb. 1894) Am 4. Oktober 1894 in Neu-Miltzow (Pommern) geboren, arbeitete sie mehrere Jahre als Stenotypistin. Trat 1920 der KPD bei und war in Hamburg in der kommuni- stischen Frauenbewegung tätig. Seit 1924 als Stenotypistin im Parteibüro der KPD beschäftigt. Alma Ewert wurde vom X. KPD-Parteitag 1925 in die Ge- werkschaftskommission gewählt. In den Jahren 1925-1929 Abgeordnete der Ham- burger Bürgerschaft, von 1926-1928 Mit- glied der KPD-Bezirksleitung Wasserkante. Sie leitete den Roten Frauen- und Mäd- chenbund Wasserkante, trat allerdings 1928 wegen Schwierigkeiten mit der Partei von dieser Funktion zurück. Nadi 1929 trat Alma Ewert wenig in Er- scheinung. Sie nahm im November 1931 an einem Lehrgang der kommunistischen Par- teischule in Berlin-Fichtenau teil und übte kleinere Parteifunktionen aus. Alma Ewert lebte nach dem Zweiten Weltkrieg in Nord- deutschland, sie war politisch nicht mehr tätig. EWERT, Arthur (1890-1959) Am 13. November 1890 in Heinrichswalde bei Tilsit als Sohn armer Kleinbauern ge- boren. Der bildungshungrige Vater verur- sachte in seinem kleinen Dorf eine Sensation, als er das Lexikon von Brockhaus abon- nierte. Bildungshunger kennzeichnete auch den Sohn, der nur die einklassige Dorf- schule besuchen konnte. Arthur Ewert war schon als Junge ungewöhnlich groß und stark, aber auch jähzornig. Als 12jähriger verprügelte er seinen Lehrer, weil dieser einem anderen Kind Unrecht tat. Mit 14 Jahren verließ Ewert seinen Heimatort, um bei seinem Onkel in Berlin das Sattlerhand- werk zu erlernen. Ewert las viel und besuchte Versammlun- gen von Sekten, Gesundbetern, Sterndeu- tern usw. Eine sozialistische Versammlung in der Frida Rubiner referierte, unterbrach er mit so vielen heftigen Zwischenrufen, daß die Versammlung aufzufliegen drohte. Frida Rubiner interessierte sich für den stiernackigen Hitzkopf und überzeugte ihn für den Sozialismus. Er trat 1908 der Ge- werkschaft und der SPD bei. Vor dem Ersten Weltkrieg wanderte Ewert nach Kanada aus. Auch in Kanada schloß er sich sozialistischen Gruppen an. Während des Krieges wurde er aus politischen Grün- den verhaftet und für ein Jahr ins Gefäng- nis geworfen. Ewert kehrte 1920 nach Deutschland zurück und schloß sich der KPD an, in der er bald führende Positionen innehatte. Zunächst lebte er in Berlin, dann schickte ihn die KPD-Zentrale nach Frankfurt (Main). 1922/23 war er Sekretär und Bezirksleiter der KPD Hessen. Auf dem VIII. Parteitag im Januar 1923 wurde Ewert in die Zen- trale der KPD gewählt. Als Polleiter des linken Bezirks Hessen gehörte er zwar dem linken Flügel an, er wurde aber von der Brandler-Zentrale mit einigen anderen Lin- ken für die Wahl in dieses Parteigremium vorgeschlagen. Kurze Zeit nach dem Partei- tag (im April 1923) trennte er sich ge- meinsam mit Heinz Neumann, Eisler und Pfeiffer von der linken Opposition. Er wurde militärischer Leiter des Oberbe- zirks West und war 1923 aktiv an den Vorbereitungen des Aufstands beteiligt. Nach dem Verbot der KPD im November 1923 wurde Ewert als Angehöriger der Zentrale steckbrieflich gesucht. Diesem Steckbrief war zu entnehmen, daß der große und breitschultrige Mann »blond« war und »hohe Stirn, breiten Mund« be- saß. Ewert hatte sich der Mittelgruppe ange- schlossen und gehörte bis zum Frankfurter 114 Ewert, Arthur Parteitag zu den Führern der KPD, welche nach der Übernahme der Parteileitung durch die Linken ausgebootet wurden. Da er polizeilich gesucht wurde, die Linken ihn aber nicht als Kandidaten für den Reichstag aufstellten, mußte er aus Deutschland flüch- ten und hielt sich längere Zeit in Moskau auf. Auf dem X. Parteitag 1925 als Kan- didat ins ZK gewählt. Nach dem »Offenen Brief« 1925 wurde Ewert nach der Parteikonferenz im Oktober 1925 als Mitglied des ZK, des Polbüros und des Sekretariats berufen. Im November 1926 kandidierte er zur Landtagswahl in Sachsen. Seine Wahl wurde annulliert, weil er sich nur pro forma in Sachsen angemeldet hatte. Noch immer polizeilich gesucht - als Zen- tralmitglied von 1923 - am 2. November 1926 verhaftet. Nach seiner Flucht mußte er bis zur Reichstags wähl 1928 illegal ar- beiten (unter dem Namen »Braun«). Ewert war bis 1927 neben Thälmann der bedeutendste Parteiorganisator, ursprüng- lich sollte Ewert sogar das Hauptreferat auf dem XL Parteitag im März 1927 in Essen halten. Der Parteitag wählte ihn ins ZK, er kam ins Polbüro und ins Politsekre- tariat und war somit einer der wichtigsten Führer der KPD. Ewert schloß sich politisch eng an Ernst Meyer an und war 1928 - da Ernst Meyer durch seine Krankheit behindert war - neben Thälmann der entscheidende KPD- Führer, vorübergehend hatte er im Innern der Partei eine größere Machtstellung als Thälmann. Im Mai 1928 zog er in den Reichstag ein. Vor der Wahl hatte ihn die KPD stürmisch gefeiert, weil er — von der Polizei noch immer gesucht - in öffentlichen Versammlungen aufgetreten war. Der VI. Weltkongreß der Komintern 1928 wählte ihn als Kandidaten ins Präsidium des EKKI. Nach der Wittorf-Affäre 1928 wurde Ewert nach Moskau berufen. Er verlor da- mit die Möglichkeit, seine Stellung in der Partei zu halten. Als er Anfang 1929 zu- rückkam, war die Position der »Versöhn- ler«, die er neben Ernst Meyer führte, be- reits schwach. Auf dem Weddinger Partei- tag 1929 wurde Ewert nicht mehr ins ZK gewählt. In den folgenden Monaten setzte gegen ihn, wie gegen alle Versöhnler, ein Kesseltreiben ein. Kurz nach dem Tode Ernst Meyers (Februar 1930) kapitulierte er vor dem ZK und löste die Gruppe der Ver- söhnler offiziell auf. Ewert schied ganz aus der deutschen Parteiarbeit aus und wirkte nunmehr für die Komintern. 1932 bis 1934 war er EKKI-Vertreter beim ZK der KP Chinas. 1934 schickte ihn das EKKI nach Brasilien, wo er als Kominternvertreter die KP-Bra- siliens anleitete. Im Dezember 1935, nach dem kommunistischen Aufstand vom No- vember, wurde Ewert zusammen mit seiner Frau Elise, Sabo genannt, in Rio de Janeiro verhaftet. Wochenlang wurden beide fürch- terlich gefoltert, da die Polizei das Versteck des Kommunistenführers Carlos Prestes von ihnen zu erfahren hoffte. Der kräftige Ewert, ein wahrer Riese, verlor in elf Mo- naten 50 kg Gewicht. Die Torturen endeten auch nicht, als die Polizei im März 1936 Prestes verhaften konnte. Ewert hatte ge- schwiegen, obwohl die Polizei mit den scheußlichsten Mitteln gegen ihn und seine Frau vorging, aber das Martyrium hatte ihn an den Rand des Irrsinns gebracht. Am 8. Mai 1937 wurde Ewert zu 13 Jahren Gefängnis verurteilt, doch er war bereits geisteskrank. Seine Frau wurde der Gestapo ausgeliefert, sie kam im KZ Ravensbrück ums Leben. Ewert wurde 1945 amnestiert, er kam in ein Sanatorium. Seine Schwester Minna er- hielt im Mai 1947 die Einreiseerlaubnis nach Brasilien, um ihren Bruder nach Deutschland zurückzuholen. Im August 1947 kam Ewert nach Deutschland, doch auch hier konnten ihm die Ärzte nicht mehr helfen. Er lebte in einem Sanatorium der Ostzone. Von den Diskussionen um die »Versöhnler« und der Tatsache, daß er in den SED-Publikationen noch 1956 als »Agent« bezeichnet wurde, erfuhr der inzwischen Ewert, Arthur/Firl 115 geistig völlig Umnachtete nichts mehr. Ewert starb am 3. Juli 1959 und wurde von der SED feierlich zu Grabe getragen und geehrt. Sein früherer enger Mitarbeiter Gerhart Eisler hielt die Grabrede. EYERMANN, Richard (geb. 1898) Am 6. Februar 1898 in Salzungen gebo- ren; nach dem Weltkrieg in verschiedenen Metallbetrieben Thüringens beschäftigt. Be- triebsrat. Über die USP kam er 1920 zur KPD und zog 1925 in den Thüringer Landtag ein (er rückte für einen anderen Kandidaten nach). 1927 als Abgeordneter gewählt. Bei den Auseinandersetzungen mit den Rechten schloß sich Eyermann zunächst die- sen an, ging dann aber zusammen mit Zim- mermann auf die Linie des ZK. Auch 1929 wieder Landtagsabgeordneter, 1931 stellte ihn die KPD als Kandidaten zur Bürger- meisterwahl in Ohrdruf auf, er wurde aber nicht gewählt. Nach 1933 illegal in Salzun- gen tätig, verhaftet und zu einer längeren Zuchthausstrafe verurteilt. Nach der Entlas- sung wieder Verbindung zur KPD. Wäh- rend des Krieges gehörte er zur Neubauer- Gruppe. Von 1942 bis zur Befreiung 1945 im KZ Buchenwald inhaftiert. Nach 1945 wieder Mitglied der KPD, dann der SED. 1946 Vorsitzender der SED- Fraktion im Thüringer Landtag. Bis 1952 Vorsitzender der Landesparteikontrollkom- mission der SED in Thüringen, seither Kandidat der Zentralen Parteikontrollkom- mission. Seit 1952 Mitglied der SED-Be- zirksleitung in Magdeburg und Vorsitzen- der der Parteikontrollkommission im Be- zirk Magdeburg. Träger des »Vaterländi- schen Verdienstordens« in Silber und des »Banner der Arbeit«. Zum 70. Geburtstag 1968 auch mit dem »Karl-Marx-Orden« ausgezeichnet. FERLEMANN, Karl (1901-1945) Geboren am 2. August 1901 in Heiligen- haus Bez. Düsseldorf, lernte Schlosser und arbeitete in diesem Beruf. 1919 Eintritt in die KPD (Spartakusbund), übernahm klei- nere Funktionen. 1925 Expedient bei der KPD-Zeitung »Ruhr-Echo«. Anfang 1926 schickte ihn die Partei zu einem Zweijahres- kurs auf die Lenin-Schule nach Moskau. Nach seiner Rückkehr im Mai 1928 in den preußischen Landtag gewählt. 1928 zu- nächst Unterbezirksleiter der KPD Barmen, dann (nach dem Verbot des RFB) Führer des antifaschistischen Kampfbundes, Bezirk Niederrhein. 1929 auch Mitglied des KPD- Bezirksleitung Niederrhein und Ende 1929 Orgleiter dieses Bezirks. 1931 kam Ferle- mann nach Sachsen und wurde in Leipzig Mitglied der Bezirksleitung. 1932 erneut in den preußischen Landtag gewählt. Im Sommer 1933 traf er in der Tschecho- slowakei mit Schubert zusammen, der ihn als Führer der deutschen Leitung im Inland vorschlagen wollte. Ferlemann war inzwi- schen Landesleiter in Sachsen, nun sollte er gemeinsam mit Fladung und Lambert Horn die Berliner Zentralleitung bilden. Doch Ende 1933 wurde er verhaftet. Am 4. Juli 1935 zu sechs Jahren Zuchthaus verurteilt. Als seine Strafzeit im Dezember 1939 als verbüßt galt, wurde er ins KZ Sachsenhausen gebracht. Bei einem Hunger- marsch zur Verlagerung des KZs im April 1945 kam Ferlemann ums Leben. FIRL, Wilhelm (1894-1937) Als begabter Schüler erhielt der am 26. Ja- nuar 1894 in Dresden geborene Firl eine Freistelle in einem Realgymnasium. Da sein Vater (der einer schlesischen Weberfamilie entstammte) früh an Lungentuberkulose ge- storben war, mußte Wilhelm Firl als Zei- tungsträger zum Unterhalt der siebenköp- figen Familie beitragen. Als 1 ¿jähriger fand er Arbeit in einem Anwaltsbüro. Durch Vermittlung eines Pfarrers gab man ihm eine Freistelle am evangelischen Mis- sionsseminar in Leipzig. Nach zweijährigem Studium lehnte Firl es jedoch ab, Missionar u6 Firl/Fischer, Albert zu werden und ging bei Kriegsausbruch freiwillig an die Front. 1916 blieb er meh- rere Tage schwer verwundet zwischen den Linien liegen. Er kam ins Lazarett, ein Bein mußte verkürzt werden. 1917 kehrte er kriegsuntauglich nach Chem- nitz zurück und wurde Schreiber beim Landgericht. Eintritt in die SPD. 1919 trat er zur USPD und 1920 zur KPD über. Er leitete ein Anwaltsbüro in Chemnitz. 1921 wurde Firl Sekretär der KPD-Be- zirksleitung Erzgebirge, 1922 KPD-Stadt- verordneter in Chemnitz. 1923 holte ihn die Zentrale nach Berlin, er leitete den Un- terbezirk Schöneberg und war Redakteur zunächst beim KPD-Pressedient, dann an der »Roten Fahne«. Delegierter des XL Parteitags 1927 in Essen. 1929/30 zeichnete er verantwortlich für die »Rote Fahne« und wurde deswegen 1930 zu einem Jahr drei Monate Festung verurteilt. Nach 1933 gehörte Firl zu den leitenden Funktionären der illegalen KPD. Leiter eines Oberbezirks. Nach einem kurzen Aufenthalt in der Tschechoslowakei kehrte er 1935 nach Deutschland zurück und über- nahm als »Landesleiter« die Führung der Inlandsarbeit der illegalen KPD, in enger Zusammenarbeit mit dem Reichstechniker Wilhelm Kox und dem Pariser Sekretär des Polbüros, Leo Flieg. Am 30. Januar 1936 wurde er, der illegal unter dem Namen »Waldau« lebte, verhaf- tet. Es gelang der Gestapo nicht, wichtige Aussagen von ihm zu erhalten, da er er- klärte: »Meine Aufgaben sind mir vom ZK konkret gestellt worden, und ich bin nach Berlin gekommen, um diese Aufgaben in die Tat umzusetzen. Wenn ich in vielen Punkten die Aussage verweigert habe, ins- besondere darüber, meine Mitarbeiter zu nennen, so geschah das aus dem Grunde, weil ich nach wie vor zu der Idee des Kom- munismus stehe und es als Kommunist ab- lehne, zum Verräter an meinen Gesinnungs- freunden zu werden. Aus meiner Einstel- lung zum Kommunismus, den ich auch heute noch für die einzige Möglichkeit zur Rettung der Arbeiterklasse vom Kapitalis- mus und Faschismus ansehe, ergab sich, daß ich mich zur Arbeit gegen das Deutsche Reich bzw. seinen nationalsozialistischen Staat bereit erklärt habe. Ich erkläre ganz eindeutig, daß ich bereit bin, zu meiner Tat in vollem Umfange zu stehen und die von mir gemachten Aussagen auch später vor Gericht aufrechtzuerhalten.« In dem Verfahren belastete ihn seine Stief- schwiegermutter schwer. Auch sein Bruder, Herbert Firl, war Kommunist und wurde zu einer längeren Strafe verurteilt. Wilhelm Firl wurde am 22. Mai 1937 zum Tode ver- urteilt und am 17. August 1937 in Plöt- zensee enthauptet. Vor seiner Hinrichtung schrieb er: »Was mich quält, ist nicht mein eigenes Leben. Ich bin natürlich meinen Vorsätzen nicht untreu geworden. Habe Selbstdisziplin gehalten, aber die quälende Sorge für andere hatte ich unterschätzt. . . Ich habe mein Leben nicht über das gesetzt, was ich für meine Pflicht hielt... Ich denke an die Zukunft in dem Geiste, in dem ich die Geschichte gelesen, kennengelernt und verstanden habe.« FISCHER, Albert (1883-1952) Am 23. Dezember 1883 in Metzingen (Württemberg) geboren; gelernter Weißger- ber. Schloß sich schon in früher Jugend der SPD und während des Krieges der USPD an. Delegierter des Spaltungsparteitags der USP und des Vereinigungsparteitags mit der KPD 1920. In der KPD hatte der rüh- rige Funktionär vor allem die Landpropa- ganda in Württemberg durchzuführen. Seit 1927 gehörte er der Bezirksleitung Abt. Land an. Im Landtag vertrat Albert Fischer die KPD von 1924-1933. Er hatte in seiner Heimat einen großen Einfluß. Während des Hitler-Regimes war er längere Zeit im KZ Buchenwald inhaftiert. Nach 1945 schloß er sich wieder der KPD an. Er lebte als Rentner und war bis zu seinem Tode aktiv für die KPD tätig. Fischer, Albert/Fischer, Ruth 117 Albert Fischer starb am 28. Mai 1952 in Metzingen. FISCHER, Karl Ferdinand (1893-1940) Als Sohn eines Arbeiters am 19. Januar 1893 in Reichensdiwand (Bayern) geboren; lernte Schlosser und arbeitete in seinem Be- ruf, bis er 1914 als Soldat am Krieg teil- nehmen mußte. Nadi dem Krieg als Schlosser in Nürnberg beschäftigt. Trat 1921 der KPD bei und hatte in der Partei verschiedene Funktionen inne. Anfang 1927 berief ihn die KPD zum Orgleiter des Bezirks Nordbayern. Dele- gierter des XI. Parteitags im März 1927, auf dem er als Kandidat ins ZK gewählt wurde. Im Herbst 1927 wurde Karl Fischer gemeinsam mit Creutzburg als Kommissar des ZK in die Pfalz geschickt, um diesen ultralinken Bezirk zu leiten. Nachdem Creutzburg die Pfalz verließ, blieb Fischer 1928 als Polleiter für die Pfalz in Ludwigs- hafen. Auf dem Weddinger Parteitag wurde er wieder als Kandidat ins ZK gewählt, ob- wohl er über den jähen Umfall der Mehr- heit des ZK bei der Wittorf-Affäre empört aufgetreten war. Nachdem er schon 1927 vor seiner Wahl ins ZK kurz eine deutsche Parteischule besucht hatte, wurde er im September 1929 auf die Lenin-Schule nach Moskau delegiert. Im Juni 1930 aus Moskau zurückgekehrt, übernahm er die politische Leitung des ver- einigten Bezirks Baden-Pfalz in Mannheim. 1932 zog Karl Fischer als Abgeordneter in den preußischen Landtag ein. Im gleichen Jahr entfernte man ihn als Anhänger Neu- manns aus dem ZK und setzte ihn auch als Polleiter in Baden-Pfalz ab. Am 20. November 1933 von der Gestapo verhaftet, wurde er am 7. November 1934 wegen Vorbereitung zum Hochverrat zu drei Jahren Zuchthaus verurteilt. Im Zuchthaus Luckau leitete er einen illegalen Schulungs- zirkel der KPD. Nach Ablauf seiner Straf- zeit wurde er im Februar 1937 ins KZ Sach- senhausen überführt. Karl Fischer starb am 25. März 1940 im KZ an einem Herzleiden, das er sich in der Haft zugezogen hatte. FISCHER, Paul (geb. 1894) Am 17. Oktober 1894 in Hohenmölsen ge- boren; lernte Weber und war in Thüringen in seinem Beruf tätig. 1914 zur Marine ein- gezogen, nahm er als Soldat am Weltkrieg teil. Paul Fischer gehörte zu den Kieler Matrosen, die 1918 meuterten und den Re- volutionsausbruch bewirkten. Nach dem Krieg schloß er sich in Greiz der USPD an und kam 1920 zur KPD. 1921 Delegierter des Jenaer Parteitags. Aktiver Funktionär der KPD, 1924 und erneut 1927 in den Thüringer Landtag gewählt. Bei den Auseinandersetzungen zwischen den »Rechten« und den ZK-Anhängern in Thüringen 1928 gehörte Paul Fischer zu den führenden Anhängern der »Rechten«. Deswegen am 1. März 1929 aus der KPD ausgeschlossen, wurde er Mitglied der KPO. Für die KPO war er bis 1933 aktiv. Wäh- rend des Hitler-Regimes einige Zeit inhaf- tiert. Nach 1945 schloß sich Paul Fischer, der in Greiz lebte, der KPD und SED nicht an und hatte deswegen viel Ärger. Da er aus seiner kommunistisch-oppositionellen Ein- stellung keinen Hehl machte, wurde er 1950 verhaftet und zu zwölf Jahren Zucht- haus verurteilt. 1955 saß er im Zuchthaus Torgau. Zur gleichen Zeit war seine Toch- ter Traute (geb. 9. Februar 1928) im Zucht- haus Halle. Sie war 1953 verhaftet und wegen »Spionageverdacht« zu neun Jahren Zuchthaus verurteilt worden. Fischer soll 1968 in Thüringen wohnhaft gewesen sein. FISCHER, Ruth (1895-1961) Elfriede Eisler, wie ihr richtiger Name lau- tete, wurde am 11. Dezember 1895 in Leip- zig als Tochter des Philosophieprofessors 118 Fischer, Ruth Rudolf Eisler geboren. Sie war die älteste Schwester der Brüder Gerhart und Hanns Eisler. Ihre Mutter war geborene Ida Fi- scher (aus der Leipziger Musikerfamilie), nach der sich Ruth Fischer später ihr politi- sches Pseudonym wählte. Da ihr Vater eine Professur in Wien über- nahm, wuchs Ruth Fischer in Wien auf, wo sie nach dem Besuch des Lyzeums acht Se- mester Philosophie und Nationalökonomie studierte. In Wien heiratete sie den Publizi- sten Dr. Paul Friedländer (ein Sohn aus dieser Ehe ist Mathematikprofessor in Eng- land). Elfriede Friedländer schloß sich nach Aus- bruch des Weltkrieges der österreichischen Sozialdemokratie an, auf deren linkem Flügel sie stand. Nach der Revolution 1918 gründete sie mit einer Reihe Gleichgesinn- ter die Kommunistische Partei Österreichs. Bei den Unruhen in Wien 1918/19 gehörte die Studentin Friedländer zu den Anfüh- rern von Demonstrationen und mißglückten Auf ständen. Im ersten Halbjahr 1919 redi- gierte sie »Die revolutionäre Proletarierin«, eine Frauenbeilage der Wiener kommunisti- schen Zeitung »Die soz. Revolution«. Sie publizierte aber auch ihr erstes Büchlein, »Se- xualethik des Kommunismus« (Wien 1920), das von Lenin kritisiert wurde. 1919 verließ sie Wien und übersiedelte nach Berlin, wo sie bald in der KPD eine Rolle spielte. Sie gehörte zum linken Flügel der Partei. Ab 1920 Mitarbeiterin am theoreti- schen Organ der KPD »Internationale«, 1921 zur Leiterin der Berliner Parteiorgani- sation gewählt. Besonders nach der März- aktion 1921 (jetzt unter dem Namen Ruth Fischer) aktiv in der KPD. In der Folgezeit blieb die fanatische junge Kommunistin, die bereits eine so wichtige Funktion wie die Leitung des bedeutendsten und stärksten deutschen KPD-Bezirks innehatte, von den verschiedenen Beschuldigungen nicht ver- schont. Ihre Hauptgegnerin war die auf dem rechten Parteiflügel stehende Clara Zetkin, die Ruth Fischer vorwarf, es gehe nicht an, seine »politische Haltung von den wechselnden sexuellen Beziehungen abhän- gig zu machen«. Ruth Fischer, die ab 1921 auch dem Zen- tralausschuß der KPD angehörte, wurde im Juni 1921 von Friedländer geschieden. Als die deutschen Behörden sie ausweisen woll- ten, ging sie im Januar 1923 eine Scheinehe mit dem Kassierer der Berliner KPD, Ar- thur Goike, ein und erwarb damit die deutsche Staatsangehörigkeit (amtlich, z. B. im Reichstag, hieß sie daher Elfriede Goike). Die Berliner KPD stand an der Spitze der linken Opposition gegen die Brandler-Füh- rung und Ruth Fischer wurde zur Führerin der Opposition (neben Arkadij Maslow, den sie zur KPD gebracht hatte und mit dem sie auch zeitlebens eng liiert war). Be- sonders auf dem VIII. Parteitag im Januar 1923 kam es zu erbitterten Wortgefechten zwischen den Zentrale-Mitgliedern einer- seits und Ruth Fischer, Thälmann, Maslow, Urbahns und anderen linken Oppositionel- len andererseits. Da die Brandler-Führung keine Vertreter der Linken in die Zentrale aufnahm (bzw. nicht die von den Linken Vor geschlagenen), kam es fast zum Bruch in der Partei. Am 17. Mai 1923 kooptierte dann der ZA Ruth Fischer und drei wei- tere Linke (Geschke, Thälmann und Ar- thur König) in die Zentrale. Nach der Niederlage der Partei im Oktober 1923 versuchte die energische Ruth Fischer - eine mitreißende Rednerin und attraktive junge Frau - die Führung der Partei ganz in die Hände der Linken zu bringen. Das gelang auf dem IX. Parteitag im April 1924, auf dem die Anhänger Ruth Fischers die Mehrheit hatten. Da der Theoretiker der Partei, Maslow, bald nach dem Partei- tag verhaftet wurde, leitete sie praktisch die KPD, die gerade wieder legal geworden war. Doch noch immer wurde Ruth Fischer steckbrieflich gesucht (Steckbrief: »Elfriede Goike, geb. Eisler, genannt Ruth Fischer, volles Gesicht, etwas aufgeworfene Lippen, breite Nase, dunkle Haare und Augen«). Im Mai 1924 in den Reichstag gewählt, Fischer, Ruth 119 konnte sie wieder legal leben. Ihr falscher Paß, der sie als »Liane Boßhardt, Lehrerin« auswies, wurde aber noch öfter gebraucht. Bei der Reichstagseröffnung im Juni 1924 zeigte sie, daß sich mit der von ihr begon- nenen »Bolschewisierung« nicht nur der in- nere Kurs der Partei radikal veränderte, sondern daß sich auch der Stil der Partei nach außen gewandelt hatte. Sie nannte das Parlament »Komödientheater« und die Ab- geordneten »Hampelmänner der Kapitali- sten« und erklärte: »Wir Kommunisten sind alle Hochverräter.« Auf dem V. Weltkongreß der Komintern 1924 wurde sie als Kandidat ins EKKI ge- wählt. Nach Auflösung des Reichstags im November 1924 verhaftete die Polizei Ruth Fischer, die im Dezember erneut Reichstags- abgeordnete wurde und deshalb wieder freikam. Das Verhältnis zwischen Komintern und KPD-Führung wurde gespannt, besonders nachdem es 1925 zur Spaltung der linken Führung kam. Die Ultralinken Scholem, Katz und Rosenberg traten gegen Ruth Fi- scher auf, die ultralinke Politik nach außen und die Bolschewisierung im Innern hatten die Partei geschwächt, Ruth Fischer aber versuchte, die Eingriffe der Komintern zu sabotieren. Auf dem X. Parteitag im Juli 1925 konnte sie nochmals Triumphe feiern, aber als im August 1925 der »Offene Brief« gegen sie angenommen wurde und sie selbst dafür stimmte, hatte ihre politische Karriere ihren Höhepunkt überschritten. Ruth Fischer ver- suchte zunächst, ihre Anhänger in Deutsch- land zu mobilisieren, aber die Komintern holte sie nach Moskau und hielt sie dort einige Zeit fest. Ihre Abreise aus Moskau, am 5. Juni 1926, wurde als »schwerer Diszi- plinbruch« verurteilt. Sie verlor ihre Funk- tion als EKKI-Mitglied. Am 20. August 1926 schrieb die »Rote Fahne«: »Ruth Fi- scher und Maslow sind aus der KPD aus- geschlossen.« Ruth Fischer versuchte nunmehr die linken Kreise der KPD gegen die Komintern zu sammeln. Sie hoffte auf die Schaffung einer linkskommunistischen Partei, da Sinowjew in der Sowjetunion - zu dessen Fraktion sich Ruth Fischer rechnete - inzwischen in Opposition stand. Im Reichstag und im preußischen Landtag bildeten die linken Kommunisten 1927 eine eigene Gruppe. Ostern 1928 war Ruth Fischer noch aktiv an der Gründung des Leninbundes betei- ligt. Als Sinowjew kurz danach in Ruß- land vor Stalin kapitulierte, trat sie mit ihren Anhängern aus dem Leninbund aus. Ruth Fischers Versuche, wieder in die KPD aufgenommen zu werden, blieben erfolglos. Als die KPD 1929 selbst einen ultralinken Kurs steuerte, war auch der früheren Op- position der Boden weitgehend entzogen. Ruth Fischer trat politisch nicht mehr in Erscheinung. Bis 1933 verdiente sie ihren Lebensunter- halt als Pädagogin (ihr Reichstagsmandat erlosch 1928) und Sozialpflegerin in Berlin- Wedding. Sie veröffentlichte damals auch ein Buch (Ruth Fischer und Fr. Heimann: »Deutsche Kinderfibel«, Berlin 1931). Nach Hitlers Machtantritt konnte sie ge- rade noch fliehen. Als Jüdin und linke Kommunistin war sie besonders verhaßt, ihr Haus wurde von der SA geplündert und ihr kleiner Sohn zunächst als Geisel festgehalten. Sie entkam nach Paris, wo sie - zusammen mit Maslow - bis 1940 lebte. In den Stalinschen Schauprozessen wurde sie in Abwesenheit verurteilt. Als einer der ersten war ihr im August 1933 die deutsche Staatsangehörigkeit aberkannt worden. 1940 floh sie über Lissabon nach den USA, während Maslow in Kuba bleiben mußte. In Amerika war sie wissenschaftlich und publizistisch tätig. Im Auftrag der Har- vard-Universität gab sie die Zeitschrift »Die russische Staatspartei« heraus. Ihr Haupt- werk, das sie später auch ins Deutsche über- setzte, »Stalin und der deutsche Kommu- nismus«, ist eine (teilweise apologetische) Darstellung der KPD-Geschichte der zwan- ziger Jahre. Nach dem Krieg kam Ruth Fischer als 120 Fischer, Ruth/Flieg amerikanische Staatsbürgerin nach Paris zu- rück. Viele Vorträge und Aufsätze mach- ten sie auch im Nachkriegs-Deutschland be- kannt. Sehr umstritten war ihre Haltung gegenüber ihrem Bruder Gerhart Eisler, den sie vor amerikanischen Gerichten be- lastete. Größere Veröffentlichungen in den fünf- ziger Jahren in Deutschland waren »Von Lenin bis Mao, Kommunismus in der Ban- dung Ära« (1956) und »Die Umformung der Sowjetgesellschaft« (1958). Die Entstalinisierung nach 1956 sah sie mit großem Optimismus. 1958 glaubte sie, daß »die roten sechziger Jahre und die großen Veränderungen in Europa« kommen wür- den. Sie arbeitete an einer Maslow-Bio- graphie, als sie völlig überraschend am 13. März 1961 in Paris starb. FLADUNG, Johannes (geb. 1898) Am 12. Februar 1898 in Frankfurt/Main geboren; der Vater war SPD-Funktionär. Fladung lernte Kunstschmied, schloß sich 1913 der Arbeiterjugend an. 1917 Soldat. Nach dem Krieg Mitglied der USPD. De- legierter auf dem Vereinigungsparteitag mit der KPD im Dezember 1920. Arbeitete in Frankfurt und war als Monteur auch viel unterwegs. 1924 kam Fladung mit den Linken in den hauptamtlichen Apparat und wurde als Sekretär nach Pommern geschickt. Im De- zember 1924 Abgeordneter im preußischen Landtag, auch 1928 und 1932 wiederge- wählt. Er heiratete eine Tochter des KPD- Abgeordneten Daniel Greiner. 1925 vom ZK in den KPD-Bezirk Nieder- rhein entsandt, vertrat er diesen Bezirk auf dem X. Parteitag in der Mandatsprüfungs- kommission. Von 1927-1930 war Fladung Agitpropsekretär des Bezirks Niederrhein, ab 1931 Orgleiter. Im Mai 1932 erlitt er bei einer Schlägerei mit NSDAP-Abge- ordneten im preußischen Landtag einen Schädelbruch. Nach Hitlers Machtantritt arbeitete er ille- gal weiter. Zusammen mit Ferlemann und Horn sollte er 1933 die Inlandsleitung der KPD bilden, doch wurde er im September 1933 (als er Schehr besuchte, der ins Aus- land gehen sollte) verhaftet. Im berüchtigten Berliner Columbia-Haus wurde er von der Gestapo schwer mißhan- delt: »Wie oft ich bewußtlos geschlagen und anschließend mit Wasser wieder zu mir ge- bracht wurde, weiß ich nicht«. Nach mehr- monatiger Haft im KZ Oranienburg ver- urteilte ihn der »Volksgerichtshof« zu 2V2 Jahren Zuchthaus, seine Frau Klara erhielt 1V2 Jahre Gefängnis. 1936 als dauernd ar- beitsunfähig entlassen, war Fladung fast taub und hatte Störungen des zentralen Nervensystems. 1938 Emigration in die Schweiz und dann nach England. Mitbe- gründer des Kulturbundes deutscher Emi- granten in London. 1946 Rückkehr nach Deutschland. Wieder Mitglied der KPD. 1948 Sekretär und 1951—1958 Bundessekre- tär des Kulturbundes in Düsseldorf. Legte diese Funktion wegen Krankheit (fast er- blindet) nieder. Ein Prozeß gegen Fladung vor dem Düsseldorfer Landgericht wegen »Staatsgefährdung« wurde im Januar 1964 wegen Verhandlungsunfähigkeit des An- geklagten abgesetzt. Fladung gründete den »Progreß-Verlag« in Düsseldorf, später in Darmstadt, den er 1968 noch leitete. FLIEG, Leopold (1893—1939) Leo Flieg, am 8. November 1893 in Berlin geboren, galt lange Jahre als die »graue Eminenz« der KPD. Er war der Mann, der in der Öffentlichkeit kaum bekannt, als Sekretär des Politbüros die entscheidenden Fäden in der Hand hielt. Flieg entstammte einer jüdischen Familie in Berlin (Mutter, Schwester und viele Ver- wandte wurden im KZ vergast) und lernte nach dem Besuch der Mittelschule kaufmän- nischer Angestellter. Mit 15 Jahren trat er 1908 der Sozialistischen Jugendbewegung bei. Er hatte bei einer Bank gelernt und war bis zum Krieg als Bankbeamter tätig. Während des Krieges Soldat. Schreiber in der Geheimabteilung des Generalstabes, zu- gleich für die Spartakusgruppe aktiv. Seit Gründung der Partei Mitglied der KPD. Zu- nächst war Flieg, ein kleiner, zierlicher Mann, dessen gemessenes und schweigsames Wesen bekannt war, in der Jugendinterna- tionale tätig. 1918 hatte er als Sekretär von Jogiches die Konspiration erlernt. Gemeinsam mit Mün- zenberg - mit dem ihn eine lebenslange Freundschaft verband - Organisator der in- ternationalen Kommunistischen Jugendbe- wegung, in deren führenden Gremien er bis 1922 aktiv arbeitete. Seit dem III. Parteitag nahm er an allen KPD-Parteitagen teil, von 1922-1932 übte er seine wichtige Posi- tion als Sekretär des Polbüros (Politbüros) aus. 1924 Abgeordneter des preußischen Land- tags, dem er bis 1933 angehörte. 1927 und 1929 auch als Mitglied ins ZK gewählt. Schließlich auf dem VI. Weltkongreß der Komintern 1928 zum Mitglied der Inter- nationalen Kontrollkommission berufen. Flieg übte seine Funktionen mit beamten- hafter Gewissenhaftigkeit aus, bis er 1932 als enger Freund Heinz Neumanns von sei- nen führenden Ämtern entbunden wurde. Damals schrieb eine trotzkistische Zeitung über Flieg, die Mitglieder der KPD würden seinen Namen kaum kennen, aber er sei der ruhende Pol des ZK gewesen: ».. . still und unscheinbar, kein hochfahrender Bonze, aber ein absolut zuverlässiger und pünktlicher Beamter, hat Leo Flieg manche Zentrale überlebt. Er hat Brandlers Ge- heimprotokolle geführt, ohne mit der Wim- per zu zucken. Er hat die Rundschreiben von Ruth Fischer und Scholem expediert, und Kenner behaupten, die Ruth Fischer- Zentrale sei auch die einzige gewesen, mit der Flieg im Grund einverstanden gewesen sei. Trotzdem hat er auch Ewert überlebt, der ihm wenig getraut hat, und er hat seit 1928 als Personalchef der Thälmann-Zen- trale immerhin vier Jahre das Kunststück Flieg/Florin 121 fertiggebracht, das Büro eines Thälmann zu leiten. Alle Achtung vor solchen diplo- matischen Talenten ...« Da Flieg Pjatnizki, Abramow-Mirow und die anderen Führer der Komintern aus langjähriger Zusammenarbeit gut kannte, ja jahrelang der für Deutschland verant- wortliche Verbindungsmann der Geheim- abteilung der OMS, war, kam er zwar vor- übergehend nach Moskau, konnte aber nach 1933 von Paris aus wieder für die KPD arbeiten und die wichtige Position eines technischen Sekretärs des Politbüros wieder einnehmen. Auf der »Brüsseler« Konferenz der KPD 1935 gab Flieg (Pseudonym: Al- fons) den Kassenbericht; er wurde erneut zum Mitglied des ZK gewählt. Ostern 1937 erhielt er von der Komintern die Aufforderung, nach Moskau zu kom- men. Während der Stalinschen Säuberung solcher Einladung Folge zu leisten, war mehr als riskant. Aber obwohl sein und Münzenbergs Freund, der schwedische Ban- kier Aschberg, ihm dringend riet, in Paris zu bleiben und ihm seine Unterstützung anbot, damit er als Emigrant in Paris leben könne, ging Flieg nach Moskau. Da er für die Kasse der KPD verantwortlich war, be- fürchtete er, von der Kominternführung der Unterschlagung bezichtigt zu werden, wenn er ihrem Befehl nicht folgen würde. Damit wäre aber seine empfindliche Stelle getroffen gewesen. Flieg fuhr nach Moskau und verschwand in der Stalinschen Säube- rung, er wurde 1939 erschossen. FLORIN, Wilhelm (1894-1944) Als Sohn eines streng katholischen Arbei- ters am 16. März 1894 in Köln-Poll ge- boren; lernte Nieter und arbeitete in Wag- gonfabriken, Kesselschmieden und Werften. Zunächst im Katholischen Jungmännerver- ein organisiert, 1913 Mitglied der Gewerk- schaft und einer sozialistischen Jugend- organisation. 1914-1918 Soldat, als Infan- terist verwundet, abkommandiert in eine Strafkompanie. 122 Florin/Fränken 1917 trat Florin als Kriegsgegner der USPD bei und kam mit ihrem linken Flü- gel 1920 zur KPD. Er arbeitete in den Gas- motorenwerken, wo er auch Betriebsrat wurde. Bis 1923 ehernamtlicher Funktionär. 1923 von Eppstein zu hauptamtlicher Tä- tigkeit herangezogen, Orgleiter im Bezirk Mittelrhein. Die französische Besatzungs- macht wies ihn jedoch im Dezember 1923 aus dem Rheinland aus. Mit der Übernahme der Parteiführung durch die Linken begann der Aufstieg des etwas schwerfälligen Florin in den zentra- len Apparat der KPD. Auf dem Frank- furter Parteitag 1924 in die Zentrale ge- wählt, zog er im Mai des gleichen Jahres als Abgeordneter in den Reichstag ein, dem er ununterbrochen bis 1933 angehörte. Florin sollte im Mai 1924 die in Bayern weiterhin illegale KPD aufbauen; er wurde verhaftet, aber als Reichstagsabgeordneter nach wenigen Tagen freigelassen. In einem Steckbrief von 1924 wurde Florin fol- gendermaßen beschrieben: »Augenbrauen leicht zusammengewachsen, niedrige steile Stirn, kräftige Gestalt, norddeutscher Dia- lekt.« Er ging nach Berlin zurück und übernahm dann als Polleiter die Führung des Bezirks Oberschlesien. Im Mai 1925 zur Bekämpfung der Ultralinken nach Gotha geschickt, war er von Juni bis September 1925 Polleiter des Bezirks Thüringen. Auf dem X. Parteitag wieder Mitglied des Ruth Fischer-ZK. Nach dem »Offenen Brief« im September 1925 war Florin einer der linken Führer, die gegen Ruth Fischer und für Thälmann auftraten. Als Vertrauensmann Thälmanns und des EKKI kam Florin im Dezember 1925 nach Essen, um als Polleiter den zerrütteten Be- zirk Ruhr zu übernehmen. Diese Funktion füllte er sieben Jahre, bis Ende 1932 aus. Nachdem er sich 1927 gegen die ultralinke und linke Opposition durchgesetzt hatte, vollzog er 1928/29 die Stalinisierung der KPD an der Ruhr gegen Rechte und Ver- söhnler. Bald wurde Florin als der »Führer des Ruhrproletariats« gefeiert. Auf den Parteitagen 1927 und 1929 ins ZK gewählt, war Florin seit 1929 Mitglied des Polbüros, er behielt aber weiter seine Funktion in Essen. Ende 1932 kam er nach Berlin und löste Ulbricht als Polleiter im Bezirk Berlin-Brandenburg ab. Nunmehr feierte ihn die »Rote Fahne« als »Führer des Berlin-Brandenburger Proletariats«. 1933 arbeitete Florin kurze Zeit illegal, dann emigrierte er. Einige Zeit Leiter des Nordbüros der KPD (Skandinavien). In den Auseinandersetzungen in der KPD ge- hörte er zum »linken« Flügel (Schubert, Schulte, Dahlem), der zunächst die Mehr- heit im Politbüro hatte (gegen Ulbricht, Pieck). Als die Komintern 193$ eine »Wendung nach rechts« erkennen ließ, schwenkte auch Florin wieder um. Auf der »Brüsseler« Konferenz wieder ins ZK und Politbüro gewählt, wurde er auch Mitglied des EKKI-Präsidiums und arbeitete von 1935-1943 als Sekretär des EKKI. Zur glei- chen Zeit war er Vorsitzender der Inter- nationalen Kontrollkommission. Er wirkte auch noch im Nationalkomitee »Freies Deutschland«. Florin starb am 5. Juli 1944. Er wurde an der Kremlmauer in Moskau beigesetzt, 1955 überführte man seine Urne nach Ber- lin-Friedrichsfelde. Florins Frau Therese lebt in Ost-Berlin, zum 65. Geburtstag erhielt sie den »Vater- ländischen Verdienstorden in Gold«, sein Sohn Peter (geb. 2. Oktober 1921 in Köln), ist seit 1954 Kandidat und seit 1958 Mit- glied des ZK der SED und seit 1969 Staats- sekretär im DDR-Außenministerium. FRANKEN, Friedrich (geb. 1897) Geboren am 25. Januar 1897 in Herrath (Rhld.), Sohn eines Nachtwächters, lernte Schlosser und arbeitete in seinem Beruf. 1920 Mitglied der KPD, für die er ver- schiedene Funktionen ausübte. 1925 Ab- geordneter des Provinziallandtages. 1927 als Sekretär Leiter des Unterbezirks der KPD Düsseldorf, 1928 Abgeordneter des Fränken/Frank 123 preußischen Landtags. 1927 auch örtlicher Leiter und Fraktionsführer der KPD in der Rheydter Stadtverordnetenversamm- lung. 1929 UB-Leiter in Krefeld, von 1931 bis 1933 UB-Leiter der KPD Siegen, auch 1932 wieder in den Landtag gewählt. Am 9. März 1933 in Wupptertal verhaf- tet, bis zum 24. Dezember 1933 im KZ festgehalten. Nach seiner Entlassung fand Fränken wieder Arbeit als Schlosser in Rheydt. Nachdem ihn die Gestapo im April 1934 wieder zu einem Verhör geholt hatte, flüchtete er am 4. Mai 1934 aus Rheydt und lebte illegal. Er leitete für die KPD zunächst den Bezirk Wasserkante als Oberberater, im Mai 1935 kam er über Prag nach Moskau, schließlich nach Paris. Fränken gehörte in der Emigrations-Lei- tung (als »Fritz Goltz«) zum linken Flügel unter Schubert und Schulte, die 1935 aus der Führung entfernt wurden. Während des Spanischen Bürgerkriegs kämpfte er auf Seiten der Interbrigaden, dabei verlor er den linken Unterarm. 1937 erkannte ihm die Hitler-Regierung die deutsche Staatsangehörigkeit ab. Seine Frau, die in Deutschland blieb, ließ sich 1938 von ihm scheiden, nachdem sie seit 1934 nichts von ihm gehört hatte. 1945 kehrte Fränken nach Westdeutschland zurück. Er wurde 1. Sekretär der KPD in Mönchen-Gladbach, später leitete er als Se- kretär das Landesfriedenskomitee in Nord- rhein-Westfalen. Er lebte 1969 in Düssel- dorf. FRANK, Karl, Dr. phil., (geb. 1893) Als Sohn eines kleinen Fabrikanten am 31. Mai 1893 in Wien geboren, besuchte 1905-1909 die Unterrealschule in Wien. Mit 13 Jahren trat er - seine Eltern waren katholisch - aus der Kirche aus. Von 1909 bis 1913 Kadett der Artillerie-Kadetten- schule in Traiskirchen (Niederösterreich), wurde Pazifist und verließ die Militärschule nach Abschluß des Abiturs. 1913 inskri- bierte er sich an der Wiener Universität, studierte Psychologie, Biologie und Philo- sophie und promovierte 1918 zum Dr. phil. Der Weltkrieg hatte sein Studium unter- brochen, im Herbst 1914 kam er als Leut- nant zum Militär. Nach Fronterlebnissen verweigerte er 1916 den Dienst und wurde als »krank« entlassen. An der Universität schloß sich Frank der sozialistischen Studentengruppe an und ent- warf das erste Antikriegs-Flugblatt. Nach der Revolution Vorsitzender des Studen- tenkomitees und Vertreter im Wiener Ar- beiterrat. 1919 Mitglied der KP Österreichs. Eine Zeitlang Mitredakteur der Wiener »Roten Fahne«, hauptberuflich Sekretär einer pädagogisch-psychologischen Vereini- gung. Nach der Vereinigung von USPD und KPD Ende 1920 Übersiedlung nach Berlin. Redakteur des von Thalheimer ge- leiteten theoretischen Organs der KPD »Die Internationale«. Schrieb eine Bro- schüre gegen Levi (»Der Fall Levi und die Dritte Internationale«, Wien 1921). Nach Differenzen mit der KPD gab er 1922 seine hauptamtliche Stellung auf. 1923 wie- der von der Partei angestellt, schickte ihn die Brandler-Zentrale zur Vorbereitung des Aufstandes nach Bayern, mit der Instruk- tion »Nürnberg für die Revolution zu ge- winnen und in Bayern die Donau-Brücken in die Luft zu sprengen«. Auf einer Ver- sammlung der kommunistischen Eisenbah- ner verhaftet. Zu dieser hatte die Bezirks- leitung auf einer Postkarte eingeladen und gebeten, »Dynamit mitzubringen«. Franks Warnung kam zu spät, die Versammlung flog auf. Als die Polizei den Tagungsraum besetzte, hatte er sich unter das Podium verkrochen und wäre fast übersehen wor- den. Nach seiner Festnahme gab er sich als Knecht aus; es dauerte lange, bis die Poli- zei seine Identität feststellen konnte, da er erklärte: »Ich stehe als Kommunist grund- sätzlich auf dem Standpunkt, der bürger- lichen Polizei Auskünfte zu verweigern.« Als er identifiziert war und ihm der Pro- zeß gemacht werden sollte (Frank hatte zur 124 Frank Finanzierung des Aufstandes größere Geldbeträge bei sich), überlistete er seine Wache auf dem Weg zum Zahnarzt und flüchtete nach sechs Wochen Einzelhaft. In einem danach erlassenen Steckbrief hieß es: »1,73 m groß, norddeutsche Mundart, schwarze Haare, braune Augen, am rechten Unterarm Schußnarbe«. Frank entkam und konnte für die KPD Weiterarbeiten. Bei der Aushebung des bayerischen Be- zirksparteitages am 25. Mai 1924 erneut verhaftet. Um freizukommen, trat er am 28. Mai in den Hungerstreik und hielt drei Wochen lang durch (bis 17. Juni). Die Zen- trale forderte ihn auf, den Hungerstreik zu beenden, weil bereits Lebensgefahr bestand. Im Juli 1924 zu sieben Monaten Gefängnis verurteilt und nach Österreich abgeschoben, kehrte er jedoch nach Berlin zurück und übte in der Zentrale und dann im ZK ver- schiedene Funktionen aus. Frank arbeitete zeitweise als Redakteur am Chemnitzer »Kämpfer« und Gothaer »Volksblatt«, bis 1928 aber vor allem am KPD-Pressedienst in Berlin, den er vor- übergehend auch leitete. Er stand auf dem rechten Flügel der sogenannten »Versöhn- ler«. Bekannt wurde Frank wieder, als er 1928 die gegen den Bau des Panzerkreuzers »A« gerichtete Aktion am Berliner Rundfunk organisierte. Unter seiner Leitung wurde damals von einer KPD-Gruppe der »Vor- wärts«-Redakteur Wolfgang Schwarz ent- führt, dieser sollte im Rundfunk den Bau des Panzerkreuzers »A« befürworten. An dessen Stelle sprach am Abend des 6. Ok- tober 1928 der KPD-Landtagsabgeordnete Karl Schulz gegen den Panzerkreuzerbau und für ein von der KPD geführtes Volks- begehren. Frank wurde deswegen verhaftet und im Februar 1929 zu vier Monaten Gefängnis verurteilt (die durch die Untersuchungshaft verbüßt waren). Nach der Haftentlassung von einer Berliner Funktionärkonferenz, auf der er ein Flugblatt gegen das ZK ver- teilt hatte, aus der KPD ausgeschlossen. Frank trat der KPO bei und wurde in deren Zentralleitung aufgenommen, hatte Verbindung zu Mitgliedern der SPD und der späteren Miles-Gruppe (Neu-Begin- nen), trat mit deren Einverständnis bei der Spaltung der KPO 1932 der SAP bei. Auf dem Parteitag der SAP im März 1932 in den Vorstand (Beirat) der Partei gewählt. 1933 wieder Mitglied der SPD. Von 1933 bis 1935 Leiter der Auslandsvertretung der Miles-Gruppe, unternahm dabei illegale Reisen nach Berlin, München und Schle- sien. Im Juni 1935 kam es zur Spaltung der Mi- les-Gruppe, Frank (Pseud. »Wilhelm Mül- ler«) wurde Auslandsvertreter der neuen Gruppe und leitete die Arbeit von Wien, dann von Prag und schließlich von Paris und London aus. Ende 1938 kam er in die USA, um für die illegale Arbeit gegen Hitler Gelder zu sammeln. Er blieb in den USA, war vor allem publizistisch tä- tig (Veröffentlichungen: »Will Germany Crack?«, »Germany after Hitler«) und zwar an der Schaffung verschiedener antifaschi- stischer deutscher Komitees beteiligt (z. B. »Council for a Democratic Germany«). Nach dem Zusammenbruch des Hitlerrei- ches kehrten zahlreiche Mitglieder der »Neu-Beginnen«-Gruppe nach Deutschland zurück und traten wieder der SPD bei. Die Rückkehr von Frank war unerwünscht. Ob- wohl sich der Berliner Bürgermeister Reuter für seine Heimkehr einsetzte, war sie un- möglich, später verzichtete er selbst darauf, da er sich aus dem politischen Leben zu- rückgezogen hatte. Frank blieb in New York, wo er lizensierter Psychologe für die Staaten New York und Connecticut war, bis er seinen Beruf wegen schwerer Krank- heit aufgeben mußte. Frank ist nach seiner Aussage Pazifist und Sozialist geblieben, gehört aber keiner be- stimmten Richtung an. Er hält die Parteien (einschließlich der Sozialdemokratie) für veraltet und arbeitet an einer Untersuchung über die irrationalen Kräfte in der Politik. Frenzel 125 FRENZEL, Max (geb. 1893) Am 11. April 1893 in Breslau geboren, ging nach der Lehre als Lithograph auf die Wanderschaft. 1912 Mitglied der SPD in Dresden, wohin er nach dem Krieg wieder zurückkehrte. Während des Krieges hatte er sich den Linksradikalen angeschlossen, er war Mitbegründer der KPD in Dresden. Während die Mehrheit der Dresdener Gruppe (an der Spitze Otto Rühle) 1920 zur KAP ging, blieb Frenzel bei der KPD und übernahm verschiedene Funktionen. 1923 übersiedelte er nach Berlin. Auf dem VIII. Parteitag wählte man ihn in die Ge- werkschaftskommission. Das ZK berief ihn 1926 als Sekretär für Gewerkschaftsfragen in die BL Berlin. Teilnehmer des XL Par- teitages in Essen; gehörte in der Folgezeit zu den »Versöhnlern«. 1928 zog Frenzel als Abgeordneter in den preußischen Landtag ein. Als Versöhnler mußte er im September 1929 sein Mandat niederlegen; sein Nachfolger im Landtag wurde Erich Steinfurth. Frenzel mußte auch alle anderen Funktionen aufgeben, wurde aber nicht aus der KPD ausgeschlossen. Er hatte sowohl Verbindung zur KPD wie auch zu jenen »Versöhnlern«, die ihre Frak- tion weiterführten und aus der Partei aus- geschlossen worden waren (Karl Volk). Nadi 1933 arbeitete Frenzel illegal mit der letzteren Gruppe zusammen. Er distan- zierte sich 1934 von den Versöhnlern, als ihn die KPD-Leitung nach Prag rief und ihn zur Rechenschaft zog. In Berlin arbei- tete er illegal gegen das NS-Regime weiter und wurde 1937 vom Volksgerichtshof zu einer hohen Zudithausstrafe verurteilt, die er im Zuchthaus Brandenburg verbüßte. Dort wurde er am 27. April 1945 befreit. 1945 trat Frenzel der KPD und dann der SED bei. Er übte im Berliner Magistrat verschiedene untergeordnete Funktionen aus; so war er im Verkehrsdezernat des (Ost)Berliner Magistrats. 1958 Stellvertre- tender Leiter des (Ost)Berliner Wirtschafts- rates, für den Bezirk Pankow in die Stadt- verordnetenversammlung gewählt. Frenzel lebte 1968 als Veteran in Ost-Ber- lin, zu seinem 75. Geburtstag im April 1968 gratulierte ihm das ZK der SED öf- fentlich. FRENZEL, Max (geb. 1891) Als jüngstes von sieben Kindern einer Ar- beiterfamilie am 9. April 1891 in Nürn- berg geboren, lernte Schlosser. 1914 zum Militärdienst eingezogen, kam an die Front, wurde 1915 verwundet, nach Ludwigs- hafen/Rh. zum Garnisonsdienst abkom- mandiert und 1916 von der Armee entlas- sen; arbeitete danach in der BASF. Bereits 1909 der SPD und Gewerkschaft beigetre- ten, gehörte er zum linken Flügel und trat bei Gründung der USPD bei. 1918 nahm Frenzel Verbindung mit dem Spartakusbund auf und gehörte ab 1919 der KPD an; die allerdings im linksrheini- schen Gebiet nur eine lose Organisation war. Zum Arbeiterrat in der Anilinfabrik gewählt. 1922 entließ ihn die Werksleitung zusammen mit zwei weiteren Betriebsräten, die am kommunistischen Betriebsrätekon- greß teilgenommen hatten. Da Frenzel ein sehr populärer Arbeiterführer war, führte die Entlassung zu einem siebenwöchigen wilden Streik des Riesenbetriebs. 1923 wiesen ihn die Franzosen wegen sei- nes Kampfes gegen den Separatismus aus dem linksrheinischen Gebiet aus. Frenzel arbeitete nun als hauptamtlicher Sekretär für die KPD, zunächst illegal im Saar- gebiet. Er gehörte zum linken Parteiflügel; wegen innerparteilicher Differenzen denun- zierte ihn 1924 ein Sekretär des Saarge- biets, Frenzel wurde von den Franzosen verhaftet, als er zu einem Kongreß ins un- besetzte Gebiet fuhr. Obwohl fünf Jahre Strafe beantragt worden waren, kam er mit drei Monaten Gefängnis davon. Mitte 1924 zum Orgleiter des KPD-Bezirks Rhein-Saar (ab 1925: Pfalz) berufen. Er wurde auf dem Bezirksparteitag 1927 wie- dergewählt, da die Mehrheit der Delegier- ten der »Weddinger Opposition«, der sich 126 Frenzel/Frölich die Pfälzer Organisation angeschlossen hatte, zuneigte. Ende Dezember 1927 wurde Frenzel vom ZK abgesetzt und ausgeschlossen. Haupt- organisator der Weddinger Opposition in der Pfalz; 1930 war er verantwortlicher Redakteur der Zeitung »Der Pionier«, her- ausgegeben von den »Bolschewisten-Lenini- sten«, einer vereinigten Oppositionsgruppe aus Teilen der ehemaligen Weddinger Op- position und den Trotzkisten, die den Le- ninbund verlassen hatten. Diese Gruppe verlor in der Pfalz nach und nach ihre Bedeutung. Frenzel arbeitete nach längerer Erwerbs- losigkeit wieder in seinem Beruf als Schlos- ser. Er wurde zwischen 1933 und 1945 dreimal für kürzere Zeit inhaftiert. Nach 1945 baute Frenzel in Ludwigshafen die Gewerkschaften mit auf. Die KPD trat an ihn heran und trug ihm einen neuen Posten als stellvertretender Bürgermeister an, obwohl er der KPD nicht beigetreten war. Er wurde 2. Bürgermeister und wieder Mitglied der KPD in Ludwigshafen. 1949 als Bürgermeister entlassen, arbeitete er als Sekretär der IG-Metall. 1951 kam es wieder zum Bruch mit der KPD, die ihn ausschloß. 1957 wurde Fren- zel pensioniert, er lebte 1969 mit seiner Fa- milie in Ludwigshafen/Rhein. FRÖHLICH, Horst (1891-1943) Geboren am 19. Juli 1891 in Ratibor; Sohn eines Kaufmanns; studierte nach dem Be- such des Gymnasiums. Er schloß sich wäh- rend des Krieges den Bremer Linksradika- len an, war auch Mitarbeiter der radikalen »Aktion« Franz Pfemferts und neigte zu- nächst zum Anarchismus. 1919 Redakteur der Bremer KPD-Zeitung. Auch in den folgenden Jahren an verschiedenen Partei- zeitungen tätig, u. a. in Frankfurt/ Main. Autor des antireligiösen Stückes »Opium«. 1924 Chefredakteur der kommunistischen »Arbeiterzeitung« in Breslau, behielt diese Funktion bis 1925. Nachdem er einige Zeit in der Sportabteilung des ZK gearbeitet hatte, übernahm er 1926/27 die Agitprop- Abteilung der Berliner KPD-Bezirkslei- tung, dann ernannte man Fröhlich zum technischen Leiter der KPD-Parteischule, die anfangs in Hohenstein, dann in Fichte- nau bei Berlin war. 1929 kam er, ein litera- risch gebildeter Mann, als Redakteur an die »Rote Fahne«. 1930 wurde er zum Vorsit- zenden der Ifa (Interessengemeinschaft für Arbeiter-Kultur) gewählt. 1931 verließ er Deutschland und ging mit seiner Frau nach Rußland. Im Dezember 1934 zur illegalen Arbeit nach Deutschland zurückgekehrt wurde er 1935 in Hamburg verhaftet, im Dezember 1936 zu 15 Jahren Zuchthaus verurteilt, dann als Jude 1942 ins KZ übergeführt. Fröhlich kam am 4. Januar 1943 im KZ Auschwitz ums Leben, seine Frau ist in Rußland verschollen. FRÖLICH, Paul (1884-1953) Als zweites von elf Kindern einer soziali- stischen Arbeiterfamilie am 7. August 1884 in Leipzig geboren, lernte er sowohl die Not wie die sozialistische Gesinnung von Kindheit an kennen. Sein Vater war Maschinenschlosser, die Mutter Fabrikarbei- terin, beide schon in ihrer Jugend aktiv in der SPD, auch während des Sozialisten- gesetzes. Besuch der Bürgerschule und mit Hilfe einer Freistelle der zweijährigen Realschule bis zum Einjährigen. Während der ganzen Schulzeit durch die Verhältnisse gezwungen, zum Unterhalt der Familie beizutragen. Zweijährige kaufmännische Lehre; 1903 und 1904 in Dresden, Neustadt (Posen) und Leipzig im Angestelltenberuf tätig. 1902 Eintritt in die SPD. In diesen Jahren intensives Selbststudium, namentlich in Ge- schichte und Marxismus, gefördert durch Kurse des Leipziger Arbeiterbildungsver- eins. Erste Versuche zu schreiben und zu referieren. Freunde ermöglichten Paul Frö- lich, den Beruf aufzugeben und einige Se- Frölich 127 mester das Volks wirtschaftliche Seminar der Leipziger Universität zu besuchen. Die Mili- tärzeit unterbrach das Studium. Nach einjährigem Dienst nahm er ein An- gebot von Paul Lensch, Chefredakteur der »Leipziger Volkszeitung« an, in der Redak- tion zu volontieren und sich zum Jour- nalisten auszubilden. Danach Mitarbeiter von Hermann Duncker im Leipziger Arbei- tersekretariat, dann freier Berichterstatter für zahlreiche SPD- und Gewerkschaftsblät- ter. 1908 kam Paul Frölich als Redakteur an die »Altenburger Volkszeitung« (Kopfblatt der LVZ), am 1. Oktober 1910 übersiedelte er nach Hamburg, um beim »Hamburger Echo« als Lokalredakteur für Altona zu arbeiten. Stadtverordneter in Altona. Im Mai 1914 Übergang zur Redaktion der »Bremer Bürgerzeitung«, einer sozialdemo- kratischen Tageszeitung der radikalen Rich- tung, zu deren Mitarbeitern Karl Radek, Johann Knief, Anton Pannekoek u. a. zählten. Nach Ausbruch des Krieges gehörte Paul Frölich zu den Gegnern der Burgfriedens- politik. Zum Kriegsdienst einberufen und als Unteroffizier an die Front geschickt. Nach einer Verschüttung und längerem La- zarettaufenthalt entlassen und als kriegs- untauglich erklärt. Wiederaufnahme der Arbeit als Redakteur. Begründete 1916 gemeinsam mit Johann Knief die »Arbei- terpolitik«, ein Wochenblatt zur Klärung und Orientierung der sich ausbreitenden linksradikalen Opposition. Delegierter der Bremer Linksradikalen auf der internatio- nalen Konferenz in Kienthai, wo er sich der Zimmerwalder Linken anschloß, die Lenin nahestand. Ende 1916 wieder eingezogen, zuerst an die Ostfront, dann nach Rendsburg. Mitte 1918 wegen fortgesetzter Antikriegspropa- ganda in eine Irrenanstalt gesperrt, aus der ihn die Novemberrevolution befreite. Zusammen mit Johann Knief leitete er die »Internationalen Kommunisten Deutsch- lands« (Bremer Linksradikalen). Auf dem Parteitag vom 30. Dezember 1918 bis 1. Januar 1919, auf dem der Zusammen- schluß der Bremer Linksradikalen mit dem Spartakusbund zur KPD erfolgte, wurde Paul Frölich in die erste Zentrale der KPD gewählt. 1919 nahm er an der Bayerischen Räterepu- blik teil, konnte gerade noch flüchten und wurde wegen seiner Beteiligung jahrelang verfolgt. In seiner Schrift »Die Bayrische Räterepublik. Tatsachen und Kritik« (1920 unter dem Pseud. P. Werner) analysierte er die Ereignisse und die Politik der KPD. Ei- ne Gedenkschrift »Eugen Levine« hat er dem standrechtlich erschossenen Führer der Räte- republik gewidmet (1922, unter P. Wer- ner). Frölich nahm auch am II. und III. Partei- tag der KPD teil und wurde wieder in die Parteizentrale berufen. Im Februar 1921 zog er (bei einer Nachwahl gewählt) in den Reichstag ein, dem er bis Dezember 1924 und von 1928-1930 angehörte. Frölich, der 1921 zusammen mit Thalheimer zu den Vertretern der »Offensivtheorie« gehörte, wurde auch vom VIII. Parteitag 1923 in die Zentrale der KPD berufen. Da er zum rechten Flügel zählte, 1924 nicht wieder Zentrale-Mitglied, in den folgenden Jahren war er vor allem publizistisch tätig. 1924 erschien sein Werk »10 Jahre Krieg und Bürgerkrieg«, Band 1, »Der Krieg«, 1926 in der Reihe »Redner der Revolu- tion«: »Dantons Reden«, 1928 in der glei- chen Reihe: »Rosa Luxemburgs Reden«. 1925 wurde Frölich mit den Arbeiten zur Herausgabe der Gesammelten Werke Rosa Luxemburgs betraut, die von Clara Zetkin und Adolf Warski geleitet wurden. Die ersten Bände erschienen in den folgenden Jahren. Nachdem die ultralinke Periode durch den »Offenen Brief« beendet wurde, spielte er auch wieder als Parteitheoretiker im ZK eine Rolle. Er nahm am XL Parteitag 1927 teil, als »Rechter« kam er allerdings nicht ins ZK. Gegen die zunehmende Stalinisierung der 118 Frölich/Fugger kommunistischen Bewegung geriet er in im- mer schärferen Gegensatz. Ende 1928 wurde er mit den Führern der »rechten Fraktion« aus der KPD ausgeschlossen. Er gehörte dann der Reichsleitung der KPO an. 1932 entschied er sich mit der Minder- heit der KPO für ein Zusammengehen mit den linkssozialistischen Kräften aus der SPD, die die SAP gründeten. Frölich ver- faßte die programmatische Schrift »Was will die SAP?« und wurde auf dem Partei- tag der SAP im März 1932 in den Vro- stand (Beirat) der Partei gewählt. Im März 1933, auf einer illegalen Reichs- konferenz der SAP, wurde er beauftragt, zur Auslandsarbeit nach Norwegen zu emigrieren. Auf dem Weg dorthin verhaf- tet und neun Monate in KZ-Haft festgehal- ten. Durch einen Zufall entlassen, floh er in die Tschechoslowakei. Im Frühjahr 1934 konnte er die Auslands- arbeit der SAP in Paris aufnehmen. Bis 1939 war Frölich führender Mitarbeiter an allen Publikationen der SAP (Neue Front, Marxistische Tribüne) und nahm seine Stu- dien über die Französische Revolution wie- der auf. 1939 erschien (1940 in englischer Übersetzung) »Rosa Luxemburg, Gedanke und Tat« (2. Aufl. 1949 in Hamburg, 3. Auflage 1967 Frankfurt/M.). Nach Kriegsausbruch wurde er in Vernet inter- niert, 1940 kam er ins Camp Bassens. Im Februar 1941 gelang es Paul Frölich, mit Hilfe eines Emergeny Visums von Marseille aus über Martinique nach New York zu kommen. Dort nahm er seine Studien über Demokratie und Diktatur in der Französi- schen Revolution wieder auf. Aus Anlaß des hundertjährigen Erscheinens des Kom- munistischen Manifests hielt er einen Vor- trag, der 1949 unter dem Titel »Zur Krise des Marxismus« in Hamburg erschien. Ende 1950 kehrte Frölich nach Deutschland zurück und ließ sich in Frankfurt/Main nieder, schloß sich der SPD an. Nach zwei Jahren intensiven Wirkens in Kursen, Vor- trägen und Artikeln starb er am 16. März *253- Aus seinem Nachlaß herausgegeben: »1798 - Die große Zeitwende. Von der Bürokra- tie des Absolutismus zum Parlament der Revolution«, Frankfurt/Main 1957. FUGGER, Karl (1897-1966) Geboren am 8. Dezember 1897 in Han- nover, lernte Klempner (Flaschner) und arbeitete in diesem Beruf bis er 1918 ein- gezogen wurde. 1919 Mitglied der KPD, für die er verschiedene Funktionen ausübte, u. a. zeitweilig Org-Sekretär in Königsberg. 1922 hauptamtlicher Parteisekretär in Düs- seldorf. Auf dem VIII. Parteitag im Ja- nuar 1923 als Kandidat in den ZA ge- wählt. Seit März 1923 Polleiter des Bezirks Rhein- land-Westfalen-Süd (später Niederrhein) mit Sitz in Düsseldorf. Auch während der Oktoberunruhen 1923 und der folgenden Illegalität der KPD hatte Fugger unter der Oberleitung West (Stoecker in Köln) diese Funktion inne. Anhänger der Mittel- gruppe. Obwohl der Bezirksparteitag im März 1924 eine linke Mehrheit hatte, wurde er bis Juli 1924 in seiner Position belassen, da kein geeigneter Ersatz da war. Nach seiner Ablösung durch Dengel lebte er bis zum »Offenen Brief« in Düsseldorf, ohne eine hauptamtliche Funktion zu haben. Nach dem »Offenen Brief« im September 1925 wieder zur hauptamtlichen Arbeit herangezogen und vom ZK als Instrukteur in verschiedenen Bezirken eingesetzt. Im Februar 1926 löste er Eppstein als Polleiter im Bezirk Nordwest ab, blieb aber selbst nur vier Wochen in Bremen. Schließlich wurde Fugger im Juni 1926 nach Württem- berg berufen, zunächst Kommissar des ZK, dann bis 1928 gewählter Polleiter der KPD Württembergs. Fugger gehörte zu den »Versöhnlern«, des- wegen Ende 1928 als Polleiter abgelöst, kam er 1929 zum Pressedienst der KPD nach Berlin. Nach seiner Selbstkritik wurde er Sekretär der »Roten Hilfe«. 1932 Rück- Fugger/Gäbler 129 kehr nach Stuttgart, aber nur Leiter der »Roten Hilfe« Württembergs. Nach 1933 arbeitete er illegal; im April 1934 in Berlin verhaftet, zu einer längeren Zuchthausstrafe verurteilt und im Zuchthaus Luckau inhaftiert, anschließend kam er ins KZ. Er mußte elf Jahre in Zuchthäusern und KZs verbringen. 1945 aus dem KZ Flossenbürg befreit, trat er der KPD bei. Mitglied des Landesvor- standes Berlin des FDGB, leitete die Schu- lung des FDGB-Berlin. 1950 zum Mitglied des FDGB-Bundesvorstandes gewählt. Von 1952-1960 war er stellvertretender Direk- tor der FDGB-Hochschule »Fritz Heckert« in Bernau bei Berlin. Er lebte zuletzt als Parteiveteran. Fugger erhielt mehrere Aus- zeichnungen, darunter »Banner der Arbeit« und »Vaterländischer Verdienstorden« in Gold. Fugger starb am 24. Dezember 1966 in Ost-Berlin. GÄBEL, Otto (1885-1953) Geboren am 4. Dezember 1885 in Festen- berg (Schlesien); lernte Buchbinder. 1905 in Berlin Mitglied der SPD, Funktionär der Partei. Nach dem Kriegsausbruch schloß er sich den Linken an, auf der Konferenz am 5. März 1915 einer der Initiatoren der Zeitschrift »Die Internationale« und der oppositionellen »Schulungsbriefe« der Nie- derbarnimer SPD-Organisation. Obwohl ursprünglich im Spartakusbund organisiert, schloß er sich der KPD bei ihrer Gründung nicht an, sondern blieb in der USPD. De- legierter des Spaltungsparteitags im Ok- tober 1920 (Mitglied des ZK der linken USPD); auf dem Vereinigungsparteitag im Dezember 1920 in die Zentrale der VKPD gewählt. Im Dezember 1921 protestierte er mit Braß u. a. gegen die Haltung der Zentrale zur Märzaktion und zur KAG, blieb aber in der Partei. 1921/22 verantwortlich für die »Kommunistische Parteikorrespondenz«, Se- kretär der Reichstagsfraktion. 1926-1929 Leiter der Kommunalabteilung des ZK, seit 1921 Stadtverordneter und später Stadtrat in Berlin. Im Jahre 1927 Vorsitzender des Komitees, das ein Denk- mal für Luxemburg und Liebknecht organi- sierte. Vorsitzender der kommunistischen Stadtverordnetenfraktion Berlins und Teil- nehmer des XL Parteitags in Essen. Als 1929 in Berlin der Sklarek-Skandal auf- gedeckt wurde, erhielt Gäbel wegen seiner Verbindung zu Sklarek zunächst eine Rüge und wurde dann am 9. Oktober 1929 we- gen »unproletarischen Verhaltens« aus der KPD ausgeschlossen, da die Partei für »rücksichtslose politische Sauberkeit« kämpfe. Gäbel war ebenso wie der KPD-Stadtver- ordnete Gustav Degner in den Sklarek- Prozeß verwickelt, er wurde am 28. Juni 1932 zu einer Gefängnisstrafe von 1V2 Jahren verurteilt. Nach 1945 lebte er in West-Berlin, wo er am 1. Mai 1953 starb. Politisch war er nicht mehr hervorgetreten. GÄBEL, Otto Max (1889-?) Am 7. Dezember 1889 in Dresden geboren und aufgewachsen. Nach der Schulentlassung bei der Eisenbahn beschäftigt, später Eisen- bahnschaftner. Vor dem Weltkrieg Mitglied der SPD, 1917 Übertritt zur USPD. Nach dem Krieg führend in der USP Sach- sens. Mit dem linken Flügel der USP (De- legierter des Spaltungsparteitags) 1920 Übertritt zur KPD. 1922 in den sächsischen Landtag gewählt, bis 1926 Abgeordneter dieses Parlaments. 1922/23 Leiter des Nachrichtenwesens des KPD-Oberbezirks Mitte (Sachsen). 1925/26 Orgleiter des Be- zirks Ostsachsen (Dresden). Später soll Gä- bel bei der RGO in Berlin tätig gewesen sein. Weitere Daten seines Lebenslaufs lie- ßen sich nicht ermitteln. GÄBLER, Fritz (geb. 1897) Am 12. Januar 1897 in Meißen geboren. Aus einer sozialistischen Arbeiterfamilie i3o Gäbler/Galm stammend, kam er schon als Kind in die Sozialistische Jugendbewegung. Während des Krieges schloß er sich den Linken an. 1919 Mitglied der Freien Sozialistischen Ju- gend und der KPD. Nach der Berufsausbil- dung kurz als Ingenieur tätig, dann Ende 1920 Sekretär der Kommunistischen Jugend in Jena, 1922 in Hamburg, 1923 Mitglied des ZK des KJVD in Berlin. 1923 Vorsitzen- der des KJVD, 1924 von den Linken abge- setzt. 1925 übersiedelte er wieder nach Hamburg, trat in die Redaktion der »Hamburger Volkszeitung« ein, für die er Anfang 1926 verantwortlich zeichnete. Im März 1926 verhaftet und zu einem Jahr Gefängnis verurteilt. Nach der Entlassung im Mai 1927 Redak- teur des »Roten Echo« in Erfurt. 1928 poli- tischer Redakteur an der »Neuen Zeitung« in Jena, deren Chefredaktion er Mitte 1929 übernahm. Im September 1929 erneut zu zwei Jahren Festung verurteilt, nach seiner Entlassung in Thüringen als Leiter der KP Gera tätig. 1932 zog er als Abgeord- neter in den Thüringer Landtag ein. Bis März 1934 verbüßte er eine Haftstrafe, anschließend bis September 1934 im KZ. Erneut illegale Arbeit für die KPD und wieder verhaftet. Am 9. August 1935 in Berlin zu zwölf Jahren Zuchthaus ver- urteilt und erst am 27. April 1945 aus dem Zuchthaus Brandenburg befreit. 1945 Vorsitzender der KPD und dann der SED in Erfurt. 1949/50 stellvertretender Leiter der Hauptabteilung Wissenschaft und Technik im Ministerium für Planung in der DDR. 1950-1952 leitete er das Zentralamt für Forschung und Technik, anschließend eine Abteilung dieser Dienststelle. Im April 1954 berief ihn die SED zum Mit- glied der Zentralen Revisionskommission, deren Vorsitzender Gäbler bis 1967 war. Auf dem VI. SED-Parteitag 1963 gehörte er der Programmkommission an. Gäbler bekam eine Reihe von Auszeich- nungen, darunter den »Vaterländischen Verdienstorden« in Silber, 1965 in Gold, zu seinem 65. Geburtstag den »Karl-Marx- Orden« und 1967 zum 70. Geburtstag die »Ehrenspange« zum »Vaterländischen Ver- dienstorden« in Gold. Er lebte 1969 in Ost- Berlin. GÄSSLER, Ernst (1889-1945) Gäßler wurde am 12. Dezember 1889 in Kirchen-Hausen in Baden geboren, arbei- tete auf dem Hof der Eltern, den er später erbte. Vor dem Krieg Eintritt in die SPD, kam über die USPD zur KPD, für die er 1921 in den Badischen Landtag einzog. Bis 1925 Abgeordneter, dann nicht wieder- gewählt. Von 1929-1932 war Gäßler Leiter eines kommunistisch orientierten Bauernbundes in Baden. 1930 Kandidat auf der Reichs- liste der KPD, aber nicht gewählt. Nach 1933 einige Zeit in Haft, gegen Ende des Krieges noch zum Militär eingezogen und an die Front geschickt. Er starb im April 1945 in einem russischen Gefangen- lager in Debrescin (Ungarn). GALM, Heinrich (geb. 1895) Am 23. Oktober 1895 in Seligenstadt/Main geboren. In seiner Heimat war Galms Va- ter ein bekannter Sozialist und 1. Kandidat der SPD. Auch Heinrich Galm kam früh zur Arbeiterjugendbewegung. Lernte Sattler und arbeitete bis 1916 in seinem Beruf, dann eingezogen und bis 1918 Soldat. 1917 der USP beigetreten. Delegierter des Spal- tungsparteitages der USP in Halle, stimmte für den Anschluß an die Komintern und kam mit dem linken Flügel der USP 1920 zur KPD. Bis 1920 arbeitete Galm in seinem Beruf, dann hauptamtlicher Sekretär des Sattler- und Portefeuillerverbandes in Offenbach. 1924 in den hessischen Landtag gewählt, dem er ununterbrochen bis 1933 angehörte. Auf dem X. KPD-Parteitag in die Ge- werkschaftskommission delegiert. 1927 auf dem Essener Parteitag als Kan- Galm/Gehrmann didat ins ZK gewählt. Galm hatte als Per- son in Offenbach einen überragenden Ein- fluß. Obwohl er in der Hauptsache Ge- werkschafter war und die lokalen Inter- essen ihm bedeutender erschienen als inner- parteiliche Fehden, wandte er sich gegen die Links-Wendung der KPD, die 1928 be- sonders in der Gewerkschaftsfrage begann. Zusammen mit Hausen und Bassüner bil- dete er den rechten Flügel im ZK. Nadi der Wittorf-Affäre wurde Galm, der die ganzen Jahre über Vorsitzender der KPD in Offenbach war, am 20. Oktober 1928 seiner Funktion enthoben. Da er ZK- Kandidat war, konnte nur das EKKI über seinen Ausschluß entscheiden. Deswegen nach Moskau geladen, vertrat er dort im Dezember 1928 gemeinsam mit Hausen den Standpunkt der rechten Opposition. So wie Hausen inzwischen in Breslau »Gegen den Strom« als Organ der Rechten gegründet hatte, konnte Galm die in Offenbach er- scheinende Wochenzeitung »Volksrecht« als sein Sprachrohr benutzen. Anfang 1929 aus der KPD ausgeschlossen hatte Galm jedoch die überwältigende Mehrheit der KP Offenbach hinter sich, die er in die KPO überführte. Daß dies vor allem sein persönlicher Erfolg war, erwies sich in der Folgezeit: im November 1931 gelang es ihm, sein Landtagsmandat wieder zu erringen, diesmal für die KPO. Nach der Spaltung der KPO ging Galm mit der Minderheit zur SAP und wieder hatte er die Mehrheit der Offenbacher Kommuni- sten hinter sich. Im Juni 1932, bei der letzten Landtagswahl in Hessen, kam er - diesmal für die SAP - wieder in den Landtag. In Offenbach war seine Stellung sehr stark, bis 1933 war er Sekretär des Sattlerverbandes. Alle Ver- suche der KPD, ihn abzuwählen, schlugen fehl. So erhielt Galm z. B. im März 1932 446 Stimmen, der Spitzenkandidat der KPD 107 und der SPD-Kandidat 37 Stim- men. Nach 1933 mehrmals verhaftet. Im Juli 1944 wieder inhaftiert, sollte er nach Da- 131 chau kommen. Durch einen glücklichen Zu- fall wurde er jedoch nur einige Monate in Bebra und Darmstadt festgehalten. Sein Freund und Fraktionskollege Angermeier, den man zur gleichen Zeit nach Dachau brachte, fand dort den Tod. 1945 zeigte sich Galm wieder als geschickter Kommunalpolitiker und Gewerkschafter. Er gründete 1946 in Offenbach die »Arbeiter- Partei«, die unter seiner Führung bis zu ih- rer Auflösung im Jahre 1957 eine wichtige Rolle im Stadtrat spielte. Die Arbeiter-Par- tei war die einzige sozialistische Gruppe au- ßerhalb der SPD und KPD, die nach 1945 in Westdeutschland (lokale) Bedeutung er- ringen konnte. Inzwischen gehört Galm der SPD an, er lebte 1969 in Offenbach. GEHRMANN, Karl (1884-1959?) Am 30. April 1884 in Firchesa geboren und dort - in der Nähe von Rathenow - großgeworden, lernte Mechaniker. Arbei- tete einige Zeit als Hornarbeiter in Rathe- now. Trat 1906 der SPD bei und gehörte zu deren linkem Flügel. Als die SPD 1914 die Kriegskredite bewilligte, verließ er die Partei. 1917 Mitbegründer der Spartakus- gruppe. Da er mehrere revolutionäre Re- den hielt, sollte er Soldat werden, aber flüchtete vorher und lebte bis zur Revolu- tion 1918 illegal. Nach der Revolution Mit- glied des Arbeiter- und Soldatenrates in Rathenow. Delegierter auf dem Gründungsparteitag der KPD, Mitbegründer der KPD in Ra- thenow; langjähriger Leiter der örtlichen KPD. Auch auf dem III. Parteitag als Delegierter anwesend. 1921 in den preu- ßischen Landtag gewählt. 1923 Delegierter des Leipziger Parteitags. Gehrmann stand - wie fast der gesamte Be- zirk Berlin-Brandenburg - auf dem linken Flügel der KPD. 1924 wieder in den Land- tag gewählt. Als Mitglied der Bezirkslei- tung Berlin-Brandenburg wandte er sich nach dem »Offenen Brief« zunächst gegen die Komintern. Im September 1927 unter- Gehrmann/Geithner 132 schrieb er noch den »Brief der 700«, den die linken Kommunisten mit Ruth Fischer an der Spitze herausgaben. 1927 gelang es dem ZK, ihn von der Oppo- sition zu trennen. Obwohl die Mehrheit der KPD-Ortsgruppe Rathenow bei den Lin- ken blieb und zum Leninbund überging, entschied sich Gehrmann für die Linie des ZK. Er wurde daher von der KPD 1928 wieder als Kandidat für den preußischen Landtag aufgestellt und gewählt. 1929 UB- Leiter der KPD Berlin-Süd. Einige Jahre war er Parteisekretär der KPD für die Ost- und Westprignitz. 1932 nicht mehr als Kandidat für den Landtag aufgestellt. In den Jahren nach 1933 längere Zeit in- haftiert. Nach 1945 war er einer der Mitbegründer der KPD in Rathenow und gehörte dann der SED an. In den ersten Jahren nach dem Krieg Oberbürgermeister, dann Land- rat von Rathenow; trat später nicht mehr hervor. Gehrmann soll 1959 gestorben sein. GEHRMANN, Karl (1895-?) Geboren am 24. Juni 1895 in Elbing, lernte Stellmacher und war bis zum Krieg als Zimmerer in Elbing tätig. Im Weltkrieg Soldat. Schloß sich der USPD an und kam 1920 mit deren linkem Flügel zur KPD. Bis 1924 Zimmerer, dann hauptamtlicher Funktionär der KPD. Als Anhänger der Linken 1924 Orgleiter in Ostpreußen, dann Sekretär in Elbing. Teilnehmer am IX. und X. Parteitag, auf dem X. Parteitag 1925 in die Mandatsprüfungskommission gewählt. Nach dem »Offenen Brief« 1925 Anhänger der linken Opposition, im Oktober 1926 aus der KPD ausgeschlossen. Gehrmann hatte die Mehrheit der Ortsgruppe Elbing hinter sich und wurde einer der Mitbegrün- der des Leninbundes, in dem er noch bis 1929 aktiv wirkte. Weitere Daten seines Lebenslaufs ließen sich nicht ermitteln. GEITHNER, Otto (1876-1948) Am 23. Mai 1876 in Merseburg geboren. Noch vor der Jahrhundertwende Mitglied der SPD. 1907 in Berlin Expedient des SPD-Verlages, ab November 1907 Redak- teur der sozialdemokratischen Parteikor- respondenz, für den literarischen Teil verantwortlich. Ab 1910 Redakteur und schließlich Chefredakteur des »Gothaer Volksblatt« der SPD, leitete er diese Zei- tung nach Kriegsausbruch im internationali- stischen Sinne. Daraufhin wurde die Zei- tung im Februar 1915 verboten. Geithner war Teilnehmer der Konferenz, die am 5. März 1915 die Herausgabe der »Inter- nationale« beschloß, er stellte später in der Druckerei des »Volksblatts« die illegalen Flugblätter des Spartakusbundes her. 1917 schloß er sich der USPD an. Nach der Revolution gehörte Geithner der ersten Volksregierung von Sachsen-Gotha an, er nahm als deren Vertreter an der Konferenz der deutschen Bundesstaaten Ende November 1919 in Berlin teil. 1919 kam es in der von der USP beherrschten Gothaer Regierung zum Bruch zwischen dem rechten USP-Flügel um Emanuel Wurm und den Linken um Geithner, dieser schied aus der Regierung aus. 1920 war er Delegierter des USP-Spaltungsparteitags, im Dezember 1920 Delegierter des Vereini- gungsparteitages der linken USP mit der KPD. Der Vereinigungsparteitag und auch der Jenaer KPD-Parteitag 1921 beriefen Geithner in den ZA der Partei. Er war 1920 für die USP in den Thüringer Land- tag eingezogen und er wurde auch 1921 und 1924 für die KPD wiedergewählt. Seit 1921 Redakteur, zeitweise Chefredakteur des KPD-Organs »Thüringer Volksblatt«. Geithner zählte zum ultralinken Flügel der KPD. Schon im März 1926 wurde er als einer der ersten Ultralinken aus der Partei ausgeschlossen. Er gründete die Kommuni- stische Arbeitsgemeinschaft, eine ultralinke Gruppe in Thüringen, die zu den Wahlen 1927 eigene Listen aufstellte, aber keinen Erfolg hatte. Geithner schloß sich der Geithner/Gerbig       133 Korsch-Gruppe an, für die er bis Ende der zwanziger Jahre aktiv war. Audi in den dreißiger Jahren sammelten sich die ultralinken Kreise in Gotha und Thüringen um ihn. Am 15. Oktober 1938 wurde er ins KZ Buchenwald eingeliefert, wo er bis Kriegsende inhaftiert war. Nach der Befreiung am 7. Mai 1945 kehrte der hochbetagte Revolutionär nach Gotha zu- rück. Er schloß sich keiner der bestehenden Parteien an. Geithner starb 1948 in Gotha. GENTSCH, Erich (1893-1944) Geboren am 1. August 1893 in Altenburg. Drittes von sieben Kindern eines Metall- schleifers und aktiven SPD-Mitglieds, lernte 1908-1910 in Leipzig Bauschlosser. Trat 19 ii der SPD bei und ging auf Wan- derschaft. Seit 1913 arbeitete er in Stuttgart bei Daimler. Wegen eines Arbeitsunfalls militäruntauglich. Während des Krieges ak- tiver Anhänger der Linken und Mitglied der Spartakusgruppe in Stuttgart. Trat bei Gründung der KPD bei und wurde 1920 Betriebsratsvorsitzender bei Daimler. Ab März 1921 hauptamtlicher Parteifunk- tionär, zunächst als Redakteur in Breslau. Auf dem Jenaer Parteitag 1921 für Schle- sien als Kandidat in den ZA gewählt. 1922/23 Gewerkschaftsredakteur beim Pres- sedienst des ZK, von April bis November 1923 verantwortlicher Redakteur der »Ro- ten Fahne« in Berlin. Im Januar 1924 kam er (unter dem Pseud. Fritz Graichen) als Gewerkschaftsredakteur nach Niedersachsen. Mitte 1924 Chefredak- teur der Parteizeitung in Hannover. 1925 bis 1927 Redakteur an der »Roten Fahne«. 1925 wegen Beleidigung der Regierung zu sieben Monaten Gefängnis verurteilt, die er in Cottbus verbüßte. 1928-1930 Chefre- dakteur des KP-Organs für Pommern »Volkswacht«. 1930 zum Leiter und 1. Se- kretär der RGO in Berlin berufen. Obwohl er nach seinen Angaben nicht zur Neu- mann-Gruppe gehörte, wurde er mit dieser abgelöst. Nach dem Reichstagsbrand verhaftet, von April bis September 1933 im KZ Sonne- burg inhaftiert, dann Emigration. Gentsch war zunächst im Saargebiet, 1935 leitete er von Prag aus die Grenzarbeit der KPD und übernahm dann von April 1936 bis 1939 als einer der wichtigsten KPD-Führer jener Zeit die Abschnittsleitung der KPD in Amsterdam. Teilnehmer an der »Ber- ner« Parteikonferenz der KPD (in Paris). 1938 war ihm die deutsche Staatsangehörig- keit aberkannt worden. Seine Frau war ihm mit zwei Kindern in die Emigration gefolgt. Nach Kriegsausbruch führte er die illegale Arbeit unter dem Namen »Alwin« von Amsterdam weiter und leitete verschiedene nach Westdeutschland geschickte KPD-Em- missäre an. Nach der deutschen Besetzung lebte er als »Tom de Jager« in Amsterdam. Durch die Aussagen Knöchels fiel Gentsch am 23. April 1943 der Gestapo in die Hände, auch seine Frau Erna geb. Kuhn (geb. 9. Juni 1893) wurde verhaftet. Gentsch blieb standhaft und schrieb am 3. März 1944 in einem Brief an seine Frau (der ihr nicht ausgehändigt wurde), er habe den »Kopf noch nicht verloren«. Am 23. Juni 1944 wurde er in Nürnberg zum Tode verurteilt, seine Frau durfte ihn nicht mehr sprechen. Gentsch wurde am 24. August 1944 in Stutt- gart hingerichtet; noch auf dem Schaffott rief er: »Nieder mit Hitler!« Seine Frau Erna kam am 5. Februar 1945 im KZ Ra- vensbrück ums Leben. GERBIG, Max (1884-?) Am 1. Oktober 1884 in Leipzig geboren; erlernte 1898-1902 das Tischlerhandwerk und ging anschließend auf Wanderschaft. Im Weltkrieg Soldat. 1919 Mitglied der USPD, mit deren linkem Flügel 1920 zur KPD. Gerbig übte verschiedene ehrenamt- liche Funktionen aus, er gehörte 1924 zu den führenden Linken der KPD in Leipzig. Mitglied der BL Westsachsen, mit deren 134    Gerbig/Geschke Mehrheit unter Arthur Vogt 1925 Anhän- ger der Ultralinken (später »Weddinger Op- position«). Gerbig, seit 1924 hauptamtlicher Funktio- när, wurde auf dem Essener Parteitag 1927 als Vertreter der Leipziger Gruppe der »Weddinger Opposition« als Mitglied ins ZK gewählt. Er trennte sich Anfang 1928 von der Opposition und ging zur ZK- Mehrheit über. 1929 nicht wieder ins ZK gewählt, wurde er Leiter der Roten Hilfe in Westsachsen, Mitglied der BL der KPD. Nach dem Zusammenschluß des sächsischen Bezirks gehörte Gerbig der UB-Leitung Leipzig an, er war vor allem unter den Arbeitslosen aktiv. Weitere Daten seines Lebenslaufs ließen sich nicht ermitteln. GESCHKE, Ottomar (1882-1957) Geboren am 16. November 1882 in Für- stenwalde/Spree, besuchte die Knaben-Mit- telschule, lernte Schlosser. Anschließend auf Wanderschaft, dann bei der Eisenbahn tätig. 1910 Mitglied der SPD. In Berlin gehörte Geschke zum linken Flügel der SPD. Während des Krieges Leiter eines Jugendheimes in Berlin. Anhänger der Spartakusgruppe, trat 1917 zur USP über. Während der Novemberrevolution in Ber- lin aktiv für die Linke tätig, Mitglied der Revolutionären Obleute, in den Arbeiter- und Soldatenrat gewählt. Seit Parteigrün- dung 1919 in der KPD. Auf dem Jenaer Parteitag 1921 in den ZA gewählt. Geschke wurde 2. Orgsekretär der Berliner Parteiorganisation und 1921 Abgeordneter des preußischen Landtags. 1921 zum Vor- sitzenden des Berliner Eisenbahnerverban- des gewählt, aber vom Hauptvorstand nicht bestätigt. Nach dreimaliger Wahl aus dem Verband ausgeschlossen. In den fol- genden Jahren spielte er als Führer der lin- ken Opposition in der KPD eine Rolle. Auf dem VIII. Parteitag von den Linken als Mitglied der Zentrale vorgeschlagen, aber nicht gewählt. Im Mai 1923 berief ihn der ZA doch - ebenso wie Ruth Fischer, Thälmann und König - in die Zentrale. Während der Vorbereitung des Oktober 1923 gehörte er dem Militärapparat an (Pseudonym: Eisbär), in dem er bis 1926 tätig war. Nachdem die Linken 1924 die Parteifüh- rung übernahmen, wurde Geschke auf dem Frankfurter Parteitag in die Zentrale ge- wählt. Neben Scholem leitete er die Or- ganisationsarbeit der KPD und führte die Bolschewisierung durch. Der V. Weltkon- greß der Komintern 1924 berief ihn als Mitglied und Sekretär ins EKKI-Präsi- dium. Da Scholem 1925 die ultralinke Opposition gegen die Fischer-Führung leitete, über- nahm Geschke hauptverantwortlich die Or- ganisationsarbeit. Auf dem X. Parteitag 1925 vereidigte er mit Vehemenz die Ruth- Fischer-Führung und fuhr den Jugenddele- gierten unter Blenkle grob über den Mund, als diese opponierten. Geschke wurde nun- mehr auch ins Polbüro gewählt. Als die Komintern-Führung mit dem »Offenen Brief« von der Fischer-Führung abschwenk- te, rückte Geschke ebenso schnell von die- ser ab. Er war neben Thälmann und Den- gel der prominenteste Linke, den die Kom- intern gewonnen hatte. Von Dezember 1924 an Mitglied des Reichs- tags, dem er ununterbrochen bis 1932 an- gehörte. 1927 wieder ins ZK gewählt, war Geschke in der Folgezeit verantwortlich für die Funktionärzeitschrift »Der Partei- arbeiter«. Während der Wittorf-Affäre distanzierte er sich von Thälmann, so daß er in den Hintergrund treten mußte. Zwar wurde er auch 1929 wieder ins ZK gewählt, aber in den folgenden Jahren übte er keine wichti- gen Funktionen mehr aus. Im Juli 1932 kam er auch nicht mehr in den Reichstag. Er war einige Zeit in der »Roten Hilfe« führend und wurde vorübergehend der Komintern zur Verfügung gestellt. Am 1. März 1933 verhaftet, verbrachte er über acht Jahre in verschiedenen Zuchthäu- sern, und KZ, darunter Sonneburg, Kös- Geschke/Glatzer 135 lin, Sachsenhausen und Buchenwald. In Bu- chenwald war er Vorsitzender des Inter- nationalen Lagerkomitees und wurde dort 1945 befreit. Im Juni 1945 unterschrieb er als ZK-Mit- glied den 1. Aufruf der KPD. Er wurde Stadtrat des Magistrats von Berlin für So- zialwesen und im Juni 1945 Vorsitzender der ersten BL der KPD Groß-Berlin, aber bald von Waldemar Schmidt abgelöst. Bei Gründung der Vereinigung der Verfolgten des Naziregimes 1947 zum Vorsitzenden dieser Organisation gewählt. In der SED trat Geschke nicht mehr her- vor, er wurde auch niemals Mitglied des Parteivorstandes bzw. des ZK der SED. 1950 kam er in die Volkskammer, der er nur bis 1954 angehörte. Träger des »Va- terländischen Verdienstordens« in Silber. Geschke starb am 17. Mai 1957 an einem Herzschlag in Ost-Berlin, wo er zuletzt als Parteiveteran gelebt hatte. GIWAN, Heinrich (1881-1957) Am 1. August 1881 in Rosendorf gebo- ren, arbeitete er nach der Schulentlassung als Hilfsarbeiter und wurde dann zum Ma- schinisten ausgebildet. Nach Ableistung der Militärzeit Übersiedlung nach Berlin. 1905 Eintritt in die SPD, 1917 Übertritt zur USP, 1920 KPD. Stadtverordneter in Ber- lin, seit 1923 Polleiter des wichtigen Bezirks Wedding. 1924 hauptamtlicher Funktionär, zunächst in der Gewerkschaftsabteilung der Bezirks- leitung Berlin-Brandenburg, dann in der Orgabteilung. Giwan war einer der Wort- führer der Berliner KP in der Ruth-Fi- scher-Ära. Nach der Abspaltung der ul- tralinken Opposition im Mai 1925 aktiver Anhänger dieser Gruppe. Teilnehmer der Erweiterten EKKI-Sitzung im Mai 1925, KPD-Vertreter in der Holländischen Kom- mission und auf der Orgkonferenz der Komintern. Delegierter des X. Parteitags 1925; für die ultralinke Opposition in der Politischen Kommission des Parteitages. Bei der Spaltung der Ultralinken 1926 schloß er sich der »Entschiedenen Linken« von Korsch an. Am 1. Oktober 1926 aus der KPD ausgeschlossen »wegen konter- revolutionärer Handlungen gegen Sowjet- rußland« (er hatte die russsischen Prole- tarier zu verschärftem Klassenkampf und zur Vorbereitung einer zweiten Revolution aufgerufen). Wieder als Arbeiter beschäf- tigt. Giwan trat noch 1926 von der Korsch- Gruppe zur Kommunistischen Arbeiterpar- tei über und war bis 1933 Mitglied der KAP, er zog sich allerdings in den letzten Jahren von der Politik zurück. Da er vor 1933 von Wedding nach Span- dau verzogen war, blieb den örtlichen NS- Stellen seine politische Einstellung unbe- kannt, er entging dadurch NS-Verfolgun- gen. Nach 1945 betätigte er sich nicht mehr po- litisch. Giwan lebte als Rentner in West- Berlin, wo er am 26. Februar 1957 starb. GLATZER, Helene (1902-1935) Geboren am 8. Februar 1902 in Weinböhla (Sachsen). Die Eltern waren seit 1905 Mit- glied der SPD. Da der Vater früh verstarb, mußte die Mutter beide Töchter erziehen. In Not aufgewachsen, schloß sich Helene Glatzer 1921 dem Kommunistischen Ju- gendverband Deutschlands an. Sie arbeitete als Kontoristin in Dresden und war die Ernährerin der Familie. Funktionärin des KJV in Ostsachsen. 1922 Eintritt in die KPD, 1925 verantwortlich für Frauenarbeit in der Bezirksleitung der KPD Ostsachsen (Dresden), aktiv im »Roten Frauen- und Mädchenbund«. 1926 Abgeordnete des sächsischen Landtags (sie rückte nach, weil Ewert nicht gewählt werden konnte) und hauptamtliche Funk- tionärin. Bis Ende 1929 im sächsischen Par- lament und in der Bezirksleitung Ost- sachsen. 1930 nach Moskau delegiert, wo sie zu- nächst im Büro der Komintern arbeitete 13 6 Glatzer/Gmeiner und dann über drei Jahre an der Lenin- Schule studierte. Anfang 1935 zur illegalen Arbeit nach Deutschland zurückgeschickt. Es gelang der Gestapo, Helene Glatzer in Halle zu verhaften. Wenige Tage nach der Festnahme wurde sie in Gestapohaft er- mordet und am 6. Februar 1935 in Halle beigesetzt. GLOBIG, Fritz (geb. 1892) Als Sohn eines Schneidermeisters, der spä- ter in einer Maschinenfabrik arbeitete und elf Kinder hatte, am 25. Januar 1892 in Leipzig geboren, verlebte Globig eine harte Kindheit. Von einer Straßenbahn wurde dem 4jährigen der rechte Unterarm abgefah- ren. Obwohl seine Mutter streng christlich war, kam er über die Gewerkschaft bald zur sozialistischen Jugendbewegung. Von April 1906 bis 1910 Lehre als Chemi- graph in einer Graphischen Kunstanstalt in Leipzig. 1908 Eintritt in die Gewerkschaft und Sozialistische Jugend. Nach der Lehre auf Wanderschaft. 1911 Arbeit in Stutt- gart, dann in Dresden und Genf. Bei Kriegsausbruch nach Berlin, aktiv in der sozialistischen Jugendorganisation für die Spartakusgruppe tätig. Als Vertreter der oppositionellen Sozialistischen Jugend Ber- lins Teilnehmer der Gründungskonferenz der Spartakusgruppe im Januar 1916, der Reichskonferenz im Oktober 1918 und des Gründungsparteitages der KPD. Als Ju- genddelegierter in die Programmkommis- sion gewählt. 1919 erschien seine Schrift »Was wir wollen« im Verlag der »Jungen Garde«. Gemeinsam mit Leo Flieg und Fritz Heilmann im August 1919 als Ver- treter der »Freien Sozialistischen Jugend« zur Internationalen Jugendkonferenz dele- giert. Arbeitete in der Leitung der FSJ, die sich im September 1920 in Kommuni- stische Jugend Deutschlands umbenannte, Redakteur ihres Organs »Junge Garde«. Globig nahm am III. Parteitag der KPD 1920 und am VII. Parteitag 1921 in Jena teil. 1922 arbeitete er bei der diplomati- schen Vertretung der RSFSR in Berlin. 1923 Redakteur der Bremer »Arbeiterzei- tung«, die er seit Mitte 1923 als Chefredak- teur leitete. Seit 1923 Mitglied der Bremer Bürgerschaft. Auf dem Bezirksparteitag 1924 in Bremen stimmte Globig für die Brandler-Richtung, ging dann aber im Mai 1924 zu den Linken über und wurde unter Eppstein als einziger der früheren Bremer BL übernommen. Er blieb Chefredakteur und Mitglied der Be- zirksleitung. Im Mai 1926 als Redakteur an die »Säch- sische Arbeiterzeitung« nach Leipzig ver- setzt, verantwortlich für Politik. 1929 über- nahm er einige Zeit die Chefredaktion des Blattes und kam anschließend an die »Rote Fahne« nach Berlin. Ende 1930 nach Moskau ins ZK der »In- ternationalen Arbeiterhilfe« berufen. Nach 1933 blieb er als Emigrant in Moskau. Während der Stalinschen Säuberungen 1937 verhaftet und in verschiedenen Zwangs- arbeitslagern festgehalten. Globig kam erst 1955 nach Deutschland zu- rück. Er wurde hauptamtlicher Mitarbeiter der SED-Bezirksleitung Leipzig, vor allem in der »Bezirkskommission zur Erforschung der Geschichte der örtlichen Arbeiterbewe- gung« tätig. 1958 veröffentlichte er ein Erinnerungsbuch »... aber verbunden sind wir mächtig«. 1958 erhielt er den »Vaterländischen Ver- dienstorden« in Silber, zum 70. Geburtstag 1962 den »Karl-Marx-Orden« (dabei be- stätigte ihm die Bezirksleitung der SED, »unter zum Teil schwierigsten persönlichen Bedingungen« gekämpft zu haben). Mit- arbeiter des Autoren-Kollektivs der acht- bändigen »Geschichte der deutschen Arbei- terbewegung«. Globig lebte 1969 als Par- teiveteran in Leipzig, er war Delegierter des VII. SED-Parteitages 1967. GMEINER, Paul (1892-1944) Am 26. August 1892 in Afferde (West- falen) geboren, lernte Dreher und siedelte Gmeiner/Gohl 137 nach Braunschweig über, wo er 1912 der SPD beitrat und 1917 zur USPD über- wechselte. Aktiver Funktionär der USP, Gewerkschaftssekretär, Delegierter auf dem USP-Parteitag im März 1919. Mitglied des Beirates der USP, nahm am Vereinigungs- parteitag von linker USP und KPD teil. Führender Funktionär der KPD in Braun- schweig. 1923 vor allem mit dem Aufbau der militärischen Organisation und dem Kauf von Waffen für die Bezirksleitung Niedersachsen beauftragt. Deswegen im November 1923 verhaftet und im Septem- ber 1924 zu drei Jahren und neun Monaten Gefängnis verurteilt. Da er inzwischen zum Abgeordneten des Landtags von Braun- schweig gewählt worden war, 1926 aus dem Gefängnis entlassen. Von 1926-1929 Leiter der KPD in Braun- schweig, bis 1933 Abgeordneter des Braun- schweiger Landtags. Bis 1928 auch für den RFB in Braunschweig verantwortlich. 1933 Führer der illegalen Arbeit der KPD in Braunschweig, von der Polizei gesucht. Nach seiner Verhaftung Ende 1933 schwer mißhandelt, Überführung ins KZ Sachsen- hausen, wo er als Blockältester der Baracke 53 von seinen Mitgefangenen aller Rich- tungen sehr geachtet wurde. Gmeiner kam am 18. April 1944 bei einem Bombenangriff auf das Außenkommando Heinkel des KZ Sachsenhausen ums Leben. GÖTZ, Joseph (1895-1933) Als uneheliches Kind am 15. November 1895 in München geboren, verlebte er eine schwere Kindheit, lernte Schlosser. 1914 zum Militär eingezogen, machte den Krieg als Heizer bei der Marine mit. Als Ober- heizer auf der »Nassau« spielte er bei der Matrosen-Meuterei im Jahre 1917 eine füh- rende Rolle. Er wurde deswegen am 6. De- zember 1917 zu sechs Jahren Zuchthaus verurteilt und erst durch die November- revolution 1918 befreit. Götz kehrte nach München zurück und schloß sich dem Spartakusbund und dann der KPD an. In München gehörte er zu der Matrosenkompanie, die sich für die Räte- republik einsetzte. Im Mai 1919 in Nürn- berg verhaftet, weil er eine Demonstration gegen die Erschießung von Kommunisten organisiert hatte. Nach der Entlassung ar- beitete er bis 1922 als Schlosser bei den BMW, wurde dann erwerbslos und im Fe- bruar 1923 von der KPD als Sekretär für Gewerkschaftsfragen bei der Bezirksleitung Südbayern hauptamtlich angestellt. Von Oktober 1923 bis April 1924 in Schutzhaft, im Juli 1924 erneut zu sechs Monaten Gefängnis verurteilt. Mitte 1924 Orgleiter der KPD Südbayern, als Ab- geordneter in den Bayerischen Landtag ge- wählt. Am 16. Februar 1925 auf der Süddeut- schen Konferenz der KPD zusammen mit vielen anderen kommunistischen Funktio- nären verhaftet. Wegen Weiterführung der in Bayern noch immer illegalen KPD in Untersuchungshaft gebracht (zusammen mit dem Polleiter Schlaffer) und trotz seiner Immunität bis Dezember 1925 in Stadel- heim festgehalten. Vom 18.-21. Januar 1926 Prozeß vor dem Reichsgericht in Leip- zig. Wegen Tätigkeit für die verbotene KPD zu drei Jahren und drei Monaten Ge- fängnis verurteilt. Da der Landtag im Juni 1926 seine Immunität aufhob, flüchtete Götz für einige Zeit nach Moskau und legte von dort aus auch im Januar 1927 sein Mandat nieder. Nach der Amnestie 1928 kehrte er nach Deutschland zurück. Erneut in den Bayerischen Landtag gewählt, arbei- tete er wieder als Orgleiter der KPD in Südbayern. Im März 1933 verhaftet und nach Dachau gebracht. Götz wurde von der SS un- menschlich gefoltert und nach der Flucht von Hans Beimier am 7. Mai 1933 erschos- sen. GOHL, Max Paul (1886-1951) Am 18. April 1886 in Rixdorf (Berlin) geboren. Vier Jahre Metalldrückerlehre, 13 8    Gohl/Goldenbaum 1906-1908 Militärdienst. 1910 Mitglied der SPD. Im August 1914 eingezogen, 1917 an der Westfront verschüttet, als Kriegs- beschädigter entlassen. 1917 Mitglied der USPD. Bis 1919 als Eisendreher beschäftigt. 1920 hauptamtlicher Gewerkschaftssekretär, Sekretär der Metalldrücker im DMV Ber- lin. Mit der linken USP 1920 zur KPD. Gohl verlor 1923 seine Gewerkschaftsposi- tion. 1924 wurde er Mitglied der BL Ber- lin-Brandenburg der KPD. Nach der Ab- setzung Ruth Fischers wählte ihn der Berliner Bezirksparteitag 1925 (zusammen mit Kasper) gegen die vom ZK vorgeschla- genen Kandidaten Frenzel und Kühn zum Sekretär für Gewerkschaftsfragen bei der BL. Gohl hielt sich bei den Fraktionsaus- einandersetzungen zurück. Er schied wegen Krankheit im April 1928 aus der BL Ber- lin-Brandenburg aus. Im Juni 1930 wurde er Angestellter der »Inprekorr«, 1931 Re- dakteur dieser Kommunistischen Pressekor- respondenz. Im März 1932 wurde er zu acht Monaten Festungshaft verurteilt. 1933 illegal für die KPD tätig, wurde Gohl verhaftet, er wurde zehn Jahre in verschie- denen KZs festgehalten. 1945 schloß er sich der KPD und 1946 der SED an. Er übte verschiedene Funktionen aus und war von 1948 an in der staatlichen Handelsorganisa- tion HO tätig. Gohl lebte in West-Berlin (Zehlendorf), er starb nach kurzer Krank- heit in einem Ost-Berliner Krankenhaus am 25. Januar 1951. GOHR, Theodor (1881-1950) Am 23. März 1881 in Osche (Krs. Schweiz/ Westpreußen) geboren, kam in jungen Jah- ren nach Niedersachsen. Im Weltkrieg Sol- dat, nach dem Krieg Maschinenarbeiter in Hannover. Mitglied und Funktionär der USPD. 1920 mit der linken USP zur KPD übergetreten, Anhänger des linken KPD- Flügels. 1921-1923 Mitglied des ZA für Niedersachsen. 1924 Delegierter des IX. Parteitages in Frankfurt, wandte sich Gohr besonders ra- dikal gegen die von der Komintern gefor- derte Gewerkschaftslinie und trat für selb- ständige kommunistische Gewerkschaften ein. Im Mai 1924 als Kandidat der KPD zur Reichstagswahl aufgestellt (Platz 2, hinter Katz im Wahlbezirk Südhannover- Braunschweig), aber nicht gewählt. Zum Vorsitzenden der KPD Hannover berufen, war er von Mitte 1924 an auch Sekretär der Bezirksleitung Niedersachsen. Ende 1924 für einige Monate Orgleiter von Nieder- sachsen. Gohr war Ultralinker und aktiver Anhän- ger von Iwan Katz. Im Frühjahr 1925 des- wegen aus der BL entfernt, konnte er aber seine Position in der KPD Hannover hal- ten. Er organisierte im Januar 1926 den Sturm der Ultralinken auf den Sitz der Be- zirksleitung und wurde deshalb zusammen mit Katz aus der KPD ausgeschlossen. Gohr wurde Mitbegründer des »Spartakus- bundes Nr. 2«. Ende 1926 legte er - ge- meinsam mit Karwahne - sein Stadtver- ordnetenmandat nieder. Da Katz jedoch sein Mandat behielt, schied Gohr, der nun auch den Parlamentarismus ablehnte, aus dem Spartakusbund aus. Er näherte sich der KAP an, trat aber politisch nicht mehr hervor. Er war bis zu seiner Pensionierung 1946 als Arbeiter beschäftigt, während der Hitler-Zeit wegen seiner Vergangenheit überwacht. Gohr starb am 2. Januar 1950 in Hannover. GOLDENBAUM, Ernst (geb. 1898) Als Sohn eines Arbeiters am 15. Dezem- ber 1898 in Parchim (Mecklenburg) gebo- ren, von 1914-1917 landwirtschaftliche Lehre, dann Soldat. 1919 Mitglied der USP, kam mit deren linkem Flügel 1920 zur KPD. 1921 in die Bezirksleitung der KPD Meck- lenburg gewählt, seit dieser Zeit hauptamt- lich für die KPD tätig. 1922-1925 Stellver- tretender Vorsitzender der KPD-Stadt- verordnetenfraktion und Ortsleiter des ADGB in Parchim. 1924 zog er als KPD- Goldenbaum/Goldhammer 139 Abgeordneter in den Landtag von Meck- lenburg-Schwerin ein, dem er bis 1926 und dann wieder von 1929-1932 angehörte. 1927 Unterbezirkssekretär in Rostock. Mitte des gleichen Jahres übernahm er die Redaktion des Mecklenburger KP-Organs »Volkswacht«. 1929-1932 Sekretär der KPD, dann verhaftet und 1933 erneut fest- genommen. Nach der Freilassung 1934 Landwirt, dazwischen nochmals in Haft. 1936 und 1944/45 im KZ Neuengamme. Er war einer der wenigen, die sich im Mai 1945 von dem mit KZ-Häftlingen überfüll- ten und bombardierten Schiff »Cap Ar- cona« retten konnten. 1945 Bürgermeister in Parchim, 1945/46 Geschäftsführer der Lan- deskommission für die Bodenreform in Mecklenburg, Ministerialdirektor im Land- wirtschaftsministerium Mecklenburg. Goldenbaum wurde von der KPD/SED für die Arbeit in anderen Organisationen ab- gestellt. Zunächst kam er als Abgeordneter der Vereinigung der gegenseitigen Bauern- hilfe (VdgB) in den Mecklenburger Land- tag. 1949 wurde er Mitgründer und Vor- sitzender der »Demokratischen Bauernpar- tei Deutschlands«. Seit 1950 Abgeordneter der Volkskammer. 1949/50 Minister für Land- und Forstwirtschaft der DDR und für die Bauernpartei Stellvertretender Mi- nisterpräsident. Er ist weiterhin stellvertre- tender Vorsitzender des VdgB und Mitglied des Präsidiums der Volkskammer, aller- dings gehört er dem im November 1960 geschaffenen »Staatsrat« nicht an, obwohl er Vorsitzender der Bauernpartei geblieben ist. Mit zahlreichen Orden, darunter 1965 die Ehrenspange zum »Vaterländischen Ver- dienstorden« in Gold, ausgezeichnet. GOLDHAMMER, Bruno (geb. 1905) Geboren am 10. Februar 1905 in Dresden, Besuch eines Gymnasiums in Dresden, Aus- bildung im Buchhandel, dann Volontär und Redakteur. 1920 Mitglied der Kommuni- stischen Jugend, 1923 der KPD. 1927 Redakteur an der Dresdener KPD- Zeitung »Sächsische Arbeiterstimme«. In den Auseinandersetzungen mit den »Rechten« in Sachsen radikaler Anhänger des stalini- stischen Flügels, übernahm 1929 (als Nach- folger Renners, Goldhammers ehemaligem Mentor) die Chefredaktion der Dresdener KPD-Zeitung. Im Januar 1930 zu einem Jahr Festung verurteilt, 1931-1933 Redak- teur in Chemnitz und journalistischer Par- lamentsberichterstatter im sächsischen Land- tag. 1933 emigrierte er - als Jude besonders gefährdet - nach Prag; 1936 von Ulbricht in die Schweiz abgeschoben. Dort war er längere Zeit inhaftiert und interniert. 1945 kehrte Goldhammer nach Deutschland zurück und wurde KPD-Sekretär in Mün- chen. Im Juni 1946 von der US-Regierung wegen Kritik an der Besatzungsmacht kurze Zeit inhaftiert. 1947 nach Berlin ge- holt, Mitglied der SED, Mitarbeiter der Deutschen Verwaltung für Volksbildung, 1948 Chefredakteur des Berliner Rund- funks, 1949 Abteilungsleiter im Amt für Information in Ost-Berlin. Am 24. August 1950 aus der SED aus- geschlossen und in der Erklärung über Ver- bindungen deutscher Emigranten mit Noel H. Field als der »Hauptschuldige für das Eindringen Noel H. Fields in die deutsche Emigration in der Schweiz« bezeichnet. Vor allem wurde ihm vorgeworfen, »nicht be- hilflich« bei der »Klärung« der Dinge und »unaufrichtig gegenüber der Partei« ge- wesen zu sein. Goldhammer wurde verhaf- tet, er war mehrere Jahre in sowjetischen Gefängnissen. Nachdem sich die Field-Affäre durch die Enthüllungen in Ungarn und Polen als sta- linistische Fälschung erwies, wurde Gold- hammer 1956 rehabilitiert. Er blieb in der DDR und wurde wieder in die SED auf- genommen. Seit 1956 ist er Redakteur der Zeitschrift »Zeit im Bild« in Dresden. Im März 1965 mit dem »Vaterländischen Ver- dienstorden« in Silber ausgezeichnet. 140 Golke/Gostomski GOLKE, Arthur (1886-1937?) Am 14. Oktober 1886 in Danzig geboren, übersiedelte er nach seiner Lehre als Dreher nach Berlin; trat 1908 der SPD bei, zu deren linkem Flügel er gehörte. Während des Krieges schloß er sich der Spartakus- gruppe an und war seit Gründung der KPD deren Mitglied. Delegierter auf dem III. Parteitag 1920, wurde dort in die Man- datsprüfungskommission gewählt. Goike spielte zusammen mit seinen zwei Brüdern in der Berliner Parteiorganisation eine beachtliche Rolle. Von 1922-1925 als Kassierer Mitglied der Berliner Bezirkslei- tung. Im Januar 1923 ging er mit Ruth Fischer eine Scheinheirat ein, damit diese die deutsche Staatsangehörigkeit erhielt. Im Dezember 1924 als Abgeordneter in den preußischen Landtag gewählt, dem er bis 1933 angehörte. 1925 als Nachfolger Artur Königs Hauptkassierer des ZK und 1925 Mitglied des ZK. Auf dem Essener Parteitag 1927 erneut ins ZK gewählt, in das er auch 1929 wieder auf genommen wurde. In der Eröffnungssitzung des preu- ßischen Landtags im Juni 1928 schlug der robuste Goike den Landtagsabgeordneten Dr. Ponfick zusammen, ein deswegen gegen ihn eingeleitetes Verfahren wurde später eingestellt. Bis 1933 hatte er die Kasse des ZK der KPD unter sich. Im März 1933 mußte er emigrieren, da er in Berlin zu be- kannt war. Goike lebte zunächst in Paris, dann über- siedelte er in die Sowjetunion. In den Sta- linschen Säuberungen 1937 verhaftet und seither verschollen. GOLLMICK, Walter (1900-1945) Am 4. Oktober 1900 in Berlin-Schöneberg geboren, ging nach dem Besuch der Real- schule in die kaufmännische Lehre und war anschließend kaufmännischer Angestellter. Nach der Revolution Mitglied der Kommu- nistischen Jugend (Freie Sozialistische Ju- gend), seit 1920 Mitglied der KPD. Als Vertreter der Reichszentrale der Kom- munistischen Jugend unterschrieb er im De- zember 1921 einen Protest gegen die Hal- tung der KPD-Zentrale zur KAG (zusam- men mit Braß), blieb aber in der KJ und nahm verschiedene Funktionen hauptamtlich wahr. Seit 1921 Stadtverordneter in Ber- lin. Längere Zeit für Agitproparbeit in der Zentrale des KJVD verantwortlich. 1926 unter dem Pseud. »Kanzai« Redak- teur in Suhl. Sein Versuch, den Einfluß Heyms am ultralinken Suhler »Volkswil- len« einzudämmen, mißlang. 1927 Delegierter des Essener Parteitags, 1928 Agitpropsekretär der Bezirksleitung Ruhr in Essen. Anfang 1929 ins ZK nach Berlin geholt, um in der Agitpropabteilung eine verantwortliche Tätigkeit zu überneh- men. Bis 1933 übte er im ZK verschiedene wichtige Funktionen aus. Nach 1933 enger Mitarbeiter von John Schehr, bis zu dessen Verhaftung. 1934 Emigration, Grenzarbeit in Dänemark, wo er nach der deutschen Besetzung verhaftet wurde. Ende 1941 befand sich Gollmick in »Schutzhaft« in Hamburg, er wurde 1944 entlassen, stand aber unter Polizeiauf- sicht. Gollmick starb am 15. Februar 1945 in Hamburg. Einzelheiten über seinen Tod sind nicht bekannt. GOSTOMSKI, Hans (1898-?) Geboren am 12. September 1898 in Berlin, besuchte die Stadtschule in Lenzen/Elbe und studierte am Seminar für orientalische Sprachen in Berlin. Anschließend kauf- männischer Volontär, kam 1918 an die Front, wo er schwer verwundet wurde. Gostomski gehörte dem Soldatenrat des XX. Armeekorps an. 1919 Korrespondent beim Berliner Magistrat, Mitglied der USPD und 1920 der KPD. 1922 Übersied- lung nach Hamburg, wo er als Expedient arbeitete und 1924 in die Hamburger Bür- gerschaft gewählt wurde. Gauleiter und Se- kretär des kommunistischen »Internationa- len Bundes der Opfer des Krieges und der Arbeit«. Gostomski/Gräf Im April 1925 legte er »wegen persönlicher Verfehlungen« sein Mandat in der Bürger- schaft nieder, er wurde nach Berlin versetzt. Gostomski gehörte der linken Opposition an und war Intrigen zum Opfer gefallen. 1927 Austritt aus der KPD, in verschie- denen linken Gruppen tätig. Einer der Mit- gründer der Berliner SAP, zeitweilig Lei- ter der SAP Berlin und ihr Kandidat bei Wahlen. Nach 1933 mehrmals verhaftet. 1945 wieder in Hamburg. Von der britischen Militärbehörde im Februar 1946 in die erste (ernannte) Hamburger Bürgerschaft berufen, die bis zur Wahl im Oktober 1946 fungierte. Gehörte keiner Partei mehr an. Weitere Daten seines Lebenslaufs ließen sich nicht ermitteln. GRADE, Alfred (geb. 1899) Am 25. Dezember 1899 in Halle geboren, Sohn eines Ingenieurs. Besuch des Gym- nasiums. 1917 zum Militär eingezogen, bis Kriegsende Flieger. Grade, der sich bereits 1916 an Demonstrationen gegen den Krieg beteiligt hatte, schloß sich bei Kriegsende der Sozialistischen Proletarierjugend (USP) an. Er trat als Volontär in die Volksbuch- handlung Halle ein. Mitglied der USPD, mit deren linkem Flügel 1920 zur KPD. Bis 1925 Leiter der Volksbuchhandlung Halle und deren Filiale im Bezirk Halle-Merse- burg. Im April 1925 verurteilte ihn der Gerichtshof zum Schutz der Republik we- gen eines Zeitungsaufsatzes gegen Hjalmar Schacht zu 20 Monaten Festungshaft. 1926 amnestiert, berief ihn die KPD in die Redaktion des »Klassenkampf« in Halle. 1928 übernahm er die Chefredaktion des »Klassenkampf«. Er zählte zu den Ver- söhnlern, trennte sich aber Anfang 1929 von ihnen. Anfang 1930 zum stellvertre- tenden Chefredakteur der »Roten Fahne« nach Berlin berufen, aber Ende 1930 wegen Eintretens für die »Einheitsfront um jeden Preis« in die Provinz verschickt. Von 1931 bis Herbst 1932 Chefredakteur der »Süd- deutschen Arbeiterzeitung« in Stuttgart. 141 1933 einer der Leiter der illegalen Organi- sation in Mitteldeutschland, zu der auch SAP- und SPD-Mitglieder zählten. Am 25. November 1933 verhaftet, nach län- gerer Einzelhaft ins KZ übergeführt. 1938 heftige Auseinandersetzungen mit der ille- galen kommunistischen Lagerleitung im KZ Buchenwald, damals erfolgte sein Bruch mit der KPD. 1939 aus dem KZ entlassen, blieb er unter Gestapoaufsicht. Er arbeitete bis Kriegsende in einer Fabrik. 1945 schloß er sich der SPD an, er ließ sich als selb- ständiger Buchhändler nieder; 1969 wohnte er bei Frankfurt am Main. GRÄF, Hugo (1892-1958) Geboren am 10. Oktober 1892 in Rehe- städt (Thüringen), lernte Schlosser und ging auf Wanderschaft. Nach der Militärzeit wieder als Schlosser beschäftigt, bei Kriegs- ausbruch eingezogen, kam an die Front, von der er schwerverwundet heimkehrte. Gräf schloß sich 1917 der USPD an. Ar- beitete als stellvertretender Meister in Er- furt. Mitglied der Spartakusgruppe, füh- rend beim Januarstreik 1918. 1919 Mitglied der KPD. Seit 1920 in Thüringen im »Internationa- len Bund der Opfer des Krieges und der Arbeit« hauptamtlich tätig, dann bis 1927 in Hamburg. 1927-1933 als Nachfolger Tiedts Vorsitzender dieser Organisation. 1928 KPD-Abgeordneter des Reichstags, dem er bis 1933 angehörte. 1933 verhaftet und 2V2 Jahre im KZ Sach- senhausen festgehalten. Nach seiner Freilas- sung Emigration nach Prag, 1938 nach Eng- land. Im Exil leitete er die »Rote Hilfe«. In England wirkte er auch in den verschie- denen »Einheitskomitees«. 1945 Rückkehr nach Deutschland, Mitglied der KPD bzw. SED. Längere Zeit im Ge- sundheitswesen der sowjetisch besetzten Zone tätig. 1950 als Mitglied in den FDGB-Bundesvorstand gewählt. Von 1955 bis zu seinem Tode war er Mitglied der SED-Kreisleitung in Gotha. Zum 65. Ge- 142 Gräf/Grobis burtstag wurde ihm 1957 der »Vaterlän- dische Verdienstorden« in Silber verlie- hen. Gräf starb am 23. Oktober 1958 in Gotha. GRASSE, Paul (1883-1946) Am 23. Dezember 1883 in Dahme (b. Jü- terbog) geboren. Nach der Lehre als Schlos- ser auf Wanderschaft. Ließ sich in Berlin nieder, wo er der SPD beitrat. Lange Jahre als Kaufmann beschäftigt, nach dem Krieg arbeitete er wieder als Schlosser. 1917 Mitglied der USPD, mit deren linkem Flügel 1920 zur KPD. Seit 1925 gehörte Grasse der KPD-Bezirksleitung Berlin- Brandenburg an. Auf dem XL Parteitag 1927 als Kandidat ins ZK gewählt. Er war auch in der Politischen Kommission dieses Parteitags. 1928 Abgeordneter des preußischen Land- tags, gleichzeitig hauptamtlicher Sekretär, zunächst UB-Leiter in Berlin-West, leitete dann in der Berliner Bezirksleitung bis 1932 die Kommunalabteilung. 1932 nicht mehr in den Landtag gewählt, in die RGO ver- setzt. Im Februar 1933 verhaftet, im Columbia- haus Berlin schwer mißhandelt. 1934 irr- tümlich aus dem KZ entlassen. Lebte V2 Jahr illegal in Berlin verborgen, dann Emigration. Zunächst in Prag Generalagent für die »Deutsche Volkszeitung«. 1937 Übersiedlung nach Paris. Nach der deut- schen Besetzung Frankreichs arbeitete Grasse illegal in Paris. Im November 1943 von der Gestapo verhaftet, ins KZ Buchen- wald gebracht und wieder schwer miß- handelt. 1945 befreit, kehrte er im Juni 1945 als kranker Mann nach Berlin zurück. Grasse starb am 24. Januar 1946 in Berlin an den Folgen der KZ-Haft. GREINER, Daniel, Dr. phil., (1872 bis 1943) Am 27. Oktober 1872 in Pforzheim ge- boren, studierte nach Abschluß des Gym- nasiums Theologie und Philosophie. Nach dem Studium und der Promotion 1897 Rektor und Hilfsgeistlicher (Assistent) in Schotten (Oberhessen). 1902 Bruch mit der Kirche. Greiner, zuletzt als Pfarrer tätig, schied aus seinem Amt aus. Von 1903-1906 lebte er in Schotten als Bildhauer und Maler, siedelte dann in die Künstlerkolonie Darmstadt über. Vor dem Ersten Weltkrieg Mitglied der SPD, 1917 Übertritt zur USPD. Greiner stand auf dem linken Flügel der Partei und kam 1920 zur KPD. Delegierter auf dem Vereini- gungsparteitag im Dezember 1920 für den Bezirk Hessen. Bis zu seinem Tode in Ju- genheim/Bergstraße wohnhaft. Im Juni 1924 rückte er für Ebner, der in den Reichstag einzog, in den hessischen Landtag nach. Im Dezember 1924 in den Landtag gewählt, spielte Greiner dort bis 1927 eine achtunggebietende Rolle. 1926 wurde ein Verfahren wegen Vorbereitung zum Hochverrat, das seit 1923/24 gegen Greiner lief, durch eine Amnestie einge- stellt. Greiner neigte zum linken Parteiflügel und war besonders 1925 sehr rührig, zog sich aber nach 1926 von der aktiven Politik zu- rück und trat nicht mehr in Erscheinung. Eine Tochter Dr. Greiners heiratete 1925 den KPD-Funktionär Fladung. Greiner starb am 8. Juni 1943 in Jugen- heim/Bergstraße. GROBIS, Paul (1894-1943) Geboren am 3. Juni 1894 in Neudörfel (Böhmen), wuchs in Berlin-Wedding auf und lernte Schlosser. Als Soldat Teilneh- mer des Ersten Weltkriegs. Nach dem Krieg Mitglied der USPD, mit deren linkem Flü- gel er 1920 zur KPD ging. Arbeitete als Schlosser, Funktionär der KPD. Org- und Polleiter etlicher Berliner Bezirke, seit 1923 im hauptamtlichen Parteiapparat. Nachdem die Linken die Parteiführung innehatten, kam Grobis als Ruth-Fischer- Grobis/Grönsfelder 143 Anhänger im Mai 1924 nach Hannover, um im Bezirk Niedersachsen die Funktion des Orgleiters zu übernehmen. Im Oktober 1924 verhaftet, aber nach kurzer Zeit wie- der entlassen. Während der Auseinandersetzungen mit den Ultralinken in Niedersachsen (Katz, Gohr usw.) war Grobis Anhänger der Fi- scher-Zentrale. Nach dem »Offenen Brief« schwenkte er zur Thälmann-Führung über. 1926 aus Hannover abberufen. Einige Zeit in Berlin, dann Parteisekretär in Frank- furt/Oder und Berlin-Brandenburg-Ost. 1928 Abgeordneter des preußischen Land- tags, dem er bis 1932 angehörte. Aus Frank- furt/Oder verschwand Grobis im Februar 1930, wahrscheinlich nahm er an einem Kurs der Lenin-Schule in Moskau teil. 1931 wurde er als Nachfolger Schuberts Polleiter des Bezirks Ostpreußen, Mitte 1932 kam er zurück in den zentralen Par- teiapparat. Nach dem Verbot der KPD arbeitete er noch einige Monate illegal im Verbindungs- wesen, wodurch sich seine Kenntnisse der KPD-Organisation erweiterten. 1934 von Werner Kraus denunziert, verhaftet und während der Haft von Kraus bearbeitet trat er in den Dienst der Gestapo, die mit seiner Hilfe vor allem in Ostpreußen viele KPD-Funktionäre verhaften konnte. Im Zweiten Weltkrieg Soldat, fiel Grobis am 26. November 1943 an der Ostfront. GRÖNSFELDER, Karl (1882-1964) Am 18. Januar 1882 in Frankfurt/Main als Sohn einer Köchin und eines Dieners und Kutschers geboren, verbrachte die Kindheit bei den Großeltern im württem- bergischen Landstädtchen Bartenstein. Nach dem Besuch der Landschule das Mecha- nikerhandwerk erlernt. Von 1900-1903 arbeitete er in Frankfurt, Köln, Düsseldorf, Siegburg und Krefeld. 1903 Übersiedlung nach Nürnberg, wo er bis zu seinem Tode wohnte. Im Jahre 1908 trat Grönsfelder der SPD und dem Metallarbeiterverband bei. 1910 bis 1913 gehörte er zum Zirkel junger Ge- nossen, die sich mit sozialistischer Literatur befaßten und Anhänger Rosa Luxemburgs waren. Während des Krieges bei MAN re- klamiert, schloß er sich 1917 der USP an und wurde 1919 einer der Mitgründer der KPD (Spartakusbund) in Nürnberg. 1920 wählten ihn die Arbeiter bei MAN zum Betriebsrat. Delegierter des III. KPD- Parteitags 1920. Nach der Vereinigung mit der USP Mit- glied der Bezirksleitung der KPD Nord- bayern, von 1921-1924 Vorsitzender der Bezirksleitung. 1921 Delegierter zum III. Weltkongreß der Komintern in Moskau. Auf dem VIII. Parteitag im Januar 1923 in die Gewerkschaftskommission delegiert und auf diesem Parteitag auch in den ZA gewählt. Als Nachfolger von Otto Graf zog er 1923 in den Bayerischen Landtag ein, 1924 als Abgeordneter gewählt, blieb er bis 1928 in diesem Parlament. Im Juni 1924 wegen Weiterführung der verbotenen KPD verhaftet und einige Zeit in Schutzhaft festgehalten. Bei den Reichs- tagswahlen 1924 war Grönsfelder KPD- Wahlleiter. 1925 führte er - neben seiner Tätigkeit als Abgeordneter - als Instruk- teur den UB Augsburg; 1926 Landessekre- tär der KPD und nach Ablauf der Legis- laturperiode Sekretär für Gewerkschafts- fragen bei der BL Nordbayern. Im Februar 1930 wurde Grönsfelder aus der KPD ausgeschlossen, da er gegen den RGO-Kurs und die Thesen vom »Sozial- faschismus« aufgetreten war. Mitglied der KPO, für die er bis 1933 aktiv war. Im April 1933 verhaftete ihn die Gestapo. Bis 1935 KZ Dachau. Von 1935-1937 er- werbslos, dann Beschäftigung als Mechani- ker in der Schreibmaschinenabteilung der Triumph-Werke. 1946 in den Betriebsrat gewählt. In dieser Funktion bis zum Ausscheiden aus dem Be- rufsleben 1953. Aktiver Gewerkschafter, 1946 der KPD wieder beigetreten, 1947 in die Bezirksleitung Bayern gewählt, 1949 144 Grünsfelder/Grube als Titoist und Brandler-Anhänger erneut ausgeschlossen. Grünsfelder wurde Mitglied der Gruppe Arbeiterpolitik, für die er bis zu seinem Tode einen Zirkel leitete. Er starb am 20. Februar 1964. Seine Frau Emma (geb. 3. Januar 1883 in München) machte seit 1918 sämtliche Etap- pen seiner politischen Laufbahn mit. Sie war Delegierte des Jenaer Parteitags 1921. 1933 verhaftet, war sie von April bis Sep- tember 1933 in »Schutzhaft« im Zuchthaus Aichach. Sie starb im November 1967 in Nürnberg. GROSSE, Fritz (1904-1957) Am 5. Februar 1904 in Altenberg (Erz- geb.) geboren, Sohn eines Zimmermanns. Nach der Schulentlassung 1918 Holzarbei- ter. Anfang 1920 wanderte Grosse nach Rußland aus, er kämpfte in der Roten Armee im Feldzug gegen Polen. Ende 1920 nach Deutschland zurückgekehrt, ar- beitete er als Hausdiener in Aschersleben. 1921 Rückkehr nach Chemnitz, zuerst als Bauarbeiter, dann als Hilfsdrucker in der KPD-Druckerei tätig. 1921 Mitglied der KJVD und der KPD. Im KJVD aktiv (Pseudonym: Ignaz), 1923 zum Sekretär des KJV im Bezirk Erzgebirge-Vogtland berufen, 1925 ins ZK des Jugendverbandes gewählt. 1927 Sekretär des KJV in Halle, 1929 zum 2. Sekretär des ZK des Jugend- verbandes nach Berlin berufen, rückte er Mitte 1929 auch als Kandidat ins ZK der KPD nach, wurde aber im gleichen Jahr wieder abgelüst. Später schrieb er: »Wegen politischer Differenzen schied ich im Jahre 1929 aus dem ZK aus, fuhr nach Rußland und arbeitete in Moskau im Zentralrat der Gewerkschaften«. 1931 von Moskau nach England geschickt, um die illegale Arbeit der kommunistischen Jugend zu organisieren. Er wurde in Lon- don festgenommen und zu sechs Monaten Gefängnis verurteilt, danach wieder in Moskau tätig. 1932 Rückkehr nach Berlin, »wo ich nach den parteipolitischen Aus- einandersetzungen mit Neumann und dem damaligen Leiter des Jugend-ZK Kurt Müller mit der Leitung des ZK beauftragt wurde«. Als Vorsitzender des KJVD im November 1932 in den Reichstag gewählt. Bis Juni 1933 Leiter des illegalen KJVD. Im Juni 1933 nach Amsterdam geschickt, fuhr er im Herbst 1933 nach Paris, um dem ZK der KPD zu berichten. Um die Jahres- wende 1933/34 Teilnahme an der Sitzung des KJV-ZK in Moskau. Im Januar 1934 kehrte Grosse nach Berlin zurück, um als 2. Sekretär die Jugendarbeit fortzuführen. Im August 1934 verhaftet, wurde er am 17. März 1936 zu lebenslänglicher Zucht- hausstrafe verurteilt. Bis 1945 im Zuchthaus Brandenburg und im KZ Mauthausen. 1945 wieder Mitglied der KPD. 1946 SED- Abgeordneter im sächsischen Landtag. 1948-1949 Vorsitzender der Staatlichen Kontrollkommission. 1949 wurde Grosse erster Botschafter der DDR in der Tsche- choslowakei. 1952 Mitglied des Kollegiums des Ministeriums für außenpolitische An- gelegenheiten der DDR. Nach langer Krankheit starb Grosse am 12. Dezember 1957 in Ost-Berlin. Seine Frau Leja (geb. Lichter, geb. am 16. Mai 1906) war 1934 mit ihm verhaftet worden, sie war eben- falls bis 1945 im KZ und lebte 1968 in Ostberlin. GRUBE, Ernst (1890-1945) Als Sohn eines Bergarbeiters am 22. Ja- nuar 1890 in Neundorf (Anhalt) geboren; lernte Tischler. Er schloß sich dem Holz- arbeiterverband und 1908 der SPD an. Nach Beendigung der Lehre Arbeit in der Waggonfabrik Werdau, dann zog er einige Jahre als Wandergeselle durch Deutschland. Von 1910-1912 lebte er in Berlin, wo er sich in Abendkursen weiterbildete. Wäh- rend des Krieges in Zwickau Mitglied der Spartakusgruppe und der USPD, seit Gründung in der KPD organisiert. 1920 KPD-Sekretär in Zwickau, im gleichen Jahr zog er in den sächsischen Landtag ein, Grube/Gryle wicz 145 dem er bis 1922 angehörte. 1921 Delegier- ter des Jenaer Parteitags, der Leipziger Parteitag 1923 wählte Grube in die Ge- werkschaftskommission und als Kandidat in den Zentralausschuß. Von 1922-1924 Stadtverordneter in Zwik- kau und bis Oktober 1924 Sekretär des KPD-Unterbezirks in Zwickau, 1923 war er einer der militärischen Führer der KPD in Sachsen. Von Mai bis Dezember 1924 Reichstagsabgeordneter. Im Oktober 1924 Polleiter des Bezirks Magdeburg-Anhalt, eine Funktion, die er bis 1928 ausübte. Nach der Wittorf-Affäre Polleiter des Bezirks Wasserkante. Von Dezember 1924 bis Mitte 1932 Abge- ordneter des preußischen Landtags, seit Juli 1932 wieder Reichstagsabgeordneter. Von 1925 bis 1929 Delegierter aller KPD-Partei- tage, auf dem Essener Parteitag 1927 zum Kandidat und auf dem Weddinger Partei- tag 1929 zum Mitglied des ZK gewählt. Grube gehörte zu den »Chemnitzer Lin- ken« (Bertz, Wesche usw.), er wurde An- fang 1930 seiner Funktion als Polleiter in Hamburg enthoben. 1930 arbeitete er kurze Zeit als Komintern-Emmissär in Griechen- land. Ende 1930 Reichsleiter der »Kampf- gemeinschaft für rote Sporteinheit«, bis 1933 im ZK der KPD für Sportangelegenheiten verantwortlich. In der Nacht des Reichstagsbrands festge- nommen und in den KZs Sonneburg, Lich- tenburg und Buchenwald inhaftiert. 1939 aus dem KZ entlassen. Arbeitete als Tisch- ler. Im Krieg zunächst in Warschau dienstver- pflichtet, kam er 1941 nach Berlin zurück, wurde 1942 einige Monate inhaftiert und dann in der sogenannten »Gewitteraktion« am 21. August 1944 erneut verhaftet. Er kam ins KZ Sachsenhausen, wo er schwer erkrankte. Anfang April wurden alle ar- beitsunfähigen Häftlinge in Viehwagen ver- laden und nach Bergen-Belsen transportiert. In diesem Vernichtungslager kam Grube am 14. April 1945 ums Leben. GR YLE WICZ, Anton (geb. 1885) Als Sohn eines Tischlers am 8. Januar 1885 in Berlin geboren. Mechanikerlehre, an- schließend in diesem Beruf tätig. Von 1907 bis 1909 Militärdienstzeit. 1912 in Berlin Mitglied der SPD, 1917 Übertritt zur USPD. Während des Krieges zunächst zwei Jahre an der Ostfront, nach einer Verwundung 1917 zurück nach Berlin. Arbeit als Schlosser. Einer der Führer der Berliner Revolutionären Obleute, die we- sentlich am Ausbruch der Novemberrevo- lution beteiligt waren. Nach der Revolution war Grylewicz maß- gebend in der Berliner Organisation der USPD tätig. Anfangs zweiter, 1920 erster Vorsitzender dieser Organisation. Im Ja- nuar 1919 als Stellvertreter Eichhorns an den bewaffneten Auseinandersetzungen auf Seiten der Revolutionäre aktiv beteiligt. Grylewicz nahm als Vertreter des linken Flügels am USP-Spaltungsparteitag in Halle teil und war Delegierter des Vereinigungs- parteitags mit der KPD im Dezember 1920. Nach der Vereinigung Orgsekretär des KPD-Bezirks Berlin-Brandenburg. Von 1920-1924 Stadtverordneter in Berlin und seit 1921 unbesoldeter Stadtrat in Neukölln. Grylewicz war einer der Führer der Fischer- Maslow-Gruppe und behielt seine wichtige Funktion als Orgleiter in Berlin bis 1924. 1923 Teilnehmer der Moskauer Verhandlun- gen über den geplanten deutschen Aufstand. Nach dem Frankfurter Parteitag in die Zen- trale berufen, wo er führend in der Orgab- teilung arbeitete. Im Mai 1924 Abgeordne- ter des Reichstags, im Dezember 1924 des preußischen Landtags. Als führendes Mitglied der Berliner Be- zirksleitung 1924 von der Polizei gesucht, verhaftet und vier Monate in Untersu- chungshaft festgehalten. Grylewicz war im August/September 1925 einer der Ange- klagten des Maslow-Prozesses vor dem Reichsgericht. Zu einer Gefängnisstrafe ver- urteilt, die jedoch unter die Amnestie fiel. Nach dem »Offenen Brief« 1925 aus dem 146    Grylewicz/Gundelach ZK entfernt, Sekretär der Landtagsfrak- tion. Grylewicz war auch nach dem »Of- fenen Brief« einer der Führer der Fischer- Maslow-Gruppe. Auf dem XI. Parteitag 1927 vertrat er zusammen mit Bartels und Schlecht die linke Opposition und wurde deswegen am 1. April 1927 aus der KPD ausgeschlossen. Dann Vorsitzender der Gruppe der linken Kommunisten im Landtag und Mitgründer des Leninbundes. Bis 1930 Reichsorganisa- tionsleiter des Leninbundes. Im Februar 1930 trennte er sich mit einer Gruppe deut- scher Trotzkisten vom Leninbund. Gryle- wicz war in der Folgezeit führender deut- scher Trotzkist und Herausgeber der Schrif- ten Trotzkis in Deutschland. 1933 Flucht nach Prag, wo er auf Grund einer Verleumdung und Denunziation der Stalinisten einige Zeit inhaftiert war. 1937 flüchtete er nach Paris und 1941 nach Kuba. Bis 1955 lebte er in Kuba und arbeitete trotz seines hohen Alters als Tischler. 1955 kam er nach West-Berlin, wohin seine Frau schon vorher gezogen war. Er trat der SPD bei. Grylewicz lebte 1969 als Rentner in West-Berlin. GUDDORF, Wilhelm (1902-1943) Am 20. Februar 1902 in Melle bei Gent (Belgien) geboren, entstammte einer Prie- ster- und Gelehrtenfamilie und sollte selbst Priester werden. Schon auf dem Gymna- sium fiel seine Sprachbegabung auf, er be- herrschte später fast alle westeuropäischen und slawischen sowie eine Reihe weiterer Sprachen. Nadi dem Krieg Studium an der Universi- tät München, wo er mit dem Kommunismus in Berührung kam. Studierte Volkswirt- schaft, Geschichte, Musik- und Kunstwissen- schaft, 1922 Eintritt in die KPD, 1923 erste Verhaftung. 1924-1926 Redakteur der »Freiheit« und des »Rhein-Ruhr-Presse- dienstes« der KPD, dann Mitarbeiter der »Roten Fahne« in Berlin. Leitete von 1927 bis 1933 das außenpolitische Ressort der »Roten Fahne« (unter dem Pseud. Paul Braun). 1933 illegale Arbeit für die KPD, am 17. April 1934 verhaftet und wegen »Vor- bereitung zum Hochverrat« zu drei Jahren Zuchthaus verurteilt. Nach Strafverbüßung KZ Sachsenhausen. Mitte 1939 freigelassen, arbeitete er in einem Berliner Antiquariat. Widmete sich neben der Tätigkeit als Übersetzer der Ver- vollkommnung seiner chinesischen und ja- panischen Sprachkenntnisse. Wurde einer der Herausgeber der Widerstandszeitschrift »Die innere Front«, die in fünf Sprachen erschien. Er hatte Verbindung zu der Gruppe Schulze-Boysen (»Rote Kapelle«) und wurde am 10. Oktober 1942 erneut verhaftet und zum Tode verurteilt. Gud- dorf wurde am 13. Mai 1943 in Plötzen- see hingerichtet. GUNDELACH, Gustav (1888-1962) Geboren am 19. Dezember 1888 in Kiel. Von 1904-1908 Lehre als Eisendreher, dann bis 1923 als Dreher bei Blohm und Voß in Hamburg. 1909 Mitglied der SPD, 1917 Übertritt zur USP und mit deren lin- kem Flügel 1920 zur KPD. 1924 wurde Gundelach in die KPD-Be- zirksleitung Wasserkante gewählt. Als Lei- ter der »Roten Hilfe« Wasserkante haupt- amtlicher Funktionär. Abgeordneter der Hamburger Bürgerschaft 1924 bis 1933, 1927 bis 1928 Vizepräsident der Bürger- schaft. Bis 1933 Leiter der »Roten Hilfe« Bezirk Wasserkante, Delegierter des XII. KPD-Parteitags 1929. 1933 und 1934 arbeitete er illegal in Ham- burg, dann emigrierte er nach Kopenhagen. Er kämpfte im Spanischen Bürgerkrieg auf republikanischer Seite und war Leiter des Roten Kreuzes für die Interbrigaden in Spanien. 1939 Emigration in die Sowjet- union. Bis 1945 aktiv im Nationalkomitee »Freies Deutschland«. Im Mai 1945 kehrte Gundelach als einer der zehn Mitglieder der »Gruppe Ulbricht« Gundelach/Hähnel 147 nach Berlin zurück. Im September 1945 Präsident der Zentralverwaltung für Ar- beit und Sozialfürsorge in der SBZ. 1946 siedelte er nach Hamburg über und war in den Jahren 1946/47 wieder Ab- geordneter der Hamburger Bürgerschaft und leitete vorübergehend die KPD in Hamburg. 1949 zog er für die KPD in den 1. Bundestag ein. Nach dem Verbot der KPD in der Bundes- republik arbeitete er illegal für die Partei, er wollte auch 1961 als »Einzelbewerber« für den Bundestag kandidieren. Gundelach starb am 7. Juli 1962 in Ham- burg. HABICH, Walter (1904-1934) Als Sohn eines Mechanikers am 15. Ok- tober 1904 in Botnang (Stuttgart) geboren; lernte von 1918-1921 Bandagist. Von 1923 bis 1925 Metallarbeiter. 1920 Mitglied des KJVD, 1921 Vorsitzender einer Orts- gruppe, seit 1922 von Groß-Stuttgart. Habich schloß sich 1923 auch der KPD an, im Herbst 1923 in Schutzhaft genommen. Wegen seiner Tätigkeit für die KPD 1924 zu drei Jahren Gefängnis verurteilt. Von Januar bis August 1925 verbüßte er einen Teil der Strafe, der Rest wurde ihm er- lassen. 1925 Leiter des KJV Württemberg und hauptamtlicher Funktionär. Im Dezember 1925 machte er eine Reise durch die Sowjet- union, danach 1926 Leiter des KJV Bezirk Wasserkante (Hamburg). Außerdem von 1926-1928 Mitglied der KPD-Bezirkslei- tung Wasserkante. 1928 Besuch einer Par- teischule in Moskau. Häbich, der im KJV als »Leo« arbeitete, war eng mit Thälmann verbunden und wurde von diesem nach der Wittorf-Affäre nach Berlin geholt. Hier löste Häbich Ende 1928 Blenkle als Vorsitzenden des Kommu- nistischen Jugendverbandes Deutschlands ab. Als Führer des KJVD wurde Häbich auf dem XII. Parteitag als Mitglied ins ZK gewählt. Bereits Mitte 1929 als KJV-Vorsitzender und ZK-Mitglied von Kurt Müller abge- löst. Im November 1929 als Redakteur an den »Klassenkampf« nach Halle und 1930 an das KPD-Organ »Neue Zeitung« nach München versetzt. Im Januar 1932 als ver- antwortlicher Redakteur zu 1V2 Jahr Fe- stung verurteilt. Weihnachten 1932 amne- stiert, ging er wieder nach München. Nach Hitlers Machtantritt illegale Arbeit für die KPD. Im September 1933 verhaftet und ins KZ Dachau gebracht. Dort wurde Häbich am 30. Juni 1934 von der SS er- mordet. Seine Mutter erhielt erst vier Mo- nate später Nachricht vom Tode ihres Sohnes. HÄHNEL, Walter (geb. 1905) Am 12. April 1905 in Chemnitz geboren, Sohn eines Arbeiters. Lehre als Kontorist, anschließend kaufmännischer Angestell- ter. 1920 Mitglied des KJVD, 1923 der KPD. 1924 hauptamtlicher Funktionär des KJVD, Mitglied der BL Erzgebirge - Vogt- land. 1925 als Mitglied ins ZK des KJVD gewählt. 1926/27 verantwortlich für den »Jungen Kämpfer«, eine Beilage der Chem- nitzer KPD-Zeitung. Auf dem Essener Parteitag 1927 wurde Hähnel als Jugend- vertreter zum Mitglied des ZK der KPD gewählt. 1929 nicht wieder ins ZK der Par- tei auf genommen, blieb Hähnel bis 1933 in verschiedenen Funktionen im Parteiappa- rat: 1929/30 in der Orgabteilung des ZK, 1931/32 in der Reichsleitung des »Kampf- bundes gegen den Faschismus«. 1933 zunächst illegal tätig, dann Emigra- tion nach Frankreich. Teilnehmer am VII. Weltkongreß der Komintern und der »Brüsseler Parteikonferenz« 1935 in Mos- kau. Von dieser Konferenz wieder als Mit- glied ins ZK gewählt, war er von allem für Kaderfragen verantwortlich. Auch die Brüsseler Konferenz 1939 berief Hähnel wieder als Mitglied ins ZK. Er war in Holland, der Tschechoslowakei und 148 Hähnel/Hahn Frankreich für die KPD aktiv. Während des Zweiten Weltkriegs war Hähnel in Frankreich, er gehörte zu den Organisato- ren des Nationalkomitees »Freies Deutsch- land« für den Westen. 1945 nach Berlin zurückgekehrt, wurde er sofort in den Apparat des ZK der KPD und dann der SED berufen. Er war lange Jahre Abteilungsleiter für Kaderfragen in der Westabteilung des ZK. Zu seinem 60. Geburtstag mit dem »Banner der Arbeit« ausgezeichnet, ist Hähnel auch Träger des »Vaterländischen Verdienstordens« in Sil- ber. Er lebte 1969 als hauptamtlicher Mit- arbeiter des ZK der SED in Ost-Berlin. HARTLE, Franz Xaver (1891-1943) Am 2. Dezember 1891 in Pfersee bei Augsburg geboren, lernte Schlosser und siedelte nach der Militärzeit nach Offenbach über, wo er der SPD beitrat. 1919 Mit- glied der KPD und Vorsitzender der KPD- Ortsgruppe Offenbach. Delegierter des VIII. Parteitags 1923. Seit 1923 Sekretär des kommunistischen Industrieverbandes Chemie. Härtle stand auf dem linken Flügel der Partei, er war 1924 hauptamtlicher Orglei- ter des Bezirks Hessen-Frankfurt. 1927/ 28 Teilnehmer an Versammlungen der linken Opposition. Mit der offiziellen Be- gründung, er habe »Unterschlagungen« be- gangen, wurde er als Oppositioneller 1928 aus der KPD ausgeschlossen. Mitglied des Leninbundes. 1929/30 Leiter des »Anti- faschistischen Kampfbundes«. Wiederauf- nahme in die KPD abgelehnt und im Mai 1930 auch aus der »Antifa« ausgeschlos- sen. Härtle lebte bis 1933 in Offenbach und ver- zog dann nach Berlin, er wurde mehrmals verhaftet. In Berlin am 26. Mai 1943 ver- storben, ob in Freiheit oder im Gefängnis ließ sich nicht ermitteln. HAHN, Joseph (1896-1965) Am 6. Juli 1896 in Hof geboren, lernte Elektriker und arbeitete vor dem Ersten Weltkrieg in einer Textilmaschinenfabrik in der Schweiz. 1912 Mitglied der Sozialisti- schen Jugend, 1914 der SPD. Bei Kriegs- beginn als Soldat eingezogen. 1917 als Kriegsgegner wegen Gehorsamsverweige- rung zu zwölf Jahren Festung verurteilt. Durch die Revolution 1918 befreit. Seit 1919 Mitglied der KPD. Im Frühjahr 1919 Angehöriger der Roten Armee in der bayerischen Räterepublik. Anschließend wie- der mehrere Monate im Gefängnis. Hahn siedelte Ende 1919 nach Chemnitz über, er war als Textilarbeiter beschäftigt. 1924 schickte ihn die Partei auf einen Lehr- gang nach Moskau. 1925 zurückgekehrt, wurde er Agitpropsekretär im Bezirk Erz- gebirge-Vogtland. Teilnehmer des X. Par- teitags der KPD 1925. In den Jahren 1926 und 1927 war Hahn Sekretär und Begleiter Thälmanns, seit Mitte 1927 Gewerkschaftssekretär der Be- zirksleitung Erzgebirge. Im Herbst 1927 als Orgleiter für den KPD-Bezirk Baden nach Mannheim versetzt, diese Funktion übte er bis 1930 aus. 1930 Mitarbeiter des west- europäischen Büros der Komintern (unter Leitung Dimitroffs in Berlin). 1931 Vorsit- zender der RGO in Baden, dann bis 1933 Sekretär der Internationale der Ro- ten Textilarbeitergewerkschaften in Mos- kau. Ende 1933 zur illegalen Arbeit nach Deutschland geschickt, am 8. Februar 1934 in Berlin verhaftet. Im Gefängnis konnte er mit Dimitroff zusammenkommen und Nachrichten austauschen. Der Gestapo ge- lang es nicht, seine Identität nachzuweisen (er besaß falsche Papiere) und er konnte auch verheimlichen, daß er aus Moskau nach Deutschland zurückgekehrt war. Nach einiger Zeit aus der Haft entlassen, lebte er bis 1939 als Arbeiter in Deutschland, dann emigrierte er nach Dänemark. Nach der Besetzung Dänemarks durch deutsche Truppen 1940 verhaftet und der Gestapo Hahn/Halbe 149 ausgeliefert. Bis 1945 im KZ Sachsenhausen festgehalten. 1945 befreit, maßgeblich am Aufbau der Berliner Stadtverwaltung beteiligt. 1950 Leiter der Zentrag (der SED-Parteibe- triebe). Von 1954 bis zu seinem Tod stell- vertretender Vorsitzender der Zentralen Revisionskommission der SED in Ost-Ber- lin. Träger mehrerer Auszeichnungen, dar- unter des »Vaterländischen Verdienstor- dens« in Silber und seit 1961 des »Karl- Marx-Ordens«. Hahn starb am 24. Februar 1965 in Ost- Berlin. HAHNE, Margarete (geb. 1898) Margarete Lux wurde am 21. Juli 1898 in Breslau geboren. Nach der Schulentlassung kaufmännische Lehre, dann Stenotypistin in Breslau. Nach der Heirat mit dem Arbeiter Hahne 1919 Mitglied der KPD und aktive Funktionärin der Partei. 1926 Mitgründe- rin des RFMB und Führerin des Bundes in Schlesien. 1928 Mitglied der BL, Leiterin der Frauenarbeit. Im gleichen Jahr Kandi- datin für den preußischen Landtag (nicht gewählt). Stadtverordnete in Breslau. Auf dem Weddinger Parteitag 1929 als Mitglied ins ZK gewählt. Übersiedlung nach Berlin und Sekretärin der kommunistischen Ar- beitsgemeinschaft sozialpolitischer Organi- sationen (Arso). 1932 Sekretärin in der Berliner Zentrale des RGO-Textilarbeiter- verbandes. Margarete Hahne arbeitete bis September 1933 illegal in Berlin, dann flüchtete sie in die Tschechoslowakei, wo sie eine illegale Zeitschrift mit herausgab, die nach Deutsch- land eingeschleust wurde. 1936 Emigration nach Frankreich, wo sie eng mit dem Kreis um Willi Münzenberg zusammenarbeitete. Ihr Name stand unter dem Aufruf in der letzten Nummer der Münzenbergschen »Zukunft« (nach ihren Angaben ohne ihr Wissen, da sie mit dem Aufruf nicht einverstanden war). Die KPD suchte nun ihre Anerkennung als politischer Flüchtling zu vereiteln; 1940 war sie im La- ger Gurs interniert, dort wurde ihr mitge- teilt, sie sei aus der KPD ausgeschlossen. Margarete Hahne hatte in Frankreich einen kommunistischen Funktionär geheiratet (ihr erster Mann war in Deutschland geblieben), ihr Mann wurde Ende 1942 von der Ge- stapo aus Frankreich abgeholt, er arbeitete bis 1945 halbfrei in einem Potsdamer In- dustriebetrieb. Am 25. Mai 1945 wurde er von den Russen verhaftet und zu zehn Jahren Zuchthaus verurteilt, 1952 aber frei- gelassen. Margarete Hahne selbst konnte erst 1946 nach Deutschland zurückkehren. Sie arbeitete in der Sozial- und Frauen- arbeit im Bezirk Prenzlauer Berg, doch wurde ihr das untersagt, da ein Parteiver- fahren gegen sie lief. Als man ihr schließ- lich die SED-Mitgliedskarte zustellte, op- ponierte sie: erst müsse die Angelegenheit mit ihrem Mann geregelt werden. Sie siedel- te nach West-Berlin über, wo sie sich später der SPD anschloß. Sie ist politisch nicht mehr aktiv, aber noch fürsorgerisch tätig und lebte 1969 in West-Berlin. HALBE, Erna (Lang) (geb. 1892) Am 30. Juni 1892 in Hamburg geboren, Tochter von Ernst Demuth, Mitglied des Hauptverbandes der Kürschner-Gewerk- schaft und SPD-Funktionär, der 1912 starb. Erna Halbe erhielt ihre Ausbildung als Kindergärtnerin am Hamburger Fröbelhaus und war dann fünf Jahre in diesem Beruf tätig. 1907 Mitglied der Hamburger Jugendorga- nisation »Jugendbund«, 1910 der SPD, aus der sie wegen ihrer oppositionellen Haltung gegen die Kriegskreditbewilligung im Jahre 1916 ausgeschlossen wurde. Während des Krieges gehörte sie zu den aktiven Funk- tionären der Hamburger Linksradikalen. Da sie revolutionäre Flugblätter herstellte und verbreitete, am 27. März 1918 wegen angeblichen »Landesverrats« zu 2V2 Jahren Zuchhaus verurteilt. ijo Halbe/Haller Ihr Mann - Max Halbe - Funktionär im »Handlungsgehilfen-Verband«, der eben- falls 1916 aus der SPD ausgeschlossen wurde, kam im März 1918 schwerverwun- det in ein Lazarett, in dem er während ihrer Haft im Juni 1918 starb. Durch die Revolution befreit, gehörte Erna Halbe zu den Mitgründern der KPD in Hamburg. 1920 Frauensekretärin in der KPD-Bezirksleitung Wasserkante, 1922 Polleiter im KPD-Bezirk Magdeburg-An- halt. Delegierte des VIII. Parteitags 1923, in die Gewerkschaftskommission gewählt. In jener Zeit stand sie auf dem linken Flü- gel der Partei. Nach der Übernahme der Parteiführung durch die Linken kam sie 1924 als Leiterin der Frauenabteilung in die Zentrale der KPD nach Berlin. Die Praktiken der Lin- ken führten zu einer Entfremdung von die- ser Gruppe. Mitte 1927 schied sie aus der Frauenabteilung aus, nachdem sie auf dem XL Parteitag 1927 noch in die Org- kommission gewählt worden war. Sie ge- hörte der rechten Oposition in der KPD an. Als Anhängerin der »Rechten« schloß man sie Anfang 1929 aus der Partei aus. Sie wurde Mitglied der KPO und später der SAP. 1933 war Erna Halbe einige Monate inhaf- tiert, arbeitete dann noch ein Jahr illegal weiter, bis im Sommer 1934 zahlreiche Ver- haftungen in ihrer Gruppe vorgenommen wurden. Sie emigrierte nach Prag, von dort aus setzte sie die illegale Tätigkeit nach Deutschland fort. Durch Verhaftung meh- rerer Freunde in Berlin erhielt die Gestapo Kenntnis davon und verlangte von der tschechischen Regierung die Auslieferung Frau Halbes. Das wurde zwar abgelehnt, aber sie wurde »gebeten«, das Land so schnell wie möglich zu verlassen. So kam Erna Halbe nach Paris, wo sie - wie alle deutschen Emigrantinnen - im Mai 1940 im Lager Gurs interniert wurde. Ende 1940 traf sie mit ihrem Mann - Joseph Lang - der auch 1929 aus der KPD ausgeschlossen worden war und emigrieren mußte, in den USA ein. 1950 kehrten sie nach Deutschland zurück. Frau Halbe-Lang wurde 1951 Mitglied der SPD und lebte 1969 in Frankfurt/M. HALLE, Felix, Dr. jur (1884-1937?) Am 1. Mai 1884 in Berlin geboren. Promo- vierte in Berlin und lehrte nach dem Welt- krieg kurze Zeit als Professor der juristi- schen Fakultät an der Berliner Univer- sität. Seit 1922 der Hauptberater der KPD in juristischen Fragen. 1922 Mitglied der KPD, von 1922-1926 Syndikus der juristi- schen Zentralstelle der kommunistischen Reichstags- und Landtagsfraktion und der Zentrale. 1927 kam Halle als Leiter der juristischen Zentralstelle ins ZK der KPD, zugleich lei- tete er die juristische Zentralstelle der »Ro- ten Hilfe«. Er verfaßte mehrere Schriften, darunter »Wie verteidigt sich der Prole- tarier vor Gericht?« 1933 verhaftet, nach einigen Monaten aus dem KZ entlassen, emigrierte er mit seiner Ehefrau Ruth nach Frankreich. 1936 von der Hitler-Regierung ausgebürgert. 1937 kamen er und seine Frau in die Sowjet- union, wo beide während der Stalinschen Säuberungen verhaftet wurden und seitdem verschollen sind. HALLER, Eugen (geb. 1882) Am 20. Oktober 1882 in Rottweil (Württ.) geboren; lernte Uhrmacher. Bis zum Welt- krieg Uhrmachergeselle in Schwenningen. Vor dem Krieg Mitglied der SPD, 1917 Übertritt zur USP. Haller war führend in der USP Schwenningen, er kam mit der lin- ken USP 1920 zur KPD. Von 1923 an Par- teisekretär, übernahm er 1924 die Organisie- rung der »Roten Hilfe« in Württemberg. 1924 in den württembergischen Landtag ge- wählt. Haller zählte zum rechten Parteiflügel. Im Haller/Hamann, Wilhelm I5I Frühjahr 1926 wurde er aus der KPD aus- geschlossen. Ihm wurde »Betrug, Unter- schlagung und Korruption« vorgeworfen. Angeblich hatte er Gelder der »Roten Hilfe« unterschlagen. Obwohl die Unter- schlagungen nicht nachzuweisen waren, ver- fiel er dem Ausschluß, weil man ihn »rech- ter« Tendenzen verdächtigte. Haller blieb bis 1928 als Fraktionsloser im Landtag, er schloß sich Ende 1928 wieder der SPD an und arbeitete in der Folgezeit wieder in sei- nem Beruf als Uhrmacher. 1933 zunächst keinen Verfolgungsmaßnah- men ausgesetzt, wurde Haller am 30. Mai 1938 verhaftet und dann wegen »Vorberei- tung zum Hochverrat« zu 2V2 Jahren Zuchthaus verurteilt, weil er illegal für die SPD tätig gewesen war. Nach Verbüßung seiner Strafe im Zuchthaus Ludwigsburg kam er ins KZ Welsheim, von dort 1941 überraschend entlassen, arbeitete er wieder in Schwenningen. Im August 1944 erneut verhaftet, ins Amtsgerichtsgefängnis Horb eingeliefert. Am 16. April 1945 sollte er der Gestapo in Oberndorf ausgeliefert wer- den, da das nicht mehr möglich war, erhielt die Gefängnisleitung telefonisch den Auf- trag, Haller zu »erledigen«. Da die Fran- zosen am 17. April 1945 Horb besetzten, wurde Haller gerettet. Er trat 1945 sofort wieder der SPD bei und übte für sie ver- schiedene Funktionen aus. Haller lebte 1969 hochbetagt in Schwenningen. HAMANN, Alfred (1882-?) Am 21. September 1882 in Skohl, Krs. Jauer geboren; lernte Stellmacher und war mehrere Jahre in diesem Beruf tätig. 1905 wanderte er nach Südamerika aus, wo er als Gaucho Beschäftigung fand. Nach Kriegsausbruch Rückkehr nach Deutschland. Als Soldat an die Front, dann Rüstungs- arbeiter. Mitglied der SPD, 1917 USPD, kam 1920 mit deren linkem Flügel zur KPD. 1921 Kreistagsabgeordneter der KPD im Kreis Goldberg-Haynau. Delegierter des VII. und VIII. KPD-Parteitages (1921 und 1923), vom VIII. Parteitag in die Gewerk- schaftskommission gewählt. Sekretär der KPD-Bezirksleitung Schlesien, Orgleiter unter Oelßner. 1924 zum linken Parteiflü- gel übergeschwenkt, wurde er 1924 Pollei- ter in Schlesien. Von Mai bis Dezember 1924 Reichstagsabgeordneter. 1924/25 gelang es der Polizei in Schlesien immer wieder, führende Funktionäre zu verhaften, die von der KPD-Zentrale nach Breslau geschickt wurden. Der Verdacht, daß Hamann Polizeispitzel in der KPD war, verdichtete sich. Mit Hilfe eines hö- heren Polizeioffiziers in Liegnitz, der mit der KPD zusammenarbeitete, wurde Ha- mann eine Falle gestellt, und er entlarvte sich. Es stellte sich heraus, daß er seit 1923 für die Polizei tätig war. Hamann soll mit seiner Tochter intime Beziehungen gehabt haben, deswegen hatte ihn die Polizei 1923 festgenommen. Um die Angelegenheit zu vertuschen, war er einem Anerbieten der Polizei gefolgt und als Agent für sie tätig geworden. Hamann wurde 1925 aus der KPD ausgeschlossen und verschwand aus der Politik. Er siedelte später nach Thürin- gen über und beantragte im Frühjahr 1932 seine Aufnahme in die KPD. Das ZK-Se- kretariat schrieb am 10. Juni 1932 an die BL, Hamann sei vor Jahren als Polizeispitzel ausgeschlossen worden, eine Wiederaufnah- me komme nicht in Frage. Im August 1944 als ehemaliger Reichstagsabgeordneter ver- haftet, kam er ins KZ Buchenwald. Im Mai 1945 aus dem KZ entlassen. Weitere Daten seines Lebenslaufs ließen sich nicht ermit- teln. HAMANN, Wilhelm (1897-1955) Am 2. Februar 1897 in Biebesheim (Hes- sen) als Sohn einer Hebamme und eines Eisenbahners, der auch eine Gastwirtschaft betrieb, geboren. Besuchte als Freiplatz- schüler die Realschule und das Lehrersemi- nar in Alzey. 1916 bestand er die Schul- amtsanwärter-Prüfung. Anschließend zum 15 2 Hamann, Wilhelm/Hammer Militär eingezogen, kam er an die Front, 1918 in Halle als Flugschüler ausgebildet, hatte er erste Berührung mit der USPD. Nadi dem Krieg trat er der USP bei und wurde deren Vorsitzender in Groß-Gerau. Mitte 1919 Übertritt zur KPD. 1920 legte er sein Staatsexamen ab und kam als Volksschullehrer in das Arbeiterdorf Wix- hausen. Bis 1928 Volksschullehrer. Aktiver Funktionär der KPD in Südhessen. 1927 Vorsitzender des Unterbezirks Darm- stadt, im gleichen Jahr Abgeordneter des hessischen Landtags, dem er bis 1933 an- gehörte. Nach Ostern 1928 erschien er nicht zum Dienst, er wurde daher nach einem Disziplinarverfahren als Lehrer entlassen. Hauptamtlicher Funktionär der KPD. 1931 wegen »Aufruhr« zu einem Jahr Gefäng- nis verurteilt. Nadi dem Verbot der KPD 1933 illegale Arbeit. Im April 1933 verhaftet, von der SA vom Bahnhof bis zum Gefängnis Darmstadt getrieben und geprügelt. Nadi wenigen Tagen wieder entlassen. Im Fe- bruar 1935 erneut verhaftet und wegen »Vorbereitung zum Hochverrat« zu drei Jahren Zuchhaus verurteilt. Längere Zeit im Zuchthaus Rochenberg in Einzelhaft. Nadi Strafverbüßung ins KZ Buchenwald über- geführt, erst 1945 befreit. In Buchenwald machte sich Hamann als Blockältester des Block 8, in dem sich die Kinder des KZ befanden, sehr verdient. Im April 1945 rettete er noch viele jüdische Kinder vor der SS. Im Mai 1945 Rückkehr zu seiner Familie nach Groß-Gerau. Wieder aktiver KPD- Funktionär. Im Juli 1945 als Landrat in Groß-Gerau eingesetzt. Nach Differenzen mit der US-Besatzungsmacht im Dezember 1945 verhaftet, u. a. wurde ihm vorgewor- fen, die Alliierten behindert zu haben. Im Februar 1946 in einem Prozeß freigespro- chen, doch nicht wieder als Landrat ver- wendet. Am 22. März 1946 erneut von der Militärpolizei verhaftet. Nach Aus- sagen von vier Buchenwaldhäftlingen war Hamann angeblich eng mit der SS verbun- den und im Lager verhaßt gewesen. Ob- wohl Buchenwald-Häftlinge aus ganz Eu- ropa Leumundszeugnisse für Hamann ab- gaben, blieb er 14 Monate in Haft. Er war in Dachau zusammen mit SS-Verbrechern wie Ilse Koch, Eisele u. a. inhaftiert. Im Mai 1947 bescheinigte ihm die Anklage- behörde seine »vollkommene antifaschi- stische Einstellung und seine Unbescholten- heit«, er wurde freigelassen. Als KPD-Sekretär der Bezirksleitung Hes- sen tätig. Wilhelm Hamann kam am 26. Juli 1955 bei einem Autounfall ums Leben. HAMMER, Max (geb. 1886) Am 23. März 1886 in Naundorf (Sachsen) geboren, wanderte nach der Lehre als Mö- belpolierer durch Deutschland und blieb in Stuttgart, wo er 1909 der SPD beitrat. Ge- hörte zum linken Flügel der SPD, ging im Krieg zum Spartakusbund und 1919 zur Seit 1920 hauptamtlicher Sekretär und Re- dakteur der KPD. 1921 Teilnehmer des Jenaer Parteitags, auf dem Leipziger Par- teitag 1923 als Kandidat in den ZA ge- wählt. Als verantwortlicher Redakteur der »Süddeutschen Arbeiterzeitung« 1923 ver- urteilt, flüchtete er nach Moskau. Dort ar- beitete er in der Roten Gewerkschaftsinter- nationale. 1925 Rückkehr nach Stuttgart, Redakteur der Parteizeitung. Seit 1925 war Hammer auch einer der Wortführer der »Rechten«. Im April 1927 kurz verhaftet. Im Mai 1928 als Abgeordneter in den württember- gischen Landtag gewählt. Bei den Auseinan- dersetzungen 1928/29 aktiver Einsatz für die rechte Opposition. Anfang 1929 aus der KPD ausgeschlossen, Mitglied der KPO und einer ihrer Vertreter im Württembergischen Landtag. Redakteur des KPO-Organs »Ar- beiter-Tribüne« in Stuttgart. 1933 zunächst illegale Tätigkeit für die KPO. Im Frühjahr 1933 verhaftet, KZ. Durch seine kranke Frau beeinflußt, gab er eine Erklärung für die NSDAP ab und wurde freigelassen. Hammer/Hark 153 Arbeitete wieder in seinem Beruf und hat sich nach 1945 nicht mehr politisch betätigt. Hammer lebte 1969 als Rentner in Stutt- gart. HANDKE, Georg (1894-1962) Als Sohn eines Schlossers am 22. April 1894 in Hanau geboren, besuchte die Ober- realschule und die höhere Handelsschule in Hanau, dann kaufmännischer Angestellter. 1913 Mitglied der Sozialistischen Jugend. Während des Krieges aktiv im Spartakus- bund und der USPD. Seit Gründung der KPD (er war Delegier- ter des Gründungsparteitags) gehörte Handke der Partei an, die in Hanau um ihren führenden Kopf Dr. Wagner eine starke Gruppe bildete. 1919 Redakteur und hauptamtlicher Funktionär der KPD. Er schwenkte 1921 mit der Wagner-Gruppe zu Levi und der KAG über, wurde in deren 1. Leitung gewählt, blieb aber dann doch in der KPD. Delegierter des Jenaer Parteitags 1921. 1923 Chefredakteur der »Arbeiter-Zei- tung«, Organ der KPD in Hessen-Frank- furt; er behielt diese Funktion bis 1929. 1930 Mitarbeiter des ZK in Berlin, wo Handke zeitweise in der Presse- dann in der Genossenschaftsabteilung arbeitete. 1933 betätigte er sich illegal für die KPD, im September 1934 verhaftet und am 7. März 1935 zu 15 Jahren Zuchthaus ver- urteilt. Auch seine Frau Emmy erhielt eine langjährige Freiheitsstrafe. Handke war über sieben Jahre in Einzelhaft. 1945 aus dem Zuchthaus Zwickau befreit, schloß er sich wieder der KPD an. Zunächst von der US-Armee als Bürgermeister von Zwickau eingesetzt, dann Regierungspräsi- dent in Zwickau-Plauen. Von Juli 1945 bis 1946 Vizepräsident und von Dezember 1946-1948 Präsident der Zentralverwal- tung für Handel und Versorgung und Stellvertretender Vorsitzender der Deut- schen Wirtschaftskommission. 1949-1952 Leitung des Ministeriums für Innerdeutschen und Außenhandel. 1952/ 53 Botschafter der DDR in Rumänien, dann Stellvertretender Minister für Aus- wärtige Angelegenheiten, schließlich 1958 Präsident der Gesellschaft für deutsch-so- wjetische Freundschaft. Er erhielt mehrere Auszeichnungen, darunter den »Karl-Marx- Orden«. Auf dem V. SED-Parteitag 1958 als Mitglied ins ZK gewählt. Handke starb am 7. September 1962. Seine Frau ist Mitglied der SED und lebt in Ost- Berlin. HARK, Joseph (1875-1945) Am 22. Mai 1875 in Bochum geboren; nach der Schulentlassung Bergmann, Übersied- lung ins Aachener Kohlenrevier. Um die Jahrhundertwende trat Hark dem Berg- arbeiterverband bei, 1906 auch der SPD. Wegen der Haltung der SPD im Krieg trat er 1915 aus der Partei aus, er schloß sich 1917 der USP an. Mit dem linken Flügel der USP 1920 zur KPD, für die er aktiv war. Bis 1928 Bergarbeiter, dann Invalide, war Hark seit 1924 Reichstagskandidat der KPD (nicht gewählt). Auf dem Essener Parteitag 1927 wurde er als Arbeiter zum Kandidaten des ZK gewählt. Hark sym- pathisierte mit den Versöhnlern, er wurde 1929 nicht wieder ins ZK berufen, blieb aber bis 1933 für die KPD aktiv. Um der Verhaftung zu entgegehen, emi- grierte er 1937 nach Holland. Nach dem Einmarsch der deutschen Truppen 1940 verhaftet, 1941 vom OLG Hamm zu zwei Jahren drei Monaten Zuchthaus verurteilt. Ende 1942 aus dem Zuchthaus entlassen, kehrte er in seinen Heimatort Kohlscheid bei Aachen zurück. Anläßlich der »Gewit- teraktion« am 20. August 1944 erneut ver- haftet und ins KZ Oranienburg ver- schleppt. 1945 ins KZ Bergen-Belsen über- geführt, kam Hark am 15. April 1945 im KZ ums Leben. 154 Hartmann/Hausen HARTMANN, Rudolf (1885-1945) Geboren am 11. Dezember 1885 in Demern (Mecklenburg), Sohn eines Gutsbesitzers. Nach dem Abitur (1906) studierte er an mehreren Universitäten. Später arbeitete er auf der väterlichen Wirtschaft, nahm als Offizier am Weltkrieg teil. 1922 schloß er sich der KPD an. Er hatte sich zeitweise mit seiner Familie überwor- fen und lebte als Dichter und Schriftsteller. Im Juli 1923 wurde er (mit der höchsten Stimmenzahl) für die KPD in den Landtag von Mecklenburg-Strelitz gewählt. Bis 1927 Landtagsabgeordneter, gehörte er 1926/27 auch der Bezirksleitung der KPD Mecklen- burg an. 1928 Mitglied des vorbereitenden europäischen Bauernkomitees in Berlin. In den folgenden Jahren zog er sich von der aktiven Politik zurück. Er lebte auf seinem kleinen Gut in Mecklenburg als Privat- gelehrter. Am 5. Dezember 1942 wurde Hartmann verhaftet und wegen Vergehens gegen das sogenannte Heimtückegesetz im April 1943 zu zwei Jahren Gefängnis verurteilt (er hatte sich kritisch über führende Nazigrö- ßen und die Kriegslage geäußert). Nach der Strafverbüßung kam Hartmann im Ja- nuar 1945 ins KZ Sachsenhausen, wo er kurz vor Kriegsende ums Leben kam; die genauen Umstände und das Todesdatum blieben unbekannt. HASSEL, Wilhelm (1892-1967) Geboren am 16. Juli 1892 in Eupel, nach der Lehrzeit als Schlosser nach Hamburg, wo er 1913 der SPD und 1917 der USPD beitrat. Er kam als enger Freund Thäl- manns mit diesem 1920 zur KPD. Hassel arbeitete als Maschinenbauer in Hamburg. 1924 in die Hamburger Bürger- schaft gewählt, der er bis 1927 angehörte. Mitte 1925 als Orgleiter in den KPD-Be- zirk Ruhr entsandt, wo er nach dem »Of- fenen Brief« im Oktober 1925 auch für einige Wochen als Polleiter arbeitete. 1926 ging er wieder nach Hamburg. Er sympa- thisierte einige Zeit mit der linken Oppo- sition, unterschrieb 1926 den oppositionel- len »Brief der 700«, zog aber seine Unter- schrift wieder zurück. Anfang 1927 vom ZK als Polleiter nach Hessen-Kassel ge- schickt. Teilnehmer des XL Parteitags in Essen. Im Oktober 1927 in Kassel (angeb- lich wegen »Trunkenheit«) von Neddermey- er abgelöst. Die Oppositionspresse behaup- tete, Hassel habe Gelder unterschlagen und Saufgelage abgehalten. Er wurde Unter- bezirkssekretär in Lübeck und kehrte 1929 zurück nach Hamburg, wo er wieder Mit- glied der Bezirksleitung wurde. Hassel trat dann politisch nicht mehr her- vor. Er starb am 13. Juli 1967 in Ham- burg-Altona. HAUSEN, Erich (geb. 1900) Als Sohn des Schlossers und späteren Elek- trikers Hartwig Hausen am 5. Februar 1900 in Muskau (Oberlausitz) geboren. Ge- lernter Elektriker. Gegen Kriegsende zum Heer eingezogen, kehrte er im Januar 1919 aus Belgien nach Weißwasser in der Lausitz zurück, wo er der USP beitrat. Bald Vor- sitzender und später Unterbezirksleiter der USP in Weißwasser. 1920 kam Hausen mit der linken USP zur KPD. 1921 nach der Märzaktion Lokal- redakteur der »Roten Fahne der Lausitz« in Cottbus. Auf dem Parteitag in Jena 1921 als Kandidat für den Bezirk Lausitz in den ZA gewählt. Mitglied der Bezirksleitung Lausitz, Ende 1922 Polleiter dieses Bezirks. Delegierter des VIII. Parteitags 1923, als Mitglied in den ZA gewählt. Am 7. Dezember 1923 im illegalen Partei- quartier verhaftet und später vom Staats- gerichtshof in Leipzig wegen Vorbereitung zum Hochverrat zu drei Jahren Gefängnis verurteilt. Nach der Entlassung aus der Haft Ende 1925 zunächst in seinem Hei- matort Weißwasser erwerbslos, anschlie- ßend Sekretär der »Roten Hilfe« in Thü- ringen. 1926 vom ZK für den Bezirk Schlesien als Hausen/Heckert 155 Polleiter nach Breslau entsandt und später durch Wahl in dieser Funktion bestätigt. Auf dem Essener Parteitag 1927 als Kan- didat ins ZK gewählt. Hausen vertrat zu- sammen mit Galm und Bassüner im ZK die sogenannten Rechten. Wegen seiner Oppo- sition nach der Wittorf-Affäre seiner Funktion in Breslau enthoben. In Moskau verteidigte Hausen im November/Dezem- ber 1928 vor dem EKKI seinen Standpunkt und lehnte gemeinsam mit Galm die Be- dingungen des EKKI ab. Einige Tage vor dem Bezirksparteitag im Dezember 1928 Rückkehr nach Breslau. Inzwischen war es dem Apparat gelungen, die Mehrheit der Delegierten für sich zu gewinnen. Hausen und 16 Oppositionelle wurden aus der KPD ausgeschlossen. Bereits vorher hatte er in Breslau (mit dem Gehalt, das seine Frau als Kindergärtnerin bekam) die Zeitschrift »Gegen den Strom« herausgegeben, die zum ersten Organ der »Rechten«, der KPO, wurde. 1929 über- nahm Hausen in Stuttgart als Sekretär die Leitung der KPO. Gleichzeitig gehörte er zur Reichsleitung der KPO. Am 7. Februar 1933 verließ Hausen Stutt- gart und ging nach Straßburg. Von dort nach kurzer Zeit wieder nach Deutschland zurückgekehrt, um die Inlandsarbeit der KPO zu übernehmen. Er war Polleiter des illegalen Dreierkopfes der KPO in Berlin (Siewert Org., Wiest Gewerkschaft). Bei einem Grenzübertritt in Bad Elster verhaf- tet und zunächst unter Spionageverdacht festgehalten. Da er im Besitz eines gültigen französischen Passes war und keinerlei be- lastendes Material bei ihm gefunden wurde, verurteilte man ihn nur wegen Devisenver- gehens zu sechs Monaten Gefängnis. Nach seiner Entlassung nach Frankreich abge- schoben. In Straßburg lebte er illegal, da er keine Aufenthaltsgenehmigung bekam. Er leitete aber von dort aus die KPO-Arbeit und siedelte mit seiner Frau 1936 nach Troyes und 1938 nach Vincennes über. Bei Kriegsausbruch verhaftet und in ver- schiedenen Internierungslagern festgehalten, konnte er mit seiner Frau 1941 nach den USA entkommen. Nach elfjährigem Kampf wurde er dort als Flüchtling an- erkannt, er lebte 1969 als Elektriker in den USA. HECKERT, Fritz (1884-1936) Am 28. März 1884 in Chemnitz geboren. Sein Vater Paul war Schlosser, später beim Konsum beschäftigt, die Mutter verrichtete Heimarbeit. Beide waren aktive Sozial- demokraten. Fritz Heckert lernte Maurer. 1902 Eintritt in die Gewerkschaft und die SPD. 1904 ging er auf Wanderschaft, kam im Januar 1907 nach Berlin, dann nach Bremen. Anhänger des linken Flügels der SPD. Von 1908-1911 Arbeit in der Schweiz, wo er seine Frau Wilma, eine Lettin und Mitglied der SDAPR, kennenlernte; er ge- riet unter den Einfluß der Bolschewiki. Anfang 1912 Rückkehr nach Chemnitz, vom 1. Februar an Vorsitzender der örtlichen Bauarbeitergewerkschaft, dann hauptamtli- cher Sekretär. Heckert stand in enger Ver- bindung zu den Linken der SPD. 1916 einer der Mitgründer der Chemnitzer Sparta- kusgruppe, die mit 400 Mitgliedern zu den stärksten in Deutschland zählte. 1917 trat er mit der Spartakusgruppe der USP bei, obwohl er als Lenin-Anhänger die Schaf- fung einer eigenen linksradikalen Partei vorgezogen hätte. Heckert war neben Brandler der führende Kopf der USPD in Chemnitz, er hielt Ver- bindung zur zentralen USP und lud auch Kautsky zu Versammlungen nach Chemnitz ein. Das Polizeiamt in Chemnitz bezeich- nete Heckert als »Seele der linksradikalen Bewegung in Chemnitz und Umgebung«, er sei »ein gefährlicher Hetzer« und erließ 1918 ein Redeverbot gegen ihn. Kurz vor Ausbruch der Revolution verhaftet. Durch die Revolution befreit, wurde Heckert Vor- sitzender des Arbeiter- und Soldatenrates in Chemnitz. Er war auch einer der weni- gen Spartakisten, die als Delegierte am 15 6 Heckert/Heilborn i. Reichskongreß der Arbeiter- und Sol- datenräte im Dezember 1918 teilnahmen, außerdem wurde er in den Reichsvollzugs- rat gewählt. Heckert war für rasche Trennung von der USP. Er war Delegierter des Gründungs- parteitages der KPD, er schlug den Na- men »Kommunistische Partei Deutschlands (Spartakusbund)« vor, den der Parteitag akzeptierte. Nach Gründung der KPD ging die Chemnitzer USP-Gruppe fast einmütig zur neuen Partei über, die hier ihre einzige Massenbasis hatte. Brandler und der mit ihm befreundete Heckert waren die Leiter der Chemnitzer KPD-Organisation. Auf dem II. Parteitag der KPD kam Hek- kert als Kandidat in die Zentrale der KPD, in dieser Funktion bestätigten ihn auch die folgenden Parteitage des Jahres 1920. Auf dem Vereinigungsparteitag mit der USP im Dezember 1920 wählte man ihn zum Mit- glied der Zentrale und bis zu seinem Tode gehörte er der Zentrale bzw. dem ZK (mit kurzer Unterbrechung 1924) an. Zunächst noch in Sachsen tätig, dann einige Zeit Vertreter der KPD bei der RGI, deren Vollzugsbüro er angehörte. 1922 unter Wal- cher stellvertretender Leiter der Gewerk- schaftsabteilung der Zentrale. Als Mitglied der Brandler-Führung trat Heckert im Oktober 1923 in die Sächsische Regierung ein, er wurde Wirtschaftsmini- ster. Nach der Oktoberniederlage der KPD zusammen mit Brandler und Böttcher we- gen der Haltung in der Regierung scharf angegriffen, schwenkte er Anfang 1924 von den Rechten zur Mittelgruppe über. Als einer der Vertreter der Mittelgruppe 1924 kurz nach dem Frankfurter Parteitag wieder in die Zentrale aufgenommen. Im Mai 1924 auch in den Reichstag gewählt, dem er bis 1933 ununterbrochen ange- hörte. Heckert hatte 1923 und während der Ille- galität der KPD die Abteilung »Verkehr« geleitet, das heißt er war aktiv an den Bür- gerkriegsvorbereitungen beteiligt gewesen. Deswegen wurde er im Oktober 1924 ver- haftet und erst nachdem der Reichstag seine Freilassung beschlossen hatte im Juli 1925 aus der Haft entlassen. Vom XL Parteitag 1927 ins Polbüro gewählt. Bis April 1928 leitete er die Gewerkschafts- abteilung des ZK, dann wurde er zur RGI nach Moskau versetzt. Von Moskau aus distanzierte er sich nach der Wittorf-Affäre von der Absetzung Thälmanns und wurde wieder in die zentrale Leitung der KPD nach Deutschland zurückgerufen. 1928 vom VI. Weltkongreß der Komintern ins EKKI- Präsidium gewählt. Auch vom XII. Partei- tag 1929 wieder ins ZK und Polbüro be- rufen. 1931 kam es in Gelsenkirchen in einer Versammlung, in der Heckert sprach, zu schweren Zusammenstößen mit der SA. Dabei wurde Heckert schwer verletzt. 1932 kehrte er wieder als Vertreter der KPD nach Moskau ins EKKI zurück und blieb auch in den folgenden Jahren dort. Am 6. April 1936 hielt Heckert (der 1935 auf der »Brüsseler« Konferenz wieder ins ZK und Politbüro gekommen war) noch ein Referat aus Anlaß des 50. Geburtstags Thälmanns, am andern Morgen, am 7. April 1936 starb er. Heckert wurde in Moskau an der Kremlmauer beigesetzt; seine Frau Wil- ma starb am 2. April 1967 in Ost-Berlin. HEILBORN, Ismar (geb. 1893) Als Sohn eines Kaufmanns am 30. April 1893 in Königsberg geboren, besuchte eine Realschule in Breslau und lernte anschlie- ßend Gärtner. Von 1915-1918 als Ar- mierungssoldat im Weltkrieg. Nach dem Krieg kaufmännischer Angestellter. 1914 Mitglied der SPD, im April 1919 Übertritt zur KPD, Betriebsrat in Lübeck. Auf dem VIII. Parteitag als Kandidat in den ZA gewählt. 1923 von seiner Firma entlassen, von der KPD als hauptamtlicher Funktionär angestellt. Zunächst Redakteur in Lübeck, wo er Anfang 1925 auch in die Bürgerschaft gewählt wurde. Ende 1925 Re- dakteur in Rostock, im Februar 1926 nach Königsberg an das »Echo des Osten« be- Heilborn/Hein 157 rufen. 1927 Chefredakteur dieses KPD- Organs. Heilborn gehörte zu den »Versöhnlern«, er wurde deswegen 1929 als Chefredakteur abgesetzt, blieb aber Redakteur in Königs- berg. 1930 zu zwei Monaten Festung ver- urteilt. 1932 nach Köln an die Redaktion der »Sozialistischen Republik« versetzt. 1933 verhaftete ihn die Gestapo. Er saß bis 1935 im Gefängnis, dann emigrierte er nach Frankreich, wo er nach der Besetzung ille- gal lebte. 1945 kehrte Heilborn nach Köln zurück, wurde Chefredakteur der KPD-Zeitung »Volksstimme«. 1950 übernahm der ruhige, zurückhaltende und sachliche Heilborn die Chefredaktion des KPD-»Pressedienstes«, eine Funktion, die er bis 1954 innehatte. Heilborn lebte 1969 als Rentner in Bergisch Gladbach. HEILMANN, Friedrich (1892-1963) Am 1. März 1892 in Berlin geboren, lernte Vergolder, später als Expedient tätig. Er schloß sich 1908 der Sozialistischen Jugend in Berlin an und trat 1910 der SPD bei. Während des Krieges Soldat, nach der Re- volution einer der Organisatoren der kom- munistischen »Freien Sozialistischen Ju- gend«, 1919/20 deren Generalsekretär. 1922 Sekretär in der KPD-Zentrale, 1923 Chef- redakteur der »Arbeiterzeitung« Mannheim. Auf dem VIII. Parteitag 1923 für Baden als Kandidat in den ZA gewählt. 1924 Chefredakteur des »Roten Echo« in Gotha, das er bis 1929 leitete. 1927 Mit- glied der Thüringer KPD-Bezirksleitung und 1929 Abgeordneter im Thüringer Landtag. Bei den Auseinandersetzungen mit den Rechten in Thüringen war er zu- nächst »Versöhnler«, dann trat er aktiv gegen die Opposition auf. 1931 nach Düs- seldorf und später nach Solingen versetzt. 1932 erneut in den Thüringer Landtag ge- wählt. 1933 kam Heilmann als illegaler Polleiter nach Nordbayern. Er emigrierte 1934 nach Moskau, wo er als Referent im EKKI ar- beitete. Während des Zweiten Weltkriegs Redakteur am Sender des Nationalkomitees »Freies Deutschland.« 1945 Rückkehr nach Deutschland. Mit- gründer der KPD in Thüringen sowie Lan- desleiter der Partei. Dann Chefredakteur der KPD- und später der SED-Zeitung in Weimar bzw. in Erfurt. 1946-1952 Ab- geordneter im Thüringer Landtag und des- sen Vizepräsident. 1952 Vorsitzender der Gesellschaft für deutsch-sowjetische Freund- schaft im Bezirk Thüringen. Von 1954 bis 1957 Chefredakteur der »Freien Welt«, des Organs der Gesellschaft für deutsch-sowje- tische Freundschaft. 1958/59 stellvertretender Chefredakteur des »Sonntag«. In der Sowjetunion und in der DDR hatte er eine Reihe von Auszeichnungen erhal- ten, darunter den »Vaterländischen Ver- dienstorden« in Silber und den »Karl- Marx-Orden«. Heilmann lebte zuletzt als Parteiveteran in Ost-Berlin, er starb am 30. Juni 1963. HEIN, Wilhelm (1889-1958) Am 10. Januar 1889 in Goldbeck (Pom- mern) als Sohn des Büdners August Hein geboren, siedelte in der Jugend nach Berlin über. Lernte Maschinenformer und arbeitete in diesem Beruf. 1913 Eintritt in die Ge- werkschaft. Im Krieg einige Zeit Soldat. Hein organisierte sich politisch erst 1918 in der USP, mit deren linkem Flügel kam er im Dezember 1920 zur KPD. 1924 ehren- amtlicher Funktionär im Deutschen Metall- arbeiterverband. Ab Oktober 1925 Stadt- verordneter in Berlin. Der Berliner Bezirksparteitag delegierte ihn 1927 in die Bezirksleitung, im gleichen Jahr wurde Hein auf dem Essener Parteitag als Mitglied ins ZK gewählt. 1928 Abgeord- neter des Reichstags, dem er bis 1933 an- gehörte. Der Weddinger Parteitag 1929 wählte ihn erneut zum ZK-Mitglied, er wurde auch als Kandidat ins Polbüro be- rufen. Die rasche Karriere des vierschröti- 15 8 Hein/Hennig gen Mannes, eines Freundes Thälmanns, hielt bis 1933 an. 1930 aus dem DMV aus- geschlossen, wurde Hein in der RGO an führender Stelle eingesetzt, er war stellver- tretender Branchenleiter des revolutionä- ren Formerverbandes. Er blieb bis 1933 im Polbüro. Nach dem Reichstagsbrand verhaftet, je- doch schon nach wenigen Wochen wieder freigelassen. Hein eröffnete dann eine Gast- wirtschaft in Berlin-Wedding. Nach Gerüch- ten tat er das im Auftrag und mit Unter- stützung der Gestapo. Die KPD schloß ihn aus und warnte vor ihm. Nach 1945 betrieb er seine Gastwirtschaft weiter. Politisch betätigte er sich nicht mehr. Hein starb am 17. Februar 1958 in West- Berlin. HEINKS, Heinke (1895-1968) Am 26. Januar 1895 in Geetrich (Emden) geboren, lernte Zimmerer. Kurze Zeit in seinem Beruf tätig, dann als Soldat einge- zogen. 1919 trat er in Bremen der KPD bei, übte verschiedene Funktionen für die Partei aus, zog sich jedoch bald aus der Parteiarbeit zurück. Die linke Opposition warf ihm später vor, er habe bis 1925 dem »Stahlhelm« angehört und sei erst 1927 der Gewerkschaft beigetreten. 1926 als hauptamtlicher Sekretär der KPD in Bremerhaven angestellt. Im gleichen Jahr Lokalredakteur der Bremer »Arbeiter-Zei- tung«, an der Heinks in den folgenden Jah- ren die verschiedensten Posten ausfüllte und die er schließlich 1929 als Chefredakteur leitete. 1930 in der Bezirksleitung Nord- west Sekretär für Landfragen, schon zuvor Mitglied der Bezirksleitung. Heinks, der an den KPD-Parteitagen 1927 und 1929 teilgenommen hatte, war außerdem seit 1927 Mitglied der Bremer Bürgerschaft. Nach 1933 einige Zeit in- haftiert. Nach 1945 kam er über die KPD zur SED. Er übte verschiedene untergeordnete Funk- tionen aus. Er lebte als Parteiveteran in Neuenhagen bei Berlin, wo er am 29. Ja- nuar 1968 starb. HENNIG, Ernst Robert (1892-1931) Am 12. Oktober 1892 in Magdeburg ge- boren, lernte Former und arbeitete in ver- schiedenen Gießereien. Noch vor dem Welt- krieg Mitglied der SPD. Während des Krie- ges als Soldat an der Front. 1918 der USP beigetreten. In Hamburg, wo sich Hennig nach dem Krieg niederließ, wurde er in den Arbei- ter- und Soldatenrat gewählt. 1920 ging er mit der linken USP zur KPD. Wegen sei- ner aktiven Teilnahme am Oktoberauf- stand 1923 in Hamburg verurteilte ihn das Landgericht zu vier Jahren Festung. 1927 aus der Haft entlassen, zog er im glei- chen Jahr in die Hamburger Bürgerschaft ein. Er betätigte sich aktiv im RFB und ge- hörte der KPD-Bezirksleitung Wasserkante an. Hennig wurde am 14. März 1931 ermor- det. Zusammen mit dem Kommunisten Cahn- bley fuhr er im Bus von Vierlanden, wo beide eine KPD-Versammlung geleitet hat- ten, nach Hamburg. Ein Trupp-SA-Leute besetzte den Bus. Zu Hennig sagten sie: »Du bist der Kommunist André, du wirst jetzt totgeschossen.« Als Hennig erklärte, er sei nicht André, sondern Hennig, er- widerte ein SA-Mann: »Jawohl, du bist Hennig, du wirst auch erschossen, dich su- chen wir schon lange!« Die SA-Leute gaben 12-15 Schüsse ab, Hennig war sofort tot. Cahnbley und eine im Bus mitfahrende Be- rufsschullehrerin wurden verletzt. Offiziell distanzierte sich die SA zunächst von der Mordtat, die große Empörung hervorrief. Es stellte sich aber dann heraus, daß der SA-Sturm 14 den Mord verübt hatte. Hit- ler wies den Mördern Frank als Verteidiger zu. An Hennigs Stelle entsandte die KPD des- sen Frau in die Hamburger Bürgerschaft. Hermann/Herzfeld 159 HERMANN, Otto (1898-?) Am 28. August 1898 in Rothenburg (Sachsen) geboren; siedelte in der Jugend nach Leipzig über. Zunächst Hilfsarbeiter, dann Straßenbahner in Leipzig. 1921 Mit- glied der KPD, für die er verschiedene ehrenamtliche Funktionen ausübte. Seit 1926 Stadtverordneter in Leipzig, gehörte er zu den führenden Ultralinken bzw. zur Leipziger Gruppe der »Weddinger Opposi- tion«. 1928 ging er auf die Linie des ZK über, 1929 wurde er als Abgeordneter in den sächsischen Landtag gewählt, dem er bis 1933 angehörte. 1933 flüchtete er aus Leipzig und war ille- gal für die KPD tätig. Am 11. Juli 1934 wurde er verhaftet und ins KZ gebracht. Weitere Daten seines Lebenslaufs waren nicht zu ermitteln. HERZFELD, Joseph, Dr. jur. (1853 bis 1939) Am 18. Dezember 1853 in Neuß geboren, Sohn eines Fabrikanten. Sein Vater war Demokrat und Republikaner, in dessen Haus auch Karl Marx als Gast verkehrte. Die Erziehung der vier Söhne erfolgte im Geist des Aufklärertums (Joseph H. war der Älteste, der Jüngste, Franz H. wurde als Dichter unter dem Pseudonym »Franz Held« bekannt). Joseph Herzfeld besuchte von 1862-1871 das Gymnasium in Düsseldorf. Nach dem Abitur in der Fabrik des Vaters beschäf- tigt, 1872 Volontär in einem Düsseldorfer Bankinstitut. 1874 ging er nach New York, arbeitete in der Versicherungsbank eines nahen Verwandten. Studierte an einer Abendschule, von 1878-1880 am Colum- bia College Jurastudium. 1881-1885 At- torney and Counselor of Law, L. B. B. Er unternahm ausgedehnte Reisen in den USA, Kanada und Kuba. 1885 Rückkehr nach Deutschland, bis 1887 Beendigung des Jurastudiums und Promo- tion. 1892 ließ er sich als Rechtsanwalt in Berlin nieder. Er wurde Atheist und trat 1898 aus der jüdischen Gemeinde aus. Herzfeld wurde noch unter dem Soziali- stengesetz 1887 Mitglied der SPD. Er zog 1898 für die SPD (Mecklenburg) in den Reichstag ein, dem er bis 1906 und dann wieder 1912-1918 angehörte. Herzfeld zählte zum linken Flügel der Partei, er war ein Gegner der Kriegskreditbewilli- gung. Anfangs stimmte er zwar aus Par- teidisziplin den Krediten noch zu, 1915 aber lehnte er sie ab. Herzfeld, der schon Delegierter auf den SPD-Parteitagen 1903 (Dresden) und 1906 (Mannheim) gewesen war, wurde 1917 einer der Mitgründer der USPD. Nadi der Revolution 1918 berief man ihn als USP-Beigeordneten ins Reichsministerium des Innern, Ende 1918 trat er von diesem Posten zurück. Auch in der USPD gehörte Herzfeld zum linken Flügel, auf dem USP-Parteitag im März 1919 wandte er sich gegen Kautsky. Auf diesem Parteitag wurde er ebenso wie auf dem USP-Parteitag im Dezember 1919 in den Beirat der Partei berufen. Auf dem Parteitag in Halle war er einer der Befür- worter des Anschlusses an die Komintern und kam 1920 mit der linken USPD zur KPD. Zusammen mit Clara Zetkin und Eichhorn war er der einzige alte SPD-Füh- rer, der auch nach der KAG-Krise in der KPD blieb. 1920 war Herzfeld für die USP in den Reichstag eingezogen und gehörte dem Auswärtigen Ausschuß an, im Mai 1924 wurde er für die KPD wieder in den Reichstag gewählt. Im Dezember 1924 konnte er kein Mandat mehr erringen. Er blieb bis 1933 aktiv für die KPD tätig, vor allem in der »Roten Hilfe«. In vielen Pro- zessen übernahm er die Verteidigung der angeklagten Kommunisten. 1927 nahm er als Ehrengast an den Feiern zum 10. Jah- restag der Oktoberrevolution in Moskau teil. Auf Vorschlag der KPD-Reichstags- fraktion wurde er 1928 vom Reichstag als »Beisitzer im Staatsgerichtshof« gewählt. Herzfeld, von seinem Neffen Wieland Herzfeld beschrieben als »ein uneitler, spar- 160 Herzfeld/Hesse tanischer, um nicht zu sagen puritanischer Mensch, der weder wohlhabend noch ir- gendwie bedeutend aussah . . . Wichtigtun und Theatralik waren ihm fremd«, hatte sich in den innerparteilichen Auseinander- setzungen zurückgehalten, er sympathisierte jedoch 1924 mit der Mittelgruppe und spä- ter mit den »Versöhnlern«. Trotz seines hohen Alters mußte Herzfeld 1933 aus Deutschland flüchten. Er emi- grierte im September 1933 zunächst in die Schweiz. In Zürich verteidigte der über 80jährige noch Emigranten vor Gericht. 1934 übersiedelte er nach Südtirol. Herz- feld starb am 27. Juli 1939 in Ritten (Col- lalbo) bei Bozen (Bolzano). HESSE, Max (1895-1964) Geboren am 21. Februar 1895 in Berlin. Sein Vater Wilhelm war Metallarbeiter und Mitgründer des Berliner DMV. 1908 aus Preußen ausgewiesen, deswegen wurde sei- nem Sohn Max (einer der 20 besten Volks- schüler) 1909 ein Freistipendium zur Er- langung der Reifeprüfung verweigert. Max Hesse lernte Mechaniker und trat 1910 der Arbeiterjugend und 1912 der Ge- werkschaft bei. Nach der Lehre ging er auf Wanderschaft nach Skandinavien, später Monteur bei Siemens. 1914 eingezogen, kam an die Westfront und wurde dreimal verwundet. 1916 nach Berlin zurückgekehrt, Mitglied der Berliner Revolutionären Ob- leute. Im Herbst 1917 aktiv am »Brotkar- ten«-Streik beteiligt, wurde deswegen wie- der eingezogen und kam (als Vizefeld- webel) an die Front nach Mazedonien. Im Oktober 1917 desertiert, im Dezember ver- haftet, degradiert und zu sechs Jahren Ge- fängnis verurteilt. Im Februar 1918 Front- bewährung. Nach Kriegsende kam Hesse als Mitglied des Soldatenrates nach Spandau, wurde Mitglied des Spartakusbundes und der KPD. Von März bis September 1919 im Gefängnis. Nach der Vereinigung der KPD mit der linken USPD wurde er Vorsitzen- der der KPD in Charlottenburg; von 1920 bis 1923 Betriebsratsvorsitzender der Fa. Lorenz. Mitglied der Bezirksleitung Berlin und Anhänger des linken Parteiflügels. Dele- gierter auf dem VIII. KPD-Parteitag 1923. Zu den Verhandlungen, die 1923 über die Vorbereitung der deutschen Revolution, in Moskau stattfanden, hinzugezogen. Im Auftrag des linken Berliner Bezirks fuhr er nach Sachsen, um die Arbeit der dor- tigen KP zu begutachten. 1924 als Vetreter der KPD ins Orgbüro des EKKI entsandt (im Polbüro saß Iwan Katz). In dieser Funktion blieb Hesse bis 1926. In Deutschland war das gegen ihn laufende Gerichtsverfahren inzwischen un- ter Amnestie gefallen, daher kehrte er 1926 nach Berlin zurück. Wie schon in Moskau war Hesse auch in Berlin Anhänger der Linken. Er trat für die Opposition auf und unterschrieb den »Brief der 700«. Im November 1927 wur- den ihm auf ein Jahr alle Funktionen ent- zogen, im Dezember 1927 aus der KPD ausgeschlossen. Hesse war einer der Mit- gründer des »Leninbundes«. Im Frühjahr 1929 trat er zur SPD über. Bis 1933 Vorsitzender der SPD Charlotten- burg. Er arbeitete im größten Berliner Taxiunternehmen und wurde dort Betriebs- ratsvorsitzender. Am 15. März 1933 verhaftete ihn die Ge- stapo und brachte ihn ins KZ Oranienburg. Im Juli 1933 glückte ihm die Flucht. Hesse ging nach Amsterdam, wo er Mitarbeiter der Internationalen Transportarbeiter-Fö- deration unter Edu Fimmen wurde. Nach der Besetzung Hollands lebte er illegal und arbeitete in einer Widerstandsgruppe. Im Oktober 1941 verhaftete ihn die deutsche Gestapo. Mit falschen Papieren, als Hol- länder getarnt, kam er ins KZ Verght. Auch von dort gelang ihm im September 1944 die Flucht. Bis Kriegsende lebte er wieder in Amsterdam. Hesse kehrte 1947 nach Deutschland zu- rück. Von 1947-1960 Sekretär der ÖTV in Hesse/Heucke 161 Emden und Mitglied der SPD. Dann lebte er als Pensionär mit seiner Frau in Ham- burg, wo er am 7. Juni 1964 starb. HEUCK, Christian (1892-1934) Geboren am 18. März 1892 in Heuwisch (Holstein), arbeitete nach der Schulentlas- sung zwei Jahre in der Landwirtschaft, 1909-1911 Versandleiter eines Gemüsege- schäfts. 1912 aktiver Soldat. Während des Krieges an der Front, dreimal verwundet und mit dem EK 1. Klasse ausgezeichnet. Kehrte als Vizefeldwebel aus dem Krieg zurück. Von 1918-1920 Pferdehändler, dann Inhaber eines Gemüseversandge- schäfts. Seit 1923 hauptamtlicher Funktio- när der KPD. Während der Revolution als Soldatenrat in Wesselburen (Holstein), gründete dort eine SPD-Ortsgruppe. Ende 1919 Austritt aus der SPD, V2 Jahr parteilos, 1920 Mitglied der KPD. Bis 1923 Vorsitzender der KPD in Wesselburen. Ab 1922 Mitglied des Pro- vinziallandtages von Schleswig-Holstein. 1922 aus nichtpolitischen Gründen vier Mo- nate im Gefängnis. 1923 Übersiedlung nach Berlin, dann als Sekretär für Landfragen (Pseud.: »Kurt Anders«) nach Mecklenburg. Im Herbst 1923 Militär-Leiter der KPD Mecklenburg, führte er die Bewaffnung der KPD in Norddeutschland durch. Im März 1924 als M-Leiter nach Schlesien versetzt, am 21. Mai 1924 in Breslau verhaftet. Aus dem Gefängnis wehrte er sich gegen Vorwürfe, er habe Unterschlagungen be- gangen, diktatorisch gehandelt, Mitarbeiter geschlagen usw. Am 20. März 1926 zu fünf Jahren Zuchthaus verurteilt, kam er durch die Amnestie im August 1928 wie- der frei. Heuck, ein Freund Thälmanns, übernahm kurze Zeit die Orgleitung des KPD-Bezirks Wasserkante und andere hauptamtliche Aufgaben. 1929 erneut ver- haftet und nach sechsmonatiger Untersu- chungshaft zu einem Jahr neun Monaten Gefängnis verurteilt. 1930 als Reichstags- abgeordneter gewählt, bis 1933 MdR. Lei- tende Funktionen in Hamburg und Schles- wig-Holstein. Als einer der RFB-Führer in Schleswig- Holstein der SA besonders verhaßt, wurde Heuck, ein Hüne von Gestalt, nach dem Reichstagsbrand verhaftet und am 18. März 1934, seinem 42. Geburtstag, im Gefängnis ermordet. HEUCKE, Alwin (1890-1962) Am 19. Oktober 1890 in Rockendorf (Sachsen) geboren, wuchs in Leipzig auf, wo er 1910 der SPD beitrat; gelernter Schneider. Vor dem Weltkrieg lebte er in Offenbach/Main als Bauarbeiter. Am Krieg nahm Heucke als Matrose teil, er gehörte 1918 zu der Führung der Kieler revolutionären Matrosen. Bei Gründung der KPD trat er 1919 dieser Partei bei und übte verschiedene Parteifunktionen aus. 1922/23 war er Bezirkssekretär der KPD Groß-Leipzig. 1924 wegen seiner Beteiligung an den Ok- toberereignissen 1923 verhaftet, am 26. Fe- bruar 1925 in Leipzig zu einem Jahr neun Monaten Gefängnis verurteilt. Ende Au- gust 1925 amnestiert, aus dem Zentralge- fängnis Potsdam entlassen. Im September 1925 schickte ihn das ZK als Polleiter nach Hessen. In Frankfurt blieb Heucke bis 1928 Pol- leiter. Als Anhänger der »Rechten« am 26. Oktober 1928 seiner Funktion ent- hoben. Mitgründer der KPO und deren Sekretär für Hessen in Offenbach. Nach der Spaltung der KPO blieb er in dieser Organisation. Seinen Sekretärposten verlor er, da im Hauptzentrum Offenbach die Mehrheit mit Galm zur SAP ging. 1933 flüchtete Heucke nach Frankreich und von da aus kurze Zeit später nach Para- guay, wo er bis 1958 als Siedler lebte. Nach Deutschland zurückgekehrt, schloß er sich der Gruppe »Arbeiterpolitik« an. Heucke starb am 15. März 1962 in Fulda. 162 Heydemann/Heym HEYDEMANN, Max (1884-1956) Am 3. Februar 1884 in Güstrow geboren, besuchte das Gymnasium in Güstrow, Ro- stock und Waren. Nadi dem Abitur stu- dierte er Volkswirtschaft und Geschichte in Freiburg, München und Jena. Im Januar 1907 Mitglied der SPD, von 1910 an jour- nalistisch für die SPD tätig. Einige Jahre als Korrespondent im Ausland (Paris, Wien). Nach Kriegsausbruch kam er nach Deutsch- land zurück und war von 1915-1918 Soldat. Im November 1918 Mitglied des Soldaten- rats und anschließend im Vollzugsrat des I. Artillerie-Regiments in Königsberg. Heydemann trat zur USP über. Delegierter des USP-Parteitags im März 1919 und von 1919 an auch Stadtverordneter in Königs- berg, sowie Provinziallandtagsabgeordneter in Ostpreußen. Heydemann war einer der Wortführer der USP in Ostpreußen. Er kam, obwohl reli- giös, 1920 mit dem linken Flügel der USP zur KPD (in einer Versammlung 1919 hatte er Luxemburg, Liebknecht und Eisner mit Christus verglichen, sie alle seien verkannte Märtyrer gewesen). Auf dem Vereini- gungsparteitag im Dezember 1920 in den ZA der VKPD gewählt. 1921 zog er bei der Nachwahl für die KPD in den Reichstag ein. Während der KAG- Krise unterschrieb er im Dezember 1921 den Protest gegen die Zentrale, blieb aber in der KPD. Auch im Mai 1924 wieder in den Reichstag gewählt, im Dezember 1924 in den preußischen Landtag. Ende 1924 verhaftet, jedoch im Januar 1925 wieder freigelassen. Im April 1925 schied Heydemann aus der KPD aus, da die Partei an alle Abgeord- neten die Forderung richtete, aus der Kirche auszutreten. Er ging zur SPD und vertrat diese Partei bis 1928 im Landtag und wurde auch 1932 wieder SPD-Abgeord- neter im preußischen Landtag. Nach 1933 in verschiedenen KZ mehrmals in Haft. Im Frühjahr 1945 aus dem Gestapo-Ge- fängnis in Karlsbad befreit, ging er nach Bayern und schloß sich wieder der SPD an. Heydemann starb am 27. Oktober 1956 in Altötting. HEYM, Guido (1882-1945) Geboren am 1. Mai 1882 in Suhl, ent- stammte einer alten Suhler Sozialistenfami- lie, lernte Werkzeugschlosser, arbeitete einige Jahre in seinem Beruf. 1901 Eintritt in die SPD. Seit 1910 Mitarbeiter sozialdemo- kratischer Zeitungen, 1913 Lokalredakteur der Erfurter »Tribüne« in Suhl. 1917 trat Heym zur USP über und kam mit deren linkem Flügel 1920 zur KPD. Er war Delegierter auf dem Spaltungsparteitag der USP und dem Vereinigungsparteitag mit der KPD und seit 1920 Chefredakteur des Suhler KPD-Organs »Volkswille«. Mit- glied des Kreistages Schleusingen. In Suhl war er als Parteivorsitzender und Stadtver- ordnetenvorsteher der »ungekrönte Kö- nig«, da die KPD dort die stärkste Partei war. Heym zählte zum linken Flügel der KPD. Im Mai 1924 Abgeordneter des Reichstags, im Dezember 1924 Abgeordneter des preu- ßischen Landtags. 1926 stand er mit der Mehrheit des Unterbezirks Suhl und der fast geschlossen hinter ihm stehenden Orts- gruppe auf Seiten der linken Opposition. Seine Gruppe war 1927 nur noch formal in der KPD, in der Praxis unterstützte sie allenthalben die Oppositon Ruth Fischer- Scholem-Urbahns. Das ZK schloß Heym zunächst nicht aus, da die Mehrheit der KP Suhl noch immer zu ihm hielt. Als er jedoch ankündigte, seine Zeitung »Volkswille« werde ab 1. Ja- nuar 1928 im gesamtdeutschen Maßstab als Organ der linken Opposition erscheinen, erfolgte am 24. Dezember 1927 sein offi- zieller Ausschluß aus der KPD. Die Mehr- heit der Ortsgruppe ging mit ihm in den »Leninbund«, der »Volkswille« wurde das Reichsorgan des »Leninbundes«. Kurz vor der Wahl im Mai 1928 trat Heym/Heymann 163 Heym mit der Mehrheit seiner Anhänger zur SPD über. Bis 1933 blieb er für die SPD Redakteur und Abgeordneter im Kreistag, Fraktionsführer und Vorsitzender der SPD in Suhl. Nadi 1933 mehrmals verhaftet. Noch am 5. April 1945 wurde Heym und eine Reihe weiterer Arbeiterführer in Suhl von der SS erschossen. HEYMANN, Stefan (1896-1967) Am 14. März 1896 in Mannheim geboren, entstammte einer gutsituierten jüdischen Angestelltenfamilie. Nadi dem Besuch des Gymnasiums Bankangestellter. Sehr natio- nalistisch eingestellt, meldete er sich 1914 als Kriegsfreiwilliger, kam an die West- front und wurde verwundet. 1917 meldete er sich zu den Fliegern, gegen Kriegsende nochmals verwundet. Die Kriegserlebnisse änderten Heymanns Anschauungen, er wurde - nach dem Krieg in einem Lazarett im Spessart liegend - Anarchist. Anfang 1919 versuchte er - nach Mannheim zurückgekehrt - eine »Partei der Jugend« zu gründen und stand in enger Ver- bindung zu den Anarchisten Toller und Mühsam. Als Mühsam im Februar 1919 (nach der Ermordung Eisners) in Mannheim die we- nige Tage existierende »Räterepublik Kurpfalz« ausrief, gehörte Heymann zu den führenden jungen Köpfen dieser Ak- tion. Im Juni 1919 trat er der KPD bei. Bis zum Herbst 1923 arbeitete er als An- gestellter bei der Süddeutschen Diskont- gesellschaft. Bei den Aufstandsvorbereitungen im Ok- tober 1923 wurde Heymann mit seinen militärischen Erfahrungen in den M-Appa- rat aufgenommen und Kampfleiter für Un- terbaden (Pseud.: »Dietrich«). Im Januar 1924 verhaftet und am 27. September 1924 (im Prozeß gegen Schneck, Becker, Oelßner u. a.) zu 3V2 Jahren Gefängnis verurteilt. Im Sommer 1926 amnestiert, trat er als hauptamtlicher Funktionär in den KPD- Apparat ein. Zunächst Leiter des RFB, dann Redakteur an der Mannheimer »Ar- beiterzeitung«, die er 1929 als Chefredak- teur leitete. Heymann gehörte zum stalini- stischen Flügel der Partei in Baden. 1928 zog er für den in den Reichstag gewählten Abgeordneten Schreck auch in den badi- schen Landtag ein, wurde 1929 nicht wie- dergewählt. Als verantwortlicher Redak- teur vom Reichsgericht 1930 zu einem Jahr Gefängnis verurteilt. 1931 als Redakteur an die »Rote Fahne« nach Berlin berufen, wurde er 1932 Chefredakteur der »Arbei- ter-Zeitung« in Breslau. Ende 1932 nach Berlin zurückgekehrt war er bis 1933 Re- dakteur der »Roten Fahne«. 1933 verhaftet. Zunächst KZ Dachau, spä- ter in Buchenwald und ab 1942 in Ausch- witz. Im IG-Farben-Lager Monnowitz Schreiber im Krankenblock, in der illegalen KPD-Gruppe leitete Heymann die »rechte« Fraktion. Im April 1945 befreit, gründete er zusam- men mit seiner Frau, Liesel Martin (die 1961 starb), das Antifa-Komitee in Thü- ringen, schloß sich der KPD und SED an. Mehrmals gemaßregelt und auf den Kultur- sektor abgeschoben. Heymann leitete die Kulturabteilung bei der SED-Landesleitung Thüringen, dann bis Sommer 1950 die Kulturabteilung des ZK in Berlin. 1950 kam er in den diplo- matischen Dienst und war bis 1953 Bot- schafter in Ungarn, dann bis 1957 Bot- schafter in Polen. Anschließend leitete er die Hauptabteilung Presse des Außenmini- steriums in Ost-Berlin. 1960 Professor an der Akademie für Staats- und Rechtswis- senschaft in Potsdam, 1965 emeritiert, 1966 von dieser Akademie die Ehrendoktorwür- de verliehen. Heymann erhielt mehrere Auszeichnungen, darunter den »Vaterländischen Verdienst- orden« in Silber. Im Juli 1960 attackierte ihn die SED, weil er die chinesische These, die Amerikaner seien »Papiertiger« ver- breitet hatte. Heymann starb am 3. Februar 1967 in Ost-Berlin. 16 4    Hildebrandt/Hirsch HILDEBRANDT, Wilhelm (1887-1942) Am 5. Oktober 1887 in Westen (Hann.) als Sohn eines Landarbeiters geboren. Lernte vier Jahre Schlosser und Maschinen- bauer, siedelte nach Hamburg über und war im Weltkrieg Soldat. 1918 Mitglied der USP. 1920 mit der linken USP Übertritt zur KPD. In der KPD gehörte Hilde- brandt dem linken Flügel an. 1925 zum Mitglied der BL Wasserkante berufen, im gleichen Jahr als Nachfolger Gostomskis in die Hamburger Bürgerschaft nachgerückt, 1927 und 1928 als Abgeord- neter in die Bürgerschaft gewählt. Hildebrandt hatte sich in der Wittorf-Af- färe gegen Thälmann gestellt. Er wurde im Mai 1929 aus der KPD ausgeschlossen. Er legte sein Mandat in der Bürgerschaft nicht nieder, sondern blieb bis zur Neuwahl 1931 unabhängiger Abgeordneter. Später trat er politisch nicht mehr hervor, er war wieder als Schlosser beschäftigt. Hildebrandt starb am 14. Oktober 1942 in Hamburg. HIRSCH, Werner Daniel (1899-1937?) Am 7. Dezember 1899 in Deutsch-Wil- mersdorf geboren. Sein Vater war ein jü- discher Bankier, seine Mutter entstammte der Familie von Bismarck. Bereits im Gym- nasium agitierte Hirsch gegen den Krieg und für die USPD. Im Januar 1918 erst- mals kurzfristig verhaftet. Während der Revolution arbeitete er für den Apparat von Jogiches. Vor Kriegs- ende zur Marine eingezogen, an der Revo- lution in Kiel beteiligt. Als Vertreter Cux- havens nahm Hirsch am Gründungspartei- tag der KPD teil. Er war einer der Orga- nisatoren der Volksmarine-Division. Nach dem Gründungsparteitag von der Zentrale nach Hamburg entsandt. Kam nach Berlin zurück, wo er kurz vor der Ermordung von Liebknecht und Luxemburg verhaftet wurde. Nach Levis Ausschluß aus der KPD 1921 entfernte sich Hirsch von der Partei. Er ging als Korrespondent der »Vossischen Zeitung« nach Wien. Dort kam er wieder mit der KP in Berührung. Von September 1924 bis Juni 1925 leitete Hirsch als Chef- redakteur die Wiener »Rote Fahne«. 1926 siedelte er wieder nach Deutschland über. Im August des gleichen Jahres anstelle Globigs politischer Redakteur der SAZ in Leipzig, Anfang 1927 zum »Kämpfer« nach Chemnitz, zeitweise dessen Chefredakteur. 1927 mußte er für kurze Zeit ins Gefängnis, anschließend in Berlin Redakteur an der »Roten Fahne«. Ende 1930 Chefredakteur der »Roten Fahne«. 1932 arbeitete er als einer der Se- kretäre Thälmanns und hatte damit einen großen Einfluß auf die Parteipolitik. Hirsch wurde zusammen mit Thälmann im März 1933 verhaftet. Im Reichstagsbrand- prozeß sagte er als Zeuge aus und mußte sich dabei selbst belasten. Er gab zu, ein guter Freund Thälmanns gewesen zu sein. Der »Völkische Beobachter« nannte ihn den »Typ jener Juden, die vom Redaktionstisch der Roten Fahne aus die Arbeiterschaft ... aufhetzten ...«. Als er 1934 aus dem KZ entlassen wurde, begrüßte ihn die KP- Presse. Er schrieb eine Broschüre über die KZ, die Ende 1934 von der KPD verbrei- tet wurde. 1937 nach Moskau berufen, dort verhaftet und vermutlich erschossen. Wie allen Ange- klagten wurde ihm vorgeworfen, Agent der Gestapo zu sein. Da Kippenbergs Apparat schon vor 1933 den Verdacht hegte, Hirsch könne der »X« sein, der der preußischen Poli- zei KPD-Material liefere, war seine Haft- entlassung aus dem KZ für die NKWD dop- pelt verdächtig. Dabei soll in Wirklichkeit seine Mutter durch ihre engen Beziehungen zu Emmy Sonnemann, der Frau Görings, ih- ren Sohn freibekommen haben, der auf An- weisung Görings auch als »Vollarier« aner- kannt wurde. Immerhin hatte es noch in ei- nem 1934 in Moskau erschienenen Buch »Aus Hitlers Konzentrationslagern« gehei- ßen: »Dort im Gefängnis (Plötzensee) be- gegnete ich dem Genossen Werner Hirsch. Hirsch/Höllein 165 Sein Gesicht war von den Schlägen grün und blau geschwollen.« HOEFER, Hermann Martin (1868-1945) Geboren am 21. August 1868 in Ham- burg. Sein Vater war ein katholischer Schuhmacher, vom Rheinland nach Ham- burg ausgewandert. Er trennte sich von der Kirche; in seiner Schusterstube hingen die Bilder von Marx und Engels. In dieser Atmosphäre wuchs Hermann Martin Hoe- fer auf, er besuchte zwei Jahre die katho- lische und dann die Volksschule in Ham- burg, von 1884-1887 die Präparanden- schule und von 1887-1890 das Lehrersemi- nar. Seit 1890 Volksschullehrer in Ham- burg. Hoefer trat 1892 der SPD bei, als aktiver Sozialist mehrfach gemaßregelt, war er ak- tiv in der Armen- und Wohlfahrtspflege in Hamburg tätig. Fest in der SPD verwur- zelt, löste er sich nur schwer von ihr, doch ging er wegen ihrer Kriegspolitik 1917 von der SPD zur USPD und 1920 zur KPD. Er übernahm verschiedene Funktionen und war von 1928-1930 Mitglied der Hambur- ger Bürgerschaft und der KPD-Bezirkslei- tung. 1933-1935 war Hoefer mehrmals im KZ. 1933 nahm man ihm die Lehrerpension, seine Tochter wurde fristlos aus dem Schul- dienst, sein Sohn aus dem Jugendamt ent- lassen. Durch Zimmervermietung und einen kleinen Kaffeehandel schlug sich die Fami- lie mühsam durchs Leben. 1944 im Kran- kenhaus, wo er mit Magengeschwüren lag, verhaftet. In einem Prozeß gegen Hoefer und seine Tochter Grete wurden beide zu längeren Haftstrafen verurteilt. Hoefer wurde am 23. April 1945 schwerkrank aus dem Zuchthaus Coswig und seine Tochter aus dem KZ Gribow befreit. Er war so geschwächt, daß er nicht gehen konnte. In einem Rollstuhl brachte ihn seine Tochter nach Hamburg, von mehreren Aufenthal- ten in verschiedenen Krankenhäusern un- terbrochen. Am 23. November 1945 er- reichten sie Hamburg. Am 13. Dezember 1945 starb Hoefer in einem Hamburger Krankenhaus an den Folgen der Haft. HOLLEIN, Emil (1880-1929) Am 8. Februar 1880 in Eisfeld (Thürin- gen) als Sohn eines Textilarbeiters geboren. 1885 wanderten die Eltern nach Löwen in Belgien aus. Er besuchte 1885-1895 die Mittelschule und das Athenäum in Löwen und bildete sich später selbst weiter. 1895 starben die Eltern; mit vier Geschwistern wurde Hollein nach Deutschland abgescho- ben. Von 1895-1898 Lehre als Schlosser. Bis 1904 arbeitete er als Werkzeugmacher, da- zwischen leistete er seinen Militärdienst von 1900-1902 ab. Von 1904-1915 war Hollein als Privat- sprachlehrer in Jena tätig. 1905 Mitglied der SPD, 1907 Vorsitzender der SPD in Jena, 1912/13 SPD-Gemeinderat. Als Sol- dat eingezogen, von 1915-1918 an der Front. 1917 Übertritt zur USPD, Mitgründer des USP- (später KPD-)Organs »Neue Zei- tung« und deren politischer Redakteur. Abgeordneter des Landtags von Sachsen- Weimar und 1920 des Reichstags. Bei der Spaltung der USPD schwankte Hollein lange, bis er sich doch mit dem linken Flü- gel der KPD anschloß. Im Oktober 1921 siedelte Hollein, ein populärer Redner, als Redakteur an die »Inprekorr« nach Berlin über. Im März 1923 von der KPD nach Paris geschickt, dort verhaftet und bis Juli fest- gehalten, dann aus Frankreich ausgewiesen. 1924 kam er wieder nach Thüringen zu- rück. Bis 1923 Anhänger Brandlers, dann schloß er sich der Mittelgruppe an und ging - wohl nicht zuletzt unter dem Einfluß sei- ner Lebensgefährtin Gertrud Morgner, die in der KPD auf dem linken Flügel stand (sie emigrierte 1933 in die Sowjetunion und lebte 1968 in der DDR) - zu den Linken. Im Mai 1924 in den Reichstag gewählt, dem er bis zu seinem Tode angehörte. Seit i66 Höllein/Hoernle Mitte 1924 in Haft und erst durch den Einspruch des Reichstags im Januar 1925 freigelassen. Im ZK für die Abteilung So- zialpolitik verantwortlich. Teilnehmer des XI. Parteitags 1927. 1927 erschien sein Buch »Gegen den Gebärzwang! Der Kampf um die bewußte Kleinhaltung der Familie«. Nach der Wittorf-Affäre vertrat er die Li- nie des ZK im Kampf gegen die »Rechten«. Hollein starb überraschend am 18. August 1929. Das ZK ehrte ihn durch öffent- liche Aufbahrung, die Gedenkrede hielt Geschke. HOERNLE, Edwin (1883-1952) Am 11. Dezember 1883 in Cannstatt ge- boren, verlebte die ersten Lebensjahre in Mirat (Ostindien) und seine Kindheit als Pfarrerssohn in einem württembergischen Bauerndorf. Schrieb als lojähriger Gedichte und entwickelte einen Widerspruchsgeist gegen seine protestantisch-fromme Umge- bung. Mit 13 Jahren kam er in verschiedene Knabenpensionate und löste sich dabei langsam von Elternhaus und Religion. Er schrieb später darüber: »Liebeleien, Weltschmerz, verbotene Gelage, Anfälle schwerster Zerknirschung, Schwimmen und Wandern, reichliche Produkte romantischer Naturpoesie, nervöse Minterwertigkeitsge- fühle, trotzige Auflehnung gegen Schul- und Heimzucht wechselten in bunter Folge ab.« Besuch der humanistischen Gymnasien in Ludwigsburg und Stuttgart, 1902 Abi- tur. 1903 Militärdienst bei der Infanterie. Hoernle studierte Theologie in Tübingen und Berlin (1904-1908). In Berlin kam er mit der SPD in Berührung. Er lernte seine Frau Helene (geb. Heß, geboren 1886) dort kennen und lebte trotz aller Anfeindungen ohne Eheschließung mit ihr zusammen. Im Frühjahr 1909 legte er die theologische Dienstprüfung ab. Drei Monate Vikar, dann endgültige Trennung von der Kirche. Privatlehrer in Berlin, Mitarbeiter der SPD-Presse, u. a. der »Neuen Zeit«. 1910 Mitglied der SPD, Anhänger von Mehring und Rosa Luxemburg, mit denen er und seine Frau bald befreundet waren. 1912 zweiter politischer Feuilletonredak- teur an der »Schwäbischen Tagwacht« in Stuttgart. Zusammen mit Crispien und Walcher vom württembergischen SPD-Par- teivorstand nach Kriegsausbruch gemaß- regelt, weil er eine internationalistische linke Haltung vertrat. Während des Krieges mehrfach verhaftet, dann an die Front geschickt und dort ver- wundet. Mitgründer des Spartakusbundes und später der KPD. In Stuttgart gehörte er dem Arbeiter- und Soldatenrat an. 1919/20 Leiter der KPD in Württemberg, später vor allem auf dem Bildungssektor der KPD tägig, lange Jahre Führer der kommunistischen Kinderarbeit. Auf dem VII. Parteitag 1921 und wieder auf dem VIII. Parteitag 1923 in die Zentrale der KPD gewählt, war er in dieser Periode der »rechten« Politik einer der maßgebenden KPD-Führer. 1922 auf dem IV. Weltkon- greß der Komintern ins EKKI berufen. Er hatte bis dahin schon mehrere Gedicht- bände veröffentlicht, doch nannte er sie nur »Nebenprodukte kommunistischer Partei- arbeit«. Nach der Oktoberniederlage 1923 einer der Führer der Mittelgruppe. Die linke Mehr- heit des IX. Parteitags verhinderte im Mai 1924 seine Kandidatur für den Reichstag, im Dezember dann doch in den Reichstag gewählt, dem er bis 1933 angehörte. 1924 von der Polizei gesucht, nach einem Steck- brief war er 1,72 m groß, dunkelblond und sprach schwäbische Mundart. Hoernle hatte neben der Kinderarbeit der KPD seit 1921 die Landabteilung der Zen- trale geleitet. Nach dem »Offenen Brief« 1925 übernahm er diese Funktion wieder. Auf dem XL Parteitag 1927 erstattete er den Bericht der Agrarkommission. Vom ZK Mitte 1927 als Chefredakteur der »Süddeutschen Arbeiterzeitung« nach Stuttgart entsandt. Das geschah nicht nur wegen des Funktionärmangels in Stuttgart, sondern auch weil Hoernle, der nie auf dem linken Flügel gestanden hatte, ener- gisch gegen die Methoden protestierte, mit denen die Linken ausgeschlossen wurden. 1928 kam er wieder nach Berlin zurück und arbeitete bis 1933 in der Landabteilung des ZK, wenn er auch in der ultralinken Peri- ode nach 1929 nicht mehr hervortrat. Seine Frau war inzwischen in der IAH aktiv (ihre Tochter Hedda trat 1922 der KPD bei und ist heute Parteiveteranin der SED). Ende 1933 emigrierte Hoernle in die So- wjetunion. In Moskau Leiter der Abtei- lung Mitteleuropa im Agrarinstitut. Wäh- rend des Krieges Mitglied des National- komitees »Freies Deutschland«, Mitarbeiter des Weltwirtschaftsinstituts in Moskau. Im Mai 1945 Rückkehr nach Deutschland, im Juli 1945 zweiter Vizepräsident der Landesverwaltung Brandenburg, von Sep- tember 1945 an Präsident der Deutschen Zentralverwaltung für Land- und Forst- wirtschaft der Deutschen Wirtschaftskommis- sion. Im September 1949 trat er zurück und leitete als Dekan die agrarpolitische Fakul- tät der Verwaltungsakademie in Forst Zinna. Er war Verfasser vieler Schriften, u. a. »Grundfragen der proletarischen Pädago- gik« (1927), »Die Industrialisierung der deutschen Landwirtschaft« (1928) und der Gedichtbände »Aus Krieg und Kerker« (1919), »Okulifabeln« (1920) und »Die ro- ten Lieder« (1924). Eine Auswahl seiner Schriften ist enthalten in: Edwin Hoernle, »Ein Leben für die Bauernbefreiung«. Ost- Berlin 1965. Nach längerer Krankheit starb Hoernle am 21. Juli 1952 an einem Herzleiden. HOFFMANN, Martin (1901-1945?) Als Sohn eines Volksschullehrers am 18. Oktober 1901 in Hohensalza geboren, be- suchte die Realschule und dann ein Real- gymnasium bis zur Reifeprüfung. Einein- halb Jahre als kaufmännischer Lehrling tä- tig, dann Volontär in einer Redaktion und später Redakteur. 1918 verurteilte ihn ein Hoernle/Hoftmann, Martin 167 Gericht wegen seiner Antikriegshaltung zu einem Jahr Festung. 1919 Mitglied der KPD, von 1920-1926 Redakteur an der KPD-Zeitung »Echo des Ostens« in Königsberg. 1919 V2 Jahr inhaf- tiert, auch später in der Weimarer Republik mehrmals verurteilt. 1923 Chefredakteur des »Echo des Ostens«, als Anhänger der »Rechten« löste ihn das ZK 1924 wieder ab. 1927 Orgleiter des KPD-Bezirks Ost- preußen. Im gleichen Jahr heiratete Martin Hoff- mann und siedelte nach Thüringen über, wo er an verschiedenen KPD-Organen als Re- dakteur arbeitete. Bei den Auseinanderset- zungen 1928/29 aktiver Anhänger der »Versöhnler«. Als Redakteur entlassen, kehrte er nach Ostpreußen zurück. Da er zunächst nicht kapitulierte, am 23. August 1929 zusammen mit anderen führenden Versöhnlern Ostpreußens (Glagau u. a.), aus der Partei ausgeschlossen. Nach einer Reueerklärung 1930 wieder in die KPD aufgenommen. Das ZK schickte ihn als Redakteur ans »Ruhr-Echo« nach Essen. Bis 1933 Gewerkschaftsredakteur die- ser Zeitung, zeitweise (unter Abusch) stell- vertretender Chefredakteur. Am 13. April 1933 kam er ins KZ. Am 17. Mai 1934 entlassen, flüchtete er nach Holland, kehrte aber im gleichen Jahr noch nach Deutschland zurück. Gemeinsam mit Firl leitete er in Berlin die illegale Reichs- arbeit der KPD und wurde am 19. Februar 1936 in Berlin erneut festgenommen. Mit Firl stand er im Mai 1937 vor dem »Volksgerichtshof«. Am 22. Mai 1937 zu lebenslänglichem Zuchthaus verurteilt (Firl wurde zum Tode verurteilt). Zunächst war Hoffmann im Zuchthaus Münster, vom Februar bis Dezember 1941 in der Strafanstalt Kassel-Wehlheiden inhaf- tiert. Dann verliert sich seine Spur, er ist vermutlich noch vor Kriegsende umgekom- men oder ermordet worden. i68 Hoffmann, Otto/Hommes, Gerhard HOFFMANN, Otto Karl (1882-1955) Am 14. Oktober 1882 in Hamburg gebo- ren, trat vor dem Weltkrieg der SPD bei. Im Krieg Mitglied der Hamburger Links- radikalen, mit denen er bei Gründung der KPD in die neue Partei kam. Auf dem Jenaer Parteitag 1921 in die Statutenkom- mission gewählt. Von 1926-1932 Mitglied der Hamburger Bürgerschaft und in den Jahren 1926/27 auch Mitglied der KPD-Bezirksleitung. Hoffmann galt als Spezialist für Landwirt- schaftsfragen. 1926 hauptamtlicher Sekretär für Kommunales in der BL Wasserkante. In den folgenden Jahren Redakteur der »Hamburger Volkszeitung«. Nach 1933 war Otto Hoffmann mehrmals inhaftiert. 1945 trat er politisch nicht mehr hervor. Er starb am 14. September 1955 in Hamburg. HOFFMANN, Paul (1867-1945) Am 4. November 1867 in Borschen/Oder geboren, lernte Maurer, kam in jungen Jah- ren nach Berlin. Hier schloß er sich der SPD an, als aktiver Funktionär mehrmals gemaßregelt; eröffnete eine Gastwirtschaft. 1913 für die SPD ins preußische Abgeord- netenhaus gewählt. Im Krieg trat er zur USPD über. Von No- vember 1918 bis Januar 1919 Beigeord- neter für öffentliche Arbeiten in der preu- ßischen Regierung. Für die USP 1919 in die preußische Nationalversammlung ge- wählt. Delegierter des USP-Parteitages im März 1919, Anhänger der linken Strö- mung in der USP. Kam mit der linken USP 1920 zur KPD. Die KPD vertrat er ununterbrochen von 1921-1933 im preußischen Landtag. Trotz seines hohen Alters während des »3. Reiches« längere Zeit inhaftiert, starb Hoffmann am 17. Juni 1945 in Berlin. HOMMES, Edith (1891-?) Edith Stillmann, am 10. Februar 1891 in Breslau geboren, besuchte die Mädchen- Mittelschule, dann die Handelsschule und machte ihr Examen als Sprachlehrerin, spä- ter als Handelslehrerin. Während des Krie- ges Sekretärin eines Berliner Professors. Nach dem Krieg ging sie nach Hamburg, dort heiratete sie Gerhard Hommes und war Angestellte der staatlichen Handels- schule. Frau Hommes trat 1918 der USP bei und kam mit deren linkem Flügel 1920 in die KPD. 1921 Abgeordnete der Hamburger Bürgerschaft, der sie bis 1927 angehörte. Delegierte des VIII. Parteitages 1923. Bis 1927 Mitglied der KPD-Bezirksleitung Wasserkante, als gute Rednerin bekannt. Da sie zum linken Flügel der Partei zählte, wurde sie 1927 nicht mehr als Kandidatin für die Bürgerschaft aufgestellt. Später zog sie sich von der Politik zurück. Von Gerhard Hommes geschieden, floh sie 1933 als Jüdin aus Deutschland. Sie kam nach China und heiratete dort den emi- grierten deutschen Professor Knaack. Wei- tere Daten ihres Lebenslaufs ließen sich nicht ermitteln. Sie soll bereits gestorben sein. HOMMES, Gerhard Rudolf (1894-1955) Am 28. März 1894 in Hannover geboren, besuchte das Gymnasium und studierte Germanistik und Geschichte. Er machte das Examen für das Lehramt an höheren Schu- len und war nach dem Weltkrieg drei Jahre im Schuldienst tätig. 1917 Mitglied der USPD, Delegierter auf dem Spaltungsparteitag der USP und auf dem Vereinigungsparteitag mit der KPD im Dezember 1920. 1923 während des Ham- burger Aufstandes in der Militärleitung der KPD. Von 1921-1926 Abgeordneter der Hamburger Bürgerschaft. Er vertrat die KPD auch im Bürgerausschuß. Delegierter des VII. (1921) und VIII. (1923) Partei- tags. 1923 als Kandidat in den ZA der KPD gewählt. Von 1921-1926 Redakteur der »Hamburger Volkszeitung«, dann an die »Sächsische Arbeiterzeitung« nach Leip- zig versetzt. Da er zum linken Parteiflügel zählte, kam er 1927 nicht mehr in die Bür- gerschaft. Er trat Ende der zwanziger Jahre der SPD bei und zog sich in der Folgezeit von der Politik zurück. Nach 1933 emigrierte er und kam während des Krieges nach Südamerika. Hommes starb am 6. Oktober 1955 in Bogotä/Ko- lumbien. HOOP, Martin (1892-1933) Am 14. April 1892 in Lägersdorf (Schle- sien) geboren, lernte Elektriker. Über seine Kindheit und Jugend ist nichts bekannt; nach dem Weltkrieg wurde er nach Sachsen verschlagen. Mitglied der USP, kam er mit deren linkem Flügel 1920 zur KPD. Hoop arbeitete als Elektriker in Bautzen und wurde dort 1923 in die Unterbezirks- leitung gewählt, auch Mitglied des Stadt- rats. 1925 Leiter des Unterbezirks Bautzen. 1925 gehörte Hoop zu den Ultralinken, doch trennte er sich 1926 von ihnen und ging zur Thälmann-Fraktion über. Anfang 1927 als Orgleiter in die Bezirks- leitung Ostsachsen nach Dresden berufen, diese Funktion füllte er bis 1929 aus. Nach der Zusammenlegung der drei sächsischen Bezirke Gewerkschaftsredakteur an der »Arbeiterstimme« in Dresden. 1932 Leiter des KPD-Unterbezirks Zwickau. 1933 illegal tätig, am 6. Mai 1933 verhaftet und ins KZ Oberstein verschleppt. Dort wurde er schwer mißhandelt. Im Prozeß gegen seine Mörder im April 1948 in Zwickau sagten Zeugen aus: »Ich lag in der OO (der berüchtigten Vernehmungszelle), mir gegenüber lag der Unterbezirkssekretär der KPD Martin Hoop. Idi habe des öf- teren gehört, daß die Wachmannschaften die Zelle von Hoop betraten und denselben schwer mißhandelten ...« »Eines Tages sah ich, wie Martin Hoop allein auf dem Hof in der Freistunde ging. Bitterlich wollte Hoop zwingen, im Paradeschritt zu gehen. Er ging ständig hinter Martin Hoop her Hommes, Gerhard/Idel 169 und schlug mit dem Gummiknüppel auf ihn ein ...« »Ich lag neben der Zelle von Martin Hoop und habe im Unterbewußtsein des Nachts nebenan Geräusche gehört. Als ich am näch- sten Morgen zum Austreten geführt wurde, stand die Zellentür von Martin Hoop offen und auf dem Fußboden sah ich eine Lache Blut, auf der Pritsche und an den Wänden Blutspuren. Martin Hoop war verschwun- den ...« Martin Hoop wurde in der Nacht vom 10. zum 11. Mai 1933 ermordet. IDEL, Otto (1886-1944) Geboren am 13. Juli 1886 in Hübender (Gummersbach); lernte Dreher. Vor dem Weltkrieg Mitglied der SPD. Mit der lin- ken USP 1920 zur KPD. In der KPD über- nahm er verschiedene Funktionen. Nach dem Krieg als kaufmännischer Angestellter beschäftigt. Idel gehörte in der KPD zum linken Flü- gel. Mitte 1924 war er kurze Zeit Sekretär für Gewerkschaftsfragen in der KPD-Be- zirksleitung Ruhr, dann arbeitete er in der Gewerkschaftsabteilung der BL. Delegierter des IX. Parteitags 1924 und des XL Par- teitags 1927. 1929 Geschäftsführer des »Ruhr-Echo«. 1931 in gleicher Funktion nach Hannover. 1933 illegale Arbeit für die KPD; verhaf- tet und am 10. Juni 1933 zu einem Jahr drei Monaten Zuchthaus verurteilt. Im Sep- tember 1934 aus der Haft entlassen, arbei- tete er im »Bochumer Verein« als Dreher. Wieder illegal tätig. Am 31. Juli 1936 vom »Volksgerichtshof« in Berlin wegen Spio- nage für die Sowjetunion zu lebensläng- lichem Zuchthaus verurteilt. Nach der Haft in verschiedenen Zuchthäusern kam er 1944 ins KZ Mauthausen, dort kam Idel am 2. Februar 1944 ums Leben. 170 Jadasch/Jäkel JADASCH, Anton (1888-1964) Am 25. Mai 1888 in Krapp witz/O. S. ge- boren, lernte Zimmermann. 1902 Mitglied der Gewerkschaft. 1906-1914 Hüttenarbei- ter, anschließend bis 1919 Bergarbeiter. 1907 Eintritt in die SPD. Bei Ausbuch der Revolution in den Beuthener Arbeiterrat gewählt. Einer der Mitgründer des Spar- takusbundes in Oberschlesien. 1919 Sekretär der KPD, Bezirk Oberschlesien. Im Dezember 1920 schloß sich dieser KPD- Bezirk mit der »Kommunistischen Partei Oberschlesiens« (die aus der Sozialistischen Partei Polen - PPS - entstanden war) und der USP zur »Kommunistischen Partei Oberschlesiens« zusammen. Sekretär dieser Organisation wurde Jadasch, der auch spä- ter, nachdem der Bezirk wieder zur KPD zurückkehrte, ihr Leiter blieb. 1921 vom Jenaer Parteitag für Oberschle- sien in den ZA gewählt. 1922 Gewerk- schaftssekretär der ultralinken »Union der Hand- und Kopfarbeiter«. Da diese Orga- nisation ihren Hauptsitz im Ruhrgebiet hat- te, siedelte er vorübergehend nach Oberhau- sen über. Im Mai 1924 zog Jadasch als Abgeord- neter in den Reichstag ein, dem er ununter- brochen bis 1933 angehörte. Im Juni 1924 wieder in den Vorstand der »Union der Hand- und Kopfarbeiter« gewählt, ging aber nach Oberschlesien zurück. Polleiter des KPD-Bezirks Oberschlesien. Im September 1924 Rückkehr ins Ruhrge- biet, gemeinsam mit Sobottka vollzog er im folgenden Jahr die Auflösung der »Union«, er führte die Gruppe Bergbau in den Freien Bergarbeiterverband über. In der Folgezeit leitete Jadasch in Berlin die kommunistische Erwerbslosen- und Land- arbeiterbewegung. Nach 1929 führend in der RGO tätig, we- gen Vorbereitung zum Hochverrat 1932 zu 15 Monaten Festung verurteilt. Die Strafe mußte er dann unter dem Hitler-Regime verbüßen. Nach 1933 dreimal kurze Zeit im KZ, ar- beitete er als Bergmann. 1938 zog er nach Berlin-Wittenau und war Platzmeister in einem Sägewerk. 1945 schloß Jadasch sich wieder der KPD bzw. der SED an. Zunächst Bürgermeister in Berlin-Wittenau. 1946 Generalsekretär der Vereinigung der gegenseitigen Bauern- hilfe und für diese Mitglied des Landtags von Brandenburg. In den fünfziger Jahren spielte er politisch keine Rolle mehr, er lebte als Rentner in West-Berlin, kandidierte 1954 für die SED bei den Wahlen zum Abge- ordnetenhaus. Jadasch war Ehrenmitglied des Zentralvorstandes der FDGB-Gewerk- schaft Land- und Forstwirtschaft. Träger mehrerer Auszeichnungen, darunter »Va- terländischer Verdienstorden« in Silber und »Banner der Arbeit«. Jadasch starb am 17. Mai 1964 in Berlin. JÄKEL, Paul (1890-1944) Am 7. April 1890 in Kleinhelmsdorf (Rie- sengebirge) geboren, lernte Maurer und zog als Wandergeselle durch Deutschland. 1908 Mitglied der SPD, 1919 Übertritt zur KPD. Arbeitete nach dem Krieg als Mau- rer. 1921 hauptamtlicher Funktionär, zuerst in der Gewerkschaft, dann in der KPD. In den zwanziger Jahren für die KPD in Ostsachsen tätig. 1928 Sekretär für Ge- werkschaftsfragen der KPD-Bezirksleitung Erzgebirge-Vogtland, 1930 die gleiche Funktion in der Bezirksleitung Sachsen, bis 1932 Vorsitzender der RGO in Sachsen. 1932 holte ihn das ZK nach Berlin, er nahm in der RGO eine führende Position ein. Im November 1932 Reichstagsabgeordneter. 1933 emigrierte er in die ÖSR, dann nach Frankreich und hatte bald führende Funk- tionen im Emigrationsapparat inne. Jäkel kam nach Moskau und war noch führend im Nationalkomitee »Freies Deutschland«. Er starb in der Sowjetunion (1944 oder 1945). Auf dem XV. Parteitag der KPD und auf dem Gründungsparteitag der SED bei der Aufzählung »Unsere Toten« wurde Jäkel erwähnt. Jahnke/Jannack 171 JAHNKE, Karl Hans Heinrich (1898 bis 1961) Geboren am 3. Februar 1898 in Hamburg, besuchte die Mittelschule, anschließend kaufmännische Lehre. 1919 aktiv in der Kommunistischen Jugend und der KPD, auf deren linkem Flügel er stand. Nach der Spaltung 1920 Übertritt zur KAP, 1921 wieder zur KPD zurück. 1923 aktiv am Hamburger Aufstand beteiligt. 1924 kurze Zeit Agitprop-Leiter des Bezirks Wasser- kante, im gleichen Jahr Mitglied der Ham- burger Bürgerschaft. 1924 wegen Beteiligung am Hamburger Aufstand zu mehrjähriger Festungshaft verurteilt, Haft in Cuxhaven, bis er Anfang 1926 amnestiert wurde. 1926 Mitarbeiter der deutsch-russischen Handelsgesellschaft (Betriebsratsvorsitzen- der). Im Februar 1926 griff er in der Bür- gerschaft den Justizsenator, der Urbahns ei- nen »politischen Verbrecher« genannt hatte, tätlich an, warf ihm Aktenbündel ins Ge- sicht und schied danach aus dem Hambur- ger Parlament aus. Bei den Diskussionen 1926-1928 stand Jahnke auf dem linken Parteiflügel. Im Fall Wittorf 1928 vertrat er den Stand- punkt Trotzkis. Deshalb Ende 1928 fristlos aus der deutsch-russischen Handelsgesell- schaft entlassen und aus der KPD ausge- schlossen. Nach der Abspaltung der Trotzki- Gruppe vom Leninbund schloß sich Jahnke 1929 den Trotzkisten an und gehörte zur Leitung der Hamburger Gruppe. 1931 - nach einer Reise seiner Frau in die Sowjetunion - trennte er sich wieder von den Trotzkisten und kapitulierte vor der KPD, die ihn wieder aufnahm. 1932 An« gestellter der RGO in Berlin. Nach 1933 mehrmals inhaftiert, trug von den schweren Mißhandlungen einen Hör- fehler davon. 1945 wieder Mitglied der KPD. Betriebs- rat in einer Hamburger Firma. Zunächst Mitglied der DAG, dann Mitglied der Orts- verwaltung HBV des DBG in Hamburg. Jahnke starb am 13. August 1961 in Ham- burg. JAKOBS, Hermann (1901-?) Am 28. März 1901 in Gotha geboren, stammte aus bürgerlichem Hause und stu- dierte nach der Reifeprüfung in Leipzig und Berlin. 1921 Mitglied des KJV und der KPD. Anhänger der linken Opposition in Berlin. Übernahm verschiedene Funktio- nen im KJV (Pseud.: »Adolf« und »Lo- thar«). 1923 Redakteur der »Jungen Garde«, des Zentralorgans des KJV. Im April 1924 von Ruth Fischer zum Vorsitzenden des Kommunistischen Jugendverbandes be- stimmt, aber schon bald von Blenkle abge- löst. Auf dem IV. Kongreß der Kommu- nistischen Jugend-Internationale im Juli 1924 ins EKKI der Jugend-Internationale gewählt. Bis zum »Offenen Brief« 1925 eif- riger Anhänger Ruth Fischers. Nach dem »Offenen Brief« schwenkte er zur neuen Leitung über. 1926 bis Ende 1927 Redakteur an der Münchener »Neuen Zeitung«. Delegierter des X. und XL Par- teitags. 1928 Redakteur in Pommern. 1929 Nachfolger Böttchers als Chefredak- teur der Leipziger SAZ, dann des »Kämp- fer« in Chemnitz. 1933 war Jakobs ein enger Vertrauter Schuberts in den Auseinandersetzungen um die Nachfolge Thälmanns. Ende 1933 ging er in die Emigration. Zunächst in Frank- reich, entsandte ihn die KPD kurz vor Kriegsausbruch in die USA, um Gelder für die Partei zu sammeln. Er soll nach dem Krieg noch in den USA gelebt haben, weitere Daten seines Lebenslaufs ließen sich nicht ermitteln. JANNACK, Karl (geb. 1891) Als uneheliches Kind am 23. Januar 1891 in Cölln b. Bautzen geboren, auf dem Dorf aufgewachsen, durchlebte eine schwere Kindheit. Einige Zeit als Knecht tätig, dann Schuhmacherlehre, anschließend 1909 auf Wanderschaft. 1909 Mitglied der SPD in Bremen, Anhän- ger der Bremer Linken. 1913 Soldat bei der Infanterie, Kriegsteilnehmer, 1915 mit dem 172 Jannack EK II ausgezeichnet, im Frühjahr 1916 ver- schüttet, dann Übersiedlung nach Bremen. Mitkämpfer der Bremer Linksradikalen und der »Arbeiterpolitik«, deswegen fest- genommen. Entzog sich der Schutzhaft durch Freiwilligmeldung. Wieder Soldat und bis zur Revolution 1918 in Saarburg- Lothringen. Am 11. November 1918 kam Jannack nach Bremen zurück. Auf Vorschlag des USP- Führers Henke zum Leiter des Soldaten- rates gewählt. Er schloß sich den »Inter- nationalen Kommunisten« an, seit Grün- dung Mitglied der KPD. Im Januar 1919 nach Berlin geschickt, um Luxemburg und Liebknecht nach Bremen, einem für sie si- cheren Ort, zu holen. Die KPD-Führer ver- ließen Berlin jedoch nicht. Jannack gehörte zu den Führern der im Fe- bruar 1919 in Bremen proklamierten Räte- republik. Nach der Auflösung dieser Rä- terepublik Sekretär des KPD-Bezirks Nordwest. Da dieser Bezirk auf dem II. Parteitag 1919 zur ultralinken Opposition gehörte, wurde auch Jannack - der Dele- gierter war - ausgeschlossen. Im Oktober 1919 Mitunterzeichner eines Briefes von Laufenberg, in dem es hieß: »Fordert die Zentrale auf, sich bei Euch in Bremen zu verantworten. Der brutalen Vergewalti- gung gegen Eure Beauftragten setzt Eure Fäuste entgegen.« Jannack schloß sich aber nicht der KAP an, sondern kam nach einigen Monaten zur KPD zurück. 1920 Mitglied der Bremer Bürgerschaft und Vorsitzender des KPD- Bezirks Nordwest. Auf dem V., VI., VII. und VIII. Parteitag (von 1920-1923) in den ZA der KPD gewählt. Im August 1922 nach Remscheid berufen, wo ihn die KP-Mehrheit des ADGB zum Gewerkschaftssekretär wählte. 1923 Ge- werkschaftssekretär in der KPD-Bezirkslei- tung Rheinland-Westfalen-Süd (Nieder- rhein). Jannack galt als eifriger Anhänger Brandlers, deshalb wurde er nach dem Sieg der Linken Mitte 1924 seiner Funktion ent- hoben. Weil er die Fraktionsarbeit der Brandler-Anhänger leitete und deren Rundbriefe versandte, schloß ihn die KPD am 10. Oktober 1924 aus. Seinen Aus- schluß billigte der ZA im Januar 1925. Nach dem »Offenen Brief« und der Über- prüfung der Ausschlüsse wurde auch Jan- nack im Oktober 1925 wieder in die KPD aufgenommen. Als Sekretär der IAH hauptsächlich im Ausland eingesetzt, kam er 1927 wieder nach Deutschland zurück. Kurze Zeit Redakteur an der »Sozialisti- schen Republik«, dann an der »Welt am Abend« in Essen, wo er Rudert ablöste. Bei den Auseinandersetzungen mit den »Rech- ten« 1928/29 blieb Jannack auf der ZK- Linie. 1931 Leiter der »Roten Hilfe« in Niederrhein, behielt diese Funktion bis 1933- Jannack arbeitete nach 1933 noch kurze Zeit illegal, emigrierte dann nach Lothrin- gen und ließ sich wieder in Sarrebourg nie- der. Seine Frau, die er im Ersten Weltkrieg in Sarrebourg kennengelernt hatte, flüchtete ebenfalls aus Deutschland (sie starb 1940), beide lebten von seinen Einkünften als Schuhmacher. In seinen Lebenserinnerun- gen, »Wir mit der roten Nelke«, die Jan- nack 1959 in Bautzen veröffentlichte, schrieb er, daß er auch in dieser Zeit für die KPD tätig gewesen sei. Dagegen hatte er seinerzeit der Gestapo Zeugen benannt, die aussagten, er habe schon seit 1935 insge- heim die »Deutsche Volksgemeinschaft«, die Organisation der NSDAP in Lothringen un- terstützt und sei seit 1938 offen für sie ein- getreten. Am 5. Oktober 1940 von der Gestapo festgenommen, In einem Schreiben an das Reichssicherheitshauptamt vom 8. Februar 1942 (HStA Düsseldorf, Gestapo Akte 3594) bat Jannack, ihm »die Gelegenheit zu geben, als Soldat des Führers im deutschen Freiheitskampf mitzuarbeiten«. Er führte weiter aus: »Um mich aus meiner alten geistigen Bin- dung loszureißen und um nicht wieder er- werbslos zu werden, habe ich Anfang Mai 1933 Deutschland verlassen und mich bei Jannack/Jendretzky 173 meinen Schwiegereltern in Lothringen seß- haft gemacht. Politisch habe ich mich nicht betätigt bis auf die Verteidigung der deut- schen Belange, weshalb ich als Verdächtiger der >5. Kolonne< im Mai 1940 interniert wurde. Daß ich vor, während und nach der Internierung für nationalsozialistische Ziele tätig war, wird durch zahlreiche deutsch- gesinnte Lothringer bestätigt. Mit zugehörig zu den Gründern der Deut- schen Volksgemeinschaft in Saarburg stellte ich mich sofort in den Dienst der Organi- sation, zuerst als Zellenleiter, später als Organisationsleiter der Ortsgruppe. Nach diesem Aufbau nahm ich teil am 1. Treffen der Amtswalter in Metz... begab mich freiwillig zur Gestapo in Saarburg mit dem Ersuchen, meine Vergangenheit zu bereini- gen. Dabei wurde mir anheimgestellt, daß ich als Staatenloser einen Geleitschein für das unbesetzte Frankreich bekommen könne. Ich lehnte ab, da ich 50 Jahre unbescholten gelebt und Vertrauen zu Deutschland hatte, daß nicht meine zehn und mehr Jahre zurückliegende überwun- dene Gesinnung bestimmend sei, sondern mein Verhalten seit meiner Niederlassung in Lothringen und mein Einsatz für Groß- deutschland ...« Trotz dieses Briefes verfügte die Gestapo seine Überführung ins KZ. Bis Kriegsende war Jannack im KZ Buchenwald. Nach 1945 in der SED in Bautzen aktiv. In seinen Erinnerungen verdammt Jannack seine früheren Freunde von der Opposi- tion. Im April 1966 erhielt er den »Vater- ländischen Verdienstorden« in Gold. 1969 lebte Jannack, als Parteiveteran geehrt, in Bautzen. JENDRETZKY, Hans (geb. 1897) Als Sohn eines Buchdruckers am 20. Juli 1897 in Berlin geboren, lernte Schlosser. 1919 Mitglied der USP, mit deren linkem Flügel 1920 zur KPD. Arbeitete als Schlos- ser und übte verschiedene Funktionen für die KPD aus. 1926 hauptamtlicher Funktionär und Leiter des RFB Berlin-Brandenburg. Im Dezember 1927 durch Olbrysch abgelöst, da er »ver- sagt« hatte (vor allem, weil er gegenüber der Opposition nicht genügend »durchge- griffen« hatte). Anfang 1928 übernahm er erneut die Leitung des Berliner RFB und zog im gleichen Jahr auch in den preußi- schen Landtag ein (1932 nicht mehr als Kandidat aufgestellt). 1930 aus der RFB- Arbeit entfernt, weil er zusammen mit Olbrysch eine Untersuchung gegen den RFB-Führer Leow und dessen finanzielle Manipulationen gefordert hatte. Bis 1933 Mitglied der KPD-Bezirksleitung Berlin- Brandenburg und für die Erwerbslosen- bewegung verantwortlich. Nach 1933 illegale Arbeit, deswegen 1934 verhaftet und verurteilt. Bis 1937 im Zuchthaus Luckau, anschließend noch ein Jahr im KZ. Freigekommen, arbeitete er von 1939-1944 als Schlosser in Berlin. 1944 erneute Verhaftung, da er der Widerstands- gruppe Saefkow angehört hatte. Im April 1945 floh Jendretzky aus dem Nürnberger Gefängnis. 1945 wieder KPD-Mitglied, Leiter der Ab- teilung Arbeit im Magistrat von Berlin. Von Februar 1946-1948 Vorsitzender des FDGB, Mitglied des Parteivorstands bzw. des ZK der SED. 1948—1953 Leiter der Berliner SED, seit 1950 auch Kandidat des Politbüros der SED. Nach dem 17. Juni 1953 zusammen mit Zaisser, Herrnstadt u. a. aus dem Politbüro und dem ZK ausgeschlossen und seiner Funktion in Berlin enthoben (obwohl er nicht zur Zaisser-Gruppe gehörte, sondern schwankte, ob er Ulbricht weiter unterstüt- zen solle). Jendretzky wurde im Januar 1954 mit einer »Parteirüge« bestraft, 1954 nicht mehr ins ZK gewählt. Bis 1957 Vor- sitzender des Rats von Neubrandenburg. Am 29. Juli 1956 im Zuge der Entstalini- sierung rehabilitiert, wurde Jendretzky wieder ins ZK kooptiert. 1950-1954 und von 1958 an Abgeordneter der Volkskam- mer. Von 1957-1960 stellvertretender In- 174 Jendretzky/Jurr nenminister. Auf den SED-Parteitagen 1958, 1963 und 1967 wieder ins ZK gewählt, er erhielt in den letzten Jahren mehrere Or- den, darunter die höchste Auszeichnung, den »Karl-Marx-Orden« (am 26. Juli 1962). Von August 1960 an Staatssekretär und Lei- ter des Sekretariats des Ministerrats der DDR. Im Mai 1963 ins Präsidium und Se- kretariat des FDGB-Bundesvorstandes ge- wählt. 1961 erschien sein Buch »Der gewerk- schaftliche Kampf um Frieden, Einheit und Sozialismus 1945-1948. Aus Reden und Aufsätzen.« JENDROSCH, Friedrich (1890-1944) Am 22. Mai 1890 in Lomnitz/O.S. ge- boren, besuchte die Schule in Rosenberg/ O.S. und arbeitete anschließend bei der Eisenbahn. Vor dem Weltkrieg Mitglied der SPD, 1919 Übertritt zur KPD. 1920 Stadtverordneter in Hindenburg/ O.S., später Abgeordneter des Provinzial- landtages Schlesien. Im Mai 1924 in den Reichstag gewählt. Im Dezember 1924 zog Jendrosch in den preußischen Landtag ein, dem er bis 1932 angehörte. Von 1925-1929 Polleiter des KPD-Bezirks Oberschlesien, anschließend übte er nur kleine Funktionen aus. 1932 nicht mehr als Landtagskandidat aufgestellt. Nach 1933 illegale Arbeit für die KPD. Ende der dreißiger Jahre ins KZ Sachsen- hausen eingeliefert, wo er am 28. Novem- ber 1944 ums Leben kam. JURR, Werner (1906-1947) Als Sohn eines Schneidermeisters am 20. September 1906 in Berlin-Schöneberg ge- boren, hatte neun Geschwister, lernte Klempner. 1921 Mitglied des kommunisti- schen Jugendverbandes (dem auch mehrere seiner Brüder und seine Schwester angehör- ten) und 1924 der KPD. Jurr arbeitete in Berlin in seinem Beruf und übte verschiedene Funktionen aus. Im Herbst 1925 ins ZK des KJVD gewählt, Ende 1925 Gauführer der »Roten Jung- front« (Jugendorganisation des RFB) Ber- lin-Brandenburg. Mitte 1927 Vorsitzender der »Roten Jungfront« für das ganze Reich und hauptamtlicher Sekretär. 1928 Teilnehmer ei- nes Ausbildungslehrgangs in der Sowjetunion Anfang 1929 wandte er sich öffentlich gegen die Korruptionsmethoden im RFB. Wegen dieser Kritik am 15. März 1929 aus der KPD sowie aus dem RFB und der Kommunistischen Jugend ausgeschlossen. Übertritt zur KPO und Führer der Kom- munistischen Jugend-Opposition. Im Januar 1930 auf Grund eines Artikels, den er noch in seiner KPD-Zeit geschrieben hatte, zu einem Jahr Festung verurteilt. Die KPD und die »Rote Hilfe« verschwiegen diese Tatsache und unterstützten ihn nicht. Er verbüßte die Strafe in Gollnow, wo er enge Verbindung zu Scheringer hatte. Zu- sammen mit Albert Schreiner näherte sich Jurr wieder der KPD und trat Ende 1932 wieder in die Partei ein. Bis Mitte 1933 arbeitete er illegal für die »Rote Hilfe« in Stuttgart, dort verhaftet und 1934 zu drei Jahren Zuchthaus ver- urteilt. Im Zuchthaus Brandenburg, an- schließend bis 1939 im KZ inhaftiert. Nach seiner Entlassung gehörte Jurr zur Wider- standsgruppe Saefkow. 1942 zum Straf- bataillon 999 eingezogen und nach Grie- chenland verschickt. Nach dem 20. Juli 1944 erneut verhaftet, 1945 aus dem Zucht- haus Brandenburg befreit. Obwohl schwer krank, schloß er sich wieder der KPD bzw. SED an. Leiter der Per- sonalabteilung der Zentralverwaltung für Inneres. Jurr starb am 6. Dezember 1947 in Berlin an Magenkrebs. Seine ehemalige Frau, Herta Jurr-Tempi, wurde während der Field-Affäre wegen Verbindung zu Field mehrfach angegriffen. Sie lebte inzwischen in Frankreich und wurde aus der KP Frankreich ausgeschlos- sen. Sein Bruder Gerhard war in Schöne- berg für die SED tätig, 1946 von der US- Besatzung verhaftet, aber bald wieder frei- gelassen. Kaasch/Kaiser   KAASCH, Wienand (1890-1944) Am 30. Januar 1890 in Stolp/Pommern geboren, schloß sich nach der Schlosserlehre der Gewerkschaft an, 1912 Mitglied der SPD. Über die USP kam er 1920 zur KPD, für die er in Berlin verschiedene Funktio- nen ausübte. 1923 von der Zentrale in die KPD-Bezirks- leitung Ruhr entsandt. 1924 Mitarbeiter der Orgabteilung der Zentrale. Im Oktober 1924 kurze Zeit inhaftiert. Er wurde fest- genommen, als er (im Auftrag der Zen- trale) die Organisation des Ruhrgebiets in- spizierte. Anfang 1925 berief ihn das ZK zum Polleiter der neugebildeten KPD-Be- zirksleitung Saar. In den folgenden Jahren arbeitete Kaasch in der Orgabteilung des ZK, er war zeit- weilig Abteilungsleiter. 1928 Abgeord- neter des preußischen Landtags, dem er bis 1932 angehörte. 1931 wurde er aus der Arbeit in Deutschland abgezogen und war als Instrukteur für die Komintern tätig. Die Komintern stellte Kaasch 1935 der KPD wieder für die illegale Arbeit in Deutschland zur Verfügung. Doch schon nach wenigen Wochen, im Oktober 1935 wurde er verhaftet und 1936 zu zwölf Jah- ren Zuchhaus verurteilt. 1944 starb Kaasch im Zuchthaus Luckau. Seine Frau, Hertha Geffke-Kaasch (geb. 19. August 1893 in Bollinken bei Stettin), war 1912 der SPD beigetreten, kam im Krieg zur USP und 1920 zur KPD. Sie ge- hörte von 1922-1927 der Bezirksleitung Ruhr als Frauenleiterin an und heiratete am 23. August 1926 Wienand Kaasch. 1933 kam sie ins KZ, 1934 wurde sie zu zwei Jahren Zuchthaus verurteilt. Nach 1945 Mitglied der SED, deren ZPKK sie 1969 als Mitglied angehörte. Sie wurde mit dem »Karl-Marx-Orden« ausgezeichnet. KAHMANN, Fritz (geb. 1896) Am 13. März 1896 in Girschunen (Ost- preußen) geboren, trat 1923 als kleiner Landwirt in Ostpreußen der KPD bei und wurde in den folgenden Jahren als »Land- wirtschaftsspezialist« in verschiedene Funk- tionen berufen. 1927 Mitglied der KPD- Bezirksleitung Ostpreußen, im September 1928 anstelle des zurückgetretenen KPD- Abgeordneten Moericke auch Abgeordneter des preußischen Landtags. Von 1929 an im Kommunistischen Bauernbund führend tä- tig. Bis 1932 Landtagsabgeordneter, im No- vember 1932 in den Reichstag gewählt. Nach 1933 inhaftiert, emigrierte 1936 und kam 1939 in die Sowjetunion. Am 6. Mai 1945 mit der »Initiativgruppe Sobottka« nach Deutschland gebracht, arbeitete er in Stettin und Mecklenburg (mit der gleichen Aufgabenstellung wie die »Gruppe Ul- bricht« in Berlin). Aktiv in der KPD und dann der SED. Er übte in Mecklenburg verschiedene kleinere Funktionen aus und war 1968 Personalreferent des 1. Stellver- treters des Vorsitzenden des Rates im Be- zirk Schwerin. 1955 mit dem »Vaterlän- dischen Verdienstorden« in Bronze, 1961 in Silber und im September 1965 mit der »Er- innerungsmedaille« zum 20. Jahrestag der Bodenreform ausgezeichnet. KAISER, Paul (1885-1950) 1885 geboren, lernte nach der Schulentlas- sung Maurer. 1903 Mitglied der Gewerk- schaft und der SPD. 1917 in Berlin Über- tritt zur USPD. Mit der linken USP kam Kaiser 1920 zur KPD. Anhänger des lin- ken Flügels der KPD. Von 1923 an Vorsit- zender des kommunistischen »IndustrieVer- bandes für das Baugewerbe«. Zusammen mit Schumacher und Weyer wandte sich Kaiser 1924 als Ultralinker gegen die Ge- werkschaftspolitik der KPD; er weigerte sich, den »Industrieverband für das Bau- gewerbe« mit den freien Gewerkschaften zu fusionieren. Ebenso wie Schumacher und Weyer wurde Kaiser im September 1924 aus der KPD ausgeschlossen. Kaiser führte auch in den folgenden Jahren den Indu- strieverband. 1926/27 arbeitete er eng mit der Korsch-Gruppe zusammen. Im Herbst Kaiser/Kassler 1931 spaltete sich der Industrieverband. Die Mehrheit schloß Kaiser aus, da er sich gegen den »Roten Volksentscheid« ausge- sprochen hatte und mit Urbahns zusam- menarbeitete; doch konnte Kaiser die Minderheit des Verbandes weiterführen. Während der Hitlerzeit wieder als Maurer beschäftigt, wurde er wegen seiner politi- schen Einstellung mehrmals verfolgt. Nach 1945 trat Kaiser wieder der KPD bzw. der SED bei, übte jedoch keine Funk- tion mehr aus und geriet bald in Opposi- tion zur Parteilinie. Er starb am 12. April 1950 in Berlin. KARL, Georg (1882-1964) Am 21. Juli 1882 in München geboren, lernte Mechaniker, trat vor dem Weltkrieg der SPD bei. Im Juli 1918 Übersiedlung nach Nürnberg. Dort Mitglied der USPD. Delegierter auf dem Vereinigungsparteitag mit der KPD 1920. 1923 Parteisekretär der nordbayerischen KPD. Im Oktober 1923 in Schutzhaft genommen, im Mai 1924 wieder freigelassen, übernahm er die Orgleitung der KPD in Nordbayern, aber schon 1925 wieder für einige Zeit inhaftiert. Im Mai 1927 rückte er für Götz in den bayerischen Landtag nach, dem er bis 1928 angehörte. Nachdem er in verschiedenen Funktionen tätig war, wurde Georg Karl Anfang 1928 nochmals vorübergehend Orgleiter in Bay- ern, dann schied er aus dem hauptamt- lichen Funktionärkorps aus. Er trat poli- tisch wenig hervor. Nach 1933 war Karl längere Zeit im KZ Dachau. 1945 schloß er sich wieder der KPD an, übte aber keine Funktionen mehr aus und trennte sich 1949 von der Partei. Er hatte sich eine Existenz als Kartoffel- und Lebensmittelgroßhändler in Nürnberg geschaffen. Karl starb am 16. Januar 1964 in Nürnberg. KASPER, Wilhelm (geb. 1892) Am 8. August 1892 in Neustadt/Schwarz- wald als Sohn eines Landarbeiters geboren; lernte kaufmännischer Angestellter. Als Kaufmann später in Berlin beschäftigt. 1916 schloß er sich der SPD an, trat 1917 zur USP über und kam mit deren linkem Flügel 1920 zur KPD. Seit 1919 Gewerk- schaftssekretär im Zentralverband der An- gestellten, wählte man ihn 1923 in die KPD-Bezirksleitung Berlin-Brandenburg, wo er für Gewerkschaftsfragen verantwort- lich war. Nach dem Frankfurter Parteitag 1924 auch in die Gewerkschaftsabteilung der Zentrale berufen. Von 1924 bis zur Annullierung der kommunistischen Man- date durch Hitler nach der Märzwahl 1933 Abgeordneter des preußischen Landtags. Von 1928 an Geschäftsführer und 1932 stell- amtenausschuß des Parlaments an und bear- beitete speziell Angestellten- und Beamten- fragen, insbesondere auch die der Polizei (Preußisches Polizeibeamtengesetz, Polizei- etat). Kasper nahm an verschiedenen Partei- tagen teil. Auf dem Weddinger Parteitag 1929 wurde er Mitglied des ZK und Kan- didat des Polbüros. Sofort nach dem Reichs- tagsbrand verhaftet und im KZ Sonneburg schwer mißhandelt. Beim Reichstagsbrand- prozeß wurde er als Entlastungszeuge für Torgier aus dem KZ geholt. Behauptungen, nach denen Torgier »mit Sprengstoff zu tun gehabt hätte« erklärte er im Prozeß »von A bis Z erlogen«. Am 8. Juli 1935 zu drei Jahren Zuchthaus verurteilt (damalige Höchststrafe). Nach der Entlassung als An- gestellter bei der Zentralverwaltung der Berliner Stadtgüter beschäftigt; heiratete im Juli 1938 zum zweiten Male in Berlin. Nach 1945 Angestellter in Hamburg. Seit 1954 gehörte er als Mitglied der »Welt- friedensbewegung« dem Landesfriedens- komitee Hamburg an, in dem er bis zur Vollendung seines 70. Lebensjahres ehren- amtlich mitarbeitete. Er lebte 1969 als Rent- ner in Hamburg. KASSLER, Georg (1887-1962) Geboren am 8. April 1887 in Berlin, trat Kassler/Katz 177 sofort nach der Buchdruckerlehre 1904 der SPD bei. Übte in Berlin verschiedene ehrenamtliche Parteifunktionen aus. Seit 1915 Mitglied der »Gruppe Internationale«, Rosa Luxemburgs. Bis zum Sommer 1918 arbeitete er in einer Druckerei und ver- schickte von dort aus revolutionäres Ma- terial an die Front. Im Sommer 1918 verlor er seine Stellung und siedelte mit seiner Familie (Frau und drei Kinder) nach Treb- bin über. Dort gehörte er zu den Organisa- toren der Novemberrevolution. Vorsitzen- der des Arbeiter- und Soldatenrates in Treb- bin und Gründer der örtlichen KPD. Wäh- rend des Kapp-Putsches versuchte er die Landarbeiter gegen Kapp zu organisieren. Delegierter der KPD-Parteitage von 1921 und 1923. 1925 Übersiedlung nach Berlin, dort Stadtverordneter der KPD. Haupt- amtlicher Funktionär in KP-Buchhandlun- gen. 1928 Reichstagsabgeordneter, UB-Lei- ter der Lausitz. Da er zu den »Versöhn- lern« tendierte, 1930 nicht mehr als Reichs- tagskandidat aufgestellt. 1933 emigrierte Kassler mit seiner Familie in die Sowjetunion. Dort während der gro- ßen Säuberung längere Zeit inhaftiert. Einer seiner Söhne kam in einer sowjetischen »Arbeitsarmee« ums Leben. Während des Krieges war er in Karaganda evakuiert, dann einige Zeit Redakteur und Lehrer an sowjetischen Antifaschulen. 1946 Rückkehr nach Deutschland, Mitglied der SED, erhielt verschiedene untergeord- nete Parteifunktionen. Zuletzt Verwal- tungsdirektor des Regierungskrankenhauses in Ost-Berlin. Mit mehreren Orden, dar- unter dem »Karl-Marx-Orden<, ausgezeich- net. Seit 1957 schwerkrank, starb Kassler am 8. Oktober 1962. KASSNER, Walter (geb. 1894) Am 6. Juni 1894 in Prenzlau geboren, schloß sich nach der Lehre als Dreher der Gewerkschaft und 1913 der SPD an. Von 1915 bis 1916 Soldat, dann in eine Muni- tionsfabrik abkommandiert. 1917 Übertritt zur USP, aktiver Funktionär dieser Partei in Magdeburg. Mit dem linken Flügel der USP 1920 zur KPD, 1921 Vor- sitzender der KPD in Magdeburg. 1924 Stadtverordneter, 1926 Leiter des RFB Gau Magdeburg-Anhalt. Von 1927 bis 1930 Orgleiter des KPD- Bezirks Magdeburg. 1928 Abgeordneter des preußischen Landtags, dem er bis 1933 an- gehörte. Vom XII. Parteitag 1929 zum Kandidaten des ZK gewählt. Von 1930 bis 1933 führte er den Bezirk Magdeburg als Polleiter. 1933 Leiter der illegalen KPD in Brandenburg, anschließend arbeitete er in Berlin und Frankfurt/Main. Bis 1935 Pol- leiter des Bezirks Hessen. Im März 1935 verhaftet, war er über zwei Jahre in Unter- suchungshaft. Am 15. Mai 1937 verurteilte ihn der Volksgerichtshof zu lebensläng- lichem Zuchthaus. Kassner war bis 1945 in den Zuchthäusern Coswig und Halle in- haftiert. 1945 schloß er sich wieder der KPD an. Bürgermeister von Magdeburg, ebenso Mit- glied der SED-Leitung in Magdeburg. 1951 kam er nach Berlin und wurde Mitarbeiter des Büros des Ministerrats der DDR. Seit 1961 Parteiveteran, lebte er 1969 in Ost- Berlin. Kassner erhielt mehrere Auszeich- nungen, darunter 1964 den »Vaterländischen Verdienstorden« in Gold und im Juli 1969 den »Karl-Marx-Orden«. KATZ, Iwan (1889-1956) Als Sohn des Kaufmanns Gustav Katz und dessen Ehefrau Johanna, geb. Magnus, am 15. Februar 1889 in Hannover geboren. Be- suchte die Bürgerschule in Hannover, dann das Gymnasium in Osnabrück und Dort- mund. Studium (Volkswirtschaft und Sta- tistik) an der Universität Berlin und an der Technischen Hochschule in Hannover. Mit 17 Jahren schloß er sich 1906 der Ar- beiterbewegung an. 1909 arbeitete er ein Jahr als Arbeiter in Metallbetrieben, an- schließend Assistent im juristisch-wirt- schaftswissenschaftlichen Seminar der TH 178 Katz Hannover. 1911 wissenschaftlicher Hilfs- arbeiter im Statistischen Amt der Stadt Hannover. 1913 heiratete er Anna Kerwel, die wie er der SPD angehörte. 1914 in einigen europäischen Ländern Städtebau- Studien. Während des Weltkrieges in der Organisa- tion der Lebensmittelrationierung beschäf- tigt, 1918 im Demobilmachungsausschuß Hannover. Katz blieb zunächst in der SPD, er wurde im Februar 1919 Bürgervorsteher (Stadtverordneter) in Hannover. Delegier- ter des SPD-Parteitags im Juni 1919. Ende 1919 Übertritt zur USP. Katz gehörte zum linken Flügel der USP, der sich 1920 mit der KPD vereinigte. Er und seine Frau waren Delegierte des USP- Spaltungs- und des Vereinigungsparteitages USP-KPD. Im Februar 1921 zog Katz in den preußischen Landtag ein. In den fol- genden Jahren vor allem als Redner für die KPD unterwegs, trat besonders radikal auf. Im August 1923 verhaftet, weil es im An- schluß an seine Rede in Hannover zu kom- munistischen Unruhen gekommen war. Auch in der KPD stand Katz auf dem linken Flügel. 1922 zur Leitung der Kommunal- abteilung in die Zentrale berufen, 1923 be- richtete er dem VIII. Parteitag über die Kommunalarbeit. Nach der Oktoberniederlage 1923 einer der Wortführer der linken Opposition. Auf dem IX. Parteitag im April 1924 in die Zentrale und ins Polbüro gewählt, im Mai 1924 auch Reichstagsabgeordneter. Als einer der führenden Köpfe der Ruth-Fischer-Zentrale berief man ihn ins EKKI-Präsidium nach Moskau, wo er bis Mitte 1925 verblieb, gleichzeitig aber seine Funktion als Zen- trale-Mitglied ausübte. Als Vertrauensmann der deutschen linken Führung spielte Katz in Moskau eine bedeutende Rolle. Im Dezember 1924 wieder in den Reichstag gewählt. Bei den Auseinandersetzungen, die zur Zeit der Reichspräsidentenwahl in der Ruth-Fischer-Führung begannen, wurde Katz einer der Führer der Ultralinken. Deswegen als Vertreter beim EKKI abge- löst, kehrte er im Sommer 1925 nach Deutschland zurück, organisierte die ultra- linke Opposition in Deutschland und fand vor allem in seiner Heimatstadt Hannover starke Unterstützung. Nach dem »Offenen Brief« der Komintern, den die Ultralinken ablehnten, verstärkte er seine Aktivität. Es gelang ihm, gemeinsam mit seinen Freunden Gohr und Karwahne*), in Hannover die Mehrheit der Partei zu erobern. Katz be- hauptete, Sepp Miller, der führende ZK- Anhänger in Hannover, bereite einen Mord- anschlag gegen ihn vor. Den ZK-treuen Orgleiter Grobis nannte er in einem Schrei- ben an das ZK »ein verkommenes Subjekt«. Katz gab an, von Sinowjew vor seiner Ab- fahrt aus Moskau noch ermuntert worden zu sein, gegen »die Schweinereien des ZK« aufzutreten. Als mitreißender Redner, der die Gefühle seiner Zuhörer anzusprechen wußte, hatte Katz großen Anhang. Am 11. Januar 1926 besetzten Katz-An- hänger die Redaktion der »Niedersächsi- schen Arbeiter-Zeitung«, die ZK-treuen Kommunisten konnten die Zeitung nur mit Hilfe der Polizei wieder in ihre Hand be- kommen. Daraufhin schloß das ZK Katz am 12. Januar aus der KPD aus. Für seine Anhänger gab er in Hannover ein »Mit- teilungsblatt« heraus, in dem er manche Interna der KPD publizierte. Das Blatt erschien von März bis Dezember 1926 in einer Auflage von 3000 Stück. Im Juni 1926 gründete Katz zusammen mit der Allgemeinen Arbeiter Union Pfemferts den »Spartakusbund der linkskommunistischen Organisationen«, der auf dem äußersten linken Flügel der kommunistischen Bewe- * Bcithold Karwahne, geb. 3. 10. 1887, trat 1927 zur NSDAP über und wurde ein prominenter Nationalsozialist, der von 1930 bis 1945 die NSDAP im Reichstag vertrat. Er war der einzige KPD- Funktionär, der zur NSDAP überlief und dort eine bedeutende Position bekam. Nach 1933 leitete er den ehemaligen Fabrikarbeiterverband, 1936 wurde er zum Gauobmann der DAF Südhannover- Braunschweig befördert. Er starb am 14. November 1957 in Krainhagen-Bückeburg. Katz/Kenzler 179 gung stand. Katz, von Losowski als »Ober- linker« verhöhnt, von Clara Zetkin als »Schurke oder Psychopath« und als »Iwan der Schreckliche« bezeichnet; kam aber bald auch mit dieser Organisation in Konflikt, da er nicht bereit war, sein Reichs- tagsmandat niederzulegen, wie es die anti- parlamentarische Gruppe forderte. Im Frühjahr 1927 wurde der neue »Sparta- kusbund« wieder aufgelöst. Katz spielte in der Politik keine Rolle mehr. Er holte sein Diplom als Volkswirt nach, bekam eine leitende Stelle im Sozialamt Berlin-Wed- ding und wohnte in Berlin-Karlshorst. 1933 sofort aus dem Amt entfernt, wurde er verhaftet und ins KZ gebracht. Er wurde auf Grund seiner früheren Bekanntschaft mit dem NSDAP-Innenminister Frick ent- lassen. Beide hatten 1924/25 im Reichstag der Amnestie-Kommission angehört, welche die Amnestie der politischen Häftlinge von KPD und NSDAP aushandelte. Doch diese Protektion war für Katz nicht von ständi- ger Dauer. Als Jude Anfang 1941 erneut verhaftet, kam er in ein Berliner Arbeits- lager, aus dem er entfloh. Bis 1944 lebte er illegal, dann verhaftete ihn die Gestapo und brachte ihn nach Auschwitz. Seine Frau protestierte gegen die unmensch- liche Behandlung ihres Mannes auf dem Transport, sie wurde selbst verhaftet und in das KZ Ravensbrück gebracht. 1945 befreit, schloß sich Katz kurze Zeit der KPD und SED an. Er war in der Ber- liner Stadtverwaltung beschäftigt. Katz glaubte, in Berlin eine wichtige Rolle bei der Aussöhnung zwischen der sowjetischen und der amerikanischen Besatzungsmacht spielen zu können. Seine Frau starb am 10. Januar 1947 an den Folgen der KZ- Haft. Katz veröffentlichte im »Neuen Deutschland« noch eine Todesanzeige. Er trennte sich wieder von der SED und be- grüßte emphatisch die 1950 in Worms ge- gründete »Unabhängige Arbeiterpartei«, die Tito nahestand. 1954 verließ Katz wegen eines schweren Herzleidens Deutschland und siedelte in die Schweiz über, wo er sich in Castagnola bei Lugano niederließ. Dort starb er am 20. September 1956. KELLERMANN, Hermann (1887-1950) Am 14. August 1887 in Gehofen bei San- gershausen geboren, lernte Schlosser, dann als Schmied beschäftigt. Vor dem Weltkrieg Mitglied der SPD, im Krieg Übertritt zur USP, ging mit deren linkem Flügel 1920 zur KPD. Bis 1924 Vorsitzender des KPD- Unterbezirks Erfurt. 1924 Abgeordneter des preußischen Landtags. 1925 kam er nach Berlin und arbeitete in der ZK-Abteilung Landwirtschaft. 1928 schied er aus dem Landtag aus. Beim Zusammenschluß der drei sächsischen Bezirke wurde Kellermann im Herbst 1929 Orgleiter der KPD in Sachsen. Bis 1933 übte er noch verschiedene andere haupt- amtliche Parteifunktionen aus. Nach 1933 arbeitete er illegal, wurde 1935 verhaftet und saß bis 1939 in den KZ Er- furt, Esterwegen und Sachsenhausen. 1939 entlassen, arbeitete er wieder als Schlosser. 1945 Mitglied der KPD bzw. der SED, übernahm in Thüringen verschiedene Par- teifunktionen. Kellermann starb 1950. KENZLER, Georg (1884-1959) Am 20. Oktober 1884 in Mannheim gebo- ren, sein Vater, ein Schmied, wurde 1892 wegen seiner gewerkschaftlichen Tätigkeit bei der Mannheimer Firma Lanz gemaß- regelt, so daß die Familie nach Frankenthal in der Pfalz übersiedelte. Dort besuchte Georg Kenzler die Schule und lernte an- schließend Schlosser. Nach der Lehre aktiv in der Sozialistischen Jugend, ging auf Wanderschaft, wobei er Deutschland, die Schweiz und Österreich bereiste. 1908 schloß er sich der SPD an und kam 1917 bei Gründung zur USPD. 1918 zu den Pionieren eingezogen. Nach Ausbruch der Revolution kehrte er nach Mannheim zurück und war an den Revolu- i8o Kenzler/Kerff tionskämpfen beteiligt. Er stand auf dem linken Flügel der USP und kam mit diesem 1920 zur KPD. 1921 Leiter der KPD in Mannheim, arbei- tete aber noch in seinem Beruf als Schlosser. 1922 auch Stadtverordneter, hauptamtlicher Sekretär für die KPD Mannheim. Auch in der KPD gehörte Kenzler dem linken Flü- gel an, er wurde Anfang 1924 Polleiter des KPD-Bezirks Baden. Im Mai 1924 zog er in den Reichstag ein, in dem er bis 1928 wirkte. 1924/25 einige Male verhaftet, mußte aber als Reichstagsabgeordneter wie- der entlassen werden. Bis 1926 Polleiter in Baden, trat zunächst noch für das ZK auf, schloß sich aber 1926 immer enger an die Ruth-Fischer-Gruppe an. Ende 1926 abge- löst, einer der Führer der linken Opposition in Baden, die dort erst 1927 in Aktion trat. Da Kenzler am 16. Juli 1927 an einer Urbahns-Versammlung in Mannheim teil- genommen hatte, wurde er vor die Bezirks- leitung geladen. In einem Brief lehnte er sein Erscheinen ab: »Die jetzige BL gleicht einem Inquisitionstribunal, Ketzer (Opposi- tionelle) müssen um jeden Preis verbrannt werden. Ihr braucht noch Holz zum Schei- terhaufen.« Als solches »Holz« schickte er ein Schreiben der russischen Opposition und solidarisierte sich damit. Daraufhin wurde er am 27. Juli 1927 aus der KPD aus- geschlossen. Mitglied des linken »Leninbundes«. Nach der Auflösung des Reichstags am 18. April 1928 verhaftet, gewährte ihm die KPD keine Rechtshilfe, obwohl das Verfahren wegen seiner KPD-Tätigkeit lief. Kenzler kandidierte für den »Leninbund«, kam aber nicht mehr in den Reichstag. Nach der Haftentlassung 1928 eröffnete er in Mannheim eine Gastwirtschaft. Am 10. Januar 1929 trat er der SPD bei. Er siedelte nach Berlin über, wo er mit mehre- ren anderen früheren linken KPD-Abgeord- neten bei der Volkshilfe-Versicherung be- schäftigt war. Nach 1933 einige Male kurz inhaftiert, lebte bis 1945 als Arbeiter in Berlin. 1945 wieder in der Versicherung tätig, trat er der SED bei, übernahm aller- dings keine Funktion, sondern stand in Opposition zur SED-Linie. Bis zu seinem Tode lebte er in Ost-Berlin (Köpenick), er hatte sich von der Politik zurückgezogen. Kenzler starb am 1. Januar 1959 in Berlin. KERFF, Willi (geb. 1897) Geboren am 1. Mai 1897 in Aachen; be- suchte während des Krieges ein Lehrer- seminar und nahm Verbindung zur soziali- stischen Bewegung auf. Nach der Revolu- tion trat er der USP bei, Mitglied des Arbeiter- und Soldatenrates in Aachen. Kerff war Lehrer in Aachen. 1920 kam er mit der linken USP zur KPD. 1923 in Köln hauptamtlicher Funktionär der KPD. Der VIII. Parteitag wählte ihn in die Gewerk- schaftskommission. Kerff gehörte zum linken Flügel der Partei. Nach Eppsteins Versetzung Mitte 1924 des- sen Nachfolger als Polleiter im KPD-Bezirk Mittelrhein. Als Spitzenkandidat aufge- stellt, zog er 1924 auch in den preußischen Landtag ein, dem er ununterbrochen bis 1933 angehörte. 1925 zunächst Orgleiter im Bezirk Mittel- rhein, im September/Oktober 1925 Pol- leiter des Bezirks Thüringen, dann als Mit- arbeiter ins ZK berufen, dort bis 1933 in der Landabteilung und im kommunistischen Bauernbund tätig. Im März 1933 verhaftete ihn die Gestapo und brachte ihn ins KZ. Im Oktober 1933 im Reichstagsbrandprozeß als Zeuge aus dem KZ vorgeführt, erklärte Kerff ent- gegen der Anklage, er kenne van der Lubbe nicht. 1935 aus dem KZ entlassen, arbeitete er kurze Zeit illegal und ging dann in die Emigration. Die KPD-Leitung sandte ihn nach Moskau, dort 1937 verhaftet. Der während der Säuberung festgenommene deutsche Kom- munist Dittbender hatte Kerff in seinen Aussagen belastet, die NKWD versuchte von Kerff die Bestätigung zu erpressen, er habe für die Gestapo gearbeitet. Kerff, der im Reichstagsbrandprozeß mannhaft für seine Partei eingetreten war, weigerte sich trotz aller gegen ihn angewandter Mittel, ein Geständnis abzulegen. Erst nach drei Jahren wurde er aus der Haft entlassen. In der Sowjetunion übte er verschiedene Tätigkeiten aus. 1947 konnte er nach Deutschland zurückkehren. Er wurde Leiter des Informationsamtes bei der Branden- burgischen Landesregierung. Von 1953 bis 1957 1. Stellvertretender Direktor des In- stituts für Zeitgeschichte in Ost-Berlin, seit 1962 Parteiveteran, lebte er 1969 in Ost- Berlin. Er erhielt mehrere Auszeichnungen, darunter den »Vaterländischen Verdienst- orden« in Silber und das »Banner der Arbeit«. 1967 erschien sein Buch: »Karl Liebknecht 1914-1916. Fragment einer Biographie«. KILIAN, Otto (1879-1945) Am 27. November 1879 in Atzendorf Krs. Calbe geboren, lernte Schriftsetzer, an- schließend in diesem Beruf tätig. 1902 Mit- glied der SPD, für die er seit 1906 als hauptamtlicher Funktionär arbeitete. Kilian war Redakteur in Solingen, 1907 in Kassel, dann in Halle am »Volksblatt«. 1915 bis 1918 Soldat an der Front. Als Kriegsgegner schloß er sich der USP an. 1918 nach Halle zurückgekehrt, wurde Ki- lian, ein populärer Volksredner, zum Vor- sitzenden des Arbeiterrates in Halle ge- wählt. Er übernahm außerdem die Redak- tion des »Volksblatt«, seit 1917 (als die überwiegende Mehrheit der Halleschen SPD zur USP übergetreten war) Organ der USPD. Im März 1919 verhaftet. Bis November in Untersuchungshaft, dann wegen der revo- lutionären Tätigkeit des Arbeiterrats zu drei Jahren Gefängnis verurteilt, aber vor- zeitig amnestiert. Mit der linken USP kam Kilian im Dezem- ber 1920 zur KPD. In dieser Zeit entstand Kilians Schrift »Der singende Kerker. Dich- tungen aus der Haft«. In der Folgezeit ver- Kerff/Kippenberger 181 öffentlichte er, allgemein als großer Idealist geachtet, verschiedene Gedichtbände, er ver- suchte sich außerdem auch als Musiker. 1921 geriet er in Konflikt mit der Partei, da er die Märzaktion ablehnte. Er blieb jedoch in der KPD und wurde 1921 für sie in den preußischen Landtag gewählt, nach- dem ihn schon die USP in die preußische Nationalversammlung (1919) entsandt hatte. Kilian war vor allem als Redakteur tätig, er näherte sich dem linken Parteiflügel um Maslow und Ruth Fischer und wurde 1924 kurze Zeit Agitprop-Sekretär im KPD-Be- zirke Halle-Merseburg. Auch 1924 wieder in den preußischen Landtag gewählt. Nach dem »Offenen Brief« der Komintern in Halle für die linke Opposition aktiv. Kilian unterschrieb 1926 den »Brief der 700« und wurde Leiter der Opposition in Halle-Merseburg. Mitte 1927 schloß ihn die KPD aus, da er seine Verbindung zur lin- ken Opposition nicht aufgab. Im November 1927 gab er eine Loyalitätserklärung für die KPD ab und wurde wieder in die Partei aufgenommen. Doch am 27. Januar 1928 trennte er sich von der KPD. 1928 Mit- gründer des »Leninbundes«, den er auch in den folgenden Jahren im Bezirk Halle- Merseburg leitete. 1933 wurde er verhaftet und während der ganzen Hitlerzeit in verschiedenen KZ- Lagern drangsaliert. Kurz vor Kriegsende starb Kilian im Vernichtungslager Bergen- Belsen an Typhus. KIPPENBERGER, Hans (1898-1937) Am 15. Januar 1898 in Leipzig geboren, besuchte in Leipzig die Realschule, lernte Bankangestellter und kam dann zum Militär. Er nahm als Offizier am Ersten Weltkrieg teil und wurde mehrmals ver- wundet. Nach dem Krieg studierte er in Hamburg, dort als Korrespondent bei verschiedenen Firmen (für englische, französische, italieni- sche und spanische Sprache) tätig. 1918 Mit- 18 2 Kippenberger/Kleine glied der USPD, kam mit deren linkem Flügel 1920 zur KPD. Seit 1922 im Apparat der KPD, spielte beim Hamburger Aufstand 1923 eine füh- rende Rolle. Es war vor allem seiner Um- sicht und militärischen Erfahrung zuzu- schreiben, daß die Kommunisten einen ge- ordneten Rückzug durchführen konnten. Nach dem Aufstand floh er in die Sowjet- union. In Moskau besuchte er eine Militär- schule. Im November 1924 kehrte Kippenberger zurück und lebte illegal (bis 1928) in Deutschland, von der Komintern mit dem Aufbau des Militärapparates betraut. Ob- wohl er 1924/25 Mitglied der Hamburger Bürgerschaft war, wurde er noch immer wegen des Hamburger Aufstandes polizei- lich gesucht. 1928 kandidierte er für den Reichstag, während des Wahlkampfes ver- haftet. Da er als Abgeordneter gewählt wurde, mußte er freigelassen werden. Auf dem Weddinger Parteitag 1929 als Kandi- dat ins ZK aufgenommen, leitete er bis 1933 weiterhin den M-Apparat, er war bis 1933 Reichstagsabgeordneter. Nach 1933, beim illegalen Aufbau der zer- schlagenen KPD, spielte vor allem der M- Apparat eine wichtige Rolle. Kippenberger, der als »Leo« wirkte, wurde fieberhaft von der Gestapo gesucht. Nach der »Brüsseler« Konferenz 1935 wurde Kippenberger ausgeschaltet und von Paris nach Moskau beordert. Am 5. No- vember 1936 in Moskau verhaftet und nach einem Geheimprozeß am 3. Oktober 1937 erschossen. Seine Frau Thea wurde im Februar 1938 ebenfalls verhaftet und kam 1939 ums Le- ben. Die beiden minderjährigen Töchter wuchsen als Waisen in der Sowjetunion auf und leben heute in der DDR. Kippenberger und seine Frau wurden im Mai 1957 von den Sowjetbehörden offiziell rehabilitiert, von der SED wurde die Reha- bilitierung bisher nicht veröffentlicht. KLAUSMANN, Robert (geb. 1896) Am 15. Mai 1896 in Essen geboren, ur- sprünglich Christian Klausmann, später in Robert Klausmann abgeändert. Nach der Schulentlasseng 1910 Lederarbeiter in Wein- heim/Bergstraße. Von 1915 bis 1918 Front- soldat, dann wieder Arbeiter in Weinheim. Mitglied der Gewerkschaft. Im Mai 1920 Eintritt in die KPD, für die er in den fol- genden Jahren verschiedene Funktionen ausübte. Seit 1922 Mitglied des Bürger- ausschusses in Weinheim, seit 1926 des Kreistages Mannheim. 1929 zog er als Ab- geordneter in den badischen Landtag ein, im gleichen Jahr auf dem Weddinger Par- teitag ins ZK gewählt. Er nahm 1930 an einer Gewerkschaftsschulung der KPD in Berlin teil und wurde anschließend Sekretär für RGO-Fragen in der KPD-Bezirkslei- tung Baden. Im April 1932 wurde er Pol- leiter des Bezirks Baden-Pfalz, im Dezem- ber 1932 wieder abgelöst. 1933 verhaftet. Im Oktober 1933 aus dem KZ Kislau ge- flüchtet, Emigration nach Frankreich. Bis 1939 Grenzarbeit für die KPD, dann nach Südfrankreich emigriert. 1945 über Paris nach Deutschland zurück- gekehrt, wieder Mitglied der KPD. 1946 Landesdirektor für Arbeit und soziale Für- sorge in Karlsruhe. 1946 für die KPD in den Landtag von Württemberg-Baden ge- wählt. 1948 wurde Klausmann aus seiner Position in Karlsruhe entlassen. Kurze Zeit Direktor für Sozialversicherung in Stutt- gart, dann längere Zeit Parteisekretär der KPD in Stuttgart und Karlsruhe. Er zog sich von der Politik zurück und lebte 1969 als Rentner in Karlsruhe. KLEINE, August (richtiger Name: GU- RALSKI, Samuel) (1885-1960) Als Kind einer armen jüdischen Familie am 25. März 1885 in Lodz geboren. Sein Stu- dium versuchte er durch Gelegenheitsarbeit zu finanzieren. Früh schloß er sich der ille- galen revolutionären Bewegung an und wurde führendes Mitglied der linken Poale Kleine/Knab 183 Zion. 1913 lebte er in Wien, siedelte nach der Februarrevolution nach Kiew über, wo er den Menschewiki angehörte. Ende 1918 trat Kleine der Bolschewistischen Partei bei und übte in der Komintern verschiedene Funktionen aus. 1921 nach Deutschland ge- sandt, wo er zusammen mit Bela Kun die Komintern bei der Vorbereitung der März- aktion vertrat. 1922 kam er erneut nach Deutschland, um als Vertreter der Komintern in der KPD zu arbeiten. Zusammen mit seiner Frau, Käthe Pohl (richtiger Name: Lydia Rabinowitsch, später verheiratete Westermann, geb. am 12. Juli 1892 in Petersburg), spielte er bald eine führende Rolle in der KPD. Auf dem VIII. Parteitag im Januar 1923 offiziell als »August Kleine« in die Zentrale der KPD gewählt und von dieser in das Polbüro auf- genommen. Führend bei den Aufstandsvor- bereitungen 1923 beteiligt und nach der Oktoberniederlage einer der Hauptorgani- satoren der »Mittelgruppe«. Nadi der Übernahme der Parteiführung durch die Mittelgruppe im Januar 1924 war Kleine der Führer der KPD. Da die Mittel- gruppe auf dem Frankfurter Parteitag im April 1924 eine Niederlage erlitt, wurde er aus Deutschland abberufen. Später gehörte er zur Sinowjew-Opposition und wurde nach Südamerika geschickt. August Kleine- Guralski wurde bei den Stalinschen Säube- rungen verhaftet, er soll erst nach Stalins Tod aus der Haft entlassen worden sein. Nach Ostberliner Angaben starb er 1960. KLEPPER, Julius, Dr. rer. pol. (1897 bis 1960) Als Sohn eines Postamtmannes am 12. März 1897 in Köln geboren. Während des Krieges machte er das Notabitur, 1916 Soldat. Nadi den Kriege studierte er in Bonn und Frank- furt Nationalökonomie und promovierte 1921 zum Dr. rer. pol. 1920 Mitglied der USP, 1922 Übertritt zur KPD. 1924 politischer Redakteur des KPD- Organs »Sozialistische Republik« in Köln. Diese Zeitung leitete er von Anfang 1926 bis Ende 1927 als Chefredakteur. In den folgenden Jahren in verschiedenen Redak- tionen beschäftigt, wurde er im April 1929 zu einem Jahr Festung verurteilt. Nadi der Strafverbüßung einige Zeit Sekretär der KPD-Reichstagsfraktion. 1933 Emigration, ein Jahr später von der KPD nach Moskau geschickt. Klepper wurde während der Stalinschen Säuberung 1937 verhaftet und zu 25 Jahren Gefängnis verurteilt. Er verbrachte viele Jahre in sibi- rischen Straflagern und wurde erst nach Stalins Tod rehabilitiert. 1955 Rückkehr nach Deutschland, in Ost- Berlin Mitglied der SED. Er lebte als Partei- veteran in Berlin-Köpenick, wo er am 21. Juli 1960 starb. KNAB, Peter Alois (1895-1963) Geboren am 23. Dezember 1895 in Köln. Besuch des Lehrerseminars, während des Krieges Soldat. 1919 Mitglied der USPD, 1920 mit der linken USP Übertritt zur KPD. Knab war Lehrer an einer weltlichen Schule in Köln. In der KPD gehörte er dem linken Flügel an. Von 1924 an Mitglied der Bezirks- leitung Mittelrhein. Bei der Wahl im Mai 1924 kandidierte Knab auf der Reichsliste der KPD. Zunächst nicht gewählt, rückte er nach dem Ausscheiden Jendroschs im Sep- tember 1924 in den Reichstag nach, dem er bis zur Auflösung im Oktober 1924 an- gehörte. Im Dezember 1924 nicht wieder gewählt, wurde Knab jedoch 1925 Mitglied des Provinziallandtags Rheinland; er war auch Stadtverordneter in Köln. Nach dem »Offenen Brief« 1925 schloß sich Knab der linken Opposition an. Im Juli 1926 mußte er alle Ämter in der Partei niederlegen, er trat im Dezember 1928 aus der Partei aus, angeblich waren dafür nicht nur politische Gründe maßgebend. (Im No- vember 1927 hatte man ihm finanzielle Ver- fehlungen vorgeworfen.) In den folgenden Jahren trat Knab nicht mehr politisch her- 184 Knab/Koegler vor, behielt aber Verbindung zu linken Kreisen. Nach 1933 einige Zeit inhaftiert, trat er Ende der dreißiger Jahre der NSDAP bei, um seinen Lehrerberuf weiter ausüben zu können. Gleichzeitig soll er sich aber in einer Widerstandsgruppe betätigt haben. Nach 1945 trat Knab keiner Partei mehr bei. Nadi langen juristischen Kämpfen be- kam er eine Wiedergutmachung, obwohl er NSDAP-Mitglied gewesen war. Nach 1945 wurde er Vorsitzender des Bürgervereins in Köln-Höhenhaus. Nach seiner Pensionie- rung siedelte Knab Ende 1953 nach Enkirch (Mosel) über, wo er am 22. Juli 1963 starb. KNODT, Hans (1900-1937?) Am 21. März 1900 in Essen geboren; stammte aus einem bürgerlich-katholischen Elternhaus. Besuchte die Realschule und legte das Abitur ab. 1919 schloß er sich der KPD an und war seit 1920 als Redakteur für die KPD tätig. Zunächst bei der Frankfurter KP-Zeitung, 1922/23 in Thüringen. 1924 leitete er als Chefredakteur die Frankfurter »Arbeiter- zeitung«, dann die »Sächsische Arbeiter- zeitung« in Leipzig. Da in Sachsen ein Haftbefehl gegen ihn lief, tauchte er 1925 (Peud.: Kossert) unter. Das Verfahren we- gen Landesverrat wurde 1926 eingestellt. 1926/27 übernahm Knodt die Chefredak- tion der »Niederrheinischen Arbeiter-Zei- tung« in Duisburg. Da diese Zeitung ein Kopfblatt wurde, kam er 1928 als politi- scher Redakteur ans »Ruhr-Echo« nach Essen. Im Dezember 1928 siedelte er nach Köln über und wurde Chefredakteur der »Sozialistischen Republik«. 1932 holte ihn das ZK in die Redaktion der »Roten Fahne« nach Berlin, Ende 1932 wurde Knodt, der seit langem mit Thälmann be- freundet war, zum Chefredakteur der »Ro- ten Fahne« ernannt. 1933 ging er ins Saargebiet und war bis 1934 Chefredakteur der illegalen »Roten Fahne«. Zusammen mit seiner Braut, Elisa- beth Gill, lebte er in Paris, 1935 in die Sowjetunion abkommandiert. Unter dem Pseudonym »Horn« Mitarbeiter bei der Abteilung Massenorganisationen der Kom- intern. Die NKWD verhaftete Knodt 1937, er verschwand als Opfer der Stalinschen Säuberung. KOEGLER, Theodor (1901-1968) Als Sohn eines bayerischen Gemeindebeam- ten am 29. Januar 1901 in Aichach bei Augs- burg geboren. Bis 1920 absolvierte er die katholische Lehrerbildungsanstalt in Pasing, gründete 1919 einen »revolutionären Schü- lerrat« und trat 1920 der KPD bei. Nach einem Presseduell zwischen dem nationali- stischen »Miesbacher Anzeiger« und dem »Tegernseer Landboten« um die Person Koeglers, wurde er im Februar 1921 vom Schuldienst suspendiert. Er kam als hauptamtlicher Funktionär der KPD nach Berlin-Brandenburg. Sekretär des Orgleiters Pfeiffer bis Ende 1923. 1924 wurde er 2. Orgleiter in Berlin-Branden- burg. Anfang 1925 Sekretär imOrgbüro und schließlich im Frühjahr 1925 Polleiter des KPD-Bezirks Berlin-Brandenburg. Er ge- hörte nach dem »Offenen Brief« zur lin- ken Opposition und wurde deshalb im No- vember 1925 als Polleiter des wichtigsten KPD-Bezirks abgelöst und 1926 als einer der Organisatoren der Opposition nach Halle und von da nach Jena abgeschoben. Koegler unterzeichnete 1926 den »Brief der 700«, deswegen am 14. Dezember 1926 aus der KPD ausgeschlossen. Einer der Mit- begründer des »Leninbundes«, für den er auch nach dem Austritt von Ruth Fischer tätig war. 1931 verließ er den »Leninbund« und ging zur SAP. Kandidat der SAP bei den preußischen Landtagswahlen 1932. Ent- fernte sich von der aktiven sozialistischen Politik, beantwortete eine Umfrage, wie man sich die tiefe Krise der Arbeiterbewe- gung erklären könne, mit dem Stichwort »Untergangskrise«. Unter Hitler wurde er nicht verfolgt, im Koegler/Köhler, Max 185 Gegenteil, man versuchte, ihn für die NSDAP zu gewinnen. Im Sommer 1933 wollte ihn die Gauleitung des NS-Studen- tenbundes Berlin zum Leiter der Fortbil- dungsschulen von Berlin machen. Er lehnte jedoch ab und tauchte im Herbst 1933 als kleiner Angestellter im Unilever-Konzern unter. Nach seinen eigenen Worten gehörte Koeg- ler »keiner Widerstandsbewegung an und stand doch in aktiver Opposition«. Als stellvertretender Betriebsberufswalter des Berliner Unilever-Unternehmens versuchte er eine solche »Opposition von innen« (er gehörte aber nicht der NSDAP, sondern nur der DAF an). 1945 mit 95 °/o der Stimmen in den Betriebs- rat gewählt. Er siedelte nach Hamburg über, wo er 1946 die Forderung nach einer deut- schen Neutralität erhob und 1949 den »Neutralitätsausweis« herausgab, der in der deutschen Presse ziemlich großes Auf- sehen hervorrief. Er wurde kritischer An- hänger des Kreises um die »Neue Politik« in Hamburg und war »von jeglicher Form eines Staatssozialismus gründlich kuriert«. Koegler veröffentlichte 1963 eine Broschüre: »Das neue Weltbild«, um die »steril ge- wordene marxistische Ideologie« überwin- den zu helfen. Nach seiner Ansicht wächst die moderne Industriegesellschaft mehr und mehr in eine ständische, dem Mittelalter strukturell verwandte Gesellschaft hinüber. Koegler starb am 23. September 1968 in Hamburg. KÖHLER, Gustav, (1885-1952) Am 5. September 1885 in Stendal geboren, lernte Mechaniker. Vor dem Weltkrieg Mit- glied der SPD. Nach dem Kriege Über- siedlung nach Ulm, wo er sich der USP an- schloß und 1920 mit der linken USP zur KPD ging. Auch in der KPD Anhänger des linken Parteiflügels. 1924 in den württem- bergischen Landtag gewählt, im gleichen Jahr hauptamtlicher Orgleiter des KPD- Bezirks Württemberg. Anfang 1927 als Orgleiter abgelöst, blieb er weiter hauptamtlicher Funktionär, In- strukteur im Schwarzwald, später in Ulm. Auch 1928 wieder in den Landtag gewählt, er gehörte dem Parlament bis 1932 an. Am 13. März 1933 verhaftet, wurde Gustav Köhler zwölf Jahre und zwei Monate lang von KZ zu KZ geschleppt (Heuberg 1933, bis 1935 Kuhberg, danach bis 1939 Dachau, anschließend bis 1940 Flossenbürg und schließlich bis 30. April 1945 Dachau) und kam erst 1945 frei. Gesundheitlich schwer angeschlagen, kehrte er nach Württemberg zurück. Er arbei- tete bis zur Erreichung der Altersgrenze 1950 als Berichterstatter im württember- gischen Innenministerium und trat politisch nicht mehr hervor. Nach langer Krank- heit starb Köhler am 20. August 1952 in Stuttgart. KÖHLER, Max (geb. 1897) Als Sohn eines Webers am 26. Juli 1897 in Berlin geboren, lernte Tischler. Besuchte vier Jahre eine Fachschule und bestand die Gesellenprüfung mit Auszeichnung. Mit 14 Jahren im Oktober 1911 der Arbeiter- jugendbewegung beigetreten, am 1. Oktober 1915 Mitglied der SPD. In Berlin gehörte er der Spartakusgruppe an. An der Grün- dung des Jugend-Bildungsvereins Groß- Berlins, der Jugendorganisation des Sparta- kusbundes im April 1916 beteiligt, Vorsit- zender dieser Gruppe. Im Zusammenhang mit den Demonstrationen gegen die Ver- haftung Karl Liebknechts festgenommen und 1917 wegen antimilitaristischer Arbeit zu sechs Jahren Festung verurteilt. Durch die Revolution befreit, gehörte Max Köhler zu den Mitgründern der KPD in Berlin. Mitglied der Zentrale der Freien Sozialistischen Jugend, des späteren Kom- munistischen Jugendverbandes sowie Inha- ber des Verlages »Junge Garde«. 1923 als Abteilungsleiter in die Zentrale der KPD (Gewerkschaftsabteilung) berufen. Anhän- ger des rechten Flügels der KPD, blieb auch i86 Köhler, Max/Koenen, Bernhard nach 1924 in der Gewerkschaftsabteilung, doch war er längere Zeit »kaltgestellt«. Bis 1928 Angestellter im ZK, zuletzt für die Sozialpolitik verantwortlich. Als einer der Führer der Rechten Ende 1928 aus der KPD ausgeschlossen. Mitgründer der; KPO, Sekretär der Berliner KPO und Mit- glied der erweiterten Reichsleitung. Bei der Spaltung der KPO 1932 ging er mit der Minderheit zur SAP, Geschäftsführer und Orgleiter der Berliner SAP. Nach dem Verbot der SAP durch Hitler 1933 kurz verhaftet, übernahm Max Köhler nach seiner Entlassung als Reichsorganisa- tionsleiter der SAP die illegale Inlands- arbeit. Im November 1933 verhaftet und im großen SAP-Prozß »Max Köhler und Genossen« zu drei Jahren Zuchthaus ver- urteilt. Nach der Entlassung 1937 auf Wunsch seiner politischen Freunde emigriert. Nach Aufenthalt in Prag, Basel und Paris in Kopenhagen Leiter des SAP-Stützpunk- tes Dänemark. 1940 bis 1945 lebte er illegal in Dänemark. 1955 kehrte Max Köhler nach Berlin zu- rück, 1956 Mitglied der SPD. Aus der SAP- Zeit eng mit Willy Brandt befreundet, ob- wohl sich ihr politischer Weg trennte, da Köhler auf dem Boden des Marxismus blieb. 1961 wurde Köhler wegen religions- kritischer Äußerungen aus der SPD aus- geschlossen, 1962 durch Schiedsgerichtsver- fahren wieder in die Partei aufgenommen. Er lebte 1969 in West-Berlin, aktiv im »Bund der Verfolgten des Naziregimes« (BVN) tätig. KOENEN, Bernhard (1889-1964) Am 17. Februar 1889 in Hamburg als Sohn des Tischlers Heinrich Koenen geboren. Der Vater war Sozialist und Teilnehmer des Gründungskongresses der II. Internationale in Paris. Wie sein Bruder Wilhelm Koenen kam Bernhard früh zur sozialistischen Be- wegung. Noch als Mechanikerlehrling trat er 1906 der Gewerkschaft und 1907 der SPD bei. Nach der Lehre 1907 Wanderschaft. Nadi längeren Aufenthalt in Lausanne durch- streifte er Frankreich, Holland, Dänemark und kam bis nach Afrika, wo er in einer Ziegelei in Biserta und danach in Ägypten arbeitete. Wegen Ableistung des Militär- dienstes mußte er die Wanderung zwei Jahre unterbrechen. 1914 arbeitete er in Plauen, kam bei Kriegs- ausbruch nach Hamburg. Als Soldat ein- gezogen. 1916 zum Bau der Leuna-Werke nach Mitteldeutschland abkommandiert. Zu- sammen mit seiner Frau Frida, die er wäh- rend des Krieges geheiratet hatte, trat der Kriegsgegner Koenen 1917 zur USPD über. Er war in den Leuna-Werken politisch ak- tiv. 1918 stellvertretender Betriebsratsvor- sitzender. 1920 mit der linken USPD zur KPD. Koe- nen war Delegierter des III. Weltkongresses der Komintern. Arbeitete 1921/22 für die Komintern in Belgien und Frankreich. Auf dem VIII. KPD-Parteitag in der Orgkom- mission und für Halle-Merseburg in den ZA gewählt. Redakteur der Halleschen KPD-Zeitung »Klassenkampf«, Mitglied der KPD-Bezirksleitung Halle Merseburg. Ende 1927 leitete er als Chefredakteur einige Monate den »Klassenkampf« in Halle. Bernhard Koenen gehörte von 1922 an dem Provinziallandtag und 1924-1929 dem preußischen Staatsrat an. Er war ein Ver- treter der Mittelgruppe und später ein füh- render »Versöhnler« in Halle-Merseburg. Nach der Wittorf-Affäre leitete er zusam- men mit Schröter u. a. die Bezirksleitung Halle-Merseburg, in der die »Versöhnler« die überwältigende Mehrheit besaßen. 1929 kapitulierte er vor der Parteimehrheit, wurde seiner Funktionen enthoben und in die Genossenschaftsarbeit abgeschoben. Von 1931 an Leiter des Unterbezirks Mansfeld der KPD, eine Funktion, die er bis 1933 be- hielt. Beim sogenannten Blutsonntag in Eis- leben am 13. Februar 1933 wurde Bernhard Koenen von der SA zusammengeschlagen, verlor ein Auge, wurde für tot gehalten und Koenen, Bernhard/Koenen, Wilhelm 187 konnte entkommen. Obwohl er steckbrief- lich gesucht wurde, behandelte ihn ein mit dem Kommunismus sympathisierender Arzt in seiner Privatklinik. Danach emigrierte Koenen 1933 in die Sowjetunion. Während der Stalinschen Säuberung wurde er 1937 verhaftet. Anfang 1939 freigelassen, erhob er konkrete Beschuldigungen gegen die NKWD und ihre Torturverhöre, was ihm abermals einige Monate Inhaftierung einbrachte. 1940 wieder zur KPD-Arbeit herangezogen und 1942 ins ZK kooptiert. 1945 nach Deutschland zurückgekehrt, Lan- desvorsitzender bzw. 1. Sekretär der KPD bzw. der SED Sachsen-Anhalt. Er gehörte ununterbrochen dem Parteivorstand bzw. dem ZK der SED und 1949-1954 der Volkskammer an. 1952 bis 1958 Botschafter der DDR in Prag. 1958 bis 1963 wieder 1. Sekretär des SED-Bezirks Halle. Nadi dem Tode Piecks im September 1960 in den Staatsrat der DDR aufgenommen. 1963 Vorsitzender der Wahlkommission für die Volkskammerwahl. Träger höchster Aus- zeichnungen, so des »Vaterländischen Ver- dienstordens« in Gold und »Karl-Marx- Orden«. Bernhard Koenen starb am 30. April 1964 nach kurzer Krankheit in Ost-Berlin. KOENEN, Wilhelm (1886-1963) Als Sohn eines Tischlers und aktiven So- zialisten am 7. April 1886 in Hamburg ge- boren. Besuch der Fortbildungsschule und der Arbeiterbildungsschule des Fortbildungs- vereins Hamburg. Mit 14 Jahren kaufmän- nische Lehre. Danach 1904 Angesteller der SPD-Buchhandlung in Kiel. Im gleichen Jahr Mitglied der SPD. Im Februar 1907 hauptamtlicher Funktionär, zunächst Zei- tungsberichterstatter in Kiel. 1909 in Kö- nigsberg. 1910 Teilnehmer eines längeren Kurses an der SPD-Parteischule in Berlin, anschließend Redakteur, von April 1911 an am »Volks- blatt« in Halle. Hier blieb er bis 1919 Re- dakteur und gehörte bald zu den leitenden Funktionären der Partei. 1913 Mitglied der SPD-Bezirksleitung. Da die Hallesche SPD 1917 fast geschlossen zur USP ging und das »Volksblatt« zum USP-Organ wurde, war Koenen einer der führenden Köpfe der USP (die in Halle eine ihrer wichtigsten Orts- gruppen hatte). Nach der Revolution 1918 spielte Koenen eine bedeutende Rolle. Er war Kommissar der Arbeiter- und Soldatenräte im Bezirk Halle-Merseburg und zog 1919 als Abge- ordneter der USP in die Nationalversamm- lung ein. Im August 1919 Vorstandsmitglied der USPD, in deren ZK gewählt, 1920 in den Reichstag delegiert. Vorsitzender des USP-Bezirks Halle. Anhänger des linken Flügels der Partei. Gemeinsam mit Stoecker vertrat er auf dem II. Weltkongreß der Komintern 1920 die Anschlußbestrebungen innerhalb der USP an die Komintern. Auf dem Spaltungsparteitag der USP in Halle 1920 aktiv für die Linke, nach der Spaltung ins ZK der linken USP gewählt. Einer der Hauptorganisatoren des Zusammenschlusses von linker USP und KPD 1920. In die Zentrale der neuen VKPD auf- genommen. Leitete als Vorsitzender den III. Weltkongreß der Komintern 1921. Auf dem Jenaer Parteitag 1921 nicht in die Zentrale gewählt, jedoch 1922 in die Zen- trale kooptiert und auf dem VIII. Parteitag 1923 wieder Zentrale-Mitglied. Nach dem Auseinanderfallen der Brandler-Führung (November 1923) gehörte Koenen zu den Führern der Mittelgruppe. Als Zentrale-Mitglied wurde Koenen poli- zeilich gesucht, nach seinem Steckbrief war er, »168 groß, linkes Bein etwas nachzie- hend (etwas gelähmt)«. Nadi der Übernahme der Führung durch die Linken 1924 nicht in die neue Zentrale übernommen. Nur noch parlamentarische Tätigkeit; 1924 zog er wieder in den Reichs- tag ein und gehörte ihm bis 1932 an. Nach dem »Offenen Brief« 1925 wieder stärker zur Führung herangezogen. 1925 war Koenen am Rande in den Berliner Sklarek-Skandal (eine Bestechungsaffäre, in 188 Koenen, Wilhelm/König, Arthur die damals viele Politiker verwickelt waren) verstrickt, da er von Sklarek Geld geliehen hatte. Bei den Auseinandersetzungen mit den Rechten und Versöhnlern schloß er sich aktiv der Parteimehrheit an. 1929 löste er den Versöhnler Schröter als Polleiter in Halle-Merseburg ab, nachdem er schon zu- vor als »Kommissar« des ZK gegen die Versöhnler eingesetzt war. 1929 wurde er als Mitglied ins ZK gewählt, aber 1931 seiner Funktion in Halle enthoben und in den Hintergrund gedrängt. 1932 auch nicht mehr in den Reichstag gewählt. Von 1932 an Abgeordneter des preußischen Landtags. Von 1926 bis 1932 war Koenen auch Mit- glied des preußischen Staatsrates gewesen. 1933 emigrierte er ins Saargebiet, dann in die ÖSR, nach Frankreich und schließlich nach England, wo er 1940/42 interniert war. Auch den neuen Kurs der »Volks- front« machte er mit. In England erklärte Koenen in Diskussionen mit Christen, Kom- munismus sei nur eine Form des Christen- tums. 1944 arbeitete er an Sefton Delmers englischen Soldatensender Calais mit. 1943 über Prag Rückkehr nach Deutschland, zunächst Redakteur der Halleschen KPD- Zeitung »Freiheit«, von 1946 bis 1949 1. Landesvorsitzender der SED in Sachsen. 1946 in den sächsischen Landtag gewählt. Ab 1946 gehörte er ununterbrochen bis zu seinem Tode dem Parteivorstand bzw. dem ZK der SED an. Von 1949 bis 1956 Sekre- tär des Deutschen Volksrates bzw. des Se- kretariats der Volks- und Länderkammer, danach Vorsitzender der »Interparlamen- tarischen Gruppe der DDR«. Im Mai 1953 bekam er eine Rüge wegen »mangelnder Wachsamkeit«. In den letzten Jahren spielte er keine politische Rolle mehr. Mit einer Reihe Auszeichnungen, darunter den »Karl- Marx-Orden« geehrt. Seine Frau, Emmy Damerius-Koenen, war 1948/49 1. Vorsit- zende des DFD. Wilhelm Koenen starb am 19. Oktober 1963 in Ost-Berlin. KÖNIG, Arthur (1884-?) Am 18. April 1884 in Breslau geboren, ar- beitete nach der Volksschule in Maschinen- und Papierfabriken. Später als Hausdiener und Zeitungsbote beschäftigt, schließlich, nachdem er sich durch Selbststudium ein umfangreiches Wissen angeeignet hatte, wurde er Buchhändler. 1904 trat König der Gewerkschaft und der SPD bei, er lebte im Ruhrgebiet, von 1912 an in Dortmund in der SPD-Buchhandlung angestellt. 1916 bis 1918 als Soldat an der Westfront, im September 1918 desertierte er und schloß sich der Spartakusgruppe an. Mitglied der KPD seit Gründung. 1920 Vorsitzender der Partei in Essen, hauptamt- licher Sekretär. In der »Roten Ruhrarmee« spielte König 1920 eine bedeutende Rolle. Auf dem Vereinigungsparteitag mit der USPD 1920 in den ZA der VKPD gewählt, ebenso auf dem Jenaer Parteitag 1921. 1922 leitete er als Sekretär den Unterbezirk Dort- mund der KPD. 1923 Orgleiter des Ober- bezirks West. Als Vertreter der Linken auch in die Zentrale kooptiert. 1924 gehörte König in Westdeutschland zu den Führern der Linken. Er nahm im Ja- nuar 1924 als Vertreter der Linken an der Moskauer Konferenz teil. Auf dem Be- zirksparteitag im Ruhrgebiet im März 1924 hielt er für die Linken das Hauptreferat. Der Frankfurter Parteitag im April 1924 wählte ihn in die Zentrale, als Hauptkas- sierer übernahm er die Kasse der KPD. Im Mai und Dezember 1924 zog König als Abgeordneter in den Reichstag ein. König versuchte, die Gelder der KPD in verschiedenen Fabriken usw. anzulegen, um Gewinn zu erzielen. U. a. stieg er für die KPD ins Schallplattengeschäft ein, was spä- ter als »idiotisch« verurteilt wurde: Man nahm an, der Rundfunk werde die Schall- plattenindustrie vernichten. Das Ergebnis von Königs Transaktionen war zunächst ein Verlust von 100 000 Mark. Da die Geschäftsabschlüsse gefeiert wurden und bald Gerüchte über wilde Gelage und Unterschlagungen durch die Partei gingen, König, Arthur/König, Wilhelm 189 wurde König 1925 abgesetzt und eine Untersuchung gegen ihn eingeleitet. Die Komintern versuchte, nach dem »Offenen Brief«, den Skandal auch gegen Scholem und Ruth Fischer auszunutzen; schließlich wurde aber festgestellt, daß auch König sich selbst nicht bereichert hatte. Er wurde nicht aus der KPD ausgeschlossen, mußte jedoch im November 1925 sein Reichstags- mandat niederlegen. Man erfüllte ihm noch seinen Wunsch, auf einer Italienreise die dortigen Kunstschätze kennenzulernen. In der KPD spielte er keine Rolle mehr. Bis Anfang der dreißiger Jahre war er im Inseratengeschäft für die KPD tä- tig. Weitere Daten seines Lebenslaufs ließen sich nicht ermitteln. KÖNIG, Johannes (1904-1966) Aus einer Arbeiterfamilie stammend, am 2. April 1904 in Arnstadt geboren; lernte Gerber. 1919 Mitglied der Freien Sozialisti- schen Jugend, 1920 Eintritt in die KPD. 1923 hauptamtlicher Mitarbeiter der KPD in Gotha, nach dem Oktober 1923 illegal tätig. 1925 Volontär und anschließend Re- dakteur an der »Sozialistischen Republik« in Köln. Ende 1926 bis 1928 Redakteur der »Arbeiterzeitung« in Mannheim, dann wie- der nach Köln entsandt. Im März 1929 übernahm König die Chef- redaktion des Solinger KPD-Organs »Ber- gische Arbeiterstimme«. Im April 1930 zu ib^Jahren Festung verurteilt. Nach der Strafverbüßung Chefredakteur des Chem- nitzer »Kämpfer«. Im Mai 1933 verhaftet und zu zwei Jahren Zuchthaus verurteilt. Nach der Entlassung 1935 folgte er seiner Frau in die Emigration nach Schanghai, wo- hin Frau König nach kurzer Haft ausgewie- sen worden war. In Schanghai nahm König Verbindung zur KP Chinas auf. Er arbei- tete für die chinesische KP und die sowjeti- sche Nachrichtenagentur TASS. 1947 Rückkehr nach Deutschland. Chef- redakteur der »Sächsischen Zeitung« in Dresden. Durch die langen Jahre seiner Emigration in China und durch zahlreiche Veröffentlichungen über Fernostprobleme hatte er sich als Asien-Spezialist der SED ausgewiesen. Er wurde im April 1950 Leiter der Diplomatischen Mission der DDR in Peking, später Botschafter in China. Von August 1955 bis Juli 1959 vertrat König die DDR als Botschafter in Moskau. Im Juli 1959 Stellvertreter des Ministers für Auswärtige Angelegenheiten, im Juni 1965 Botschafter der DDR in Prag. Er erhielt mehrere Auszeichnungen, darunter den »Va- terländischen Verdienstorden« in Gold. König starb am 22. Januar 1966. KÖNIG, Wilhelm (1884-1945?) Am 4. Juni 1884 in Hetlingen, Krs. Pinne- berg, geboren, kam als Kind nach Berlin, lernte Maschinenbauer. Vor dem Weltkrieg Mitglied der SPD. 1918 Vorsitzender des Arbeiterrats bei der AEG. 1920 Übertritt zur KPD. Bis 1923 im Betriebsrat der AEG- Turbine Berlin, dann Betriebsratsvorsitzen- der. Jahrelang kandidierte er im Deutschen Metallarbeiterverband auf der Liste der Kommunisten. 1928 zog er für die KPD in den preußi- schen Landtag ein. Da er sich gegen den ultralinken Kurs wandte, geriet er bald in Widerspruch zur Parteilinie. Im März 1930 kandidierte er zusammen mit Sozialdemo- kraten auf einer gemeinsamen Liste für die Betriebsratswahl und protestierte in einem Brief an das ZK gegen die Aufstellung »roter« d. h. eigener kommunistischer Be- triebsratskandidaten, er wurde aus der KPD ausgeschlossen. Er blieb als Fraktionsloser im Parlament, schloß sich dann später wieder der SPD an. Nach 1933 mehrmals verhaftet, lebte er bis 1945 in Berlin. König wohnte 1945 in der Fehmarner Straße im Nord- westen Berlins. Kurz nach dem Einzug so- wjetischer Truppen wurde er im Mai 1945 von Sowjetsoldaten abgeholt, er ist seither spurlos verschwunden. 190 Köppen/Kötter KÖPPEN, Karl (1888-1936) Am 9. April 1888 als Sohn eines kinder- reichen sozialdemokratischen Funktionärs in Hamburg geboren. Bis 1914 Transport- arbeiter, dann längere Zeit als Getreide- kontrolleur im Hamburger Hafen. 1905 einer der Mitgründer der Sozialistischen Jugend Hamburgs, 1906 Mitglied der SPD. Von 1914 bis 1918 als Soldat an der Front, mehrmals verwundet. 1918 Vizefeldwebel an der Ostfront, seine Gruppe wurde der Meuterei angeklagt. Bis Kriegsende in Ham- burg inhaftiert. Nach der Revolution Mitglied des Ham- burger Soldatenrats, er gehörte dem 30er Ausschuß des Arbeiter- und Soldatenrates in Hamburg an. 1919 Übertritt zur USP, 1920 zur KPD. Delegierter des Spaltungs- parteitags der USP und des Vereinigungs- parteitages im Dezember 1920. Köppen war in Hamburg ein aktiver Funktionär der KPD, wurde 1921 in die Hamburger Bür- gerschaft gewählt. Wegen einer Schlägerei mit Polizeispitzeln zu einer Gefängnisstrafe verurteilt, floh er aus Hamburg. In Suhl gefaßt, wurde er von 5000 Arbeitern aus dem Gefängnis befreit. Seit 1922 betrieb er in Hamburg eine Gastwirtschaft, da er we- gen seiner schweren Verwundung seinen Be- ruf nicht mehr ausüben konnte. Auf dem VIII. Parteitag 1923 vertrat er den Bezirk Hamburg als Delegierter. Da Spitzelver- dacht gegen ihn laut wurde, beantragte er gegen sich selbst ein Parteiverfahren. Doch kam es inzwischen zum Hamburger Auf- stand vom Oktober 1923. Köppen spielte eine führende Rolle und wurde deswegen Ende 1923 verhaftet und im Urbahns-Pro- zeß 1925 zu fünf Jahren Festung ver- urteilt (der Staatsanwalt hatte zwölf Jahre beantragt), im Frühjahr 1926 am- nestiert. Auf dem 1. Weltkongreß der Internationa- len Roten Hilfe 1926 wurde Köppen in die Exekutive gewählt. Bald bekam er wegen seiner ultralinken Haltung Differenzen mit der KPD. Köppen, ein enger Freund Thäl- manns, wurde verdächtigt, damals in einige Hamburger Korruptionsaffären verwickelt zu sein. 1926 verließ er die KPD und schied aus der Hamburger Bürgerschaft aus. Er pflegte auch nach seinem Austritt noch die Verbindung zur KPD und zur linken Oppo- sition, war aber nicht mehr aktiv politisch tätig. Köppen starb am 4. Februar 1936 in Ham- burg. KÖTTER, Wilhelm (1902-1957) Geboren am 29. März in Senne bei Biele- feld, lernte Kaufmann und arbeitete als kaufmännischer Angestellter in verschiede- nen Firmen. 1920 Eintritt in die KPD, ak- tiver Funktionär in Bielefeld, 1923 dort Unterbezirksleiter und hauptamtlicher Se- kretär. Ende 1923 in Schutzhaft genommen und ins Sennelager gebracht. Er entfloh, wurde im Mai 1924 erneut verhaftet und zu vier Monaten Gefängnis verurteilt. An- schließend von der KPD als Wanderredner eingesetzt. 1925 leitete er wieder den Unter- bezirk Bielefeld und gehörte mit diesem Bezirk 1925 zur ultralinken Opposition. Als Vertreter der Ultralinken wählte ihn der X. Parteitag 1925 in die Kommunalkom- mission. Um die Ultralinken zu schwächen und Kötter zu isolieren, versetzte man ihn Anfang 1926 als Mitarbeiter des ZK nach Berlin, doch wurde er bald einer der Führer der »Weddinger Opposition«. Auf dem XI. Parteitag 1927 ergriff er das Wort für diese Oppositionsgruppe. Nach der Spaltung der »Weddinger Oppo- sition« gehörte er zur gemäßigten Richtung, die nach ihm »Kötter-Gruppe« genannt wurde. Im August 1927 kehrte er nach Bielefeld zurück, wieder Polleiter des oppo- sitionellen Unterbezirks. Es gelang dem ZK, Kötter zu isolieren. Am 19. Juni 1930 legte er sein Stadtverordnetenmandat nieder, we- gen »groben Disziplinbruchs und Parteischä- digung« am 24. Juni 1930 aus der KPD ausgeschlossen mit 24 gegen 22 Stimmen). Dazu vermerkte die KPD-Zeitung: »Partei- feind über Bord«. Kötter hatte schon vor- her einen Zigarrenladen eröffnet, den er in der Folgezeit in Bielefeld betrieb. Politisch trat er nicht mehr hervor. Am 4. März 1933 wurde er trotzdem sofort verhaftet und bis 1934 in »Schutzhaft« im KZ festgehalten und später noch einige Male inhaftiert. Nach 1945 betrieb Kötter seinen Zigarrenladen in Bielefeld weiter. Politisch war er nicht mehr organisiert, hatte aber seinen kommunistisch-oppositionellen Standpunkt beibehalten. Kötter starb am 3. November 1957 in Bielefeld. KOLLWITZ, Hans (1893-1948) Am 13. August 1893 in Stralsund geboren, lernte Tischler, nahm als Soldat am Welt- krieg teil. 1918 Mitglied der USPD. 1920 als USP-Abgeordneter in den Landtag von Mecklenburg-Schwerin gewählt. Delegierter des Spaltungsparteitags der USPD, kam mit deren linkem Flügel 1920 zur KPD. Bis 1921 als Tischler beschäftigt, dann hauptamtlicher Funktionär. Zunächst in Mecklenburg tätig. 1923 nach Westdeutschland entsandt, wo Kollwitz als Sekretär des Landesausschusses der Betriebs- räte der Ruhr fungierte. Anhänger des lin- ken Flügels der Partei. 1924 Orgleiter des KPD-Bezirks Ruhr. Im gleichen Jahr Ab- geordneter des preußischen Landtags. Unter dem Pseud. »Schwarz« bis Mitte 1925 Org- leiter des Ruhr-Bezirks. Im Juli 1925 Teil- nahme an einem Schulungskurs in Moskau. Anfang 1926 Rückkehr nach Deutschland, Polleiter der KPD in Ostpreußen. Diese Funktion übte er drei Jahre lang aus. Dele- gierter des Essener Parteitages 1927; als Kandidat ins ZK berufen. 1928 in den Reichstag gewählt. Im März 1929 von Ostpreußen nach Köln versetzt, Polleiter des KPD-Bezirks Mittel- rhein. Im April 1930 in Köln zu drei Mo- naten Gefängnis verurteilt, weil er in einer Versammlung des verbotenen RFB gerufen hatte: »Trotz alledem!«. Mitte 1930 als Polleiter im Bezirk Mittelrhein abgelöst. Im Kötter/Korpus 191 September 1930 kandidierte er nicht mehr für den Reichstag. Die Polizei verhaftete ihn im Februar 1931. Im Essener Gefängnis trat Kollwitz in den Hungerstreik, den er über einen Monat durchhielt. Im April 1931 verurteilte ihn das Reichsgericht zu zwei Jahren Festung. Vorzeitig amnestiert, trat er politisch nicht mehr hervor. Es war offensichtlich, daß er Differenzen mit der KPD hatte. Er siedelte wieder nach Mecklenburg über. Nach dem Zweiten Weltkrieg war er poli- tisch nicht mehr organisiert. Kollwitz starb am 14. November 1948 in Rostock. KORPUS, Lilly (Becher) (geb. 1901) Am 27. Januar 1901 in Nürnberg geboren, entstammte einer bürgerlichen Familie. Nach dem Abitur kurzes Studium, dann als Steno- typistin im Ullstein-Verlag in Berlin be- schäftigt. 1919 Mitglied der KPD, seit 1921 haupt- amtlich für die Partei tätig. Redakteurin an der »Roten Fahne«, 1922 verantwortlich für die Frauenarbeit der Bezirksleitung Berlin- Brandenburg, 1923 Gründerin und Re- dakteurin der Zeitschrift »Die Arbeiterin«. 1924 wurde Lilly Korpus als Anhängerin der Linken 2. Polleiter des Bezirks Berlin- Brandenburg (da Ruth Fischer als nominel- ler 1. Polleiter zugleich Parteivorsitzende der KPD war, übte L. Korpus in Wirklich- keit diese Funktion aus). Ab Frühjahr 1925 Orgleiter der Berliner KPD. Mit der Mehr- heit der Berliner Funktionäre stellte sie sich nach dem »Offenen Brief« 1925 gegen die neue ZK-Mehrheit und gegen die Partei- linie. Im Berliner Funktionärorgan »Fun- ken« verteidigte sie die Position Ruth Fi- schers. Lilly Korpus wurde aus dem hauptamt- lichen Funktionärapparat entfernt und nach ihrer Abkehr von der linken Opposition 1926 in kommunistischen Massenorganisa- tionen eingesetzt. Von 1926 bis 1933 leitete sie die von Münzenberg herausgegebene 1^2 Korpus/Korsch »AIZ« (Arbeiter-Illustrierte) als Chefredak- teurin. Sie veröffentlichte einige Novellen. Ihre Ehe mit dem kommunistischen Funk- tionär Paul war inzwischen geschieden wor- den. 1933 emigrierte sie nach Paris und arbeitete bis zur Übersiedlung nach Moskau 1935 mit Münzenberg zusammen. Nach Moskau sie- delte sie 1935 über. Obwohl sie nach ihrer »ultralinken Periode« 1925 keinerlei Ab- weichungen mehr gezeigt hatte, mußte sie doch während der Säuberung das Schlimm- ste befürchten. Da sie inzwischen eng mit Johannes R. Becher liiert war, passierte ihr jedoch nichts. Sie war Mitarbeiterin an der von Becher herausgegebenen »Internationale Literatur - Deutsche Blätter«. 1945 kehrte sie als Frau J. R. Bechers nach Deutschland zurück und war bis 1951 Chefredakteur der »Neuen Berliner Illustrierten«, danach frei- beruflich tätig. Nach Bechers Tod leitete sie das J. R. Becher-Archiv der Deutschen Aka- demie der Künste in Ost-Berlin, wo sie 1969 lebte. Zu ihrem 60. Geburtstag erhielt Lilly Becher den »Vaterländischen Verdienst- orden« in Silber, auch zum 65. Geburtstag 1966 gratulierte ihr die SED-Führung, ihre führende Rolle in der KPD 1924/25 wird nicht erwähnt. KORSCH, Karl, Dr. jur. (1886-1961) Am 15. August 1886 in Tostedt (Hamburg) geboren, stammte aus einer Familie, die seit Generationen ein Bauerngut in Friedland (Ostpreußen) bewirtschaftete. Korschs ehr- geiziger Vater siedelte nach Tostedt über und später nach Meiningen (Thüringen), wo er Bankbeamter und zuletzt auch Bankdirek- tor war. Karl Korsch besuchte das Gymna- sium in Meiningen und studierte an den Universitäten München, Berlin, Genf und Jena. 1909 Referendar, 1910 promovierte er in Jena zum Dr. jur. 1909 bis 1911 juristi- scher Vorbereitungsdienst in Meiningen. 1910/11 Soldat beim Infanterie-Regiment 32 in Meiningen. Im Januar 1912 siedelte Korsch auf Emp- fehlung der Universität Jena nach London über und absolvierte dort juristische, ökono- mische und politische Studien. In dieser Zeit Mitglied der Sozialistischen Fabian Society. Bei Kriegsausbruch Rückkehr nach Deutsch- land. Wegen kriegsgegnerischer Äußerungen im August 1914 vom Leutnant der Reserve zum Vizefeldwebel degradiert. Fronteinsatz und wieder Offizier, 1918 Oberleutnant. Zweimal schwer verwundet, mit dem Ei- sernen Kreuz 1. und 2. Klasse ausgezeichnet. Korsch trat 1917 der USPD bei. Nach dem Kriege Mitglied der Sozialisierungskommis- sion in Berlin (wissenschaftlicher Hilfsarbei- ter). Im Oktober 1919 habilitierte er sich. Privatdozent der juristischen Fakultät in Jena. 1920 Delegierter des Spaltungsparteitags der USPD, ging mit deren linkem Flügel zur KPD über, obwohl er vor der Vereinigung schwere Bedenken gegen die »21 Bedingun- gen« hatte. Ständiger Mitarbeiter der KPD- Presse, Delegierter des VIII. Parteitags 1923. Im Oktober 1923 erfolgte seine Ernennung zum ordentlichen Professor und Übertra- gung eines Extraordinariats in Jena. Eben- falls im Oktober 1923 zum Justizminister in der sozialdemokratisch-kommunistischen Regierung in Thüringen ernannt. Im Februar 1924 Abgeordneter im Thü- ringer Landtag. Er schloß sich dem linken Flügel der KPD an. Im Mai 1924 übertrug ihm die linke Führung die Chefredaktion des theoretischen KPD-Organs »Die Inter- nationale«. Im Juli 1924 rückte er in den Reichstag nach und wurde im Dezember erneut ins Parlament gewählt. Im August 1925 gewann er in zweiter In- stanz einen Prozeß gegen das Land Thürin- gen, das ihm 1924 seine Professur entzogen hatte, er mußte wieder in seine Rechte ein- gesetzt werden. Inzwischen hatte sich Korsch in der KPD dem ultralinken Flügel angeschlossen und war zu dessen theoretischem Kopf gewor- den. Die zunächst geschlossene ultralinke Opposition, Scholem - Katz - Rosenberg - Korsch/Kranz 193 Korsch-Schwarz fiel jedoch auseinander und die Gruppe um Korsch und Schwarz stand bald in striktem Gegensatz zur Komintern. Am 30. April 1926 wurde Korsch aus der KPD ausgeschlossen. Gemeinsam mit Schwarz gab er die »Kommunistische Poli- tik« heraus und bildete eine eigene linke Gruppe: »Kommunistische Politik«. In Berlin entstand um ihn ein Zirkel, der über die kommunistische Theorie diskutierte (daran beteiligten sich u. a. Bert Brecht, Alfred Döblin, Susanne Leonhard). Korsch hatte auch Verbindung zu der Op- positionsgruppe Sapronow-Smirnow in der KPdSU. 1926 kam es zum Bruch zwischen Korsch und Schwarz; während Schwarz und seine Anhänger die Gruppe »Entschie- dene Linke« bildeten, blieben Korsch und Schlagewerth, der die Organisation leitete, weiterhin Herausgeber der »Kommunisti- schen Politik«. 1927/28 verschwand die Gruppe von der politischen Bühne, nachdem sie die stalinistische Entwicklung der Sowjet- union scharf kritisiert hatte. Korsch hatte am 24. Juni 1927 als einziger Redner im Reichs- tag gegen den Abschluß des deutsch-sowje- tischen Handelsvertrages gesprochen. Er blieb bis 1928 Reichstagsabgeordneter. In der Folgezeit widmete er sich ausschließlich theoretischen Problemen. Er veröffentlichte eine große Anzahl von Arbeiten über theo- retische Fragen des Marxismus. Seit 1930 relativierte er dabei den Marxismus, den er jedoch nicht völlig ablehnte. 1933 floh Korsch zuerst nach Dänemark, schließlich nach England und 1936 in die USA, wo er bis zu seinem Tode lebte. 1950 hatte er in seinen »Thesen über den heuti- gen Marxismus« gesagt, alle Versuche, »die marxistische Doktrin als Ganzes und ihrer ursprünglichen Funktion als Theorie der sozialen Revolution der Arbeiterklasse« wiederherstellen zu wollen, sei eine »reak- tionäre Utopie«. Korsch, der in den USA eine Reihe von Arbeiten veröffentlichte und 1950 und 1956 nochmals kurz Europa besuchte, war in sei- nen letzten Lebensjahren sehr krank, er lebte in einem Sanatorium und starb am 21. Oktober 1961. Seine Frau, die als Päd- agogin hervorgetretene Dr. Hedda Korsch, lebt noch in den USA. Von den zahlreichen Veröffentlichungen Korschs seien hier die wichtigsten genannt: Die Anwendung des Beweislastregeln im Zivilprozeß (Bonn 1911), Was ist Sozialisie- rung? (Hannover 1919), Die materialisti- sche Geschichtsauffassung - Auseinander- setzung mit K. Kautsky (Leipzig 1922) Quintessenz des Marxismus (Berlin 1922), Kernpunkte der materialistischen Geschichts- auffassung (Berlin 1922), Arbeitsrecht für Betriebsräte (Berlin 1922, Neuauflage Frankfurt/Main 1968), Marxismus und Philosophie (Leipzig 1923 - 2. Auflage 1930, Neuauflage Frankfurt/Main 1968), Ausgang der Marx-Orthodoxie (Artikel, 1932), Why I am Marxist (1935), Karl Marx (Frankfurt/Main 1967) 10 Thesen über »Marxismus heute« (Ms. Zürich 1950). KOSKA, Willi (1902-1937?) Am 9. Januar 1902 in Berlin geboren, lernte 1916 bis 1920 Dreher. 1916 trat er der Ge- werkschaft und 1917 der Sozialistischen Ju- gendbewegung bei. 1921 stieß Koska zur KPD, in der Partei übernahm er verschie- dene ehrenamtliche Funktionen. Bis 1928 als Dreher beschäftigt. Auf dem XII. Parteitag 1929 als Kandidat ins ZK gewählt und im gleichen Jahr als Nachfolger von Schlöer Generalsekretär der »Roten Hilfe«. Diese Funktion übte Koska mit Unterbrechungen bis 1933 aus. Seit 1929 Berliner Bezirksverordneter und im Juli 1932 zum Reichstagsabgeordneten gewählt. Im Juli 1933 verhaftet, im KZ inhaftiert, aber 1934 wieder entlassen. Er emigrierte und kam 1935 in die Sowjetunion. 1937 dort verhaftet, verschwand Willi Koska als eines der Opfer der Stalinschen Säuberung. KRANZ, Max Albert (1897-?) Geboren am 7. März 1897 in Sedlitz bei 194 Kranz/Krause-Rotter Calau. Lernte Dreher und arbeitete einige Jahre in Delitzsch. 1916 bis 1918 Soldat. Von der Front zurückgekehrt, schloß er sich der USPD an und ging 1920 mit deren linkem Flügel zur KPD. Kranz übte in Delitzsch verschiedene Par- teifunktionen aus. 1923 hauptamtlicher Se- kretär in Delitzsch, wo er sich aktiv an der Vorbereitung des geplanten Oktoberauf- standes 1923 beteiligte. 1924 Anhänger des linken Parteiflügels. Im Juni 1924 als Orgleiter des Bezirks Nord- west nach Bremen entsandt. Delegierter des X. Parteitags 1925. Aktiver Anhänger der Ruth-Fischer-Führung, daher nach dem »Offenen Brief« 1925 abgelöst und als Par- teisekretär nach Osnabrück abgeschoben. 1926 nach Ostpreußen versetzt. Weitere Daten seines Lebenslaufs ließen sich nicht ermitteln. KRAUS, Werner (1898-1964) Am 14. Juni 1898 in Lüdenscheid geboren. Nach der Schulentlassung Bauarbeiter. 1923 trat Kraus der KPD bei, für die er zunächst nur ehrenamtliche Funktionen ausübte. 1929 hauptamtlicher Funktionär, Orgleiter des KPD-Bezirks Pommern. 1931-1933 Polleiter in Pommern und Ostpreußen, seit 1932 Abgeordneter des preußischen Land- tags, 1933 in den Reichstag gewählt. 1933 wurde offenbar, daß Kraus der führende V-Mann der NSDAP innerhalb der KPD war. Schon 1933 wurde er offiziell SA- Sturmführer. In Zusammenarbeit mit der Gestapo ließ er drei illegale Zentralstellen der Kommunisten (der KPD, der RGO und der Sporteinheit in Berlin) auffliegen, und war verantwortlich für die Liquidierung der illegalen KPD in Ostpreußen (was er in einem Bericht an die Gestapo im Jahre 1936 selbst hervorhob). Kraus war Mitglied der NSDAP und hauptamtlich im Propaganda- referat der SA für Presse und Propaganda tätig. Er bekam 1937 einen »Ehrensold« von 300 Mark und für seine vier Kinder 150 Mark Kindergeld. 1936 machte er eine Reportage über die SA im Kurischen Haff. Dabei überschritt er die Grenze und wurde von Litauischen Zöll- nern verhaftet. Er hatte Angst, an die So- wjetunion ausgeliefert zu werden (zu jener Zeit waren von den deutschen Behörden drei Litauer verhaftet und angeblich er- schossen worden, so daß Kraus einen Rache- akt Litauens befürchtete), doch kam er mit drei Tagen Haft in Litauen davon. Während des Krieges wurde er als Land- wehrmann »u. k.« gestellt, er arbeitete bei der Gruppe Ostland der SA, er hatte eine Planstelle der NSDAP. Nach 1945 konnte er seine Vergangenheit verschleiern. Er war wieder als Arbeiter tätig, trat keiner Partei mehr bei. Er wohnte in Rhumspringe, einem kleinen Ort im Harz. Betriebsratsvorsitzender seiner Firma, betätigte sich in der Gewerkschaft, Orts- krankenkasse usw. Obwohl er keiner Partei angehörte, war er kurze Zeit über die Liste der SPD Mitglied des Gemeinderats in Rhumspringe. 1962 erlitt er einen Schlag- anfall, legte alle Ämter nieder und zog sich zurück. Kraus starb am 12. November 1964 in Rhumspringe. KRAUSE-ROTTER, Franz (1904-1926) Franz Rotter wurde 1904 in Böhmen ge- boren, wo er das Gymnasium besuchte. Aus der Tschechoslowakei siedelte er 1920 nach Deutschland über, studierte in Stuttgart, schloß sich der kommunistischen Studentenfraktion an und trat 1921 der KPD bei. Er war An- hänger der linken Opposition in der Partei. Unter dem Namen Franz Krause übernahm die linke Führung Rotter in den hauptamt- lichen Apparat der KPD. Zunächst Leiter des KJV-Bezirks Baden. Mitte 1924 zum Chefredakteur der Saarbrücker »Arbeiter- zeitung« berufen. Ende 1924 kam er als Redakteur nach Berlin. Nach dem »Offenen Brief« 1925 schob man ihn als Anhänger der linken Opposition nach Thüringen ab. Dort starb er 22jährig am 22. April 1926 an einer Infektionskrankheit. Krausz/Kreikemeyer 195 KRAUSZ, Georg (geb. 1894) Am 2. März 1894 in Humene (Slowakei) geboren, entstammte einer bürgerlichen Fa- milie. Nach dem Besuch des Gymnasiums zwei Semester Chemie studiert, dann Stu- dium der Germanistik, Romanistik und Psychologie. 1918 Studienassessor an einer Oberrealschule. Krausz schloß sich linkssozialistischen Stu- dentengruppen an und war 1919 aktiv an dem Kämpfen für die ungarische Räterepu- blik beteiligt. Nach deren Niederschlagung floh er wieder in die Tschechoslowakei. Chefredakteur der kommunistischen »Volks- stimme« in Bratislawa. Krausz gehörte dem ersten ZK der Tschechoslowakischen KP als Vertreter der Jugend an. 1921 in der ÖSR inhaftiert, anschließend Übersiedlung nach Deutschland. 1922/23 außenpolitischer Redakteur der »Roten Fahne« (unter dem Pseud. »Georg Mah- low«). 1924 Chefredakteur des Rhein- Ruhr-Pressedienstes der KPD. Von 1925 an wieder Redakteur der »Roten Fahne«. 1928 einer der aktiven und führenden Versöhn- ler (Berichte, er sei mit dem Versöhnler »Stephan« identisch sind allerdings falsch). Auch nach einer offiziellen »Reue-Erklä- rung« fest mit der illegalen Versöhnler- Fraktion verbunden. 1931 Redakteur der SAZ in Leipzig, später Mitarbeiter an ver- schiedenen Berliner Tarnblättern der KPD. Nach 1933 illegal in Deutschland tätig. Er war damals gegen eine Zusammenarbeit der Versöhnler-Gruppe mit Ulbricht. 1936 von der Gestapo verhaftet und bis 1945 im KZ, u. a. in Buchenwald. Krausz überlebte, weil er seine jüdische Herkunft verschleiern konnte. 1945 befreit, aber von der Sowjet- armee erneut verhaftet. Von der sowjeti- schen Besatzungsmacht noch drei Jahre im KZ Buchenwald inhaftiert. Erst nach un- ermüdlichen Protesten der »Versöhnler« in aller Welt (die SED wagte nicht zu prote- stieren) freigelassen und rehabilitiert. Mit- glied der SED, arbeitete zuerst in der Presseabteilung des ZK (bzw. PV). 1951 Redakteur des »Neuen Deutschland«. Als Ausländskorrespondent tätig, versuchte er nun neuen Verfolgungen dadurch zu ent- gehen, daß er linientreue Berichte gerade von den Schauprozessen in den Ostblock- staaten lieferte (u. a. im August 1951 über den Warschauer Offiziersprozeß, im No- vember 1952 über den Slansky-Prozeß, am 6. Dezember 1952 über die »zionistische Agentur des USA-Imperialismus«). 1957 wurde Georg Krausz Vorsitzender des Verbandes der deutschen Presse (des heuti- gen Journalistenverbandes) der DDR, diese Funktion übte er bis 1967 aus. 1959 verlieh ihm die Universität Leipzig den Dr. h. c. Im gleichen Jahr reiste er acht Monate durch Südostasien; er berichtete darüber in seinem Buch »Von Indien bis Laos«, das 1960 in Ost-Berlin erschien. In einer Schlußbemerkung lobte Krausz beson- ders die chinesischen Kommunisten. Im Januar 1962 erhielt er den »Inter- nationalen Journalistenpreis«. Auch mit verschiedenen DDR-Orden (»Banner der Arbeit«, »Vaterländischer Verdienstorden« in Silber) und 1964 mit dem »Karl-Marx- Orden« ausgezeichnet. 1969 lebte er als Parteiveteran in der DDR. KREIKEMEYER, Willi (1894-1950) Am 11. Januar 1894 in Magdeburg-Fer- mersleben als Sohn eines Schlossers und SPD-Funktionärs geboren. Willi und seine vier Geschwister lernten früh die Not ken- nen. Nach der Lehre als Dreher arbeitete er bei der Eisenbahn. 1910 Mitglied der Sozialistischen Jugend, 1913 der SPD. Im Krieg ging er zur USPD über und kam 1920 mit deren linkem Flügel zur KPD. In Magdeburg übte er verschiedene Funk- tionen aus. 1922 hauptamtliches Mitglied der KPD-Bezirksleitung Magdeburg. Im Mai 1923 Sekretär des Freien Eisenbahner- verbandes (der KPD nahestehend). 1924 gehörte Kreikemeyer zum linken Flü- gel der Partei. Anfang 1924 als Polleiter nach Nordbayern entsandt, um die illegale KPD in Bayern zu leiten. Delegierter des 196 Kreikemeyer IX. Parteitages in Frankfurt. Von der bayerischen Polizei fieberhaft gesucht (Poli- zeibeschreibung: »1,80 m groß, kräftig, kleine Glatze«), da er als »Willi« und »Niran« ausgezeichnete Organisationsarbeit für die KPD leistete. Im Mai 1924 bei einer Sitzung verhaftet. Zu sechs Monaten Ge- fängnis verurteilt, aber schon im Juli 1924 aus Bayern ausgewiesen. Mitte 1924 als Polleiter des Bezirks Meck- lenburg nach Rostock geschickt, Delegierter dieses Bezirks auf dem X. Parteitag 1925. Nahm gegen die Ultralinken Stellung. Nach dem »Offenen Brief« 1925 kam er als Kommissar des ZK nach Niedersachsen, wo er bis Mitte 1926 blieb, anschließend Pol- leiter in Danzig. In dieser Funktion bis 1929. Dann übertrug ihm das ZK die ver- schiedensten Aufgaben, darunter auch im illegalen Apparat. 1933 kam Kreikemeyer ins Saargebiet, 1935 in die Emigration nach Paris. Von dort aus vom ZK in die Tschechoslowakei und 1936 nach Spanien gesandt. Er nahm am Spani- schen Bürgerkrieg teil und kehrte 1938 nach Frankreich zurück. Bei Kriegsausbruch bei Verdun interniert, einige Zeit in einem Arbeitslager bei Reims und dann bei Bordeaux. Nach dem Ein- marsch der deutschen Truppen nach Frank- reich wurden die Internierten freigelassen, Kreikemeyer setzte sich nach Toulouse ab, wo er wieder für die KPD arbeitete und verschiedene Funktionen innehatte. Seine Aufgabe bestand vor allem darin, mit Noel H. Field Verbindung zu halten und die Betreuung der verschiedenen KPD-Funk- tionäre in den französischen Lagern zu organisieren. 1944 wurden er und seine (zweite) Frau, die er 1935 in Paris kennengelernt hatte, mit einem Parteiauftrag nach Paris geschickt, wo sie beide illegal arbeiteten. Nadi der Besetzung von Paris durch die Amerikaner übernahm Kreikemeyer die Leitung der Or- ganisation »Immigres allemands antinazis«, die mittellose deutsche Emigranten zurück- zuführen half. 1946 nach Berlin geholt und mit der Leitung der Reichsbahn in der sowjetisch besetzten Zone beauftragt. Bis Anfang Januar 1949 Präsident der Reichsbahndirektion Berlin, dann Generaldirektor der gesamten Reichs- bahn. Als 1949 bekannt wurde, daß die KP- Ungarns, Noel H. Field der Spionage für die USA bezichtigte, mußten alle Funktio- näre, die mit diesem Quäker zu tun gehabt hatten, der Parteikontrollkommission Aus- sagen machen, Berichte schreiben usw. Kreikemeyer berichtete wahrheitsgetreu, er war sich keiner Schuld bewußt. Er machte sich nur selbst den Vorwurf, als alter, er- fahrener Funktionär nicht erkannt zu haben, daß Field ein Spion war (dieser Selbstvor- wurf war grotesk, da ja später auch von der SED zugegeben wurde, daß Field nie Spion der USA war). Im August 1950 war Kreikemeyer mit sei- ner Frau im Urlaub an der Ostsee. Am 24. August 1950 (dem Tag, an dem der »Beschluß« des ZK über Field gefaßt wurde) kam ein Abgesandter der ZPKK von Berlin, um Kreikemeyer nochmals zu einer Aus- sprache einzuladen. Da die Kreikemeyers kein Auto hatten, fuhren sie am 25. August frühmorgens mit dem Vertreter der ZPKK nach Berlin. Willi Kreikemeyer und der Funktionär der ZPKK wurden vor dem SED-Parteihaus abgesetzt, Frau Kreike- meyer vom Chauffeur nach Hause gefahren. Es war das letzte Mal, daß Frau Kreike- meyer ihren Mann sah. Mittags kam ein Vertreter des SSD mit einer handgeschrie- benen Mitteilung von Kreikemeyer zu ihr. In dem Schreiben bat er seine Frau, eine Haussuchung zu gestatten, alles beruhe sicher auf einem Irrtum, der bald geklärt werde. In der Zwischenzeit solle sie Ge- duld haben und ruhig abwarten. Um diese Zeit war Kreikemeyer - was seine Frau nicht wußte - bereits aus der SED ausgeschlossen und verhaftet. In den folgenden Wochen kam der Vertreter des SSD mehrmals, um Frau Kreikemeyer aus- zuhorchen und zu vertrösten. Einmal nahm Kreikemeyer/Kropp 197 er sogar ein Päckchen für Kreikemeyer mit. Jahrelang versuchte Frau Kreikemeyer ir- gend etwas über ihren Mann zu erfahren, ohne daß sie Erfolg hatte. Im Dezember 1954 fing man sogar an, sie vorzuladen, um sie nach der Arbeit bis nachts um zwölf zu verhören. Sie bekam es schließlich mit der Angst zu tun, ließ alles stehen und liegen und floh nach West-Berlin. Im Februar 1955 kehrte sie nach Frankreich zurück. Sie sprach beim ZK der KP Frank- reichs vor, wo ihr mitgeteilt wurde, daß sie beide rehabilitiert seien, ihr Mann sei aber schon 1950(1) verstorben. Einige Zeit darauf bekam Frau Kreikemeyer folgendes Schrei- ben: »Stadtbezirksgericht Prenzlauer Berg A. Z.: 1.4534. 57 Berlin C 2, den 9. Juli 1957 Littenstr. 15-17 Beschluß Der Tod des Willi Kreikemeyer geb. am 11. 1. 1894 in Magdeburg Deutscher, verh. zuletzt wohnhaft gewesen in Berlin, Spindlerfeldstr. 41 wird gemäß §§ 39 ff. des Gesetzes über Verschollenheit, die Todeserklärung und die Feststellung der Todeszeit vom 4. 7. 1939 festgestellt. Nach Prüfung der glaubhaft ge- machten Angaben des Antrages der Obersten Staatsanwaltschaft der DDR vom 24. 6. 1957 ist Willi Kreikemeyer am 31. August 1950 in Berlin verstorben. Eine Eintragung in das Sterbebuch ist sei- nerzeit verabsäumt worden. Stadtbezirksgericht Prenzl. Berg gez. Kagel Richter Ausgefertigt                        [unleserlich] Sekretär«                              [Stempel] Leo Bauer, der am 25. August 1950 zu- sammen mit Kreikemeyer verhaftet worden war, erklärte dagegen, daß Kreikemeyer ihm noch Monate nach der Verhaftung gegenübergestellt wurde. Frau Kreikemeyer protestierte sofort mit einem Einschreibebrief gegen die »Feststel- lung« der Todeszeit, sie verlangte, daß - wenn ihr Mann tatsächlich gestorben sei - ein ärztliches Attest vorgelegt werde, mit Angabe der Todesursache und des Ortes, wo er begraben liege. Frau Kreikemeyer erhielt keine Antwort. KROPP, Wilhelm (1899-1961) Am 3. November 1899 in Grünberg (Hessen) geboren, besuchte das Gymnasium und wur- de später Buchhalter. 1920 Mitglied der KPD und aktiver Funktionär der Partei. Im Juli 1923 verurteilte ihn die französische Be- satzungsmacht wegen seiner kommunisti- schen Tätigkeit zu einem Jahr Gefängnis. Nach der Haftentlassung siedelte er nach Diez (Lahn) über, wo er nicht hervortrat. Von September bis November 1924 arbeitete Kropp hauptamtlich für die KPD in Frank- furt/Main, dann kam er an die KP-Buch- handlung nach Stuttgart. Im November 1925 übernahm er als Polleiter die Führung des Bezirks Ruhr. Diese Funktion gab er im Dezember 1925 an Florin ab; er leitete nun die Geschäftsführung der »Nieder- rheinischen Arbeiterzeitung« in Duisburg und war zugleich Unterbezirksleiter der KPD in Hamborn und Mitglied der KPD- Bezirksleitung Ruhr. Von Dezember 1926 bis 1928 Orgleiter des Bezirks Ruhr in Es- sen, dann Redakteur am »Ruhr-Echo«. Während der Auseinandersetzungen mit den Rechten und Versöhnlern tendierte Kropp zu den Rechten, gab im Dezember 1928 eine Erklärung für das ZK, aber gegen die Bezirksleitung Ruhr ab. 1929 zeichnete er als verantwortlicher Redakteur. Im April 1930 zu zwei Jahren Festung verurteilt. 1933 verhaftet und bis zum 22. August 1934 im KZ festgehalten. Er arbeitete als Buch- halter, emigrierte 1936 und kam im Krieg in die Sowjetunion. Ende Mai 1945 aus Moskau zur Verstär- kung der »Gruppe Sobottka« nach Meck- lenburg entsandt (unter dem Pseudonym: 198 Kropp/Kübler »Willi Keller«) war er am Wiederaufbau der KPD beteiligt. 1946 der erste Leiter der SED-Parteihochschule »Karl Marx«. 1947 an die Akademie für Staats- und Rechtswissenschaft delegiert, dann Instituts- direktor für Philosophie an der FDGB- Hochschule in Bernau, mit dem Titel eines Professors. Unter den verschiedenen Orden, die man ihm verlieh, war auch das »Banner der Arbeit«. Kropp starb am 8. August 1961 in Ost- Berlin. KRÜGER, Frida (geb. 1900) Am 31. August 1900 in Berlin geboren. Nach der Schule kaufmännische Lehre und Tätigkeit als kaufmännische Angestellte. 1919 Eintritt in die Gewerkschaft und KPD. Zunächst kleinere ehrenamtliche Funktionen. Seit 1928 Mitglied der Bezirksleitung und Frauenleiterin in Berlin-Brandenburg. Auf dem XII. Parteitag 1929 als Kandidat ins ZK gewählt und im gleichen Jahr Berliner Stadtverordnete. 1930 Reichsfrauenleiterin der RGO. 1933 illegale Arbeit, dann Emigration nach Frankreich, 1940 nach Mexiko. 1945 Rückkehr nach Berlin, wieder Mitglied der KPD bzw. SED, Leiterin der Frauen- abteilung des FDGB. Einige Jahre Leiterin der Orgabteilung des FDGB-Bezirksvor- standes Berlin und Vorsitzende des Bezirks- vorstandes der Gewerkschaft Handel in Berlin. Seit 1956 politische Mitarbeiterin des FDGB-Bundesvorstandes. Trägerin der »Clara-Zetkin-Medaille« und des »Banner der Arbeit«. Frida Krüger siedelte im November 1949 von West- nach Ost-Berlin über, wo sie 1969 lebte. KRÜGER, Hedwig (1882-1934) Am 1. April 1884 in Halle geboren, be- suchte die Mittelschule und zwei Jahre die Volkshochschule. Angestellte in der Orts- krankenkasse in Halle. 1908 Mitglied der SPD, während des Krieges Übertritt zur USPD, mit deren linkem Flügel 1920 zur KPD. Delegierte des Vereinigungsparteita- ges 1920, auf dem sie in den Zentralaus- schuß gewählt wurde. Nach der Märzaktion 1921 verurteilte ein Sondergericht Frau Krüger zu einer lang- jährigen Gefängnisstrafe, sie trat in den Hungerstreik und kam schließlich frei. Im Mai 1924 in den Reichstag gewählt, seit Dezember 1924 Abgeordnete des preußi- schen Landtags. Frau Krüger stand auf dem linken Flügel der Partei und war Mitglied der Bezirksleitung Halle-Merseburg. Im September 1926 unterschrieb sie den »Brief der 700« (linken Oppositionellen), distan- zierte sich aber auf Druck des ZK sofort wieder von ihrer Unterschrift und erklärte, daß sie »nirgends eine Unterschrift gegeben« habe. Im April 1927 vom ZK erneut ver- warnt, weil sie einen Protest gegen den Ausschluß von Ritter und anderen Linken unterzeichnet hatte. 1928 nicht mehr als Kandidatin für den Landtag aufgestellt, verschwand sie im Hintergrund. Sie hatte sich zwar von der linken Opposi- tion getrennt, doch fanden in ihrer Woh- nung in Halle die Versammlungen der Füh- rer der Linken (Kilian usw.) statt. 1933 ging sie in die Illegalität. Sie erkrankte an einer Blinddarmentzündung, die wegen ihres illegalen Lebens nicht rechtzeitig be- handelt werden konnte. Da sie zu spät operiert wurde, starb Hedwig Krüger 1934. KÜBLER, Karl (1889-1948) Am 9. November 1889 in Backnang gebo- ren, lernte nach der Schulentlassung Schrei- ner. Vor dem Weltkrieg Mitglied der SPD, 1917 Übertritt zur USP, 1920 mit dem linken Flügel der USP zur KPD. Kübler übte verschiedene Funktionen in Stuttgart aus, er war seit 1926 Mitglied der BL Würt- temberg, 1927 wurde er in eine Kommission zur Ausarbeitung eines Aktionsprogramms der Partei in Württemberg gewählt. Bei den Auseinandersetzungen mit der starken Gruppe der »Rechten« in der KP Würt- temberg 1928/29 zählte Kübler zu den eifrigsten Linken, er wurde daher vom Wed- dinger Parteitag 1929 als Kandidat ins ZK gewählt. Nach 1933 war er längere Zeit inhaftiert, er trat nach 1945 politisch nicht mehr hervor. Kübler starb am 13. März 1948 in Stuttgart. KÜHNE, Otto (1893-1955) Geboren am 12. Mai 1893 in Berlin, arbei- tete nach der Schulentlassung bis 1914 in der Metallindustrie als Maschinenarbeiter. 1914 Soldat. 1916 kommandierte man ihn in einen Eisenbahnbetrieb, seither Eisenbah- ner. 1919 in den Betriebsrat gewählt. Er leitete später als Vorsitzender den Gesamt- betriebsrat der Reichsbahn in Berlin. Seit 1912 in der Gewerkschaft, seit 1919 in der USPD und seit 1920 in der KPD organi- siert. Nach der Spaltung des Eisenbahner- verbandes kam er in den kommunistischen »Freien Eisenbahnerverband« und wurde (von Geschke gefördert) 1922 hauptamt- licher Sekretär. 1925 Mitglied der KPD- Bezirksleitung Berlin. Kurze Zeit Vertreter des radikalen Flügels, der für selbständige Gewerkschaften auftrat, dann Anhänger der Ruth-Fischer-Führung gegen die Ultra- linken (Scholem, Rosenberg). Auf dem X. Parteitag 1925 als Kandidat ins ZK ge- wählt. Im August 1925 einer der Unter- zeichner des »Offenen Briefes«. Von der Parteikonferenz im Oktober 1925 zum Mit- glied des ZK befördert und als Vertreter der KPD zur Komintern nach Moskau ent- sandt (zusammen mit Heinz Neumann). 1927 nach Deutschland zurückgekehrt, auf dem Essener Parteitag 1927 nicht wieder ins ZK gewählt. 1931 bis 1933 Sekretär der KPD-Reichstagsfraktion. Kühne emigrierte 1933 und sagte im Londoner Gegenprozeß zum Reichstagsbrandprozeß aus. Von 1933 bis 1945 lebte er in Frankreich. Während des Krie- ges gehörte er der französischen Widerstands- bewegung an und wurde von der Organisa- tion FTPF zum Oberstleutnant befördert. Kübler/Küll 199 Im Mai 1945 kehrte er nach Berlin zurück, kam in die KPD und SED und wurde stell- vertretender Leiter, dann Leiter der Haupt- abteilung Verkehr der Deutschen Wirtschafts- kommission. Als Westemigrant 1950 seiner Funktion enthoben und nach Brandenburg- Havel abgeschoben. Kühne starb nach lan- ger, schwerer Krankheit am 8. Dezember 1955 in Brandenburg. KÜLL, Karl (geb. 1891) Am 7. Dezember 1891 in Solingen geboren, Sohn eines Messerreiders. 1906 bis 1908 Lehre als Galvaniseur, bis 1913 in seinem Beruf tätig. 1913 als Soldat eingezogen, bis 1918 beim Militär. In den Revolutionstagen in den Arbeiter- und Soldatenrat gewählt. 1918 Mitglied der USP, 1920 mit der linken USP zur KPD. Leiter der KPD in Solingen- Höhscheid, Mitglied der UB-Leitung und der BL. In den Nachkriegsjahren war Küll in meh- reren größeren Betrieben als Galvaniseur und Meister beschäftigt, wegen seiner politi- schen und gewerkschaftlichen Aktivität wurde er aber in den meisten Betrieben ge- maßregelt. 1929 war er bei der größten Solinger Firma I. A. Henkels Betriebsrats- vorsitzender. Er wurde auf dem Weddinger Parteitag als Betriebsarbeiter zum Mitglied des ZK gewählt. Küll war Stadtverordneter in Solingen, zwischen 1930 und 1933 auch vorübergehend Leiter der RGO und des (kommunistischen) Einheitsverbandes der Metallarbeiter in Solingen. Ende Februar 1933 sollte er verhaftet wer- den, konnte aber flüchten. Bis November 1933 illegal tätig, am 21. No- vember 1933 verhaftet. Im Juni 1934 zu neun Monaten Zuchthaus verurteilt, die er im Zuchthaus Lüttringhausen verbüßte. Von April bis August 1937 im KZ Sachsenhausen inhaftiert. In einem Gestapobericht wurde Küll als »fanatischer Kommunist« bezeich- net, der seine Arbeitskollegen gegen den Nationalsozialismus beeinflußte. Am 22. August 1944 sollte Küll im Rahmen 200 Küll/Kuntz der »Gewitteraktion« erneut verhaftet werden, er konnte aber flüchten und war bis Kriegsende illegal tätig. 1945 wieder Mitglied der KPD, wurde Küll in den vorbereitenden Ausschuß zur Neubildung der Gewerkschaften berufen. In der Folgezeit war er Vorsitzender der IG Metall Solingen, Bergisch-Land und schließ- lich Nordrhein. Auf dem Gewerkschaftstag der IG Metall im Februar 1947 wurde er in den Vorstand für die britische Zone ge- wählt. Auf dem Vereinigungsverbandstag der IG Metall der britischen und amerika- nischen Zone im Oktober 1948 wurde Küll als Sekretär in den elfköpfigen Vorstand berufen. Auf dem Gewerkschaftstag in Ham- burg im September 1950 wurde er (nach eigenen Angaben) durch eine Satzungsände- rung aus dem Vorstand herausgewählt. Bis zu seiner Pensionierung 1956 blieb er aber Angestellter des IG Metall-Vorstandes in Frankfurt. Nach einer Meldung der »Freien Tribüne« soll Küll im November 1950 we- gen Differenzen über die KPD-Gewerk- schaftspolitik aus der Partei ausgetreten sein. Küll lebte 1969 in Solingen. KUNTZ, Albert (1896-1945) Am 4. Dezember 1896 in Bannewitz bei Wurzen als Sohn eines Tischlers und eines Dienstmädchens geboren. Seit 1900 mußte die Mutter Albert und zwei jüngere Ge- schwister allein ernähren; er wuchs in großer Armut auf. Schon als Schulkind mußte er in einer Federnschleißfabrik arbeiten, später wurde er Laufjunge. 1911 bis 1915 Lehre als Kupferschmied, Mitglied der Gewerk- schaft. 1912 Leiter der Sozialistischen Ju- gend seiner Heimatstadt. 1916 als Soldat eines Pionierbataillons an die Front. Bei Verdun erlitt er eine schwere Beinverwun- dung. 1918 in den Soldatenrat gewählt. 1919 Mitglied des Arbeiterrats in Wurzen und im Juli 1919 Mitgründer der dortigen KPD. 1920 in die Bezirksleitung der KPD Mittel- deutschland aufgenommen. Arbeitete als Kupferschmied und war viel auf Montage. Nach einem Betriebsunfall 1922 Notstands- arbeiter. Abgeordneter des Stadtrats von Wurzen. Delegierter des Jenaer Parteitags 1921. 1923 hauptamtlicher KPD-Funktio- när, Orgleiter für Westsachsen in Leipzig. 1923/24 einige Monate inhaftiert. Von Fe- bruar 1925 bis Februar 1926 Arbeiter in Chemnitz, Mitglied der BL Erzgebirge- Vogtland (»Albert«). Delegierter der 1. Par- teikonferenz 1925. 1926 vom Polleiter Heucke als Orgleiter nach Hessen-Frankfurt geholt, in dieser Funktion blieb er bis 1928. Nach dem Ausschluß der Rechten übernahm Kuntz im Oktober 1928 als Polleiter die Führung des Bezirks Hessen-Frankfurt. Vom XII. Parteitag 1929 zum Kandidaten des ZK gewählt. Von September 1929 bis Juli 1930 Studium an der Parteihochschule der Kommunistischen Internationale in Moskau. Anschließend Orgleiter des Bezirks Berlin-Brandenburg. Im April 1932 als Ab- geordneter in den preußischen Landtag ge- wählt. Als Angehöriger der Neumann- Gruppe Ende 1932 nicht mehr in die Ber- liner BL aufgenommen, wieder Funktionen in Hessen-Frankfurt. Am 12. März 1933 bei einer illegalen Ver- sammlung von der Gestapo verhaftet. Kuntz, ein Hüne von Gestalt, wurde fürch- terlich zusammengeschlagen, er lag wochen- lang im Gefängnislazarett. Vom 4. bis 19. Juni 1936 als Hauptangeklagter vor Ge- richt. Es war der (zweite) Prozeß wegen der Ermordnung der Polizeihauptleute An- lauf und Lenk durch den KP-Apparat am 9. August 1931 in Berlin. Während drei Angeklagte zum Tode, die anderen zu ho- hen Zuchthausstrafen verurteilt wurden, kam es für Kuntz zu einem Freispruch: »Auf Grund der glaubhaften Aussage des Angeklagten Klause steht somit fest, daß der Angeklagte Kuntz von dem Mordplan unterrichtet war. Er war zugegen, als Kip- penberger am Sonnabend den Plan ent- wickelte, wie der Hauptmann Anlauf noch am selben Abend unter Mitwirkung des RFB erschossen werden sollte; er kam hin- zu, als Kippenberger den zweiten Plan ent- Kuntz/Lademann 201 wickelte; er war dabei, als Heinz Neumann am Sonntagabend den Peschky zur Tat drängte ... es hat sich aber nicht feststellen lassen, daß Kuntz irgendwie bei der Aus- führung des Verbrechens mitgewirkt hat. Audi nach Klauses Darstellung hat er selbst nichts getan, um den Erfolg herbei- zuführen oder die Tat irgendwie zu för- dern. Wegen Mittäterschaft oder Beihilfe an dem Mord konnte er daher nicht bestraft werden. Er hat aber von dem Vorhaben des Mordes zu einer Zeit, in der die Ver- hütung dieser Verbrechen möglich war, glaubhafte Kenntnis erhalten und es unter- lassen, hiervon der Behörde oder den be- drohten Personen zur rechten Zeit Anzeige zu machen. Er hat sich dadurch des Ver- stoßes gegen den § 139 STGB schuldig ge- macht. Ferner hat er nach der Begehung des Mor- des den Tätern Zimmer und Mielke [heuti- ger Minister für Staatssicherheit der DDR - H. W.] wissentlich Beistand geleistet, um sie der Bestrafung zu entziehen . . .« Da seine Vergehen unter Amnestie fielen, wurde Kuntz in diesem Prozeß freigespro- chen, jedoch im April 1935 wegen Vorberei- tung zum Hochverrat zu 1V2 Jahren Zucht- haus verurteilt. Nach Verbüßung dieser Strafe im Zuchthaus Kassel kam er ins KZ Lichtenburg, dann nach Buchenwald, wo er zusammen mit Stoecker und Neubauer die illegale KPD-Gruppe organisierte. 1942 mehrere Monate im berüchtigten »Bunker« des KZ. 1943 schaffte ihn die SS ins Nebenlager Kas- sel und anschließend in das berüchtigte La- ger »Dora« bei Nordhausen. Unter seiner Leitung verübte eine illegale Gruppe Sabo- tage an den dort hergestellten V-Waffen und bereitete einen Aufstand vor. Im No- vember 1944 versuchte die SS vergebens, von ihm die Hintergründe der Sabotage zu erfahren, er wurde 14 Tage lang geprügelt. Am 23. Januar 1945 wurde Albert Kuntz von der SS im Bunker ermordet, seine Lei- che im Krematorium des KZ verbrannt. Seine Frau, Ellen Kuntz, seit 1920 Mitglied der KPD, lebte 1968 als Parteiveteranin in Ost-Berlin. LADEMANN, Max (1896-1941) Am 17. Mai 1896 in Leipzig geboren, be- suchte in Saalfeld die Mittelschule und in Remscheid die Realschule. Anschließend Schlosserlehre. Später absolvierte er in Hamburg eine technische Schule. Von 1916 bis 1918 Soldat. Nach späteren Gerüchten nahm er als »roter Reitergeneral« am russischen Bürgerkrieg teil, doch das war reine Erfindung. Lademann hatte sich früh der sozialistischen Jugendbewegung angeschlossen. Nach dem Krieg Mitglied der USP, kam 1920 mit deren linkem Flügel zur KPD. Seit 1921 hauptamtlicher Funktionär. Delegierter des Jenaer Parteitags 1921. Unterbezirksleiter in Sangershausen, 1922-1924 in Eisleben, wo er Anfang 1924 Stadtverordneter wurde. Im März 1924 wegen seiner Teilnahme an den Vorbereitungen des Oktober 1923 zu einem Jahr Gefängnis verurteilt. Im Mai des gleichen Jahres Reichstagsabgeordneter, daher kam er wieder frei. Mitte 1924 Org- leiter des KPD-Bezirks Halle-Merseburg. Im Dezember 1924 in den preußischen Landtag gewählt, dem er ununterbrochen bis 1933 angehörte. Lademann blieb bis 1930 Orgleiter in Halle-Merseburg. 1928, als die »Versöhnler« in Halle-Merseburg dominierten, zählte auch Lademann zu ih- nen, doch schwenkte er 1929 zum ZK über und behielt seine Funktion (im Gegensatz zum Polleiter Schröter). In den Jahren 1930 bis 1933 war er dann Orgleiter im Bezirk Niedersachsen. Am 19. April 1934 wurde Max Lademann verhaftet. Er mußte zuerst eine zweijährige Festungshaft verbüßen, zu der er noch in der Weimarer Republik verurteilt worden war. Anschließend kam er wegen »Vorberei- tung zum Hochverrat« für vier Jahre ins Zuchthaus, dann ins KZ Sachsenhausen. Er meldete sich zu einem der »Himmelfahrts- kommandos«, die Blindgänger entschärften, 202 Lademann/Langenfeld weil man ihm dafür geringe Erleichterungen versprach. Beim Entschärfen einer Bombe kam Lademann am 21. März 1941 ums Leben. Kurz vorher hatte er in einem aus dem Lager geschmuggelten Brief noch an seine Schwestern geschrieben: » .. . Was hinter mir liegt, ist Grauen und Elend. Ich will Euch damit nicht belasten, es würde alle Eure Vorstellung übersteigen. Ich will und muß leben, dieser Wille hielt und hält mich aufrecht. Jetzt hab’ ich’s etwas besser. Über das Wie wird Euch der Freund mehr er- zählen können. Mündlich macht sich das besser. Durch meine konsequente Haltung habe ich mir Freunde erworben, die mir viel geholfen haben . . .« LANGE, Albert Gustav (1901-1954) Geboren am 3. Juni 1901 in Barmen. Be- suchte das Gymnasium und studierte einige Semester. 1919 Eintritt in die sozialistische Jugendbewegung, 1922 Mitglied der KPD. Zunächst Volontär, von 1925 bis 1928 Re- dakteur am Düsseldorfer KPD-Organ »Freiheit«. 1929 in die politische Redaktion der »Roten Fahne« nach Berlin geholt, wo er bis Anfang 1933 blieb; zuletzt Agitprop- Sekretär für Berlin. Im Oktober 1933 verhaftet (schon in der Weimarer Republik sechs kürzere Strafen wegen politischer Delikte), zu zwei Jahren und sechs Monaten Zuchthaus verurteilt. Am 13. April 1936 entlassen. Da er sich »gut geführt« hatte, kam er nicht ins KZ. Zum Dreher umgeschult, arbeitete er in den dreißiger Jahren in diesem Beruf und konnte mit 65 Mark Wochenlohn Frau und Kind ernähren. 1940 war Lange nach An- sicht der Gestapo »innerlich umgestellt«, so daß er »wehrwürdig« erklärt und als Soldat eingezogen wurde. 1943 geriet er in englische Kriegsgefangenschaft, aus der er erst 1947 zurückkehrte. Wieder Mitglied der KPD. Von 1949 bis zu seinem Tode Redakteur am KPD-Organ »Freies Volk« in Düssel- dorf. Im Oktober 1954 befand er sich mit seiner Frau auf einer Urlaubsreise in Süd- frankreich. Auf seinem Motorrad erlitt er am 9. Oktber einen Schlaganfall und starb am 14. Oktober 1954. LANGENDORF, Antonie (1894-1969) Antonie Glanzmann wurde am 3. Januar 1894 in Leipzig geboren, sie besuchte die Handelsschule und lernte Kontoristin. Nach dem Weltkrieg kam sie nach Mannheim, wo sie den technischen Kaufmann Rudolf Lan- gendorf heiratete, der ein aktiver Funktio- när der KPD war (und Anfang der zwanzi- ger Jahre mit der KAP sympathisierte). Antonie Langendorf übte in der KPD ver- schiedene Funktionen aus. Sie war Stadt- verordnete in Friedrichsfeld, das später in Mannheim eingemeindet wurde. Als Frauen- leiterin der KPD in Baden wurde sie 1929 in den badischen Landtag gewählt. 1930 Mitglied der KPD-Bezirksleitung Baden. Nach 1933 einige Zeit inhaftiert, gehörte sie und ihr Mann der illegalen Widerstands- bewegung an. Ihr Mann war führender Kopf in der »Lechleiter-Gruppe« und wurde 1942 verhaftet, am 15. Mai 1942 zum Tode verurteilt und am 15. September 1942 hingerichtet. Antonie Langendorf trat 1945 wieder der KPD bei und gehörte als Frauenleiterin der Bezirksleitung Baden, später Kreisleitung Mannheim an, sie war von 1946 bis 1950 Landtagsabgeordnete, später Stadtrat (Stadtverordnete) in Mannheim. Wegen ihres lauteren Charakters auch von politi- schen Gegnern geachtet, gehörte sie auch nach dem KPD-Verbot 1956 noch einige Jahre dem Mannheimer Stadtrat an. Seit 1968 Mitglied der DKP. Antonie Langen- dorf starb am 23. Juni 1969 in Mannheim. LANGENFELD, Joseph (geb. 1887) Am 8. August 1887 in Niedermending Krs. Mayen geboren, lernte von 1902 bis 1905 das Polstererhandwerk. Bis 1909 Deutsch- Langenfeld/Langner 203 land als Handwerker durchwandert, dann selbständiger Polsterer. 1914 bis 1918 Sol- dat. Nach dem Krieg in Düsseldorf als Me- tallarbeiter beschäftigt. 1918 der USPD und 1920 der KPD bei- getreten, übte er verschiedene Parteifunk- tionen aus. Im Mai 1924 zog er in den Reichstag ein. Im Dezember 1924 nicht wiedergewählt, in der Folgezeit auch kein hauptamtlicher Funktionär mehr, sondern als Vertreter tätig. Aktiv im Freidenker- verband, bis 1933 KPD-Mitglied. Im Sep- tember 1933 hielt er an den Gräbern er- mordeter Kommunisten Gedenkreden, wurde denunziert und von der Gestapo verhaftet. Im Oktober 1933 ins KZ Börgermoor ge- bracht, Weihnachten schwerkrank entlassen. Dabei mußte er die übliche Erklärung unter- schreiben und sich verpflichten, »in Zukunft jeden Verkehr mit Angehörigen oder An- hängern der Kommunistischen Partei oder Sozialdemokratischen Partei Deutschlands aufzugeben und mich jeder staatsfeindlichen politischen Betätigung oder Propaganda . . . zu enthalten«. Es ist nicht bekannt, ob er nicht trotzdem illegal gegen Hitler weiter- kämpfte. Nach 1945 trat er politisch nicht mehr her- vor. Seine Frau starb 1962; Joseph Langen- feld lebte 1969 in Düsseldorf. LANGNER, Paul (1896-1935) Geboren am 20. Februar 1896 in Halber- stadt/Mansfeld. Arbeitete nach der Schul- entlassung zunächst als Landarbeiter, dann als Bergmann über, später auch unter Tage. 1916 bis 1918 Soldat; 1918 aktiv bei der Revolution in Kiel. Seit 1914 SPD-Mitglied. 1917 Mitglied der USP, ging mit dem linken Flügel 1920 zur KPD. Delegierter des Ver- einigungsparteitages 1920. Als Funktionär der KPD trat er 1921 in Mitteldeutschland hervor. Damals arbeitete er noch als Berg- mann in Gatterstadt. Da er aktiv an der Märzaktion 1921 beteiligt war, mußte er aus Mitteldeutschland flüchten. 1922 haupt- amtlicher KPD-Funktionär. Im August 1922 Redakteur der »Sozialistischen Republik« in Köln. 1923 aktiv an den Vorbereitungen des Oktoberaufstandes beteiligt. Als Anhänger der Linken in der Partei im August 1924 nach Stuttgart geschickt, wo er die Leitung der KPD-Zeitung »SAZ«über- nahm und nach der Verhaftung Böhlas im September 1924 (unter dem Decknamen: »Kupfer«) Polleiter des Bezirks Württem- berg wurde. In dieser Funktion blieb er bis zu seiner Verhaftung im März 1925. Der Staatsgerichtshof in Leipzig sprach ihn im Oktober 1925 frei. 1926 kehrte Langner nach Stuttgart zurück und übernahm wieder die Chefredaktion der »Süddeutschen Ar- beiterzeitung«. Im März 1927 als Chef- redakteur an die »Arbeiter-Zeitung« nach Mannheim versetzt, dort bis Mitte 1928 tätig. 1928 für einige Monate Polleiter des Bezirks Oberschlesien, Anfang 1929 kam er als Orgleiter des KPD-Bezirks Berlin-Bran- denburg nach Berlin, wurde 1929 auch Stadtverordneter in Berlin. Ende 1929 von Vogt als Orgleiter abgelöst und in die Redaktion der »Roten Fahne« geholt, wo er den Gewerkschaftsteil leitete. 1930 einige Zeit Polleiter des Bezirks Schle- sien in Breslau. 1931 veröffentlichte Lang- ner die Broschüre »Der Massenstreik im Kampf des Proletariats«. Auf der ZK- Sitzung am 19. Februar 1932 kritisierte Thälmann diese Schrift, die »neben vielem wertvollen Material und fleißiger Arbeit einige ideologische Fehler« enthalte. Thäl- mann teilte mit: »Der Genosse Langner hat bereits in einer Erklärung an das ZK seine Fehler erkannt. Wir können diesen Schritt des Genossen Langner nur begrüßen.« Langner, der seit Anfang 1932 wieder Mit- glied der Berliner Bezirksleitung war, wurde Ende 1932 als Anhänger der Neumann- Gruppe aus der BL ausgeschlossen. 1933 verhaftet, kurze Zeit in Schutzhaft. Nach seiner Entlassung emigrierte er nach Frank- reich, dann in die Sowjetunion; er war in Moskau bei der RGI beschäftigt. Langner starb im Mai 1935 in Moskau. 204 Lanius/Lechleiter LANIUS, Walter (1896-1929) Am 30. Mai 1896 in Berlin geboren, lernte nach der Schulentlassung Laborant. Als Fünfzehnjähriger schloß er sich 1911 der Sozialistischen Jugend an. Kurz vor Kriegs- ausbruch kam er in Chemnitz in den oppo- sitionellen Jugendzirkel, aus dem sich spä- ter der dortige Spartakusbund entwickelte. Nach der Lehrzeit Übersiedlung nach Mün- chen. Lanius gehörte während des Krieges der Spartakusgruppe an, er unterhielt auch zum Kreis um Eisner enge Beziehungen. 1916 zum Militär eingezogen, nahm er als Soldat an der Revolution in München teil und war auch in der Münchener Räterepu- blik aktiv. Seit Gründung der KPD Mit- glied der Partei, siedelte 1920 wieder nach Berlin über. Von 1921 an Mitarbeiter der Gewerkschaftsabteilung der Zentrale; 1922 Leiter der Abteilung Chemie in der Gewerk- schaftsabteilung der KPD-Zentrale. 1923/ 1924 Anhänger der »Rechten«, im Herbst 1924 aus der Zentrale entlassen. Lanius wurde in den illegalen Apparat der Partei übernommen, er schrieb (unter dem Pseudonym »Lehmann«) Artikel in der Parteipresse. Er stand die ganze Zeit über in enger Verbindung zu Brandler und Thalheimer. Ende 1928 wurde er als erster »Rechter« aus der KPD ausgechlossen; war dann in der KPO aktiv. Gerade 3 3jährig, starb Lanius am 29. Juli 1929 an den Nach- wirkungen einer Blinddarmoperation und Gelbsucht. Brandler hielt ihm am 2. August 1929 die Grabrede. LECHLEITER, Georg (1885-1942) Am 14. April 1885 in Appenweier (Baden) ge- boren,entstammte einer kleinbäuerlichen, kin- derreichen Familie und sollte Priester werden. Nach wenigen Wochen verließ er das Priester- seminar, lernte Schriftsetzer und arbeitete in diesem Beruf in verschiedenen Städten Badens und der Schweiz. In der Schweiz schloß er sich der Sozialistischen Jugend an und wurde Mit- glied der Sozialistischen Partei. Bis 1918 in marxistischen Zirkeln aktiv. 1918 Rückkehr nach Deutschland. Einer der Mitgründer der KPD in Mannheim. Haupt- amtlicher Parteifunktionär, zunächst Redak- teur der »Roten Fahne« (der späteren »Ar- beiter-Zeitung«) in Mannheim, dann von 1920 bis 1922 Sekretär des KPD-Bezirks Baden. Der Jenaer Parteitag 1921 wählte ihn in die Statutenkommission. 1922 bis 1924 wieder Redakteur an der »Arbeiter- zeitung«, 1922 in den Mannheimer Stadtrat gewählt. Da Lechleiter Anhänger des rech- ten Parteiflügels war, trat er 1924 in den Hintergrund, er leitete die Arbeiterbuch- handlung in Mannheim. Er verbüßte 16 Mo- nate Festungshaft auf der Festung Gollnow. Nach dem »Offenen Brief« 1925 als Land- tagskandidat aufgestellt und in den badi- schen Landtag gewählt, dem er bis 1933 angehörte. Vorsitzender der Landtags- gruppe der KPD, 1930 in die KPD-Bezirks- leitung delegiert, für Kommunalfragen ver- antwortlich. Im April 1932 seiner Funktion als Vorsitzender der KPD-Landtagsgruppe enthoben, da diese im Landtag den Antrag gestellt hatte, außer der SA auch das sozial- demokratische »Reichsbanner« zu verbieten. 1933 verhaftet, bis 1935 im KZ Kislau in- haftiert. 1935 wieder frei, mußte er seinen Lebensunterhalt als Erdarbeiter verdienen, bis er 1937 wieder Arbeit als Schriftsetzer fand. Er hielt Verbindung zu anderen Kom- munisten und baute 1941 systematisch eine der stärksten kommunistischen Widerstands- gruppen auf. Diese »Lechleiter-Gruppe« in Mannheim stellte Flugblätter und eine ille- gale Zeitung »Der Vorbote« her, die in Mannheimer Großbetrieben verteilt wurden. Am 26. Februar 1942 wurde eine große An- zahl Personen in Mannheim verhaftet und die Gruppe in der Folgezeit zerschlagen. 19 Mitglieder der Lechleiter-Gruppe wurden zum Tode verurteilt, darunter am 15. Mai 1942 auch der Leiter der Gruppe, Georg Lechleiter. Er wurde am 15. September 1942 hingerichtet. In seinem letzten Brief schrieb er: »Der Gedanke an den Tod schreckt mich nicht. Ein Mensch, der nicht fähig ist, sich für eine Lechleiter/Leow 205 Idee aufzuopfern, gleich welcher Art, ist in einem höheren Sinne kein Mensch.« LEHMANN, Frieda (1888-1934?) Frieda Schatz wurde am 15. Februar 1888 in Halle geboren. Nach der Schulentlassung arbeitete sie einige Jahre in der Fabrik, spä- ter heiratete sie den Arbeiter Lehmann. 1910 Mitglied der SPD, trat sie 1917 zur USPD über und kam mit der linken USP 1920 zur KPD. In der KPD stand Frieda Leh- mann auf dem linken Flügel. Anfang 1925 übernahm sie als Nachfolgerin von Urban für einige Monate die Leitung der Gewerk- schaftsabteilung in der BL Halle-Merseburg. Von 1925 an gehörte sie auch dem Provin- ziallandtag von Sachsen an. Auf dem X. Par- teitag 1925 in die Mandatsprüfungskommis- sion gewählt. Mitte 1925 übernahm sie die Abteilung Frauen in der BL Halle-Merse- burg. Nach dem »Offenen Brief« schloß sie sich Ende 1925 der linken Opposition an, die sie gemeinsam mit Kilian in Mittel- deutschland leitete. Im April 1928 unterschrieb sie den Aufruf der linken Kommunisten und wurde aus der KPD ausgeschlossen. Sie trat dem »Leninbund« bei, den sie bis 1930 im Pro- vinziallandtag von Sachsen vertrat, bis 1933 war sie für den »Leninbund« aktiv. 1933 einige Zeit verhaftet, soll sie 1934 verstor- ben sein. LENGNINK, Gustav (geb. 1894) Geboren am 29. August 1894 in Kailaden (Kreis Labiau/Ostpreußen). Nach der Schulentlassung erlernte er das Malerhand- werk und ging als Geselle auf Wanderschaft. Während des Weltkrieges als Soldat an der Front, erhielt mehrere Auszeichnungen. 1919 kehrte er nach Labiau zurück und schloß sich der USPD an. Delegierter des USPD- Parteitages im Dezember 1919. Im Februar 1920 verhaftet, wurde er während des Kapp-Putsches befreit, der Name Lengnink wurde zur »Kampfparole«. Als Vorsitzen- der der Ortsgruppe führte er Ende 1920 fast die gesamte USP Labiau zur KPD. 1921 Mitglied des Kreistages und des Pro- vinziallandtags, von 1922 an hauptamtlicher Parteisekretär, zunächst in der KPD-Be- zirksleitung Ostpreußen für Landarbeiter- fragen. 1923 Leiter des illegalen militäri- schen Apparats der KPD in Ostpreußen. Anhänger der Linken, kam er im März 1924 nach Königsberg und wurde im Juni als Polleiter des Bezirks Ostpreußen eingesetzt. Bereits am 20. Juli 1924 verhaftete ihn die Polizei. Er wurde als Leiter der »Partisa- nengruppen« angeklagt und im Prozeß (19.-23. November 1925) zu drei Jahren Zuchthaus verurteilt. Nach seiner Entlassung aus dem Zuchthaus gehörte er (zusammen mit Seipold) der lin- ken Opposition in Ostpreußen an. Bei den preußischen Landtagswahlen von 1928 noch als Kandidat der KPD aufgestellt (aber nicht gewählt), trennte er sich 1930 gemein- sam mit Seipold von der KPD und war in linken Splittergruppen aktiv. 1931 kehrte er in die KPD zurück, er wurde im Litera- turvertriebs-Apparat der Partei beschäftigt. 1933 arbeitete Lengnink (kein Theoretiker, sondern Praktiker der Partei) für die ille- gale KPD, er war längere Zeit inhaftiert. 1945 kam er nach Parchim, Mitglied und Funktionär der SED. Seit 1955 Arbeiter- veteran in Parchim, 1956 mit dem »Vater- ländischen Verdienstorden« in Bronze aus- gezeichnet; lebte 1968 in Parchim. LEOW, Willy (1887-1937) Geboren am 25. Januar 1887 in Branden- burg/Havel; lernte Tischler. Anschließend auf Wanderschaft, besuchte Arbeiterbil- dungsschulen und siedelte nach Berlin über. 1904 Mitglied der SPD und der Gewerk- schaft. Während des Krieges schloß er sich der Spartakusgruppe an. Innerhalb der USPD aktiv bei der Organisierung der Spartakusgruppe. Im April 1918 zusammen mit Jogiches, Budich u. a. verhaftet und erst beim Ausbruch der Revolution im Novern- 2o6 Leow/Levy ber 1918 befreit. Seit Gründung der KPD Mitglied und Funktionär der Partei. In den zwanziger Jahren zunächst Parteisekretär in Berlin-Nordwest, dann Pförtner des »Karl-Liebknecht-Hauses«, dem Sitz der KPD-Zentrale. Delegierter des Jenaer Par- teitags 1921. Nadi Gründung des Roten Frontkämpfer- bundes wählte ihn der 2. Reichskongreß dieser Organisation im Mai 1925 zum 2. Bundesvorsitzenden. Vorsitzender war Thälmann und als dieser im Oktober 1925 Parteiführer wurde, stieg Leow praktisch zum Leiter des RFB auf. Auf dem XL Parteitag 1927 wurde Leow als Kandidat ins ZK gewählt, im gleichen Jahr übernahm er eine längere Reise in die Sowjetunion. 1928 zog er in den Reichstag ein, dem er ununterbrochen bis 1933 an- gehörte. Während der Wittorf-Affäre 1928 verdich- teten sich die Gerüchte, daß Leow im RFB eine Korruptions- und Mißwirtschaft be- treibe. Doch als Thälmann durch Stalin wie- der in seine Funktion eingesetzt wurde, festigte sich auch die Stellung seines Ver- trauensmannes Leow. Dieser ungehobelte Funktionär, der nach vielen Berichten ein Trinker war, stieg rasch in die höchsten Po- sitionen auf. Der Parteitag 1929 wählte Leow als Mitglied ins ZK, der illegale RFB wurde von ihm geleitet. Die Gerüchte über Korruptionen und Unterschlagungen ende- ten bis 1933 nicht. 1933 emigrierte Leow, er kam 1934 in die Sowjetunion. Nadi verschiedenen Berichten soll ihm bereits damals wegen der Unter- schlagungen ein Prozeß gemacht worden sein. Das ist jedoch unwahrscheinlich. Zu- verlässiger scheint die Version zu sein, daß er zur Arbeit in die Wolga-Republik ab- geschoben und dort ebenso wie die meisten anderen deutschen Kommunisten 1937 ver- haftet wurde. Er verschwand als Opfer der Stalinschen Säuberung; die SED gibt neuer- dings 1937 als sein Todesjahr an. LEPS, Georg (1892-1961) Geboren am 24. November 1892 in Berlin, lernte Klempner. 1910 Mitglied der SPD und Gewerkschaft. Kriegsteilnehmer. 1918 Übertritt zur USPD, kam 1920 mit deren linkem Flügel zur KPD. Leps arbeitete bis 1928 in seinem Beruf und übte verschiedene ehrenamtliche Funktionen aus. 1928 Parteisekretär der KPD, im glei- chen Jahr Abgeordneter des preußischen Landtags. 1929 UB-Leiter Berlin-Nord. Bis 1932 Sekretär der Bezirksleitung Berlin- Brandenburg, u. a. für Wirtschaftsfragen verantwortlich, außerdem Polleiter von Berlin-Kreuzberg. 1932 nicht mehr als Kan- didat für die Landtagswahl aufgestellt, schied er auch aus dem hauptamtlichen Par- teiapparat aus. Nach 1933 arbeitete er in seinem Beruf, einige Male kurze Zeit in- haftiert. 1945 wieder Mitglied der KPD. Im Mai 1945 organisierte er die Lebensmittelversor- gung in seinem Wohnort Hoppegarten. Im September 1945 in die Bezirksleitung der KPD Brandenburg aufgenommen, für Wirt- schaftspolitik verantwortlich. 1946 Sekretär der SED-Landesleitung Brandenburg, eben- so Abgeordneter des Brandenburgischen Landtags. Im Dezember 1948 als Vertreter Brandenburgs in die Deutsche Wirtschafts- kommission berufen. In den fünfziger Jah- ren spielte er keine politische Rolle mehr. Leps lebte als Parteiveteran in Potsdam, wo er am 19. Februar 1961 starb. LEVY, Alfred (1885-1943) Als Sohn eines kinderreichen Kaufmanns am 6. Januar 1885 in Hamburg geboren. Schon in jungen Jahren ging Levy auf die »Walze«. 1906 schloß er sich in Mannheim der Gruppe um die sozialistische Zeitung »Junge Garde« an, Eintritt in die SPD. Bis zum Ersten Weltkrieg in verschiedenen Städten als Hilfsarbeiter beschäftigt. Im Weltkrieg Soldat in Rumänien. Durch einen Kopfschuß schwer verwundet, war er zeitweise gelähmt. Rückkehr nach Hamburg, Levy/Lieberasch 1917 Mitglied der USPD, mit deren linkem Flügel 1920 zur KPD. Seit 1919 als Schwer- beschädigter Staatsangestellter, zunächst im Arbeitsamt und seit 1920 im Wohlfahrts- amt. 1920 Führer einer Demonstration, die in bewaffneten Kämpfen endete, deswegen zu einer Strafe von drei Jahren Gefängnis verurteilt. Nach seiner eigenen Aussage er- klärte ihm der Staatsanwalt, er bekäme ein Jahr für die Tat, ein Jahr weil er Kommu- nist und ein Jahr weil er Jude sei. Levy brauchte die Strafe nicht ganz zu verbüßen, weil er 1924 in die Hamburger Bürgerschaft gewählt wurde. Wie die Mehrheit der Ham- burger Parteiorganisation gehörte auch Levy zum linken Flügel in der KPD; er war Mitglied der Bezirksleitung Wasserkante. Wegen seiner Teilnahme am Oktoberauf- stand 1923 wurde Levy am 3. November 1923 verhaftet und als einer der Haupt- angeklagten im Urbahns-Prozeß im Januar 1925 zu vier Jahren Festung verurteilt (der Staatsanwalt hatte elf Jahre beantragt). Am 31. Mai 1926 durch eine Amnestie frei- gekommen, sympathisierte er mit der linken Opposition und entfernte sich von der KPD. 1927 nicht mehr in die Bürgerschaft gewählt, trat er aus der KPD aus und zog sich zu- nächst von der Politik zurück. In der ultra- linken Periode der KPD nach 1929 näherte er sich wieder der Partei, von 1932 an wie- der aktiver Funktionär. Am 7. September 1933 wegen »Vorbereitung zum Hochverrat« zu drei Jahren Gefängnis verurteilt und nach Verbüßung der Strafe ins Lager Witt- moor, das spätere Fuhlsbüttel, übergeführt. Wegen einer schweren Operation wurde Le- vy ins Eppendorfer Krankenhaus gebracht und konnte von dort flüchten. Nach dieser Flucht lebte er illegal in Hamburg und ge- langte dann 1937 über Berlin nach Prag. Zu diesem Zeitpunkt erhielten seine Kinder ei- nen Brief, der jedoch das einzige Lebenszei- chen blieb. Bei einer beantragten Todeser- klärung im Juni 1951 wurde vermutet, daß Levy als Jude bei der Besetzung der Tsche- choslowakei von den Nationalsozialisten umgebracht worden ist. In der Todeserklä- rung wurde als Zeitpunkt des Todes der 31. Dezember 1943 angenommen. Nach anderen Berichten konnte Levy nach Moskau flüch- ten, er soll noch im Moskauer Rundfunk gesprochen haben, aber 1938 verhaftet wor- den und als Opfer der Stalinschen Säube- rungen verschwunden sein. LIEBERASCH, Arthur (1881-1966) Am 3. November 1881 in Leipzig geboren; lernte Schlosser. 1899 Eintritt in die Ge- werkschaft, 1906 Mitglied der SPD; bald in ganz Sachsen durch seine gewerkschaft- liche Aktivität bekannt. 1918 Übertritt zur USPD. Während der Revolution führend im Arbeiter- und Soldatenrat in Leipzig. 1920 Delegierter des Spaltungsparteitags der USP, mit der linken USP zur KPD. Dele- gierter des III. Weltkongresses der Kom- intern 1921. Seit 1922 Abgeordneter des sächsischen Landtags. Der Leipziger Parteitag 1923 wählte Lieberasch in die Gewerkschaftskom- mission. Er gehörte 1923 zum rechten Par- teiflügel. 1926 wieder in den sächsischen Landtag gewählt, 1927 Vorsitzender der Stadtverordnetenfraktion in Leipzig. Von 1926 an Mitglied der KPD-Bezirksleitung Westsachsen und als Sekretär für die Ge- werkschaftsfragen verantwortlich. Während der Auseinandersetzungen 1928 einer der Wortführer der Rechten in Sach- sen, deswegen im Januar 1929 aus der KPD ausgeschlossen. Mitgründer der KPO West- sachsen; er blieb auch nach der Spaltung 1932 in der KPO. 1933 Emigration in die Schweiz. In Schaffhausen von Bringolf, ei- nem der rechten Führer der KP Schweiz, un- terstützt. Als Bringolf zur Sozialdemokratie übertrat, Lieberasch jedoch auf seinem KPO- Standpunkt verharrte, verschlechterte sich seine Lage, bis er keine Unterstützung mehr fand und sich kümmerlich im Arbeitshaus von Schaffhausen durch Holzhacken ernäh- ren mußte - von den Schweizer Landstrei- chern, die ebenfalls dort arbeiteten, als »Na- zi« beschimpft, weil er Deutscher war. 2o8 Lieberasch/Lindau Erst 1947, als seine Frau in Leipzig im Ster- ben lag, konnte Lieberasch nach Leipzig zu- rückkehren. Er trat der SED bei, wurde aber 1951 wieder ausgeschlossen. Im Januar 1951 schrieb der damalige Landesvorsit- zende der SED, Lohagen, über ihn: »Dieser Lieberasch hat heute nicht nur seine Agenten in der Partei, sondern ist selbst Mitglied unserer SED im Kreis Leipzig. Dieser alte professionelle Parteifeind schrieb vor kur- zem in einer Erklärung an die Partei über Brandler folgendes, was einer moralischen Rechtfertigung Brandlers gleichkommt: >Brandler war genau so ein armes Schwein wie ich und hatte auch nichts anzuziehens und so fort.« Im Zuge der Entstalinisierung ist Lieberasch allerdings wieder in die SED aufgenommen worden. Lieberasch starb am 10. Juni 1966 in Leipzig. LIESE, Wilhelm (1879-?) Geboren am 5. April 1879 in Jarmen Krs. Demmin, arbeitete nach der Schulentlassung in verschiedenen Berufen und trat 1900 der SPD bei. Während des Krieges schloß er sich in Berlin der Spartakusgruppe an und trat nach dem Kriege in die KPD ein. Liese war an den bewaffneten Auseinander- setzungen in Berlin 1919 beteiligt, deshalb wegen »Landfriedensbruchs« und Aufruhr zu sieben Monaten Gefängnis verurteilt. Seit 1920 Mitarbeiter der »Roten Fahne«, an- fangs nebenberuflich, von 1924 an verant- wortlich zeichnender Redakteur der »Roten Fahne«. Im Dezember 1925 entlassen, ging er nach Prag, wo er in große Not geriet. Im Mai 1927 schrieb er einen scharfen Brief über die falsche Kaderpolitik der Partei an das ZK der KPD. Dieser Brief geriet auch in die Hände des SPD-»Vorwärts«, der ihn veröffentlichte. Liese, inzwischen Anhänger der linken Opposition, mißbilligte die Pu- blizierung. Im Dezember 1927 wegen seiner Verantwortlichkeit für die »Rote Fahne« 1924/25 zu einer mehrmonatigen Gefängnis- strafe verurteilt, außerdem sollte er auch noch eine Geldstrafe von 500 Mark auf- bringen. Im Mai 1928 schloß ihn die KPD aus, weil er bei der Wahl für den »Leninbund« kan- didiert hatte. Er war noch einige Zeit im »Leninbund« tätig, dann trat er politisch nicht mehr hervor. Sein weiterer Lebenslauf ließ sich nicht er- mitteln. LINDAU, Rudolf (geb. 1888) Als Sohn eines Sattlers am 28. März 1888 in Riddaghausen (Braunschweig) geboren, siedelte nach der Schulentlassung nach Ham- burg über, und war dort als Transport- arbeiter tätig. 1907 Mitglied der SPD, übte verschiedene ehrenamtliche Funktionen für die Partei aus. Im Juli 1911 als Bericht- erstatter des »Hamburger Echo« hauptamt- lich angestellt. Er war auch historisch inter- essiert, in seiner »Geschichte der Hamburger Arbeiterbewegung« dankte ihm Laufenberg für die geleistete Hilfe. Während des Ersten Weltkrieges gehörte Lindau in Hamburg zur Richtung der »Bre- mer Linksradikalen«. 1916 Vertreter der Linksradikalen auf der Januar-Konferenz des Spartakusbundes. Von 1916 bis 1918 Soldat. Nach der Revolution 1918 Redakteur der Hamburger »Kommunistischen Arbeiter- zeitung« und Mitglied der KPD. Er gehörte zu den wenigen Hamburger Funktionären, die auch nach der Abspaltung der KAP bei der KPD verblieben. 1920 Sekretär der KPD-Bezirksleitung Wasserkante. 1921 Ab- geordneter der Hamburger Bürgerschaft, zu- nächst bis 1924. Auf dem VIII. Parteitag 1923 wurde Lindau, der dem linken Flügel der Partei angehörte, aber kein fanatischer Anhänger der linken Opposition Fischer- Maslow-Thälmann war, in die Zentrale der Partei gewählt. Da er von der Brandler- Führung und auch von der linken Opposi- tion unterstützt wurde, erhielt er neben Pfeiffer die meisten Stimmen. Lindau arbeitete in der Orgabteilung der Lindau/Lohagen 209 Zentrale und war Herausgeber der »Kom- munistischen Parteikorrespondenz«. Er schwenkte später zur Mittelgruppe über. Bis Mai 1924 Polleiter des Bezirks Nord- west. Für die Mittelgruppe hielt er noch auf dem Bezirksparteitag Nordwest am 16. März 1924 das Referat. Im Mai 1924 mußte Deisen, der als Reichstagsabgeordneter ge- wählt worden war, zurücktreten, Lindau erhielt das Mandat. Doch noch vor dem Zusammentritt des Reichstags wurde Lindau im Mai 1924 als Mitglied der Zentrale von 1923 verhaftet. Er saß fast zwei Jahre in Untersuchungshaft. Da er im Dezember 1924 kein Reichstagsmandat mehr bekam, blieb er längere Zeit in Haft als alle anderen damals festgenommenen Führer der KPD. Erst Ende 1925 kam er wieder frei, da der vorgesehene Prozeß gegen die KPD-Zen- trale von 1923 nie stattfand. Nach seiner Freilassung im März 1926 Pol- leiter des Bezirks Wasserkante. Er trat energisch gegen Korruption und Mißwirt- schaft auf, die schon damals von Thälmanns Freunden in diesem Bezirk betrieben wurde, deshalb setzte man ihn im Februar 1927 ab und Wittorf wurde sein Nachfolger. Lindau war 1927/28 nochmals Mitglied der Ham- burger Bürgerschaft, arbeitete aber schon seit Mitte 1927 als Chefredakteur der »Ber- gischen Arbeiterstimme« in Remscheid. 1928 Chefredakteur des »Kämpfer« in Chem- nitz. 1930 übernahm er schließlich die Chef- redaktion der »Sächsischen Arbeiterzeitung« in Leipzig, dann beschäftigte er sich haupt- sächlich mit historischen Arbeiten. Um seine historischen Untersuchungen fort- setzen zu können, wurde Lindau 1933 nach Moskau geschickt. Sein Sohn Rudolf Lindau (geb. 18. Mai 1912) wurde am 10. Januar 1934 in Hamburg hingerichtet. Er wurde be- schuldigt, als Funktionär des Kommunisti- schen Jugendverbandes vor 1933 am »Alto- naer Blutsonntag« SA-Leute erschossen zu haben. Lindau blieb bis 1945 in der Sowjetunion, er arbeitete im Nationalkomitee »Freies Deutschland« mit. Nachdem er schon Ende der zwanziger Jahre seine frühere bedeu- tende Funktion schrittweise verloren hatte, stand er auch in der SED nicht mehr im Vordergrund. 1946 wurde der wortkarge Altrevolutionär Direktor der Parteihoch- schule »Karl Marx«. 1950 abgelöst, kam er als Mitarbeiter in das Institut für Marxis- mus-Leninismus und war vor allem mit historischen Aufgaben betraut. Zur Geschichte des Kommunismus publi- zierte Lindau einige Broschüren (»Probleme der Geschichte der deutschen Arbeiterbewe- gung«, Berlin 1947 und »Revolutionäre Kämpfe 1918/19«, Berlin 1960). Das letztere Buch wurde von Ulbricht und des- sen Anhängern angegriffen und Lindau als »Dogmatiker« verdammt, weil er - im Gegensatz zu den heutigen SED-Thesen - die Novemberrevolution 1918 in Deutsch- land noch immer als »sozialistische« und nicht als »bürgerliche« Revolution bezeich- nete. Der starrköpfige Lindau hat sich jedoch bis heute (als einziger aller angegriffenen Hi- storiker) standhaft geweigert, »Selbstkritik« zu üben. Lindau bekam von der SED alle hohen Auszeichnungen, darunter den »Karl- Marx-Orden« und zum 80. Geburtstag 1968 die Spange zum »Vaterländischen Ver- dienstorden« in Gold. Er lebte 1969 in Ost- Berlin, noch immer Mitglied des Instituts für Marxismus-Leninismus. LOHAGEN, Ernst (geb. 1897) Am 12. Mai 1897 in Elberfeld geboren. Vom 12. bis 14. Lebensjahr Laufbursche und nach der Schulentlassung Hilfsarbeiter. 1912 Mitglied der Sozialistischen Arbeiter- jugend, während des Krieges Anhänger der Spartakusgruppe in Elberfeld. 1918 als Soldat eingezogen. Nach der Re- volution in den Straßburger Soldatenrat ge- wählt. Seit Gründung der KPD Mitglied dieser Partei. 1919 hauptamtlicher Funktio- när, zuerst Orgleiter des KJV Rheinland- Westfalen. Zur Zeit des Kapp-Putsches in der Kampfleitung der »Roten Ruhrarmee«. 2io Lohagen/Loquingen Nadi der Niederschlagung der Roten Armee verhaftet, bis 1924 im Gefängnis. Mitte 1924 Polleiter, dann 1925 Orgleiter im KPD-Bezirk Hessen-Waldeck in Kassel. Hier schloß er sich der ultralinken Opposi- tion an, die er auf dem X. Parteitag 1925 vertrat. Ende 1925 löste er sich von der Opposition und behielt seine Funktion, er wurde im Februar 1928 erneut Polleiter des Bezirks Hessen-Waldeck. Von 1926 an Stadtverordneter in Kassel und Abgeordneter des hessischen Provinzialland- tags, er zog 1930 in den Reichstag ein. Mitte 1931 in Kassel abgesetzt, ohne daß die an- deren Funktionäre den Grund erfuhren. Er wurde bis 1933 in untergeordneten Funk- tionen verwendet, 1932 auch nicht mehr in den Reichstag gewählt. Die Gestapo verhaftete Lohagen im April 1933 und brachte ihn in die KZ Börger- moor und Papenburg. Nach seiner Freilas- sung im April 1934 (mit Zustimmung der KPD hatte er eine Erklärung unterschrie- ben, sich »nicht mehr staatsfeindlich zu be- tätigen«) arbeitete er wieder illegal für die KPD. Im Juli 1935 erneut festgenommen und zu 15 Jahren Zuchthaus verurteilt, war er bis zur Befreiung durch die US-Armee 1945 in Haft. Seine Frau Paula, seit 1926 ebenfalls Mitglied der BL Hessen-Waldeck, wurde 1935 zu drei Jahren Zuchthaus ver- urteilt, kam später ins KZ und wurde 1942 in Auschwitz vergast. 1945 war Lohagen zunächst Kreisvorsitzen- der der KPD und dann der SED in Leipzig. 1946 Abgeordneter des sächsischen Land- tags. Von 1948 bis 1952 Landesvorsitzender bzw. 1. Sekretär der SED in Sachsen. 1950 Mitglied des ZK der SED. Lohagen tat sich besonders bei der Stalini- sierung der sächsischen SED hervor, am 20. Dezember 1951 wurde er jedoch über- raschend von der sowjetischen »Täglichen Rundschau« heftig angegriffen, da er »Kritik und Selbstkritik« unterbinde. Lo- hagen hatte einen kritischen Artikel des Volkskorrespondenten Müller an seiner Ar- beitsweise in der »Nationalen Front« da- mit beantwortet, daß er Müller an die Luft setzte. Nun wurde der »Fall Lohagen« groß her- ausgestellt, Lohagen als Sündenbock für eine Kampagne ausersehen. Obwohl er in einem selbstkritischen Artikel: »Die Kritik der »Täglichen Rundschau< eine Lehre und Hilfe für mich«, nannte, sich selbst aller angeklagten Vergehen bezichtigte, rollte die Lawine weiter. Am 21. Februar 1952 er- klärte er, seine Selbstkritik sei »falsch und unzulänglich« gewesen, er habe wegen sei- ner »Selbstherrlichkeit« eine »Kette von Fehlern« begangen. Trotz dieser erneuten Demütigung schloß ihn die SED am 23. Februar 1952 aus dem ZK aus und enthob ihn seiner Funktion in Sachsen. Ulbricht meinte am 11. März 1952: »Die Sache mit dem Verhalten des Genos- sen Lohagen ist nicht abgeschlossen.« Da Lohagen früher einmal ein Oppositioneller war, drohten ihm noch härtere Maßnahmen; er wurde degradiert zum Leiter der Be- zirksfinanzkommission Potsdam, dann Vor- sitzender des Rates des Kreises Pritzwalk. Seit 1958 hat er keine Funktion mehr. Mit dem »Vaterländischen Verdienstorden« in Silber und zum 70. Geburtstag 1967 in Gold ausgezeichnet, lebte er 1969 als »Par- teiveteran« in Belzig. LOQUINGEN, Peter (1898-1965) Am 14. August 1898 als Sohn eines Modell- tischlers in Düsseldorf geboren, nach der Schulentlassung als Fabrikarbeiter beschäf- tigt. 1919 Mitglied der SPD, Ende des Jah- res Übertritt zur USPD, ging 1920 mit deren linkem Flügel zur KPD. In der KPD An- hänger des linken Flügels, seit 1924 haupt- amtlicher Funktionär, Sekretär der KPD in Hagen. Im gleichen Jahr zog er als jüngster Abgeordneter in den preußischen Landtag ein. Während der innerparteilichen Auseinander- setzungen schloß sich Loquingen 1925 den Ultralinken an. Als Vertreter der Korsch- Gruppe am 19. August 1926 aus der KPD Loquingen/Lux 211 ausgeschlossen. Er behielt sein Landtags- mandat bis 1928 und gehörte zur Leitung der Korsch-Gruppe, bis diese sich auflöste. Loquingen übersiedelte 1929 ins Saargebiet. Pächter einer Gastwirtschaft, bis er 1932 ausgewiesen wurde. Später ging er als Ver- treter (Seifenhandel) ins Saargebiet zurück, gehörte dort zur »Deutschen Front«. 1935 Übersiedlung nach Neuß, wo er sich poli- tisch nicht mehr betätigte. 1936 gemustert und als Soldat eingezogen, von 1936 bis 1938 bei der Feldartillerie in Magdeburg. Anschließend wieder als Reisender tätig. Im Zweiten Weltkrieg wieder eingezogen, ge- riet er bei Kriegsende in amerikanische Ge- fangenschaft. Er wurde den Franzosen überstellt und kehrte 1946 zurück. Er ließ sich in Düsseldorf als selbständiger Einzelhandelskaufmann nieder. Politisch war er nicht organisiert, da er die Haltung beider Mächtegruppen in Ost und West für falsch hielt. Loquingen starb am 31. Januar 1965 in Düsseldorf. LOSSAU, Fritz (geb. 1897) Am 25. Juli 1897 in Hannover geboren, lernte Laborant und war bei verschiedenen Firmen beschäftigt. Kriegsteilnehmer, kehrte schwerverwundet von der Front zurück. 1918 Mitglied der USP, ging mit der linken USP 1920 zur KPD. Lossau stand auf dem linken Flügel der KPD. Seit 1924 Stadtverordneter in Han- nover. 1924 als hauptamtlicher Sekretär eingesetzt, zog er im gleichen Jahr als Ab- geordneter in den preußischen Landtag ein. Nach Düsseldorf übergesiedelt, führte er dort zusammen mit Loquingen die ultralinke Oppsoition. Deswegen am 19. August 1926 aus der KPD ausgeschlossen. Er behielt sein Landtagsmandat bis Mai 1928 und schloß sich der Korsch-Schwarz-Gruppe an. Nach deren Spaltung ging er mit Schwarz zur Gruppe »Entschiedene Linke«. Im April 1927 bekam Lossau Differenzen wegen der Haltung der Gruppe zur KAP, er trat aus »politischen und taktischen« Gründen aus den »Entschiedenen Linken« aus. Sein Wiederaufnahmeantrag in diese Gruppe vom Mai 1927 wurde abgelehnt. Lossau war durch sein Kriegsleiden längere Zeit krank und politisch nicht mehr aktiv. Er näherte sich den Syndikalisten und der Allgemeinen Arbeiter-Union. Trennte sich aber noch vor 1933 von dieser Gruppe. Nach dem Zweiten Weltkrieg trat er der SPD bei. Er wurde hauptamtlicher Mit- arbeiter des »Reichsbundes der Kriegs- beschädigten und Hinterbliebenen« in Nie- dersachsen. 1969 lebte er in der Nähe Han- novers. LUDEWIG, Johanna (1891-1937?) Am 28. März 1891 in Berlin geboren. Be- suchte die Handelsschule und arbeitete seit 19 ii als Buchhalterin. 1913 Mitglied der SPD, während des Krieges Übertritt zur USPD. 1920 kam sie mit dem linken Flügel der USP zur KPD, die sie in der Berliner Stadtverordneten-Versammlung vertrat. Im Februar 1921 Abgeordnete des preußischen Landtags, dem sie bis 1933 ununterbrochen angehörte. In der KPD hielt sie sich vom Fraktions- kampf fern und spezialisierte sich auf die Frauenarbeit. Von 1927 bis 1930 Sekretärin des kommunistischen »Roten Frauen- und Mädchen-Bundes« (RFMB). 1932 Leiterin der »Frauen- und Mädchen-Staffel« des Kampfbundes gegen den Faschismus. 1935 emigrierte Johanna Ludewig. Sie kam in die Sowjetunion, wo sie 1937 verhaftet wurde und als Opfer der Stalinschen Säuberung verschwand. LUX, Friedrich (1892-1933) Geboren am 28. September 1892 in Imten (Ostpreußen). In seiner Jugend ging er nach Hamburg, wo er im Hafen arbeitete. Seit 19ii in der Gewerkschaft organisiert. 1918 Eintritt in die USPD, kam mit deren linkem Flügel 1920 zur KPD. 212 Lux/Mager Lux arbeitete bis 1929 im Hamburger Ha- fen, er trat Anfang 1929 als Führer eines wilden Hafenarbeiterstreiks hervor. Von 1928 bis 1933 Abgeordneter der Hamburger Bürgerschaft, Mitglied der Bezirksleitung Wasserkante. Seit 1929 hauptamtlicher Se- kretär der KPD, später der RGO. Auf dem Weddinger Parteitag im Juni 1929 zum Mitglied des ZK gewählt, jedoch 1932 als Anhänger der Neumann-Gruppe wieder \ aus dem ZK entfernt. Im Frühjahr 1933 von der Gestapo ver- haftet. Lux wurde nach schweren Mißhand- lungen am 7. November 1933 im KZ Fuhls- büttel ermordet. MADDALENA, Max (1895-1943) Geboren am 17. Januar 1895 in Riedheim (Konstanz), entstammte einer sozialistischen Familie. Während der Schlosserlehre 1911 Mitglied der Gewerkschaft und 1913 der SPD. 1914 Soldat, im Krieg durch einen Lungensteckschuß schwer verwundet. 1918 Übertritt zur USPD, Anhänger des linken Parteiflügels, 1920 Delegierter des Vereinigungsparteitags mit der KPD. Eh- renamtlicher Funktionär der KPD in Süd- baden. Von 1920 bis 1923 Gewerkschafts- sekretär in Oberbaden. 1925 hauptamtlich bei der KPD angestellt. Zunächst Sekretär für Gewerkschaftsfragen in der Bezirkslei- tung Baden. Nachdem der Polleiter Langner im März 1925 verhaftet worden war, über- nahm Maddalena im Juli 1925 als Polleiter die Führung des Bezirks Württemberg. Als dessen Vertreter nahm er auch am X. Par- teitag 1925 teil. Maddalena, der dem linken Parteiflügel an- gehörte, stellte sich nach dem »Offenen Brief« hinter die Thälmann-Führung und gegen Ruth Fischer. 1926-1928 Sekretär für Gewerkschaftsfragen in der KPD-Be- zirksleitung Wasserkante in Hamburg. Vom Mai 1928 bis 1933 Abgeordneter des Reichs- tags. Nach dem Ausschluß Wittorfs kurze Zeit Polleiter des Bezirks Wasserkante. Ende 1928 in die Gewerkschaftsabteilung des ZK berufen, übernahm aber Mitte 1929 wieder seine Funktion als Gewerkschafts- sekretär in der BL Wasserkante. Auf dem IV. Weltkongreß der RGI 1928 in die Re- visionskommission gewählt. Seit 1931 Leiter der IG Metall in der RGO. 1931 zu zwei Jahren Gefängnis verurteilt, auf Grund einer Amnestie vorzeitig entlassen. Von 1932 bis 1934 Mitarbeiter der RGI in Mos- kau. Ab 1934 an führender Stelle in der illegalen KPD. 1935 in Berlin verhaftet, stand Mad- dalena im Mai 1937 zusammen mit Robert Stamm und Adolf Rembte vor Gericht. Während Stamm und Rembte zum Tode verurteilt wurden, erging gegen Maddalena, für den der Staatsanwalt ebenfalls die To- desstrafe beantragt hatte, am 4. Juni 1937 eine lebenslängliche Zuchthausstrafe. Er kam ins Zuchthaus Brandenburg. Jahrelang schwerkrank, starb Maddalena am 23. Ok- tober 1943 im Zuchthaus. MAGER, Hermann (1872-1947) Am 30. Mai 1872 in Heidingsfeld bei Würzburg geboren. Besuchte das Gymna- sium, studierte Philologie und war bis 1914 Studienrat in München, längere Zeit Erzie- her von Wittelsbacher Prinzen am bayeri- schen Königshof, nach dem Krieg gehörte er dem Lehrkörper eines humanistischen Gym- nasiums an. Während des Krieges wurde der Pazifist Mager Mitglied der USPD und 1920 der KPD. 1924 bis 1928 Abgeordneter des bayerischen Landtags und 1926 Mitglied der KPD-Bezirksleitung Südbayern. Mager hatte schon vorher aus politischen Gründen seinen Lehrerberuf aufgeben müs- sen. 1928 verzichtete er auf eine erneute Kandidatur zum Landtag, die BL war ge- gen seine Aufstellung aufgetreten. Er lebte von Nachhilfestunden, die er Mit- telschülern gab. Vor 1933 wurde er 2. Vor- sitzender und Geschäftsführer der Deut- schen Friedensgesellschaft in München; er geriet deswegen in Konflikt mit der KPD. Mager/Maslow 213 Nach 1933 lebte er von einer kleinen Rente aus einer Privatversicherung und gab wieder Nachhilfestunden. 1944/45 hatte er Ver- bindung zu einer Widerstandsgruppe. Im Herbst 1945, nach der Konstituierung von SPD und KPD in Bayern, versuchte Mager als erster einen Zusammenschluß der beiden Parteien, doch fand er kein Gehör. Er schrieb 1947 ein Buch über Soziologie, das nicht veröffentlicht wurde. Während eines Vortrages auf einer Gewerk- schaftstagung in Eichstätt im Juni 1947 er- lag Mager einem Herzschlag. MAHLOW, Bruno (1899-1964) Am 1. Mai 1899 in Göhren (Rügen) gebo- ren, lernte Buchdrucker. 1916 Soldat, wegen Widerstandes gegen Vorgesetzte zu sieben Jahren Festung verurteilt. 1918 amnestiert, im März 1918 Mitglied des Buchdrucker- verbandes und der Spartakusgruppe. Dele- gierter des Gründungsparteitages der KPD. Seit 1923 Mitglied der Bezirksleitung Ber- lin-Brandenburg. 1925 Anhänger der Ultra- linken um Scholem und deren Vertreter im 6. Berliner Verwaltungsbezirk. Mitte 1926 trennte er sich von der linken Opposition. Ende 1927 hauptamtlicher Mitarbeiter des ZK (Gewerkschaftsabteilung). Seit 1929 Mitglied der Reichsleitung der RGO, Sekre- tär und Redakteur des graphischen Blödes (RGO). 1933 Emigration. Bis 1937 Sekretär des In- ternationalen Komitees der (kommunisti- schen) Buchdrucker in Moskau. 1937 von der NKWD verhaftet. 1938 aus dem Gefängnis entlassen und seitdem bettlägerig krank. 1947 Rückkehr nach Deutschland. Da er schwerkrank war, konnte er keine haupt- amtliche Funktion übernehmen, er war aber Mitglied der SED und des »Arbeitskreises verdienter Gewerkschaftsveteranen«. Trä- ger mehrerer DDR-Auszeichnungen u. a. des »Vaterländischen Verdienstordens« in Sil- ber. Mahlow starb am 3. Februar 1964 in Ost- Berlin. MASLOW, Arkadij (ursprünglich: Isaak Tschemerinsky) (1891-1941) Der 1891 in Elisabethgrad (Kriwoy Rog) geborene Isaak Tschemerinsky entstammte einer begüterten russischen Familie und wurde 1899 nach Dresden in die Kreuz- schule geschickt. Dort legte er die Reife- prüfung ab. 1912 begann er mit dem Stu- dium der Naturwissenschaften sowie der Mu- sik in Berlin. Bald zeigte sich, daß er glän- zende Fähigkeiten auf dem Gebiet der Physik besaß. Zur Arbeiterbewegung hatte er vor dem Weltkrieg keinerlei Beziehungen. Während des Krieges als russischer Staatsangehöriger zunächst Zivilgefangener, meldete er sich freiwillig für die Arbeit unter den russi- schen Kriegsgefangenen. Als Dolmetscher in einer Sondereinheit der deutschen Armee tätig. Nach dem Kriege setzte er seine Studien an der Berliner Universität fort. 1919 lernte er in Berlin Ruth Fischer und Paul Levi kennen, die ihn für den Kommunismus ge- winnen konnten. Er war in Berlin für die KPD aktiv und nahm de? Namen Maslow an; diese Namensänderung wurde später legalisiert. Auf dem V. Parteitag der KPD (November 1920) als »Vertreter der russi- schen Sektion« (Kriegsgefangene) in den Zentralausschuß der KPD gewählt. Ab 1921 leitete Maslow gemeinsam mit Ruth Fischer die Berliner Parteiorganisation und die linke Opposition in Deutschland. Mitarbeiter am theoretischen Organ der KPD »Die Internationale«. 1921 Redak- teur der »Roten Fahne« für außenpoliti- sche Fragen. Auf dem Jenaer Parteitag 1921 für die Berliner Organisation erneut in den ZA gewählt, wuchs seine Bedeutung in der KPD. Der sehr begabte Maslow wurde zum Theo- retiker des linken Flügels der KPD. Seine Position festigte sich, da er ein sehr rascher Arbeiter war (nicht selten entwarf er Arti- kel und Resolutionen auf der Fahrt zur Arbeitsstätte in der Straßenbahn) und als Russe die Diskussionen in der Sowjet- 214 Maslow republik anhand der Quellen direkt verfol- gen konnte. Bald übten aber die russischen Kommunisten Kritik an seiner Haltung. Im Februar 1922 in Berlin verhaftet, machte er bei der Polizei falsche Angaben, so be- hauptete Maslow, als russischer Agent und Vertrauensmann Trotzkis und Radeks nach Deutschland gekommen zu sein. Er hoffte, bei der damaligen Verbindung zwischen Deutschland und Rußland so rascher frei- zukommen. Später wurde er wegen dieser falschen Aussagen vor ein Parteischieds- gericht gestellt. Ein Berliner Gericht ver- urteilte ihn 1922 wegen Tragens eines fal- schen Passes (auf den Namen Maslow) zu acht Monaten Gefängnis. Da er 1923 aus Deutschland ausgewiesen werden sollte, tauchte er in der Illegalität unter. 1923 verschärften sich die Gegensätze zwi- schen der linken Opposition und der KPD- Führung. Auf dem Leipziger Parteitag 1923 war Maslow als Wortführer für die linke Opposition aufgetreten und wieder in den ZA sowie in die Redaktionskommission ge- wählt worden. Im September 1923 kam Maslow nach Moskau, um an der Diskus- sion über die Vorbereitung des Oktoberauf- standes teilzunehmen. Er wurde jedoch von der Komintern vor die Internationale Kon- trollkommission gestellt. Schon lange gab es in der KPD und Komintern Gerüchte, nach denen Maslow als Polizeiagent verdächtigt wurde. Seine Haltung vor der deutschen Polizei im Jahre 1922 wurde ihm besonders angelastet. Nach langen Debatten rehabili- tierte ihn eine Kommission unter Vorsitz Stalins, doch wurde er nicht nach Deutsch- land zurückgelassen, sondern in Moskau festgehalten. Nachdem im Januar 1924 eine Konferenz in Moskau die Ablösung der Brandler- Führung beschlossen hatte, durfte Maslow nach Deutschland fahren. Zusammen mit Ruth Fischer stand er an der Spitze der Linken, die im April 1924 die Parteiführung übernahmen. Er wurde in die Zentrale und ins Polbüro gewählt und galt als Kopf der Partei. Aber schon am 20. Mai 1924 wurde Maslow verhaftet. Bei der Fahndung nach einem Handtaschendieb im Berliner Lunapark wurde er zufällig zur Sistierung festgenom- men und nach Ermittlung seiner wahren Identität festgehalten. Doch auch vom Ge- fängnis aus leitete Maslow die politische Arbeit der KPD. In der Diskussion um Trotzki schrieb er ein umfangreiches Werk »Die zwei Revolutionen des Jahres 1917«, das von der KPD mit großem Propaganda- aufwand verbreitet wurde. Der X. Parteitag im Juli 1925 wählte Maslow ins ZK und Polbüro. Er wurde »Ehrenvorsitzender« der marxistisch-leninistischen Zirkel und auch mit vielen anderen Ehrungen bedacht. Am 1. September 1925 begann der Prozeß gegen Maslow, Grylewicz, Schlecht und Schumacher. Am gleichen Tage brachte die »Rote Fahne« den »Offenen Brief« der Komintern, in dem Maslow und Ruth Fi- scher kritisiert wurden. In den Tagen des Maslow-Prozesses herrschte in der KPD- Presse ein heilloses Durcheinander, während einerseits Maslows Freilassung gefordert und seine Verdienste herausgestellt wurden, mußte er andererseits auf Grund des »Offe- nen Briefes« verdammt werden. Das Gericht verurteilte Maslow zu vier Jahren Gefängnis. Inzwischen wurden von der Komintern die alten Gerüchte wieder- holt, und Ruth Fischer, die seit Jahren mit Maslow nicht nur politisch, sondern auch persönlich eng liiert war, mußte in Moskau ihre und Maslows Haltung und Person ver- teidigen. Im Juli 1926 wurde Maslow wegen seines schlechten Gesundheitszustandes aus dem Gefängnis beurlaubt. Die vom Gericht gleichzeitig mit der Verurteilung ausgespro- chene Ausweisung Maslows wurde aufge- schoben. Am 20. August 1926 schloß die KPD Mas- low und Ruth Fischer aus ihren Reihen aus. Schon am 4. August hatte die KPD-Presse die alten Vorwürfe aufgewärmt und ge- schrieben: »Maslow ein Agent in den Hän- den der deutschen Bourgeoisie?« Während Maslow/Maslowski, Peter 215 des Prozesses war kaum Kritik an Maslows Verteidigung laut geworden, doch nun be- schuldigte man ihn, er habe sich vor Gericht »unproletarisch« verhalten. Die sowjetische Nachrichtenagentur TASS meldete sogar aus Berlin: »In den Kreisen des Justizministeriums sind Gerüchte im Umlauf, deren Quelle als durchaus zuverläs- sig betrachtet werden muß, wonach Maslow, der um eine Nichtvollstreckung des seine Ausweisung aus Deutschland verfügenden Gerichtsurteils angesucht hat, ausnahms- weise ein weiterer Aufenthalt in Deutsch- land zugebilligt wurde. Die Einwendungen gewisser Kreise gegen die Genehmigung des Maslowschen Gesuches wurden durch die Erwägung einflußreicher Beamter im Justiz- ministerium entkräftet, die darauf hingewie- sen haben, daß Maslow zur Bildung von Fraktionen innerhalb der Kommunistischen Partei nützlich sei.« Mit Rufmord-Metho- den wollte die KPD-Führung Maslow ge- rade an solcher Tätigkeit hindern. Maslow schloß sich der linken Opposition an, er gehörte zu den Mitbegründern des »Leninbundes«. Doch zusammen mit Ruth Fischer zog er sich vor den Wahlen im Mai 1928 und nach der Kapitulation Sinowjews in der Sowjetunion aus dem »Leninbund« zurück. Er trat bis 1933 politisch wenig hervor, seinen Lebensunterhalt bestritt er durch Übersetzungen (er übersetzte z. B. Pokrowskis »Geschichte der russischen Re- volution«). 1933 floh er zusammen mit Ruth Fischer nach Paris, wo er bis 1940 lebte. Während der Stalinschen Schauprozesse erneut als »Agent« angeprangert, trat er auch in der Emigration politisch wenig hervor. 1940 konnte er nach Kuba entkommen, es glückte ihm aber nicht, wie Ruth Fischer, in die USA zu gelangen. 1941 kam er in Havanna ums Leben. Er wurde tot auf der Straße eines berüchtigten Viertels aufgefunden. Ob- wohl er laut ärztlichem Befund einem Herzschlag erlag, behauptete Ruth Fischer, er sei von Stalins Agenten ermordet wor- den. Die Biographie Maslows, an der Ruth Fi- scher arbeitete, wurde nicht mehr zu Ende geführt. Auch ein Roman, den Maslow ver- faßte, soll sich noch unter dem unveröffent- lichten Nachlaß Ruth Fischers befinden. MASLOWSKI, Paul Gregor (geb. 1892) Am 17. November 1892 in Zempelburg (Westpreußen) geboren, übersiedelte in jun- gen Jahren nach Berlin und erlernte das Schneiderhandwerk. 1918 trat er der USP bei und ging 1920 mit deren linkem Flügel zur KPD. Seit 1923 Mitglied der Bezirksleitung Ber- lin-Brandenburg, gehörte der linken Frak- tion an und war Anhänger Ruth Fischers, deren Positionen er auch nach dem »Offenen Brief« 1925 verteidigte. Als Vertreter der Fischer-Maslow-Gruppe nahm er an der 6. Erweiterten EKKI-Tagung im März 1926 teil, entfernte sich jedoch noch Ende 1926 von der Fischer-Gruppe. Als Konzession an die Linken wurde er auf dem XL Parteitag 1927 als Kandidat ins ZK gewählt. Mas- lowski ging zur Thälmann-Führung über. Auf dem XII. Parteitag 1929 zwar nicht mehr ins ZK berufen, aber doch mit ver- antwortlichen Funktionen betraut. 1932 als Kandidat zur preußischen Landtagswahl aufgestellt, aber nicht gewählt. Stadtverord- neter in Berlin. Nach 1933 in seinem Beruf tätig, mehrmals verhaftet. 1945 lebte er in Charlottenburg und hatte kleinere Funktionen in der SED. 1946 Kan- didat der SED zu den Berliner Stadtver- ordnetenwahlen auf Platz 91. 1949 Leiter des Modeateliers des Bekleidungswerks »Fortschritt« in Ost-Berlin. Im Juli 1951 übersiedelte er nach Ost-Berlin, wo er 1969 lebte. MASLOWSKI, Peter (geb. 1893) Geboren am 25. April 1893 in Berlin, be- suchte ein humanistisches Gymnasium und studierte an der Berliner Universität Ger- 2i6 Maslowski, Peter/Matern manistik und Nationalökonomie. Während des Krieges Mitglied der USPD, mit deren linkem Flügel 1920 zur KPD. Zunächst Redakteur an verschiedenen KPD- Zeitungen, so 1921 in Oberhausen. 1923 politischer Sekretär und Leiter des KPD- Bezirks Mittelrhein in Köln. Maslowski stand zwar auf dem linken Parteiflügel, tendierte aber zur Mittelgruppe, so daß ihn der Bezirksparteitag im Februar 1924 als Sekretär ablöste. Er wurde Chefredakteur der »Sozialistischen Republik« in Köln. Im Mai 1924 zog er als Abgeordneter in den Reichstag ein, im Dezember 1924 nicht wiedergewählt. Im Herbst 1924 Redakteur in Stuttgart, dort auch kurze Zeit inhaftiert. Ende 1924 Redakteur der »Roten Fahne Westfalens« (Kopfblatt des »Ruhr-Echo«). 1926 Chefredakteur des »Klassenkampf« in Halle. Im Juni 1926 erneut zu neun Monaten Gefängnis verurteilt. Als Chef- redakteur des »Klassenkampf« Delegierter des Essener Parteitags 1927. Von März bis September 1928 als Nach- folger von Lex Ende Chefredakteur des »Ruhr-Echo« in Essen, dann Mitarbeiter des ZK in Berlin. Von 1928 bis 1930 wieder Reichstagsabgeordneter. Maslowski ver- öffentlichte eine Reihe von Broschüren und Büchern, vor allem über die Zentrumspartei und Kirchenprobleme. In der Folgezeit ar- beitete er bis 1933 hauptsächlich an den Münzenberg-Organen. 1931 nochmals zu drei Monaten Gefängnis verurteilt. 1933 emigrierte Maslowski nach Paris, dort Redakteur der »Zukunft« und Gesellschaf- ter des Verlages Carrefour. Aktiver Mit- arbeiter der Münzenberg-Gruppe. Nach dem Ausschluß Münzenbergs brach auch Maslowski mit der KPD. Während der Be- setzung Frankreichs entkam er nach Süd- frankreich, wo er zuletzt illegal lebte. 1945 Rückkehr nach Deutschland, Mitglied der SPD, Herausgeber und Chefredakteur der »Neuen Presse« in Coburg, die er bis 1962 leitete. Maslowski lebte 1969 in Coburg. MATERN, Hermann (geb. 1893) Als Sohn eines Arbeiters und Sozialdemo- kraten am 17. Juni 1893 in Burg bei Magde- burg geboren, lernte von 1907 bis 1911 Gerber. 1911 Mitglied der SPD. Reiste als Wandergeselle durch die Schweiz und Öster- reich. Von 1914 bis 1918 Soldat an der Westfront. 1914 wegen der Kriegspolitik aus der SPD ausgetreten. Im November 1918 Mitglied der USP und 1919 der KPD. Als Gerber in Burg beschäftigt, übte er verschiedene ehren- amtliche Funktionen aus. 1926 Mitglied der KPD-Bezirksleitung Magdeburg-Anhalt, hauptamtlicher Sekretär für Gewerkschafts- fragen. Im November 1927 vom ZK als Polleiter des Bezirks Magdeburg eingesetzt. Im Dezember 1928 zu einem Lehrgang nach Moskau delegiert. Bis zum Mai 1929 be- suchte Matern die Lenin-Schule in Moskau, kehrte dann nach Magdeburg zurück; wie- der Polleiter des Bezirks Magdeburg. 1931 als Polleiter in den Bezirk Ostpreußen ver- setzt. Im April 1932 Abgeordneter des preußischen Landtags. Im April 1933 übertrug das ZK Matern die Leitung der illegalen KPD in Pommern. Am 14. Juni 1933 verhaftete ihn die Polizei in Stettin. Er wurde in Untersuchungshaft genommen, doch konnte er ein Jahr später, am 18. September 1934, aus dem Gefängnis fliehen. Emigration nach Prag. Von Juli 1935 bis Februar 1936 Leiter der kommunistischen Emigranten in Paris, dann in Holland und Belgien. Von Januar 1938 bis April 1940 lebte Matern in Norwegen, dann bis März 1941 in Schweden, von wo aus er nach Moskau delegiert wurde. Dort arbeitete er bis Juni 1942 an der Kominternschule. Er war einer der Mitbegründer des National- komitees »Freies Deutschland«. Zusammen mit Ackermann traf Matern am 1. Mai 1945 in Dresden ein, wo er (ähnlich Ulbricht in Berlin) als Vertrauensmann der Sowjets eingesetzt wurde. Er übernahm zu- nächst als Stadtrat die Personalpolitik in Dresden, wurde dann Vorsitzender der KPD Matern/Melcher 217 in Sachsen. 1946 in den sächsischen Landtag gewählt. Im April 1946 übernahm er den Vorsitz der SED in Berlin. Matern gehört seit 1946 ununterbrochen zur Spitzenführung der SED, er ist als treuer Gefolgsmann Ulbrichts tätig. Mitglied des Politbüros der SED seit 1950, Abgeordneter der Volkskammer. Seit Januar 1949 ist er ununterbrochen Vorsitzender der wichti- gen Zentralen Partei-Kontrollkommission (ZPKK) und Ulbrichts rechte Hand bei den geplanten und den durchgeführten Säube- rungen. Er ist mit fast allen DDR-Orden ausgezeichnet, mit dem »Karl-Marx-Orden« wie mit dem »Vaterländischen Verdienst- orden« in Gold. 1968 auch mit dem »Le- nin-Orden«. 1963 erschien in Ost-Berlin eine zweibändige Auswahl »Reden und Schriften« Materns (1926-1963) unter dem Titel »Im Kampf für Frieden, Demo- kratie und Sozialismus«. MELCHER, Erich (1892-1944) Am 27. Januar 1892 in Tschernitz Krs. So- rau geboren, lernte Schlosser und ging an- schließend auf die Wanderschaft, arbeitete in mehreren Ländern als Werkzeugmacher. 1910 in Hamburg Mitglied der SPD; in der Arbeiter-Sportbewegung tätig (aktiver Tur- ner). Im Oktober 1912 zum Militär einge- zogen; als Kriegsteilnehmer (Unteroffizier) fünfmal verwundet. 1917 als Kriegs- beschädigter zu Daimler nach Stuttgart und dann zum Flugzeugbau nach Böb- lingen abkommandiert. Melcher schloß sich der USPD und der Spartakusgruppe an. In der Revolution 1918 zum Vorsitzen- den des Arbeiter- und Soldatenrats in Böb- lingen gewählt. Mitbegründer der KPD in Württemberg. Im Herbst 1919 hauptamt- licher Gewerkschaftsfunktionär (1. Bevoll- mächtigter des DMV) in Stuttgart. Im Mai 1921 dort wegen seiner kommunistischen Betätigung ausgeschlossen. Melcher ging für kurze Zeit nach Moskau und kam dann in die Zentrale der KPD; in der Gewerkschaftsabteilung für die Gruppe Metall verantwortlich. Von Herbst 1922 bis Frühjahr 1923 Gewerkschaftssekre- tär in der KPD-Bezirksleitung Berlin- Brandenburg. Während der Vorbereitung des Oktober 1923 Mitarbeiter der Zentrale. Gemeinsam mit Geschke leitete er (Pseudo- nym: »Martin«) die »Abteilung Verkehr«, die für die Aufstandsvorbereitung verant- wortlich war. Als Anhänger der Rechten 1924 ausgeschal- tet, war er vom Frühjahr bis Juli 1924 in Moskau, nach seiner Rückkehr am 21. Juli 1924 verhaftet und am 16. Dezember 1925 zu vier Jahren Gefängnis verurteilt. Wäh- rend der langen Untersuchungshaft im Ja- nuar 1925 in einen Hungerstreik getreten. Als er am 16. August 1926 aus dem Ge- fängnis Cottbus entlassen wurde, trugen ihn die KPD-Anhänger auf den Schultern zum Bahnhof Cottbus. Anfang 1927 wurde Mel- cher zum Polleiter des Bezirks Ostsachsen nach Dresden berufen. Der XL Parteitag 1927 wählte ihn in die Politische Kommis- sion. Am 1. April 1928 als erster »Rechter« aller Funktionen enthoben. Man warf Melcher Verbindung zur SPD vor, gegen diese Be- hauptung legte er scharfen Protest ein. Ende 1928 aus der KPD ausgeschlossen, gehörte er zu den Mitbegründern der KPO, für die er verschiedene Funktionen ausübte. Mit der Minderheit der KPO ging er 1932 zur SAP und war bei der Reichstagswahl 1932 Kanidat der SAP. Nach 1933 arbeitete er illegal gegen Hitler. 1934 verhaftet und am 8. Juni 1934 zu zwei Jahren und drei Monaten Gefängnis ver- urteilt. Nach der Strafverbüßung nur kurze Zeit in Freiheit. Melcher wurde am 21. Au- gust 1937 in Dresden erneut festgenommen und ins KZ Buchenwald eingeliefert. Nach einer Reihe von Berichten versagte die illegale KPD-Leitung des KZ-Lagers dem kranken Melcher als »Parteifeind« jede Unterstützung. Am 21. Januar 1944 wurde Melcher ins Todeslager Lublin über- führt, er kam »auf Transport« ums Leben. 218 Menne MENNE, Bernhard (Pseud. Max Rudert) (1901-1968) Am 3. September 1901 in Meschede geboren, Sohn eines Gerichtsvollziehers. Der Vater starb, als er acht Jahre alt war, der Stief- vater war im Justizdienst. Rudert durch- lebte eine unpolitische Jugend und besuchte ein Lehrerseminar. 1917 Arbeit im Kriegshilfsdienst als Dach- decker, von einem alten Sozialisten für die Linke gewonnen. Nach der Novemberrevo- lution 1918 schloß er sich den Revolutionä- ren im Ruhrgebiet an. 1919 Mitglied der USPD und bald ein eifriger Agitator der Partei. Nadi dem Kapp-Putsch verließ er das Leh- rerseminar, war beim Zentralrat der Roten Ruhrarmee; wegen angeblicher Ausrufung der Räterepublik wurde er steckbrieflich ge- sucht. Mit der Mehrheit der USPD schloß er sich 1920 der KPD an. Während der Märzaktion 1921 spielte der 20jährige eine aktive Rolle: Er besetzte mit einer kleinen Schar Arbeiter eine Zeche im Ruhrgebiet. 1921 holte ihn die Zentrale als Redakteur an die »Rote Fahne« nach Berlin, seit die- ser Zeit trug er das Pseudonym Max Rudert. Ende 1921 Redakteur an der »Hamburger Volkszeitung«, übernahm wenige Wochen später die Chefredaktion der KPD-Zeitung in Bremen. Nach einem Polizeibericht hat er sich »in kurzer Zeit zum überragenden Führer« der Bremer Kommunisten entwickelt. Als er in einem Artikel für Reuter-Friesland Stellung nahm, beschloß die Bremer Organisation seine Abberufung; aber da er ein ausgezeich- neter Redakteur war, wollte ihn die Zen- trale nicht verlieren. Er kam nach Saar- brücken, dann an die »Freiheit« nach Düsseldorf. 1923 verurteilte ihn ein französisches Kriegsgericht zu einem Jahr Gefängnis, das er jedoch nicht abzusitzen brauchte. Er übernahm die politische Redaktion der »Bergischen Volksstimme« in Remscheid und stellte sich bei den Diskussionen 1923/ 1924 hinter Brandler. Er wurde kaltgestellt, die Führung sandte ihn nach Stuttgart und München, aber schon 1924 holte ihn Ruth Fischer als Chefredak- teur an den »Klassenkampf« nach Halle, eine der größten und wichtigsten Zeitungen der KPD. Wie einige andere Redakteure gehörte Rudert zu den »jungen Männern«, die trotz anderer innerparteilicher Einstel- lung von Ruth Fischer gefördert wurden. 1925 schickte ihn die Zentrale von Halle nach Breslau, wo er Chefredakteur der »Arbeiterzeitung« wurde. Delegierter des XL Parteitages, der ihn in die Agitprop- kommission wählte. Nach einer Rußlandreise 1927 wandte sich Rudert auf den ZK-Sitzungen 1928 zu- sammen mit Hausen und Galm gegen die neue Linkswendung der Partei. In Breslau abgelöst, kam er Mitte 1928 als Chefredak- teur an das KP-nahe Blatt »Welt am Abend« nach Essen. Am 17. Dezember 1928 schloß ihn die KPD-Führung als »Rechten« aus der Partei aus. Bis 1932 gab Menne in Essen die unpoliti- sche Wochenzeitung »Tribüne« heraus. Nach dem Reichstagsbrand konnte er flüch- ten, doch wurde seine Frau, die ebenfalls lange in der Arbeiterbewegung organisiert war, in Geiselhaft genommen. Er blieb einige Zeit illegal in Berlin und emigrierte nach Prag, wo er bis 1938 Chefredakteur der Zeitung »Prager Mittag« war. Am 11. Januar 1936 bürgerten ihn die Hitler- behörden aus. Er selbst konnte 1939 nach London entkommen, wo er Sekretär der Thomas-Mann-Gesellschaft war. Er hatte sich wieder der SPD genähert, gehörte ihr aber nur vorübergehend an. 1948 kehrte er mit seiner Frau aus der Emi- gration zurück und übernahm die Chef- redaktion der »Welt am Sonntag« in Ham- burg, die er bis zu seinem Tod innehatte. Er war parteipolitisch nicht mehr gebunden und starb am 9. November 1968 in Ham- burg. Menzel/Merker 219 MENZEL, Gustav (1867-1930) Geboren am 23. Juni 1867 in Zedel, Krs. Sorau, entstammte einer kinderreichen Kleinbauernfamilie. Lernte Schuhmacher und ging auf die Wanderschaft. Im Jahre 1887, noch während des Sozialistengesetzes, trat er der SPD bei. 1888 kam Menzel nach Berlin, wo er als Mitglied der oppositionellen »Jungen« zum Anarchismus neigte. Er arbeitete bis 1898 als Schuhmacher in Berlin. 1890 in den Vor- stand der Berliner Schuhmachergewerkschaft gewählt. Nach einem Streik auf die schwar- ze Liste gesetzt, verließ er 1898 Berlin und kam nach Delitzsch, wo er ein Käse- und Buttergeschäft eröffnete und Stadtverord- neter der SPD wurde. 1904 übersiedelte er nach Bitterfeld, betrieb dort eine Gastwirtschaft und wurde eben- falls Stadtverordneter. 1908 kandidierte er bei den Reichstagswahlen für die SPD, wurde aber nicht gewählt. Vor dem Weltkrieg hatte er ein Schuh- geschäft eröffnet. Im Krieg unterhielt er (unter falschem Namen) eine Soldatenkan- tine. 1917 trat Menzel der USP bei, kam 1919 für die USP in die preußische Natio- nalversammlung und 1920 in den preußi- schen Landtag. 1920 Delegierter des Spal- tungsparteitags der USPD, mit deren lin- kem Flügel ging er im Dezember 1920 zur KPD, die er bis zu seinem Tode ununterbro- chen im preußischen Landtag vertrat. Auf dem Jenaer Parteitag 1921 in den ZA gewählt. Seit 1924 war Menzel hauptsächlich für die »Rote Hilfe« tätig; Mitglied des Zentral- vorstandes der »Roten Hilfe«. Als Helfer der kommunistischen Gefangenen machte er sich in Preußen einen Namen. 1926 erlitt er einen Schlaganfall. Menzel starb am 10. Ok- tober 1930. Sein Sohn Ferdinand Menzel war ebenfalls kommunistischer Funktionär, seit 1923 Re- dakteur beim »Klassenkampf« in Halle, im April 1924 zu einem Jahr und 3 Monate Festung verurteilt. In der Festungshaft kam er beim Baden am 14. Mai 1925 als 32jähri- ger ums Leben. MERKER, Paul (1894-1969) Als Sohn eines Fabrikarbeiters am 1. Fe- bruar 1894 in Oberlössnitz bei Dresden ge- boren, lernte Kellner. In verschiedenen Ho- tels angestellt; trat mit 17 Jahren einem »gelben« Gewerkschaftsverband bei. Wäh- rend des Krieges als Soldat an der Front. Wegen Verbreitung von revolutionären Flugblättern sechs Monate in Haft. Bis 1918 war Merker politisch nicht organi- siert, dann trat er in Dresden der USPD bei, der er bis 1920 angehörte, Delegierter des Spaltungsparteitages, mit der linken USP Übertritt zur KPD. Von 1920 bis 1922 Angestellter der freien Gewerkschaften in Berlin. 1923/24 hauptamtlicher Sekretär der KPD in Halle-Merseburg und 1923 MP-Leiter in Mansfeld. Merker schloß sich der linken Ruth-Fischer-Führung an und zog 1924 als Abgeordneter in den preußischen Landtag ein, dem er bis 1932 angehörte. 1924 Mit- arbeiter der Gewerkschaftsabteilung der Zentrale. 1926 ins ZK und Polbüro koop- tiert, auch vom XL Parteitag 1927 wieder ins ZK und Polbüro gewählt. Nach der Wittorf-Affäre gehörte Merker zu den maß- gebenden Führern der KPD. Auf dem XII. Parteitag 1929 erneut ins ZK und Pol- büro gewählt. Merker war auch Leiter der RGO und seit Herbst 1929 Sekretär des ZK. Im April 1930 wegen linker Abweichungen aus dem Polbüro und ZK entfernt, ihm wurde Fraktionsarbeit vorgeworfen. Mer- ker wurde als Sündenbock für die ultra- linken Überspitzungen der KPD-Politik ge- opfert, doch wurde die ultralinke Politik insgesamt auch nach seiner Absetzung wei- tergeführt. Merker erhielt zweitrangige Funktionen. 1931 wählte ihn ein Kongreß der IAH in den Vorstand dieser Organisation. An- schließend aus der Arbeit der deutschen KP abberufen und der Komintern zur Verfü- gung gestellt. Er arbeitete zusammen mit Eisler in den USA. 1934 setzte man ihn wieder für die Arbeit 220 Merker/Meyer, Ernst in Deutschland ein. Von der Pariser Emi- gration aus organisierte er die Gewerk- schaftsarbeit der KPD in Deutschland. Auf der »Brüsseler« Konferenz 1935 und der »Berner« Konferenz 1939 wieder ins ZK und Politbüro gewählt. Bei Kriegsausbruch in Frankreich interniert, kam er ins Lager Vernet, von dort konnte er 1940 flüchten. Er ging nach Marseille, wurde erneut verhaftet, konnte 1942 wie- der entkommen und nach Mexiko ausreisen. In Mexiko war Merker Generalsekretär der Bewegung »Freies Deutschland« für La- teinamerika und Herausgeber der Zeitung gleichen Namens. Er veröffentlichte die Bü- cher: »Von Weimar zu Hitler« und »Der Nazismus und sein Ende«. Im Mai 1946 kehrte Merker von Mexiko über die Sowjetunion nach Deutschland zu- rück und wurde bei der Gründung der SED in den Parteivorstand und das Sekretariat der Partei gewählt. 1946 Abgeordneter des Landtags von Brandenburg. Bei Bildung des Politbüros kam er auch in dieses Führungs- gremium. 1949 erschien sein Buch »Sozial- demokratie und Gewerkschaften, 1890 bis 1920« im SED-Dietz-Verlag. 1949/50 Staats- sekretär im Ministerium für Land- und Forstwirtschaft der ersten DDR-Regierung. Merker war der prominenteste SED-Führer, der 1950 wegen »Verbindung zu Field« als »Werkzeug des Klassenfeindes« aus der SED ausgeschlossen wurde. »Die am engsten mit Field verbundenen Paul Merker, Leo Bauer, Bruno Goldhammer, Willy Kreike- meyer, Lex Ende und Maria Weiterer ha- ben dem Klassenfeind in umfangreicher Weise Hilfe geleistet und werden aus der Partei ausgeschlossen« hieß es in der Ent- schließung des ZK der SED vom 24. Au- gust 1950. Merker wurde degradiert, er mußte als Lei- ter einer HO-Gaststätte in Luckenwalde arbeiten. Nach dem Slansky-Prozeß in der Tschechoslowakei wurde Merker am 20. De- zember 1952 als »feindlicher Agent« ver- haftet und in einer Erklärung des ZK vom 14. Mai 1953 als »Agent«, als »Kapitulant und Verräter« bezeichnet. Bis 1956 blieb er in Haft. Die SED rehabilitierte Merker 1956 zwar »juristisch«, aber nicht politisch. 1957 wurde er Lektor im Verlag »Volk und Welt«, Vorsitzender der Gesellschaft für deutsch-sowjetische Freundschaft im Kreis Königswusterhausen. Die Versuche der Harich-Gruppe, ihn 1956/57 für ihre Posi- tionen zu gewinnen, schlugen fehl, obwohl er am 21. Februar 1956 in der Wohnung Jankas an einer Zusammenkunft der Grup- pe teilnahm. Als gebrochener Mann spielte Merker in der Politik keine Rolle mehr. Erst kurz vor seinem Tode wurde er öffent- lich geehrt, so erhielt er im Februar 1969 den »Vaterländischen Verdienstorden« in Gold. Merker starb am 13. Mai 1969 in Ost-Berlin. In einem Nachruf des ZK der SED wurde auf seine führende Rolle in der KPD und den Anfängen der SED hin- gewiesen, über Merkers Schicksal von 1950 bis 1956 jedoch Stillschweigen bewahrt. MEYER, Ernst, Dr. phil. (1887-1930) Als Sohn eines Lokomotivführers am 10. Juli 1887 in Prostken (Ostpreußen) geboren, ermöglichte ihm seine Familie unter großen Entbehrungen den Besuch der Ober- realschule. Seine Erziehung im Elternhaus war antisozialistisch und streng religiös. Er finanzierte sich das Studium selbst und stu- dierte Philosophie, Psychologie und Natio- nalökonomie in Königsberg und Berlin. Seine vier Geschwister (drei Brüder, von denen einer im Weltkrieg fiel, einer in Chile vermögend wurde und der andere in der Inflation sein Geld verlor und Selbstmord verübte, sowie seine Schwester, die Lehrerin wurde) gingen andere Wege. Meyers Mutter war fanatische Anhängerin einer religiösen Sekte. Als Gegner des Sozialismus sollte Meyer 1907 in Königsberg gegen den dortigen So- zialistenführer und späteren SPD- bzw. USPD-Vorsitzenden Hugo Haase ein Kor- referat halten. Ernst Meyer, bekannt als Meyer, Ernst 221 ein ernster, gebildeter und um Objektivität ringender Mann, wurde bei der langen Ar- beit zu dem Referat vom Antisozialisten zum Sozialisten und war nunmehr von der Richtigkeit des Marxismus überzeugt. Er trat 1908 der SPD bei. In der Folgezeit nahm Haase an Meyers Entwicklung großes Interesse. Meyer promovierte 1910 zum Dr. phil. und kam 1912 als Mitarbeiter bei Prof. Wagemann an das Statistische Amt in Char- lottenburg. Anfang 1913 politischer Redak- teur des SPD-Zentralorgans »Vorwärts« (unter Hilferding) in Berlin. Wegen Maje- stätsbeleidigung erhielt er eine mehrmona- tige Gefängnisstrafe. Meyer gehörte bald zum linken Flügel der SPD und zum Freundeskreis von Rosa Lu- xemburg in Berlin. Bei Kriegsausbruch (wegen einer Tuberkulose-Krankheit nicht als Soldat eingezogen) war er einer der Mitbegründer und Führer der »Gruppe Internationale«, des späteren Spartakus- bundes. Wegen seiner Opposition gegen die SPD-Linie im Spätsommer 1915 aus der Redaktion des »Vorwärts« entfernt. Den Zimmerwalder Linken um Lenin schloß sich Ernst Meyer nicht an, da der Spartakus- bund in der Frage der Gründung einer linksradikalen Partei andere Vorstellungen vertrat. Im Oktober 1914 hatte Meyer noch aus Kautsky geschrieben: »... mir ist nicht sehr behaglich bei dem Gedanken, daß die von Ihnen in den früheren Parteidebatten bekämpften Parteigenossen die alleinige theoretische Führung in der sich neu konso- lidierenden >Linken< haben wollen.« Er habe sich bemüht, »eine Basis für die Verständi- gung der >Linken< mit der >Mitte< zu fin- den«. Da die Mitte aber die Rechte ver- teidige, sei das nicht möglich. 1915 saß Meyer einige Zeit in Unter- suchungshaft, 1916 in »Schutzhaft«. 1917 arbeitete er in Nürnberg, wo er in der »Prüfstelle für Ersatzglieder« für Kriegs- beschädigte experimentelle psychologische Studien unternahm. 1918 Mitarbeiter in einem Ernährungsinstitut (eine der Kriegs- schöpfungen zur Ernährungsfrage). Im Som- mer 1918 Leiter der deutschen Sektion des sowjetischen Nachrichtenbüros ROSTA in Berlin. 1918 lag die Führung der Spartakusgruppe (da außer Liebknecht und Luxemburg nun auch Jogiches in Haft war) in den Händen von Ernst Meyer. So gehörte er bei Aus- bruch der Revolution 1918 zur Spartakus- zentrale. Auf dem Gründungsparteitag der KPD wurde er auch in die Zentrale der neuen Partei gewählt und war in den ersten Jahren des Bestehens der KPD fast un- unterbrochen Zentrale-Mitglied. 1919 polizeilich gesucht, glaubte man nach der Verhaftung von Luxemburg und Lieb- knecht im Januar 1919, daß der dritte Ver- haftete Meyer sei (damals Redakteur an der »Roten Fahne«), doch war es bekanntlich Wilhelm Pieck, der dann wieder freikam. Meyer wurde im Februar 1919 verhaftet und bis Herbst 1919 in »Schutzhaft« fest- gehalten. In den Jahren 1919 bis 1921 übte er für die KPD die verschiedensten leiten- den Funktionen aus, gehörte ständig dem Politischen Büro an. Delegierter des II. und IV. Weltkongresses der Komintern, vom II. Weltkongreß zum Mitglied des EKKI berufen. Nach der Vereinigung mit der USPD zunächst nicht in die Zentrale ge- wählt, aber nach dem Rücktritt von Levi, Zetkin usw. wieder Zentrale-Mitglied. 1921 Chefredakteur der »Roten Fahne«, dann als Nachfolger Brandlers Leiter des Pol- büros und damit Führer der Partei. Auf dem Jenaer Parteitag 1921 erhielt der Parteivorsitzende Meyer bei der Wahl in die Zentrale die meisten Stimmen. Unter seiner Führung war die KPD bestrebt, eine Einheitsfrontpolitik durchzuführen. Nach der Rückkehr Brandlers im August 1922 und nach Machenschaften der Komintern wurde Meyer abgelöst, Brandler übernahm die Parteiführung. Obwohl vom Bezirk Ost- preußen auf dem VIII. Parteitag 1923 für die Zentrale vorgeschlagen, wurde Meyer (ebenso wie die Vertreter der Linken) von der hinter Brandler stehenden Mehrheit des Parteitags nicht in die Zentrale gewählt. 222 Meyer, Ernst/Meyer, Heinrich Trotzdem übte Meyer auch in der Vorberei- tung des Oktober 1923 verantwortliche Funktionen aus, er war Leiter des Ober- bezirks Süd (Süd-Bayern, Hessen, Württem- berg und Baden). Nach den Diskussionen über die Oktoberniederlage einer der Füh- rer der Mittelgruppe. Als die Linken um Ruth Fischer die Parteiführung übernah- men, zählte Meyer zu ihren schärfsten, aber auch sachlichsten Kritikern, er wurde bald zum Führer der oppositionellen Kreise. Nadi dem »Offenen Brief« zunächst noch nicht in die Zentrale aufgenommen, aber so- fort wieder mit wichtigen Aufgaben betraut. Leiter des Pressedienstes der KPD. 1926 kam es auch zum Abkommen zwischen Meyer und Thälmann, dessen unterschied- liche Fassungen in den Dokumenten wieder- gegeben sind (s. Bd. 1, S. 418 ff.). Nach dieser Erklärung wurde Meyer wieder ins ZK, Politsekretariat und Polbüro aufgenommen. Bald war er der eigentliche Parteiführer, besonders nach dem Essener Parteitag (auf dem er ins ZK gewählt wurde) bestimmte er maßgebend die Geschicke der KPD. In den Jahren 1921 bis 1924 und von 1928 bis zu seinem Tode Abgeordneter des preußi- schen Landtags. Im Oktober 1927 erkrankte er ernstlich. Wegen seines schlechten Gesundheitszustan- des mußte er Deutschland verlassen, ging in die Schweiz und dann in die Sowjet- union, er kehrte erst im Dezember 1928 nach Berlin zurück. Inzwischen waren Ernst Meyers Anhänger, Ewert, Eisler usw., die Mittelgruppe, die vom ZK »Versöhnler« genannt wurden, immer mehr ausgeschaltet worden. Nach der Wittorf-Affäre (Meyer befand sich zu der Zeit in der Sowjetunion und mißbilligte die Art, wie man diese Affäre politisch aus- nutzen wollte) wurde auch der todkranke Ernst Meyer in den Hintergrund gedrängt. Er versuchte die »Versöhnler« zusammen- zuhalten. Auf dem XII. Parteitag 1929 trat er nochmals scharf gegen die neue ultralinke Politik auf. Ende Juli mußte er wegen sei- nes verschlimmerten Gesundheitszustandes ins Sanatorium Hermannswerder bei Pots- dam (der Reichs Versicherung). Zu seiner Tu- berkulose bekam er eine Lungenentzündung und starb nach einer Operation am 2. Fe- bruar 1930. Die KPD (bzw. SED-)Führung nahm später eine unterschiedliche Haltung zu Meyer ein. Lange wurde er als »Versöhnler« verfemt, zeitweise sogar wie die sogenannten »Agen- ten« aus offiziellen Dokumenten ausgemerzt. Jetzt wird seine überragende Rolle in der KPD wenigstens teilweise anerkannt. Die aus seinem Nachlaß erhaltenen Briefe, die z. T. im Anhang abgedruckt sind, geben nicht nur einen ausgezeichneten Einblick in die Geschichte der KPD, sie zeigen auch seine untadelige Persönlichkeit und die Schwierigkeiten, unter denen seine politische Tätigkeit oftmals stand. Meyer hatte eine fast beendete Geschichte des Spartakusbundes hinterlassen, die sich als Manuskript in Moskau befinden soll. Er war auch der Herausgeber der »Spartakusbriefe« und anderer Dokumente und veröffentlichte zahlreiche kleinere Ar- beiten, darunter in »Volk und Reich der Deutschen«, eine Darstellung über die KPD. Von seinen beiden Söhnen aus erster Ehe lebt einer in Kanada, der andere in der Bundesrepublik. Seine Witwe, Rosa Meyer- Levine, an die die auch die Briefe (s. Bd. 1, S. 444 ff.) gerichtet sind, hat sich bis zur Emi- gration 1933 noch am Rande der KPD ge- halten, arbeitete aber als Enttäuschte nur in der »Roten Hilfe«. Sie ging 1933 ins Exil, zuerst nach Frankreich, dann nach England und lebte 1969 in London. MEYER, Heinrich (Heino) (1904-1937?) Geboren am 22. Mai 1904 in Hamburg. Ab- solvierte bis 1925 ein Lehrerseminar in Hamburg. 1923 Mitglied der KPD, beschwerte er sich im April 1923 in einem Brief an die BL, daß ihm wegen seiner Jugend keine Auf- gaben übertragen würden, die ihn ausfüll- ten. »Ich denke, es muß eine Möglichkeit Meyer, Heinrich/Miller 223 geben, die Zeit und Energie, die ich frei habe, auszunutzen für die Partei.« Er wurde nun für vertrauliche Aufgaben herangezo- gen. Ab 1924 auch in der Öffentlichkeit aktiv für die Partei tätig, konnte er kein Lehrer werden, sondern kam 1925 als Re- dakteur zur »Hamburger Volkszeitung«. 1926 zeichnete er für »HVZ« verantwortlich und wurde im gleichen Jahr auch Mitglied der BL Wasserkante. Im Mai 1927 als ver- antwortlicher Redakteur zu einem Jahr Fe- stung verurteilt, die Strafe verbüßte er von Oktober 1927 bis Oktober 1928. Nadi der Haftentlassung Parteisekretär in Hamburg. Mitte 1929 Chefredakteur der »HVZ«, be- hielt diese Funktion bis Ende 1931. 1931/32 Abgeordneter der Hamburger Bürgerschaft. 1932 kam Heinrich Meyer als enger Ver- trauter Thälmanns nach Berlin. Er wurde einer der »Mitarbeiter« des Parteiführers. Diese »Mitarbeiter« hatten zu jener Zeit mehr Einfluß auf die politische Linie der KPD als die eigentlichen Politbüro-Mitglie- der. Im Dezember 1932 verhaftete die Polizei Meyer und Schehr. Während Schehr frei- kam, blieb Meyer in Haft und war so 1933 sofort wieder ein Gefangener der SA, die ihn ins KZ brachte. Im Herbst 1934 aus dem KZ entlassen, emigrierte er aus Deutschland und kam nach Moskau, wo er 1935 die wichtige Funktion eines Sekretärs des Politbüros ausübte. Während der Stalinschen Säuberung 1937 wurde Meyer (wie fast alle Mitarbeiter Thälmanns) verhaftet, er kam in den Säu- berungen ums Leben. MEYER, Johann (1889-1950) Als Sohn eines unpolitischen Tapeziermei- sters am 4. Juni 1889 in Nürnberg geboren; lernte Tapezierer. 1909 schloß er sich der Sozialistischen Jugend und der SPD an. 1918 Übertritt zur USPD, 1920 zur KPD. 1921 Sekretär der Partei in Nürnberg, seit dieser Zeit hauptamtlicher KPD-Funktio- när. Auf dem Jenaer Parteitag 1921 und dem Leipziger Parteitag 1923 als Kandidat in den ZA gewählt. Im Januar 1924 wegen Fortführung der verbotenen KPD zu sechs Monaten Gefäng- nis verurteilt. Übernahm 1924 die Führung des Bezirks Nordbayern als Polleiter und wurde 1924 Reichstagsabgeordneter. Er ge- hörte dem Reichstag ununterbrochen bis 1933 an. Delegierter der Parteitage von 1925, 1927 und 1929. Im Oktober 1928 bei einem Straßenbahnunfall schwer verunglückt. Bis 1930 Polleiter für Nordbayern. Von 1930 bis 1933 stand er als MdR dem Bezirk Nordbayern zur allgemeinen Verfügung, er blieb Mitglied der BL. Meyer, in Nordbayern der theoretisch über- ragende Kopf der KPD, hatte schon vor 1914 eine Parteischule der SPD in Berlin unter Leitung von Rosa Luxemburg besucht. Er hat sich jedoch politisch nie zu einer Fraktion geschlagen und mit seiner Meinung zurückgehalten, so daß er von 1924 bis 1930 ununterbrochen einen Bezirk leiten konnte. Im Mai 1933 verhaftet und zu z1^ Jahren Gefängnis verurteilt. Nach deren Verbü- ßung freigelassen, arbeitete er bis Kriegs- ende als Tapeziergehilfe. 1945 machte er sich als Tapezierer selbstän- dig. 1945 auch wieder in die KPD auf- genommen, allerdings erst nachdem der Widerstand einiger Mitglieder wegen seiner Haltung vor 1933 überwunden war. Er wurde halbtags - hauptsächlich für Schu- lungsaufgaben - von der KPD beschäftigt. Später arbeitete er nur noch als Tapezierer und trat politisch nicht mehr hervor. Johann Meyer starb am 5. Juli 1950 in Nürnberg. MILLER, Joseph (Sepp) (1883-1964) Am 27. August 1883 in Scheppach (Bayern) geboren, entstammte einer katholischen Kleinbauernfamilie, lernte in Augsburg Schlosser. Anschließend auf Wanderschaft, nach der er sich in Bremen niederließ, auf verschiedenen Werften arbeitete und 1907 der SPD beitrat. 1913 nach dem Streik der 224 Miller/Moericke Werftarbeiter fristlos entlassen, holte man ihn während des Krieges wieder auf die Weser-Werft. Während des Krieges Mitglied der Links- radikalen unter Führung von Knief, Frö- lich und Felix Schmidt, gehörte er bald zu deren leitendem Kern. Nadi der Revolution 1918 in den Arbeiterrat der Weser-Werft gewählt, beteiligte er sich 1919 aktiv an der Bremer Räterepublik. Seit Gründung der KPD Mitglied der Par- tei. 1919 als Leiter des Metallarbeiter Ver- bandes in Bremen hauptamtlicher Gewerk- schaftssekretär. 1920/21 (nach Jannack) Ortssekretär der KPD und hauptamtlicher KPD-Funktionär. Ab 1921 übte Miller eine führende Rolle als Sekretär im Bezirk Nie- dersachsen aus. Zugleich war er Leiter von Verlag und Druckerei der Arbeiterpresse in Hannover. Der Leipziger Parteitag 1923 wählte ihn zum Mitglied des ZA. Miller zählte zum rechten Parteiflügel. Nachdem die Linken 1924 die Führung übernommen hatten, stand er in Opposition zu ihnen, behielt aber seine hauptamtliche Funktion. Nach dem »Offenen Brief« 1925 und dem Ausschluß der Katz-Gruppe war Miller in Hannover und Niedersachsen der führende Kopf der KPD, auch wenn er offiziell nur Leiter von KPD-Verlag und Druckerei war. 1928 als Abgeordneter in den Reichstag ge- wählt, dem er bis 1930 angehörte. Während der Parteiauseinandersetzung 1928/29 schloß sich Miller den »Versöhnlern« an und arbeitete aktiv gegen die ZK-Linie. Anfang 1930 kapitulierte er und wurde nach Berlin geholt; Orgsekretär der »Roten Hilfe«. Nach 1933 leitete er - inzwischen im Exil - als Generalsekretär die »Rote Hilfe«. 1936 abgesetzt und aller Funktionen ent- hoben. In der »Roten Hilfe« Süddeutsch- lands hatte sich ein Gestapo-Spitzel einge- schlichen, den Miller trotz aller Warnungen gefördert hatte, dieser Spitzel ließ die ganze Organisation auffliegen. 1938 entzog die Hitler-Regierung Miller die deutsche Staatsangehörigkeit. Er floh 1939 von Frankreich nach Norwegen und 1940 nach Schweden, wo er nach einer kurzen Haft (April bis Juni 1940) Torf arbeitet war. Von 1942 bis 1945 arbeitete er als Schlosser. Im Januar 1946 kehrte er nach Deutsch- land zurück, wurde Mitglied der KPD und Mitarbeiter des ZK. Von 1946 bis 1954 Mitglied der Zentralen Revisionskommis- sion der SED, dann Leiter der Abteilung Gedenkstätten des Museums für Deutsche Geschichte in Ost-Berlin. Träger mehrerer Orden, darunter der »Karl-Marx-Orden«. Sepp Miller starb am 23. März 1964. MOELDERS, Theodor (1888-1967) Am 11. April 1888 in Cleve geboren, Sohn eines Metzgermeisters; lernte Klempner und übersiedelte nach Berlin. Vor dem Welt- krieg Mitglied der SPD, kam über die USPD 1920 zur KPD. Moelders arbeitete als Klempner am Städti- schen Schlachthof in Berlin und wurde dort Betriebsratsvorsitzender. In der Partei ten- dierte er zum rechten Flügel und war eng mit W. Pieck befreundet. 1927 Delegierter des XL Parteitags, nahm im gleichen Jahr an einer Reise in die So- wjetunion teil. Mitglied der KPD-Bezirks- leitung Berlin-Brandenburg. 1928 zog er für die KPD in den preußischen Landtag ein. Er war Polleiter des 5. Ber- liner Bezirks. Nach der Wittorf-Affäre 1928 aktiver Anhänger der »Versöhnler«. Bis Frühjahr 1929 stand der 5. Bezirk unter Moelders Leitung hinter den »Versöhnlern«. Mitte 1929 kapitulierte er vor dem ZK. 1932 nicht mehr in den Landtag gewählt. Nach 1933 mehrmals verhaftet, trat er 1945 wieder der KPD bei. In der SED spielte er keine politische Rolle, er lebte als Partei- veteran in Ost-Berlin, wo er am 10. Januar 1967 starb. MOERICKE, Franz (1885—1956) Am 29. März 1885 in Apolda geboren, Moericke/Müller, Carl 225 lernte Tischler und arbeitete bis 1910 in seinem Beruf, dann Gewerkschaftssekretär. 1902 Mitglied der SPD. 1918 ging er zur USPD und kam mit dem linken Flügel 1920 zur KPD. Delegierter des Vereinigungs- parteitages im Dezember 1920. Als Sekretär ab 1920 hauptamtlich für die KPD tätig, zunächst Leiter der Partei in Halberstadt, dann Sekretär und schließlich Redakteur in Magdeburg. 1923 Chefredak- teur der »Roten Fahne des Osten» (»Echo des Ostens«) in Königsberg. 1924 Anhänger der Linken, zum Abgeord- neten des preußischen Landtags gewählt. Im gleichen Jahr kam Moericke wieder nach Magdeburg, wo er bis 1927 als Chefredak- teur die »Tribüne« leitete. 1928 holte ihn die Zentrale nach Berlin in die Landabtei- lung. 1928 erneut in den preußischen Land- tag gewählt, trat jedoch im September 1928 zurück, um dem Landarbeiter Kahmann sein Mandat zu überlassen. Mitarbeiter des ZK, Leiter der Landabtei- lung, dann der »Industriegruppe Land« der RGO. 1930 bis 1932 Reichstagsabgeordneter. 1931 Redakteur der »Roten Fahne« für die er auch verantwortlich zeichnete. 1933 verhaftet und bis 1935 im Zuchthaus Luckau festgehalten. Er arbeitete dann wie- der als Tischler, wurde jedoch 1944 erneut verhaftet, zu drei Jahren Zuchthaus ver- urteilt und im April 1945 aus dem Zucht- haus Brandenburg befreit. Moericke schloß sich wieder der KPD bzw. SED an. 1946 als Abgeordneter in den Landtag von Brandenburg gewählt. Mit- begründer des FDGB, dessen 1. Kongreß im Februar 1946 von ihm eröffnet wurde. Später Vorsitzender des FDGB in Bran- denburg, dann Chefredakteur der FDGB- Zeitung »Land und Forst«. Träger ver- schiedener Auszeichnungen, darunter des »Karl-Marx-Orden«. Nach längerer Krankheit starb er - zuletzt Parteiveteran in Neuenhagen bei Berlin - am 29. Mai 1956. MÜLLLER, Carl H. (1879-1935?) Geboren am 22. September 1879 in Stutt- gart, lebte vor dem Weltkrieg in der Schweiz, wo er sich der sozialistischen Be- wegung anschloß. Als Maler und Schrift- steller tätig, führte er ein Bohemien-Leben. Nach dem Kriege Rückkehr nach Deutsch- land, Mitglied der USPD, Delegierter des USP-Spaltungsparteitages 1920, mit der lin- ken USP 1920 zur KPD. Müller - ein bekannter Volksredner in Württemberg - war 1920 für die USP in den württem- bergischen Landtag eingezogen, er wurde 1924 für die KPD erneut Landtagsabgeord- neter. Im Januar 1924 verhaftet, jedoch bald wie- der freigelassen. Im Landtag kam es zu einer scharfen Debatte, weil die Polizei Müllers Post überwachte. Die Postkontrolle wurde mit dem Verdacht auf Hochverrat begründet; die Polizei erklärte aber, der Briefwechsel sei »fast ausschließlich eroti- scher Natur übelster Art« gewesen. Carl Müller, einige Zeit Redakteur des KPD-Organs »Süddeutsche Arbeiter-Zei- tung«, stand auf dem rechten Parteiflügel; er wurde im Januar 1927 aus der KPD ausgeschlossen. Die SPD hatte Müller zuvor in einem Flugblatt beschuldigt, er habe 1912 in Basel Gelder (600 Franken) des Arbeiter- vereins »Eintracht« unterschlagen und sei während des Krieges für die deutsche Spio- nage tätig gewesen. Ein Brief des Schweizer Kommunisten und Lenin-Freundes Fritz Platten aus Moskau untermauerte angeb- lich die Vorwürfe, so daß Müllers Aus- schluß aus der Partei im Januar 1927 vom ZK der KPD bestätigt wurde. Der Ausschluß erfolgte (3 gegen 2 Stimmen) wegen »Nichtdurchführung von Partei- beschlüssen« und weil Müller ein »moralisch korruptes Element« sei. Die Rechten sahen im Ausschluß des fähigen und beliebten Müller jedoch einen politischen Schachzug. Müller trat später politisch nicht mehr her- vor. Er emigrierte 1933 nach Wien und soll dort 1935 gestorben sein. 226 Müller, Georg/Müller, Herbert MÜLLER, Georg (1878-1963) Am 19. November 1878 in Krappitz (Ober- schlesien) geboren, lernte Schuhmacher. 1905 Mitglied der SPD. Anfang 1914 Bericht- erstatter der SPD-Presse in Trier. Müller kam 1920 über die USPD zur KPD. Seit 1921 Redakteur an verschiedenen KPD- Zeitungen, 1924 bis Anfang 1927 Chef- redakteur der Mannheimer »Arbeiter-Zei- tung«. Kurze Zeit in Köln, 1928 Chef- redakteur der »Volkswacht« in Rostock. Ende 1929 Redakteur in Dortmund, schließ- lich in Berlin. Bis 1933 in Breslau in der Freien Gewerkschaft aktiv, war Müller seit 1930 nicht mehr für die KPD tätig. 1938 dienstverpflichtet, als Arbeiter beschäftigt. Bei Kriegsende kam er nach Niedersachsen. Er war politisch nicht mehr organisiert, lebte in Northeim. Müller starb am 31. De- zember 1963 in Trier. MÜLLER Gustav (1875-?) Am 8. August 1875 in Halberstadt geboren, war nach dem Besuch der Volksschule Ar- beiter. Später besuchte er noch einige Fort- bildungsschulen, so von 1909 bis 1912 in Berlin die Arbeiter-Bildungsschule, von 1912 bis 1914 die Humboldtschule in Berlin. Gustav Müller trat 1900 der SPD bei und übte für sie in Berlin verschiedene Funk- tionen aus. 1917 Mitglied der USPD, mit der linken USP 1920 zur KPD. Auch in der KPD Anhänger des linken Flügels. Seit 1922 KPD-Sekretär der Provinz Branden- burg, in der BL Berlin-Brandenburg für die Abteilung Land verantwortlich. Im Mai 1924 zog er als Abgeordneter in den Reichs- tag ein, im Dezember des gleichen Jahres in den preußischen Landtag. Nach dem »Offenen Brief« schloß er sich aktiv der linken Opposition an, unterschrieb im Juni 1926 den oppositionellen »Brief der 700«. Gustav Müller wurde (zusammen mit 34 seiner Anhänger) am 18. Mai 1927 aus der KPD ausgeschlossen, er wurde einer der Mitbegründer des »Leninbundes«. Die Reichstagung des »Leninbundes« im April 1928 wählte Müller (neben Urbahns und Heym) in das Präsidium dieser Organisa- tion. Bis 1933 war er für den »Leninbund« aktiv. 1933 wurde er verhaftet. Weitere Daten seines Lebenslaufs ließen sich nicht ermitteln. MÜLLER, Herbert (geb. 1900) Am 13. September 1900 in Ludwigshafen/ Rhein geboren, Sohn eines Maurers und Sozialdemokraten, lernte Schriftsetzer. 1917 Vorsitzender der Sozialistischen Jugend in Ludwigshafen und Mitbegründer der Freien Sozialistischen Jugend (Kommunistische Ju- gend) in der Pfalz. 1919 Mitglied der KPD, 1924 Parteivor- sitzender der KPD in Ludwigshafen und Mitglied der BL Pfalz. 1924 (nach der Ver- haftung Frenzels) einer der Leiter der anti- separatistischen Bewegung. Bis 1928 ehren- amtlicher Gewerkschaftsleiter der Bezirks- leitung Pfalz. Während der Auseinandersetzungen in die- sem ultralinken Bezirk war Herbert Müller führender ZK-Anhänger. 1928 in den bayerischen Landtag gewählt, ab 1929 als Orgleiter des Bezirks Pfalz hauptamtlicher Funktionär der KPD. Bis zur Zusammenlegung der Bezirke Baden und Pfalz (1931) war er Orgleiter der Pfalz, Landtagsabgeordneter war er bis 1933, ebenso bis 1933 Sekretär der KPD. Zusammen mit Doll leitete er die illegale Arbeit der KPD im Bezirk Baden-Pfalz. Im Mai 1933 verhaftet, kam er für 23 Mo- nate ins KZ Dachau. Im April 1935 ent- lassen, arbeitete er wieder illegal und sollte erneut verhaftet werden. Er floh ins Exil nach Frankreich, kämpfte während des Bürgerkriegs in Spanien. Als Kaderoffizier der Internationalen Brigade und Stellvertre- ter Dahlems an der Front, verantwortlich für die deutschen, englischen, skandinavi- schen und österreichischen Einheiten, zuletzt im Range eines Hauptmannes, zugleich Par- teisekretär. 1939 Flucht nach Frankreich, zum Spengler und Installateur umgeschult. Müller, Herbert/Müller, Oskar 227 Bei Kriegsausbruch interniert, floh er 1940 nach Südfrankreich und lebte illegal in Tou- louse. In Frankreich verantwortlicher KP- Funktionär. Im August 1945 Rückkehr nach Deutsch- land. Vorsitzender des KPD-Bezirks Pfalz, Mitglied der beratenden Landesversamm- lung und dann des Landtags von Rhein- land-Pfalz und Landesleiter der KPD Rheinland-Pfalz. Im September 1949 verließ er die KPD, trat zur SPD über. Er erklärte: »Meine Hoffnung, eine Partei mitzuentwickeln, in der der Mensch zur Geltung kommt, in der der Wille der Mitgliedschaft oberstes Ge- setz ist, hat sich nicht verwirklicht. Die Kommunistische Partei fällt von einem Ex- trem ins andere.« Die KPD-Leitung ver- femte ihn daraufhin als »titoistischen Agen- ten« unter dessen »zersetzende Tätigkeit« ein »Schlußstrich« gezogen wurde. Herbert Müller gehörte als Parteisekretär der SPD in Ludwigshafen auch dem rhein- land-pfälzischen Landtag an, er war auch Stadtrat in Ludwigshafen und wurde nach seinem Ausscheiden 1969 mit dem Ehrenring der Stadt Ludwigshafen geehrt. MÜLLER, Kurt (geb. 1903) Am 13. Dezember 1903 in Berlin geboren, entstammt einer Arbeiterfamilie, lernte Werkzeugmacher. 1920 Mitglied der Ge- werkschaft und der KPD (der auch seine Schwester angehörte). Funktionär des Kom- munistischen Jugendverbandes (KJVD) in Berlin. Ab 1928 Mitglied der Zentrale des KJV, Mitte 1929 wurde Kurt Müller Vorsitzen- der dieser kommunistischen Organisation (als Nachfolger Häbichs) und ins ZK auf- genommen. Vom XL EKKI-Plenum 1931 zum Kandidaten des EKKI-Präsidiums ge- wählt. Im Sommer 1931 nach Moskau ins Jugend- EKKI versetzt, dort verantwortlich für chinesische Fragen. Als Anhänger Heinz Neumanns 1932 verfemt und als Arbeiter ins Autowerk Gorki verschickt. In Deutsch- land hieß es offiziell, damit sei ein Schluß- strich gezogen »unter die Auseinanderset- zungen der parteifeindlichen Gruppe der Gen. Neumann, Kurt Müller usw., die ver- sucht hatten, den Jugendverband in einen Gegensatz zur Linie und Führung der Partei ... zu bringen.« 1934 kehrte Kurt Müller nach Deutschland zurück und leitete die illegale Arbeit der KPD in Südwestdeutschland. 1934 in Mann- heim verhaftet und zu sechs Jahren Zucht- haus verurteilt, die er in Kassel verbüßte, anschließend kam er ins KZ Sachsenhausen, wo er bis 1945 gefangengehalten wurde. 1945 ließ er sich in Hannover nieder. Vor- sitzender der KPD in Niedersachsen und Mitglied des niedersächsischen Landtags. Im April 1948 stellvertretender Vorsitzender der KPD in Westdeutschland. 1949 in den Bundestag gewählt. Anfang Mai 1950 wurde Kurt Müller zum ZK der SED geladen und dort vom SSD festgenommen. Durch ein Fernurteil zu 25 Jahren Haft verurteilt und nach der Sowjetunion überführt. Offiziell wurde erklärt, Müller sei als »Agent ent- larvt« worden, er habe mit dem Ostbüro der SPD zusammengearbeitet, sei für die Engländer tätig gewesen; es wurden also die üblichen stalinistischen Vorwürfe erhoben. Kurt Müller war bis 1955 in der Sowjet- union inhaftiert; dann entlassen, kehrte er in die Bundesrepublik zurück. Mitglied der SPD. Müller lebte 1969 in der Bundes- republik. MÜLLER, Oskar (geb. 1896) Als Sohn eines Landwirtes am 25. Juli 1896 in Wohlau (Schlesien) geboren, besuchte das humanistische Gymnasium. Im Ersten Welt- krieg als Offizier an der Front. Im Novem- ber 1918 in den Soldatenrat gewählt. Nach dem Weltkrieg Bankangestellter. 1920 Leiter der Bankbeamtenorganisation in Frankfurt (Main). 1922 Mitglied der KPD; im glei- chen Jahr Leiter der Angestelltengewerk- schaft in Frankfurt. 228 Müller, Oskar/Münzenberg 1924 in Frankfurt hauptamtlicher Sekretär der KPD (Gewerkschaftsleitung der BL Hessen). Abgeordneter der KPD im preußi- schen Landtag von 1924 bis 1933. 1928 Org- leiter des KPD-Bezirks Hessen, eine Funk- tion, die Müller mehrere Jahre ausübte. In der Illegalität Orgleiter des Bezirks Berlin- Brandenburg, wurde er am 22. November 1933 verhaftet und zu drei Jahren Zucht- haus verurteilt, anschließend kam er bis 1939 ins KZ Sachsenhausen. Von Juni 1939 bis August 1944 Angestellter in der Leder- industrie in Offenbach, dann erneut ver- haftet und ins KZ Dachau gebracht, 1945 in Dachau Lagerältester. 1945 trat er wieder der KPD bei, zog für sie in den hessischen Landtag und 1949 in den Bundestag ein. Bis 1947 Minister für Arbeit und Wohlfahrt in Hessen. Im April 1948 Vorsitzender der KPD in Hessen, doch schon 1949 wieder abgesetzt, weil er bei der »Agenten-Bekämpfung« zu »lau« war. Mitarbeiter des Parteivorstandes der KPD, bis 1953 im Bundestag. 1953 kurz verhaftet, seither aktiv in der WN tätig, einer der vier Präsidenten der VVN. Oskar Müller lebte 1969 in Hessen. MÜLLER, Wilhelm (1890-1957) Am 19. Februar 1890 in Alsenborn (Pfalz) geboren, lernte Tischler. Vor dem Krieg Mit- glied der SPD. Im Krieg vier Jahre Soldat, ausgezeichnet mit der goldenen Tapferkeits- medaille (mit der eine Rente verbunden war). Nach dem Kriege Übertritt zur USPD, 1919 zur KPD. Für die Partei in Kaiserslautern tätig, aktiv bei der Bekämpfung der Sepa- ratisten. Auf dem Leipziger Parteitag im Januar 1923 als Kandidat in den ZA ge- wählt. Die französische Militärregierung verurteilte ihn 1923 zu drei Jahren Gefängnis und wies ihn 1924 aus der Pfalz aus. Der populäre Müller gehörte in der KPD zum linken Flügel und zog im Mai 1924 in den Reichs- tag ein, im Dezember nicht wiedergewählt. Ab 1924 hauptamtlicher Parteisekretär in verschiedenen Bezirken, u. a. 1925 in Würt- temberg. Im April 1926 vom ZK nach Bremen ent- sandt, Polleiter des Bezirks Nordwest. Er hatte sich nicht der linken Opposition an- geschlossen, sondern war für Thälmann eingetreten. Im November 1926 verhaftet, angeklagt, den kommunistischen Z-Apparat (Zersetzungs-Apparat) geleitet zu haben. Er blieb bis Januar 1927 in Haft und mußte dann mangels Beweisen entlassen und 1928 im Prozeß vor dem Reichsgericht freigespro- chen werden. Leiter des Unterbezirks Biele- feld, wo der ultralinke Kötter abgelöst wor- den war. Nachdem Müller noch einige an- dere zweitrangige Funktionen bekleidet hatte, ging er Anfang der dreißiger Jahre wieder nach Kaiserslautern zurück und machte sich als Schreinermeister selbständig. Nach 1933 zunächst nicht verhaftet, wohl weil er Inhaber der goldenen Tapferkeits- medaille war und vor 1933 nicht mehr poli- tisch hervorgetreten war. Er arbeitete als erfolgreicher Tischlermeister. Im August 1944 zusammen mit mehreren Kaiserlauter- ner Antifaschisten verhaftet, aber bald wie- der freigelassen. 1945 wieder Mitglied der KPD, bis 1948 für die Partei auch im Stadtrat. Wegen mangelnder Linientreue verlor er seinen früheren Einfluß innerhalb der KPD. Er schied 1948 aus dem Stadtrat aus und trat politisch nicht mehr hervor. Wilhelm Mül- ler starb am 28. September 1957 in Kaisers- lautern. MÜNZENBERG, Willi (1889-1940) Am 14. August 1889 in Erfurt geboren, wuchs unter sehr ärmlichen Verhältnissen auf. Sein Vater, der uneheliche Sohn eines Freiherrn von Seckendorf, war Förster und betrieb später eine Dorfschenke, er hatte harte Erziehungsmethoden. Münzenberg be- suchte nur unregelmäßig die Volksschule, las aber alles, war er in die Hände bekom- men konnte. Nach einer abgebrochenen Münzenberg 229 Barbierlehre begann Münzenberg 1904 in einer Erfurter Schuhfabrik zu arbeiten. 1906 Berührung mit der Sozialistischen Jugend- bewegung. 1908 Delegierter Erfurts am Berliner Kon- greß der Sozialistischen Jugend. In Erfurt wegen seiner radikalen Tätigkeit gemaß- regelt, ging auf Wanderschaft und kam im Juli 1910 in die Schweiz. In Bern Zapf- bursche in einem Hotel, später in Zürich Austräger einer Apotheke. Er schloß sich einer sozialistischen Gruppe, dem Jungbur- schenverein, um den radikalen Arzt Brup- bacher an und bekam Verbindung mit russi- schen Emigranten. Münzenberg wurde einer der Organisatoren der sozialistischen Jugend der Schweiz, 1914 leitete er als hauptamtlicher Sekretär diese Organisation. Während des Krieges Inter- nationalist, geriet bald unter den Einfluß Lenins, der die Fähigkeiten des jungen Münzenberg erkannte. 1917 Teilnehmer am Kongreß der sozialistischen Internationali- sten in Stockholm. Er bekannte sich in der Schweiz offen zur bolschewistischen Okto- berrevolution. Als Mitorganisator eines Ge- neralstreiks in Zürich ins Zuchthaus gewor- fen und sofort nach Kriegsende aus der Schweiz ausgewiesen. Übersiedlung nach Stuttgart, sofort Mitglied der Spartakusgruppe. Sekretär der Soziali- stischen Jugendinternationale (Linke) und dann bis 1921 Sekretär der Kommunisti- schen Jugendinternationale. Als führender Organisator ihrer Kongresse spielte er eine große Rolle. Auch in der KPD aktiv, wo er z. B. auf dem II. Parteitag 1919 eine Mittel- gruppe zwischen der Führung Levi und den dort ausgeschlossenen Ultralinken Wolff- heim und Laufenberg bildete. 1920 fuhr Münzenberg als Vorsitzender der Jugendinternationale erstmals nach Moskau, zum II. Weltkongreß der Komintern. Ein Jahr später, auf dem II. Kongreß der Ju- gendinternationale und dem III. Weltkon- greß der Komintern wurde er von Sinowjew abgesetzt. Er schied aus der Jugendarbeit aus. Lenin hatte ihn beauftragt, im Westen Hilfs- mittel gegen die große Hungersnot in Ruß- land zu organisieren. Das war der Anstoß zur Bildung der Internationalen Arbeiter- hilfe (IAH), der ersten großen Organisa- tion, die Münzenberg begründete. Im Laufe der Jahre breitete sich diese Hilfsorganisa- tion in allen Ländern aus, gab Zeitungen und Zeitschriften heraus, unterhielt Volks- küchen und Kinderheime und unterstützte Streikende. Münzenberg verstand es, dabei vor allem linke Intellektuelle, die keine Kommunisten waren, für die Organisation zu gewinnen. In den folgenden Jahren baute er nach die- sen Erfahrungen den berühmten »Münzen- berg-Konzern« aus, ein Unternehmen mit Verlagen, Zeitschriften mit Massenauflagen (wie die berühmte »AIZ«, eine progressive Illustrierte) usw. Dadurch erlangte er auch innerhalb der KPD eine bedeutende Posi- tion. Münzenberg war von 1924 bis 1933 un- unterbrochen KPD-Reichstagsabgeordneter, 1924 auch in den ZA gewählt, auf dem XL Parteitag 1927, dem XII. Parteitag 1929 und der »Brüsseler« Konferenz 1935 als Mitglied ins ZK berufen. Die Schwester seiner Lebensgefährtin Babette Groß, Mar- garete Buber-Neumann, schrieb über Mün- zenbergs Tätigkeit in jenen Jahren: »Er schien weniger ein Revolutionär als ein Manager zu sein und wenn dieser unter- setzte, breitschultrige Mann die Angestellten seiner zahlreichen Büros in ständiger Be- wegung durcheinanderwirbelte, bei Sitzun- gen alles andere als demokratisch verfuhr und aus seinen Mitarbeitern das Letzte an Arbeitskraft herausholte, dann begriff ich, warum man ihn in der Kommunistischen Partei als >Unternehmer< bezeichnete und seinen Betrieben den Namen >Münzenberg- Konzern< gab ... Er umgab sich in seinen Unternehmungen, den Zeitungsreaktionen der >Welt am Abend<, >Berlin am Morgens der >Arbeiter-Illustrierten<, der Zeitschrift >Roter Aufbaus dem Filmunternehmen >Meshrabpoms dem >Neuen Deutschen Ver- 230 Münzenberg/Nagel lag< und der >Universum-Bibliothek< nicht nur mit den besten Köpfen der kommuni- stischen Intelligenz und mit KP-freundlichen Intellektuellen aller Schattierungen, er zog auch häufig Kommunisten zur Mitarbeit heran, die sich in der Partei irgendwelcher >Abweichungen< schuldig gemacht hatten. Seine Feinde warfen ihm hämisch vor, er tue das nur, weil diese Abweichler aus Angst vor der Partei und aus dankbarer Anhäng- lichkeit an ihren Retter besonders willfäh- rige Werkzeuge seien. Daran mag etwas Wahres gewesen sein.« Münzenberg hatte bis 1932 einen maßgeben- den Einfluß auf die Linie der KPD, als einer der Vertreter der ultralinken Politik zählte er zur Remmele-Neumann-Gruppe. 1933 Emigration nach Paris, wo er mit gro- ßer Aktivität den propagandistischen Kampf gegen Hitler aufnahm. Er schuf wiederum Verlage und Zeitungen, gab das »Braunbuch über den Reichstagsbrand« und andere Anti-Hitler-Literatur heraus. Einer der Initiatoren der Volksfront. Er geriet in Widerspruch zur Komintern und besonders zur Leitung der KPD unter Ulbricht. 1936 in Moskau vor die Internationale Kontroll- kommission geladen; er erreichte, daß er wieder nach Paris zurückkehren konnte. So war er den Stalinschen Säuberungen ent- ronnen. 1937 mehrmals nach Moskau gerufen, folgte er nicht - schon 1936 hatte er in der So- wjetunion das Klima der Säuberung ver- spürt. Im Oktober 1937 aus der KPD aus- geschlossen. Am 20. Januar und 16. Februar 1939 behandelte die Internationale Kon- trollkommission seinen Einspruch gegen den Ausschluß aus dem ZK und der Partei. Sein Ausschluß wurde bestätigt. Auch nach dem Bruch mit der Komintern blieb Münzenberg politisch aktiv. Er kämpfte weiter gegen den Faschismus, wandte sich aber auch gegen den Stalin- Hitler-Pakt. 1939 gründete er in Paris die Organisation »Freunde der Sozialistischen Einheit Deutschlands«. Nach Kriegsaus- bruch wurde er interniert. Als die deutsche Armee auf Lyon vorrückte, floh er mit drei anderen Deutschen aus dem Lager Cham- barran bei Lyon. Ende Oktober 1940 wurde die stark verweste Leiche Münzenbergs ge- funden. Münzenberg hatte im Hochsommer 1940 sein Leben verloren, ein Selbstmord und auch ein Raubmord scheinen ausgeschlossen. Kurt Kersten kam 1957 zu dem Schluß, ein stalinistischer Fememord sei die wahrschein- lichste Erklärung. In der Münzenberg- Biographie heißt es: »Aber auch für diese Version lassen sich stichhalte Beweise und Zeugnisse nicht vorlegen .. . Der Verdacht, daß Münzenberg Opfer eines politischen Anschlags geworden ist, scheint mir nahezu- liegen. Wer seine Mörder gewesen sein könnten, ist nur zu vermuten.« Diese Mei- nung vertritt Münzenbergs Lebensgefährtin, Babette Gross, die heute in der Bundes- republik lebt und durch verschiedene Ar- beiten über die Volksfront publizistisch hervortrat in ihrem Buch: Willi Münzenberg. Eine politische Biographie. Stuttgart 1967. NAGEL, Arthur (1890-1945) Am 19. November 1890 in Leipzig geboren, erlernte das Malerhandwerk. 1908 in Leip- zig Mitglied der Sozialistischen Jugendbe- wegung, 1909 der SPD. Während des Krieges Soldat. 1918 Übertritt zur USPD, mit deren linkem Flügel 1920 zur KPD. Ehrenamtlicher Funktionär. 1922 Delegierter auf dem IV. Weltkongreß der Komintern, vertrat dort zusammen mit Ur- bahns und Ruth Fischer die linke Opposi- tion. Anfang 1924 Stadtverordneter in Leip- zig. Nagel gehörte zur linken Fraktion, er kam 1924 als Sekretär für Gewerkschaftsfragen in die KPD-Bezirksleitung Westsachsen. Im Mai 1924 Abgeordneter des Reichstags, wurde aber im Dezember nicht wieder- gewählt. Delegierter des X. Parteitags 1925. Aktiver Anhänger der Ultralinken. Ende 1925 einige Zeit inhaftiert. Er trennte sich von den Ultralinken, wurde als Kandidat Nagel/Neubauer 231 auf gestellt und 1926 als Abgeordneter in den sächsischen Landtag gewählt, und so aus dem Gefängnis entlassen. Bis 1929 Land- tagsabgerodneter, bis 1930 Redakteur für Gewerkschaftsfragen an der »Sächsischen Arbeiter-Zeitung« in Leipzig. Stadtverord- neter in Chemnitz. Er schied 1931 aus dem hauptamtlichen Apparat aus und trat poli- tisch nicht mehr hervor. Nach 1933 als Maler beschäftigt. Im Juli 1944 verhaftet und ins KZ Sachsenhausen eingeliefert, im Februar 1945 nach Maut- hausen überführt. Er arbeitete noch Ende März 1945 im Außenlager Wels. Dann wurde Nagel abtransportiert, er kam Ende April 1945 im KZ Bergen-Belsen ums Le- ben. NEDDERMEYER, Robert (1887-1965) Geobren am 3. April 1887 in Altona, Sohn eines Hafenarbeiters. Nach der Volksschule als Schiffsjunge zur See, später Fischer und Binnenschiffer, dann Matrose. 1907 Mitglied der SPD. Während des Krieges kam er zur Marine, aktiver Teilnehmer des Matrosen- aufstandes 1918 in Kiel. Nach Beendigung des Krieges wieder als Schiffer tätig. 1919 Mitglied der KPD, 1922 Parteisekretär der KPD in Bielefeld, An- hänger des linken Flügels der Partei. 1924 Polleiter in Niedersachsen und Abgeordne- ter des Reichstags, dem er bis 1928 ange- hörte. Anfang 1925 schloß sich Neddermeyer den Ultralinken an, er wurde nach Kassel ver- setzt. Zusammen mit den ultralinken Reichs- tagsabgeordneten Rosenberg, Scholem, Korsch, Neubauer, Schwarz und Bohla pro- testierte er im April 1926 gegen den Partei- ausschluß von Katz. Ebenso wie Neubauer trennte er sich Ende 1926 von den Ultra- linken und schwenkte zu Thälmann über. Nach Berlin geholt und für die Landarbeit abgestellt. Von Oktober 1927 bis Februar 1928 wieder Polleiter in Hessen-Kassel. 1928 in den preußischen Landtag gewählt, dessen Abgeordneter er bis 1933 blieb. 1929 Leiter der Abt. Land in der BL Ostpreußen. 1931 Vorsitzender des »Einheitsverbandes der Land- und Forstarbeiter«, einer Glie- derung der RGO. 1933 Emigration nach Prag. Im Sommer 1933 zur illegalen Arbeit nach Deutschland zurückgesandt, Instrukteur in Mecklenburg, Schlesien und im Rheinland. Im Oktober 1933 verhaftet, zu zwei Jahren Gefängnis verurteilt, anschließend bis 1936 im KZ Esterwegen und Sachsenhausen. Nach der Freilassung als Geflügelzüchter tätig. Wegen illegaler Arbeit für die KPD 1944 erneut verhaftet; hohe Zuchthausstrafe. 1945 aus dem Zuchthaus Brandenburg be- freit, schloß sich Neddermeyer wieder der KPD an. Im August 1945 Oberlandrat in Bernau-Liebenwalde. 1946 Mitglied der SED und Landesbauernführer in Branden- burg. 1947 für den VdgB Landtagsabgeord- neter in Brandenburg. Ab Dezember 1948 Vorsitzender des VdgB in Brandenburg, dann im Bezirk Potsdam. Seit 1965 Partei- veteran, mit mehreren Auszeichnungen, dar- unter dem »Karl-Marx-Orden« geehrt. Neddermeyer starb nach längerer Krankheit am 18. Oktober 1965 in Ost-Berlin. NEUBAUER, Theodor, Dr. phil. (1890 bis 1945) Als Sohn eines Gutsinspektors am 12. De- zember 1890 in Ernschwert a. d. Werra geboren. 1900 übersiedelte die Familie nach Erfurt. Hier besuchte er von 1901 bis 1910 mit seinen drei Geschwistern das Gymna- sium. Der Vater war kaisertreuer Nationa- list und auch Thedor Neubauer wurde früh zum Nationalismus erzogen. 1910 legte er die Reifeprüfung ab und stu- dierte von 1910 bis 1913 in Brüssel, Jena und Berlin Geschichte und neuere Sprachen. Mit der Dissertation »Die sozialen und wirtschaftlichen Verhältnisse der Stadt Er- furt vor der Reformation« erwarb er im Sommersemester 1913 den philosophischen Doktorgrad. Das Gesamtergebnis der Prü- fung wurde mit »sehr gut« beurteilt. Im 232 Neubauer November 1913 wurde ihm die Befähigung für das Lehramt an höheren Schulen zu- erkannt. Neubauer, damals Nationalliberaler, mel- dete sich 1914 freiwillig als Soldat und kam an die Ostfront, 1915 Leutnant. Nach einer Gasvergiftung an der Westfront, in die Heimat entlassen, schied er 1917 als Leutnant aus dem Militär. Anhänger der Deutschen Vaterlandspartei. Er leistete sein Seminarjahr ab, anschließend wissenschaft- licher Hilfslehrer am Lyzeum in Erfurt. Im Dezember 1918 Mitglied der Deutschen Demokratischen Partei und in deren Erfur- ter Vorstand gewählt. Er rückte rasch nach links und schloß sich im Spätsommer 1919 der USPD an. Nach Verlust seines Lehrer- postens in Erfurt übersiedelte er nach Ruhla, wo er im Dezember 1920 mit der linken USP zur KPD stieß. Lehrer in Ruhla. Im September 1921 für die KPD in den Thü- ringer Landtag gewählt. Am 1. Oktober 1922 Anstellung als Studienrat am Real- gymnasium in Weimar. Im Oktober 1923, bei Bildung der sozialde- mokratisch-kommunistischen Regierung in Thüringen, wurde Neubauer Staatsrat. Nach der Oktoberniederlage polizeilich gesucht, flüchtete er ins Rheinland. Unter dem Pseudonym »Lorenz« hauptamtlicher Par- teisekretär, stand auf dem linken Flügel der KPD. Mitte 1924 Chefredakteur der Düs- seldorfer »Freiheit«. Im August 1924 legte er sein Thüringer Landtagsmandat nieder, im Dezember 1924 zog er in den Reichstag ein. Anfang 1925 löste er Schwan als Pol- leiter des Ruhrgebiets ab, wurde aber im Juni selbst wieder abgesetzt, da er sich den Ultralinken angeschlossen hatte. Als Mit- arbeiter an den Pressedienst nach Berlin ge- holt, weiterhin aktiver Ultralinker. Im Januar 1926 unterschrieb Neubauer ge- meinsam mit den übrigen ultralinken Reichs- tagsabgeordneten einen Protest gegen das Verhalten des ZK im Falle Katz. Mitte 1926 schwenkte er von den Ultralinken zur Parteimehrheit über und wurde im Juni 1926 wieder Chefredakteur der »Freiheit« in Düsseldorf; Januar bis März 1927 Pol- leiter des KPD-Bezirks Niederrhein. Hier bekämpfte er die linke Opposition beson- ders scharf. Dann bis 1929 Chefredakteur der »Freiheit« Auch 1928 in den Reichs- tag gewählt, dem er bis 1933 angehörte. 1930 berief man Neubauer als Mitarbeiter des ZK nach Berlin, er war vor allem für außenpolitische Fragen verantwortlich, vor- übergehend auch für Sozialpolitik. Neu- bauer publizierte (neben zahlreichen Auf- sätzen) 1932 das Buch »Deutsche Außen- politik heute und morgen«, er schrieb aber auch etwa 150 Gedichte. 1933 arbeitete Neubauer illegal als »Krü- ger« in Berlin. Am 3. August verhaftet und in verschiedenen KZs festgehalten. Im Oktober 1933 Zeuge im Reichstagsbrand- prozeß, verteidigte er seine kommunistische Überzeugung. Am 11. März 1939 aus dem KZ Buchenwald entlassen, siedelte er sich in Thüringen (Tabarz) an und hatte bald wieder Kontakt zu kommunistischen Krei- sen. Zusammen mit Magnus Poser, einem jüngeren Kommunisten (geb. 1907) schuf er in Thüringen eine illegale kommunistische Gruppe (Neubauer-Poser-Gruppe). Beruf- lich als Lagerhalter im Opeldienst tätig. Ein Sohn Neubauers fiel 1940 als Soldat in Frankreich. Bis zum Herbst 1943 baute er die illegale KPD-Gruppe auf. Dann dehnte sich diese Widerstandsgruppe aus und be- kam Verbindung zu anderen kommunisti- schen Zellen. Anfang Juli 1944 hatte Neu- bauer noch an einem illegalen Treffen in Leipzig teilgenommen, am 14. Juli 1944 wurde er verhaftet, nach Berlin gebracht und am 8. Januar 1945 zum Tode verurteilt. Neubauer wurde am 5. Februar 1945 im Zuchthaus Brandenburg hingerichtet. Sein letzter Brief lautete:               »5. 2. 1945 »Liebste Frau! Geliebte Tochter! Liebe Anna! Euch alle drei grüße ich jetzt zum letzten Mal. Ich sterbe mit festem Herzen - selbst- verständlich. Allen Lieben die herzlichsten Grüße. In inniger Liebe                            Euer Theo« Neumann, Friedrich/Neumann, Heinz 233 NEUMANN, Friedrich, Dr. phil. (1900 bis 1925) Neumann entstammte einer kleinbürger- lichen Familie. Während des Krieges war er für die Spartakusgruppe aktiv und trat als Student 1919 der Freien Sozialistischen Jugend und 1920 der KPD bei. Studierte in Berlin, wo er auch zum Dr. phil. promo- vierte. Seit 1921 gehörte er zum linken Flügel der Partei. In der Berliner Partei- organisation übte er verschiedene Funktio- nen aus, 1923 in den Berliner Zentralvor- stand gewählt. 1922/23 städtischer Jugend- pfleger, dann als Kommunist gemaßregelt. Nach dem Sieg der Linken in der Partei hauptamtlicher KPD-Funktionär. Delegier- ter des IX. Parteitags 1924. Leiter des KPD-Pressedienstes in Berlin, dann im De- zember 1924 Chefredakteur des »Echo des Ostens«, der KPD-Zeitung in Königsberg. Zugleich einige Monate Polleiter des KPD- Bezirks Ostpreußen. Neumann war trotz seiner Jugend bereits ein wichtiger Partei- führer. Bei einem Eisenbahnunglück im polnischen Korridor kam er am 2. Mai 1925 ums Le- ben. Zu seinem Gedenken erschien auf der ersten Seite der »Roten Fahne« und ande- rer Parteizeitungen ein Nachruf. NEUMANN, Hedwig (geb. 1890) Am 13. Juli 1890 in Berlin geboren. Nach dem Kriege Mitglied der KPD, übernahm verschiedene ehrenamtliche Funktionen. Als Betriebsarbeiterin tätig und vor allem in der Gewerkschaftsbewegung für die KPD aktiv. Seit 1925 kandidierte Frau Neumann bei den Wahlen im Metallarbeiterverband für die Liste der Kommunisten. Sie war im Betriebsrat der Firma Lorenz. Als aktive Funktionärin 1928 in den preußischen Land- tag gewählt, dem sie bis 1932 angehörte. Später trat sie politisch nicht mehr hervor. Sie lebte 1969 in West-Berlin und soll seit 1946 in der SED organisiert sein. NEUMANN, Heinz (1902-1937?) Am 6. Juli 1902 in Berlin geboren, ent- stammte einem bürgerlichen Elternhaus. Be- suchte in Berlin das Gymnasium, studierte nach der Reifeprüfung Philologie. In dieser Zeit kam er erstmals mit dem Kommunis- mus in Berührung. Neumann, durch einen unstillbaren Drang nach Aktivität gekenn- zeichnet, wurde vom damaligen General- sekretär der KPD Ernst Reuter (Friesland) 1920 in die KPD auf genommen und von August Thalheimer gefördert. 1921 arbeitete Heinz Neumann für die KPD-Presse, schrieb Leitartikel und war Mitarbeiter des Pressebüros. Er gab 1922 seine Studien auf und wurde hautpamt- licher Parteifunktionär, zunächst Redakteur an der »Roten Fahne«. 1922 wegen illegaler Tätigkeit 1/2 Jahr im Gefängnis, lernte in dieser Zeit Russisch. Als er im gleichen Jahr eine Delegation nach Sowjetrußland beglei- tete, war er der einzige, der Russisch sprach. Das verschaffte ihm Zugang zu den führen- den russischen Kommunisten, die nun auf den beweglichen Intellektuellen aufmerksam wurden. Schon damals scheint Neumann auch als einer der ersten deutschen Kommu- nisten Beziehungen zu Stalin, der 1922 Ge- neralsekretär der russischen KP geworden war, aufgenommen und sich diesem ange- schlossen zu haben. Nach Deutschland zurückgekehrt, gehörte Heinz Neumann zur linken Opposition un- Ruth Fischer. Delegierter des VIII. Partei- tags 1923. Gemeinsam mit Ewert, Eisler und Pfeiffer trennte er sich im April 1923 von der linken Opposition und nahm eine ver- mittelnde Haltung ein. Aktiv an den Vor- bereitungen des Oktober 1923 beteiligt. Kurze Zeit arbeitete er im Z-Apparat (Zer- setzung). Anfang 1924 für die Mittelgruppe Polleiter in Mecklenburg. Nachdem die Linke im April 1924 die Führung übernahm, wurde Neumann etwas in den Hintergrund ge- drängt. 1924 lebte er illegal. Er war aus dem Gefängnis entflohen und wurde poli- zeilich gesucht. Im »Tscheka-Prozeß« be- 234 Neumann, Heinz lastete ihn ein Zeuge. Deshalb ging er zu- nächst nach Wien. Dort verhaftet und ab- geschoben, emigrierte er nach Moskau. Nach der Ablösung von Katz als Vertreter der KPD bei der Komintern (1925) trat Neumann dessen Nachfolge an und war einer der aktivsten Streiter für die Bolsche- wisierung der KPD und gegen die linke Opposition. Damals entstanden u. a. seine Broschüren: »Was ist Bolschewisierung?« (Oktober 1924) und »Der ultralinke Men- schewismus« (1925). Im Juni 1925 wurde er als »Gutachter« im Moskauer Prozeß gegen Kindermann und andere Deutsche hinzugezogen. Immer deutlicher vertrat der umstrittene Neumann die Politik Stalins in Deutsch- land. Von seiner wichtigen Position in Mos- kau aus wirkte er maßgebend auf die KPD- Politik ein (vgl. Brief, Bd. 1, S. 416 f.). Der XI. Parteitag 1927 wählte ihn als Kandidat ins ZK der KPD. Ende 1927 hatte die Stalinsche Politik in China Bankrott erlitten. Während des XV. Parteitags der KPdSU (2. bis 19. Dezember 1927) versuchte Stalin durch ein Fanal in China die Dinge zu seinen Gunsten zu be- einflussen. Neumann und der führende KPdSU-Funktionär Lominadse, ein persön- licher Freund Neumanns, wurden nach China entsandt. Sie organisierten den Kan- toner Aufstand, der am 11. Dezember 1927 ausbrach und in einem dreitägigen blutigen Kampf zur Vernichtung der dortigen Kom- munisten führte. Neumann, seit dieser von Stalin gewünschten Aktion von seinen Geg- nern »Henker von Kanton« genannt, konnte entkommen. Er wurde 1928 von Stalin wieder nach Deutschland geschickt. Nach der Diskussion des ZK der KPD über die Wittorf-Affäre, setzte sich Neumann sehr stark für Thälmann ein. Als Stalin zu Thälmanns Gunsten eingriff, gelangte Neu- mann auf den Höhepunkt seiner Macht: Er kam ins Politsekretariat, damit wurde der 26jährige neben Thälmann und Remmele zum entscheidenden Führer der deutschen KP, er galt als ihr Theoretiker. Neumann übernahm die Chefredaktion der »Roten Fahne«, er wurde auf dem XII. Parteitag 1929 ins ZK und als Kandidat ins Polbüro gewählt und zog 1930 auch als Abgeordneter in den Reichstag ein. Der von der Komintern geforderte ultralinke Kurs der KPD wurde gerade durch den Drauf- gänger Neumann forciert. 1930 gab er die Parole aus: »Schlagt die Faschisten, wo ihr sie trefft!«, zugleich war er aber auch für einen verschärften Kampf gegen die »So- zialfaschisten« (d. h. die Sozialdemokra- ten), besonders aber gegen alle innerpartei- lichen Abweichungen. Als Sprachrohr Stalins hatte Neumann bei dieser Politik das ganze Politbüro hinter sich. Bei der Frage, wie der Kampf gegen den Faschismus geführt werden solle, geriet er 1931 in einen gewissen Gegensatz nicht nur zu Thälmann, sondern auch zu Stalin. (Stalin soll Ende 1931 zu Neumann gesagt haben: »Glauben Sie nicht auch, daß, falls in Deutschland die Nationalisten zur Macht kommen sollten, sie so ausschließlich mit dem Westen beschäftigt sein würden, daß wir in Ruhe den Sozialismus aufbauen könnten?«) Durch Fraktionskampf und Doppelzüngigkeit versuchte Neumann seine Position auszubauen, unterlag aber und wurde Anfang April 1932 seiner Funktio- nen in Deutschland enthoben und nach Mos- kau versetzt. Im Juli 1932 nochmals in den Reichstag gewählt, im Oktober des gleichen Jahres auf der III. Parteikonferenz der KPD auch offiziell verdammt und aller Funktionen enthoben, dann zur Kominterndelegation nach Spanien geschickt. Im November 1933 geriet ein Brief Neu- manns an Remmele, in dem er diesen auf- forderte, den Fraktionskampf fortzuführen, in die Hände der Parteiführung; das be- deutete das Ende von Neumanns politi- scher Karriere. Im Januar 1934 mußte er Selbstkritik üben: »Der gesamte Fraktions- kampf, den ich im Jahre 1932 und bis zum März 1933 gegen das ZK der KPD geführt habe, war von Anfang bis Ende eine Kette Neumann, Heinz/Nischwitz, Margarete 235 von schweren Fehlern und Vergehen gegen die Linie und die Disziplin unserer Partei.« Seinen Brief an Remmele vom März 1933, in dem er Remmele aufgefordert hatte, er solle »Karl Liebknecht sein« (also gegen die Mehrheit kämpfen), nannte Neumann nun einen »parteischädigenden Appell«. Er mußte nach Zürich. Dort wurde er Ende 1934 von der Schweizer Fremdenpolizei verhaftet. Nur mit Mühe konnte er einer Auslieferung nach Deutschland entgehen. Er saß ein halbes Jahr als Auslieferungs- Gefangener im Schweizer Zuchthaus Regens- dorf und da keiner der umliegenden demo- kratischen Staaten den »berüchtigten Kom- munisten Neumann« aufnehmen wollte, bot ihm die Sowjetunion Asyl an. Er wurde im Juni 1935 in Le Havre an Bord des sowjetischen Frachters »Wolga- less« gebracht. Er lebte fast zwei Jahre gemeinsam mit seiner Frau Margarete Bu- ber-Neumann in Moskau. Am 27. April 1937 verhaftete ihn die NKWD, seitdem ist er spurlos verschwunden. Seine Frau hat in den Büchern »Als Gefan- gene bei Stalin und Hitler«, »Von Potsdam nach Moskau« und »Schauplätze der Welt- revolution« ihr und Heinz Neumanns Schicksal beschrieben. Sie lebte 1969 (von der NKWD seinerzeit an die Gestapo aus- geliefert und nach dem sowjetischen auch im deutschen Gefängnis inhaftiert) in der Bundesrepublik. NIEDERKIRCHNER, Michael (1882 bis 1949) Als Sohn eines Steinhauers am 3. September 1882 in Budapest geboren, schloß sich 1903 der ungarischen Sozialdemokratie an. 1905 Übersiedlung nach Berlin, Mitglied der SPD. Während des Krieges Übertritt zur USPD, mit deren linkem Flügel 1920 zur KPD. Seit 1920 Branchenleiter der Berliner Rohr- legergewerkschaft und deren Sekretär. 1921 tendierte er zu den rechten Kommunisten und unterschrieb einen Protest gegen den Ausschluß der KAG-Gruppe. Mitglied der Bezirksleitung Berlin, 1927 Mitglied des ZK. 1929 als Leiter des Berliner Rohrlegerstreiks populär geworden, aber wegen des wilden Streiks aus der Gewerkschaft ausgeschlos- sen. Auf dem Weddinger Parteitag 1929 wieder ins ZK gewählt. Bis 1933 führend in der RGO tätig. 1933 verhaftet, über ein Jahr lang im KZ, dann als lästiger Ausländer (Niederkirchner hatte noch immer seine ungarische Staats- angehörigkeit) aus Deutschland abgescho- ben. Er emigrierte in die Sowjetuntion, wo er verschiedene Funktionen ausübte. Seine Tochter Katja wurde während des Krieges in der Sowjetunion als Fallschirm- springerin ausgebildet. Sie sprang über Deutschland ab, wurde verhaftet und am 27. September 1944 in Ravensbrück erschos- sen. Niederkirchner selbst kam 1945 nach Berlin zurück, er unterschrieb als ZK-Mitglied den 1. Aufruf der KPD vom Juni 1945. Als Mitglied der SED in der Zonenleitung der IG Metall des FDGB tätig. Leiter der Schu- lungsarbeit des FDGB. Michael Nieder- kirchner starb am 19. August 1949. Seine Frau Helene lebte als Parteiveteranin in Ost-Berlin, wo sie am 2. Juni 1967 starb. NISCHWITZ, Margarete (geb. 1891) Margarete Stock wurde am 17. Oktober 1891 in Sachsen geboren. Nach der Schul- entlassung arbeitete sie in verschiedenen Textilbetrieben und schloß sich 1919 der USPD an, mit deren Linken sie 1920 zur KPD ging. Sie übte verschiedene Funktio- nen aus, heiratete den Arbeiter Paul Nisch- witz (s. d.) und wurde 1925 Vorsitzende des »Roten Frauen und Mädchenbundes« (RFMB) in Sachsen. Delegierte des VI. Weltkongreß der Komintern 1928. Sie sprach auf diesem Kongreß zur Frauen- frage. 1928 Kandidat zur Reichstagswahl, jedoch nicht gewählt. 1929 zog sie in den sächsischen Landtag ein, sie kandidierte auch 1930 wieder (an 236     Nischwitz, Margarete/Norden dritter Stelle) und wurde erneut gewählt. Nach 1933 mehrmals inhaftiert, schloß sie sich 1945 wieder der KPD, dann der SED an, sie übte aber nur noch untergeordnete Funktionen aus. 1968 erhielt sie den »Vater- ländischen Verdienstorden« in Silber, sie lebte als Parteiveteranin in Berlin-Frohnau. NISCHWITZ, Paul Alexander (geb. 1891) Am 2. August 1891 in Chemnitz geboren, nach Beendigung der Volksschule Arbeiter in verschiedenen Textil- und Metallbetrie- ben. Im Krieg Soldat. 1918 Mitglied der USPD. Bei Gründung der KPD 1919 in Chemnitz Mitglied der Partei. Bis 1927 übte Nischwitz verschiedene ehren- amtliche Funktionen aus. 1928 hauptamt- licher Parteisekretär. Ende 1928 besuchte er einen Halbjahreslehrgang der Leninschule in Moskau, nach seiner Rückkehr übernahm er Mitte 1929 einige Monate die Funktion eines Orgleiters in Westsachsen. Nischwitz kam als Unterbezirks-Sekretär nach Zwickau. Einen Tag vor der Land- tagswahl im Mai 1930 trat er aus der KPD aus und zur SPD über. Weitere Daten sei- nes Lebenslaufs ließen sich nicht in Erfah- rung bringen. NOLL, Alfred (geb. 1896) Geboren am 19. April 1896 in Thüringen, lernte Glaser und arbeitete bei Schott in Jena. Später legte er in diesem Beruf die Meisterprüfung ab. Während des Krieges Soldat. 1918 Mitglied der USPD, mit der linken USP zur KPD. Er arbeitete bei Schott - war dort Betriebsrat bis 1921 - später bei Zeiss in Jena. Im Winter 1921/22 nahm Noll an der ersten Reichsparteischule der KPD teil. Er übte (ehrenamtliche) Funk- tionen im Kreis Jena und in Thüringen aus, sowohl in der Partei als auch im RFB, war besonders aktiv in der Naturfreunde- bewegung. Auf dem Essener Parteitag 1927 (als Be- triebsarbeiter) zum Kandidaten des ZK ge- wählt, ebenso auf dem Weddinger Parteitag 1929. Während der Auseinandersetzungen 1928/29 zwischen Rechten und ZK-Anhän- gern gehörte Noll zu den ZK-treuen. An- fang 1929 Orgleiter des Bezirks Thüringen. Er behielt diese Funktion bis Anfang 1930. Dann entließ ihn der Polleiter Duddins, er wurde Sekretär des kommunistischen Frei- denkerverbandes. 1933 wurde er verhaftet, es wurde das Gerücht verbreitet, Noll sei ermordet wor- den. Tatsächlich kam er jedoch wieder frei und arbeitete in Jena. Nach 1945 schloß er sich der KPD bzw. SED an, übte in Thüringen verschiedene Funktionen aus, u. a. im FDGB. 1969 lebte er als Parteiveteran in Erfurt. NORDEN, Albert (geb. 1904) Als Sohn des Rabbiners Dr. Joseph Norden am 4. Dezember 1904 in Myslowitz (Kreis Kattowitz) geboren. Verlebte seine Jugend in Elberfeld, wohin sein Vater als Ge- meinderabbiner gegangen war. Besuchte von 1911 bis 1920 das Realgymnasium in Elber- feld. 1919 Mitglied der Freien Sozialisti- schen Jugend und 1921 der KPD. 1921 Herausgeber der »Rundbriefe der radikal- sozialistischen jüdischen Jugend«. 1921 begann Norden eine Schreinerlehre. 1923 trat er (nach dem Besuch der KPD- Parteischule in Jena) als Volontär bei der KPD-Zeitung »Freiheit« in Düsseldorf ein. 1923/24 ein halbes Jahr inhaftiert. Danach stellvertretender Chefredakteur des »Klas- senkampf« in Halle. Im Juni 1925 Redak- teur der »Hamburger Volkszeitung«, für die er im Frühjahr 1926 verantwortlich zeichnete, bis 1928 stellvertretender Chef- redakteur der »HVZ«. Norden gehörte (als »Konny« in der Partei tätig) zu den Ultralinken, trennte sich aber 1926 von ihnen. 1926 wieder kurze Zeit inhaftiert, reiste er im gleichen Jahr mit der dritten Arbeiter- delegation in die Sowjetunion. 1928 kam Norden als politischer Redakteur an die »Rote Fahne« nach Berlin. Im Juli 1929 verhaftet, im Prozeß aber freigesprochen. Im Juni 1930 löste er Abusch als Chef- redakteur des »Ruhr-Echo« in Essen ab. Im April 1931 wieder zur »Roten Fahne« zu- rück, bis 1932 stellvertretender Chefredak- teur der »Roten Fahne«. Als Anhänger Neumanns 1932 gemaßregelt. 1933 emigrierte Norden, zuerst Redakteur der »Rundschau« in Basel, dann in Frank- reich Redakteur der KP-Zeitung »Welt- front«. 1935/37 Redakteur in Prag, dann wieder nach Frankreich. Nordens Eltern, die in Hamburg wohnten, kamen als Opfer Hitlers im KZ ums Leben, er selbst wurde im Juli 1938 ausgebürgert. 1939/40 in Frankreich interniert, entkam er 1941 in die USA. Betriebsarbeiter in New York, Mitglied des »Rates für ein demokratisches Deutschland« und Heraus- geber des Bulletins »Germany Today«. 1946 nach Deutschland zurückgekehrt, Mit- glied der SED. Bis 1947 Pressechef der Deutschen Wirtschaftskommission, 1948 Chefredakteur der Zeitschrift »Deutsch- lands Stimme« und 1949 bis 1952 Leiter der Presseabteilung im »Amt für Informa- tion« bei Eisler. 1951 Verleihung des Na- tionalpreises, Ernennung zum Professor. In den Jahren 1952/53 als Westemigrant und Jude sowie früherer Abweichler gefährdet und in den Hintergrund gedrängt, machte erst nach 1954 wieder Karriere. Er wurde Sekretär des Ausschusses für deutsche Ein- heit. Im April 1955 ins ZK der SED ko- optiert, Sekretär des ZK der SED. Seit dem V. Parteitag der SED 1958 Mit- glied des ZK und des Politbüros sowie des Sekretariats der SED und Abgeordneter der Volkskammer, gehört er 1969 zu den Spit- zenführern der Partei und ist für die Agita- tion der SED verantwortlich. Norden ver- öffentlichte zahlreiche Bücher und Broschü- ren, u. a. »Um die deutsche Nation« (1952), »Zwischen Berlin und Moskau« (1954), »Die spanische Tragödie«, »Fälscher« (1959). Eine zweibändige Auswahl seiner Norden/Obendiek 237 Schriften »Die Nation und wir« erschien 1964. Norden erhielt auch mehrere Auszeichnun- gen, darunter den »Vaterländischen Ver- dienstorden« in Gold. OBENDIEK, Wilhelm (1885-1955) Am 3. Mai 1885 in Lage geboren, Sohn eines Bahnarbeiters, lernte Zigarrenmacher; Über- siedlung nach Stettin. 1910 Mitglied der SPD, während des Krieges Übertritt zur USPD, Delegierter des Spaltungsparteitags 1920, mit deren linkem Flügel Ende 1920 zur KPD. Seit 1919 USPD-Abgeordneter im Provin- ziallandtag von Pommern. In der KPD ge- hörte er zur linken Fraktion. Auf dem Jenaer Parteitag 1921 für Pommern in den ZA berufen. 1924 Polleiter des KPD-Be- zirks Pommern und im Mai sowie im De- zember des gleichen Jahres als Reichstags- abgeordneter gewählt. 1925 trat er von der Funktion als Polleiter zurück, war aber weiterhin Sekretär der KPD. Anhänger der linken Opposition. Im März 1927 protestierte er gegen den Aus- schluß von Grylewicz, Schlecht u. a. und im August opponierte er zusammen mit Vier- rath und Bohla gegen den Ausschluß von Kenzler und Ritter und bekam dafür eine Parteirüge. Doch während Vierrath und Bohla die KPD verließen, blieb Obendiek in der Partei. Er ging nicht zu den linken Kommunisten, obwohl diese darauf gehofft hatten, denn mit Hilfe seines Mandates hätten sie im Reichstag Fraktionsstärke erlangt. Anfang 1928 brach Obendiek seine Bezie- hungen zur linken Opposition ab, verurteilte sie und wurde daraufhin für die KPD 1928 in den preußischen Landtag gewählt. Im Oktober 1929 trat er doch aus der KPD aus, blieb fraktionslos. Später Mitglied der SPD. 1933 kurze Zeit inhaftiert. Nach der Ent- lassung führte er sein Zigarrengeschäft wei- ter, das er schon vor 1933 eröffnet hatte. 238 Obendiek/Obuch Obendiek trat 1945 in Mecklenburg wieder der SPD bei und kam durch die Vereinigung in die SED. 1947 übersiedelte er nach Schierke (Harz), wo er als Gemeindevor- steher und ab 1948 als Bürgermeister fun- gierte. Er arbeitete eng mit dem SSD zu- sammen und war für Regierungsmitglieder verantwortlich, wenn diese ihren Urlaub in Schierke verbrachten. Bis 1952 Bürger- meister, dann Parteiveteran. Obendiek starb Anfang Januar 1955 in Schierke (Harz). OBERDÖRSTER, Ernst (geb. 1888) Am 6. April 1888 in Leichlingen geboren, lernte Lackierer. 1909 Mitglied der SPD. Kriegsteilnehmer. 1918 Übertritt zur USPD und mit deren linkem Flügel 1920 zur KPD. 1921 Delegierter des Jenaer Parteitags. In den Jahren 1920 bis 1922 Sekretär der Freien Gewerkschaften in Solingen. Als Kommunist entlassen, arbeitete er dann als Lackierer bei der Reichsbahn in Opladen. Mitte 1923 als hauptamtlicher KPD-Funk- tionär Orgleiter im Bezirk Niederrhein. Oberdörster gehörte zur Mittelgruppe, blieb aber auch 1924 in seiner Funktion. Er schloß sich dann den Linken an. Delegierter des X. Parteitags 1925. Bis 1926 Orgleiter für den Bezirk Niederrhein in Düsseldorf. 1927 besuchte er die Lenin-Schule in Mos- kau. Nach seiner Rückkehr zog er 1928 als Abgeordneter in den preußischen Landtag ein. Sekretär in Düsseldorf, ab 1929 Mit- arbeiter des ZK (Sozialpolitische Abteilung) in Berlin, wo er bis 1933 blieb. 1932 nicht mehr in den Landtag gewählt. Oberdörster wurde am 28. Februar 1933 verhaftet, blieb bis zum 1. September 1934 im KZ und war dann bis 1937 erwerbslos. 1937 erneut festgenommen, wurde er bald wieder freigelassen, da nach einer Anwei- sung der Berliner an die Düsseldorfer Ge- stapo nichts gegen ihn unternommen werden sollte (»Die Stapo Berlin ist über O. ge- nauestens unterrichtet«). 1945 trat Oberdörster in Berlin der KPD und dann der SED bei. 1945/46 Referent im ZK der KPD bzw. SED für Ernährungs- fragen. Anschließend in der Konsumgenos- senschaft beschäftigt. In den fünfziger Jah- ren Referent im VEB Lebensmittelimport. Politische Bedeutung erlangte er nicht mehr; 1968 lebte er als Parteiveteran in Ost- Berlin. OBUCH, Gerhard (1884-1960) Als Sohn eines Justizrates und einer adligen Mutter am 14. März 1884 in Lauenburg (Pommern) geboren, besuchte das humani- stische Gymnasium und studierte an den Universitäten Königsberg, Berlin und Leip- zig Jura und Sozialwissenschaften. 1906 Mitglied der SPD. Nachdem er die große juristische Staatsprüfung abgelegt hatte, ließ er sich 1912 als Rechtsanwalt in Düsseldorf nieder. 1914 Heirat und Über- siedlung nach Berlin. Als Gegner der Kriegs- kreditbewilligung geriet er in Opposition zur SPD und schloß sich 1917 der USPD an. Während des Krieges arbeitete Obuch ein Jahr lang bei der deutschen Verwaltung Ober-Ost. Nach der Revolution 1918 Mitglied des Reichsausschusses des zentralen Vollzugs- rates der A.- und S.-Räte in Berlin. Im Januar 1919 für die USP in die preußische Landesversammlung gewählt. Auf dem USP-Parteitag im März 1919 Vertreter und Sprecher des linken Flügels, Vertrauter Le- debours. 1921 Abgeordneter des preußischen Landtags, dem er ununterbrochen bis 1933 angehörte. Bei der Spaltung der USPD blieb Obuch zunächst - als Gegner des Anschlusses an die Komintern - bei der USP. Als sich die USP 1922 mit der SPD verschmolz, stemmte er sich gemeinsam mit Ledebour gegen diese Vereinigung. Obuch trat 1922 zur KPD über. Nach 1923 aktiv in der »Roten Hilfe« tätig. Zusammen mit seinem Associé Dr. Horstmann (der nach 1933 in die Sowjet- union emigrierte und dort Opfer der Stalin- schen Säuberung wurde) machte er sich vor Obuch/Olbrysch 239 allem als Verteidiger kommunistischer An- geklagter einen Namen. 1933 verhaftet und bis Ende 1933 im KZ Sonneburg. Weihnachten 1933 entlassen, mußte er als Afü-Empfänger im Straßen- bau arbeiten. 1935 konnte er in einem Um- schulungskurs Buchhaltung lernen und ab 1936 als Buchhalter tätig sein. In den NS- Juristenbund wurde er nicht aufgenommen, so daß er nicht mehr als Rechtsanwalt prak- tizieren konnte. 1938 hatte sein Bemühen, Rechtsberater in der Industrie zu werden Erfolg. Politisch trat er nicht mehr hervor. Nadi 1945 lebte er in Westdeutschland, war politisch nicht mehr aktiv. Obuch starb am 17. Februar 1960 in Rauenthai (Rheingau). OELSSNER, Alfred (1879-1962) Am 30. August 1879 in Greiz geboren, lernte Buchbinder. Januar 1902 Eintritt in die SPD. 1910 Expedient, dann hauptamt- licher Sekretär der SPD in Weißenfels. 1917 Übertritt zur USPD, Sekretär der USPD in Weißenfels-Naumburg-Zeitz. In der Revo- lution 1918 Vorsitzender des Arbeiter- und Soldatenrates in Weißenfels. 1920 Delegier- ter des Spaltungsparteitags, ging er mit der linken USP zur KPD. KPD-Sekretär im Bezirk Halle-Merseburg. Nadi der Märzaktion 1921 polizeilich ge- sucht, deshalb nach Schlesien verzogen, Se- kretär der KPD in Schlesien. Auf dem VIII. Parteitag 1923 in die Beschwerde- und Org- kommission und für Schlesien in den ZA gewählt. Ende 1923 zu fünf Jahren Zuchthaus ver- urteilt, 1927 vorzeitig entlassen. In der Orgabteilung des ZK tätig, aktiv am Kampf gegen die linke Opposition betei- ligt. Der XI. Parteitag 1927 wählte ihn wieder in die Beschwerdekommission. 1928 Bundeskassierer des RFB, später des Anti- faschistischen Kampfbundes. 1932 Leiter des Versandhauses »Arbeiterkult« und der »Proletarischen Schallplattenzentrale« in Berlin. Nadi 1933 illegal für die KPD tätig, zog er sich im Laufe der Jahre von der Arbeit zurück, wurde aber mehrere Male kurz in- haftiert. 1945 trat Oelßner wieder der KPD und dann der SED bei und wurde Hauptkas- sierer der SED. Auf dem III. Parteitag der SED 1950 in die Zentrale Revisionskom- mission gewählt. In seinen letzten Lebens- jahren war er Parteiveteran, er starb am 13. Juni 1962. Sein Sohn Fred Oelßner (geb. am 27. Fe- bruar 1903 in Leipzig) war eine Zeitlang Chefideologe der SED, Mitglied des Polit- büros, bis er 1957 zusammen mit der Gruppe Schirdewan-Wollweber abgesetzt wurde. OLBRYSCH, Karl, (1902-1940) Geboren am 24. November 1902 in Essen- Katernberg. Entstammte einer Arbeiter- familie, wurde streng religiös erzogen und war nach der Schulentlassung als Bergmann beschäftigt. 1921 Mitglied der KPD, aktiver Funktionär. 1925 hauptamtlicher Sekretär der »Roten Jungfront« in Berlin. 1926 Vorsitzender der »Roten Jungfront«. 1927 Mitglied der KPD-Bezirksleitung Berlin-Brandenburg und Gauführer des RFB in Berlin. Delegier- ter des XL KPD-Parteitags. 1928 Sekretär der Reichsleitung des RFB. Mitglied der deutschen Delegation zum VI. Weltkongreß der Komintern in Moskau 1928. In Wien half er 1928 beim Aufbau des RFB für Österreich, wurde aber ausgewiesen. Ende 1928 besuchte Olbrysch für ein halbes Jahr einen Führerkurs in Moskau. Nach seiner Rückkehr übernahm er Mitte 1929 nochmals die Leitung der (illegalen) »Roten Jungfront« und wurde im gleichen Jahr auch Stadtverordneter in Berlin. Ab 1930 wieder Sekretär des RFB in Berlin. Er verlangte gemeinsam mit Jendretzky eine Untersuchung gegen den RFB-Führer Leow, da die Gerüchte über dessen finan- zielle Verfehlungen nicht verstummten. Da- raufhin wurde Olbrysch vom RFB zur KPD versetzt, zunächst Sekretär in Hamburg. 240     Olbrysch/Opitz 1931 mußte er für drei Monate ins Ge- fängnis. Im Juli 1932 zog er in den Reichs- tag ein, dem er bis 1933 angehörte. Er über- nahm als Nachfolger von Kuntz (der als Anhänger der Neumann-Gruppe abgesetzt worden war) Mitte 1932 die Orgleitung des Bezirks Berlin und kam Anfang 1933 in den ZK-Apparat. Im Juni 1933 dieser Funktion enthoben, weil angeblich Gehalts- gelder verschwunden waren. Im Juni 1933 verhaftet, nach Angaben des »Völkischen Beobachter« legte er ein um- fassendes Geständnis ab und wurde am 20. November 1934 zu drei Jahren Zuchthaus verurteilt. Nach der Strafverbüßung kam er frei, nach- dem er sich nach zweitägiger Bedenkzeit bereit erklärt hatte, »für eine interne Ar- beit« der Gestapo tätig zu sein. Olbrysch ging nach Prag, gab aber der Gestapo »außer Auskunftsbestätigungen keine Mel- dung« und wurde als »rückfällig« geführt. Er meldete sofort der KPD, auf welchem Wege er freigekommen war, wurde aber am 8. August 1938 aus der KPD ausgeschlossen. Olbrysch entkam nach England und fand den Tod, als das Schiff, auf dem er nach Kanada verschickt wurde, am 30. Juli 1940 versenkt wurde. OPITZ, Max (geb. 1890) Als viertes von zehn Kindern einer Arbei- terfamilie am 11. September 1890 in Berz- dorf (Erzgebirge) geboren, lernte Tischler. Von Oktober 1911 bis 1913 und von 1914 bis 1918 Soldat bei den Ulanen, brachte es bis zum Gefreiten. Träger des EK II, mehr- fach verwundet und deshalb von 1915 an nur noch garnisonsdienstfähig. Im November 1918 Mitglied des Soldaten- rates des Ulanenregimentes 21 in Chemnitz. 1919 schloß er sich der KPD an und über- nahm verschiedene Funktionen. Bis 1925 arbeitete er noch als Tischler, ab 1926 haupt- amtlicher KPD-Funktionär. 1926 zog er für die KPD in den sächsischen Landtag ein, dem er bis 1930 angehörte. 1927 Orgleiter des Bezirks Erzgebirge-Vogtland. Opitz ge- hörte zur linken Gruppe um Bertz (Chem- nitzer Linke). 1928 Polleiter von Erzge- birge-Vogtland. 1929 wählte ihn der XII. Parteitag als Kandidat ins ZK der KPD. Als Mitglied der Spitzenführung der KPD übernahm er (mehrmals wegen der Zuge- hörigkeit zur »Chemnitzer Linken« ange- griffen) verschiedene leitende Funktionen. 1930 Polleiter in Hessen-Frankfurt, 1932 kam er ins Ruhrgebiet, Polleiter des Bezirks Niederrhein, dann Ruhr. 1932 in den preu- ßischen Landtag und im März 1933 noch in den Reichstag gewählt. Auf dem Bezirks- parteitag Ruhr am 8. Januar 1933 sagte Opitz, die SPD sei »die Hauptstütze der faschistischen Diktatur«. Bis November 1933 leitete er die illegale KPD in Württemberg, dann verhaftet und am 7. September 1934 zu drei Jahren einem Monat Zuchthaus verurteilt (Opitz wurde verantwortlich gemacht für die Ermordung eines Polizeibeamten durch einen Kommu- nisten im Rheinland). Zu einer weiteren Strafe verurteilt, sollte er nach seiner Ent- lassung aus dem Zuchthaus ins KZ kom- men. Daraufhin schrieb er im Juni 1941 einen Brief an das RSHA der Gestapo, in dem es hieß: »Im Laufe der Jahre habe ich die Fest- stellung machen können, daß der Führer in ungeahnter Weise die großen, das Wohl- ergehen des Volkes angehenden Fragen ge- löst hat. Ich erkenne vorbehaltlos Adolf Hitler als Führer der Deutschen an. Man kann eine Gesinnung selbstverständlich nicht von heute auf morgen ablegen, son- dern muß sich eine andere Meinung er- kämpfen. Mich haben zu meiner ehemaligen An- schauung keine egoistischen Gründe ge- bracht. Ich bin ein Arbeiterkind. Mein Vater war Grubenarbeiter. In ärmlichen Verhält- nissen bin ich groß geworden. Meine Er- ziehung, die Umgebung und nicht zuletzt die allgemeine Not des Volkes haben mich zu den Roten gezogen. Ich habe einen Be- ruf erlernt und hatte jederzeit mein Aus- Opitz/Osterloh 241 kommen. Für die Behebung der Not des Volkes kämpfte ich und habe dabei eine persönliche Enttäuschung erlebt, nachdem ich feststellen mußte, daß ich einer Fata Morgana zum Opfer gefallen bin. Ich hätte ja die Möglichkeit gehabt, zu emigrieren. Das konnte ich aber als >deutscher< Kom- munist nicht vor meinem Gewissen verant- worten. Die entscheidende Frage war für mich immer nur das Wohlergehen des Vol- kes, dem es wirklich besser gehen soll. Wie bereits zum Ausdruck gebracht, stehe ich dem Dritten Reich und dem heutigen Geschehen positiv gegenüber. Ich bin kein Pazifist. Ich habe die Überzeugung ge- wonnen, daß nur Adolf Hitler die für Deutschland und darüber hinaus für Europa brennenden Fragen lösen kann und wird. Zur Frage meiner Inschutzhaftnahme kann ich nur sagen, daß es sehr bitter für mich wäre, wieder in Haft genommen zu werden. Ich bin heute bereits 51 Jahre alt. Meine Frau lebt noch und wartet auf mich. Drei Töchter sind verheiratet und drei Enkel- kinder sind noch da. Durch Inschutzhaft- nahme ist mir jede Möglichkeit genommen, zum Beweis meiner positiven Gesinnung für das Dritte Reich etwas zu tun bzw. meiner jetzigen ablehnenden Haltung gegenüber dem Kommunismus Ausdruck zu verleihen. Ich habe bereits vom Zuchthaus aus meinem Bruder Wilhelm Opitz, Werkmeister in einer Textilfabrik in Berzdorf, der sich für mich verwenden will, die ausdrückliche Ver- sicherung abgegeben, daß dieser jede Bürg- schaft im Falle meiner Freilassung über- nehmen könne.« (Brief-Abschrift in HStA Düsseldorf [Gestapo-Akten], Nr. 32938) In den ersten Jahren nach 1933 hätte die NSDAP sicherlich mit Freude zugegriften und ein solches Überlaufen eines ehemaligen prominenten Kommunisten propagandistisch ausgewertet, 1941 schien ihr das offenbar nicht mehr vonnöten oder möglich: Trotz der Behauptung, seine Gesinnung geändert zu haben, wurde Opitz nicht freigelassen, sondern kam ins KZ Sachsenhausen, wo er bis 1945 verbleiben mußte. Von Juni 1945 an war Opitz (inzwischen wieder der KPD bzw. der SED beigetreten) bis 1949 Polizeipräsident in Dresden, von 1949 bis 1951 Oberbürgermeister in Leipzig. 1950 besuchte er die Verwaltungsakademie Forst Zinna, wurde Mitglied der Volks- kammer der DDR und leitete von 1951 bis 1960 als Staatssekretär und Chef die Prä- sidialkanzlei des Präsidenten der DDR (Wilhelm Pieck). Nach dem Tode Piecks Stellvertretender Vorsitzender der Interparlamentarischen Gruppe der DDR, lebte Opitz 1969 in Ost- Berlin. Er bekam eine große Zahl von Aus- zeichnungen, darunter die »Medaille für Kämpfer gegen den Faschismus«, den »Va- terländischen Verdienstorden« in Gold und die höchste Auszeichnung, den »Karl- Marx-Orden«. Zu seinem 75. Geburtstag (11. September 1965) wurde in der Volks- kammer eine Gratulationscour für Opitz gegeben und sein »standhaftes Verhalten während der 12 Jahre Haft in faschistischen Zuchthäusern und KZ« gerühmt. OSTERLOH, Hermann (1886-1961) Als Sohn eines Arbeiters am 19. Juni 1886 in Bremen geboren, lernte Schlosser. 1908 Mitglied der SPD. Bei Kriegsausbruch als Soldat eingezogen, geriet in russische Ge- fangenschaft. Nach der russischen Oktober- revolution besuchte er eine kommunistische Schule und schloß sich den Bolschewiki an. Osterloh sollte Ende 1918 mit Radek, Reu- ter-Friesland u. a. zur KPD-Gründung nach Berlin fahren, er wurde aber an der Grenze zurückgeschickt und kam erst Mitte 1919 nach Deutschland. In Bremen trat er der KPD bei. Die Partei stellte ihn als haupt- amtlichen Sekretär für Landfragen an. Ab 1923 Mitglied der Bremer Bürgerschaft. In den folgenden Jahren übte er verschiedene Parteifunktionen aus, bis er 1926 als Org- leiter für den Bezirk Nordwest eingesetzt wurde. In dieser Funktion nahm er am XL Parteitag in Essen teil. Im Oktober 1928 wurde Osterloh, der dem 242 Osterloh/Overlach rechten Flügel der Partei zuneigte, aus der KPD ausgeschlossen. Während einige KPD- Zeitungen schrieben, sein Ausschluß habe nichts mit Unterschlagungen zu tun, mein- ten andere, er habe 10 Mark und 40 Pfen- nige(!) unpünktlich abgeliefert und sei des- wegen ausgeschlossen worden, was zeige, »welch eiserne Strenge« in der KPD auch bei »kleinsten Summen« herrsche. Da der Ausschluß gerade zur Zeit der Wittorf-Affäre erfolgte, sind solche Hin- weise natürlich kein Zufall. Osterloh legte im Dezember 1928 sein Bürgerschaftsman- dat nieder, nachdem ihm die KPD zuvor noch ausdrücklich bestätigt hatte, daß sein Ausschluß nur aus politischen Gründen er- folgt sei. Osterloh trat 1930 zur SPD über, für die er ebenfalls in die Bremer Bürgerschaft ge- wählt wurde. Von 1928 bis 1934 arbeitete er bei einer Bremer Firma und war dort Betriebsrat. 1934 verhaftet und zu acht Jah- ren Zuchthaus verurteilt, weil er gegen den Nationalsozialismus gekämpft hatte. 1945 wieder Mitglied der SPD. 1947 bis 1951 Mitglied der Bremer Bürgerschaft, bis 1955 Mitglied der Baudeputation, dann der Deputation für Wiedergutmachung. Acht Jahre lang Amtsvorsteher des Ortsamtes Bremen-Hemelingen. Osterloh war auch Leiter der sozialdemokratischen politischen Verfolgten in Bremen, er starb nach langer Krankheit am 12. Oktober 1961 in Bremen. OVERLACH, Helene (geb. 1894) Als Tochter eines Arztes am 19. Juli 1894 in Greiz geboren, besuchte die höhere Mäd- chenschule und das Realgymnasium bis zur Obersekunda. 1915/16 absolvierte sie das Handelslehrerinnenseminar und war an- schließend drei Jahre als Handelslehrerin tätig, dann ein Jahr Stenotypistin bei einem Rechtsanwalt in München. 1919 Mitglied der Kommunistischen Jugend, 1920 der KPD. 1920/21 Stenotypistin in der Zentrale der KPD in Berlin, 1922/23 in gleicher Stellung bei der KP in Düssel- dorf tätig. 1924/25 Redakteurin beim »Ruhr-Echo« und damit in den hauptamt- lichen Apparat aufgenommen, einige Zeit Chefredakteurin der »Niedersächsischen Arbeiter-Zeitung« in Hannover. Bei Gründung des »Roten Frauen- und Mädchen-Bundes« (RFMB) 1925 2. Vor- sitzende dieser Frauenorganisation der KPD (in Wirklichkeit aber Leiterin, da die 1. Vor- sitzende, Clara Zetkin, nur formal führte). Delegierte des XL Parteitags der KPD 1927 in Essen, als Vertreterin der Frauen ins ZK berufen, zugleich übernahm sie die Leitung der Frauenabteilung im ZK. 1928 in den Reichstag gewählt, dem sie bis 1933 an- gehörte. Vom Weddinger Parteitag 1929 erneut ins ZK berufen, auch Kandidat des Polbüro. 1930 bei einer Demonstration schwer verletzt. Von Herbst 1931 bis Mitte 1932 nahm sie an einem Schulungskurs in Moskau teil, danach in der IAH aktiv. Von Juli bis Dezember 1933 versuchte Frau Overlach die KPD und »Rote Hilfe« im Ruhrgebiet wiederaufzubauen. Am 23. Dezember 1933 verhaftet. Bei den Verneh- mungen trat sie standhaft für ihre Über- zeugung ein, erklärte, daß sie nach wie vor an den Sieg des Kommunismus glaube und betonte: »Namen will ich nicht nennen«, wodurch sie ihre illegale Gruppe schützte. In einem großen Prozeß im August 1934 erhielt sie die damals höchste Strafe: drei Jahre Zuchthaus. Da sie sich nach der Strafverbüßung (in Aichach/Bayern) noch als »überzeugte Kommunistin« erklärte, kam sie ins KZ. Sie litt an einer Herzmuskelerkrankung und wurde deshalb am 8. Juni 1938 aus der KZ- Haft entlassen. Als Frau Overlach 1944 erneut festgenommen und ins KZ gebracht werden sollte, gelang ihr in letzter Minute die Flucht nach Schweden. Von dort kehrte sie 1946 zurück. Sie schloß sich der SED an, erhielt jedoch nur unter- geordnete Funktionen; zunächst Leiterin der Berufsschulen für Mädchen beim Magi- strat von Berlin. 1950 berief man sie als Professor an der Pädagogischen Hochschule Overlach/Peschke 243 Berlin. 1955 schied sie aus dem Berufsleben aus. Sie lebte 1969 als Parteiveteranin in Ost-Berlin, geehrt u. a. mit der »Clara- Zetkin-Medaille« und dem »Vaterländi- schen Verdienstorden« in Silber und zum 75. Geburtstag im Juli 1969 mit der Ehren- spange zum Vaterländischen Verdienstorden in Gold. PAPKE, Paul (geb. 1896) Als Sohn eines Arbeiters am 18. September 1896 in Staffelde Kreis Soldin geboren. Lernte Tischler und übersiedelte nach Lands- berg a. d. Warthe. Im Krieg Soldat. Trat nach der Revolution der USPD bei und ging mit deren linkem Flügel 1920 zur KPD. Papke war lange Jahre als ehrenamtlicher Funktionär tätig, dann auch UB-Leiter in Berlin. 1928 als Redakteur angestellt. Im gleichen Jahr in den Reichstag gewählt, in dem er die KPD bis 1930 vertrat. Ende 1928 wurde er zur Lenin-Schule nach Mos- kau gesandt. 1931 verhaftete man ihn in Deutschland für kurze Zeit. Im August 1932 beschwerte sich Papke in einem Brief an das ZK, weil er nicht in den Reichstag ge- wählt bzw. auf einen sicheren Platz gesetzt worden war. Seine zuständige BL antwor- tete ihm, er habe sich im Reichstag nicht bewährt. Wegen persönlicher Differenzen mit der Führung verließ Papke 1932 die KPD. Trotzdem wurde er 1933 ins KZ gebracht, konnte aber fliehen und ging nach Prag, später nach Paris. Er schloß sich wieder der KPD an und wurde zur illegalen Arbeit nach Deutschland abkommandiert. 1935 ver- haftet, am 31. Oktober 1935 zu fünf Jahren Zuchthaus verurteilt, anschließend kam er im Juni 1940 ins KZ Sachsenhausen, aus dem er im Mai 1945 befreit wurde. Papke trat wieder der KPD und dann der SED bei, wurde 1945 Landrat im Kreis See- low und 1948 Bürgermeister in Fürstenwal- de. 1952 im Rahmen der Suche nach »Par- teifeinden* abgesetzt, übernahm er 1954 die Schulleitung der Bezirksschule für landwirt- schaftliche Produktion in Fürstenwalde. Er lebt seit 1960 als Arbeiterveteran in Straus- berg. Papke bekam mehrere Orden, dar- unter zum 65. Geburtstag 1961 den »Vater- ländischen Verdienstorden« in Silber. PESCHKE, Paul (geb. 1890) Am 3. Dezember 1890 in Berlin geboren, lernte Schlosser, 1908 Mitglied der Gewerk- schaft und 1912 der SPD. 1917 Übertritt zur USPD, mit deren linkem Flügel 1920 zur KPD. 1916 bis 1918 Soldat an der Ost- front, kam 1918 in den Soldatenrat. Zur Zeit der Vorbereitung des Oktober 1923 mit militärischen Aufgaben betraut. Längere Zeit erwerbslos, arbeitete er 1925 wieder als Schlosser bei Siemens. Mit der Mehrheit der Berliner Funktionäre gehörte Peschke zur Ruth Fischer-Maslow-Richtung, mit diesen wandte er sich 1925 gegen den »Offenen Brief«. Als Leiter des Bezirks Prenzlauer Berg trat er noch Ende 1925 gegen Thälmann auf, doch schwenkte er einige Wochen später zum ZK über und übte in einer öffentlichen Versammlung Selbstkritik. 1926 als haupt- amtlicher Mitarbeiter ins ZK geholt. Zu- nächst nur mit zweitrangigen Funktionen betraut, wurde er 1928 politischer Mit- arbeiter der Gewerkschaftsabteilung und 1929 Mitglied der Reichsleitung der RGO. Von 1930 bis 1933 Leiter des Berliner Ein- heitsverbandes der Metallarbeiter (RGO). 1933 Emigration nach Schweden, wo er bis 1945 als Schlosser arbeitete. 1945 wieder Mitglied der KPD dann der SED; zunächst Vorsitzender der IG Metall in der Ostzone. In der ersten DDR-Regie- rung 1949 Staatssekretär für Arbeits- und Gesundheitswesen. 1950 zum Mitglied des FDGB-Bundesvorstand gewählt. Als frühe- rer Abweichler bei der Säuberung 1951/52 degradiert, Direktor der Sozialversicherung, dann Abteilungsleiter im »Ausschuß für deutsche Einheit«. 1968 Mitglied des Ar- beitskreises verdienter Gewerkschaftsvetera- 244 Peschke/Pfeiffer nen. Peschke erhielt mehrere Auszeichnun- gen, darunter den »Vaterländischen Ver- dienstorden« in Silber und zum 75. Ge- burtstag 1965 den gleichen Orden in Gold. PEUKE, Werner (1905-1949) Am 30. November 1905 in Berlin geboren, besuchte das Realgymnasium und schloß sich als Schüler 1921 der KPD an. Bis 1927 als Techniker beschäftigt, dann hauptamt- licher Parteisekretär. 1929 Agitpropleiter in Berlin, anschließend Polleiter des Berliner Bezirks Zentrum. Ende 1929 verhaftet, da er zusammen mit Karl Frank im Oktober 1928 den Hand- streich gegen den Rundfunk organisiert hatte, bei dem Karl Schulz eine kommuni- stische Rede halten konnte. Zu drei Monaten Gefängnis verurteilt. 1930 war Peuke führend in der Merker- Gruppe, die in seinem Bezirk einen starken Stützpunkt hatte. Offiziell kapitulierte er im Mai 1930 vor dem ZK, hielt aber illegal weiter die oppositionelle Gruppe zusammen. 1931 griffen ihn Ulbricht und Langner in einer Parteiveranstaltung wegen einer »ab- weichenden Rede« an, worauf Peuke lä- chelnd erwiderte, nur Absätze aus früheren ZK- und EKKI-Beschlüssen zitiert zu ha- ben. Peuke arbeitete wieder als Techniker und leitete nach 1933 eine illegale Widerstands- gruppe, die sich aus ehemaligen Mitgliedern des Merker-Kreises zusammensetzte. Er fuhr öfter nach Prag, hatte Verbindung zur Gruppe »Neubeginnen« und zu Merker persönlich. 1936 verhaftete ihn die Gestapo, er mußte mehrere Jahr im Zuchthaus ver- bringen. Nach 1945 arbeitete er als leitender Inge- nieur bei Siemens, schloß sich aber keiner Partei mehr an. Peuke starb am 8. Oktober 1949 in West-Berlin. PFAFF Nikolaus (1892-1951) Am 8. März 1892 in Michelau (Oberfran- ken) geboren, besuchte die Realschule und ein Lehrerseminar. Im Weltkrieg Soldat, zu- letzt Leutnant der Reserve. Nach dem Krieg Volksschullehrer in Thüringen. 1918 Mitglied der USPD, mit deren linkem Flügel 1920 zur KPD. 1923 als Waffen- käufer der Zentrale (unter dem Namen Dr. Winkler) tätig. Pfaff gehörte dem militäri- schen Stab der Parteiführung der KPD an. Da er nach der Oktoberniederlage polizei- lich gesucht wurde, flüchtete er in die So- wjetunion. Er arbeitete von 1924 bis 1928 im Kominternapparat. 1927 als Kandidat für die Landtagswahl in Thüringen aufgestellt; da er unter dem Schutz der Immunität zurückkehren sollte. Seine Kandidatur wurde jedoch abgelehnt, da er keinen Heimatschein besaß und seit drei Jahren nicht mehr in Thüringen wohnte. Nach der Amnestie von 1928 kehrte Pfaff im Oktober des gleichen Jahres nach Deutschland zurück und wurde als Kom- missar des ZK in Thüringen eingesetzt, um dort die rechte Opposition zu zerschlagen. Nach dem Tode Holleins rückte er an des- sen Stelle im August 1929 in den Reichstag nach. Ende 1928 auch zum Polleiter der KPD in Thüringen gewählt. In dieser Funktion löste ihn 1930 Duddins ab. 1930 wurde er nicht mehr als Kandidat für den Reichstag aufgestellt. Politisch trat er nicht mehr hervor. Nach 1933 mußte er mehrere Jahre im KZ zubringen. 1945 trat Pfaff wieder der KPD bzw. der SED bei und arbeitete aktiv in der VVN. 1949 schied er jedoch aus der SED aus. Pfaff starb am 23. Mai 1951 in Zella- Mehlis (Thüringen). PFEIFFER, Hans Walter (1895-1968) Am 24. April 1895 in Johanngeorgenstadt (Erzgebirge) geboren, lernte in Chemnitz Werkzeugmacher. Nach der Lehre ging er auf Wanderschaft und bereiste Süddeutsch- land, die Schweiz, Frankreich und Italien. Pfeiffer/Pieck 245 Am 18. Geburtstag 1913 Mitglied der SPD. Anschließend wieder in der Schweiz, wo er sich den Anarchisten anschloß. Siewert ge- wann ihn wieder für die Sozialdemokratie. Im November 1914 kehrte er nach Deutsch- land zurück. Wegen körperlicher Untauglichkeit im Kriege kein Soldat. Anhänger der Sparta- kusgruppe, 1917 USPD, seit Gründung in der KPD, Delegierter des Gründungspartei- tags. Ab Mai 1919 hauptamtlicher Sekretär der KPD. In den folgenden Jahren war er vor allem in der Organisationsarbeit tätig, seine bürokratische Art trug ihm den Spitz- namen »Kartothekowitsch« ein. 1919 schickte ihn die Zentrale für kurze Zeit nach Nürnberg, dort leitete er die Organi- sationsarbeit des Bezirks Nordbayern. Von 1919 bis 1924 Berliner Bezirkssekretär. Er war zunächst Anhänger der linken Opposi- tion. Auf dem Jenaer Parteitag 1921 in die Statutenkommission gewählt. Auf dem Parteitag im Januar 1923 als Mitglied in die Zentrale berufen. Zusammen mit Neu- mann, Eisler und Ewert distanzierte er sich im April 1923 von der Ruth-Fischer-Oppo- sition. Im Mai 1924 in den Reichstag gewählt, blieb er bis 1930 Reichstagsabgeordneter. Als Mit- glied der Zentrale von 1923 polizeilich ge- sucht, im März 1924 verhaftet, saß er trotz seiner Immunität bis Juli 1925 in Unter- suchungshaft. Nach der Freilassung übernahm Pfeiffer wieder die Orgleitung des Berliner Partei- bezirks und war nach dem »Offenen Brief« 1925 eine der Stützen des ZK gegen die Parteilinke. Delegierter des XI. Parteitags 1927. Bis Ende 1928 Orgleiter des Bezirks Berlin-Brandenburg. Vom Weddinger Par- teitag 1929 als Kandidat ins ZK berufen. 1929 nach Moskau geschickt, dort in der Orgabteilung der Komintern tätig. 1932 von Moskau nach Prag, um in der KP der ÖSR als Orgspezialist zu arbeiten. Im Ok- tober 1932 Rückkehr nach Deutschland. Bei der Novemberwahl erneut in den Reichstag gewählt. Pfeiffer arbeitete in der Orgabtei- lung des ZK, wurde aber im März 1933 nicht mehr als Kandidat für den Reichstag aufgestellt. Am 1. April 1933 erhielt von Dahlem den Auftrag, als Oberberater des ZK für »West« die Bezirke Niederrhein, Mittelrhein und Ruhr wieder aufzubauen. Er reiste mit falschem Paß (Kurt Mitten- dorf) zwischen Berlin und dem Rheinland und hatte mehrere Besprechungen. Am 10. Juni 1933 in Elberfeld verhaftet. Sein Koffer mit Berichten an das ZK wurde von der Gestapo beschlagnahmt. Pfeiffer gab die Anklagepunkte und seine Tätigkeit »im wesentlichen zu« und wurde im No- vember 1934 zu drei Jahren Zuchthaus ver- urteilt. Nach der Entlassung aus dem Zucht- haus Luckau arbeitete er als Werkzeug- macher, seine Frau war im KZ. 1945 wieder Mitglied der KPD. Zunächst im Senftenberger Kohlenrevier führend, wurde er Mitte 1945 Sekretär des Unter- bezirks Cottbus der KPD. In der SED er- hielt er keine bedeutenden Funktionen. Lange Jahre war Pfeiffer Sekretär im Rat des Kreises Königswusterhausen. Folgende Tatsache ist symptomatisch für seine unter- geordnete Stellung: Das ZK der SED gratu- lierte im »Neuen Deutschland« zwar zwei Professoren zum 65. Geburtstag am 24. April 1965, ignorierte aber Hans Pfeiffers 70. Geburtstag am gleichen Tage. Als Pfeif- fer am 3. April 1968 starb widmete ihm das ZK im »Neuen Deutschland« auch nicht den allgemein üblichen Nachruf. PIECK, Wilhelm (1876-1960) Als Sohn eines ungelernten Arbeiters am 3. Januar 1876 in Guben geboren, lernte in seiner Heimatstadt von 1890 bis 1894 Tischler. 1894 Mitglied der Gewerkschaft. Ging auf die Wanderschaft und kam nach Berlin, Wolfenbüttel, Braunschweig und Marburg. In Marburg 1895 Eintritt in die SPD. 1896 übersiedelte er von Osnabrück nach Bremen, wo er 1898 heiratete. Bis 1906 arbeitete Pieck als Tischler in Bremen. 1905 SPD-Abgeordneter der Bremer Bürgerschaft, 246 Pieck ein Jahr später übernahm er als Sekretär eine hauptamtliche Funktion in der Partei. 1907/08 Besuch der SPD-Parteischule in Berlin. Pieck übersiedelte 1910 nach Berlin und wurde Sekretär des SPD-Bildungsaus- schusses. Er arbeitete eng mit Friedrich Ebert zusammen, neigte aber zu den Linken in der SPD; doch bekam er erst durch seine Antikriegshaltung eine feste Verbindung zur Linken. Delegierter des SPD-Parteitags 1908 in Nürnberg. Dort setzte er sich besonders für die Erhaltung der SPD-Parteischule ein. Sekretär des Bildungsausschusses, für die organisatorische Leitung der Parteischule verantwortlich, an der Rosa Luxemburg, Mehring u. a. lehrten. Pieck war 1912 De- legierter des SPD-Parteitags in Chemnitz. 1914 schloß sich Pieck sofort der Gruppe Internationale, der späteren Spartakus- gruppe an. Deswegen vom SPD-Parteivor- stand seines Postens enthoben. Für die Gruppe Internationale vor allem organisa- torisch tätig, sorgte er 1915 für den Druck ihrer Zeitschrift. Von Mai bis Oktober 1915 inhaftiert, dann zum Militär eingezogen, kam 1916 als Telefonist an die Front, mußte jedoch wegen einer Beinoperation ins Laza- rett nach Lille gebracht werden. Im Sommer 1917 weigerte er sich, erneut an die Front zu gehen und wurde deswegen im August 1917 zu 1V2 Jahren Gefängnis verurteilt. In der Berufungsverhandlung freigesprochen. Pieck sollte wieder an die Westfront, flüchtete jedoch nach Berlin und von dort im Januar 1918 zusammen mit seinem Sohn Arthur nach Holland. In Am- sterdam arbeitete er als Tischler und war politisch für die Linksradikalen tätig. Im Oktober 1918 kehrte er nach Deutschland zurück. In Berlin schloß er sich dem Spartakusbund an, während der Revolution als Mitarbeiter Karl Liebknechts sehr aktiv. Pieck wurde in die Zentrale des Spartakusbundes auf- genommen und auf dem Gründungspartei- tag der KPD in die Parteizentrale gewählt. Mit einer Ausnahme (1919) gehörte Pieck bis 1933 allen Zentralen (bzw. seit 1925, allen ZKs) an, er war der typische Partei- beamte - »nicht fraktionell festgelegt« - der in allen Zentralen, gleichviel welcher politischer Richtung, gebraucht wurde. Allerdings neigte er dem rechten Flügel der Partei zu. Am 15. Januar 1919 wurde Piech zusammen mit Liebknecht und Luxemburg verhaftet und zum Hauptquartier der Garde-Kaval- lerie-Schützendivision ins Hotel Eden ge- bracht. Während Luxemburg und Liebknecht ermordet wurden, kam er mit dem Leben davon. An diese Tatsache haben sich später viele Legenden geknüpft. Unsinnig ist die These, Pieck habe Luxemburg und Lieb- knecht »verraten« und sei deshalb frei- gelassen worden. Die Soldaten glaubten zu- nächst, er sei der KPD-Führer Ernst Meyer, er konnte nachweisen, daß das nicht stimmte. Nach Aussagen des ihn damals vernehmenden Offiziers Pabst wurde Pieck erst nach ausführlichen Aussagen über die Organisation der KPD, Wafienlager usw., dem Gefängnis überstellt, aus dem Pieck die Flucht gelang. Wegen der Befangenheit aller Zeugen (die Angaben eines Pabst sind ja kaum Beweise) werden sich die tatsäch- lichen Hintergründe kaum mehr rekonstru- ieren lassen. Immerhin hatte Thälmann 1931 einen Untersuchungsausschuß einsetzen las- sen, der Piecks Verhalten bei dessen Fest- nahme 1919 prüfen sollte - ein Ergebnis wurde nicht bekannt. Pieck kam frei, wurde aber im Juli 1919 noch einmal verhaftet und erst durch Hilfe seiner Freunde im November 1919 aus dem Gefängnis befreit. Er blieb in den folgenden Jahren in der Zentrale und war mit der Geschäftsführung beauftragt. Zusammen mit seinem Freund Hugo Eberlein hatte er die Geldzuschüsse der Komintern zu verwalten. 1921 als Abgeordneter in den preußischen Landtag gewählt, dem er bis 1928 und I932Ö3 angehörte. 1923 zählte sich Pieck zur Brandler-Füh- rung. Nach der Oktoberniederlage schwank- Pieck/Pietzuch ^47 te er zunächst zwischen den Rechten und der Mittelgruppe, ging dann aber zur Mit- telgruppe über und kam als deren Vertreter auf dem Parteitag 1924 in die Zentrale. Er übernahm die Leitung der »Roten Hilfe« und war hauptsächlich mit der Arbeit für diese Organisation ausgefüllt. Nach der Niederlage der Linken wurde Pieck im Juli 1926 Polleiter der Berliner Organisation. Auf dem VI. Weltkongreß der Komintern 1928 ins EKKI-Präsidium gewählt. Bei der Wittorf-Affäre stellte sich Pieck sofort gegen Thälmann. Nadi der Absetzung Thälmanns kam er zusammen mit Eberlein u. a. nach Moskau und sagte zu dem dort in Verbannung lebenden Brandler: »So machen wir das, jetzt neh- men wir dich Dickkopf gleich mit nach Deutschland.« Da Stalin jedoch anders entschied und Thälmann wieder eingesetzt wurde, schwenkte auch Pieck um und übte Selbstkritik. Die linke Opposition charak- terisierte ihn 1929: »Pieck ist der »Revolu- tionärs der sich nach Ruhe und Ordnung sehnt.« Er verlor seine Funktion als Ber- liner Polleiter und wurde ganz zur »Roten Hilfe« abgeschoben, sein Nachfolger in Berlin wurde Ulbricht. 1928 als Abgeordneter in den Reichstag ge- wählt, dem er bis 1933 angehörte, außer- dem war Pieck von 1930 bis 1933 Mitglied des preußischen Staatsrats. 1928 wurde Pieck Mitglied des EKKI, 1931 Mitglied des Sekretariats und des Präsidiums des EKKI. Längere Zeit arbeitete er als Sekre- tär für die Balkanländer beim EKKI in Moskau. 1932 Nachfolger Fliegs, Sekretär des Polit- büros. Die kommunistische Opposition schrieb damals: »Die Moskauer haben ihn Teddy auf die Nase gesetzt, denn es muß doch wenigstens einer im Sekretariat sein, der bis drei zählen kann. Pieck kann bis drei zählen, wenn er es auch manchmal verbirgt. Der Generalsekretär Pieck von 1932 ist nicht der Revolutionär Pieck von 1918 und 1920, sondern ein ausgestopfter Papagei.« 1933 emigrierte Pieck nach Paris. Im Polit- büro war er mit Ulbricht anfangs in der Minderheit, er verlangte eine Kursänderung. Nachdem diese 1935 offiziell von der Kom- intern proklamiert wurde, stieg Pieck als Nachfolger Thälmanns zum Parteivorsit- zenden auf. Die »Brüsseler« Konferenz 1935 wählte ihn in diese Funktion. 1938 übersiedelte er nach Moskau, wo sein Freund Eberlein Opfer der Stalinschen Säu- berung wurde. Pieck selbst arbeitete zu- nächst in der Komintern, später beim Nationalkomitee »Freies Deutschland«. 1945 kehrte er als Vorsitzender der KPD nach Deutschland zurück, 1946 als Abgeord- neter in den Landtag von Brandenburg ge- wählt, wurde 1946 Vorsitzender der SED und war seit Gründung der DDR 1949 bis zu seinem Tode am 7. September 1960 Prä- sident der DDR. In seinen letzten Lebensjahren war Pieck schwerkrank, und wohl kaum noch in der Lage, die Dinge um sich wahrzunehmen. Piecks Frau ist schon Jahrzehnte tot, sein Sohn Arthur war längere Zeit Stellvertre- tender Minister für Verkehrswesen der DDR, seine Tochter Lore Staimer bis 1968 Gesandte bzw. Botschafterin der DDR in Jugoslawien, seine Tochter Elly Winter ist Parteiveteranin. PIETZUCH, Emil (1899-?) Am 9. März 1899 in Neurode (Breslau) ge- boren, stammte aus ärmlichen Verhältnissen, lernte Zimmerer. Gegen Kriegsende noch als Soldat eingezogen. Nach dem Krieg ließ er sich in Berlin nieder. Im August 1922 Mitglied der KPD. 1924 Leiter des Z-Apparates im Bezirk Berlin- Brandenburg. Ende 1925 verhaftet und im Juni 1926 zu Jahren Zuchthaus ver- urteilt. Mitte 1927 bedingt entlassen. Orgleiter für den KPD-Bezirk Baden in Mannheim. 1928 kam Pietzuch wieder nach Berlin, Mitarbei- ter in der Gewerkschaftsabteilung des ZK. Er nahm am VI. Weltkongreß der Kom- 248 Pietzuch/Plenge intern 1928 teil und wurde dort in ver- schiedene Kommissionen gewählt. 1929 in die Reichsleitung der RGO aufgenommen, in der er mehrere Jahre arbeitete, im April 1932 kehrte er als Orgleiter nach Baden zu- rück. Nach 1933 soll Pietzuch längere Zeit im KZ Buchenwald gewesen sein. Weitere Da- ten seines Lebenslaufs ließen sich nicht er- mitteln. PIONTEK, Isidor (1890-1939) Am 1. Juli 1890 in Alt-Ujest (Groß-Stre- litz) als Sohn eines Arbeiters geboren. Nach der Schulentlassung erlernte er keinen Be- ruf, sondern ging als Arbeiter in verschie- dene Fabriken, nach dem frühen Tod des Vaters mußte er die elfköpfige Familie er- nähren. Später auch als Bergmann in Ober- schlesien. Von 1912 bis 1914 Soldat bei der Infanterie, nahm dann vier Jahre als Unter- offizier am Weltkrieg teil, erhielt das EK II. Nach dem Kriege arbeitete er in Metall- betrieben des Ruhrgebiets. 1919 Mitglied der Gewerkschaft. Lange Jahre Betriebsrat in der Zinkhütte Hamborn. 1925 Mitglied der KPD. Anfang 1929 hauptamtlicher Parteifunktio- när, Unterbezirksleiter in Hamborn. Mitte 1929 als Nachfolger Creutzburgs Orgleiter des Bezirks Ruhr. Von Januar bis März 1930 Teilnehmer eines Schulungslehrganges der KPD, dann wieder Sekretär in Essen. 1932 zog er als KPD-Abgeordneter in den preußischen Landtag ein, im gleichen Jahr übernahm er auch anstelle von Saefkow die Leitung der RGO Ruhr, 1933 Nachfol- ger Jannacks als Sekretär der Roten Hilfe Niederrhein. In den ersten Wochen der Illegalität wurde er wegen Differenzen mit der Parteilinie (man warf ihm vor, »die Geschäfte nicht einwandfrei« geführt zu haben) aus der KPD ausgeschlossen. Am 5. Mai 1933 von der Gestapo verhaftet, kam er in »Schutz- haft«. 1934 entlassen, als Hilfsarbeiter be- schäftigt. Am 17. April 1937 erneut ver- haftet und ins KZ Sachsenhausen gebracht, wo Piontek am 22. Oktober 1939, angeblich an Lungenentzündung, starb. Er war ge- schieden, sein einziger Sohn mußte sich Geld leihen, um den Vater in Berlin bestatten zu können. PLENGE, Oskar (1890-?) Am 10. April 1890 in Northeim geboren, lernte Buchdrucker, war dann aber als Fa- brikarbeiter beschäftigt. 1910 Mitglied der Gewerkschaft. Als Handwerksbursche durchwanderte er 1910/11 Dänemark, Schweden und später Ungarn. 1912 kam er nach Iserlohn, dort Leiter der Jungsoziali- sten. Anfang 1914 wanderte Plenge nach Peters- burg aus, bei Kriegsausbruch als Zivilgefan- gener interniert. 1918 Rückkehr nach Deutschland, schloß sich der USPD an. Mit- glied des Solinger Arbeiterrats. Bis 1920 als Fabrikarbeiter beschäftigt und zugleich Vor- sitzender der Betriebsräte Solingens. Delegierter der USP auf dem Vereinigungs- parteitag mit der KPD 1920. 1921 als Ab- geordneter in den preußischen Landtag ge- wählt. Im gleichen Jahr von einem briti- schen Militärgericht zu fünf Monaten Ge- fängnis verurteilt. 1922 verfaßte er das Vorwort zu Richard Sorges Ausgabe des Werks von Rosa Luxemburg »Akkumula- tion des Kapitals«. 1923 Delegierter des Leipziger Parteitags. Von 1923 bis 1925 Redakteur der »Bergi- schen Arbeiterstimme« in Solingen. Auch 1924 zog er wieder in den preußischen Landtag ein. Nach dem »Offenen Brief« 1925 schickte ihn die KPD als Leiter der Peuvag-Druckereien nach Bremen, wo er im März-April 1926 für einige Wochen auch Polleiter des Bezirks Nordwest war. Län- gere Zeit übte er die Funktion des Chef- redakteurs der Bremer »Arbeiterzeitung« aus. 1928 kam er nicht mehr in den Land- tag, leitete aber weiterhin die Peuvag- Betriebe in Bremen, bis er im Mai 1931 als Redakteur der »Sächsischen Arbeiter-Zei- tung« nach Dresden versetzt wurde. Plenge/Podubecky 249 Nach 1933 illegal für die KPD tätig. Im Dezember 1935 verhaftet und ins KZ Sach- senhausen eingeliefert, wo er im Mai 1936 noch inhaftiert war. Weitere Daten seines Lebenslaufs ließen sich nicht in Erfahrung bringen. PLENIKOWSKI, Anton (geb. 1899) Als Sohn eines Arbeiters am 19. November 1899 in Zoppot geboren, besuchte eine Prä- parandenanstalt und das Lehrerseminar in Danzig. Mitglied der Sozialistischen Arbei- terjugend. 1917 als Soldat eingezogen. Nadi der Revolution 1918 Mitglied des Soldaten- rats in Breslau. Plenikowski setzte sein Leh- rerstudium fort und schloß sich 1920 kurze Zeit der Jugendorganisation der KAP an. Nach bestandener Prüfung 1920 Volksschul- lehrer. 1926 Mitglied der Danziger Sozialdemokra- tie, Gemeindevorsteher in Liessau. Im Ok- tober 1927 Übertritt zur KPD. Von 1928 bis 1937 Abgeordneter des Danziger Volks- tages. 1929 Orgleiter der KPD Danzig und hauptamtlicher Parteifunktionär. 1937 emigrierte er nach Schweden, wo er bis 1946 blieb. Ein Sohn Plenikowskis soll in den Stalinschen Säuberungen zu acht Jah- ren Haft verurteilt worden sein. 1946 trat er der SED bei und war bis 1954 Leiter der Abteilung staatliche Verwaltung im ZK der SED. Von 1950 bis 1967 Ab- geordneter der Volkskammer. 1954 als Kan- didat ins ZK der SED gewählt, bestätigte ihn auch der VI. SED-Parteitag 1963 in dieser Funktion. Auf dem VII. Parteitag 1967 wurde er nicht wiedergewählt. Von 1955 bis 1963 Staatssekretär und Leiter des Präsidiums des Ministerrats der DDR. Die- ses Amt legte er 1963 aus gesundheitlichen Gründen nieder. Bis 1967 Leiter der Inter- parlamentarischen Gruppe der DDR, 1969 lebte er als Parteiveteran in Ost-Berlin. Plenikowski erhielt mehrere Auszeichnun- gen, darunter das »Banner der Arbeit« und den »Vaterländischen Verdienstorden« in Silber. PLUM, Agnes (1869-1951) Geboren am 9. April 1869 in Bardenberg, bei Aachen, arbeitete nach der Schulentlas- sung als Dienstmädchen, war später Arbeite- rin. 1905 im Ruhrgebiet Mitglied der SPD. Während des Krieges Übertritt zur USPD, 1920 Delegierte des Spaltungsparteitags, mit der linken USP zur KPD. Frau Plum gehörte zum linken Parteiflügel. 1924 Frauenleiterin der Bezirksleitung Ruhr. Mitbegründerin des »Roten Frauen- und Mädchenbundes«. Delegierte des X. Parteitags 1925. Sie rückte im Dezember 1925 für Arthur König, der sein Mandat niedergelegt hatte, in den Reichstag nach. Bis 1928 Reichstagsabgeordnete. Seit 1927 in der IAH tätig. 1929 zog sie sich von der aktiven Politik zurück. Nach 1945 war sie nicht mehr politisch organisiert. Frau Plum starb am 9. August 1951 in Essen. PODUBECKY, Rudolf (1896-1940?) Am 23. Mai 1896 in Karlsruhe geboren. Bei Kriegsausbruch als Gymnasiast Frei- williger, kam bald an die Front. Er wurde Kriegsgegner und schloß sich dem radikalen Flügel des Sozialismus an. Nach dem Kriege aktiv an der Errichtung der kommunistischen Räterepublik in Mün- chen beteiligt, er leitete im Generalstab der Roten Armee das Post- und Fernmelde- wesen. Deswegen im Mai 1919 zu dreijähri- ger Festungshaft verurteilt, die er in Nieder- schönfeld verbüßen mußte. 1922 entlassen, führend im Militärapparat der KPD, 1923 gehörte Podubecky zur M-P-Leitung in Süd- westdeutschland. Da er polizeilich gesucht wurde, verließ er Karlsruhe und wirkte unter dem Namen »Riedel« als Redakteur, 1925 auch einige Monate als Chefredakteur an der Frank- furter »Arbeiterzeitung«; Mitglied der BL Hessen-Frankfurt. Ab 1928 wieder im M-Apparat tätig. Weil er in Deutschland polizeilich verfolgt wur- de, mußte er schon Ende der zwanziger 250 Podubecky/Putz Jahre wieder in die Sowjetunion über- siedeln; war im russischen Apparat tätig. Während der Stalinschen Säuberungen 1937 zu 20 Jahren Zwangsarbeit verurteilt. Er kam ins Lager Norilsk, wo er 1940 ver- storben sein soll. Podubeckys Tochter Irene, Studentin an der Moskauer West-Universi- tät, erhielt acht Jahre Zwangsarbeit. PÖTSCH, Gustav (1898-1963) Als Sohn eines Arbeiters 1898 in Berlin geboren; nach der Schulentlassung selbst Arbeiter. 1918 Soldat. 1919 Mitglied der USP, mit deren linkem Flügel 1920 zur KPD. Verschiedene ehrenamtliche Funktio- nen in der Berliner Organisation. In den zwanziger Jahren Betriebsrat bei der Firma Roth und Büschner, wurde Pötsch als Ar- beiter vom Weddinger Parteitag 1929 zum Mitglied des ZK berufen. Bis 1933 für die KPD in Berlin aktiv. Nadi 1933 illegal tätig und mehrmals ver- haftet. 1945 wieder Mitglied der KPD, dann der SED, aber nur mit kleineren Funktionen betraut. Pötsch lebte zuletzt in Berlin-Lichtenberg, wo er am 15. Juni 1963 starb. PRESCHE, Willy (1888-1937?) Am 1. Dezember 1888 in Berlin geboren; lernte Schlosser. Er nahm als Soldat am Ersten Weltkrieg teil. Nach dem Krieg Übersiedlung nach Hamburg. 1918 Mitglied der USPD, 1920 mit der linken USP zur KPD. 1924 auf eine Schule nach Moskau delegiert, erhielt er eine neunmonatige poli- tische und militärische Ausbildung. Nach seiner Rückkehr baute er im Bezirk Wasser- kante den »Ordnerdienst« und dann den RFB mit auf. 1926 bis 1931 Abgeordneter der Hamburger Bürgerschaft. Mitglied der BL Wasserkante und der Beschwerdekommission. 1928 wurde Presche im Zusammenhang mit der Wittorf- Affäre und der Absetzung Thälmanns kurze Zeit seiner Funktion enthoben, dann aber durch Thälmann rehabilitiert und erneut in die BL Hamburg aufgenommen. 1930 in den Militärapparat nach Berlin geholt, mußte er 1931 vor der Polizei in die So- wjetunion flüchten. Er lebte in Odessa. Dort geriet Presche in die Stalinschen Säuberun- gen, 1937 verhaftet, verschwand er spurlos. PÜTZ, Heinz (1898-1927) Am 3. August 1898 in Köln geboren; lernte Buchdrucker. Schon früh Mitglied der Ar- beiterjugendbewegung, im Krieg Anhänger der Spartakusgruppe. 1917 kam er an die rumänische Front, wo er an Gelbsucht er- krankte, die eine Ursache seines frühen To- des wurde. Pütz desertierte 1918 und war illegal für die Spartakusgruppe tätig. 1918 Mitglied des Kölner Arbeiterrates. 1919 mußte er ein halbes Jahr ins Gefängnis, weil er unter den Besatzungstruppen antimilitäri- sche Arbeit betrieben hatte. Ab 1920 haupt- amtlicher Sekretär, zunächst des KJVD Ruhr, 1922 ins ZK des Kommunistischen Jugendverbandes berufen. Von Mai 1923 bis März 1924 Vorsitzender des KJVD und zugleich Mitglied der Zen- trale der KPD. Als Anhänger der Rechten bzw. der Mittelgruppe, 1924 abgelöst, wurde Pütz für die Arbeit im besetzten Gebiet (gegen die Separatisten) verantwort- lich. 1925 kam er ins Jugend-EKKI nach Moskau. Wegen seiner schweren Krankheit 1927 nach Berlin überführt und operiert, er starb am 10. Oktober 1927. PUTZ, Ernst (1896-1933) Geboren am 20. Januar 1896, verlebte er seine Kindheit in Sinnthalshof in der baye- rischen Rhön auf dem bäuerlichen Anwesen seiner Eltern. Sein Vater war christlich- konservativ und nach 1918 Landtagsabge- ordneter der Bayerischen Volkspartei. Ernst Putz besuchte das Gymnasium in Aschaffen- burg und Würzburg. Bis 1915 Studium in Jena, dann als Soldat an die Front. Nach dem Krieg übernahm er den elterlichen Hof. Putz/Rädel 1924 Mitbegründer des »Bundes schaffender Landwirte«, einer Organisation der KPD. Obwohl noch nicht Mitglied der Partei, zog er im Dezember 1924 als Abgeordneter der KPD in den Reichstag ein; nun Mitglied der KPD. Bis 1933 vertrat Putz die KPD im Reichstag und blieb Vorsitzender des »Bundes schaffender Landwirte«. Ab 1925 Mitarbeiter der Abteilung Land des ZK der KPD. Putz genoß auch über die Kreise seiner Partei hinaus großes Ansehen, da er sich vor allem für die kleinen Landwirte einsetzte, obwohl er selbst einen großen Hof besaß. Im Juli 1933 verhaftet und am 15. Septem- ber 1933 im Untersuchungsgefängnis Berlin- Moabit erschlagen. Putz zu Ehren trägt die nach Sinnthalshof führende Straße in Brückenau seinen Na- men. RADDATZ, Erich (1886-1964) Am 28. November 1886 in Konikow Kreis Köslin geboren, erlernte das Schlosserhand- werk und kam schon in jungen Jahren nach Berlin. 1907 Mitglied der Gewerkschaft, 1910 der SPD. Raddatz nahm als Soldat am Ersten Weltkrieg teil. Nach dem Kriege Gemeindebeamter in Berlin-Neukölln. Er schloß sich 1918 der USPD an und kam 1920 zur KPD, in der er als Kommunal- politiker eine Rolle spielte. Von 1920 bis 1925 Mitglied der Neuköllner Bezirksver- ordneten-Versammlung, von 1926 bis 1930 Stadtrat in Neukölln, von 1928 bis 1932 Mitglied des Magistrats von Berlin. 1928 als Abgeordneter in den preußischen Land- tag gewählt. Raddatz gehörte zu den 60 Funktionären der KPD, die am 28. Februar 1930 einen »Offenen Brief« herausgaben, dieser - von namhaften Berliner Funktionären unter- schrieben - richtete sich gegen die Linie des ZK und gegen die Theorie des »Sozial- faschismus«. Daraufhin aus der KPD aus- geschlossen, führte Raddatz gemeinsam mit dem Berliner Stadtrat Letz die »Gruppe 60« 251 noch eine Zeitlang weiter. Bis 1931 als frak- tionsloser Abgeordneter im Landtag, dann Übertritt zur SPD. 1933 gemaßregelt, kehrte Raddatz in seinen erlernten Beruf zurück. Er verdiente sich seinen Lebensunterhalt als Werkstattschrei- ber, wurde bald Werkmeister eines mittel- großen Betriebes. 1945 wieder Mitglied der SPD. Von der amerikanischen Besatzungsmacht 1945 zum Bezirksstadtrat für Sozialwesen in Neu- kölln berufen, nach dem Wahlsieg der SPD 1946 in diesem Amt bestätigt. Er blieb bis 1959 auf seinem Posten, in den letzten Jah- ren auch stellvertretender Bürgermeister von Neukölln. Durch seine Hilfsbereitschaft war »Papa Raddatz« weithin bekannt. 1959 verzichtete er aus Altersgründen auf seine Wiederwahl. In Anerkennung seiner Verdienste wurde ihm am 21. Januar 1959 die Würde eines Stadtältesten durch das Abgeordnetenhaus von Berlin verliehen. Trotz seines hohen Alters blieb er 2. Vor- sitzender der Arbeiterwohlfahrt in Berlin. Nach einer schweren Operation starb Rad- datz am 16. Februar 1964 in West-Berlin. RÄDEL, Siegfried (1893-1943) Am 7. März 1893 in Copitz bei Pirna gebo- ren, entstammte einer kinderreichen Beam- tenfamilie, lernte Zimmermann. 1912 Mit- glied der SPD. 1913 zum Militär einberufen, kam er bei Kriegsausbruch sofort an die Front. Nach Kriegsende Übertritt zur USPD. 1918/19 gehörte er dem Arbeiter- und Soldatenrat in Pirna an. 1919 wieder Zimmermann, Betriebsrat in einer Pirnaer Firma. Im gleichen Jahr Mit- glied der KPD. Er blieb in der KPD, als die große Mehrheit der Ortsgruppe Pirna 1920 zur KAP ging. 1921 Stadtverordneter in Pirna, Unterbezirksleiter und hauptamt- licher Funktionär der KPD. Auf dem Je- naer Parteitag 1921 und auf dem Leipziger Parteitag 1923 für den Bezirk Ostsachsen in den ZA gewählt. Nach dem Oktober 1923 polizeilich gesucht, lebte Rädel illegal 2^2 Rädel/Rasch und konnte erst nach seiner Wahl in den Reichstag 1924 wieder legal arbeiten. Anhänger der Parteilinken, gelangte im Mai 1924 in den Reichstag, dem er ununter- brochen bis 1933 angehörte. 1924/25 Org- leiter und nach dem »Offenen Brief« 1925 Polleiter des Bezirks Ostsachsen. 1926 ins ZK nach Berlin berufen, um die Sozial- politik zu bearbeiten. 1928 Rückkehr nach Sachsen, zunächst Polleiter des Bezirks Ost- sachsen, dann einige Zeit Polleiter von Westsachsen. 1931 übersiedelte Rädel endgültig nach Ber- lin, um die Leitung der Abteilung Sozial- politik beim ZK der KPD zu übernehmen. Er wurde auf dem XII. Parteitag 1929 als Kandidat ins ZK der KPD gewählt. Seit 1930 Vorsitzender der »Arso«, der kom- munistischen Arbeitsgemeinschaft sozialpoli- tischer Organisationen. Am 7. Februar 1933 nahm er noch an der letzten Sitzung des ZK der KPD in Ziegen- hals bei Berlin teil, dann wurde er zum Leiter der illegalen KPD in Sachsen berufen. Weihnachten 1933 verließ er Deutschland und leitete in Prag die Betreuung der kom- munistischen Emigranten und den illegalen Grenzverkehr nach Deutschland. Ende 1935 übernahm er die gleiche Aufgabe in der Schweiz. 1936 verhaftet und nach Frankreich aus- gewiesen. Hier konnte er zur Zeit der Volksfrontregierung legal leben und arbei- ten, auch in Frankreich war seine Haupt- aufgabe die Betreuung der Emigranten. Er gründete die Sozialvereinigung deutscher politischer Emigranten und organisierte die internationale Unterstützungsarbeit. 1939 war Rädel Teilnehmer der »Berner« Konferenz der KPD (bei Paris), auf der er als »Friedrich« ins ZK gewählt wurde. Bei Kriegsausbruch internierten ihn die franzö- sischen Behörden im Lager Vernet, in dem er drei Jahre lang festgehalten wurde. Um Rädel zu retten, verlieh ihm die Sowjet- union (durch den Botschafter in Vichy) im März 1941 die sowjetische Staatsangehörig- keit. Mit einem Transport sollte er per Schiff nach Rußland gelangen, doch der Ausbruch des deutsch-sowjetischen Krieges verhinderte diesen Plan. Rädel kam ins La- ger Castres. Er erhielt ein Einreisevisum nach Mexiko, doch die Regierung Pétain- Laval lieferte ihn im August 1942 an die Gestapo aus. Am 25. Februar 1943 beschloß der 5. Senat des »Volksgerichtshofes«: »Der Angeklagte Rädel hat durch den Ausbau und maßgeb- liche Betreuung deutscher kommunistischer Emigrantenorganisationen im Ausland den kommunistischen Hochverrat vorbereitet und wird deshalb zum Tode . . . verurteilt«. Am 10. Mai 1943 wurde Rädel im Zucht- haus Brandenburg hingerichtet. In seinem letzten Brief an seine beiden Söhne und seine Frau, die seit 1933 in Deutschland gelebt hatten, schrieb er, er habe »mit einer gewissen Bangigkeit« er- wartet, wie sie, die er lange Jahre nicht gesehen und denen er nur Schwierigkeiten gebracht hatte, reagieren würden. Seine größte Freude war, so schrieb er, daß sie trotzdem ihre »kindliche Liebe« zu ihm bewahrt hätten. RASCH, Irmgard (Enderle) (geb. 1895) Am 28. April 1895 in Frankfurt (Main) geboren, kam sie über die Freideutsche Ju- gend und eine sozialistische Studentengruppe an der Berliner Universität im November 1918 in Verbindung mit dem Spartakus- bund. Von Mitte 1919 bis Anfang 1929 im zentralen Apparat der KPD tätig. Zuerst in der Abteilung »Land«, dann als In- strukteurin in der Gewerkschaftsabteilung des ZK der KPD. Als die »Linke« unter Ruth Fischer die Leitung übernahm und die Gewerkschafts- abteilung aufgelöst und neubesetzt wurde, kam Irmgard Rasch als Gewerkschafts- redakteurin an den »Klassenkampf« in Halle. Hier blieb sie bis Mitte 1927, dann trat sie in die Gewerkschaftsredaktion der »Roten Fahne« in Berlin ein. Anfang 1929 als Mitglied der »rechten« Brandler-Gruppe aus der Partei ausgeschlos- sen. Sie war nun aktiv in der KPO, seit 1932 in der SAP. Irmgard Rasch heiratete August Enderle, kam dadurch nach Breslau, wo sie bald Mitglied der dortigen Ortslei- tung der SAP war. Im Juni 1933 von der Gestapo verhaftet, konnte sie aber zwei Monate später ent- kommen und war in Holland, Belgien und Schweden in der Emigration. Im Sommer 1945 kehrte sie mit ihrem Mann nach Deutschland zurück, wurde ebenfalls Redakteurin am »Weser-Kurier« in Bremen und 1947 am »Bund« in Köln. Zuletzt war sie Redakteurin der »Welt der Arbeit«, seit 1951 ist sie als freie Journa- listin tätig. Frau Rasch-Enderle gehört seit 1945 der SPD an, sie lebte 1969 in Köln. RAU, Heinrich (1899-1961) Am 2. April 1899 in Feuerbach bei Stutt- gart geboren, Sohn eines Landwirts. Ging nach der Schulentlassung als Arbeiter (Stan- zer und Metallpresser bei Bosch) in die Fabrik. 1913 Mitglied der Arbeiterjugend- bewegung. 1916 schloß er sich dem Sparta- kusbund an und kam 1917 zur USPD. 1917/18 Soldat an der Westfront. Seit Gründung der KPD 1919 in Stuttgart Mit- glied und Funktionär der Partei. 1920 kam Rau als hauptamtlicher Mitarbei- ter der KPD in die Zentrale nach Berlin, Sekretär der Abteilung Land, Mitheraus- geber verschiedener KPD-Zeitungen für die Bauernschaft (»Land- und Forstarbeiter«, »Der Pflug«). Von 1920 bis 1932 ununter- brochen Sekretär dieser Abteilung des ZK, gehörte außerdem zahlreichen internationa- len Organisationen (1923 bis 1933 Mitglied des internationalen Komitees der Land- und Forstarbeiter) an. 1928 in den preußischen Landtag gewählt, dem er bis 1933 an- gehörte. Rau war der typische Spezialist im ZK- Apparat, der sich aus allen internen Aus- einandersetzungen heraushielt und ver- Rasch/Rau 253 suchte, auf seinem Gebiet qualifizierte Ar- beit zu leisten. Durch unermüdliches Selbst- studium hatte er sich ein umfangreiches Wissen angeeignet. 1933 verhaftet und zu zwei Jahren Zucht- haus verurteilt. Nach der Verbüßung frei- gelassen, emigrierte er in die ÖSR und an- schließend in die Sowjetunion. 1937/38 nahm er am Spanischen Bürgerkrieg teil und wurde verwundet. Er war Kommissar, dann Stabschef und schließlich Kommandeur der XL Internationalen Brigade. Nach der Niederlage der spanischen Republik kam er nach Frankreich und übernahm die Leitung der IAH. Beim Kriegsausbruch interniert, ins Lager Vernet gebracht und 1942 an die Gestapo ausgeliefert. Bis zur Befreiung 1945 im KZ Mauthausen. 1945 Funktionär der KPD bzw. 1946 der SED. Vizepräsident der Landesverwaltung für die Landwirtschaft Brandenburg. 1946 bis 1948 amtierte er als Wirtschaftsminister des Landes Brandenburg. 1948/49 Vorsit- zender der Deutschen Wirtschaftskommis- sion. Ab Juli 1949 Mitglied des Parteivorstands bzw. des ZK der SED und auch des Polit- büros. 1949 Minister für Wirtschaftspla- nung in der ersten DDR-Regierung. 1950 Stellvertretender Ministerpräsident. 1950 bis 1952 Vorsitzender der Staatlichen Plan- kommission, 1953 bis 1955 Minister für Maschinenbau. Von 1955 bis zu seinem Tode war er Minister für Außenhandel und Innerdeutschen Handel. Rau gehörte die ganzen Jahre zur Spitzen- führung der SED, blieb auch in der SED, was ihn schon in der KPD auszeichnete: Spezialist für Wirtschaftsfragen. Aus den innerparteilichgen Kämpfen hielt er sich heraus. Er war ein verschlossener Mensch, der sich im Dienst seiner Sache auf- rieb, aber letztlich doch immer den Willen der Parteileitung ausführte. Geehrt mit fast allen Auszeichnungen, die die SED zu vergeben hatte, u. a. auch dem höchsten Orden, dem »Karl-Marx-Orden«. Er war auch Träger solcher Auszeichnungen wie des Rau/Rehbein 254 Ordens des Staatsbanners der Volksdemo- kratischen Koreanischen Republik oder des »Groß-Kordon zum Orden der Vereinigten Arabischen Republik«. In der Weimarer Republik veröffentlichte Rau eine Reihe Broschüren, die die kom- munistische Bauernpolitik erläuterten, dar- unter 1925 »Zur Vierhundertjahrfeier des deutschen Bauernkrieges« und 1936 »Hit- ler, Hunger, Krieg«. Heinrich Rau starb unerwartet am 23. März 1961, noch nicht 62jährig, an einem Herz- infarkt. REBE, Alfred (1893—1938?) Geboren am 25. Dezember 1893 in Berlin, arbeitete nach der Schulentlassung in Me- tallbetrieben. 1912 zur Marine eingezogen, blieb er auch im Krieg Matrose. Während der Novemberrevolution Oberheizer auf der »Moltke«. Er hatte großen Einfluß auf die Matrosen und war einer der Führer der Rebellion. Mitglied der SPD, trat nach der Revolution zur USPD über, kam mit der linken USP 1920 zur KPD. 1921 Redakteur an der KPD-Zeitung in Rostock und Vorsitzender KPD-Rostock, später an anderen KPD-Organen. 1924 Kandidat für die Reichstagswahl, jedoch nicht gewählt. 1927 kam er in die Redak- tion der »Roten Fahne«, wo er seit 1929 im politischen Ressort arbeitete. Im Jahre 1928 zeichnete er für die »Rote Fahne« verantwortlich. 1933 emigrierte Rebe in die Sowjetunion. Er arbeitete an verschiedenen deutschspra- chigen Zeitungen. 1938 im Kaukasus ver- haftet, verschwand er als Opfer der Stalin- schen Säuberung. REHBACH, Paul (1874-1934) Am 26. Februar 1874 in Finsternwalde ge- boren, lernte Bürstenmacher und ließ sich nach der Wanderschaft in Württemberg nieder. Zu Beginn des Jahrhunderts Mit- glied der SPD, im Krieg Übertritt zur USPD, mit der linken USP 1920 zur KPD. Seit 1922 Gemeinderat in Göppingen. Von 1924 bis 1928 Landtagsabgeordneter in Württemberg. Rehbach gehörte dem rechten Parteiflügel an und wurde deswegen 1928 nicht mehr zur Wahl aufgestellt. 1929 trat er aus der KPD aus. Er schloß sich 1931 der SAP an, für die er in Würt- temberg aktiv war. Im November 1932 kandidierte er auf der Reichsliste der SAP auf Platz 4, doch erhielt die SAP kein Reichstagsmandat. 1933 einige Zeit inhaftiert, starb Rehbach am 17. März 1934 in Göppingen, es ließ sich nicht ermitteln, ob in Freiheit oder in Haft. REHBEIN, Karl (1885-1956) Am 14. Oktober 1885 in Hanau geboren, lernte Goldschmied. 1902 Mitglied der Ge- werkschaft und 1905 der SPD. In Hanau gehörte er zum Kreis um Dr. med. Wagner. Dadurch kam er während des Krieges zum Spartakusbund, der in Hanau einen seiner Hauptstützpunkte hatte. Nach dem Weltkrieg wurde Rehbein Sekre- tär des Deutschen Metallarbeiterverbandes in Hanau. Seit Gründung Mitglied der KPD, Delegierter des Vereinigungspartei- tages mit der USPD im Dezember 1920. Bei der KAG-Krise 1921 neigte der Kreis um Dr. Wagner Levi zu. Rehbein prote- stierte gegen den Ausschluß Levis, er blieb aber in der Partei. 1924 wurde Rehbein in den preußischen Landtag gewählt, obwohl er zum rechten Flügel der Partei zählte. 1928 erneut Landtagsabgeordneter. Nach der Wittorf-Affäre im Dezember 1928 als Rech- ter aus der Partei ausgeschlossen. Mitbe- gründer der KPO. Er trat jedoch im April 1929 zur SPD über, für die er auch sein Landtagsmandat weiterführte. Im DMV Hanau bestand seit 1919 eine KPD-Mehr- heit, durch Rehbeins Übertritt fiel diese Mehrheit an die SPD. Rehbein blieb, in Hanau sehr populär, Sekretär des DMV. 1932 für die SPD erneut in den Landtag gewählt. Rehbein/Remmele Im Mai 1933 legte er sein Landtagsmandat nieder. Von 1933 bis 1936 war Rehbein arbeitslos und mußte mit einer Unterstüt- zung von 13,50 Mark seine fünfköpfige Familie ernähren. 1936 verhaftet, war er bis 1940 im KZ Sachsenhausen. Nach dem 20. Juli 1944 erneut verhaftet, kam er ins KZ Dachau, aus dem er 1945 befreit wurde. Durch eine Proklamation der Alliierten Mi- litärregierung am 1. April 1945 zum Poli- zeidirektor von Hanau ernannt. Die Stadt- verordnetenversammlung wählte Rehbein, der sich 1945 wieder der SPD angeschlossen hatte, am 18. Juli 1946 zum Oberbürger- meister von Hanau. Beide Ämter behielt er bis zu seinem Tode am 3. März 1956. Die Totenfeier zu seinen Ehren war über- füllt, Rehbein wurde als »Vater der Stadt« gerühmt und die Vertreter aller Parteien (SPD, CDU, FDP, BHE und auch die KPD) fanden lobende Worte für den Ver- storbenen. REIMANN, August (1895-?) Am 11. April 1895 in Striegau geboren; lernte nach dem Besuch der Volks- und Realschule Steinmetz. Als Soldat im Weltkrieg an der Front. 1918 Mitglied der USPD, 1920 mit deren linkem Flügel zur KPD. Reimann übte zunächst in Niederschlesien verschiedene Funktionen aus. 1925-1930 hauptamtlicher Funktionär der KPD, Org- leiter des Bezirks Schlesien. Delegierter auf den Parteitagen 1927 und 1929. Bei den Auseinandersetzungen mit den Rechten in den Jahren 1928/29 vertrat er die Linie des ZK. Bis 1931 noch als Parteisekretär in Schlesien. Im Februar 1932 wurde Reimann aus der KPD ausgeschlossen, er trat zur SAP über. Weitere Daten seines Lebenslaufs ließen sich nicht ermitteln. REITLER, Anna (1894-1948) Als Tochter eines Arbeitters am 3. Juni 1894 in Liblar geboren, arbeitete Anna Schnitzler in ihrer Jugend als Dienstmäd- *55 chen und kam nach Köln, wo sie den Ar- beiter Reitler heiratete. Frau Reitler schloß sich 1918 der USPD an und kam mit der linken USP zur KPD, in der sie verschiedene ehrenamtliche Funk- tionen ausübte. Längere Zeit Frauenleiterin der BL Mittelrhein. Sie zeichnete zeitweise verantwortlich für die Kölner KPD-Zeitung »Sozialistische Republik«. 1923 Delegierte des VIII. Parteitages. Im Mai 1924 zog sie als kommunistische Abgeordnete in den Reichstag ein, wurde aber im Dezember des gleichen Jahres nicht wiedergewählt. Sie trat später politisch nicht mehr hervor. Frau Reitler starb am 23. Juni 1948 in Markkleeberg bei Leipzig, sie war auch nach dem Zweiten Weltkrieg nicht mehr politisch tätig gewesen. REMMELE, Hermann (1880-1939) Am 5. November 1880 in Ziegelhausen bei Heidelberg geboren, entstammte einer Mül- lerfamilie, sein Vater war Besitzer einer Bauernmühle. Hermann Remmele stieß ebenso wie sein Bruder Adam (geb. 1877, später badischer Innenminister und Mini- sterpräsident) früh zur Arbeiterbewegung. Die Kindheit verlebte er in einem Bauern- dorf im Odenwald. Mit 14 Jahren kam er nach Ludwigshafen/Rhein in eine Lehre als Eisendreher. 1897 Mitglied der Metall- arbeitergewerkschaft. Nach der Gesellen- prüfung 1898 auf Wanderschaft. 1897 trat er der SPD bei. Remmele war einer der ersten, die 1901/03 in badischen Garnisonen illegal für die Sozialdemokratie warben. Er zählte zu den Mitbegründern der süddeutschen Arbeiterjugendbewegung. Die Sozialistische Jugend Offenbachs dele- gierte ihn 1907 zum Jugendkongreß, er wurde Sekretär der Konferenz. 1907/08 besuchte er die SPD-Parteischule in Berlin. Anschließend Parteifunktionär in Mann- heim. Mitarbeiter der »Leipziger Volks- zeitung«, ab 1910 Redakteur der Mann- heimer SPD-Zeitung »Volksstimme«. 2^6 Remmele Remmele stand auf dem linken Flügel der SPD, deren Mehrheit in Baden revisioni- stisch war. Am 12 August 1910 schrieb er in einem Brief an Kautsky, daß die linken Delegierten zum badischen Parteitag um Unterstützung durch einen guten Referen- ten, nicht Müller oder Ebert, sondern mög- lichst Molkenbuhr bäten. »Selbstverständ- lich verkriechen wir uns nicht angesichts der großen Übermacht ins Mauseloch«, meinte er. Von 1914 bis 1918 war Remmele als Soldat an der Front. Während eines Urlaubs 1916 sammelte er die Opposition der SPD in Mannheim. Delegierter auf dem Gründungs- parteitag der USPD 1917. Nach der Revo- lution 1918 zunächst Führer der USP in Mannheim, Vorsitzender des Arbeiter- und Soldatenrates. Er gehörte 1919 zu den Ini- tiatoren und Organisatoren der kurzlebigen Räterepublik in Mannheim. Im Frühjahr 1919 Übersiedlung nach Stuttgart, haupt- amtlicher Sekretär und Redakteur der USP in Württemberg. 1920 für die USPD in den Reichstag gewählt. Delegierter des Spal- tungsparteitags, Mitglied des Reichsaus- schusses, der Kontrollkommission und später des ZK der USPD. Mit dem linken Flügel der USP 1920 zur KPD. Auf dem Vereinigungsparteitag in die Zentrale der KPD gewählt. Seit dieser Zeit gehörte Remmele bis 1933 ununter- brochen der Zentrale bzw. dem ZK der KPD an. Als Zentralemitglied war er nach Berlin übersiedelt, wo er verschiedene Funktionen im Organisations-Apparat über- nahm. Er gehörte auch der 1923 gewählten Brand- ler-Zentrale an und beteiligte sich aktiv an der Vorbereitung des Oktober 1923. Als Kurier überbrachte er den Aufstandsbefehl nach Hamburg und war dort an den Kämp- fen beteiligt. Nach der Niederlage von der Polizei gesucht (Steckbrief: »1,68 m groß, blaugraue Augen, volles, fahles Gesicht«). Mit einem falschen Paß (Werner Luchholdt) hielt er sich in Deutschland auf, trennte sich von der Brandler-Führung und wurde ein Wortführer der Mittelgruppe, die nach der Moskauer Beratung vom Januar 1924 die Parteileitung innehatte. Remmele wurde bis April 1924 Vorsitzender der KPD. Auf dem IX. Parteitag 1924 blieb die Mit- telgruppe in der Minderheit, doch Remmele zog als Vertreter der Mittelgruppe auch in die neue, linke Zentrale. 1924 Mitglied des Polbüros; er gehörte diesem höchsten Partei- gremium bis 1932 an. Im Mai 1924 auch wieder in den Reichstag gewählt, dem er ohne Unterbrechung bis 1933 angehörte. Remmele und Thälmann wurden 1924 von Sinowjew als »das Beste und Kostbarste, was die deutsche Partei besitzt, ... das Gold der Arbeiterklasse« bezeichnet. Seit Herbst 1925 Mitglied des EKKI-Präsidiums. 1925 übernahm Remmele die Chefredaktion der »Roten Fahne«. Nach dem »Offenen Brief« vom September 1925 gegen die Ruth-Fi- scher-Führung stieg Remmeles Einfluß be- trächtlich, er spielte im Polbüro eine be- deutende Rolle in den Auseinandersetzun- gen mit den Linken. Von November 1925 bis Juni 1926 Polleiter des Bezirks Berlin- Brandenburg. Vom VI. Weltkongreß der Komintern 1928 erneut ins EKKI-Präsidium berufen, als Vertreter der KPD längere Zeit in Moskau. Als das ZK der KPD in der Wittorf-Affäre Thälmann seiner Funktionen enthob, schickte Stalin Remmele nach Deutschland, um den Beschluß sofort rück- gängig zu machen. In den folgenden Jahren spielte Remmele neben Thälmann und Neu- mann eine entscheidende Rolle in der deut- schen Partei, Mitglied des Politsekretariats. Auf dem XII. Parteitag der KPD 1929 wurde er ebenso wie Thälmann begeistert umjubelt, er hielt ein Referat über die Ver- teidigung der Sowjetunion. 1930 wurde Remmele zum Leiter des »Kampfbundes gegen den Faschismus« ernannt und in der KPD immer deutlicher neben Thälmann als Führer herausgestellt. Zu seinem 50. Ge- burtstag 1930 feierte ihn das ZK als »einen der besten der eisernen bolschewistischen Garde«. Er schrieb zahlreiche Broschüren und das zweibändige Buch »Die Sowjet- Remmele/Renner ^57 union«, das von der KPD in über 30 000 Exemplaren vertrieben wurde. Am 25. Mai 1931 wegen »Vorbereitung zum Hochverrat« zu 2V4 Jahren Festung verur- teilt; die Strafe brauchte Remmele nicht anzutreten, da er Reichstagsabgeordneter war. Neben Thälmann und Neumann war Rem- mele einer der Hautpvertreter des von der Komintern bestimmten ultralinken Kurses der KPD. 1932 versuchte er zusammen mit Neumann und der Mehrheit des Politbüros, Thälmann abzusetzen und sowohl gegen Nationalsozialisten wie gegen die SPD einen schärferen Kurs zu steuern. Im Zu- sammenhang mit der Maßregelung der »Neumann-Gruppe« wurde auch er ver- warnt. Doch während Neumann abgesetzt wurde, behielt Remmele seinen Sitz im ZK und im Politbüro und blieb bis 1933 in Berlin. Im Oktober 1932 mußte er aus dem Sekretariat des ZK ausscheiden. 1933 emigrierte er nach Moskau. Nachdem sein Fraktionsbriefwechsel mit Neumann gefunden wurde (Neumann hatte ihm ge- raten »Liebknecht und nicht Haase zu sein«, es also zur Spaltung kommen zu lassen) war seine politische Laufbahn be- endet. Im Januar 1934 mußte Remmele Selbstkritik üben und auch seine Theorien über den Faschismus widerrufen. Auch seine »Behauptung, daß die deutsche Arbeiter- klasse (1933) die schwerste Niederlage seit 1914 erlitten habe« erklärte er nun als »falsch«. Remmele lebte bis 1937 verfemt in Moskau und wurde dann zusammen mit seiner Frau Anna verhaftet. Auch sein Sohn Helmut, leitender Funktionär der Kommu- nistischen Jugend-Internationale, 1932 we- gen Zugehörigkeit zur Neumann-Gruppe ins Don-Revier versetzt, wurde 1937 ver- haftet. Nach einer Version wurde Hermann Remmele sofort erschossen, nach einer ande- ren soll er in einer Irrenanstalt ums Leben gekommen sein; jedenfalls wurde er ein Opfer der Stalinschen Säuberung. Die SED gibt neuerdings 1939 als Remmeles Todes- jahr an. RENNER, Rudolf (1894-1940) Als Sohn eines Bierhändlers am 27. März 1894 in Beule, Kreis Schwelm, geboren; lernte Steindrucker. 1910 Eintritt in die Gewerkschaft und die Sozialistische Jugend. Bei Kriegsausbruch zur Infanterie eingezo- gen, später Flugzeugbeobachter an der Front. 1916 schloß er sich der Spartakus- gruppe an. Kurz vor Kriegsende wegen illegaler politischer Betätigung festgenom- men. Von der Revolution befreit, in den Soldatenrat gewählt. Anfang 1919 zog Renner nach Elberfeld und schloß sich dort der KPD an. Als ge- schickter Redner, der sich eine gute All- gemeinbildung angeeignet hatte, wurde er von der Parteiführung schon 1919 als Sekre- tär eingesetzt, zunächst in einigen Städten des Rheinlands. 1920 schickte man ihn nach Sachsen. Volontär bei der Chemnitzer KP- Zeitung »Kämpfer», übernahm dann in Dresden das »Volksblatt« (ein Kopfblatt des »Kämpfer«). Als jüngster Abgeordne- ter zog er 1921 in den sächsischen Landtag ein, dem er ununterbrochen bis 1933 an- gehörte. Renner war bald einer der führenden Köpfe in Ostsachsen. Delegierter des Leipziger Parteitags 1923. Im gleichen Jahr absol- vierte er einen Halbjahreslehrgang an der Lenin-Schule in Moskau. Anfangs Anhänger der Brandler-Führung, paktierte er in der Ruth-Fischer-Ära mit den Linken. Während der Illegalität der KPD Anfang 1924 kurze Zeit inhaftiert. Nach dem »Offenen Brief» 1925 Anhänger des Thälmann-ZK. 1925 wurde in Dresden eine eigene Zeitung für Ostsachsen, die »Arbeiterstimme«, herausgegeben, deren Chefredakteur Renner von 1925 bis 1928 war. Der XII. Parteitag 1929 wählte ihn zum Mitglied des ZK. Von 1928 bis 1933 Vorsitzender der kom- munistischen sächsischen Landtagsfraktion, als schlagfertiger Parlamentarier bekannt. Als der NSDAP-Abgeordnete Studentow- ski Renner einmal beschimpfte: »Du mit dei- ner Glatze!«, antwortete ihm Renner 2 5 8 Renner/Richthofer prompt: »Wenn ich so viel Mist im Kopf hätte wie Du, würden mir wahrscheinlich auch Haare wachsen!« Anfang 1929 kam Renner als Kommissar des ZK nach Leipzig, er löste den »Ver- söhnler« Schumann als Polleiter ab. Im Februar 1929 übergab er diesen Posten Win- terich und kam nach Berlin, um den Presse- dienst der KPD zu übernehmen. Nach der Zusammenlegung der sächsischen Bezirke 1929 wurde er Chefredakteur der »Sächsi- schen Arbeiterzeitung« in Leipzig. 1932 be- rief ihn das ZK wieder in die Redaktion der »Roten Fahne« nach Berlin. Ende 1932 erneute Rückkehr nach Leipzig. Am 11. April 1933 wurde Renner in Leip- zig verhaftet und schwer mißhandelt. Zu- nächst wegen Tragens eines falschen Passes zu drei Monaten Gefängnis, im April 1934 wegen Vorbereitung zum Hochverrat zu drei Jahren Zuchthaus verurteilt. Nach Ab- lauf der Strafe kam er aus dem Zuchthaus Waldheim in die KZs Sachsenburg, Oranien- burg und zuletzt nach Buchenwald, wo er am 30. Juli 1940 starb. Renners Sohn Axel ist SED-Mitglied und Hauptmann der »Nationalen Volksarmee«. REPSCHLÄGER, Wilhelm (1870-1945) Am 17. März in Strasburg (Uckermark) geboren, lernte von 1884 bis 1887 das Zim- mererhandwerk. Er bereiste Deutschland und ließ sich 1893 in Berlin nieder. 1894 Mit- glied der Gewerkschaft und 1897 der SPD. Repschläger war aktiv im Zimmererverband tätig und übte lange Jahre ehrenamtliche Funktionen aus. 1917 trat er der USPD bei und kam mit deren linkem Flügel 1920 zur KPD. 1921 Vorsitzender des Zentralver- bandes der Zimmerer Berlins und Umge- bung und zugleich hauptamtlicher Sekretär dieser Gewerkschaft. 1925 in die Berliner Stadtverordneten-Ver- sammlung berufen; er zog 1928 für die KPD in den Reichstag ein, wurde aber 1930 nicht wiedergewählt. Seit 1929 leitete er den kom- munistischen Zimmererverband der RGO. Im November 1930 vor Gericht gestellt, da einige Artikel in einer KPD-Zeitung, für die er verantwortlich zeichnete, als »hoch- verräterisch« angesehen wurden. Dabei stellte sich heraus, daß er nur »Sitzredak- teur« war, und von Redaktionsarbeit nichts verstand. Er wurde freigesprochen. Später trat er politisch nicht mehr hervor. Rep- schläger starb 1945 in Berlin. RICHTHOFER, Otto (Pseudonym von: Rudolf Möller-Dostali) (1892-1961) Geboren am 1. April 1892 in Wiesbaden- Biebrich, erlernte das Malerhandwerk und übte seinen Beruf einige Zeit auf einer Schiffswerft aus. 1911 Mitglied der SPD. Er betätigte sich journalistisch und wurde Mitarbeiter mehrerer sozialdemokratischer Blätter. 1913 wanderte Rudolf Möller nach Brasi- lien aus und trat in die Dienste eines inter- nationalen Pressebüros in Sao Paulo. Nach dem Krieg kehrte er nach Deutschland zu- rück und trat 1920 der KPD bei, für die er einige Zeit die Bielefelder »Arbeiter- zeitung« redigierte. Von August 1925 bis Oktober 1926 Sekre- tär der KPD im Unterbezirk Bielefeld, dann als Polleiter für den Bezirk Nieder- sachsen in Hannover. In der KPD arbeitete er unter dem Namen Richthofer und war wegen seiner undurchsichtigen Vergangen- heit sehr umstritten. Die Opposition griff ihn vor allem deshalb an, weil er in Nie- dersachsen anfangs die Linie des ZK gegen die Linke und dann gegen die Versöhnler (Miller usw.) verteidigte. Richthofer blieb bis 1930 Polleiter in Nie- dersachsen, dann kam er als Sekretär ins Westeuropäische Büro der Komintern. 1931 lief ein Parteiverfahren gegen ihn, er be- schwerte sich 1932 beim ZK über den lang- samen Verlauf. Nach einer kurzen Tätigkeit in der sowjetischen Handelsvertretung in Berlin 1932 Mitglied der Presseabteilung des ZK. Von 1933 bis Juli 1934 war Richthofer Lei- Richthofer/Ries ter der illegalen »Roten Hilfe« in Berlin- Brandenburg. Flucht nach Prag; kurze Zeit Leiter der Prager Emigrantengruppe. Im Dezember 1934 trat er aus der KPD aus. Möller-Dostali wurde leitender Redakteur der Zeitschrift »Abendland«. Er floh 1938 nach England, wo er 1942 der SPD beitrat und 1944 in den Vorstand der »Vereinigung deutscher Sozialdemokraten« gewählt wur- de. Er gab einen regelmäßigen Informa- tionsdienst heraus, der hauptsächlich für die Deutschen in Südamerika bestimmt war. 1946 kehrte er nach Deutschland zurück und wurde Chefredakteur des Organs der Gewerkschaftsjugend »Aufwärts«. Von 1952 bis 1958 stand er an der Spitze des SPD-Unterbezirks Essen. Möller-Dostali er- krankte schwer und starb am 24. Januar 1961 in Essen. RIEGG, Franz Paul ( 1901-194$) Am 8. August 1901 in München als Sohn eines Schlossers geboren, besuchte in seiner Heimatstadt das Gymnasium, dann kauf- männischer Angestellter. 1921 Mitglied der KPD. Im Herbst 1923 aktiv an den Auf- standsvorbereitungen beteiligt, mußte aus Bayern flüchten. Als »Max Dänicke« kam er ins Ruhrgebiet. Anfang 1924 Volontär am »Ruhr-Echo«, dann Redakteur der »Westfälischen Arbeiter-Zeitung« in Dort- mund. 192$ Lokalredakteur des »Ruhr- Echo« für Essen. Der theoretisch versierte Riegg wurde im April 1926 Agitpropleiter der Bezirkslei- tung Ruhr, er behielt diese Funktion bis Ende 1927 und war gleichzeitig Lehrer an der zentralen KPD-Schule. Von Ende 1927 bis Frühjahr 1929 nahm er an einem Schu- lungskurs in der Sowjetunion teil. Nach seiner Rückkehr war er hauptsächlich mit Funktionen im illegalen KPD-Militär- apparat betraut. 1932/33 Redakteur an KPD-Organen in Berlin. Nach Hitlers Machtergreifung illegal für die KPD tätig. Ende 1933 verhaftet. Riegg wurde über 11 Jahre in Zuchthäusern und 259 KZs gefangen gehalten (Ludwigsburg, Dachau, Buchenwald, Neuengamme bei Hamburg). Er gehörte zu den 6000 Häft- lingen, die Anfang Mai 194$ in der Lü- becker Bucht auf das Schiff »Cap Arcona« verladen wurden. Am 4. Mai 1945, nach- mittags gegen 15 Uhr, wurde die »Cap Arcona« bombardiert, nur etwa 400 Häft- linge konnten sich retten. Riegg, der sich noch eine halbe Stunde vor der Bombardie- rung mit einem Mithäftling unterhalten hatte, gehörte nicht zu den Überlebenden. Auf Beschluß des Amtsgerichts München wurde Riegg 1951 für tot erklärt, als To- destag der 4. Mai 194$ festgestellt. RIES, Joseph (1900-1933) Sohn eines Schneidermeisters, am 7. No- vember 1900 in Bochum geboren. Als er 10 Jahre alt war, starb der Vater, der sich als selbständiger Schneider im Ruhrgebiet schwer durchs Leben hatte schlagen müssen. Seine Mutter eröffnete eine private Hand- arbeitsschule und ernährte so ihre beiden Söhne. Ries, dessen linke Körperseite durch eine überstandene Kinderlähmung erheblich ge- schwächt war, lernte Buchhändler. Damals stark nationalistisch eingestellt, verfaßte er während des Krieges in seiner Lehrzeit ein Jugenddrama unter dem Titel »Unsere Emden«. 1918 übersiedelte er nach Erfurt, wo er als Buchhändler arbeitete. Ein Jahr später wurde Ries, der inzwischen auch einen Ge- dichtband herausgegeben hatte, Initiator und Mitbegründer des Verlages für Jugend- literatur »Aufgang«; er gab die bürgerliche Jugendzeitschrift »Aufgang« heraus. Nach- dem der Verlag 1920 Konkurs machte, ar- beitete er wieder als Buchhändler. Er war zunächst eifriger Anhänger einer religiösen Sekte, der Gottsucher Much- Lamberts, doch wurde er bald radikal und wandte sich der politischen Linken zu. 1922 trat er dem KJV und 1923 der KPD bei. Er betrieb Kunststudien und war bis 1928 260 Ries/Ritter als Maler und Dekorationsmaler tätig. Ak- tiver KPD-Funktionär. 1928 besuchte er die KPD-Parteischule und kam als Redakteur an die KPD-Zeitung »Arbeiterwille« nach Suhl (Nachfolge- organ des mit Heym zur SPD gegangenen »Volkswillen«). 1929 übernahm er die Chefredaktion dieser Zeitung. Im Spät- sommer 1929 Redakteur am »Roten Echo« in Gotha, 1930 am »Thüringer Volksblatt« in Erfurt. Bis 1933 Redakteur, zugleich Mit- glied der KPD-Bezirksleitung Thüringen und einer ihrer bekanntesten Ideologen und Redner. Nach dem Verbot des »Thüringer Volks- blatt« im Februar 1933 lebte Ries illegal. Am 9. März 1933 verhaftet, von der SA am 28. Juni 1933 aus dem Gefängnis geholt und nach fürchterlichen Folterungen angeb- lich »auf der Flucht« niedergeschossen. Ries starb einige Stunden später im Kran- kenhaus. RITTER, Jakob (1886-1951) Als Sohn eines Stadtarbeiters am 26. Juni 1886 in Mannheim geboren, lernte Hechler (ein fast ausgestorbener Beruf in der Textil- Flachs-Industrie). Er gehörte zu den Mit- begründern der Arbeiterjugendbewegung in Mannheim und war seit 1905 Mitglied der SPD. 1908 von seiner Mannheimer Firma als Werkmeister nach Dresden geschickt. 1911 kehrte er nach Mannheim zurück, da er die Stellung eines Werkmeisters mit seiner so- zialistischen Ansicht für unvereinbar hielt. Er war in der Folgezeit als Metallarbeiter beschäftigt und im Krieg kurze Zeit Soldat. 1917 trat Ritter der USPD bei und kam mit deren linkem Flügel 1920 zur KPD. 1921 zog er als Abgeordneter in den badi- schen Landtag ein, dem er bis 1929 an- gehörte. Seit 1921 hauptamlicher Sekretär der KPD. Der Jenaer Parteitag 1921 und der Leipziger Parteitag 1923 beriefen ihn als Mitglied in den ZA. Anhänger des lin- ken Parteiflügels. 1924 Orgleiter des KPD- Bezirks Baden. Nach dem »Offenen Brief« 1925 gehörte die Leitung des Bezirks Baden unter Kenzler und Ritter nicht offiziell zur linken Opposition, neigte dieser aber zu. Anfang 1927, als die Linken in den anderen Bezirken bereits ausgeschaltet waren, kam es auch in Baden zu Debatten zwischen der linken Opposition und dem ZK. Ritter war neben Kenzler der führende Sprecher der Opposition. Im März 1927 als Orgleiter abgesetzt und am 29. Juli 1927 aus der KPD ausgeschlossen. Ritter behielt jedoch sein Abgeordnetenmandat im Landtag. Er trat dem »Leninbund« bei, dessen Führung er in Baden übernahm. Sekretär des »Lenin- bundes«, der in Baden einen seiner wichtig- sten Stützpunkte hatte. 1932 trat Ritter zur SAP über. 1934 verhaftet und wegen Weiterführung der illegalen SAP zu 2V2 Jahren Zuchthaus verurteilt. Anschließend kam er ins KZ Dachau, wo er bis 1942 inhaftiert war. 1942 sollte er als Zeuge in einem Prozeß vernommen werden und kam ins Zuchthaus Bruchsal. Ein Oberaufseher (ehemaliges Zentrumsmitglied), der vor 1933 mit Ritter im Landtagsausschuß zusammengearbeitet hatte, erkannte und unterstützte den Häft- ling Ritter. Der ohnehin kranke Gefangene wurde transportunfähig geschrieben und entlassen. Er mußte sich täglich bei der Polizei melden. Im Juli 1944 sollte er erneut festgenommen werden; er war aber von seiner Firma in die Nähe Bingens versetzt worden, dort hielt er sich vor der Gestapo verborgen. Nach Kriegsende gehörte Ritter zu den Mitbegründern der KPD in Baden. Er wurde Orgleiter der KPD in Baden und bei der ersten Wahl im November 1946 Abgeordneter des Württemberg-Badischen Landtags. Ritter blieb bei seiner alten oppositionellen Einstellung. Aus Protest ge- gen die Politik der KPD legte er am 19. August 1947 sein Landtagsmandat nie- der und trat als Orgleiter zurück. Am 18. Mai 1948 wurde er zum Beigeord- neten (Bürgermeister) der Stadt Mannheim Ritter/Rosenbaum 261 gewählt. Nach längerer Krankheit starb er unerwartet am 11. Oktober 1951. Er war bis zu seinem Tode Mitglied der KPD, übte aber keine Parteifunktion aus und stand im Widerspruch zur Parteilinie. Als über- zeugter Marxist und integrer Arbeiterver- treter verurteilte er die Praxis der SED in der DDR. Sein Sohn ist in der Mannheimer SPD aktiv. RÖTZSCHER, Otto Helmut (1895-?) 1895 in Sachsen geboren, besuchte die Prä- parandenanstalt und das Lehrerseminar in Chemnitz und wurde Volksschullehrer. 1918 Mitglied des Spartakusbundes, seit Grün- dung der KPD in der Partei, übte ehren- amtliche Funktionen aus. 1926 als Abgeordneter in den sächsischen Landtag gewählt, Sekretär der kommunisti- schen Parlamentsfraktion. Anhänger des rechten Parteiflügels. 1928/29 gehörte er zu den fünf Abgeordneten des sächsischen Landtags, die gegen das ZK standen. Am 1. April 1929 aus der KPD ausgeschlossen. Rötzscher trat der KPO bei und wurde von der KPO 1929 zu den sächsischen Landtags- wahlen nominiert, da sie aber keinen Sitz erhielt, nicht gewählt. Im August 1930 trat er zur SPD über. Weitere Daten seines Lebenslaufs ließen sich nicht ermitteln. ROSCHER, Max (1888-1940) Geboren am 22. Juli 1888 in Pockau (Erz- gebirge), lernte Maurer. Von 1905 bis 1908 bereiste er Deutschland als Wandergeselle. 19 ii Mitglied der SPD. Bei Kriegsausbruch Soldat, kam an die Front und unterhielt Verbindung zur Spar- takusgruppe. Bei Ausbruch der Revolution lag er in einem Münchener Lazarett. Er be- teiligte sich an den Kämpfen der Räte- republik und wurde Mitglied der KPD. 1919 Gemeindevertreter in Pockau. Bis 1922 arbeitete er als Maurer. Delegierter des Vereinigungsparteitags mit der USP 1920 und des Jenaer Parteitags der KPD 1921. 1923 hauptamtlicher Sekretär der KPD in Thüringen, 1924 kam er wieder nach Pockau zurück. Im Mai 1924 zog er in den Reichs- tag ein, im Dezember jedoch nicht wieder- gewählt. 1924 Agitpropsekretär der BL Chemnitz-Erzgebirge. 1926 bis 1929 Abge- ordneter des sächsischen Landtags. Unter- bezirksleiter in Flöha, später in Freiberg in Sachsen. Während der Auseinanderset- zungen mit den Rechten 1928/29 vertrat er die Linie des ZK. Wegen Vorbereitung zum Hochverrat 1932 inhaftiert, da er sehr krank war, aber nach einiger Zeit freigelassen. Roscher wirkte weiter als Sekretär der KPD in Freiberg. 1933 Emigration in die Tschechoslowakei. Um seine völlig zerrüttete Gesundheit wie- derherzustellen, wurde er in die Sowjet- union geschickt. Nach einem längeren Kur- aufenthalt ging er bei Ausbruch des Spanischen Bürgerkriegs nach Spanien und kämpfte in einer Internationalen Brigade gegen Franco. Vor Madrid wurde er schwer verwundet. Die an der Front und dann nach seiner Überführung in die Sowjetunion vorgenommenen Operationen konnten ihn nicht mehr retten, er starb am 28. August 1940 in einem Moskauer Erholungsheim. ROSENBAUM, Kurt (1896-?) Am 30. März 1896 in Lippstadt als Sohn eines Bankiers geboren, lernte Kaufmann und wurde Büroangestellter. Im Krieg kurze Zeit Soldat. Nach der Revolution 1918 Übersiedlung ins Ruhrgebiet. Ange- stellter der Konsumgenossenschaft. Seit 1918 Mitglied der USP, mit der linken USP 1920 zur KPD. Delegierter des Jenaer Partei- tags 1921. 1922 von der Konsumgenossenschaft entlas- sen, wurde er hauptamtlicher Mitarbeiter der KPD. Zunächst Redakteur in Essen, 1923 Orgleiter des Bezirks Rheinland-West- falen-Nord (später Ruhr). Ende 1923 schloß sich Rosenbaum dem linken Parteiflügel an. 262 Rosenbaum/Rosenberg Einige alte Linke (wie etwa Eppstein) betrachteten ihn mit Mißtrauen, sie meinten, er sei ein Opportunist. Auf dem Bezirks- parteitag Ruhr am 9. März 1924 wurde Rosenbaum von der linken Mehrheit zum Polleiter gewählt. Im Mai 1924 zog er in den Reichstag ein. Im Juni 1924 sandte ihn die Ruth-Fischer- Führung als Polleiter in den Bezirk Halle- Merseburg, der vorher der Mittelgruppe anhing, aber jetzt von den Linken über- nommen wurde. Von November 1924 bis Januar 1925 inhaftiert. Delegierter des IX. und X. Parteitags der KPD. Im Dezember 1924 wieder in den Reichstag gewählt, dem er bis 1928 an- gehörte. Rosenbaum blieb bis zum »Offenen Brief« im September 1925 Polleiter in Halle-Merseburg. Die neue Thälmann- Führung setzte ihn ab, obwohl er sich für den »Offenen Brief« aussprach. Das ZK schickte ihn im September 1925 als Chefredakteur nach Stuttgart. Im Oktober verhaftet, wurde er als Abgeordneter bald wieder auf freien Fuß gesetzt. Rosenbaum ging anschließend nach Berlin und wurde in der Folgezeit vor allem für Reichstagsarbei- ten freigestellt, aber auch in verschiedene Redaktionen entsandt. So arbeitete er 1927 einige Zeit an der »Sozialistischen Repu- blik«, dem KPD-Organ in Köln, löste im August 1928 Langner als Chefredakteur an der Mannheimer »Arbeiterzeitung« ab. Rosenbaum blieb bis Mai 1929 in Mann- heim, kam dann in untergeordneter Funktion nach Berlin und wurde 1930 als Redakteur nach Königsberg geschickt, wo er bis 1933 blieb. Über seinen Lebenslauf nach 1933 ließ sich nichts in Erfahrung bringen, es ist zu ver- muten, daß er als Jude emigrierte oder aber im KZ umkam. ROSENBERG, Arthur, Dr. phil. (1889 bis 1943) Geboren am 19. Dezember 1889 in Berlin, Sohn des Kaufmanns Georg Henry Rosen- berg. Seine Eltern kamen beide aus öster- reichischen Kaufmannsfamilien und waren kulturell sehr interessiert. Allerdings war der Vater Rosenbergs als Kaufmann wenig erfolgreich; beide Eltern starben früh. Ar- thur Rosenberg besuchte bis 1907 das Askanische Gymnasium in Berlin, er ließ früh seine Neigung zur Geschichte erkennen. Da er ein glänzender Schüler war, bekam er zeitweise eine Freistelle an der Schule. 1907 bis 1911 studierte er an der Universität Berlin Geschichte und klassische Philologie; mit einem Stipendium verbrachte er einige Zeit in Italien. Er hörte u. a. bei Eduard Meyer, der Rosenberg gut kannte und ihn sehr schätzte. Nachdem Rosenberg 1911 bei Otto Hirschfeld mit »Untersuchungen zur römischen Zenturienverfassung« promoviert hatte, arbeitete er an der Redaktion von Ullsteins Weltgeschichte mit und war einige Zeit bei der Frankfurter Zeitung. Im Ja- nuar 1914 habilitierte er sich mit »Der Staat der alten Italiker«, er wurde Privat- dozent für alte Geschichte an der Berliner Universität. Obwohl er in seinen Forschun- gen bereits marxistische Ansätze zeigte, stand er politisch der Arbeiterbewegung fern, noch 1914 zollte er Wilhelm II. über- mäßiges Lob. 1915 zum Militär eingezogen, war er zunächst im Kriegspresseamt tätig, später als Landsturmmann in Frankreich, wo er vor den Soldaten kulturgeschichtliche Vorträge hielt. 1917 kam er wieder ins Kriegspresseamt. Politisch entwickelte er sich 1918 rasch nach links, bei Ausbruch der Revolution trat er der USPD bei. Er war aktiv in der USP tätig, als Anhänger Lenins kam er mit dem linken USP-Flügel im Dezember 1920 zur KPD. Rosenberg, der sich durch zahlreiche wissen- schaftliche Veröffentlichungen 1918 bereits einen Namen gemacht hatte, trat nun vor allem politisch hervor. 1921 Stadtverord- neter in Berlin, Delegierter des Jenaer Par- teitags. 1922/23 im kommunistischen Presse- dienst tätig. In Berlin gehörte Rosenberg zur linken Opposition um Ruth Fischer, er Rosenberg/Rosenhainer-Fleischer 263 war Mitglied der Bezirksleitung. Nachdem die Linken 1924 die Parteiführung über- nahmen, wurde er auf dem Frankfurter Parteitag in die Zentrale der KPD gewählt. Im Mai 1924 zog er auch als Abgeordneter in den Reichstag ein. Mitglied des Polbüros der Ruth-Fischer- Ära, spielte Rosenberg als ideologisch-poli- tischer Kopf und Verantwortlicher für außenpolitische Fragen eine bedeutende Rolle. Auf dem V. Weltkongreß der Kom- intern 1924 wurde er zum Mitglied des EKKI und auch ins Präsidium des EKKI gewählt. Seit Frühjahr 1925 leitete er zusammen mit Scholem und Katz die ultralinke Opposition gegen die Ruth-Fischer-Führung. Auf dem X. Parteitag im Juli 1925 trotzdem ins ZK gewählt, wurde er nach dem »Offenen Brief« schrittweise verdrängt. Er distanzierte sich zusammen mit Scholem im Februar 1926 von Katz. Auf der EKKI-Tagung im März 1926 trennte er sich von der ultra- linken Gruppe, bald ging er zur Thälmann- Fraktion über. Rosenberg war auch im Dezember 1924 wieder in den Reichstag gewählt worden, er arbeitete aktiv im außenpolitischen Aus- schuß mit und war an den Untersuchungen über die Kriegsschuldfrage beteiligt. Auch für die KPD-Presse tätig. Im März 1927 nahm er noch am XI. Parteitag teil, vertrat aber zum Schluß schon sehr »rechte« The- sen, so nannte er als Hauptfeind der Partei die »scheinradikale Phrase«. Rosenberg erklärte am 26. April 1927 sei- nen Austritt aus der KPD »wegen des Ver- sagens der Komintern in der China-Frage«. In einem »Offenen Brief« schrieb er, die Politik Rußlands führe nach rechts, so daß die Komintern nur ein Hemmschuh werde und aufgelöst werden müsse. Die KPD be- schimpfte ihn nun als Hauptträger anti- kommunistischer Auffassungen in der KPD, der noch »1917 überzeugter Imperialist und Monarchist« und ohne jede marxistische Bildung gewesen sei. Am 2. November 1927 soll Rosenberg angeblich zur SPD über- getreten sein, doch das ist umstritten; nach seiner Aussage blieb er parteilos. Er behielt sein Reichstagsmandat bis 1928. In der Folgezeit vor allem wissenschaftlich tätig, wieder Dozent an der Berliner Uni- versität. Er schrieb eine Reihe von Büchern, die ihn als Historiker bekannt machten; in erster Linie seine Geschichte der Weimarer Republik; (vgl. die vollständige Liste der Arbeiten Rosenbergs bei H. Schachenmayer: »A. Rosenberg als Vertreter des histori- schen Materialismus«). Einige seiner Werke sind nach 1945 neu herausgegeben worden. Vor 1933 gehörte Rosenberg der »Deut- schen Liga für Menschenrechte« an, in der auch Prof. Einstein, Prof. Gumbel u. a. wirkten. 1933 von der Berliner Universität verjagt, emigrierte Rosenberg nach England, wo er von 1934 bis 1937 als Gastprofessor an der Universität Liverpool lehrte. Während die- ser Zeit wurde ihm die deutsche Staats- angehörigkeit entzogen, gerade als in Liver- pool sein drittes Kind geboren wurde. Er schrieb an die Deutsche Botschaft in Lon- don: »Soweit Sie überhaupt imstande sind, mir die deutsche Staatsangehörigkeit abzu- sprechen, möchte ich Sie bitten, damit dies in meiner Familie einheitlich geschieht, auch meinem jüngsten, in England geborenen Sohn die deutsche Staatsangehörigkeit ab- zusprechen.« 1937 ging Rosenberg in die USA, wo er bis zu seinem Tode am 7. Februar 1943 in Brooklyn als Professor lehrte. Rosenbergs Familie lebt in den USA, seine Schwester in London. ROSENHAINER-FLEISCHER, Helene (1899-1941) Helene Rosenhainer wurde am 11. Juni 1899 als Kind eines Arbeiters und lang- jährigen Sozialisten in Leumnitz bei Gera geboren. Als junge Textilarbeiterin schloß sie sich der Sozialistischen Jugend an. 1921 Eintritt in die SPD, 1923 Übertritt zur KPD. 264 Rosenhainer-Fleischer/Rothkegel Seit 1926 Betriebsratsvorsitzende der Textil- fabrik Feisthorn in Gera, 1927 Stadtver- ordnete in Gera. 1929 als Abgeordnete in den Thüringer Landtag gewählt, im gleichen Jahr ZK-Mitglied. 1930 heiratete sie den Arbeiter Fleischer. Im gleichen Jahr Mit- glied der Bezirksleitung Thüringen, im Juli 1930 Besuch eines Kurses der Parteischule Fichtenau. Im Juli 1932 zog sie als Ab- geordnete in den Reichstag ein, dem sie bis 1933 angehörte. 1934 wegen illegaler Arbeit für die KPD in Apolda verhaftet. Zu drei Jahren Gefäng- nis verurteilt. 1937 schwerkrank aus der Haft entlassen, setzte sie die illegale Arbeit fort. 1941 erneute Festnahme durch die Gestapo, am 26. Juni 1941 wurde sie in Stadtroda ermordet. ROSENTHAL, Frieda (1891-?) Frieda Schrinner wurde am 9. Juni 1891 in Berlin geboren. Sie lernte Näherin und war bis 1919 in einer Kleiderfabrik beschäftigt. Nach der Heirat mit dem Angestellten Rosenthal wurde sie in die Sozialfürsorge übernommen und arbeitete als Fürsorgerin in Berlin-Lichtenberg. 1919 Mitglied der USPD, 1920 mit der linken USP zur KPD. Sie stand in der KPD auf dem linken Par- teiflügel. Seit 1924 Mitglied der Bezirks- leitung Berlin-Brandenburg, zunächst Sekre- tärin für Agitprop-Arbeit, dann für Frauen- arbeit. Delegierte des X. Parteitags 1925. Sie schloß sich nach dem »Offenen Brief« im September 1925 der linken Opposition an, bereits im November 1925 ging sie aber zur Parteimehrheit über. Seit 1924 Stadtverordnete in Berlin, arbei- tete sie wieder als Fürsorgerin. Ab 1929 hauptamtliche Stadträtin in Berlin. Im Fe- bruar 1930 unterschrieb sie den oppositio- nellen »Brief der 60«, zusammen mit Rad- datz, Letz u. a. und wurde aus der KPD ausgeschlossen. Sie gehörte einige Zeit zur »Gruppe 60«, war dann Mitglied der SPD und vor 1933 der SAP. Weitere Daten ihres Lebenslaufs ließen sich nicht ermitteln. ROTH, Katharina (1882-1967) Am 26. Juni 1882 wurde Katharina Sehnert in Schaafheim (Hessen) geboren. Sie war bis zu ihrer Verheiratung Dienstmädchen. 1907 Mitglied der SPD. Während des Krieges trat sie zur USPD über und kam mit der linken USP 1920 zur KPD. Für die KPD übte Frau Roth in Hessen verschiedene ehrenamtliche Funktionen aus, sie war auch Frauenleiterin. 1922 rückte sie als Abgeordnete in den hessischen Landtag nach, 1924 erneut in das Landesparlament gewählt. Sie gehörte dem linken Flügel der KPD an und war nach dem »Offenen Brief« aktiv für die linke Opposition tätig. Am 25. Mai 1927 aus der KPD ausgeschlossen, behielt sie ihr Mandat bis zum Ablauf der Legis- laturperiode im November 1927. Sie unter- schrieb einen Aufruf der linken Kommuni- sten im März 1928 und schloß sich dem »Leninbund« an. Später trat sie politisch nicht mehr hervor. Sie lebte nach 1945 in Langen, Kreis Offenbach, und starb am 3. Juni 1967 in Darmstadt. ROTHKEGEL, Rudolf (1889-1964) Am 10. Dezember 1889 in Winnweiler (Pfalz) geboren, lernte Former. 1909 Mit- glied der Gewerkschaft und 1910 der SPD. Von 1912 bis 1915 in Hamburg als Former beschäftigt, dann zum Militär eingezogen. Er geriet noch 1915 in russische Kriegs- gefangenschaft. Im November 1918 wurde er zum Vorsitzenden des Zentralrats deut- scher revolutionärer Arbeiter und Soldaten in Moskau gewählt, trat 1919 der russischen KP bei und half in Moskau beim Aufbau der Internationalen Arbeiterhilfe (IAH). 1924 Rückkehr nach Deutschland. Mitglied der KPD, 1927/28 Abgeordneter der Ham- burger Bürgerschaft. Später arbeitete er vor allem im illegalen Militär-Apparat der KPD. 1933 verhaftet, war Rothkegel ununterbro- chen bis 1945 in Zuchthäusern und KZs eingekerkert. 1945 im KZ Flossenbürg in- Rothkegel/Rubiner 265 haftiert, wog er nur noch 91 Pfund. Mit anderen Häftlingen wurde er bei Kriegs- ende in eine Wehrmachtsuniform gesteckt und geriet noch in amerikanische Kriegs- gefangenschaft. Im Juli 1945 entlassen, ging er nach Forst (Lausitz), wo er noch An- gehörige vermutete. Wieder Mitglied der KPD bzw. der SED, zunächst 2. Vorsitzender des FDGB in Forst, dann fünf Jahre lang Bürgermeister in Forst und schließlich Kandidat der SED- Bezirksleitung Cottbus. 1957 mit dem »Vaterländischen Verdienstorden« in Silber geehrt. Rothkegel lebte zuletzt als Partei- veteran in Cottbus, wo er am 13. Oktober 1964 starb. RUBINER, Frida (1879-1952) Frida Jekak, am 28. April 1879 in Mariam- pol geboren, entstammte einer ärmlichen, vielköpfigen jüdischen Kleinbürgerfamilie. Sie lernte Schneiderin und mußte lange Jahre ihre ganze Familie ernähren. Um die Jahrhundertwende kam sie nach Zürich, wo sie unter großen Schwierigkeiten Philosophie studierte und sich als Schneide- rin das Studium verdiente. Sie heiratete in der Schweiz den deutschen Schriftsteller und Pazifisten Ludwig Rubiner, von dem sie sich bald wieder trennte. 1906 übersiedelte sie nach Frankfurt, wo sie sich der SPD anschloß, 1908 kam sie nach Berlin. Kurz vor Ausbruch des Ersten Weltkrieges ging sie wieder in die Schweiz zurück. Sie gehörte zur Gruppe der »Zimmerwalder« Linken unter Führung Lenins. Sie war die Übersetzerin der ersten deutschen Ausgabe von Lenins »Staat und Revolution«. Frau Rubiner wurde Ende 1918 aus der Schweiz ausgewiesen, sie kam nach Mün- chen, wo sie aktiv an der Räterepublik teil- nahm. Seit Gründung der KPD Mitglied dieser Partei, gehörte sie unter dem Pseud- onym »Friedjung« dem Propagandaaus- schuß der Räteregierung an, der im Wittels- bacher Palais tagte; außerdem der Verkehrs- kommission. Im November 1919 vom Volksgerichtshof in München zu einem Jahr neun Monaten Festung verurteilt. Nach Strafverbüßung Redakteur an der Wiener »Roten Fahne«, 1920 als Korrespondentin der Inprekorr nach Moskau. 1923 sympa- thisierte sie mit der linken Opposition. Sie stand seit Anfang 1924 in freundschaft- lichem Briefwechsel mit Ruth Fischer und Maslow. Nachdem die Linken 1924 die KPD-Führung innehatten, kam Frida Rubi- ner nach Deutschland zurück und übernahm in der KPD verschiedene Funktionen. Bis 1927 war sie politische Redakteurin der »Roten Fahne«. 1928 wirkte sie als Leh- rerin an der KPD-Parteischule. Sie schrieb viele Broschüren für die KPD und über- setzte wichtige Werke aus dem Russischen ins Deutsche (z. B. Sinowjew-Lenin: Gegen den Strom; Bucharin: Ökonomik der Trans- formationsperiode; Lenin: Materialismus und Empiriokritizismus). 1930 ging sie wieder nach Rußland und arbeitete an wissenschaftlichen Instituten. Während des Zweiten Weltkrieges war sie vor allem pro- pagandistisch in Kriegsgefangenenlagern tätig. 1945 kam Frida Rubiner wieder nach Deutschland, wurde Mitglied der KPD bzw. der SED und übernahm 1946 als Dekan die Fakultät »Grundfragen des Marxismus« an der SED-Parteihochschule »Karl Marx«. 1949 bekam sie den Dr. h. c. der Univer- sität Leipzig. Nach einem Unglücksfall kehrte sie in die Sowjetunion zurück und starb am 21. Ja- nuar 1952; ihre Urne wurde am 27. Januar 1952 in Berlin beigesetzt. Frida Rubiner hatte immer versucht, nicht von der Parteilinie abzuweichen. Sie be- fürchtete in der Stalin-Ära das Schlimmste, kannte sie doch alle Hintergründe der Stalinschen Säuberung, sie hatte ja nicht nur fast alle »Parteifeinde« wie Trotzki, Sinowjew und Bucharin ins Deutsche über- setzt, sondern war mit den meisten auch ziemlich gut persönlich bekannt gewesen. 266 Rück RÜCK, Fritz (1895-1959) Am 15. April 1895 in Stuttgart geboren, Sohn eines Schreiners, lernte von 1909 bis 1913 Schriftsetzer. Schon als Lehrling war er Funktionär der sozialistischen Jugend- bewegung. 1913 Mitglied der SPD, ging auf Wanderschaft und mußte 1915 zum Militär einrücken. 1916 wegen Dienstverletzung aus dem Heeresdienst entlassen. Er begann als Journalist zu arbeiten, 1917 bei der von der USP herausgegebenen Stutt- garter Zeitung »Sozialdemokrat«. Rück war Mitglied der Spartakusgruppe, auf dem Gründungsparteitag der USPD 1917 ver- trat er den Spartakusbund und hielt ein Korreferat. Während der Novemberrevolution 1918 in Stuttgart einer der Führer der Revolution. In der Frühzeit der KPD spielte er eine große Rolle; er war auf fast allen Partei- tagen der ersten Jahre als Delegierter und Redner. Im Januar 1920 übersiedelte er von Stutt- gart nach Leipzig, bis April 1920 Redak- teur. Nach mehrmonatiger Mitarbeit an der »Roten Fahne« in Berlin kehrte er nach Württemberg zurück und war für die KPD als »Wanderredner« aktiv. 1921 politischer Redakteur der »Roten Fahne« in Berlin. Delegierter auf dem III. Kongreß der Kom- intern in Moskau. 1921 auch einige Monate inhaftiert. Ab Sommer 1922 politischer Re- dakteur einer kommunistischen Zeitung in Augsburg. Nach deren Verbot 1922 politi- scher Redakteur der Jenaer »Neuen Zei- tung«, dann des Chemnitzer »Kämpfer«. Rück zählte zum rechten Parteiflügel, 1924/ 1925 trat er daher etwas zurück, er war beim »Führer-Verlag« beschäftigt (ein kommunistisch-gewerkschaftlicher Verlag). 1925 wieder Wanderredner der KPD. 1926 spielte Rück im Ausschuß für Fürsten- enteignung eine Rolle. 1927 war er in der Agitpropabteilung des ZK tätig, dann ar- beitete er für die Inprekorr. Rück war nicht nur ein begabter Schriftsteller, er hat sich auch als Dichter versucht. Im November 1927 gründete er gemeinsam mit Johannes R. Becher und Kläber die »Proletarische Feuilleton-Korrespondenz«. In den folgen- den Jahren trat er vor allem mit Feuille- tons, Erzählungen und Gedichten in der KP-Presse hervor. Obwohl auf dem rechten Parteiflügel ste- hend, verließ er die Partei nicht mit den Rechten 1928/29, sondern trat erst 1930 aus der KPD aus. 1932 ging er zur SAP, war als freier Schriftsteller und Wander- redner für die SAP aktiv. In dieser Partei gehörte er zum äußersten linken Flügel, der mit der KPD sympathisierte. 1933 Emigration in die Schweiz. Er ver- diente seinen Lebensunterhalt als Mitarbei- ter verschiedener Gewerkschaftszeitungen und linker sozialdemokratischer Blätter. Im Auftrag schweizerischer Arbeiterzeitungen ging er 1937 nach Schweden, dort Korre- spondent und später Mitarbeiter mehrerer Zeitungen. Er beherrschte rasch die schwedi- sche Sprache und schrieb nicht nur Artikel, sondern auch Bücher in Schwedisch, über- setzte schwedische Gedichte ins Deutsche und schrieb ein Familienbuch von den er- sten Lebensjahren seiner Kinder »Die Re- publik der Drillinge«. Sein Werk »Friede ohne Sicherheit« erschien später auch in Deutschland. 1951 kehrte er nach Deutschland zurück und wurde Redakteur des Zentralorgans der Industriegewerkschaft Druck und Pa- pier, »Druck und Papier«. Mitglied des Bundesausschusses dieser Gewerkschaft und Vorsitzender der Touristenorganisation »Die Naturfreunde« in der Bundesrepu- blik. Politisch war er in der SPD organi- siert. Rück war einer der bekanntesten Gewerk- schaftsredakteure, oft umstritten, aber eine außergewöhnliche Persönlichkeit. Im Früh- jahr 1955 erschien sein Gedichtband »Der Mensch ist frei«. Auch sein Rußlandbuch »Koloß auf stählernen Füßen« fand Be- achtung. In seinen Mußestunden ging er seinem Hobby, der Malerei nach. Rück starb nach längerer Krankheit am 18. November 1959 in Stuttgart. Sachse/Saefkow 267 SACHSE, Willy (1896-1944) Am 7. Januar 1896 in Leipzig geboren, entstammte einer Kleinbürgerfamilie. Nach dem Realgymnasium besuchte er ein Techni- kum. Im Oktober 1914 zur Marine ein- gezogen, Oberheizer auf dem Linienschiff »Friedrich der Große«. Anhänger der USPD, spielte er bei der Flottenmeuterei 1917 eine große Rolle. Zusammen mit Reich- pietsch, Köbis, Becker und Weber wurde Sachse am 26. August 1917 zum Tode verur- teilt. Während Reichpietsch und Köbis er- schossen wurden, verwandelte man die Stra- fen der anderen Verurteilten in Zuchthaus- strafen. Sachse erhielt 15 Jahre Zuchthaus. Durch die Revolution 1918 befreit, schloß er sich der USP an und war zunächst Mit- glied des Zentralrats der revolutionären Matrosen, dann Mitglied des Arbeiter- und Soldatenrates in Leipzig. Mit der linken USP 1920 zur KPD, füh- rend an der Märzaktion 1921 in Mittel- deutschland beteiligt. 1922 hauptamtlicher Sekretär im KPD-Unterbezirk Bitterfeld. Im gleichen Jahr wurde Sachse als Org- berater nach Luxemburg geschickt. Der Je- naer Parteitag 1921 und der Leipziger Par- teitag 1923 wählten ihn in den Zentral- ausschuß der KPD. Im Februar 1923 zum Polleiter (Nachfolger Schumanns) des Bezirks Halle-Merseburg gewählt. 1924 von der linken Führung als Polleiter in den Bezirk Hessen (Frankfurt) gesandt, dort wirkte er unter dem Pseudo- nym Schuhmann. Von Hessen kam er 1925 nach Hamburg (Pseudonym »Willy Halle«), um von Oktober 1925 bis Januar 1926 als Polleiter den Bezirk Wasserkante zu führen; anschließend Orgleiter in Hamburg. Am 6. März 1926 brachte das SPD-Organ »Hamburger Echo« Auszüge aus dem Gna- dengesuch, das Sachse 1917 angeblich an den Kaiser geschrieben haben sollte und das mehr als unterwürfig abgehalten war. Er erklärte, daß die Gnadengesuche gar nicht von den Verurteilten stammten; wurde aber trotzdem vom ZK abgelöst, da er in Ham- burg ohnehin einen schweren Stand hatte. Eine Zeitlang war Sachse in Moskau, dann arbeitete er an verschiedenen KP-Zeitungen, bis er 1927 an die Leipziger KP-Zeitung »Sächsische Arbeiterstimme« kam. Wegen Differenzen mit der Partei gab er Mitte 1928 die hauptamtliche Tätigkeit auf und arbeitete wieder als Techniker. Er entfernte sich von der KPD und nahm Kontakte zu Rechtskreisen (um Beppo Römer) auf, die mit der KPD zusammenarbeiteten. Nach 1933 war Sachse in Berlin-Wedding als Techniker tätig. Ende der dreißiger Jahre übernahm er die Gruppe »Nord« der von Beppo Römer geführten illegalen Widerstandsgruppe. Diese Gruppe ver- einigte sich 1941 mit der kommunistischen Uhrig-Gruppe. Im Januar 1942 verhaftete die Gestapo Sachse, dessen Sohn zu dieser Zeit als Soldat fiel. Nach zweijähriger Untersuchungshaft im Polizeigefängnis Alexanderplatz, dem KZ Sachsenhausen und den Zuchthäusern Moabit, Landsberg und Plötzensee wurde er vom »Volksgerichtshof« zum Tode ver- urteilt und am 21. August 1944 in Branden- burg mit dem Fallbeil hingerichtet. In sei- nem letzten Brief an seine Frau schrieb er: » . .. Es war ein hartes Ringen, dieses Le- ben, es geht ebenso hart und unerbittlich zu Ende, aber Du lebst und hütest unser An- denken in Liebe und Treue, und darum er- füllt sich das irdische Streben gut...« SAEFKOW, Anton (1903-1944) Am 22. Juli 1903 in Berlin geboren, ent- stammte einer sozialistischen Arbeiterfami- lie. Schon als Schlosserlehrling trat er 1920 dem Kommunistischen Jugendverband bei und war seit 1922 Mitglied der Berliner Leitung des KJV, 1923 kam er ins ZK des KJV. Ein Jahr später wurde er hauptamt- licher Funktionär der Kommunistischen Ju- gend, er war zunächst Kurier der KPD, der er seit 1924 angehörte. Im August 1924 in Bayern mit falschen Papieren verhaftet (»Ferdinand Merker«) und im November zu drei Monaten Ge- 168 Saefkow/Sanneck fängnis verurteilt. 1927 Parteisekretär, zu- nächst in Berlin, dann Sekretär für Gewerk- schaftsfragen in Ostsachsen (Dresden). Im April 1929 übernahm Saefkow die gleiche Funktion in der Bezirksleitung Ruhr in Essen. Nadi Gründung der RGO von 1929 bis Mitte 1932 Leiter dieser Organi- sation im Ruhrgebiet. 1932 kam er als Pol- leiter des Bezirks Wasserkante nach Ham- burg. Am 16. April 1933 verhaftet, bis April 1934 im KZ eingesperrt, anschließend zu 2V2 Jahren Zuchthaus verurteilt. Nadi Ver- büßung dieser Strafe ins KZ Dachau ein- geliefert, wo er zu weiteren zwei Jahren Haft verurteilt wurde, weil er im KZ eine Gedächtnisfeier für Edgar André veran- staltete. Im Juli 1939 aus dem KZ entlassen, nahm er die illegale Arbeit wieder auf und baute während des Krieges in Berlin die neben der Schumann-Gruppe größte und bedeu- tendste illegale Widerstandsorganisation der KPD auf. Er hatte auch Verbindung zu den Kreisen des 20. Juli. Im Juli 1944 wurde Saefkow verhaftet, zum Tode verurteilt und am 18. September 1944 in Brandenburg hingerichtet. In seinem letzten Brief an seine Frau schrieb er: »Schon mit diesem Brief will ich Dir, mein Kamerad, danken für das Große und Schöne, das Du mir in unserem gemeinsa- men Leben gegeben hast. Am 5. September bin ich vom Volksgerichtshof zum Tode verurteilt. Erst heute, mit diesen Zeilen, habe ich wegen der Gedanken an Euch die ersten nassen Augen nach dem Urteil. Denn das Weh, das mich zerreißen könnte, hält der Verstand zurück. Du weißt, ich bin ein kämpferischer Mensch und werde tapfer sterben. Ich wollte immer nur das Gute ...« Saefkows (zweite) Frau Änne starb am 4. August 1962 als SED-Parteiveteranin in Ost-Berlin, wo noch zwei seiner Töchter leben. SÄMISCH, Arthur (1878-1936?) Geboren am 21. Februar 1878 in Markran- städt (Sachsen). Nach der Kürschnerlehre Wanderschaft in Deutschland und im Aus- land. 1904 Eintritt in die SPD. Anfang 1914 hauptamtlicher Sekretär der SPD in Schkeuditz. 1917 Übertritt zur USPD und deren Sekretär in Halle. 1914 bis 1919 Stadtverordneter in Schkeu- ditz. 1919 in die preußische Nationalver- sammlung gewählt. 1920 Delegierter des Spaltungsparteitags der USPD, mit der lin- ken USP zur KPD. 1922 bis 1926 Mitglied der KPD-Bezirksleitung Halle-Merseburg, Sekretär in Merseburg. Vom VIII. Parteitag 1923 in die Revisions- kommission berufen. 1927 wählte man Sä- misch zum Reichsrevisor der KPD und da- mit zum Mitarbeiter des ZK. 1929 Rück- kehr nach Halle, Sekretär für Gewerk- schaft in der Bezirksleitung bis 1931. 1932 Kandidat für den preußischen Landtag, je- doch nicht gewählt. Sämisch soll 1936 verstorben sein. SANNECK, Albert (geb. 1901) Am 13. Januar 1901 in Scharfstock Kreis Wismar geboren, nach der Entlassung aus der Volksschule von 1915 bis 1921 Land- arbeiter in Mecklenburg. 1921 Übersiedlung nach Hamburg, wo er als Speditionsarbeiter sein Brot verdiente und 1922 der KPD bei- trat. Seit 1924 als Bauarbeiter beschäftigt. 1927 hauptamtlicher Funktionär, zuerst Redak- teur an der »Hamburger Volkszeitung«, kam 1928 in die KPD-Bezirksleitung Was- serkante und wurde Mitglied der Hambur- ger Bürgerschaft, der er bis 1931 angehörte. Nach Differenzen mit der Parteiführung trat er 1930 aus der KPD aus und wurde im gleichen Jahr noch Mitglied der SPD, für die er noch ein Jahr lang sein Mandat ausübte. Später trat er politisch nicht mehr hervor. Sanneck lebte 1969 in Hamburg, er ist Mit- glied der SPD. Schaible 269 SCHAIBLE, Richard Otto (1900-1953) Als Sohn eines Buchbinders und sozial- demokratischen Funktionärs am 7. Novem- ber 1900 in Leipzig geboren. 1915 Beginn einer Kaufmannslehre in Hamburg und Eintritt in den sozialdemokratischen Ju- gendbund. Dort Widerstand gegen die sozialdemokratische Kriegspolitik. Nach der Auflösung der Jugendorganisation durch die SPD (März 1916) illegale Jugendarbeit. Verbreitung von Material der Spartakus- gruppe und der Bremer Linksradikalen. September 1917 verhaftet, militärische Schutzhaft. Januar 1918 vom Kriegsgericht wegen Verbreitung illegaler Schriften zu sechs Monaten Gefängnis verurteilt. Nadi drei Monaten vom Hamburger Senat be- gnadigt, Einziehung zum Heeresdienst. Aus- bildung als Pionier-Minenwerfer in Arys (Ostpreußen). September 1918 zum 2. M. W. Feldrekrutendepot nach Frank- reich und Belgien. Nach der Revolution nach Hamburg. Hier Mitbegründer der linksradikalen Partei (Internationale Kom- munisten) und der kommunistischen »Freien Jugend«. In der ersten Mitgliederversamm- lung in den Vorstand gewählt. Seit Grün- dung Mitglied der KPD. Mitarbeit an der »Kommunistischen Arbei- terzeitung«. Ende 1919 auf Wunsch des Jugend-ZK nach München übergesiedelt, dort und in Augsburg die nach der Nieder- schlagung der Räterepublik zerschlagene Jugendorganisation wieder aufgebaut. Mitte 1920 Rückkehr nach Hamburg. Im März 1921 als Volontär in die Redaktion der Berliner »Roten Fahne«, eingetreten. An- fang 1922 in Hamburg in die Redaktion der »Hamburger Volkszeitung« übernom- men, zunächst Gewerkschaftsredaktion, dann politische Redaktion. Schaible war Teilnehmer am Oktoberauf- stand 1923 in Hamburg. Während des KPD-Verbots Redakteur der illegalen »Hamburger Volkszeitung«, 1924 kurze Untersuchungshaft. Danach Versetzung nach Stuttgart, wo er von Mai bis August 1924 Chefredakteur der »Süddeutschen Arbeiterzeitung« war. Erneute Unter- suchungshaft wegen Hochverrat, außerdem zu drei Monaten Gefängnis wegen Presse- vergehens verurteilt. Schaible wurde 1925 im Urbahns-Prozeß zu 2V2 Jahren Festung verurteilt, aber nach sechs Monaten auf Grund der Hindenburg-Amnestie entlassen. 1926 Übernahme der Chefredaktion der »Freiheit« in Düsseldorf, kurze Zeit Agit- prop-Sekretär der BL Niederrhein, dann politischer Redakteur der »Freiheit«. 1928 nach Berlin in den Zentralvorstand der »Roten Hilfe« berufen; Redakteur der Zeitschrift dieser Organisation, »Tribunal«. 1929 bis März 1931 in der politischen Re- daktion der »Roten Fahne«, dann Chef- redakteur der »Arbeiterzeitung« Bremen. 1933 zunächst illegale Arbeit für die KPD in Bremen, dann Mitglied der illegalen BL Wasserkante in Hamburg. Am 30. Juli 1933 verhaftet; da ihm nichts nachzuweisen war, im März 1934 aus der Haft entlassen. Mitte 1937 nochmals - ebenso wie seine Frau Elsa - einige Monate inhaftiert. Bei Kriegs- ausbruch zum Militär eingezogen, von 1941 bis 1943 als Soldat in Afrika. Im Juli 1945 Rückkehr nach Hamburg. Wieder Mitglied der KPD, Redakteur und zeitweilig Chefredakteur der »Hamburger Volkszeitung«. Im Mai 1946 aus der Re- daktion ausgeschieden, für ein Jahr aller Parteifunktionen enthoben. 1947 bis 1949 Referent beim Generalinspekteur für die Spruchgerichte (er war für die Auswertung der Dokumente des Nürnberger Prozesses bei den Spruchgerichtsverfahren verant- wortlich). Mitglied des VVN-Vorstandes. Im Sommer 1949 übernahm Schaible das Redaktionssekretariat der »Hamburger Volkszeitung«, bis im November 1949 die überraschende Mitteilung des Parteivorstan- des der KPD kam, daß er seit 1947 aus der KPD ausgeschlossen sei. Ab Mai 1950 Korrespondent des Ostberliner Deutschlandsenders. 1952 Mitbegründer des »Komitees zur Verteidigung deutscher Patrioten« und bis zu seinem Tode Ge- schäftsführer dieser Organisation in Ham- 27O Sdiaible/Schehr bürg. Bei der Begrüßungsfeier für einen aus der Untersuchungshaft entlassenen KPD- Funktionär erlitt Schaible am 13. Dezember 1953 einen Herzinfarkt, er starb am 14. De- zember 1953 in Hamburg. SCHAPER, Friedrich (1890-1966) Geboren am 14. Oktober 1890 in Holz- minden, arbeitete nach dem Besuch der Volksschule in verschiedenen Berufen, kam nach Bayern, wo er als Glasarbeiter in Tet- tau Beschäftigung fand. Nach dem Krieg Mitglied der USPD, 1920 Übertritt zur KPD. 1928 zog Schaper als Abgeordneter in den bayerischen Landtag ein, auch 1932 wieder in das bayerische Parlament gewählt. Ab 1928 Parteisekretär der KPD im Unter- bezirk Hof. 1931 Lehrgangsteilnehmer an der KPD-Parteischule in Berlin-Fichtenau. 1933 verhaftet und ins KZ Dachau einge- liefert. Weihnachten 1934 entlassen, doch einen Tag später wieder festgenommen und mißhandelt. Man hielt ihn längere Zeit im KZ fest. 1945 schloß sich Schaper wieder der KPD an und war für sie in Bayern aktiv. Seit 1955 lebte er als Rentner in Tettau, Kreis Kronach; er starb am 27. Mai 1966 in Co- burg. SCHEFFLER, Ernst (1891-1954) Als Sohn eines Eisenbahnschaftners und ältestes von fünf Kindern am 18. September 1891 in Bermsgrün (Erzgebirge) geboren. Nach einer schweren Kindheit lernte er 1906 bis 1909 Klempner. 1911 Mitglied der SPD. 1914 Soldat. Als Gefreiter an die Front nach Verdun geschickt, im Oktober 1916 verwundet. Nadi seiner Entlassung aus der Armee arbeitete er in Schwarzenberg in der Rüstungsindustrie. Scheffler nahm Verbin- dung mit der Spartakusgruppe auf und trat 1919 der KPD bei. 1919 bis 1921 Arbeit als Klempner und ehrenamtlicher Funktionär der Partei. 1921 wegen seiner Tätigkeit für die KPD zu einem Jahr vier Monaten Zuchthaus ver- urteilt, später amnestiert und im Februar 1922 aus dem Zuchthaus Bautzen entlassen. Er war erwerbslos und wurde ein Jahr spä- ter hauptamtlicher Funktionär der KPD im Unterbezirk Schwarzenberg. 1925 Delegier- ter des X. KPD-Parteitags, 1927 des XL Parteitags. Im April 1927 rückte Scheffler in den sächsischen Landtag nach und war bis 1930 Abgeordneter und Sekretär der KPD- Fraktion. Bei den innerparteilichen Diskus- sionen vertrat er die Linie des ZK. 1933 in die engere Leitung des Bezirks Sachsen übernommen und Orgleiter der illegalen KPD in Leipzig. Im November 1933 von der Gestapo verhaftet. Anfang 1934 zu drei Jahren Zuchthaus verurteilt, kam er ins Zuchthaus Waldheim und nach Strafverbüßung im Dezember 1936 ins KZ Sachsenburg. Anläßlich der großen Ent- lassungskampagne am 19. April 1939 wurde er mit ca. 1000 anderen Häftlingen ent- lassen. Bis 1944 arbeitete er in Schwarzen- berg, dann wurde er erneut verhaftet und wieder ins KZ gebracht. Scheffler trat im Mai 1945 wieder der KPD bei und wurde Landrat in Schwarzenberg, das einige Wochen »Niemandsland« war, da es nicht sofort von der Sowjetarmee besetzt wurde. Später als SED-Funktionär Vorsitzender des Rates im Kreis Aue. Scheffler starb am 9. Mai 1954. SCHEHR, John (1896-1934) Sohn eines Arbeiters, am 9. Februar 1896 in Altona geboren; lernte Schlosser und arbeitete in Altona. Ende 1912 Mitglied der SPD. Während des Krieges Übertritt zur USPD. Schehr war einer der Hamburger Anhänger Thälmanns, er kam 1920 zur KPD. In der KPD übte er verschiedene Partei- funktionen aus, 1924 Polleiter von Altona, Stadtverordneter. Bis 1925 Schlosser im Hafen, im gleichen Jahr wurde er in den hauptamtlichen Apparat aufgenommen. Der Schehr/Schettkat 271 X. Parteitag 1925 wählte ihn in die Be- schwerdekommission und als Kandidat ins ZK. Zunächst UB-Leiter von Harburg- Wilhelmsburg. 1927 Orgleiter des KPD- Bezirks Wasserkante (unter dem Polleiter Wittorf), Delegierter des XI. Parteitags in Essen und erneut ZK-Kandidat. Schehr, Mitglied der Kontrollkommission des Be- zirks Wasserkante, hat Thälmann bei der Vertuschung der Wittorf-Unterschlagung 1928 maßgeblich geholfen, das ZK enthob ihn deswegen im Oktober 1928 aller Funk- tionen. Nach Thälmanns Rehabilitierung wurde auch Schehr wieder als Orgleiter eingesetzt und auf dem XII. Parteitag 1929 erneut zum Kandidaten des ZK gewählt. Bis März 1930 Orgleiter der BL Wasser- kante, dann Polleiter der BL Niedersachsen in Hannover. Im April 1932 rückte er als Abgeordneter in den preußischen Landtag ein, außerdem wurde er im Juli in den Reichstag gewählt-, dem er von Juli 1932 bis 1933 angehörte. Mitte 1932 ging Schehrs Karriere weiter: Zum Vollmitglied kooptiert, kam er als Sekretär des ZK und als Politbüromitglied nach Berlin und wurde damit praktisch Stellvertreter Thälmanns (nachdem die Neu- mann-Gruppe ausgeschaltet war). Am 20. November 1932 wurde er verhaftet, die Polizei fand bei ihm wichtiges Material über den illegalen Apparat der KPD. Da er Reichstagsabgeordneter war, kam Schehr nach acht Tagen wieder frei. Nach Thälmanns Verhaftung im März 1933 übergab die Komintern den Parteivorsitz an Schehr. Zwischen ihm, Ulbricht und Schubert kam es jedoch zu Auseinander- setzungen um die Leitung der KPD. Ende November 1933 wurde Schehr verhaftet. Die Gestapo wußte, welch hoher KPD- Funktionär ihr in die Hände gefallen war, deshalb versuchte sie von Schehr Aussagen zu erpressen. Die Gestapo folterte ihn auf schlimmste Weise; an einem glühenden Ofen erlitt er schwere Verbrennungen, auch soll ihm das linke Auge ausgeschlagen worden sein. Schehr blieb standhaft, die Gestapo erfuhr nichts von ihm, er sagte: »Idi erkläre daß ich über die Tätigkeit der Organisation der Kommunistischen Partei Deutschlands, über meine politische Arbeit, über die mei- ner Mitarbeiter keine Aussagen zu machen habe.« Anfang Februar 1934 ermordete der kom- munistische Apparat den früheren KPD- Funktionär Kattner. Er wurde beschuldigt, Thälmann verraten zu haben. Die Gestapo rächte sich und verschleppte am 22. Fe- bruar 1934 Schehr und mit ihm die KPD- Funktionäre Erich Steinfurth, Eugen Schön- haar und Rudolf Schwarz aus der berüch- tigten Gestapo-Zentrale Columbia-Haus in Berlin nach Wannsee. Am gleichen Tage wurden alle vier erschossen. Die Öffentlich- keit wurde über den Mord durch eine wider- spruchsvolle Meldung unterrichtet: Einerseits hieß es, Schehr und Genossen seien »auf der Flucht erschossen« worden, andererseits wur- de nachdrücklich auf den »Fall Kattner« hin- gewiesen, man ließ also deutlich das Motiv der »Vergeltung« durchblicken. SCHETTKAT, Albert (1902-1945?) Am 2. August 1902 in Bartscheiten bei Neu- kirch (Ostpreußen) geboren, nach der Schul- entlassung Landarbeiter. 1923 Mitglied der KPD, war für die Partei unter den Land- arbeitern aktiv. Er arbeitete als Landarbei- ter in Rohaiten bei Neukirch. 1928 wurde er in die BL Ostpreußen berufen. Auf dem Weddinger Parteitag 1929 wurde Schettkat als Kandidat ins ZK gewählt. Er wurde hauptamtlicher RGO-Funktionär für die Landarbeiterbewegung. 1932 setzte ihn die Partei als Orgleiter des Bezirks Ostpreußen ein, im gleichen Jahr wurde er in den preußischen Landtag gewählt. Nach 1933 mehrfach inhaftiert, soll Schett- kat (nach einem Bericht von Wilhelm Pieck aus dem Jahre 1946) noch 1945 von der Gestapo ermordet worden sein. Allerdings taucht sein Name in späteren von der SED veröffentlichten Listen der KPD-Opfer nicht mehr auf. 272 Schimanski/Schlaffer SCHIMANSKI, Fritz (1889-1937?) Am 1. Juli 1889 in Tilsit geboren; lernte Ziseleur. In jungen Jahren Übersiedlung nach Berlin, dort 1911 Mitglied der SPD. 1918 Übertritt zur USP, mit der linken USP 1920 zur KPD. Seit 1920 gehörte Schimanski der BL Berlin an. Aktiver An- hänger der Linken unter Ruth Fischer und Maslow. Der X. Parteitag wählte Schimanski als Kandidat ins ZK. Nach dem »Offenen Brief« 1925 vertrat er als Polleiter des 14. Berliner Bezirks im ZK den Standpunkt der linken Opposition. Im August 1926 stimmte er im ZK gegen den Ausschluß von Ruth Fischer und Maslow, im September 1926 unterschrieb er den »Brief der 700« und im November 1926 wandte er sich ge- gen den Ausschluß von Urbahns. Da Schi- manski nicht bereit war, zu kapitulieren, wurde er Anfang 1927 aus der KPD aus- geschlossen. Er gehörte zu den Mitbegrün- dern des »Leninbundes«, und war in die- ser Organisation für Verlags- und Zeitungs- fragen verantwortlich. Mit Ruth Fischer und Maslow verließ auch er den »Leninbund« noch vor den Wahlen vom Mai 1928. Nach einer Reueerklärung wurde er 1929 wieder in die KPD aufgenommen. Er war bei der Berliner Verkehrsgesellschaft beschäftigt und übte 1931—1933 Funktionen in der RGO aus, ab Ende 1932 auch wieder hauptamt- licher Funktionär. Nach 1933 illegal tätig, emigrierte er 1935 in die Sowjetunion, er geriet in die Stalin- schen Säuberungen und verschwand spurlos. Eine Verwandte (es ließ sich nicht ermitteln, ob es seine Frau ist), Frida Schimanski, ist Archivgehilfin im ZK der SED, sie erhielt 1963 den »Vaterländischen Verdienstorden« in Bronze. SCHLAFFER, Joseph (1891-1964) Geboren am 27. März 1891 in Kallmünz (Bayern), Sohn eines bayerischen Gendar- merieoberwachtmeisters, wuchs in Armut auf. Nach Beendigung der Schlosserlehre 1907 Wanderschaft, 1911 als Heizer zur Marine eingezogen. Ende 1912 Mitglied der SPD. Während des Weltkrieges Matrose auf einem U-Boot. Nach Ausbruch der Revolu- tion 1918 Mitglied des Soldatenrates in Brunsbüttelkoog. Ende 1918 Rückkehr nach München, Übertritt zur USPD. Betriebs- ratsvorsitzender bei der Reichsbahn Mün- chen. 1920 mit der linken USP zur KPD. 1921 zu drei Jahren Festung verurteilt, weil er während der Märzaktionen an den Auf- standsvorbereitungen teilgenommen hatte. 1924 als Kandidat für die Reichstagswahlen auf gestellt und daher am 4. April 1924 aus der Festung Niederschönfeld entlassen. In den bayerischen Landtag gewählt, war Schlaffer der Führer der weiterhin illegalen bayerischen Kommunisten. Der Frankfurter Parteitag berief ihn in den ZA, er war De- legierter des V. Weltkongresses der Kom- intern im Juli 1924. Polleiter für Süd- und Nordbayern. Im August 1924 wurde Schlaffer - obwohl Abgeordneter - erneut zu drei Monaten Gefängnis verurteilt. Im Urteil hieß es: »Schlaffer ist gerichtsbekanntermaßen nicht nur kommunistischer Landtagsabgeordneter und Fraktionsvorsitzender, sondern über- haupt der führende Mann und leitende Geist der kommunistischen Bewegung in Bayern.« Im Januar 1925 erneut verhaftet, im No- vember 1925 auf Grund seiner Immunität freigelassen. Der X. Parteitag 1925 hatte Schlaffer in Abwesenheit ins ZK gewählt. Im Januar 1926 fand vor dem Staats- gerichtshof in Leipzig der Prozeß gegen ihn wegen Weiterführung der illegalen KPD in Bayern (1924) statt. Er wurde zu drei Jah- ren Gefängnis verurteilt. Er lebte illegal und war 1925/26 einige Monate Polleiter des KPD-Bezirks Halle-Merseburg (Pseudo- nym: Rudi Berger). Nach Aufhebung seiner Immunität als bayerischer Abgeordneter im Februar 1926 schickte ihn die KPD als ihren Vertreter zur Komintern nach Mos- kau. Ende 1926 kam er von dort als Pol- Schlaffer 273 leiter ins Saargebiet (Pseudonym: Paul Richter). Der Essener Parteitag im März 1927 wählte Schlaffer zum Mitglied des ZK. Im August 1927 in Saarbrücken verhaftet, aus dem Saargebiet ausgewiesen, nach Deutschland abgeschoben, wurde Schlaffer abermals inhaftiert; 1928 amnestiert. Anfang 1929 kam er als Polleiter nach Württemberg, wo er bis Anfang 1932 blieb. 1929 wieder ins ZK gewählt, wurde er 1930 Reichstagsabgeordneter. Wegen der Nieder- lage der KPD bei den Kommunalwahlen Ende 1931 angegriffen, wurde Schlaffer im Januar 1932 seiner Funktion enthoben. An- schließend war er im Rheinland tätig und bis Dezember 1932 Leiter des »Kampfbun- des gegen den Faschismus«. Ab Ende 1932 lebte er in Berlin, war auch dort im »Kampfbund gegen den Faschismus« ak- tiv; in der Partei als Anhänger der Rem- mele-Neumann-Gruppe jedoch isoliert. Nach der Machtübernahme durch Hitler lebte Schlaffer vier Monate illegal (zusam- men mit Remmele) in Berlin. Dann war er - zunächst unter falschem Namen - als Kaufmann tätig. Er hatte ein mehlsparendes Backmittel erfunden, das er mit einem Kom- pagnon vertrieb. Er selbst schrieb in seinem Lebenslauf: »Mit meinen neuen illegalen Papieren und mit Hilfe meines Bruders Anton, der auf meinen Vorschlag einen Eiweiß-Großhandel (Milchpulver mit Leci- thin) neben seiner Bäckerei und Konditorei aufgenommen hatte, dessen Geschäftsführung ich nun unter meinem illegalen Namen übernommen hatte, verdiente ich persönlich sehr gut und vergrößerte diesen Betrieb im- mer mehr. In einem Zeitraum von kaum einem Jahr beschäftigte ich zeitweilig sechs bis acht und mehr Vertreter in Berlin. Einige Monate später konnte ich diesem Eiweiß-Großhandel eine eigene Rinder- talg-Siederei in Lichtenberg angliedern und den Eiweiß-Vertrieb nach dorthin verlegen. In dem zweiten Betrieb wurde ein Meister, drei Arbeiter und ein eigener Lieferwagen beschäftigt. Meine erste Verhaftung im Jahre 1936 bei einem etwas leichtsinnigen Besuch in meiner früheren Wohnung in der Heidebrinkerstr. 13 machte dieser geschäftlichen Aufwärts- entwicklung ein Ende. Ich wurde in das SS-Gefängnis in die Prinz-Albrecht-Str. eingeliefert - fast sechs Wochen lang verhört und auch einmal ver- prügelt, aber meine jahrelange geschäftliche Betätigung - die von der Gestapo genau nadigeprüft wurde - war ein solch über- zeugendes Alibi, daß die Gestapo auch von einer Bestrafung wegen Urkundenfälschung, d. h. wegen Führung falscher Papiere Ab- stand nahm und mich wieder auf freien Fuß setzte. Von Juni oder Juli 1936 an konnte ich wieder legal, d. h. unter meinem richtigen Namen auftreten ...« Schlaffer arbeitete bis 1943 in verschiedenen Berufen. 1943 zum Militär eingezogen, ge- riet er im April 1945 in russische Gefangen- schaft und kam nach Küstrin. Später schrieb Schlaffer darüber: »Von den ca. 60 im La- ger Küstrin vorhandenen Kommunisten wurde ich zum Leiter gewählt und wurde schließlich politischer Kommandant des Lagers. Der heutige Verteidigungsminister der DDR, Willi Stoph, war zusammen mit Kulturdirektor Herbert Hanisch vom Ka- belwerk Oberspree mein Schulungsleiter und Agitator. Als politischer Kommandant des Lagers Küstrin wurde ich als einer der letzten Gefangenen von dort nach Berlin entlassen. Von April 1945 bis September 1945 war ich sowjetischer Kriegsgefangener in Küstrin. Nach meiner Entlassung im September 1945 meldete ich mich im neuen ZK der KPD bei Franz Dahlem der wie früher die Org- Abteilung der Partei und damit die Kader- abteilung der KPD wieder übernommen hatte. Mit Dahlem war ich gut befreundet. Dahlem schickte mich sofort zur sowjeti- schen Militärverwaltung nach Karlshorst. Dort wurde ich von General Gorochow beauftragt, eine neue Zentralverwaltung für die Umsiedlung der Deutschen aus den ehe- maligen deutschen Ostgebieten östlich der Oder-Neiße-Linie zu bilden ...« 274 Schlaffer/Schlag, Martha Nadi Differenzen mit sowjetischen Offizie- ren abgesetzt, wurde Schlaffer Direktor des Industrieverbandes Eisen und Metall von Brandenburg, dann Direktor der Hütten- werke Henningsdorf. Im Sommer 1948 kündigte er, angeblich, um sich aus Gesund- heitsgründen ins Privatleben zurückzuzie- hen. Am 24. August 1948 wurde er von Heinrich Rau, damals Vorsitzender der Deutschen Wirtschaftskommission, nach Henningsdorf bestellt, um sein restliches Gehalt abzuholen. Dort traf er nicht Rau, sondern den NKWD-Major Popow und den deutschen Kriminalkommissar Bester, die ihn verhafteten. Vorwand: Unstimmig- keiten in der Kasse. In West-Berlin (Schlaf- fer wohnte im französischen Sektor) hatte er sich mit Gustav Klingelhöfer, den er aus der bayerischen Festung Niederschönfeld kannte, in Verbindung gesetzt und ihm einen Bericht über die Zustände im Sowjet- sektor gegeben. Es ist möglich, daß dieses Treffen in Karlshorst bekanntgeworden war. Schlaffer kam ins Gefängnis Nauen, von dort nach Fehrbellin, Anfang Januar 1949 nach Potsdam. Verhaftet war er auf Grund des »Befehls 201«. Vom 24. August 1948 bis 20. Oktober 1948 befand sich Schlaffer in den Händen der NKWD (Major Popow). Anklage: Gestapo- agent. In Moskau hatte ein gefangener Gestapoführer das behauptet. Die Russen ließen ihn nach zehn bis zwölf Vernehmun- gen schließlich frei, d. h. übergaben ihn den Deutschen. Alle seine alten Freunde, dar- unter Geschke und Dahlem, an die seine Frau sich wandte, haben nichts für ihn unternommen. Am 14. März 1949 wurde er unter Einstellung seines Verfahrens auf freien Fuß gesetzt, dann nach einem Partei- verfahren aus der SED ausgeschlossen. Mitte Oktober 1956 wurde Schlaffer von der Zentralen Partei-Kontrollkommission, unter Leitung von Hermann Matern, partei- politisch rehabilitiert. Das Verfahren ba- sierte auf der Verbindung Schlaffers zu Remmele, mit dem er 1933 vier Monate illegal zusammen gewohnt hatte. Schlaffer, damals Mitglied des ZK, hätte wissen müs- sen, daß Remmele auf der letzten ZK- Sitzung (im Januar 1933) aus dem Polit- büro ausgeschlossen worden war. Schlaffer durfte also Remmele nicht unterstützen usw. Schlaffer konnte beweisen, daß er an dieser ZK-Sitzung nicht teilgenommen hatte, also deren Beschlüsse nicht kennen konnte. Laut Matern handelte es sich bei dem Ver- fahren gegen Schlaffer (auch seine früheren Verhaftungen usw.) ausschließlich um die »vier Monate, in denen er mit dem aus dem Politbüro ausgeschlossenenen Remmele zusammen gewohnt hatte« (illegal natür- lich), ohne das ZK zu informieren. Nachdem diese etwa 15 Jahre alte »Affäre« geklärt war, hob die ZPKK die parteiliche Maßregelung auf. Da Schlaffer früheres ZK-Mitglied war, konnte ihn die Kontroll- kommission nicht von sich aus wieder als Parteimitglied aufnehmen, das hat dann das Politbüro ein wenig später unter voller An- erkennung der Parteimitgliedschaft getan. Schlaffer blieb in West-Berlin. Er lebte als Rentner und betätigte sich nicht mehr für die SED, mit der er innerlich längst ge- brochen hatte. An einem Herzinfarkt starb er am 26. April 1964 in West-Berlin. SCHLAG, Martha (1875-?) Martha Press wurde als Kind eines Arbei- ters am 26. Februar 1875 in Zwickau ge- boren. Nach der Schulentlassung war sie Dienstmädchen, später Arbeiterin in Textil- betrieben. Sie heiratete 1897 und schloß sich 1901 der SPD an. Während des Krieges gehörte sie zur Spar- takusgruppe und trat bei Gründung in die KPD ein. Delegierte des III. Parteitages 1920 und des VII. Parteitages in Jena 1921. Im gleichen Jahr wurde sie hauptamtliche Frauenleiterin für die sächsischen KPD- Bezirke. 1922 rückte Martha Schlag in den sächsi- schen Landtag ein. Sie stand auf dem rech- ten Parteiflügel und trat 1924 von ihren Funktionen zurück, blieb aber in der Land- Schlag, Martha/Schlagewerth 275 tagsfraktion. Am 1. Februar 1925 verließ sie die KPD wegen des ultralinken Kurses. 1926 wurde sie wieder Mitglied der SPD und zog für die Sozialdemokratie wieder in den sächsischen Landtag ein, dem sie bis 1929 angehörte. Weitere Daten ihres Le- benslaufs ließen sich nicht ermitteln. SCHLAG, Otto (1889-1944) Geboren am 5. Januar 1889 in Kraftsdorf (Thüringen). Sein Vater, ein sozialdemokra- tischer Arbeiter, erzog ihn im sozialistischen Sinne. Zusammen mit acht Geschwistern lernte Otto Schlag früh das Proletarier- leben kennen. Noch während der Schlosser- lehre 1905 Mitglied der Sozialistischen Ju- gend. 1910 kam er nach Hohenmölsen und arbeitete als Lokheizer. 1912 Mitglied der SPD. Im Krieg zur Marine eingezogen. Er beteiligte sich im November 1918 am Flot- tenaufstand in Kiel. Nach Hohenmölsen zu- rückgekehrt, schloß er sich der USPD an. Im Januar 1920 Mitbegründer der KPD in Hohenmölsen. Von 1920 bis 1928 arbeitete er im Bergbau und war Betriebsratsvorsit- zender. Kreistagsabgeordneter in Weißen- fels. Schlag zog 1928 in den preußischen Land- tag ein, er blieb bis 1933 Abgeordneter des Parlaments. 1928 an seiner Arbeitsstelle entlassen, wurde er hauptamtlicher Funk- tionär. Ab 1929 leitete er die RGO-Gruppe Bergbau in Mitteldeutschland. 1933 arbeitete Schlag illegal weiter, wurde aber am 14. April 1933 verhaftet und kam in die KZs Lichtenburg, Esterwegen und Sachsenhausen, wo er bis 1939 viel zu er- leiden hatte. 1939 als Schwerkranker ent- lassen, ging er nach Halle. Dort starb er an den Folgen der Haft am 22. April 1944. SCHLAGEWERTH, Heinrich (1890 bis W) Am 2. Mai 1890 in Duisburg geboren, lernte Einschaler und war wie sein Vater, auf dem Bau beschäftigt. Vor dem Weltkrieg übersiedelte er nach Mönchen-Gladbach. 1911-1913 als Infanterist im Elsaß, 1914 bis 1918 Soldat und verwundet. Wegen un- erlaubter Entfernung von der Truppe 1916 zu ix/2 Jahren Gefängnis verurteilt. 1918 trat Schlagewerth der USPD bei und kam mit der Mehrheit 1920 zur KPD. In Mönchen-Gladbach übte er verschiedene Parteifunktionen aus. 1923 wurde er Vor- sitzender der dortigen KPD. Wegen seiner politischen Tätigkeit mehrmals zu kleineren Strafen verurteilt. Schlagewerth gehörte zum ultralinken Par- teiflügel. Im Dezember 1924 zog er in den Reichstag ein und schloß sich 1925 den Ultralinken und unter diesen der Gruppe Korsch an. Als Organisator der Gruppe Korsch wurde er 1926 aus der KPD aus- geschlossen. Er zeichnete für die Zeitung der Korsch-Gruppe »Kommunistische Poli- tik« verantwortlich. Dengel bot Schlage- werth 2000 Mark, wenn er freiwillig sein Reichstagsmandat niederlege, dieses Ange- bot wies er entschieden zurück; er blieb bis 1928 als Korsch-Anhänger im Reichstag und bis 1931 als unabhängiger Kommunist Stadtverordneter in Mönchen-Gladbach. Ab 1929 leitete er dort den »Industrieverband« Weyers, eine kleine linksradikale Gewerk- schaft. Nach 1933 arbeitete Schlagewerth illegal in verschiedenen linken Gruppen. 1935 wurde ein Verfahren gegen ihn wegen Mangels an Beweisen eingestellt. Im Oktober 1936 er- neut verhaftet, bestritt er zunächst jede po- litische Tätigkeit. Am 9. Oktober 1936 er- klärte er sich aber in einem Brief an die Polizei aus dem Untersuchungsgefängnis be- reit, auszusagen. Schlagewerth machte umfassende Aussagen, auf Grund derer KPO-, anarcho-syndikali- stische und trotzkistische Gruppen von der Gestapo zerschlagen werden konnten. Er selbst erklärte über seine Beweggründe, er habe »anhand der Praktiken und auch der Theorie gefunden, daß der Nationalsozialis- mus die Ebene und das Fundament des Sozialismus in sich trägt« und schrieb: 276 Schlagcwerth/Schlecht »Habe ich mich auch strafbar gemacht, ... so habe ich aber durch meine Straf- taten die Gestapo auf eine im Werden be- griffene Organisation aufmerksam machen können, die auf das Klügste durchdacht und aufgebaut werden sollte. Habe auch ich die fähigsten Menschen mit zur Strecke gebracht und dieses ist für mich ein Trost und eine Erleichterung und werde somit auch meine Bestrafung leichter ertragen können in dem Bewußtsein, doch auch zu Deutschlands innerer Befriedigung beigetra- gen zu haben. Ich hätte nur die eine Bitte, mir Glauben zu schenken: daß ich mich ringend und mit mir selbst kämpfend zur Volksgemeinschaft durchgerungen habe und seit 1935 auch stillschweigend in die Front der nationalsozialistischen Front eingereiht habe. Denn dieses ist für mich keine leere Phrase, sondern tief innerliches Bekenntnis.« (HStA Düsseldorf [Gestapoakten], 377 und 4032 Schlagewerth). Schlagewerths Aussagen brachten 57 An- geklagte vor den Richter. Vor allem be- lastete er »den Juden Lubinski«, einen alten kommunistischen Funktionär, der schon im Spartakusbund tätig war und eine illegale Widerstandsgruppe der KPO leitete und später im KZ ums Leben kam. Darüber hinaus belastete Schlagewerth eine trotzkistische Organisation und seinen Freund Wilhelm Doll. Schließlich wollte er am 28. Oktober erneut vernommen werden, um eine syndikalistische Widerstandsgruppe zu entlarven. Über die Hintergründe seiner eigenen Arbeit in diesen Gruppen sowie sei- ner Einstellung schrieb er: »1934 habe ich angefangen, mich mit der nationalsozialisti- schen Lehre zu befassen und war anhand der praktischen Erfahrungen schon im Be- griff, meine ganze frühere Einstellung schon über Bord zu werfen, und stellte mir die Frage, ob ich die Sache der Gestapo melden sollte. Ich habe mir gesagt, schaue tiefer in die Sache und habe dann auch im Jahre 1935 von Müngersdorf erfahren, was ich hier angeben kann. 1935 habe ich mich wei- ter mit der nationalsozialistischen Literatur beschäftigt und mit der Praktik verbunden und mich auf den Boden der nationalsozia- listischen Volksgemeinschaft gestellt. . .« Er betonte aber: »Wäre ich noch Kommunist und Gegner des Nationalsozialismus, hätte ich jede Strafe über mich ergehen lassen, aber ich hätte geschwiegen wie ein Grab.« Am 6. April 1938 fand vor dem OLG Hamm ein großer Prozeß statt, bei dem Schlagewerth selbst angeklagt war und seine Mitangeklagten belastete. Er erhielt drei Jahre Zutchhaus und drei Jahre Ehrverlust. Das RSHA wollte anschließend »Schutz- haft« über ihn verhängen, doch wandte sich die Gestapo Mönchen-Gladbach am 24. Juli 1939 sehr dagegen, da er nach sei- ner Verhaftung »freiwillig ein umfang- reiches Geständnis« abgelegt habe, wo- durch der »gesamte illegale Apparat der KPD, KPO, Anarcho-Syndikalisten« auf- gerollt werden konnte. Am 16. Mai 1939 wurde Schlagewerth aus dem Zuchthaus Lüttringhausen entlassen. Er arbeitete zunächst in Duisburg und verzog 1940 nach Osnabrück, wo er bis Kriegsende beschäftigt war. Nach dem Krieg hielt er sich politisch zu- rück, er starb am 11. August 1951 in Duis- burg. SCHLECHT, Paul (1882-1950?) Als Sohn eines Arbeiters am 26. September 1882 in Rixdorf (Berlin) geboren, lernte von 1896 bis 1900 in einer Kunstschlosserei. Anschließend Werkzeugmacher in verschie- denen Berliner Betrieben. 1900 Mitglied der SPD, übte verschiedene kleine ehrenamtliche Parteifunktionen aus. Er kam nicht zum Militär. Während des Krieges gehörte er der Berliner Opposition in der SPD an und trat 1917 der USPD bei. 1918 einer der »Revolutionären Ob- leute«. 1919 für die USP Gemeindevertreter und später Bezirksverordneter in Berlin-Trep- tow. Mit dem linken Flügel der USP 1920 zur KPD. Bis 1923 im Kabelwerk Schlecht/Schioer 277 Oberspree beschäftigt. Seit 1921 ehrenamt- liches Mitglied der Berliner Bezirksleitung. Der Leipziger Parteitag 1923 wählte Schlecht als Kandidat in den Zentralaus- schuß. Nachdem die Linken auf dem Frankfurter Parteitag im April 1924 die Mehrheit hat- ten, rückte er zur Spitzenführung der KPD auf. Er wurde Mitglied der Zentrale und auch ins Polbüro gewählt. Im Mai 1924 (sowie im Dezember 1924) zog er als Ab- geordneter in den Reichstag ein. Polizeilich gesucht (Steckbrief: »1,65 m groß, graue Augen, hellblondes, kurzes Haar«) wurde Schlecht Anfang Mai verhaftet. Der Reichs- tag beschloß jedoch am 27. Juni 1924 seine Freilassung. Die Zentrale schickte ihn An- fang Juli 1924 als Polleiter in den Bezirk Erzgebirge-Vogtland, wo zuvor die Mittel- gruppe dominierte. Auf dem V. Weltkon- greß der Komintern wurde er Mitglied des EKKI und Kandidat des EKKI-Präsidiums. Ende 1924 übernahm er die Leitung des Bezirks Oberschlesien. Der X. Parteitag 1925 wählte ihn ins ZK der Partei und auch wieder ins Polbüro. Bei den Auseinander- setzungen mit den Ultralinken war Schlecht ein treuer Anhänger der Ruth-Fischer-Füh- rung. Ende August/September 1926 stand er zusammen mit Maslow und Grylewicz als Mitglied der Berliner KPD-Bezirkslei- tung von 1923 vor Gericht. Das Verfahren gegen Schlecht wurde durch Amnestie ein- gestellt. Zur selben Zeit wurde der »Offene Brief« der Komintern gegen die Ruth-Fischer- Führung veröffentlicht. Schlecht wurde, da er keiner der »intellektuellen« Führer war und doch zur linken Opposition hielt, eine der stärksten Stützen dieser Gruppe. Ge- meinsam mit Urbahns stimmte er im ZK gegen den Ausschluß von Ruth Fischer, spä- ter wandte er sich ebenso gegen Urbahns Parteiausschluß. Alle Versuche Thälmanns, den Arbeiter Schlecht für seine Linie zu gewinnen, schlu- gen fehl. Schlecht unterschrieb den »Brief der 700«. Zusammen mit Bartels und Grylewicz trat er als Vertreter der Urbahns-Gruppe auf dem Essener Parteitag 1927 hervor. Sofort nach dem Parteitag, am 1. April 1927, er- folgte sein Ausschluß aus der KPD. Schlecht nahm an der Konferenz linker Kommunisten im März 1928 teil, im April 1928 hat er den »Leninbund« mitgegründet. Zusammen mit Ruth Fischer und Maslow verließ er jedoch den »Leninbund« kurz vor der Wahl im Mai 1928 wieder. In der Folgezeit war er politisch nicht mehr aktiv. Nachdem 1928 sein Reichstagsmandat er- loschen war, eröffnete er im Osten Berlins eine Gastwirtschaft. Er sympathisierte noch immer mit der linken Opposition. In seiner Gastwirtschaft konnte 1933 die letzte ille- gale Sitzung der Reichsleitung des »Lenin- bundes« stattfinden. Nach 1933 wechselte er mehrmals seine Wohnung. Er soll nach 1945 noch Gastwirt in Ost-Berlin gewesen, der SED nicht an- gehört haben und 1950 gestorben sein. SCHLOER, Jakob (1888-1956) Am 24. April 1888 in Holzkirchhausen (Bayern) geboren, lernte Kellner. 1911 Mit- glied der SPD, er stand auf deren linkem Flügel. Schioer arbeitete während des Krie- ges als Mitglied der Spartakusgruppe in Frankfurt eng mit Paul Levi zusammen. Gegen Kriegsende kam er nach Mannheim, wo er 1919 einer der Mitbegründer der KPD wurde. Zunächst hauptamtlicher Se- kretär und Redakteur an der Mannheimer KP-Zeitung, dann Politischer Sekretär der KPD Badens. Delegierter des II., III. und IV. Parteitags der KPD 1919/20; auf dem III. Parteitag in den ZA gewählt. Schioer solidarisierte sich 1921 mit der KAG, er blieb aber in der KPD. 1921 Übersiedlung nach Berlin, Leiter der noch in den Anfängen steckenden »Roten Hilfe«. 1923 nochmals nach Süddeutsch- land, bis Anfang 1924 Orgleiter im Ober- bezirk Süd (Hessen, Baden, Württemberg, Südbayern). 1924 Anhänger der »Rechten«, einige Zeit ohne Funktion. 278 Schioer/Schmidt, Alfred Schioer übernahm 1926 als Generalsekretär erneut die Leitung der »Roten Hilfe*. Bei den Auseinandersetzungen Ende 1928 An- hänger der »Rediten«. Er wurde (ebenso wie andere »Rote Hilfe«-Sekretäre, die den »Rediten« anhingen, z. B. Altwein, Ehlers oder Deisen in Bremen) im Mai 1929 seiner Funktion enthoben und aus der KPD ausgeschlossen. Er trat sofort der KPO bei. Für die KPO übernahm Sdiloer die Leitung der »Internationalen Hilfsvereinigung«, eine von der KPO geschaffene Ersatzorga- nisation der »Roten Hilfe«, an deren Spitze er bis 1933 stand. Nadi 1933 lebte er in verschiedenen Län- dern im Exil, zuletzt in Schweden. 1945 kehrte Sdiloer nach Berlin zurück, schloß sich wieder der KPD und dann der SED an und wurde in den Vorstand der Gewerkschaft »Nahrung und Genuß« der Ostzone gewählt. Bei den Auseinanderset- zungen um die »Parteifeinde« wurde er 1950/51 abgelöst und aus der SED aus- geschlossen. Im Laufe der Entstalinisierung 1955 wieder in die Partei auf genommen, bekam er im Staatsapparat eine kleine Funktion. Nach längerer Krankheit starb Sdiloer am 24. August 1956 in Ost-Berlin. Er wurde vom ZK nicht - wie sonst bei ehemaligen KPD-Führern üblich - mit einem Nadiruf gewürdigt; nur seine Bezirksgruppe ver- öffentlichte eine kleine Todesanzeige im »Neuen Deutschland«. SCHMIDT, Agnes (1875-?) Am 14. Oktober 1875 in Gotha geboren, vor dem Weltkrieg Mitglied der SPD, wäh- rend des Krieges der USPD. Mit der linken USP 1920 Übertritt zur KPD. 1921 in den Thüringer Landtag gewählt. Agnes Schmidt war einige Zeit für die Frauenarbeit in Thüringen verantwortlich. Anhängerin der Linken in der KPD, zog sie auch 1924 wieder in den Thüringer Landtag ein. Zusammen mit Geithner leitete sie 1925 die ultralinke Opposition in Thüringen. Nadi dem Ausschluß Geithners aus der KPD solidarisierte sie sich mit ihm und trat 1926 aus der Partei aus. Sie gründete mit Geithner die Kommunisti- sche Arbeitsgemeinschaft (KAG), eine ultra- linke Gruppe, für die sie bei den Thüringer Landtagswahlen 1927 kandidierte, aber nicht gewählt wurde. Politisch trat sie dann nicht mehr hervor. Weitere Daten ihres Lebenslaufs ließen sich nicht in Erfahrung bringen. SCHMIDT, Alfred (geb. 1891) Als Sohn eines Schuhmachermeisters und Sozialdemokraten am 24. November 1891 in Wintersdorf (Thüringen) geboren. Nach der Schulentlassung arbeitete Schmidt, der zwölf Geschwister hatte, in verschiedenen Fabriken. 1908 Mitglied der Gewerkschaft und 1909 der SPD. Anfangs Brauereiarbeiter, dann viele Jahre bei der Reichsbahn in Erfurt als Rangierer beschäftigt. 1912 bis 1918 Soldat. Im Weltkrieg Kriegs- gegner, Anhänger von Spartakus, 1917 Mit- glied der USPD. Seit Gründung der KPD 1919 Funktionär dieser Partei. In den Jah- ren 1924 bis 1928 Vorsitzender der KPD in Erfurt und im Unterbezirk Erfurt tätig, in den gleichen Jahren vertrat er die KPD als Stadtverordneter (Fraktionsführer) in Erfurt. Bis 1928 Akquisiteur an der KPD- Zeitung »Das Rote Echo«. Im Mai 1928 zog er als Abgeordneter in den preußischen Landtag ein. Schmidt gehörte zum rechten Parteiflügel der KPD und wurde deswegen im Dezem- ber 1928 ausgeschlossen, behielt aber sein Mandat im preußischen Landtag bis 1932 für die KPO. In der KPO-Bezirksleitung Thüringen und (ab 1930) in deren Reichs- leitung aktiv. Nach 1933 leitete Schmidt die illegale KPD-O im Unterbezirk Erfurt. Mitarbeiter des KPO-Organs »Arbeiterpolitik«. Im Mai 1934 verhaftet, bis Ende Juni 1934 im Gestapogefängnis. Im August 1935 erneut Schmidt, Alfred/Schmidt, Felix 279 festgenommen, war er bis Mai 1939 Häft- ling in den KZs Esterwegen und Sachsen- hausen, nachdem er bereits in der Weimarer Republik wegen seiner politischen Tätigkeit für die KPD 2V2 Jahre inhaftiert gewesen war. Während des Krieges entwarf er zu- sammen mit Otto Engert das Manifest der Widerstands-Gruppe-Schumann. Er arbei- tete als Kohlenträger und Bauarbeiter. 1945 trat Schmidt in Thüringen der KPD und dann der SED bei. Er wurde Landes- leiter der Industriegewerkschaft »Nahrung, Genuß und Gaststättengewerbe« für Thü- ringen. 1947 schloß ihn die SED wegen »antisowjetischer Einstellung« aus ihren Reihen aus. Die Sowjetische Militärpolizei verhaftete ihn am 6. Juli 1948 und im Dezember 1948 verurteilte ihn ein Sowjeti- sches Militärtribunal in Weimar wegen »antisowjetischer Propaganda« zum Tode. Das Urteil wurde später in 25 Jahre Arbeits- lager umgewandelt und Schmidt zur Ver- büßung in die Strafanstalt Bautzen ge- bracht. Sein »Verbrechen« bestand darin, daß er seine oppositionell-kommunistischen Vorstellungen offen vertrat. Als Kommu- nist verurteilte er die sowjetische Besat- zungspolitik und die Haltung der SED. Die sowjetische Besatzungsmacht bestrafte ihn schärfer, als er je für seine kommunistische Tätigkeit in der Weimarer Republik und selbst unter Hitler belangt worden war. Nachdem er mehr als acht Jahre seiner Haft in der Strafanstalt Bautzen verbüßt hatte, wurde er am 25. Juli 1956 entlassen. Schmidts Frau wohnte seit 1954 in der Bundesrepublik und so durfte er nach Westdeutschland reisen. Er mußte sich erst einige Tage mit dem Abgesandten der SED und der Sowjetischen Militärpolizei aus- einandersetzen, ehe er in die Bundesrepublik übersiedeln durfte. Da er auch während dieser Unterhaltung offen seinen Stand- punkt vertrat, war die SED wohl letzten Endes froh, ihn los zu werden. Schmidt übersiedelte nach Salzgitter, wo er im Dezember 1956 in den Hüttenwerken Arbeit fand. Politisch schloß er sich der »Gruppe Arbeiterpolitik« an. Er arbeitete bis Oktober 1959 und mußte dann seines hohen Alters wegen ausscheiden. Auch in der Bundesrepublik wurde 1958 ein politi- sches Verfahren gegen Schmidt eingeleitet. In Bautzen, wo politische Gefangene der verschiedensten Richtungen saßen, hatte Schmidt aus seiner oppositionell-kommuni- stischen Haltung kein Hehl gemacht. Bei manchen Mitgefangenen, die nur im Schwarz-Weiß-Schema denken konnten, machte er sich damit verhaßt. Das ging so weit, daß er bei der SED-Gefängnisverwal- tung denunziert wurde, in Bautzen keine Arbeit bekam und ihm auch andere Ver- günstigungen gestrichen wurden. Nach Schmidts Übersiedlung in die Bundes- republik behauptete ein gehässiger ehemali- ger Mitgefangener, bei der politischen Auf- fassung, die Schmidt in Bautzen vertreten habe, sei er durchaus geeignet, in der Bun- desrepublik im geheimen für die SED und die Organe der Sowjetunion zu arbeiten. Auf diese Denunziation hin wurde Schmidt in Salzgitter mehrmals von der politischen Polizei vernommen. Diese Verhöre dauerten jedesmal mehrere Stunden (Schmidt war in- zwischen immerhin 67 Jahre alt). Am 19. Januar 1959 stellte der Generalbundes- anwalt endlich das »Verfahren« ein. Zeu- genaussagen von Bautzener Mithäftlingen widerlegten die Beschuldigungen. Alfred Schmidt, der unter verschiedenen Regimen wegen seiner politischen Tätigkeit und Überzeugung über 15 Jahre hinter Gefängnismauern und Stacheldraht verbrin- gen mußte, lebte 1969, seinen alten Idealen treugeblieben, als Rentner in Frankfurt (Main). SCHMIDT, Felix (1885-1932) Am 13. Dezember 1885 in Magdala (Thü- ringen) geboren; lernte Drucker und ging anschließend auf Wanderschaft. Längere Zeit Arbeit in Hannover und Bremen. 1900 Mitglied des Arbeiter-Turnerbundes, 1904 der SPD und der Gewerkschaft. z8o Schmidt, Felix/Schmincke Während des Krieges in der Leitung der Bremer Linksradikalen. Seit November 1918 Sekretär der »Internationalen Kommuni- sten« in Bremen, seit Gründung (Delegier- ter auf dem Gründungsparteitag) der KPD Sekretär dieser Partei. Schmidt war führend an der Bremer Räterepublik 1919 beteiligt. Ende 1919 Sekretär der KPD in Hannover, wo man ihn 1920 für einige Zeit inhaftierte. Felix Schmidt wurde auf dem Jenaer Parteitag 1921 in die Zentrale gewählt, ebenso auf dem Leipziger Parteitag 1923. Er übernahm in Berlin die wichtige Funk- tion des Hauptkassierers der Zentrale. Im Herbst 1923 kam er als Polleiter des Ober- bezirks Südwest zunächst nach Frankfurt (Main), dann übernahm er 1923/24 den Oberbezirk Südost (Lausitz, Schlesien). Bis zum IX. Parteitag 1924 war er noch- mals kurze Zeit Hauptkassierer. Im Mai 1924 in Schlesien in den Reichstag gewählt, mußte er als »Rechter« auf Betreiben der linken Führung sein Mandat niederlegen. Für ihn zog der später als Polizeiagent ent- larvte Alfred Hamann in den Reichstag ein. Bis Dezember 1924 war Schmidt Ab- geordneter des preußischen Landtags, dann wurde er abgeschoben und lebte längere Zeit in Moskau, in der Internationalen Roten Hilfe tätig. In Deutschland als Mit- glied der Zentrale von 1923 polizeilich ge- sucht (Steckbrief: »Hohe Stirn, schwarze Haare, graue Augen, breiter Mund, schma- les, fahles Gesicht, gebogene Nase, auf- fallend lange Arme und große Hände«). Ab 1926 arbeitete Schmidt wieder in Deutschland, er war zeitweilig Leiter sämt- licher KPD-Druckereien und auch in der »Roten Hilfe« führend. Am 14. Juli 1929 als Anhänger der »Rechten« aus der KPD ausgeschlossen, trat der KPO bei und ge- hörte zu deren Reichsleitung. Mit der Min- derheit der KPO 1932 zur SAP. Schmidt starb nach einer Magenoperation am 20. April 1932. SCHMIDT, Heinrich (1894-?) Am 12. Oktober 1894 in Essen geboren, Schlosserlehre, später als Vorzeichner be- schäftigt. Im Weltkrieg Soldat. 1921 Mit- glied der KPD. Aktiv in der Freidenker- bewegung, in den dreißiger Jahren Vor- sitzender der proletarischen Freidenker in Bochum. Seit Ende der zwanziger Jahre Stadtverordneter in Bochum, 1928 Mitglied der Parteiführung in Bochum. Auf dem Weddinger Parteitag 1929 als Kandidat ins ZK gewählt. Im gleichen Jahr hauptamt- licher Parteifunktionär. 1930 bis 1932 UB- Sekretär in Essen, Mitte 1932 bis 1933 UB-Sekretär in Oberhausen. Am 14. März 1933 in Bielefeld verhaftet, längere Zeit im KZ Börgermoor. 1939 soll er wieder in Bochum gewohnt und als Schlosser gearbeitet haben. Weitere Daten seines Lebenslaufs ließen sich nicht ermitteln. In einer Gestapo-Akte über Schmidt (HStA Düsseldorf, 4751) findet sich eine Eintra- gung, die vermutlich ein englischer Offizier bei Auswertung der Akten machte: »One H. S. is Arb. u. Soz. Leiter in the KPD- Bezirksleitung Ruhrgebiet Feb. 1948«. Ver- mutlich waren beide Personen aber nicht identisch, da der ehemalige ZK-Kandidat Schmidt nach 1945 weder in Bochum noch in Essen polizeilich gemeldet war. SCHMINCKE, Richard, Dr. med. (1875 bis 1939) Am 17. Oktober 1875 in Altenwitz geboren, Sohn eines Arztes. Nach dem Besuch des Gymnasiums Studium der Medizin an ver- schiedenen deutschen Universitäten. Schmin- cke ließ sich vor dem Ersten Weltkrieg in Berlin nieder, er hatte in der Weimarer Republik eine gutgehende Arztpraxis. Vor dem Weltkrieg Mitglied der SPD, kam er über die USP 1920 zur KPD. Anfang der zwanziger Jahre hatte Dr. Schmincke eine Praxis in Sachsen. Er rückte 1924 für Schneller, der in den Reichstag eingezogen war, als Abgeordneter in den sächsischen Landtag ein und wurde 1926 wieder- Schmincke/von der Schmitt 281 gewählt. 1927 siedelte er wieder nach Berlin über und legte sein Mandat im sächsischen Landtag nieder. Audi in Berlin blieb er für die KPD aktiv, er zog für die Partei in die Stadtverordnetenversammlung ein und gehörte 1932 zu den Gründern des kom- munistischen »Klubs der Geistesschaffen- den«. 1933 verhaftet, wurde er später schwerkrank entlassen. Er starb am 19. Au- gust 1939 in Berlin-Wilmersdorf. SCHMITT, Heinrich (1895-1951) Am 6. Oktober 1895 in Waldbüttelbronn (Bayern) geboren; Schlosserlehrling in der gleichen Würzburger Fabrik, in der sein Vater als Arbeiter beschäftigt war. Die Mutter betrieb eine kleine Landwirtschaft. Er nahm als Soldat am Weltkrieg teil und kam nach Kriegsende in die Leuna-Werke. 1913 Mitglied der SPD, 1917 der USPD, 1920 mit deren linkem Flügel zur KPD. Schmitt arbeitete als Schlosser in den Leuna- Werken und übernahm bald verschiedene Funktionen, er war ein geschickter und ge- schulter Redner. Mitte der zwanziger Jahre Betriebsratsvorsitzender der Leuna-Werke, 1928 wieder in diese Funktion gewählt, zog er im gleichen Jahr auch als Abgeordneter in den Reichstag ein. 1929 abermals zum Betriebsratsvorsitzenden der Leuna-Werke gewählt. Schmitt schloß sich den »Versöhnlern« an, er wurde des- wegen von der Partei getadelt. Auch in den heutigen SED-Geschichtswerken wird er als »Versöhnler« gerügt, vor allem, weil er die »selbständige Führung von Wirt- schaftskämpfen durch die Partei«, also den RGO-Kurs, ablehnte. Schmitt wurde 1930 nicht wieder in den Reichstag gewählt, er verlor seinen Posten als Betriebsratsvorsit- zender, blieb aber in der KPD und unter- warf sich der Parteidisziplin. 1933 emigrierte er nach Moskau, von dort wurde er 1934 zur illegalen Arbeit nach Deutschland zurückgeschickt. Er leitete (Pseudonym: »Fred«) als Oberberater die Gewerkschaftsarbeit der KPD im Rheinland. 1935 verhaftete ihn die Gestapo, der VGH verurteilte ihn zu 15 Jahren Zuchthaus. Seine Familie war in Moskau geblieben; während der Säuberungen wurde Schmitts Frau von russischen Nachbarn bedrängt, die nur wußten, daß Schmitt »eingesperrt« war, und die nun annahmen, er sei in der So- wjetunion als »Trotzkist« inhaftiert. Ein Sohn Schmitts war während der Säuberun- gen einige Zeit verhaftet. Im April 1945 wurde Schmitt von den Amerikanern aus dem Zuchthaus Landsberg (Lech) befreit, er schloß sich wieder der KPD an. Im Oktober 1945 wurde er Staats- minister für die Entnazifizierung in Bayern (Staatsminister für politische Säuberung). Von diesem Posten trat er am 7. März 1946 zurück. Inzwischen hatte er sich auch wie- der mit der KPD überworfen und trat am 26. Oktober 1947 aus der Partei aus. Poli- tisch betätigte er sich nicht mehr, er baute sich in München ein Geschäft auf. Schmitt starb am 13. August 1951 in München. VON DER SCHMITT, Konrad (1887 bis Am 30. Januar 1887 in Darmstadt gehör- ten, studierte er nach dem Abitur u. a. in Frankfurt. Während des Krieges Soldat, danach Studienrat in Offenbach/Main. 1920 Mitglied der KPD. 1925 wegen seiner kommunistischen Aktivität von Offenbach nach Alsfeld strafversetzt. Der XI. KPD-Parteitag 1927 berief ihn in die Agitprop-Kommission. Im November 1927 als Abgeordneter in den hessischen Landtag gewählt. 1928 schied er aus dem Schuldienst und wurde hauptamtlicher KPD-Funktionär. 1931 nicht mehr in den Landtag gewählt, bis 1933 im Arbeitsamt in Offenbach beschäftigt. Nach 1933 längere Zeit inhaftiert. 1945 wieder Mitglied der KPD. Von der Schmitt war längere Zeit im hessischen Kultusministerium tätig. Am 15. September 1951 starb er in Langen (Hessen). 181 Schneck/Schneider, Richard SCHNECK, Karl (1886-1943) Am 21. April 1886 in Hagelodi (Württem- berg) geboren, lernte Schlosser. 1908 Mit- glied der SPD, ohne Parteifunktionen. 1915 Soldat, bis 1918 als Unteroffizier im Feld. Im Frühjahr 1919 Übertritt zur USPD, hauptamtlicher Gewerkschaftssekretär in Stuttgart. 1920 mit der linken USP zur KPD, obwohl er anfänglich gegen den An- schluß an die Komintern gestimmt hatte. Ein Jahr lang Redakteur der Stuttgarter KPD-Zeitung. 1921 übernahm er in der Bezirksleitung Württemberg die Kommunal- abteilung und zog in den Landtag von Württemberg ein, dem er ununterbrochen bis 1932 angehörte. 1923 Leiter der Internationalen Arbeiter- hilfe in Württemberg. Anfang 1924 trotz seiner Immunität verhaftet und am 27. September 1924 im Prozeß gegen füh- rende württembergische Kommunisten zu drei Jahren Gefängnis verurteilt. 1925 ent- lassen, Februar bis Juni 1926 Polleiter des Bezirks Württemberg. 1926 erneut für kurze Zeit inhaftiert. 1927 berief ihn die KPD zum Orgleiter des Bezirks Württemberg, diese Funktion übte er bis 1932 aus. Von 1928 bis 1932 war Schneck auch Vorsitzen- der der kommunistischen Gruppe im Land- tag. Auf der Sitzung der Bezirksleitung am 16./17. Januar 1932 wurde er seiner Funktion als Orgleiter enthoben. Ihm, wie dem ebenfalls abgesetzten Polleiter Schlaf- fer, wurde von Ulbricht vorgeworfen, den »Hauptstoß« nicht gegen die Sozialdemo- kratie gerichtet zu haben. Schneck blieb aber hauptamtlicher Sekretär, er kam nach West- falen. Ende 1932 wurde er Orgleiter des Bezirks Baden. 1933 festgenommen und als »Schutzhäftling» ins KZ gebracht. Nach seiner Entlassung 1935 Emigration. Soldat der Interbrigaden im Spanischen Bürger- krieg. 1938 konnte Schnede in die Sowjet- union emigrieren. Da die Stalinsche Säube- rung fast beendet war, überstand er sie unbeschadet. Nach dem Hitlerüberfall 1941 wurde er aber nach Sibirien verbannt. Dort kam er im Winter 1943 bei der Beschaffung von Bauholz in der Kälte ums Leben. SCHNEIDER, Martin Friedrich (1885-?) Am 10. November 1885 in Zschachowitz bei Dresden geboren, nach der Schulentlassung Klempnerlehre. Arbeitete bis zum Kriegs- ausbruch in Dresden als Klempner und Schlosser. Im Krieg Soldat. 1918 Eintritt in die USP, 1920 mit der linken USP zur KPD. Aktiver Funktionär in Dresden, 1923 Delegierter des VIII. Parteitags. Schneider war einer der wenigen Linksoppositionellen in Dresden. Er wurde im Mai 1924 Pol- leiter des Bezirks Ostsachsen. Diese Funk- tion behielt er als Anhänger der Ruth- Fischer-Führung bis zum »Offenen Brief« 1925. Delegierter des V. Weltkongresses in Moskau Juli 1924. Im Dezember 1924 Kan- didat bei den Reichstagswahlen, aber nicht gewählt. Nach dem »Offenen Brief« wur- de Schneider abgelöst und durch Rädel er- setzt. Er gehörte der linken Opposition an und wurde 1927 aus der KPD ausgeschlos- sen. Er sympathisierte mit dem »Lenin- bund«, näherte sich aber vor 1933 im Kampf gegen den Faschismus wieder der KPD. Es ließ sich nicht ermitteln, ob er wieder Parteimitglied wurde. 1933 mußte er aus Dresden flüchten, er emigrierte in die Tschechoslowakei, wo er 1934—1935 aktiv in der deutschen Emi- gration wirkte. Weitere Daten seines Le- benslaufs ließen sich nicht ermitteln, er soll während der deutschen Besetzung der ÖSR ums Leben gekommen sein. SCHNEIDER, Richard (1876-1941) Am 12. August 1876 in Crottendorf (Erz- geb.) geboren, Sohn eines Kleinbauern. 1912 übernahm er den väterlichen Hof von 6 ha. Durch die Not der Kleinlandwirte während der Krise und Inflation 1923 radikalisiert, schloß er sich 1924 dem kommunistischen »Bund schaffender Landwirte« an. 1927 trat er auch der KPD bei und wurde für Schneider, Richard/Schneller 283 die Partei aktiv. 1929 in den sächsischen Landtag gewählt, bis 1930 Abgeordneter. Schneider gehörte der Reichsleitung des »Bundes schaffender Landwirte« an. 1930 längere Zeit in der Sowjetunion. 1933 verhaftet, mußte mehrere Jahre im Gefängnis und KZ verbringen. Durch die Haft zog er sich ein schweres Leiden zu. Er starb an den Haftfolgen am 26. Februar 1941 in Crottendorf. SCHNELLER, Ernst (1890-1944) Geboren am 8. November 1890 in Leipzig, er war das sechste Kind eines Eisenbahn- assistenten, der vorher 12 Jahre bei der königlich-sächsischen Armee gedient hatte und 1895 starb. Bis 1910 besuchte Ernst Schneller das Leh- rerseminar in Grimma. 1910 Flucht aus dem Seminar. Deswegen von der Stipendiaten- liste gestrichen, mußte von seinen Brüdern unterstützt werden. 1911 bestand er die Schulamtskandidaten-Prüfung und war bis 1913 Hilfslehrer in der kleinen Stadt Kirchberg im Erzgebirge. 1913 machte er in Grimma seine Abschlußprüfung. Lehrer an der vierten höheren Bürgerschule in Leipzig. Bei Kriegsausbruch meldete er sich freiwil- lig, kam nach kurzer Ausbildungszeit an die Front und wurde 1916, nach der Absolvie- rung eines Ausbildungskurses für Offiziere Leutnant, später Oberleutnant. 1917/18 Bataillonsadjutant an der Ostfront. Bei Ausbruch der Revolution in den Soldaten- rat gewählt. Im Januar 1919 kam Schneller nach Sach- sen zurück, ab März 1919 Lehrer in Schwar- zenberg (Erzgeb.). Zunächst hatte die Linke im Gemeinderat gegen die Berufung eines Offiziers als Lehrer protestiert, als er aber der SPD beitrat, den Protest zurückgezogen. Schneller war bis April 1920 Mitglied der SPD, die er auch als Stadtverordneter ver- trat. Im Erzgebirge wurde der aus einem unpolitischen, kleinbürgerlichen Elternhaus stammende Schneller, der vor dem Kriege Nationalist war, radikalisiert. Während des Kapp-Putsches leitete er in Schwarzen- berg die militärische Abwehr gegen die Kapp-Truppen, dabei arbeitete er eng mit den Kommunisten zusammen und war von ihrer Entschlossenheit beeindruckt. Nach dem Kapp-Putsch trat er zur KPD über, die ihn im November 1920 als Kandi- dat zur Landtagswahl aufstellte. Schneller wurde zwar nicht gewählt, aber er rückte im April 1921 anstelle eines ausgeschiede- nen Landtagsmitglieds für die KPD in den sächsischen Landtag nach. Bei der Märzaktion 1921 übernahm er wie- der militärische Aufgaben. Er neigte 1921 einige Zeit zur Levi-Gruppe. Ende 1921 zum Unterbezirksleiter der KPD in Aue- Schwarzenberg gewählt, arbeitete jedoch weiterhin als Lehrer. Er lebte asketisch, war Abstinenzler; im Landtag trat er entschie- den für eine Schulreform ein. Schneller war Anhänger der Brandler-Füh- rung, 1923 mit der Leitung der »Proletari- schen Hundertschaften« und anderen mili- tärischen Aufgaben betraut. Nach der Nie- derlage im Oktober 1923 schwenkte er so- fort zur Mittelgruppe über. Im November 1923 verhaftet, auf Intervention des Land- tags wieder freigelassen. Kurz vor dem Parteitag 1924 stellte sich Schneller auf den Boden der Parteilinken. Delegierter des Frankfurter Parteitags 1924 und dort auch erstmals in die Parteizentrale gewählt. Im Dezember 1924 zog er auch in den Reichstag ein, dem er ununterbrochen bis 1933 angehörte. In der KPD-Zentrale übernahm er wichtige militärische und or- ganisatorische Aufgaben. Im November 1924 aus dem Schuldienst entlassen, blieb als hauptamtlicher Funktionär in Berlin. Schneller wurde als treuer Anhänger der Ruth Fischer-Führung sehr bald mit der theoretischen Arbeit und der Agitation der KPD betraut. Nachdem die Ultralinken und mit ihnen Korsch im Frühjahr 1925 in einen Gegensatz zur Zentrale gerieten, wurde Schneller Herausgeber der theoreti- schen Zeitschrift »Internationale« und Leiter der »marxistisch-leninistischen Zirkel«. Er 284 Schneller/Schnetter machte sich einen Namen als Hauptvertre- ter des »Kampfes gegen den Trotzkismus und Luxemburgismus«. Auf dem X. Parteitag 1925 gab er den Bericht der Zentrale, er galt als »General- sekretär« der Partei, obwohl es diese Funk- tion offiziell nicht gab. Dieser Parteitag wählte ihn ins ZK. Er übernahm die Infor- mationsabteilung des ZK und kam auch ins Polbüro. Nadi dem »Offenen Brief« 1925 schwenkte Schneller mit militärischer Diszi- plin zur neuen Thälmann-Führung über. Diese seine ständigen Schwenkungen riefen Kritik hervor. Bucharin soll ihn einmal als das »politisch charakterloseste Subjekt« der KPD bezeichnet haben; die Opposition warf ihm vor, nur deshalb eine wichtige Rolle spielen zu können, weil er »klüger als Thäl- mann und fleißiger als Dengel« sei. Schneller hatte in der neuen Führung eine bedeutende Position. Im März 1927 ging er als Polleiter in den Bezirk Erzgebirge- Vogtland, um die dortige linke Gruppe um Bertz und Heinrich Wesche zu isolieren. Der XI. Parteitag 1927 wählte ihn wieder ins ZK, er wurde auch wieder ins Polbüro berufen. Im Oktober 1927 kam er als einer der vier Mitglieder des Politsekretariats zurück nach Berlin. Schneller nahm auch am VI. Weltkongreß der Komintern 1928 teil, der ihn zum Kandidat des EKKI berief. Schneller leitete die ZK-Sitzung am 26. September 1928, die Ernst Thälmann wegen der Wittorf-Affäre von der Partei- führung enthob. Nachdem Stalin Thälmann rehabilitierte, mußte Schnelller seine Ab- weichung büßen: Er wurde aus dem Pol- büro entfernt und 1929 auf dem XII. Par- teitag auch nicht mehr ins ZK gewählt. In die Geschäftsabteilung des ZK abgeschoben, war er für fast alle Druckschriften ver- antwortlich. Da er außerdem seit Jahren in der militärpolitischen Arbeit der KPD und im RFB tätig war, gehörte er zu den gefährdetsten Funktionären der Partei. Nach der Oktoberkonferenz 1932 sollte Schneller wieder stärker zur Führungsaufgaben her- angezogen werden, er leitete die Agitprop- abteilung der ZK. In der Nacht vom 27. vom 28 Februar 1933 weilte Scheller - entgegen einem Partei- beschluß - bei seiner Familie. Er wurde verhaftet und kam ins Gefängnis Alt- Moabit. Von der Polizei wurde das Gerücht ausgestreut, Schneller sei zur NSDAP über- gelaufen und habe Thälmann verraten. In KPD-Kreisen fand diese Zwecklüge anfangs sogar Glauben. Schneller wurde ins KZ Sonneburg gebracht. Im November 1933 wurde er zu 6 Jahren Zuchthaus verurteilt, die er im Zuchthaus Waldheim verbüßte. Danach kam er im Juni 1939 ins KZ Sach- senhausen und wurde dort (er gehörte dem Führungskopf der illegalen KPD im KZ an) am 11. Oktober 1944 zusammen mit 26 anderen Häftlingen von der SS erschos- sen. Einige Zeit zuvor hatte er an seine Frau geschrieben: »... Mir geht es gut, bin wohl- auf. Soviel ich auch spüre, wie viele einzelne fanatisch nur an sich denken - um so klarer zeigt die Zeit: aufs ganze Volk kommt es an; das einzelne Geschick und Le- ben zählt nur in dieser Richtung und muß bewußt so genommen u. geführt werden. Dabei gerade kommt der einzelne zu wirk- licher Entfaltung...« Schnellers Bruder Wilhelm war ebenfalls aktiver KPD-Funktionär und Stadtverord- neter in Leipzig, er gehörte den Ultralinken an; heute ist der Mitarbeiter des ZK der SED, 1969 mit dem »Vaterländischen Ver- dienstorden« in Gold ausgezeichnet; ein an- derer Bruder soll Mitglied der NSDAP ge- wesen sein. SCHNETTER, Richard (1884-1943) Am 5. März 1884 in Wüstenahorn b. Co- burg geboren; lernte bis 1902 Lithograph. Anschließend übte er seinen Beruf in Frank- furt, Leipzig und Stuttgart aus, später in Darmstadt Betriebsführer. 1903 Mitglied der SPD, von 1907 bis 1909 Vorsitzender der Coburger SPD, 1910 im Schnetter/Scholem 285 Vorstand der Stuttgarter SPD. Im Oktober 1910 hauptamtlicher Funktionär, Lokal- redakteur am »Thüringer Volksfreund« in Sonneberg, dann Redakteur dieses Blattes in Erfurt. Im Krieg Soldat. Übertritt zur USPD. Redakteur der »Tribüne« in Erfurt. Mit der linken USP 1920 zur KPD, Dele- gierter des USP-Spaltungs- und Vereini- gungsparteitags mit der KPD. Bis August 1921 Sekretär der KPD in Thüringen, dann Chefredakteur des »Klassenkampf« in Halle. 1921 zog er für die KPD in den preußischen Landtag ein. Der Leipziger Parteitag 1923 wählte Schnetter in die Re- daktionskommission. Ende 1923 Anhänger der Mittelgruppe. 1924 als Chefredakteur des »Klassenkampf« abgelöst, aber erneut in den preußischen Landtag gewählt. Bis 1927 zunächst Redakteur des »Echo des Ostens« in Königsberg, dann der »Tribüne« in Magdeburg. 1927 Übersiedlung nach Berlin, Redakteur der »Welt am Abend«. 1928 nicht mehr in den Landtag gewählt. Da er zu den »Versöhnlern« neigte, bekam er keine leitende Funktion mehr und ver- schwand von der politischen Bühne. Schnetter starb 1943 in Berlin-Pankow. SCHOENBECK, Willy (1886-1957) Am 14. Februar 1886 in Berlin geboren; lernte Kaufmann, in verschiedenen Bran- chen tätig. 1907 Mitglied der SPD. Von 1910 bis zum Kriegsausbruch Gewerkschafts- sekretär in Berlin. Während des Krieges einer der aktivsten Funktionäre der Spar- takusgruppe in Berlin und im Ruhrgebiet. Seit Gründung der KPD Mitglied der Par- tei, Delegierter des Gründungsparteitags. 1919 Leiter des Bezirksbüros der KPD in Essen und Redakteur der KPD-Zeitung »Spartakus«. 1920 Delegierter des II., III. und IV. Parteitags der KPD; auf dem IV. Parteitag in die Mandatsprüfungskommis- sion gewählt. Einige Monate in der Ge- werkschaftsabteilung der KPD-Zentrale in Berlin tätig. 1921 zog Schoenbeck als Abgeordneter in den preußischen Landtag ein. Parteisekretär in Elberfeld. Bis Anfang 1923 Sekretär der Bezirksleitung Rheinland-Süd, dann wieder in die Gewerkschaftsabteilung der Zentrale berufen, in der er bis 1924 blieb, obwohl er zu den »Rechten« neigte. 1924 nicht mehr in den Landtag gewählt. Redakteur der Zeitschrift »Der Gewerk- schafter«. 1926 berief die KPD Schoenbeck zum Sekretär des Reichsausschusses für Fürstenenteignung. 1927 Mitglied des IAH- Vorstandes. Prokurist des Kosmos-Verlages (ein Münzenberg-Unternehmen) und Ge- schäftsführer der »Welt am Abend«. Dele- gierter des XL Parteitags 1927. Im Januar 1929 als Geschäftsführer der »Welt am Abend« gemaßregelt, weil er sich weigerte, »Rechte« zu entlassen. Im Februar 1929 aus der KPD ausgeschlossen. Bis 1930 aktiv in der KPO, näherte er sich wieder der KPD. Der durch Schwerhörig- keit behinderte Schoenbeck fand wieder im Münzenberg-Konzern Arbeit. 1933 emigriert, kehrte er 1945 nach Berlin zurück und schloß sich wieder der KPD bzw. SED an, ohne eine Funktion auszu- üben. Schoenbeck starb am 12. Dezember 1957 in Ost-Berlin. SCHOLEM, Werner (1895-1940) Als Sohn eines Druckereibesitzers am 29. Dezember 1895 in Berlin geboren; besuchte das Luisenstädtische und Dorotheenstädti- sche Gymnasium in Berlin und die Samson- schule in Wolfenbüttel. Nach dem Abitur Studium der Geschichte und Jura in Göt- tingen und Halle. 1912 Mitglied der Sozia- listischen Jugend und 1913 der SPD. Er geriet deswegen in Konflikt mit seinem bürgerlichen Elternhaus. Seit Gründung der USPD 1917 Mitglied dieser Partei. Wegen Antikriegsdemonstrationen und Majestäts- beleidigung 1917 einige Monate inhaftiert. Nach der Novemberrevolution übernahm der junge Scholem in der USP wichtige Funktionen. Anfang 1919 wurde er Bür- gervorsteher (Stadtverordneter) in Hanno- 286 Scholem. ver-Linden. Mitte 1919 übersiedelte er nach Halle und wurde Redakteur an der USP- Zeitung »Volksblatt«. Delegierter der USPD-Parteitage im März und November 1919 und des Spaltungsparteitags 1920. Scho- lem kam mit der linken USP zur KPD, Delegierter des Vereinigungsparteitags im Dezember 1920. Am 1. Januar 1921 trat Scholem in die Re- daktion der »Roten Fahne» ein. Im Februar 1921 als (jüngster) Abgeordneter in den preußischen Landtag gewählt. Aktiv an der Märzaktion beteiligt, deswegen polizeilich gesucht. Der Landtag hob seine Immunität auf, Scholem lebte längere Zeit illegal, am 24. September 1921 verhaftet. Er legte sein Landtagsmandat nieder. Nach einigen Monten freigelassen, über- nahm er verschiedene Funktionen in der Partei. Er gehörte zur linken Opposition um Ruth Fischer und wurde Ende 1922 Orgleiter des wichtigen Bezirks Berlin. De- legierter des VIII. Parteitags 1923, dort in die Beschwerdekommission gewählt. Auf dem IX. Parteitag gehörte Scholem zu den Führern der Linken, er wurde in die Zentrale und ins Polbüro gewählt und übernahm als Orgleiter die gesamte Orga- nisation der KPD. Nach der Verhaftung Maslows 1924 war er neben Ruth Fischer der wichtigste Führer der Partei. Im Mai 1924 zog er in den Reichstag ein. Nach der Auflösung des Reichstags im Oktober 1924 suchte ihn wieder die Polizei (Steckbrief: »1,67 groß, schwarzes Haar, dunkle Augen, Adlernase, trägt zeitweise Hornbrille«). Im Dezember 1924 wieder in den Reichstag gewählt. Als es im Frühjahr 1925 in der linken Zentrale zur Spaltung kam, bildeten Scho- lem, Rosenberg und Katz die ultralinke Opposition. Der geschickte Organisator Scholem versuchte, die ultralinken Kräfte im Reich zu sammeln. Er gab Fraktions- rundbriefe heraus, die er mit dem Pseud- onym »semper idem« unterzeichnete. Auf dem X. Parteitag 1925 war Scholem der Hauptsprecher der ultralinken Opposi- tion, er warnte hier vor der zunehmenden Abhängigkeit von Moskau. Am Ende des Parteitags kam es zu einer Annäherung von Opposition und Führung und auch Scholem wurde ins ZK (und ins Polbüro) gewählt. Den im September 1925 veröffentlichten »Offenen Brief« lehnten die Ultralinken unter Scholem ab. Er versuchte nunmehr, die »alte Linke« zu sammeln und gegen die neue Führung Thälmanns und des EKKIs zu mobilisieren. Auf der Parteikonferenz im Oktober 1925 hielt Scholem das Kor- referat gegen Thälmann. Auf der Konferenz wurde Scholem aus dem ZK ausgeschlossen. Er sollte sich einer Kommission stellen, die die »Vorwürfe« gegen ihn zu prüfen hatte. Man versuchte, ihn für die finanziel- len Transaktionen des Kassierers König ver- antwortlich zu machen, obwohl längst nach- gewiesen war, daß er mit diesen Dingen nichts zu tun gehabt hatte. Scholem war nun einer der eifrigsten Füh- rer der linken Opposition. Im September 1926 organisierte er die Unterschriften- sammlung für den »Brief der 700«. Am 5. November 1926 erfolgte sein Ausschluß aus der KPD. In der Folgezeit war er einer der Mitbegründer und Organisatoren des »Leninbundes«. Er hielt für diese Organi- sation noch am 20. April 1928 eine Wahl- versammlung in Würzburg ab, trat dann aber aus persönlichen Gründen kurz vor der Wahl aus dem »Leninbund« aus. Er blieb jedoch Mitarbeiter der Zeitungen des »Le- ninbundes» (»Fahne des Kommunismus« und »Volkswille«) sowie des trotzkisti- schen Blattes »Permanente Revolution». Er setzte seine juristischen Studien fort und wurde Referendar. Im März 1933 wurde Scholem verhaftet und ins KZ gebracht, als Jude und ehemals führender Kommunist hatte er viel zu er- leiden. Er wurde am 17. Juli 1940 in Bu- chenwald ermordet. Scholems Frau, die bis zu seinem Ausschluß Sekretärin im ZK gewesen war und dann entlassen wurde, lebte 1969 in der Bundes- republik, seine Töchter in England, sein Scholem/Schreck 287 jüngster Bruder ist in Jerusalem Professor für Religionsgeschichte. SCHRADER, Karl, (Pseud. Paul Körner) (1900-1962) Am 25. April 1900 in Wedderstedt/Harz als Sohn eines Dorfstellmachers und Sozial- demokraten geboren. Die 1915 begonnene Gärtnerlehre 1918 wegen Einberufung zum Militär abgebrochen. Da er antimilitaristi- sche Gedichte verbreitete, im Herbst 1918 zu einem Jahr Festung verurteilt, durch die Novemberrevolution befreit. Mitglied des Arbeiter- und Soldatenrates. Januar 1919 Eintritt in die KPD. Wegen Teilnahme am mitteldeutschen Auf stand 1921 zu sieben Jahren Zuchthaus verurteilt, konnte er flüch- ten und lebte bis zur Amnestie von 1928 unter dem Pseudonym Paul Körner. Er schlug sich als Torfstecher, Landarbeiter, Buchhändler, Leichenwagenkutscher und Kellner durchs Leben und schrieb Gedichte, Glossen und Reportagen für die KP-Presse. 1926 Redakteur der »Roten Fahne«, für die Arbeiterkorrespondentenbewegung der Zeitung verantwortlich. Bis 1930 Redakteur der »Roten Fahne«, dann freier Schriftstel- ler. Insgesamt in der Weimarer Republik u. a. wegen »literarischen Hochverrats«, Gotteslästerung, Beleidigung usw. fünf Jahre in Gefängnissen und Festungen ein- gekerkert. Nach 1933 einige Male kürzere Zeit ver- haftet. 1939 zum Militär eingezogen, bis 1945 bei der Wehrmacht. Nach 1945 lebte er wieder als freier Schrift- steller in Berlin, schloß sich der KPD bzw. SED an, war Mitarbeiter der SED-Presse und des DDR-Rundfunks. Träger mehrerer Auszeichnungen, darunter der »Vaterländi- sche Verdienstorden« in Silber. Schrader starb am 18. Mai 1962 in Ost-Berlin. SCHRECK, Paul (1892-1948) Als Sohn eines Korbmachers am 23. Dezem- ber 1892 in Haardorf bei Zeitz geboren, wurde im sozialistischen Sinne erzogen und lernte Dreher. 1908 Mitglied der Sozialisti- schen Arbeiterjugend, 1910 der Gewerk- schaft und 1911 der SPD. Nach der Lehre Wanderschaft, arbeitete in Mülheim/Ruhr und Witten. Während des Krieges Übersiedlung nach Mannheim, Dre- her bei der Firma Benz. Schreck war einer der Führer des Munitionsarbeiterstreiks 1918 in Mannheim. Er hatte sich den »Bre- mer Linksradikalen« angeschlossen und wurde 1919 einer der Mitbegründer der KPD in Mannheim. Delegierter des Ver- einigungsparteitags mit der USPD 1920 und des Jenaer Parteitags 1921. Im gleichen Jahr hauptamtlicher Parteisekretär im Kreis Mannheim. Schreck stand auf dem rechten Flügel der Partei, er wurde nach der Über- nahme der Führung durch die Linken in Baden (Kenzler, Ritter) abgeschoben. Im April 1924 verhaftet und (wegen Wei- terführung der illegalen KPD) zu zwei Jahren Gefängnis verurteilt. Nach 1V2 Jah- ren mußte er freigelassen werden, da er inzwischen (1925) als Abgeordneter in den Badischen Landtag gewählt worden war. Schreck war wieder als Parteisekretär tätig und spielte Anfang 1927 bei der Ausschal- tung der Linken in Baden eine große Rolle. Nach der Absetzung Kenzlers übernahm Schreck 1927 die Funktion des Polleiters in Baden, die er bis 1930 ausübte. Delegierter des VI. Weltkongresses der Komintern in Moskau. 1928 zog er in den Reichstag ein, in den er auch 1930 wieder gewählt wurde. Wegen »versöhnlerischen« Verhaltens lö- ste man ihn 1931 als Polleiter ab. Im glei- chen Jahr wurden die KPD-Bezirke Baden und Pfalz zusammengelegt. Schreck kam nur noch in die erweiterte Bezirksleitung und wurde zur RGO-Arbeit abgestellt. 1932 wurde er im Reichstagswahlkampf in Meck- lenburg eingesetzt, aber nicht mehr in den Reichstag gewählt. 1933 ging er in die Illegalität, wurde jedoch denunziert und in den KZs Heuberg und Kislau festgehalten, bei Vernehmungen auch schwer mißhandelt. Im April 1935 entlas- 188 Schreck/Schreiber, Arthur sen, arbeitete er in verschiedenen Fabriken. Bei Kriegsausbruch 1939 erneut verhaftet, bis zum Kriegsende im KZ Buchenwald festgehalten. Schreck, ein kräftiger Mann und wahrer Volkstribun, wurde Lagerälte- ster in Buchenwald. Seine Frau war eben- falls ein Jahr lang inhaftiert und sollte nochmals mit der Lechleiter-Gruppe vor Gericht gestellt werden. Das Verfahren ge- gen sie wurde aber eingestellt und sie konnte wieder ihre fünf Kinder betreuen. Im Mai 1945 kehrte Schreck nach Mannheim zurück, er wurde Polleiter der KPD in Baden und Abgeordneter der KPD im Landtag von Württemberg-Baden. 1947 kam er als Gewerkschaftssekretär zur IG Metall. Bei einem Autounfall am 10. September 1948 kam Schreck ums Leben. Bei der Be- erdigung, die unter großer Anteilnahme der Bevölkerung stattfand, erwiesen ihm auch seine politischen Gegner ihre Hochachtung. Von seinen fünf Kindern fiel ein Sohn im Krieg, eine Tochter lebt in der DDR, die Familie lebt in Mannheim. SCHRECKER, Hans (geb. 1899) Geboren am 11. März 1899, nach dem Schulbesuch Bürobote. Diese Tätigkeit übte er u. a. bei einer zionistischen Vereinigung aus und kam dort in Verbindung mit lin- ken Kreisen. 1924 schloß er sich der IAH an, war dort aktiv. 1926 Mitglied der KPD. Ende 1928 holte ihn Heinz Neumann als politischen Redakteur an die »Rote Fahne«, was angesichts der kurzen Parteizugehörig- keit Schreckers großen Protest bei der Op- position hervorrief. Er behielt seine wichtige Funktion über ein Jahr und war dann bis 1932 bei der Presse kommunistischer Mas- senorganisationen beschäftigt. 1933 erneut in die Redaktion der »Roten Fahne« be- rufen, arbeitete er illegal gegen das Hitler- Regime. Nach 1933 emigrierte er nach Frankreich. 1934 Sekretär des Dimitroft- Befreiungskomitees in Paris. 1945 trat er wieder der KPD, dann der SED bei, er wurde als Redakteur beschäftigt. Lange Zeit war er Redakteur der »Lausitzer Rundschau«, 1969 Redakteur der außen- politischen Zeitschrift »Horizont«. Zum 65. Geburtstag erhielt er den »Vaterländi- schen Verdienstorden« in Silber, 1969 gra- tulierte ihm das ZK der SED zum 70. Ge- burtstag. SCHREIBER, Alfred (1888-1942) Am 23. August 1888 in Roßwein (Sachsen) geboren, lernte Schlosser. Vor dem Krieg Mitglied der SPD, 1918 Übertritt zur USPD, mit deren linkem Flügel 1920 zur KPD. 1921 als Parteisekretär nach Königs- berg geschickt, war er bis 1924 in der Be- zirksleitung Ostpreußen tätig. Am 17. Fe- bruar 1924 verhaftet und zu drei Jahren Gefängnis verurteilt. Anfang 1926 aus der Haft entlassen. 1926 kam Schreiber als Polleiter nach Mecklenburg. Er übte diese Funktion bis 1927 aus. Dann wurde er zur »Roten Hilfe« nach Leipzig abgeschoben, er er- hielt nur noch untergeordnete Funktionen. Nach 1933 arbeitete Schreiber für die ille- gale KPD. 1941 verhaftete ihn die Gestapo. Er wurde zum Tode verurteilt, und Anfang Mai 1942 hingerichtet. SCHREIBER, Arthur (geb. 1893) Am 20. Januar 1893 in Niederwürschnitz (Sachsen) geboren, entstammte einer armen Familie des Erzgebirges, lernte Bergmann. 1913 Mitglied der SPD. Während des Krie- ges im Spartakusbund aktiv und für ihn in der USPD tätig. Seit Gründung 1919 Mit- glied und ehrenamtlicher Funktionär der KPD. Selbst Bergarbeiter, leitete er 1924 den Streik der Bergleute im Erzgebirge. Delegierter des X. Parteitags 1925. 1924/25 stand Schreiber auf der Linie des ZK, er bekämpfte die »Rechten«, besonders Sie- wert und dessen »verfluchte Fraktions- macherei«. Er zog 1926 in den sächsischen Landtag ein. 1926 einige Zeit Sekretär für Schreiber, Arthur/Schreiner 289 Gewerkschaftsfragen in der Bezirksleitung Erzgebirge-Vogtland. Bei den Auseinandersetzungen zwischen den Rechten und dem ZK stellte sich Schreiber 1928/29 gegen die Parteilinie. Er wurde am 14. Januar 1929 aus der KPD aus- geschlossen. Mitglied und aktiver Funktio- när der KPO. 1929 kandierte er für die KPO, da diese jedoch keine Sitze erhielt, kam er nicht mehr in den Landtag. Er arbeitete wieder als Bergmann und war bis 1933 für die KPO tätig. Nach 1933 mehrmals verhaftet, schloß er sich 1945 wieder der KPD bzw. SED an. Er lebte 1968 als Rentner und SED-Mitglied in Neuwürschnitz/Sachsen. SCHREINER, Albert (geb. 1892) Als viertes Kind eines SPD-Funktionärs am 7. August 1892 in Aglasterhausen (Baden) geboren, lernte Schlosser und Mechaniker. 1910 Mitglied der SPD. In Stuttgart schloß er sich den Linken in der SPD an, im Ersten Weltkrieg aktives Mitglied des Spartakus- bundes. Mitglied der KPD seit Gründung. Schreiner befaßte sich früh mit militärischen Problemen, er spielte in der November- revolution in Stuttgart eine große Rolle. Kriegsminister in der ersten württembergi- schen Revolutionsregierung am 8. November 1918. Auf Wunsch des Spartakusbundes mußte er aber schon nach wenigen Tagen aus der Regierung austreten. Bis 1922 hauptamtlicher Funktionär in der KPD Württemberg. Delegierter des IV. Welt- kongreß der Komintern. Hinweise auf eine angebliche Spitzeltätig- keit Schreiners wies die KPD Württemberg 1922 zurück, da er »volles Vertrauen« der ganzen Partei genieße. 1923 im Militär- apparat der KPD. Als M-Leiter des Be- zirks Wasserkante maßgeblich am Hambur- ger Aufstand beteiligt. 1924 Besuch der ersten Militärfachschule der Komintern in Moskau. Nach Gründung des Roten Frontkämpfer- bundes wurde Schreiner einer der Führer des Bundes, er war (ab 1924) Chefredak- teur des RFB-Organs »Rote Front«, Leiter des Ressorts »Gegner« und Leiter der KPD-Parteigruppe im RFB-Vorstand. 1927 Delegierter des XL Parteitags. Ende 1927 kam es zu Differenzen zwischen Leow und Schreiner, der auf dem rechten Parteiflügel stand. Zunächst wurde Schrei- ner aus der Redaktion der »Roten Front« entlassen, da er versuchte, die Korruptions- aftären im RFB zu enthüllen, wurde er 1928 ganz aus der RFB-Arbeit entfernt. Anfang 1929 aus der KPD ausgeschlossen, trat er im gleichen Jahr der KPO bei. Schreiner gehörte der Berliner Leitung der KPO an und blieb auch nach der Spaltung der KPO bei dieser Gruppe. Im Oktober 1932 erklärte er überraschend seinen Wie- dereintritt in die KPD. Er machte den Schritt aber wieder rückgängig, als die von ihm geleitete Spandauer KPO-Gruppe sich widersetzte. Schreiner erklärte gemeinsam mit Jurr, er habe »den Kopf verloren«; er wurde (gegen den Widerstand Brandlers) wieder in die KPO aufgenommen. 1933 flüchtete er nach Frankreich. Er war noch einige Zeit in der KPO, näherte sich aber wieder KPD. An der Volksfrontbewe- gung beteiligt, wurde er Sekretär des Thäl- mann-Komitees. Von der KPD gefördert, veröffentlichte Schreiner (unter dem Pseu- donym A. Müller) mehrere Bücher (Hit- ler treibt zum Krieg, 1934; Hitlers Luftflotte startbereit, 1935; und Hitlers motorisierte Stoßarmee, 1936). Er schloß sich wieder der KPD an und ging sofort bei Beginn des Bürgerkrieges nach Spanien, wurde dort militärischer Leiter und später Stabschef der XIII. Internationalen Bri- gade. 1939 in Frankreich und dann in Marokko interniert. Im Mai 1941 erhielt er die Aus- reisegenehmigung nach Mexiko, wurde aber in den USA festgehalten und blieb bis 1946 in den Vereinigten Staaten. Dort veröffent- lichte er neben militärischen Artikeln vor allem historische Arbeiten. 1946 kehrte Schreiner nach Deutschland zu- 290 Schreiner/Schröer rück, trat der SED bei und wurde 1947 Professor an der Universität Leipzig, spä- ter Dekan der Gesellschaftswissenschaftlichen Fakultät. Er veröffentlichte u. a.: »Die marxistische Staatstheorie seit dem Kommu- nistischen Manifest« und »Zur Geschichte der deutschen Außenpolitik 1871 bis 1945«. In den Jahren 1950/52 als ehemaliger KPO-Führer von der SED verfemt. 1953 ans Museum für Deutsche Geschichte berufen und 1956 in die Deutsche Akademie der Wissenschaften, Institut für Geschichte, auf- genommen. Als Historiker kam er mehrfach mit der Linie der SED in Konflikt. Bis 1961 war Schreiner auch in der Redak- tion der »Zeitschrift für Geschichtswissen- schaft«. 1969 übte er - wegen seines Ge- sundheitszustandes - keine bedeutende Funktion mehr aus, ist aber noch in ver- schiedenen Historikergremien der DDR tä- tig. Er erhielt mehrere Auszeichnungen, dar- unter zum 70. Geburtstag 1962 den »Karl- Marx-Orden« und 1967 den »Vaterländi- schen Verdienstorden« in Gold. SCHREYER, Hans (1886-?) Am 13. März 1886 in Coburg geboren, lernte Schmied und übersiedelte nach Thü- ringen. Vor dem Weltkrieg Mitglied der SPD. 1917 in Eisenach Übertritt zur USPD, mit der linken USP 1920 zur KPD. Schreyer zog 1924 für die KPD in den Thüringer Landtag ein. Er gehörte zum ultralinken Flügel derParteiund wurde des- wegen 1926 aus der KPD ausgeschlossen. Im Januar 1927 kandierte er zusammen mit Geithner und Agnes Schmidt auf der Liste der ultralinken Kommunistischen Arbeits- gemeinschaft (KAG) zur Thüringer Land- tagswahl, wurde aber nicht gewählt. Im Frühjahr 1927 trat er zur SPD über. Nadi 1933 kurz inhaftiert, lebte er auch während des Krieges in Eisenach. Weitere Daten seines Lebenlaufs ließen sich nicht er- mitteln. SCHRODER, Willy (1897-1944) Als Sohn eines Landarbeiteres am 9. Fe- bruar 1897 in Schorrentin (Mecklenburg) geboren, nach der Schulentlassung als Arbei- ter bei der Eisenbahn. Gegen Kriegsende zum Militär eingezogen. 1920 Mitglied der KPD. 1921 Betriebsrat, Stadtverordneter in Rostock, gleichzeitig Mitglied der KPD-Bezirksleitung Mecklen- burg. An den Aktionen 1923 aktiv beteiligt. 1924 wegen Zersetzung der Reichswehr zu 31/z Jahren Zuchthaus verurteilt. Da er Ende 1927 in den Landtag von Mecklen- burg-Schwerin nachrückte, kam er vorzeitig frei. 1927 Leiter des RFB in Mecklenburg. 1929 wieder in den Landtag gewählt, im gleichen Jahr auch Orgleiter des Bezirks Mecklen- burg. 1931 Teilnehmer der KPD-Partei- schule in Berlin (Fichtenau). Bis 1933 leitete er die KPD in Rostock. 1933 arbeitete er illegal für die KPD. Im November 1933 in Hamburg verhaftet und zu drei Jahren Zuchthaus verurteilt. Im Mai 1937 brachte man ihn ins KZ Sachsen- hausen, wo Schröder am 27. Oktober 1944 den unmenschlichen Haftbedingungen erlag. SCHRÖER, Alfred (geb. 1895) Am 12. Dezember 1895 in Neukausendorf (Schlesien) geboren, lernte Bergmann und übersiedelte 1912 nach Essen. Er trat dem Bergarbeiterverband und 1913 der SPD bei. Im Mai 1915 zum Militär eingezogen, kam an die Front und war bis zum Januar 1919 Soldat. Ab Januar 1919 Mitglied und aktiver Funktionär der KPD. Bis Ende 1923 Arbeit als Bergmann, 1924 hauptamtlicher Partei- sekretär. Im Mai 1924 zog er in den Reichs- tag ein, wurde aber im Dezember nicht mehr gewählt. 1925 Parteisekretär und Fraktionsführer der Gelsenkirchener KPD, diese Funktion füllte er bis Ende 1932 aus. Anfang 1933 verhaftet, nach einigen Wo- chen wieder freigelassen. Bis 1935 erwerbs- los. Im Oktober 1935 verhaftete ihn die Schröer/Schubert 291 Gestapo wegen illegaler Widerstandsarbeit und das OLG Hamm verurteilte Schröer am 14. April 1936 zu zwei Jahren Gefäng- nis. Nach der Freilassung 1938 Baufach- arbeiter, wurde noch 1944 als Soldat zur »Bewährung« an die Front geschickt. Nach 1943 zunächst Beton-Polier, dann Gastwirt. Schröer trat wieder der KPD bei, Fraktionsführer der Gelsenkirchener Stadt- verordnetenfraktion. 1952 wegen politischer Differenzen (Stalinkult, Ostgrenzen) als »Titoist« aus der KPD ausgeschlossen. Er trat 1954 der SPD bei. Schröer lebte 1969 als Pensionär im Ruhrgebiet. SCHRÖTER, Johannnes (geb. 1896) Am 23. September 1896 in Erfurt geboren, lernte Schlosser, war in diesem Beruf und später als Elektromonteur tätig. Im ersten Weltkrieg Soldat. 1918 trat er in Zeitz der USP bei. 1920 mit der linken USPD zur KPD. 1923 hauptamtlicher Sekretär der »Union der Hand- und Kopfarbeiter« zuerst in Mittel- deutschland, dann im Ruhrgebiet. Ende 1923 Mitarbeiter der Gewerkschaftsabteilung der KPD-Zentrale. Im Oktober 1924 wurde Schröter nach längerer polizeilicher Such- aktion (er lebte zuletzt unter dem Namen »Schweitzer«) verhaftet und wegen »Be- günstigung von Sprengstoffdiebstahl« (er hatte 1923 Waffenkäufe der KPD organi- siert) zu i Jahr 9 Monaten Zuchthaus ver- urteilt. Im Mai 1926 aus dem Zuchthaus entlassen, wurde er von der KPD ge- feiert. Er kam nach Halle, war kurze Zeit Orgleiter und übernahm Ende 1926 als Pol- leiter die Führung des Bezirks Halle-Mer- seburg. Delegierter des XI. Parteitags 1927. Der Parteitag wählte ihn, den Polleiter eines großen Bezirks, zum Mitglied des ZK der KPD. Im Mai 1928 zog er auch in den Reichstag ein. Bei den Auseinandersetzungen 1928 war Schröter einer der führenden Versöhnler. Im Bezirk Halle-Merseburg hatten die »Versöhnler« unter seiner Leitung mehrere Monate die Mehrheit. Anfang 1929 als Pol- leiter in Halle-Merseburg abgelöst, wurde er auf dem Parteitag 1929 auch nicht mehr ins ZK gewählt. Schröter unterwarf sich schon Mitte 1929 völlig der Parteilinie. Er wurde 1930 von der KPD mit der Leitung der Arso (Arbeitsgemeinschaft sozialpolitischer Organisationen) beauftragt. Auch 1930 und 1932 zog er wieder in den Reichstag ein. 1932/33 Leiter des kommunistischen Reichs- ausschusses der Erwerbslosen. 1933 emigrierte Schröter, zunächst nach Frankreich. Während des Krieges kam er nach Mexiko, wo er angeblich für die So- wjetunion tätig war. An der Arbeit der deutschen Kommunisten in Mexiko hat er sich nicht beteiligt. Schröter kehrte 1945 nicht nach Deutschland zurück, sondern blieb in Mexiko, wo er 1968 noch lebte. SCHUBERT, Hermann (1886-1938) Geboren am 26. Januar 1886 in Lengefeld (Erzgebirge), arbeitete nach der Schulent- lassung als Bergmann. Nach der Wander- schaft ließ er sich in Leipzig nieder. 1907 Mitglied der SPD. Mitte 1912 in Leipzig hauptamtlicher Sekretär des Arbeiterturner- bundes. 1917 Übertritt zur USPD, mit deren linkem Flügel 1920 zur KPD. 1922 Gewerkschafts- sekretär in Suhl. Delegierter des Leipziger Parteitags 1923. Er besuchte als einer der ersten Deutschen einen Kurs an der Lenin- Schule in Moskau. Im Herbst 1923 war Schubert leitend bei den Vorbereitungen zum bewaffneten Aufstand in Thüringen tätig. Anfang 1924 verhaftet, wurde er am 27. April 1924 von seinen Parteifreunden durch einen Sturm auf das Suhler Gefängnis be- freit. Im Mai 1924 zog Schubert in den Reichstag ein. Da ihn die Immunität nicht schützte, legte er im Juli jedoch sein Mandat nieder. Er ging illegal ins Ruhrgebiet und wurde Parteisekretär in Bochum, wo er am 21. Oktober 1924 trotz seines falches Passes erneut verhaftet wurde. Im Dezember 1924 in den preußischen Landtag gewählt, ent- 292 Schubert/Schütz, Max ließ man ihn im Januar 1925 aus dem Ge- fängnis. Er übernahm in der Bezirksleitung Ruhr in Essen die Abteilung Gewerkschaft. Schubert, der auf dem linken Parteiflügel stand, wandte sich im Mai 1925 gegen die Ultralinken. Delegierter des X. Parteitags 1925. Nach dem September 1925 trat er für den »Offenen Brief« gegen die Fischer- Maslow-Führung ein. Er behielt seine Funk- tion als Gewerkschaftssekretär in der Be- zirksleitung Ruhr bis 1928. Im gleichen Jahr erneute Wahl in den preußischen Land- tag, dem er bis 1933 angehörte. Ende 1928 kam es zwischen dem Polleiter Florin und Schubert zu Differenzen. Schu- bert wurde nach Berlin versetzt, er arbeitete einige Wochen in der Genossenschaftsabtei- lung des ZK. Im März 1929 übernahm er als Polleiter die Führung des KPD-Bezirks Ostpreußen. Auf dem Weddinger Parteitag 1929 wurde Schubert zum Kandidaten des ZK gewählt. 1931 kam er als Polleiter des Bezirks Wasserkante nach Hamburg und wurde als Vollmitglied ins ZK kooptiert. Er war ein enger Freund Thälmanns, der ihn 1932 auch ins Politbüro berief. Nach der Verhaftung Thälmanns kam Schu- bert im März 1933 von Hamburg nach Ber- lin, um den Parteivorsitz der illegalen KPD zu übernehmen, wie das zwischen ihm und Thälmann ausgemacht war. Es kam zum Kampf um die Parteiführung zwischen Schubert, Schehr - der von der Komintern eingesetzt worden war - und Ulbricht. Schubert, der die ultralinke Politik der Thälmann-Periode unbedingt weiterführen wollte, hatte (nach der Verhaftung Schehrs im November 1933) eine Mehrheit im Polit- büro (Florin, Schulte, Dahlem) gegen Ul- bricht und Pieck. In den Jahren 1933 bis 1935 spielte er (unter dem Pseudonym »Richter«) in der Emigrations-KPD eine entscheidende Rolle. 1934 als Nachfolger Heckerts zum KPD-Vertreter beim EKKI bestimmt. Durch die Schwenkung der Komintern 1935 verlor Schubert jedoch die Basis. Florin und Dahlem gingen zu Ulbricht über und auf der »Brüsseler« Konferenz 1935 in Moskau wurden Schubert und dessen Freund Schulte nicht mehr ins ZK gewählt. Er wurde der Sündenbock für die Fehler der KPD, das EKKI entfernte ihn aus dem KPD-Apparat. Schubert, ein ähnlicher Typ wie Thälmann, nur ohne dessen Popularität und brutaler auftretend, wurde 1937 verhaftet. Zuletzt hatte er im Apparat der Internationalen Roten Hilfe gearbeitet. Vor seiner Verhaf- tung wies er die Anregung einer Funktio- närin zurück, die bei den Schauprozessen zu- tage getretene angebliche Verbindung der Trotzkisten zu Hitler in der Argumentation auszunutzen. Schubert meinte, daß die Geg- ner dagegen einwenden könnten, daß auch Lenin mit Hilfe des kaiserlichen Deutsch- lands im plombierten Wagen nach Rußland gekommen sei. Als Schubert 1937 in einer EKKI-Sitzung sprechen wollte, unterbrach ihn Togliatti wegen dieser Äußerung, die als »Provoka- tion« bewertet wurde, und stellte ihn zur Rede. Kurz darauf verhaftete ihn die Sta- linsche Geheimpolizei, Schubert verschwand spurlos als Opfer der Säuberung in der Sowjetunion. Die SED gibt 1938 als Schu- berts Todesjahr an. SCHÜTZ, Max (1894-?) Am 10. August 1894 in Greiz geboren, lernte Schlosser. 1911 Mitglied der SPD. 1914 zur Marine eingezogen, bis 1918 Sol- dat. Aus dem Krieg heimgekehrt, arbeitete er bei der Reichsbahn. 1919 trat er der KPD bei. Er übte im Ruhrgebiet verschiedene ehrenamtliche Parteifunktionen für die KPD aus. 1920 Delegierter des Vereinigungspar- teitags mit der USPD. 1921 hauptamtlicher Sekretär der KPD im Unterbezirk Gelsen- kirchen. Delegierter auf dem Jenaer Partei- tag 1921 und auf dem Leipziger Parteitag 1923. Auf letzterem wurde er als Kandidat in den ZA gewählt. Schütz gehörte im Ruhrgebiet zu den An- hängern der Linken. Auf dem IX. Parteitag Schütz, Max/Schulte 293 1924 wurde er als einer der führenden Linken in die Zentrale der KPD gewählt und ins Polbüro aufgenommen. Er kam nach Berlin, um die Gewerkschaftsarbeit der KPD zu leiten. Er zog im Mai 1924 in den Reichstag ein, in den er auch im Dezember 1924 wieder gewählt wurde. Schütz, der Freunde in allen Bevölkerungs- kreisen hatte und zeitweise sehr aufwendig lebte, mußte sich schon damals Angriffe wegen seines Lebenswandels gefallen lassen. Im Juli 1925 führte er in Gelsenkirchen einen Beleidigungsprozeß gegen die SPD- Presse. Der Redakteur der SPD-Zeitung konnte seine Anschuldigungen eines »moral- widersprechenden und strafbaren Verhal- tens« nicht nachweisen und nahm die An- griffe zurück. Der X. Parteitag 1925 wählte Schütz, ob- wohl er in der Auseinandersetzung mit den Ultralinken hinter Ruth Fischer stand, we- gen der Angriffe auf seine Person nicht mehr ins ZK. Er blieb bis zum »Offenen Brief« politischer Mitarbeiter des ZK in Berlin, dann wurde er abgelöst, weil er zur engeren Fischer-Maslow-Führung gehört hatte. Er schloß sich der linken Opposition an, unterschrieb den »Brief der 700« und wurde am 27. November 1926 aus der KPD ausgeschlossen. Bis 1928 gehörte er im Reichstag zur Gruppe der linken Kommunisten, schloß sich jedoch weder dem »Leninbund« noch andern lin- ken Gruppen an. Nachdem 1928 sein Man- dat erloschen war, arbeitete er als Akquisi- teur u. a. einige Zeit für die Zentrumspresse, aber auch für die Inseratenwerbung der KPD-Presse. Politisch trat er nicht mehr hervor. Bekannt wurde seine Haltung in der Affäre Leow. Leow hatte Schütz in einer Versamm- lung angegriffen und nun drohte Schütz im Oktober 1929, in einem Brief nachzuweisen, daß Leow bereits bei der Märzaktion 1921 Gelder unterschlagen habe. Diesen Brief veröffentlichte die SPD-Presse, Schütz di- stanzierte sich jedoch von der SPD. Anfang 1933 war er noch in Berlin bei einem Verlag, der der DNVP nahestand, als Inseratenwerber tätig. Weitere Daten seines Lebenslaufs ließen sich nicht ermitteln. SCHÜTZ, Walter (1897-1933) Am 25. Oktober 1897 in Wehlau/Ostpreu- ßen geboren, arbeitete nach der Lehre als Maschinenschlosser in Königsberger Betrie- ben. 1921 trat er der KPD bei und über- nahm verschiedene Funktionen in Ost- preußen. Seit 1927 hauptamtlicher Funktionär der KPD. 1928 einige Monate Orgleiter der Bezirksleitung Ostpreußen. 1930 zog er für die KPD als Abgeordneter in den Reichstag ein, dem er bis 1933 angehörte. Am 23. April 1933 überfielen SA-Leute seine Wohnung in Königsberg und ermor- deten ihn in Gegenwart seiner Frau und seines zwölfjährigen Sohnes. SCHULTE, Fritz (1890-1943) Geboren am 28. Juli 1890 in Hüsten (West- falen) als Sohn eines Fabrikarbeiters. Nach der Entlassung aus der Volks- schule Fabrikarbeiter. Zunächst in Düssel- dorf beschäftigt, kam 1913 als Chemiearbei- ter nach Leverkusen. Im Krieg Soldat, nach der Rückkehr aus dem Felde schloß er sich 1918 der USPD an. Schulte war anfänglich gegen die Vereini- gung der USP mit der KPD; als aber 1920 in Leverkusen viele Arbeiter gemaßregelt und damit radikalisiert wurden, trat auch er im Dezember 1920 mit zur KPD über, Betriebsratsvorsitzender von Bayer-Lever- kusen. Bei der Abspaltung einer Gruppe vom Fabrikarbeiterverband ging Schulte mit die- ser Gruppe und wurde 1922 hauptamtlicher Sekretär der neuen Gewerkschaft. Außer- dem war er Leiter der KPD in Leverkusen- Wiesdorf. 1923 stand er auf der Seite der »Rechten«, sprach vom »Idioten Thälmann« und las noch 1924 die illegalen Rundschreiben der Brandler-Fraktion, die in seinem Gebiet 294 Schulte/Schulz, Karl verbreitet wurden. Mitte 1924 ging er zu den Linken über. Im gleichen Jahr in die KPD-Bezirksleitung Niederrhein aufgenom- men, 1925 Sekretär für Kommunalpolitik in der BL. Das ZK berief Schulte 1927 zum Polleiter des Bezirks Niederrhein, der XL Parteitag 1927 in Essen wählte ihn als Mitglied ins ZK. Als Polleiter wurde er Ende 1927 von Lex Ende abgelöst. 1928 Abgeordneter des preußischen Land- tags. Im Juli/August 1928 nahm er an einem Schulungskurs in Moskau teil. Nach der Wittorf-Affäre trat Schulte im Bezirk Nie- derrhein als Führer der Linken gegen die »Versöhnler« auf. Der »Versöhnler« Ende wurde abgesetzt und Schulte im November 1928 wieder Polleiter dieses Bezirks. Der Weddinger Parteitag 1929 wählte ihn zum Mitglied des ZK, und er wurde auch ins Pol- büro berufen. Daneben behielt er bis 1931 seine Funktion als Polleiter im Bezirk Nie- derrhein (Düsseldorf). 1930 in den Reichs- tag gewählt, gehörte er diesem Parlament bis 1933 an. 1932 übersiedelte er nach Berlin und über- nahm die Reichsleitung der RGO, der Kon- greß im September des gleichen Jahres wählte ihn offiziell zum Reichsleiter der RGO. Daneben blieb er im Politbüro der KPD. 1933 arbeitete Schulte illegal weiter und verließ als letztes Politbüro-Mitglied Deutschland. Zusammen mit Schubert führte er zunächst im Sinne der Mehrheit des ZK die alte ultralinke Taktik fort und wurde nach der Umstellung auf die Ein- heitsfronttaktik gemeinsam mit Schubert in den Hintergrund gedrängt. 1935 kam Schulte nach Moskau. Auf der dortigen (»Brüsseler«) Parteikonferenz wurde er nicht mehr ins ZK gewählt. Er arbeitete in Moskau an untergeordneter Stelle, bis er 1937 verhaftet wurde und als Opfer der Stalinschen Säuberung ver- schwand, er kam nach offizieller SED-Ver- sion 1943 ums Leben, im gleichen Jahr fiel sein Sohn Fritz als deutscher Soldat an der Ostfront. 1952 wurde Schulte in West- deutschland amtlich für tot erklärt und als Todestag der 31. Dezember 1938 ange- nommen. SCHULZ, Karl (1884-1933) Am 7. Juni 1884 in Braunschweig als Fried- rich Carl Schulze geboren, lernte Schmied. 1905 Mitglied der SPD. Ab 1912 Sekretär der Gewerkschaften (»Arbeitersekretär«). 1912/13 Teilnehmer der SPD-Parteischule in Berlin, an der Rosa Luxemburg lehrte. Während des Weltkrieges schloß er sich in Berlin der Spartakusgruppe an und gehörte zu den Mitbegründern der KPD. Auf dem Gründungsparteitag der KPD wurde Schulz, der damals den »Roten Soldatenbund« mit leitete, in die Organisations- und Pro- grammkommission gewählt. Schulz war dann für die Landagitation der KPD tätig, er gründete die Partei in Mecklenburg und Pommern und war Delegierter auf den ersten vier Parteitagen der KPD. 1921 zog er (Schulz-Neukölln) für die KPD in den preußischen Landtag ein und gehörte diesem Parlament bis 1924 an. 1923 Oberbezirks- Sekretär der KPD in Norddeutschland, er nahm im gleichen Jahr am Leipziger Partei- tag teil. Wegen seiner Beteiligung an den Aufstands- vorbereitungen 1923 polizeilich gesucht, als »Rechter« aber von der linken Führung nicht mehr als Kandidat zur Wahl aufge- stellt, mußte er 1924 nach Moskau flüchten. Er lebte bis 1928 in Moskau und arbeitete im Genossenschaftsapparat der Komintern. Ernst Meyer forderte 1928 seine Kandida- tur (vgl. Bd. 1, S. 427), da Schulz als guter Agitator und Parlamentsredner in Deutsch- land gebraucht wurde. Schulz wurde 1928 wieder in den preußi- schen Landtag gewählt und konnte nach Deutschland zurückkehren. Das ZK beauf- tragte ihn mit der Durchführung des Volks- begehrens gegen den Panzerkreuzerbau. Er hielt am 6. Oktober 1928 eine Rundfunk- rede, nachdem der vorgesehene sozialdemo- kratische Redner vom KPD-Apparat ent- Schulz, Karl/Schumacher, Ernst 295 führt worden war. Die von Karl Frank organisierte Aktion wirbelte viel Staub auf. Schulz gehörte zu den »Versöhnlern«, blieb aber in der Partei und unterwarf sich der Parteidisziplin. Bis 1932 war er vorwiegend im Landtag tätig, er wurde aber 1932 nicht mehr gewählt. In der Nacht des Reichstagsbrandes wurde Schulz verhaftet. Am 30. Juni 1933 starb er an den Folgen der Mißhandlungen im Polizeigefängnis Spandau. SCHULZ, Richard (1899-?) Am 5. Januar 1899 in Königszelt (Schle- sien) geboren, lernte den Bergmannsberuf und arbeitete im Waldenburger Kohlen- revier. 1920 Mitglied der KPD, aktiver Funktionär. Mitte 1924 als Anhänger der Linken zum Orgleiter in die KPD-Bezirksleitung Schle- sien berufen, zog Schulz 1924 in den preu- ßischen Landtag ein. Der X. Parteitag 1925 wählte ihn in die politische Kommission. Im Oktober 1926 stand der jähzornige Schulz im Mittelpunkt eines Prügelskandals. Er hatte die Frau des SPD-Abgeordneten Osterroth beleidigt und dessen zwei Söhne schlugen Schulz dafür mit Peitschen. 1928 wurde Sdiulz nicht mehr in den Land- tag gewählt. Im gleichen Jahr setzte der Polleiter von Schlesien, Hausen, durch, daß Schulz aus der KPD ausgeschlossen wurde. Schulz soll dann für die NSDAP aktiv ge- wesen sein, doch verschwand er aus der Politik. Als ein Kind von Schulz - der von seiner Frau getrennt lebte - verschwunden war, kam das Gerücht auf, Schulz habe es ermordet. Er selbst behauptete zunächst, sein Kind sei zur Erholung. Tatsächlich soll sich später herausgestellt haben, daß Schulz das Kind in einem Anfall geistiger Um- nachtung umgebracht hatte. Soweit sich feststellen ließ, kam Schulz in eine Heil- anstalt. Weitere Daten seines Lebenslaufs ließen sich nicht ermitteln. SCHULZE, Hermann (geb. 1897) Geboren am 14. April 1897 in Gera, lernte Schlosser und arbeitete in Textilfabriken. 1909 Mitglied der SPD. Im Kriege aktiver Anhänger des Spartakusbundes, Teilnehmer der linksradikalen Jugendkonferenz in Jena 1916. Mitglied der KPD seit ihrer Grün- dung. Schulze war lange Zeit Vorsitzender der KPD in Gera. Er zog 1924 in den Thüringer Landtag ein und wurde auch 1927 ins Parlament gewählt. In der KPD-Be- zirksleitung Thüringen war er Sekretär für Kommunalpolitik. Bei den Auseinandersetzungen in der Thü- ringer KPD 1928/29 schloß er sich (wie fast die ganze Fraktion) der KPO an. Er war in den folgenden Jahren in der KPO- Thüringen tätig. Nach 1933 soll er eine Erklärung für die NSDAP abgegeben haben. 1945 Mitglied der SPD, war aber 1946 nicht bereit, die »Vereinigung« zur SED mitzumachen. Er trat politisch nicht mehr hervor, blieb aber in der Sportbewegung in Thüringen aktiv. Schulze lebte 1968 als Rentner in Thüringen. SCHUMACHER, Ernst (geb. 1892) Am 21. Februar 1892 in Eßlingen geboren, lernte Werkzeugmacher und ließ sich später in Friedrichshafen/Bodensee nieder. 1912 Mitglied der SPD. Während des Welt- krieges Verbindung zur Spartakusgruppe, 1919 Übertritt zur KPD. 1920 Delegierter des Vereinigungsparteitags mit der USPD. 1922 wurde Schumacher Sekretär der Me- tallgewerkschaft in Friedrichshafen. Er zog 1924 für die KPD in den württembergischen Landtag ein, dem er bis 1928 angehörte. 1924 einige Zeit verhaftet, kam er als Ab- geordneter frei und arbeitete als Parlamen- tarier und Mitglied der BL Württemberg für die KPD. 1928 wurde er nicht mehr als Wahlkandidat aufgestellt, da er auf dem äußersten rechten Flügel der Partei stand. Im Januar 1929 trat er aus der KPD aus. Kurze Zeit darauf Übertritt zur SPD. Schumacher arbeitete als Angestellter des 2^6 Schumacher, Ernst/Schumann Arbeitsamtes in Friedrichshafen. 1945 über- siedelte er nach Stuttgart. Er trat wieder der SPD bei, der er noch angehört. Schu- macher lebte 1969 als Pensionär in Stuttgart. SCHUMACHER, Wilhelm Lernte Schneider, nach der Lehre Wander- schaft durch Deutschland. 1910 Mitglied der SPD. Ende 1913 zum Sekretär und haupt- amtlichen Angestellten der Gewerkschaft (Schneiderverband) in Stuttgart berufen. 1919 Vorsitzender der Filiale Berlin des Schneiderverbandes. 1917 Übertritt zur USPD, seit Gründung 1919 Mitglied der KPD. Funktionär in Ber- lin. Delegierter des Vereinigungsparteitags mit der USP 1920. 1921 Sekretär der Be- zirksleitung Berlin-Brandenburg für Ge- werkschaftsfragen. Anhänger des linken Parteiflügels. Gründete Anfang 1924 den kommunistischen »Verband Internationaler Bekleidungsarbeiter«, dessen Vorsitzender und hauptamtlicher Sekretär Schumacher wurde. Zunächst Anhänger der Ruth Fi- scher-Führung, geriet er (zusammen mit Kaiser und Weyer) Mitte 1924 in Konflikt mit der Parteilinie, da er die Spaltung der Gewerkschaften propagierte. Auf dem V. Weltkongreß der Komintern im Juni/Juli 1924 vertrat er seine ab- weichende Haltung. Der Weltkongreß be- schloß, »daß die Einstellung von Wilhelm Schumacher und Genossen zur Gewerk- schaftsfrage und ihre Tätigkeit in der Ge- werkschaftsbewegung den Beschlüssen des V. Weltkongresses der Komintern zuwider- laufen«. Gemeinsam mit Kaiser und Weyer wurde Schumacher Anfang September 1924 aus der KPD ausgeschlossen. Im September 1925 stand Schumacher (als ehemaliges Mit- glied der BL Berlin-Brandenburg) zusam- men mit Maslow, Schlecht und Grylewicz vor Gericht. Er bekannte sich zum Kom- munismus, obwohl er der Partei nicht mehr angehörte. Das Verfahren gegen ihn wurde eingestellt, da es unter Amnestie fiel. Schu- macher blieb Vorsitzender seiner linkskom- munistischen Gewerkschaft und wurde in den folgenden Jahren von der KPD be- kämpft. Weitere Daten seines Lebenslaufs ließen sich nicht ermitteln. SCHUMANN, Georg (1886-1945) Am 28. November 1886 in Rücknitz b. Leip- zig geboren. Der Vater war Steindrucker und Sozialist, Georg Schumann und seine zwei Geschwister wurden daher schon als Kinder im sozialistischen Sinne erzogen. Er lernte Werkzeugmacher. 1905 Mitglied der SPD. 1907 Übersiedlung nach Jena, Werkzeugschlosser in den Zeiss- Werken. Noch im gleichen Jahr wählten ihn seine Kollegen zum gewerkschaftlichen Ver- trauensmann. Schumann war aktiv in der sozialistischen Jugendbewegung, er gehörte dem Jugend- vorstand in Jena an. 1912 kam er auf die sozialdemokratische Parteischule in Jena, wo er mit Rosa Luxemburg zusammentraf. Sie erkannte seine agitatorische und journa- listische Begabung, und auf ihren Vorschlag hin wurde er von der SPD als Redakteur angestellt. Zunächst kam er im Oktober 1912 als Lokalredakteur nach Hof, dann 1913 Redakteur an der »Leipziger Volks- zeitung«. Während des Krieges schloß sich Schumann sofort der Gruppe »Internatio- nale« an, für die er in Leipzig vor allem unter der Jugend aktiv wirkte. 1915 kurze Zeit verhaftet, dann 1916 zum Train ein- gezogen. Auch dort setzte er seine Tätigkeit für die Spartakusgruppe fort und kam zweimal vors Kriegsgericht. Er wurde »wegen Kriegsgegnerschaft und Zersetzung der Truppe« zu Festungshaft verurteilt. Die Anklage hatte 12 Jahre Zuchthaus bean- tragt. Ein Bewachungssoldat von Schumann war Max Hoelz. Hoelz schrieb später, sein »Gefangener« habe ihm erste Einsichten in den Sozialismus gegeben. Im November 1918 kehrte Schumann nach Leipzig zurück. Er leitete den Spartakus- bund in Leipzig. 1919 Politischer Leiter der Schumann/Schwab 297 KPD des Bezirks Leipzig, 1921 des Bezirks Halle-Merseburg. 1921 Abgeordneter des preußischen Landtags. Schumann wirkte auch in der Gewerkschaftsbewegung, auf verschiedenen Gewerkschaftskongressen ver- trat er den kommunistischen Standpunkt. Der Parteitag 1921 wählte ihn in die Revi- sionskommission und in den Zentralaus- schuß der KPD. Vom VIII. Parteitag 1923 wurde der populäre Führer der mitteldeut- schen Kommunisten in die Zentrale der KPD berufen. Nach der Oktoberniederlage 1923 schloß sich Schumann der Mittelgruppe an. Die Linken wählten ihn 1924 nicht wie- der in die Zentrale. Bis Ende 1924 Chef- redakteur der »Welt am Abend«. Im Mai 1924 in den Reichstag gewählt, mußte er zugunsten von Hedwig Krüger zurück- treten. Nachdem sein Landtagsmandat Ende 1924 erloschen war und er von der linken Führung nicht mehr als Kandidat auf- gestellt wurde, emigrierte er Anfang 1925 nach Moskau, wo er bis 1926 in der RGI arbeitete. Im März 1926 kam er nach Deutschland zurück, er sollte wieder Pol- leiter des Bezirks Halle-Merseburg werden. Doch im April 1926 verhaftete ihn die Po- lizei. Als Mitglied der Zentrale von 1923 blieb er fast ein Jahr in Untersuchungshaft und kam erst 1927 wieder frei. Der XL Parteitag 1927 wählte Schumann ins ZK. Das Polbüro schickte ihn als Pol- leiter in den Bezirk Westsachsen nach Leip- zig. 1928 zog Schumann als Abgeordneter in den Reichstag ein. Im gleichen Jahr war er einer der führenden Köpfe der »Ver- söhnler« und Mitstreiter Ernst Meyers. An- fang 1929 seines Postens als Polleiter in Westsachsen enthoben, obwohl das vielfäl- tige Proteste hervorrief. Auf dem Weddinger Parteitag 1929 wurde er nicht mehr ins ZK gewählt. Ende 1929 kapitulierte er vor dem ZK. Er kam 1930 wieder in den Reichstag, dessen Mitglied er bis 1933 blieb. Vom ZK wurde Schumann vor allem in der Sozialarbeit und in der Erwerbslosenbewegung eingesetzt. 1933 schickte ihn die Partei nach Breslau, wo er noch im gleichen Jahr verhaftet und zu drei Jahren Zuchthaus verurteilt wurde. Anschließend kam er ins KZ Sachsenhausen. Im Frühjahr 1939 wurde er bei der großen Entlassungsaktion freigelassen. Schumann kehrte nach Leipzig zurück, arbeitete wieder als Schlosser im Betrieb. Bald nahm er Ver- bindung zu ihm bekannten Kommunisten auf und baute während des Krieges syste- matisch eine der größten kommunistischen Widerstandsgruppen, die sogenannte Schu- mann-Engert-Kresse-Gruppe auf. Diese wirkte in Leipzig und Umgebung als »Nationalkomitee Freies Deutschland«. In der Führung war neben dem ehemaligen »Versöhnler« auch der ehemalige »Rechte« Engert. Entgegen der Linie der Moskauer KPD-Führung propagierte die Gruppe statt der damaligen KPD-Tarnpolitik offen so- zialistische Prinzipien. Im Sommer 1944 begannen die Verhaftun- gen von Mitgliedern der Widerstandsgruppe durch die Gestapo. Im Juli 1944 wurde auch Georg Schumann festgenommen. Nach einem langen Martyrium verurteilte ihn der VGH am 23. November 1944 zum Tode. Am 11. Januar 1945 wurde er in Dresden hingerichtet. Mit ihrer standhaften Haltung schützten die Führer der Schumann-Wider- standsgruppe viele Mitglieder dieser Gruppe vor der Verhaftung durch die Gestapo. Auch Horst Schumann (geb. 6. Februar 1924 in Berlin), ein Sohn Georg Schumanns, war in dieser Widerstandsgruppe. Er war von 1959-1967 1. Sekretär der FDJ in der DDR und ist Mitglied des Staatsrates der DDR. SCHWAB, Sepp (geb. 1897) Geboren am 16. Januar 1897 in München, besuchte die Fortbildungschule und lernte Kaufmann. Im Mai 1917 als Soldat zur Artillerie eingezogen. Er wurde verschüttet und mußte längere Zeit im Lazarett bleiben. Schwab bekam Verbindung zu den Bremer Linksradikalen, denen er sich anschloß. Nach der Revolution 1918 gehörte er in München 298 Schwab/Schwan dem Arbeiter- und Soldatenrat an. Bei Gründung der KPD trat er 1919 in diese Partei ein. In der Münchener Räterepublik im April 1919 leitete er das militärische Eisenbahn- wesen. Nach der Niederschlagung der Räte- republik konnte er fliehen, wurde aber im November 1919 verhaftet und zu vier Jah- ren Festungshaft verurteilt. Diese Strafe verbüßte er in der Festung Niederschönfeld. 1923 in Berlin festgenommen und nach Bayern zurückgeschickt, dort bis April 1924 in »Schutzhaft« gehalten. Nach 14 Tagen Freiheit erneut bis Oktober 1924 inhaftiert. Nach der Freilassung Redakteur der »Neuen Zeitung«, des damals noch illegal erschei- nenden KP-Organs für Süd-Bayern. Im Fe- bruar 1925 abermals verhaftet und zu einem Jahr neun Monaten Gefängnis ver- urteilt. Anfang 1927 beim Pressedienst des ZK der KPD in Berlin, dann Mitte 1927 wieder Chefredakteur der »Neuen Zeitung« in München. Bis 1930 Chefredakteur in Bayern, dann Übersiedlung nach Moskau, dort Redakteur der RGI-Presse, später Re- ferent des EKKI. 1933 wurde Schwab zur Anleitung der KPD nach Deutschland geschickt, kehrte aber wieder nach Moskau zurück, um bis 1936 im EKKI zu arbeiten. Von der Hitler- Regierung ausgebürgert. 1937 leitender Mit- arbeiter der Abschnittsleitung Nord der KPD (Kopenhagen), 1938 bis 1945 Chef- redakteur der deutschen Abteilung des Moskauer Rundfunks. 1945 kam Schwab nach Deutschland zurück und übernahm Funktionen in der KPD- bzw. SED-Presse, zunächst im Pressedienst, von April bis August 1946 Chefredakteur des »Neuen Deutschland«, dann stellver- tretender Chefredakteur. Später Direktor der DEFA und von 1954 bis 1956 Bot- schafter der DDR in Ungarn. Seit 1956 ist Schwab Stellvertretender Minister für Aus- wärtige Angelegenheiten. Er bekam mehrere Auszeichnungen, darunter den »Karl-Marx- Orden« und zum 70. Geburtstag 1967 den »Vaterländischen Verdienstorden« in Gold. SCHWAN, Wilhelm (1884-1950?) Am 6. Februar 1884 in Steele (Essen) ge- boren, Sohn eines Bergmanns; nach der Schulentlassung Bergarbeiter. Vor dem Weltkrieg Mitglied der SPD. 1917 Übertritt zur USPD, mit deren linkem Flügel 1920 zur KPD. USP-Delegierter auf dem Ver- einigungsparteitag 1920. 1921 Leiter der KPD in Duisburg und hauptamtlicher Unterbezirks-Sekretär. Auf dem VIII. Parteitag 1923 in die Gewerk- schaftskommission und als Kandidat in den ZA gewählt. Bis 1924 leitete Schwan, der sich nach der Oktoberniederlage 1923 dem linken Flügel angeschlossen hatte, den Un- terbezirk Duisburg illegal weiter, dann wurde er in den »5er-Kopf« der illegalen Leitung in Essen berufen. Im Januar 1924 von den Engländern aus Rheinhausen aus- gewiesen. Der Bezirksparteitag Ruhr im März 1924 wählte ihn zum Sekretär für Gewerkschaftsfragen in die Bezirksleitung Ruhr. Schwan übernahm als Nachfolger Rosen- baums, der Essen im Juni 1924 verließ und Polleiter in Halle wurde, die Funktion des Polleiters im wichtigen Bezirk Ruhr. Im Mai und Dezember 1924 als Abgeordneter in den Reichstag gewählt. Da gerade der Bezirk Ruhr während der linken Ära 1924 sehr zerrüttet wurde, trat Schwan am 1. Fe- bruar 1925 zurück und übernahm Funk- tionen bei der Zentrale in Berlin. Sein Nach- folger wurde Th. Neubauer, der sich im Mai 1925 den Ultralinken anschloß und deswegen von der Ruth Fischer-Führung im Juni 1925 abgelöst wurde. Der Bezirks- parteitag Ruhr im Juli 1925 wählte Schwan erneut zum Polleiter. Der X. Parteitag im Juli 1925 berief Schwan auch ins ZK der Partei. Er gehörte im August zu der Delegation, die in Moskau verhandelte, und er unterschrieb den »Offe- nen Brief«. Sofort nach dem »Offenen Brief« wurde er ins Polbüro aufgenommen, da man ihn mit Thälmann für die EKKI- Linie gewinnen wollte. Im November 1925 löste ihn Florin als Polleiter im Ruhrgebiet Schwan/Schwarz, Ernst 299 ab. Schwan trat Ende 1925 aus dem Pol- büro aus, im März 1926 entfernte man ihn aus dem ZK. Er schloß sich der Ruth Fischer-Opposition an und versuchte, im Ruhrgebiet die linke Opposition aufzu- bauen. Am 5. November 1926 Ausschluß aus der KPD, mit der merkwürdigen Begründung der »Duldung von Korruption im Ruhr- gebiet«. Schwan gehörte im Reichstag der Gruppe der linken Kommunisten an, aber er schloß sich keiner ihrer Organisationen, auch nicht dem »Leninbund«, an und schied aus der aktiven Politik aus. Er war nach dem Erlöschen seines Land- tagsmandats im Anzeigengeschäft tätig, spä- ter war er Handelsvertreter. Da Schwan öfter umgezogen war, gelang es nach 1933 selbst der Gestapo (die alle ehe- maligen Reichstagsabgeordneten erfassen wollte) nicht, seinen Wohnort festzustellen. Er soll im Ruhrgebiet gelebt haben und 1950 gestorben sein, allerdings ergab eine Umfrage bei sämtlichen Einwohnermelde- ämtern des Ruhrgebietes, daß Schwan nach 1945 nirgends gemeldet war. SCHWARZ Ernst, Dr. phil. (Pseud. Tiede) (1886-1958) Geboren am 18. Januar 1886 in Landsberg/ Warthe, besuchte das Gymnasium in Lands- berg und Berlin und studierte nach dem Abitur in Grenoble, Bonn und Berlin. Vor dem Weltkrieg promovierte er zum Dr. phil. Er hatte keine Verbindung zur soziali- stischen Bewegung, er soll sogar Mitglied einer bürgerlichen Partei gewesen sein. Im Krieg war Schwarz nur kurze Zeit Soldat, dann Studienassessor. Nach der Revolution 1918 in Chemnitz Mitglied der SPD. Während des Kapp-Putsches beauftragte ihn seine Partei, die SPD, mit der Kontrolle der Polizei in Chemnitz (später hieß es des- wegen, er sei dort Polizeipräsident ge- wesen). Schwarz wurde rasch radikal und trat Mitte 1920 zur USP über, im Sommer 1920 Bezirkssekretär dieser Partei in Kiel. Er stand auf dem linken Flügel der USP und ging mit diesem im Dezember 1920 zur KPD. Für die KPD wurde Schwarz (unter dem Pseudonym »Tiede«) Bezirks-Sekretär in Hessen-Kassel. Nach der Märzaktion mußte er flüchten. Er kehrte nach Berlin zurück, wurde im Dezember 1921 verhaftet und nach Kassel zurückgebracht. Nach mehr- monatiger Haft im Oktober 1922 in Berlin Studienrat. Auch in der KPD gehörte er zum linken Parteiflügel, er war Mitglied der Bezirks- leitung Berlin-Brandenburg. Delegierter des Leipziger Parteitags 1923. Als die Linken auf dem Frankfurter Parteitag 1924 die Führung übernahmen, wurde Schwarz wie- der hauptamtlicher Funktionär. Seit Mai 1924 Reichstagsabgeordneter wurde er als Polleiter nach Thüringen entsandt. Diese Funktion übte er bis Mai 1925 aus. Der »Dicke«, wie er genannt wurde, konnte je- doch den »rechten« Thüringer Bezirk nicht genügend für die linke Führung gewinnen. Er schloß sich 1925 der ultralinken Opposi- tion um Scholem und Rosenberg an und wurde deswegen von der Ruth Fischer-Füh- rung seiner Funktion in Thüringen entho- ben, Schwarz kehrte im Mai 1925 nach Ber- lin zurück. Nach dem »Offenen Brief« und dem Aus- einanderbrechen der Ultralinken bildete Schwarz zusammen mit Korsch die Gruppe »Entschiedene Linke«. Er wurde Mither- ausgeber der »Kommunistischen Politik«. Schwarz trat am radikalsten gegen die Kom- intern auf. Die KPD schloß ihn am 30. April 1926 aus. Im Reichstag wandte er sich gegen die »konterrevolutionäre« Sowjetunion. Mit seiner Gruppe trennte er sich im Herbst 1926 von der Korsch-Gruppe. Schwarz gab ein eigenes Organ heraus (»Entschiedene Linke«) und näherte sich der KAP. 1927 war er zwar für die KAP aktiv, trat aber im Dezember aus seiner eigenen Gruppe »Entschiedene Linke» aus, weil sich diese mit der KAP verschmolz und er als Mitglied der antiparlamentarischen KAP joo Schwarz, Ernst/Schwenk sein Reichstagsmandat hätte niederlegen müssen. Er blieb bis 1928 im Reichstag und ging dann in den Schuldienst zurück. Poli- tisch entfernte er sich von der Arbeiter- bewegung. Er sympathisierte mit der Paneuropa-Bewegung und trat für eine deutsch-französische Freundschaft ein. 1933 emigrierte Dr. Schwarz, zunächst nach Frankreich, dann in die USA. In den fünf- ziger Jahren kehrte er in die Bundesrepu- blik zurück; er lebte in Bad Godesberg. Politisch trat er nicht mehr hervor. Er starb bei einem Besuch in England am 29. Mai 1958 in Twickenham. SCHWARZ, Georg (1896-1945) Am 27. März 1896 in Zwenkau b. Leipzig geboren, lernte das Bäckerhandwerk. Wäh- rend des Krieges Soldat an der Front. 1918 Mitglied der SPD, in den Arbeiter- und Soldatenrat gewählt. 1919 Übertritt zur USPD, mit deren linkem Flügel 1920 zur KPD. Nach längerer Erwerbslosigkeit als Metall- arbeiter tätig. Kleine ehrenamtliche Funk- tionen in der KPD, bis er 1929 in den sächsischen Landtag gewählt wurde und dann bis 1933 die Funktion eines Sekretärs des Unterbezirks Leipzig-Rötha-Zwenkau ausübte. Im März 1933 verhaftet, bis 1934 im KZ Sachsenburg festgehalten. Er arbeitete dann in Leipziger Betrieben und schloß sich im Krieg der illegalen Schumann-Gruppe an. Im Krieg als Soldat Wachmann eines Offi- ziersgefangenenlagers in Colditz, 1943 Rückkehr nach Leipzig. Im Juli 1944 wurde er erneut festgenommen, zum Tode ver- urteilt und am 12. Januar 1945 in Dresden hingerichtet. In seinem letzten Brief heißt es: ».. . Morgen ist für mich alles vorbei. Ich wünsche Euch Kraft und Haltung, männlich zu überwinden. Jetzt sind wir Leipziger noch beisammen. Zum letzten Gang fühle ich mich stark genug. Möge das Leid wie der Krieg bald hinter Euch liegen. Ich wollte für Euch alle nur das Beste . ..« SCHWENK, Paul (1880-1960) Am 8. August 1880 als Sohn eines Arbeiters in Meißen geboren, lernte Schlosser und übersiedelte nach Dresden. 1905 Mitglied der SPD. 1907 zog er nach Berlin, da er in Dresden gemaßregelt worden war und auf der »schwarzen Liste« stand. 1908 Vor- sitzender des SPD-Wahlvereins Berlin- Friedrichsfelde. 1912 hauptamtlicher Funk- tionär, Lokalberichterstatter des »Vor- wärts«. Als Kriegsgegner schloß er sich der Spartakusgruppe an und gab im Weltkrieg Informationsmaterial der Spartakusgruppe heraus. 1917 Mitglied der USPD, in der er auch nach Gründung der KPD verblieb. 1919 Redakteur am USP-Organ »Freiheit«. 1920 Sekretär der USP-Fraktion im preußischen Landtag. Im Dezember 1920 ging er mit der linken USPD zur KPD und übernahm die Funktion des Sekretärs der KPD-Frak- tion in Preußen (ohne selbst Mitglied des Landtags zu sein). Im Mai 1924 rückte er selbst in den Landtag nach und wurde im Dezember 1924 als Abgeordneter gewählt. Preußischer Landtagsabgeordneter blieb er ununterbrochen bis 1933, zeitweilig war er Vorsitzender der Fraktion. Schwenk galt als Spezialist für Kommunal- arbeit. Er war Mitglied der Berlin-Bran- denburger Bezirksleitung, gehörte der Ber- liner Stadtverordnetenversammlung an, seit 1928 auch Mitarbeiter des ZK der KPD (Kommunalabteilung). 1933 emigrierte er zusammen mit seiner Frau, Martha Arendsee, zunächst nach Paris, später in die Sowjetunion. Während der Moskauer Säuberung wurde er verhaftet. Schwenk legte ein »Geständnis« ab und bezichtigte sich selbst, ein »Spion« zu sein. Er wurde fast drei Jahre lang in den Ker- kern der NKWD festgehalten. Nach langen Bemühungen seiner Frau und seiner Freunde kam er 1939 wieder frei. 1945 nach Berlin zurückgekehrt, wurde er dort stellvertretender Oberbürgermeister. Schwenk erhielt in der SED kleinere Funk- tionen und war bis 1952 im Ministerium für Industrie tätig, dann »Parteiveteran«. Schwenk/Seipold 301 Er wurde mit mehreren Auszeichnungen, darunter der »Karl-Marx-Orden« geehrt. 1955 erhob man ihn zum »Ehrenbürger« von Berlin (Ost). Schwenk starb am 22. August 1960 in Ost-Berlin an Herzschwäche. SEIPOLD, Oskar (1889-1966) Am 28. November 1889 in Lodz geboren, Sohn eines Arbeiters, der aus Thüringen nach Rußland wanderte. Seipold wuchs in Rußland auf, er lernte das Töpferhand- werk. 1907 kam er nach Deutschland, lernte Weber und war in mechanischen Webereien beschäftigt. 1909 Mitglied der SPD. 1911 Rückkehr nach Rußland, um als russischer Staatsbürger seine Militärdienstpflicht ab- zuleisten. Im Krieg russischer Soldat, geriet er in deutsche Gefangenschaft. Nach dem Krieg blieb er in Deutschland, 1919 erhielt er die deutsche Staatsbürgerschaft. Im glei- chen Jahr Mitglied der USPD, mit deren Mehrheit 1920 zur KPD. Töpfer in Ost- preußen. Da er aktiver Kommunist war, kam er auf eine »schwarze Liste« und fand in Deutschland keine Beschäftigung mehr, er arbeitete in Kyrkati (Grenzstadt in Litauen). Mehrmals wegen »Aufreizung zum Hochverrat«, »Beleidigung« und anderen politischen Delikten bestraft. 1923 aktiv an den Aufstandsvorbereitungen der KPD in Ostpreußen beteiligt. Seit 1923 hauptamtlicher Funktionär, zunächst Unter- bezirksleiter inDarkehmen, dann Redakteur am »Echo des Ostens«. Seipold war An- hänger der Linken, nachdem diese die Par- teiführung übernommen hatten, wurde er im April 1924 Chefredakteur der Zeitung. Im Juli 1924 verhaftet, vom Staatsgerichts- hof wegen seiner Aktivität im Jahre 1923 zu fünf Jahren Zuchthaus verurteilt. Bis 1927 im Zuchthaus, nach der Entlassung von Herbst 1927 bis Februar 1929 Gau- führer des RFB in Ostpreußen. 1928 kandi- dierte er auf der KPD-Liste zum preußi- schen Landtag. Nach dem Tod Ernst Meyers (2. Februar 1930) rückte Seipold für diesen in den Landtag nach. Er hatte sich inzwischen der linken Opposi- tion angeschlossen. Das ZK forderte, er solle auf sein Mandat verzichten. Da er sich weigerte, wurde er am 22. Februar 1930 aus der KPD ausgeschlossen. Seipold war nun aktiver Funktionär der »Bolschewiki- Leninisten-Opposition«, der deutschen Trotzkisten. Bis 1932 vertrat er die Trotz- kisten im preußischen Landtag. In seinem Lebenslauf schrieb Seipold: »Am 2. März 1933 besuchte ich Freunde in In- sterburg (Ostpr.) und wurde dort auf der Straße durch zwei Beamte in Zivil ver- haftet und nach einem Verhör sofort in eine Gefängniszelle gebracht. Dort saß ich vom 2. März bis 6. Mai, kam dann in das große Gefängnis Rhein (Ostpr.) und blieb dort bis über Mitte Juli. Darauf kam ich nach Quednan bei Königsberg (Festungskasematten) bis gegen Ende Au- gust. Von dort ging es nach Pillau, dann per Schiff bis Stettin und von dort per Eisenbahn nach Brandenburg/Havel. Hier trafen wir Anfang September ein. Bis zum 23. Dezember 1933 saß ich dort im alten Zuchthaus. Eine Anklageschrift bekam ich nie, auch fand keine Gerichtsverhandlung statt . ..« »Nach meiner Entlassung wohnte ich in Königsberg. Am 16. Juli 1934 wurde ich von einem ehemaligen KPD-Mann, Fritz Baumann, Königsberg, Simon-Dach-Str. 28, verspitzelt, daß ich Flugschriften gegen die Hitler-Macht verbreitet habe. Darauf kam die Gestapo während meiner Abwesen- heit. Da ich ein illegales Quartier hatte, konnte man mich vom >Besuch< der Ge- stapo verständigen und ich floh nach Prag ...« Da die KPD 1934/35 eine Verleumdungs- kampagne gegen Seipold startete (als Trotz- kist wurde er den Faschisten gleichgesetzt), übersiedelte er am 19. Januar 1935 nach Lodz: »Dort änderte ich meinen Namen von Seipold auf Sepold. Mit Hilfe von >Machern< konnte ich legal angemeldet wer- den und lebte in Lodz bis Oktober 1945, floh von dort nach Sachsen (Russ. Zone) Seipold/Serwe und am 3. März 1949 weiter in die Bundes- republik.« Im Rheinland hatte er noch Verbindung zu linken Gruppen, politisch betätigte er sich aber nicht mehr. Seipold starb am 29. De- zember 1966 in Haan (Rheinland). SELLHEIM, Max (1883-1945) Am 26. Februar 1883 in Berlin geboren; lernte Steindrucker und ging anschließend auf Wanderschaft. 1910 trat er in Berlin der SPD bei. Während des Krieges Über- tritt zur USPD und mit deren linkem Flügel 1920 zur KPD. Delegierter des Ver- einigungsparteitags von KPD und USPD 1920. 1921 Stadtverordneter in Berlin, arbeitete im Siemenskonzern, wurde dort Betriebsrat. Im Dezember 1924 zog er als Abgeordneter in den preußischen Landtag ein. Mitglied der BL Berlin-Brandenburg. Er stand auf dem linken Flügel der Partei und trat 1927 in den Hintergrund. 1928 auch nicht mehr in den Landtag gewählt, arbeitete er wieder im Betrieb. Nach 1933 wirkte Seilheim wieder für die illegale KPD und wurde am 7. April 1935 in Blankenburg verhaftet und am 2. No- vember 1936 zu fünf Jahren Zuchthaus verurteilt. Er verbüßte die Strafe im Zucht- haus Dessau-Roßlau und kam anschließend ins KZ Sachsenhausen. Nach zehnjähriger Haft in den letzten Kriegstagen am 3. Mai 1945 von der SS er- schossen. Sellheim gehörte zu jenen 1500 Gefangenen, die in Richtung Schwerin ge- trieben wurden. Die entkräftet am Wege liegengebliebenen Häftlinge wurden von den SS-Bewachern ermordet. SERWE, Hubert (1898-1966) Am 28. Februar 1898 in Baasen b. Schieide (Eifel) geboren, streng katholisch erzogen, lernte Schlosser. 1916 als Kriegsfreiwilliger zur kaiserlichen Marine. Durch die Kriegs- erlebnisse wurde er zum Sozialisten. Er schloß sich 1918 der USPD an und kam mit deren linkem Flügel 1920 zur KPD. Bis 1924 Metallarbeiter in Köln, übte er verschiedene Parteifunktionen aus. 1924 Kandidat für die Stadtverordnetenwahl in Köln. Im gleichen Jahr Übersiedlung nach Berlin, hauptamtlicher Sekretär der Reichsleitung der »Union der Hand- und Kopfarbeiter«, Gruppe Metall. Ab 1925 Redakteur an KPD-Zeitungen, zunächst in Saarbrücken, ab November 1925 in Stuttgart, Anfang 1926 an der »Sächsischen Arbeiterzeitung« in Leipzig. Im Mai 1926 Berufung nach Bremen, stellvertretender Chefredakteur der »Bremer Arbeiterzeitung«, ab Mitte April 1927 auch kurze Zeit Chefredakteur dieses Organs. Im März 1929 politischer Redakteur des »Ruhr-Echo« in Essen, dann Lokalredakteur in Duisburg, wo er bis 1933 arbeitete. Vom 12. Mai 1933 bis 25. Dezember 1936 im KZ, dann wieder Arbeit als Schlosser. 1943 suchte ihn Seng auf, um ihn wieder für die illegale Arbeit zu gewinnen. Frau Serwe versuchte eine Unterkunft für Seng zu bekommen. Nach seiner Verhaftung gab Seng als erstes die Eheleute Serwe bei der Gestapo an. Hubert Serwe wurde verhaftet, im Juni 1944 wegen Vorbereitung zum Hochverrat angeklagt und zu einer Zuchthaustrafe von sechs Jahren verurteilt. 1945 von der US-Armee aus dem Zucht- haus Butzbach befreit, trat er wieder der KPD bei (der er ohne eine Funktion aus- zuüben bis zum Verbot angehörte). Bis April 1946 politischer Berater der örtlichen Mili- tärregierung in Erlangen. Dann beschäftigte ihn die Deutsche Nachrichtenagentur (DANA) als Redakteur. Serwe kam zunächst nach Nürnberg zur Berichterstattung über den Hauptkriegsver- brecher-Prozeß. Ende 1946 wurde er beauf- tragt, das Nürnberger Außenbüro der DANA einzurichten und zu leiten. Bei der im Jahre 1949 erfolgten Fusion der Nach- richtenangenturen zur dpa blieb er in Nürn- berg für die neue Agentur in gleicher Funk- tion, bis er 1963 in den Ruhestand trat. Serwe starb am 28. September 1966 in Nürnberg. SEYFRID, Rudolf (1897-1949) Am 29. Juni 1897 in Frankenthal (Pfalz) als Sohn eines Stuhlmachers geboren, lernte Schuhmacher. Der Vater, Sozialdemokrat und freireligiös, erzog ihn im sozialistischen Sinne. 1916 zur Infanterie eingezogen, erlitt eine schwere Verwundung am Bein. Nach dem Krieg ließ er sich in Mannheim nieder. 1918 Mitglied der USPD, mit deren linkem Flü- gel 1920 zur KPD. Ehrenamtliche Funk- tionen für die KPD. Bei der Reichsbahn beschäftigt, die ihn 1923 aus politischen Gründen entließ. Anhänger des linken Parteiflügels, nach der Übernahme der Parteiführung durch die Linken 1924 in die BL Baden auf genom- men. Im Mai 1924 Chefredakteur der Mannheimer »Arbeiterzeitung«. Im Som- mer von dieser Funktion entbunden und mit dem Aufbau des RFB in Baden betraut, bis 1927 Leiter des RFB und Mitglied der BL. Enger Mitarbeiter von Kenzler und Ritter, 1927 aus der KPD ausgeschlosen. 1928 Mitbegründer des »Leninbundes«, den er in Baden gemeinsam mit Ritter leitete. In einer Mannheimer Schuhfabrik Betriebskontrol- leur. Zeitweise Polleiter des »Leninbundes« in Baden. Nach dem Übertritt Ritters zur SAP 1932 führte er den »Leninbund« bis 1933- 1933 wurde sein Bein amputiert, er lebte nun als Kriegsrentner. Arbeitete mit der SAP und anderen Widerstandsgruppen zu- sammen. 1934 Übersiedlung nach Scheringen (Odenwald), Besitzer einer Mühle und eines Sägewerks. Wegen illegaler Arbeit von September bis Dezember 1944 in Haft, schwerkrank entlassen (Frau Seyfrid war von September 1944 bis Februar 1945 aus dem gleichen Grunde inhaftiert). Serwe/Siegel 303 1945 wieder Mitglied der KPD, Gemeinde- rat und Kreisrat. 1947 erneut Differenzen mit der KPD, keine aktive Parteiarbeit mehr. Seyfrid starb am 29. März 1949 in Scherin- gen. SIEGEL, Bruno (1890-1948) Am 10. September 1890 in Döbeln geboren, entstammte einer armen Familie und hatte zehn Geschwister. Schon als Schulkind mußte er Botenarbeit verrichten, nach der Schulentlassung lernte er Klempner. Siegel durchwanderte Deutschland und trat 1908 der SPD bei. 19 ii in Hamburg für die Marine ausgeho- ben, Soldat in Kiel, 1912 zum Mittelmeer- kommando. Vor seiner Entlassung brach der Weltkrieg aus und er blieb bei der Marine, war Maschinist auf der »Goeben«, die bei Messina die englische Sperre durchbrach. Verwundet kam er 1917 nach Wilhelms- haven. Nach der Revolution heiratete er und zog nach Dresden, wo er als Klempner bei der Reichsbahn arbeitete. Siegel trat 1919 der USP bei und kam mit der linken USP 1920 zur KPD. Betriebsrat und Mitglied der Bezirksleitung Ostsachsen. 1926 zog er in den sächsischen Landtag ein, blieb aber weiterhin bei der Reichsbahn beschäftigt. Der XL Parteitag wählte ihn in die Gewerkschaftskommission. 1927 nahm er an einer Parteischule der KPD teil. 1928 Delegierter des VI. Weltkongresses der Komintern. Bis 1930 Landtagsabgeordneter, übte verschiedene Funktionen aus, vor allem Referent für die KPD. Bis 1933 2. Vorsit- zender der RGO-Gruppe Eisenbahn, außer- dem im illegalen N-Apparat tätig. 1933 ging er in die Illegalität, wurde schwerkrank und stellte sich selbst der Poli- zei. Bis 1934 im KZ, arbeitete dann als Seifenhändler, seit 1935 wieder als Klemp- ner bei Zeiss-Ikon. Bei Kriegsausbruch er- neut verhaftet, bis 1940 im KZ Buchen- wald. Siegel arbeitete bis 1941 als Klempner und sollte dann für die Gestapo tätig wer- 304 Siegel/Siewert den. Er lehnte ab und wurde abermals wegen illegaler politischer Tätigkeit ver- haftet und zu vier Jahren Zuchthaus ver- urteilt. Bis 1945 Gefangener im Zuchthaus Waldheim. 1945 wieder KPD-Funktionär, Siegel gab zunächst eine Zeitung für Döbeln heraus und kam dann wieder nach Dresden, wo er die Bezirks-Personal-Vertretung der Reichs- bahn übernahm. Ende 1945 Staatssekretär für Verkehrswesen in Sachsen. Siegel war aber schwerkrank und seit 1946 ans Bett gefesselt. Am 12. August 1948 starb er in Dresden. SIEWERT, Robert (geb. 1887) Am 10. Dezember 1887 in Schwersenz (Po- sen) als Sohn eines Zimmermanns geboren, lernte Maurer und ging dann auf Wander- schaft. Im Jahre 1906 in Berlin Mitglied der SPD. Von 1908 bis 1915 als Maurer in der Schweiz, wo er auch Lenin kennenlernte und mit Brandler und Heckert zusammen- arbeitete. Im Ersten Weltkrieg Soldat an der Ost- front. Illegal für die Spartakusgruppe tätig. 1918 in den Soldatenrat der X. Armee ge- wählt. Bis Januar 1919 beim Soldatenrat in Minsk und in Wilna aktiv. Rückkehr nach Deutschland, im Januar 1919 Mitglied der KPD. Siewerts Familie lebte damals noch in der Schweiz. 1919 politischer Leiter des Bezirks Erz- gebirge. Delegierter der Parteitage 1919 und 1920. Auf dem Vereinigungsparteitag mit der USPD 1920 Schriftführer, Sekretär des Bezirks Erzgebirge, auf dem Jenaer Parteitag 1921 ebenso wie auf dem Leipzi- ger Parteitag 1923 in den Zentralausschuß der KPD gewählt. 1922 Delegierter des IV. Weltkongresses der Komintern. 1922 leitete Siewert die Parteiverlage der KPD in Berlin, kam aber 1923 wieder als Polleiter nach Chemnitz. Er war Anhänger von Brandler, gehörte dann zur Mittel- gruppe. Der Bezirk Erzgebirge trat unter seiner Leitung auf dem Parteitag 1924 noch für die Mittelgruppe ein. Im Mai 1924 löste ihn die Zentrale ab und betraute ihn in Berlin mit zweitrangigen Funktionen. 1926 organisierte Siewert die Arbeiterdele- gationen nach der Sowjetunion, wurde Re- dakteur der Zeitschrift »Einheit«, die vor allem zur Gewinnung von SPD-Arbeitern bestimmt war. Er zog als Abgeordneter in den sächsischen Landtag ein, dem er bis 1929 angehörte. Zusammen mit Walcher und Beck vertrat Siewert in der Zeitschrift »Einheit« eine Politik, die mit der Parteilinie nach 1928 in Widerspruch stand. Aktiver Anhänger der Rechten, deswegen Ende 1928 seiner Funktion enthoben und am 14. Januar 1929 aus der KPD ausgeschlossen. Er trat der KPO bei und wurde aktiver Funktionär dieser Organisation, die er auch bis 1929 im Landtag vertrat. Mitglied der KPO- Bezirksleitung Westsachsen. Von 1931 bis 1933 leitete er als Geschäftsführer den Ver- lag des KPO-Organs »Arbeiterpolitik«. Für die illegale KPO arbeitete er auch nach 1933 weiter, er gehörte zur illegalen Reichs- leitung der KPO, bis er im Frühjahr 1935 verhaftet und zu drei Jahren Zuchthaus verurteilt wurde. Gefangener im Zuchthaus Luckau, anschließend im KZ Buchenwald. Im Zuchthaus näherte er sich wieder der KPD und war in Buchenwald Angehöriger der illegalen KPD-Gruppe. 1945 kurz vor der beabsichtigten Erschießung von den Amerikanern befreit. Siewert trat wieder der KPD bei. 1. Vize- präsident der Provinzialverwaltung Sach- sen-Anhalt, dann Innenminister des Landes Sachsen-Anhalt. Wegen seiner früheren KPO-Zugehörigkeit verlor er 1950 seinen Posten und wurde Leiter des Sekretariats für örtliche Wirtschaft im Ministerium für Aufbau (Bauwesen). Am 25. Januar 1951 schrieb er einen »selbstkritischen Artikel« über die »parteifeindliche Rolle« der KPO, der jedoch am 15. März 1951 als unbefrie- digend kritisiert wurde. Siewert verlor jeden politischen Einfluß und wurde erst im Rahmen der Entstalinisierung dienstorden« in Silber und das »Banner der Arbeit« und zum 80. Geburtstag 1965 den »Karl-Marx-Orden«. Obwohl schon über 80 Jahre alt, war er 1968 noch Mitarbeiter im Ministerium fürBauwesen und Präsidiums-Mitglied des Komitees anti- faschistischer Widerstandskämpfer. In der letzteren Funktion versuchte er im März 1964 in Westdeutschland einen Bergen- Belsen-Marsch zu organisieren. In der SED selbst hat er keinen politischen Ein- fluß. SINDERMANN, Kurt Alfred (1904 bis 1945) Am 13. April 1904 in Dresden geboren, lernte Eisenschiffbauer, dann einige Jahre als Schlosser tätig. Aus einer sozialistischen Familie stammend, schloß er sich 1921 dem Kommunistischen Jugendverband und 1923 der KPD an. 1925 Leiter des KJVD in Ostsachsen. An- fang 1927 Leiter des RFB in Ostsachsen, Delegierter des XL Parteitags 1927, in die Organisationskommission gewählt. Im No- vember 1927 sandte ihn das ZK nach Mos- kau, dort absolvierte er 1V2 Jahre die Lenin-Schule. Im März 1929 nach Sachsen zurückgekehrt, Abgeordneter des Sächsischen Landtags. Im August 1929 übernahm er als Polleiter die Führung im Bezirk Ostsachsen. Nach der Zusammenlegung der sächsischen Bezirke 1930 zum Unterbezirksleiter in Chemnitz berufen, diese Funktion bekleidete er bis 1933. Von März bis Juni 1933 leitete er die illegale KPD in Dresden, dann kam er nach Berlin und wurde vom ZK in den Bezirk Niederrhein geschickt. Schon nach wenigen Wochen in Wuppertal verhaftet. Am 31. Oktober 1934 verurteilte ihn der Volks- gerichtshof zu drei Jahren Zuchthaus. Nach Verbüßung dieser Strafe mußte er ins KZ Dachau. Während des Krieges wurde Sin- dermann aus Dachau entlassen. Über seine weitere Rolle berichtet Wilhelm Grothaus, damals Leiter des »Nationalkomitee Freies Siewert/Sindermann 305 Deutschland« (Widerstandsgruppe Schu- mann) für Dresden: Schumann »ging zurück nach Leipzig, nahm die illegale Arbeit wieder auf und gründete die Widerstandsgruppe Schumann, die sich seit Anfang des Jahres 1943 in Anlehnung an das Nationalkomitee Freies Deutschland in Rußland Nationalkomitee Freies Deutsch- land-Widerstandsgruppe Schumann nannte. Infolge Verrates durch den früheren Kom- munisten Brüderlein in Leipzig und des Kommunisten Kurt Sindermann in Dresden wurde die aktive Leitung der Widerstands- gruppe Schumann, der ich selbst angehört habe, und auch viele andere Mitglieder dieser Widerstandsgruppe Mitte des Jah- res 1944 verhaftet. Die Mitglieder der aktiven Leitung wurden zum Tode ver- urteilt und im Januar 1945 im Landgerichts- gefängnis in Dresden hingerichtet. Die übri- gen Angeklagten erhielten hohe Zuchthaus- strafen. Ich selbst bin aus dem Gefängnis Dresden-Mathildenstraße ausgebrochen und dadurch der Verurteilung und Hinrichtung entgangen. Etwa Anfang des Jahres 1943 sprach in meiner Wohnung in Dresden ein Mann vor, der sich als Kurt Sindermann vor- stellte und vorgab, sich im Auftrag von Schumann-Leipzig bei mir zu melden, um für illegale Arbeit im Bezirk Dresden ein- gesetzt zu werden. Ich kannte Sindermann nicht. Da er das mit Schumann vereinbarte Erkennungszeichen nicht vorzeigte, erklärte ich, weder einen Schumann in Leipzig zu kennen noch mit illegaler Arbeit zu tun zu haben. Ich bin am folgenden Tag nach Leipzig gefahren, um festzustellen, ob Schumann über diesen angeblichen Sindermann unter- richtet war. Schumann erklärte mir folgen- des: Es handele sich tatsächlich um Kurt Sinder- mann. In der Annahme, daß Sindermann mir bekannt sei, habe er ihm das verein- barte Erkennungszeichen nicht ausgehändigt. Sindermann sei aus einer seit langem soziali- stischen Familie hervorgegangen und auf Sindermann der Leninschule in Moskau ausgebildet. Er sei auch Abgeordneter des Sächsischen Landtags gewesen. Wegen illegaler Betätigung sei er 1933 ver- haftet und zu drei Jahren Zuchthaus ver- urteilt worden. Nach Verbüßung dieser Strafe sei er in das Konzentrationslager Dachau eingeliefert worden. Auf meine Frage, aus welchen Gründen Sindermann als Kommunist aus dem Kon- zentrationslager entlassen worden sei. . . erklärte Schumann: Seine Frau habe ein Entlassungsgesuch ein- gereicht und sich dafür verbürgt, daß er sich in Zukunft nicht mehr in staatsfeind- licher Weise betätigen würde. Restlos überzeugt war ich zwar nicht, aber auf Anweisung Schumanns habe ich Sinder- mann für die illegale Arbeit in Dresden eingesetzt. In der Folgezeit kam es zu einzelnen Verhaftungen von Kommunisten in den Bezirken Dresden, Leipzig und Chemnitz. Auf meine Rückfrage bei Schumann er- klärte dieser, daß es ausgeschlossen sei, daß Sindermann mit diesen Verhaftungen in Verbindung gebracht werden könne. Nach wie vor fand sich Sindermann in gewissen Zeitabständen - manchmal mit seiner Frau - bei mir ein, bis ich selbst im Monat März und meine Frau im Juni 1944 ver- haftet wurde. Kurz darauf brach eine Ver- haftungswelle über die gesamte Wider- standsgruppe Schumann herein. Meine Verhaftung weckte doch den Ver- dacht der aktiven Leitung der Widerstands- gruppe in der Richtung, daß möglicherweise doch Sindermann als der Urheber der bis- her erfolgten Verhaftungen anzusehen sei. Ein heute noch in der Ostzone lebendes Mitglied der Widerstandsgruppe Schumann hat mir später erzählt, daß Sindermann unter dem Vorwand der Besprechung der illegalen Arbeit und weiterer Aktionen nach Berlin eingeladen wurde, um ihn unschäd- lich zu machen, wenn sich die Richtigkeit des Verdachtes bestätigen sollte, daß er Agent der Gestapo war. Sindermann kam nicht. Kurz darauf setzte die Verhaftungs- welle gegen die Widerstandsgruppe Schu- mann ein. Daß Sindermann aber der Verräter und Agent der Gestapo war, stellte ich selbst im Polizeigefängnis in Dresden-Schießgasse fest, wo Sindermann, der zum Schein auch verhaftet worden war, seine Spitzelarbeit unter den politischen Gefangenen fort- setzte . .. Sindermann tauchte in den Tagen des Zu- sammenbruches in einem Flüchtlingslager in Radebeul unter. Er wurde erkannt und hat vor seinem Tode folgendes erklärt: Die Leitung des Konzentrationslagers Dachau sei an ihn herangetreten und habe ihm unter der Zusage sofortiger Entlassung und der Zusicherung materieller Vorteile angetragen, Spitzeldienste für die Gestapo zu leisten. Er habe das zunächst abgelehnt, sei aber dann doch auf das Angebot ein- gegangen, in der Annahme, daß er die Gestapo hinhalten und hinters Licht führen könne. Das sei aber unmöglich gewesen, weil ihm unter Androhung der Wiederein- lieferung in das Konzentrationslager Fristen für die Ablieferung stichhaltigen Materials gestellt worden seien. Da Flucht unmöglich gewesen sei, habe er zunächst einzelne klei- nere Fälle verraten, sei dann aber immer tiefer in die Netze der Gestapo verstrickt worden. Zuletzt habe er auch ohnehin kei- nen Ausweg mehr gewußt, als ihm bewußt geworden sei, daß die Leitung der Wider- standsgruppe Schumann um seine Spitzel- dienste gewußt habe .. . Sindermann wurde im Flüchtlingslager Ra- debeul erschlagen. Nach vorsichtigen aber sicheren Schätzungen hat Sindermann mehr als 30 Widerstands- kämpfer dem Beil des Henkers überant- wortet. Nach dem Zusammenbruch habe ich bei der Leitung der Kommunistischen Partei in Dresden den Ausschluß der Frau Sinder- mann aus der Partei beantragt, unter der Begründung, daß ihr das verräterische Trei- ben ihres Mannes bekannt war und daß sie Sindermann/Smolka 307 durch ihr Schweigen mitschuldig geworden sei an dem Tod zahlreicher Widerstands- kämpfer. Obschon Frau Sindermann zugab, von dem verräterischen Treiben ihres Mannes gewußt zu haben, daß sie aber mit Rücksicht auf ihren Mann geschwiegen habe, wurde der Antrag auf Ausschluß aus der Partei ab- gelehnt und Frau Sindermann lediglich ge- raten, einen anderen Namen anzunehmen. Sie heißt auch heute noch Sindermann, ebenso wie der Bruder von Kurt Sinder- mann, Horst Sindermann, der heute noch Mitglied des Zentralkomitees der SED in Berlin ist.« (Brief an den Verfasser vom März 1964). SKJELLERUP, Johann (1877-1937?) Am 20. September 1877 in Hadersleben ge- boren, lernte Gärtner. Er ließ sich später in Bramfeld bei Hamburg nieder und war selbständiger Gärtnereibesitzer. 1896 Mit- glied der SPD, während des Krieges Über- tritt zur USPD, aktiv auf dem linken Flü- gel dieser Partei. 1920 Delegierter des USP Spaltungs- und des Vereinigungsparteitags mit der KPD, in den Zentralausschuß der VKPD gewählt, auch auf dem Jenaer Par- teitag 1921 als Kandidat in den ZA ent- sandt. 1921 zog er für die KPD in den preußischen Landtag ein. 1923 aktiver An- hänger der linken Opposition. 1924 erneut in den Landtag gewählt, im gleichen Jahr Mitglied der KPD-Bezirksleitung Wasser- kante. Nach dem »Offenen Brief« 1925 schloß er sich der linken Opposition an, unterschrieb im September 1926 den »Brief der 700« und war eng mit Urbahns liiert. Doch Thäl- mann gelang es, Skjellerup von Urbahns zu lösen, er wurde daraufhin auch 1928 wieder für die KPD in den Landtag ent- sandt. Skjellerup trat aber politisch nur noch we- nig hervor, 1932 nicht mehr als Kandidat für die Landtagswahl aufgestellt. Ende 1932 übersiedelte er in die Sowjetunion, wo er während der Stalinschen Säuberungen 1937 verhaftet wurde. Er soll damals umgekom- men sein; nach einer anderen Version war Skjellerup allerdings noch 1945 am Leben und versuchte vergeblich, nach Deutschland zurückzukehren. SKRENTNY, Konrad (1894-1955) Am 23. April 1894 in Usch (Eifel) geboren. Lebte vor dem Ersten Weltkrieg in Danzig, trat 1913 der SPD und dem DMV bei. Im Ersten Weltkrieg Soldat, dann Walzer im Stahlwerk Düsseldorf (Phönix-Rheinrohr). 1918 Eintritt in die USPD, 1920 Übertritt zur KPD. Betriebsrat. 1927 ehrenamtliches Mitglied der Bezirksleitung Niederrhein. 1929 Sekretär für Gewerkschaftsfragen in der KPD-Bezirksleitung Niederrhein, dann im gleichen Bezirk führend in der RGO. 1930 als Abgeordneter in den Reichstag ge- wählt, dem er bis 1933 angehörte. 1931/32 Orgleiter im Reichskomitee der RGO in Berlin. 1933 illegale Arbeit für die RGO, im Som- mer 1933 verhaftet, längerere Zeit einge- kerkert. Nach der Freilassung wieder als Arbeiter beschäftigt. 1945 Mitglied der KPD, die er aber am 29. Februar 1948 verließ, da er mit der Parteilinie nicht einverstanden war. Skrentny starb am 20. April 1955 in Düssel- dorf. SMOLKA, Joseph (1897-?) Am 8. August 1897 in Sersno (Gleiwitz) geboren, lernte Glasbläser. 1916 Soldat. Während des Krieges Mitglied der Sparta- kusgruppe, trat bei Gründung der KPD bei, für die er ab 1919 als Sekretär in Ober- schlesien wirkte. Von 1921 bis 1923 Sekretär für Gewerk- schaftsfragen in der Bezirksleitung Ober- schlesien und Schlesien. Auf dem Jenaer Parteitag 1921 als Kandidat in den Zentral- ausschuß gewählt. Delegierter des Leipziger Parteitags 1923. Smolka/Sommer 1924 kam Smolka nach Jena, wo er in der Bezirksleitung Thüringen Sekretär für Ge- werkschaftsfragen wurde, diese Funktion be- hielt er bis 1928. Er gehörte zum rechten Par- teiflügel und war Anhänger Tittels. Ende 1928 wieder nach Oberschlesien zurückgeschickt, im Februar 1929 aus der KPD ausgeschlossen. Smolka schloß sich der KPO an und war für sie in Thüringen aktiv. Später arbeitete er in der Gemeindeverwaltung von Ruhla, einem starken KPO-Stützpunkt. Nach 1933 mehrfach verhaftet. Er war wie- der als Arbeiter tätig. Nach 1945 lebte er in West-Berlin, wo er einer dortigen »USPD« angehörte. Weitere Daten seines Lebenslaufs ließen sich nicht ermitteln. SOBOTTKA, Gustav (1886—1953) Als Sohn eines Landarbeiters und späteren Bergmanns am 12. Juli 1886 in Turowen (Ostpreußen) geboren. Seine Eltern über- siedelten ins Ruhrgebiet, wo er nach der Schulentlassung mit 14 Jahren Bergmann wurde. 1910 Mitglied der SPD. Während des Krie- ges schloß er sich der USPD an und gehörte nach dem Krieg zu den Mitbegründern der linksradikalen »Union der Hand- und Kopfarbeiter«, die einen großen Teil der gewerkschaftlich organisierten Bergleute in ihren Reihen vereinigen konnte. Mit dem linken Flügel der USP kam Sobottka 1920 zur KPD, Delegierter des Vereinigungs- parteitags. 1921 zog er in den preußischen Landtag ein, dem er ununterbrochen bis 1932 angehörte. Bis 1925 Vorsitzender der Gruppe Bergbau der »Union der Hand-und Kopfarbeiter«. Die KPD beschloß 1924/25 die Auflösung dieser Sondergewerkschaft und ihre Über- führung in den Bergarbeiterverband. So- bottka sträubte sich zunächst dagegen. Er schloß sich 1925 den Ultralinken an, blieb aber in der KPD und beugte sich Ende 1925 der Parteilinie. Delegierter der KPD-Parteitage 1925 und 1927. Mitglied der erweiterten Bezirkslei- tung Ruhr. Im April 1928 aus dem Berg- arbeiterverband ausgeschlossen, wurde er einer der Mitbegründer der RGO und Mit- glied der Reichsleitung dieser Organisation. 1932 schob man ihn in den Apparat der »Roten Hilfe« ab und stellte ihn nicht wieder als Kandidat zur Landtagswahl auf. Von 1933 bis 1935 arbeitete Sobottka illegal in Deutschland, dann emigrierte er in die Sowjetunion. Dort wurde einer seiner Söhne während der Stalinschen Säuberungen ver- haftet. Am 6. Mai 1945 kehrte Sobottka als Leiter der »3. Initiativ-Gruppe« (die 1. war die Gruppe Ulbricht in Berlin, die 2. die Gruppe Ackermann in Dresden), die in Stettin sta- tioniert war, nach Deutschland zurück. Er organisierte den Aufbau der KPD in Meck- lenburg. 1948 Leiter der Hauptverwaltung Energie und Brennstoffversorgung der Deut- schen Wirtschaftskommission. Anschließend leitete er bis 1951 die Hauptverwaltung Kohle im Ministerium für Schwerindustrie. In seinen letzten Lebensjahren hatte er nur untergeordnete Funktionen inne, so war er zeitweilig für die Schulung im Bergbau ver- antwortlich. Sobottka starb am 6. März 1953. Seine Frau feierte am 9. März 1963 ihren 75. Geburtstag, sie lebte 1968 als Parteiveteranin in Ost-Berlin. SOMMER, Michael (1896—1938?) Geboren am 12. Juli 1896 in Gielsdorf bei Köln. Mit 14 Jahren kam er in den Bergbau und wurde später Bergarbeiter unter Tage. 1918 trat er der USPD bei, mit der Mehr- heit der USP 1920 zur KPD. Sommer arbeitete als Bergmann in Aachen. 1924 wurde er dort Unterbezirksleiter und damit hauptamtlicher Parteifunktionär der KPD. 1925 Abgeordneter im Provinzial- Landtag. 1926 zum Orgleiter des Bezirks Mittelrhein nach Köln berufen. Diese Funk- tion übte er bis Ende 1929 aus. Anschließend wurde er zur RGO nach Ber- lin geholt und noch vor 1933 zur RGI nach Moskau überstellt. Er geriet in die Stalin- Sommer/Stamm sehen Säuberungen und verschwand 1938 spurlos. STÄBLER, Karl (1890-1960) Am 2. Januar 1890 in Vaihingen (Stuttgart) geboren, lernte Schriftsetzer. Vor dem Welt- krieg Mitglied der SPD, 1917 Übertritt zur USPD, mit der linken USP (Delegierter des Spaltungsparteitags) zur KPD. Während des Weltkrieges Soldat, schwer- verwundet. Delegierter des Leipziger Partei- tags 1923. 1924 Leiter der KPD in Stutt- gart, im gleichen Jahr in den württember- gischen Landtag gewählt, dem er bis 1928 angehörte. 1925 arbeitete er als Redakteur bei der »Süddeutschen Arbeiter-Zeitung«. 1925 bis 1928 Gauleiter der Opfer des Krie- ges und der Arbeit. 1929 wurde er wegen Unterschlagung und Betrug zu sechs Mona- ten Gefängnis verurteilt, er soll beim Mie- terverein 5000 Mark unterschlagen haben. Stäbler zog sich von der Politik zurück. Er lebte in Stuttgart, wo er am 5. September 1960 starb. STAHMER, Heinrich (1897-1958) Am 4. Juli 1897 in Swinemünde geboren, besuchte nach der Volksschule die Bergbau- schule. 1917 als Soldat an die Front ge- schickt. Nach dem Weltkrieg ließ er sich in Hamburg nieder, schloß sich der USPD an und ging mit der USP-Mehrheit 1920 zur KPD. Arbeiter am Hamburger Staatskai. 1924 in die Hamburger Bürgerschaft gewählt. Ab 1927 Mitglied der Bezirksleitung Wasser- kante. Nach dem Ausschluß Wittorfs wurde Stahmer 1928 Vorsitzender der Bürger- schaftsfraktion der KPD. Stahmer stand im Gegensatz zur Mehrheit der Hamburger Funktionäre 1928/29 auf der Seite der »Versöhnler«. Im März 1930 aus der Par- tei ausgeschlossen und mit den Vorwürfen »parlamentarischer Kretinismus« und »Par- teifeind« bedacht. Er trat zur SPD über und blieb bis Ende 1930 Abgeordneter der 309 Bürgerschaft. 1932 schloß er sich der SAP an, deren Spitzenkandidat er bei den Bür- gerschaftswahlen wurde. 1945 trat er wieder der SPD bei. Er arbei- tete als Vorarbeiter am Staatskai. Am 19. November 1958 verunglückte er tödlich, als eine Barkasse im Hafen unterging. STAMM, Robert (1900-1937) Am 16. Juli 1900 in Remscheid geboren. Die Eltern waren bekannte Sozialisten, bei denen schon z. Z. des Sozialistengesetzes illegale Zusammenkünfte stattgefunden hat- ten. Stamm lernte Schlosser. 1918 als Soldat eingezogen. 1919 Mitglied der KPD. Zu- nächst als Schlosser, nach Selbststudium als Techniker beschäftigt. 1924 hauptamtlicher Funktionär, zunächst Parteisekretär im Un- terbezirk Barmen-Elberfeld, dann Redak- teur der »Freiheit«. 1926 kurze Zeit Chefredakteur der Barmer KPD-Zeitung, bis diese ein Kopfblatt wurde. Er kam als Redakteur nach Hagen, 1929 Lokalredakteur in Barmen. 1930 über- nahm Stamm in Bremen als Polleiter die Führung des Bezirks Nordwest. 1932 als Abgeordneter in den Reichstag gewählt. 1933 tauchte er einige Zeit illegal in Han- nover unter, dann kam er in den zentralen Apparat der KPD. Am 27. März 1935 gelang es der Gestapo, Stamm in Berlin zu verhaf- ten, er wurde grausam gefoltert. Am 4. Juni 1937 verurteilte ihn der Volksgerichtshof zum Tode, nachdem er vor Gericht erklärt hatte: »Ich bitte nicht für mich und bereue auch nichts.« Am 4. November 1937 wurde er in Plötzensee mit dem Fallbeil ent- hauptet. In seinem letzten Brief hatte er geschrieben: »Lieber Vater! . .. Mir ist es, als schleppte ich von Dir ein starkes Erbe mit durchs Leben. Als ich und Julius noch kleine Bu- ben waren, hast Du uns in jeder freien Stunde an die Hand genommen, und hin- aus ging es in die freie Natur. Hier führtest Du mit uns manches Gespräch, gabst uns Aufklärung, und die Eindrücke blieben 3io Stamm/Steffen hängen für das ganze spätere Leben. Der andere Vater wieder in den Stunden des Werktags sprach dann zu uns, wir fühlten Dein Sehnen und Deinen inneren Kampf nach einem hohen Ziel. Später verstanden wir uns ganz, wie Gleichgesinnte sich ver- stehen. Aber dann war er auch bei mir da, jener innere Mensch, der sich schlecht ande- ren mitteilen kann und doch danach ver- langt, der alles mit sich selbst abmachen muß. Man nannte mich einmal im Kreise der Freunde den >Schweiger<, da dachte ich an die so häufig von Mutter gebrauchten Worte: >Vater, laß das Grübeln sein!<. ..« STAUER, Hans (richtig: Konon Berman- Jurin) (1901-1936) Entstammte denselben Kreisen wie Fritz David und Alexander Emel, 1901 geboren. Arbeitete ebenfalls als Beauftragter der Komintern in Deutschland. Nach einem kurzen Besuch der Universität Mitte der zwanziger Jahre in den Apparat der Kom- intern auf genommen. Seit 1928 Mitglied der BL Berlin-Brandenburg. 1929 bis 1932 Agitprop-Sekretär der Bezirksleitung. Ende 1931 vom ZK gerügt, weil er Emel in Schulungsveranstaltungen der Berliner KPD »falsche Ansichten« verbreiten ließ. Im März 1933 in die Sowjetunion zurück- gekehrt, arbeitete wieder im Apparat der Komintern. Im Mai 1936 verhaftet. Von der NKWD beschuldigt, zusammen mit Fritz David im Auftrage Trotzkis ein At- tentat auf Stalin vorbereitet zu haben. Ber- man-Jurin wurde Mitangeklagter des ersten Moskauer Schauprozesses gegen Sinowjew, Kamenew u. a. Er »gestand« alle ihm zur Last gelegten Verbrechen. Angeblich war er im November 1932 mit Trotzki in Kopen- hagen zusammengetroffen und hatte von diesem direkt den Auftrag zu »terroristi- schen Akten« erhalten. Am 24. August 1936 wurde Berman-Jurin zum Tode verurteilt und erschossen. Über ihn und die anderen »jungen An- geklagten« des Sinowjew-Prozesses schrieb Trotzki: »Das sind alles jüdische Intellek- tuelle, und zwar nicht aus der USSR, son- dern aus den Nachfolgestaaten, die früher Teile des zaristischen Rußlands waren (Li- tauen, Lettland usw.). Ihre Familien sind seinerzeit vor der bolschewistischen Revolu- tion geflüchtet, die Vertreter der jüngeren Generation aber haben sich dank ihrer Be- weglichkeit, Anpassungsfähigkeit, Sprachen- kenntnis, insbesondere des Russischen, nicht schlecht im Apparat der Komintern einge- richtet. Durchweg Abkömmlinge des klein- bürgerlichen Milieus, ohne Verbindung mit der Arbeiterklasse irgendeines Landes, ohne revolutionäre Stählung, ohne ernste theo- retische Vorbereitung, wurden diese ge- sichtslosen Beamten der Komintern stets dem letzten Zirkular gehorsam, zu einer wahren Geißel der internationalen Arbeiter- bewegung.« STEFFEN, Erich (1895—1937?) Geboren am 11. Mai 1895 in Berlin, lernte Schlosser. Von 1914 bis 1918 Soldat. 1918 in Berlin Mitglied der USPD, 1920 Über- tritt zur KPD, übernahm verschiedene ehrenamtliche Funktionen. Als Anhänger der Linken 1924 in den hauptamtlichen Apparat aufgenommen, zunächst Orgleiter des Bezirks Pommern. Der X. Parteitag 1925 wählte ihn in die Kleinbauernkommis- sion. Steffen entschied sich nach dem »Offenen Brief« 1925 für die Thälmann-Führung und wurde 1926 mit der Reichsleitung der kommunistischen Erwerbslosenbewegung in Berlin betraut. In dieser Funktion gehörte er 1929 auch dem Reichskomitee der RGO an. 1930 übernahm Steffen die Leitung des Fabrikarbeiterverbandes in der RGO und gab die Zeitschrift »Der rote Fabrik- arbeiter« heraus. In dieser Eigenschaft zog man ihn 1931 in einen Werkspionageprozeß der BASF in Ludwigshafen/Rhein. Er wurde verhaftet und verurteilt, emigrierte dann nach Moskau. Dort leitete er nach 1933 den »Ernst-Thälmann-Club«. Steffen/Stetter 311 Steffen wurde zusammen mit seiner Frau 1936 in Moskau verhaftet und verschwand als Opfer der Stalinschen Säuberungen. STEINEMANN, Hans (1890-?) Geboren am 22. September 1890 in Oschers- leben; lernte Schloser und arbeitete in Mit- teldeutschland. 1914 bis 1918 Soldat. Nadi dem Krieg ließ er sich in Wismar nieder, arbeitete als Maschinenschlossermeister. 1918 Mitglied der USPD und 1920 der KPD. 1924 zog er als Abgeordneter der KPD in den Landtag von Mecklenburg-Schwerin ein. 1925 Vorsitzender des RFB in Mecklenburg. Als Anhänger der linken Opposition 1926 nicht wieder als Kandidat aufgestellt, schied er aus dem Landtag aus. Bis 1928 war er noch für die KPD aktiv, 1929 aus der Par- tei ausgeschlossen. Später trat Steinemann politisch nicht mehr hervor. Weitere Daten seines Lebenslaufs ließen sich nicht ermitteln. STENZER, Franz (1900-1933) Am 9. Juni 1900 in Planegg (Bayern) ge- boren, Sohn eines Arbeiters. In Starnberg begann er die Lehre als Bootsbauer, wurde dann aber mit 17 Jahren Streckenarbeiter bei der Reichsbahn. 1918 zur Marine ein- gezogen, nach dem Krieg wieder Arbeiter bei der Bahn. Während der Münchener Räterepublik Soldat der Roten Armee, 1920 Mitglied der KPD. Betriebsrat bei der Reichsbahn in München, als aktiver Kommunist mehrmals verhaftet. 1924 Mitglied der BL Südbayern. Von Herbst 1928 bis Frühjahr 1929 besuchte er einen Halbjahreskurs der Lenin-Schule in Moskau, anschließend hauptamtlicher Funk- tionär, Sekretär für Gewerkschaftsfragen in der BL Südbayern. Der XII. Parteitag 1929 wählte Stenzer als Kandidat ins ZK. 1931 übernahm er die Chefredaktion der »Neuen Zeitung« in München, 1932 rückte er zum Vollmitglied des ZK auf. 1933 Instrukteur der illegalen KPD für Süddeutschland. Am 19. April 1933 wurde seine Frau als Geisel verhaftet, bei einer illegalen Besprechung am 30. Mai 1933 fiel Stenzer der Polizei in die Hände. In seinem einzigen Brief aus dem KZ Dachau schrieb er: »Für Höheres als das eigene Sein zu kämpfen, Opfer zu bringen und Mut zu entwickeln, das gibt Lebenskraft.« Seine Frau war nach seiner Verhaftung freigelas- sen worden, mit ihren Kindern (Zwillinge von acht und ein Mädchen von fünf Jahren) aus München ausgewiesen, lebte sie in ihrem Heimatdorf in Franken als Verfemte, die Rote Hilfe schaffte sie über die Grenze. Stenzer wurde in Dachau monatelang ge- foltert und am 22. August 1933 ermordet; von einem SS-Scharführer Dirnagel angeb- lich »auf der Flucht erschossen«. Seine Witwe und seine Kinder leben in der DDR. STEPHAN, Franz (1894-?) Am 5. Mai 1894 in Havelschwerdt geboren; lernte Schriftsetzer und kam in jungen Jah- ren nach Gera. Im Ersten Weltkrieg Soldat. 1918 Mitglied der USPD, kam mit deren Mehrheit 1920 zur KPD. Er stand in der KPD auf dem linken Flügel. Seit 1924 ehrenamtliches Mitglied der BL Thüringen. Auf dem X. Parteitag 1925 für Thüringen in die Politische Kommission gewählt. 1928 als Sekretär der Bezirksleitung ein- gesetzt, aber zunächst von der rechten Mehrheit der BL abgelehnt. Nach dem Sieg der ZK-Mehrheit in Thüringen Orgleiter und 1929 Agitprop-Sekretär des Bezirks. Diese Funktion behielt er bis 1930. 1931 wurde er Vorsitzender der RGO in Thü- ringen, dann soll er mit der Linie der Partei in Konflikt geraten sein und schied aus der hauptamtlichen Arbeit aus. Weitere Daten seines Lebenslaufs ließen sich nicht ermitteln. STETTER, Johannes (1885-1963) Als Sohn eines Kleinbauern am 1. Februar 1885 in Wain a. Neckar geboren, lernte 3 12 Stetter/Stoecker Schreiner. 1903 Mitglied der SPD. Über- siedlung nach Stuttgart und Anhänger des dortigen linken Flügels der SPD. Bis zum Krieg Schreiner, dann Soldat. 1917 Eintritt in die USPD. 1918 hauptamtlicher Sekretär der USP, mit der linken USP 1920 zur KPD, Parteisekretär der KPD. Von 1920 bis 1924 Abgeordneter des württem- bergischen Landtags. 1923 Polleiter des Be- zirks Württemberg. Der Leipziger Parteitag 1923 wählte Stetter in die Mandatsprüfungs- und Gewerk- schaftskommission. Wegen seiner Beteiligung an der Vorbereitung der Oktoberaktion Anfang 1924 verhaftet. Im Mai 1924 aus der Haft entlassen, da er (als Spitzenkandi- dat für Württemberg) in den Reichstag ge- wählt worden war. Stetter gehörte zum rechten Parteiflügel in Württemberg, deshalb setzte man ihn bei der Dezemberwahl 1924 an eine aussichts- lose Stelle der Wahlliste. Er kam nicht mehr in den Reichstag und wurde nunmehr poli- zeilich gesucht (Steckbrief: »hohe Stirn, Ge- heimratsecken, englischer Schnurrbart«). Die Parteileitung schickte ihn nach Lothrin- gen, er leitete dort von Februar bis Mai 1925 die IAH. Seine Familie wurde von der KPD nicht unterstützt und so reiste er ille- gal nach Deutschland zurück, um im Mai 1925 Frau und Sohn in Mannheim zu tref- fen. Er wurde jedoch (nach seinen Angaben von einem Mannheimer KPD-Stadtverord- neten) verraten und am 30. Mai 1925 ver- haftet. Bis Oktober 1925 blieb er in Haft, zunächst in Mannheim, dann in Stuttgart. Sein Prozeß fand vor dem Leipziger Staats- gerichtshof statt. Durch die Hindenburg- Amnestie kam er frei, arbeitete wieder als Schreiner in Stuttgart. In der KPD hatte Stetter Redeverbot, es gab sogar Gerüchte, er solle »liquidiert« werden. Am 30. Juni 1926 aus der KPD ausgeschlossen. Wenige Tage danach ver- öffentlichte er in der SPD-Zeitung »Schwä- bische Tagwacht« eine Artikelreihe, die später auch als Broschüre erschien: »Der kommunistische Sumpf«. Er enthüllte, daß die Skandale im Reichstag, die die KPD 1924 inszenierte, vorher abgesprochen wa- ren, er legte innerparteiliche Interna offen usw. Deswegen von der KPD als »charak- tervoller Lump« beschimpft, legte er ver- schiedene Beweise für seine Behauptungen vor. 1926 Mitglied der SPD, für die er sich wesentlich im Wahlkampf 1928 ein- setzte. Im Herbst 1928 kam Stetter als hauptamt- licher Sekretär der Gewerkschaft (Gemeinde- und Staatsarbeiterverband) nach Königs- berg, er übte diese Funktion bis 1933 aus. Ende Februar 1933 kandidierte er noch bei den Stadtverordnetenwahlen in Königsberg für die SPD. Ende 1933 Rückkehr nach Stuttgart, nach einigen Monaten Erwerbs- losigkeit wieder (bis 1945) als Schreiner beschäftigt. 1945 maßgeblich am Wiederaufbau der Gewerkschaften beteiligt, im Juli 1945 zum Vorsitzenden des Ortsausschusses Stuttgart der Gewerkschaft berufen. Diese Funktion behielt er bis zu seiner Pensionierung. Sein Bruder war Arbeitsminister in Baden- Württemberg; beide gehörten wieder der SPD an. Stetter war mit Albert Schreiner verschwägert (die Frauen sind Schwestern). Stetter starb am 10. November 1963 in Stuttgart. STOECKER, Walter (1891-1939) Als Sohn eines Ingenieurs am 9. April 1891 in Köln geboren, besuchte die Realschule, anschließend eine zweijährige Lehre als Handlungsgehilfe. 1908 Mitglied der SPD, 1910 Volontär, dann Redakteur an SPD- Zeitungen in Kiel und Köln. 1912 und 1913 begab er sich zu Studien der Geschichte und Volkswirtschaft nach Berlin, Leipzig und Zürich, dann Leiter der soziali- stischen Studentenorganisation Kölns und Berichterstatter sozialdemokratischer Zei- tungen. Im Februar 1915 zum Militär ein- gezogen, bis November 1918 Soldat. 1917 Übertritt zur USPD. Führendes Mitglied des Aktionsausschusses der Arbeiter- und Stoecker/Stolt 313 Soldatenräte während der Novemberrevo- lution in Köln. Von Dezember 1918 bis Juni 1919 Redak- teur am USP-Organ »Volkstribüne« in Elberfeld, Stadtverordneter in Köln. Für die USPD 1919 in die verfassunggebende preußische Nationalversammlung gewählt. Delegierter der USP-Parteitage vom März und Oktober 1919. Im Juni 1919 zum Se- kretär der USP-Zentralleitung nach Berlin berufen. 1920 zog er für die USP in den Reichstag ein. Stoecker war in der USP neben Däumig und Koenen die treibende Kraft für den Anschluß an die III. Internationale. Als einer der Führer des linken Flügels war Stoecker auch auf dem Hallenser Spaltungs- parteitag, und im Dezember 1920 auf dem Vereinigungsparteitag von USPD und KPD aktiv. Mitglied des ZK der linken USP. Nach der Vereinigung in die Zentrale der VKPD gewählt. Auf dem Jenaer Parteitag 1921 nicht mehr in dieses Gremium der Parteispitze entsandt, blieb er als Reichs- tagsabgeordneter doch ein wichtiger Funk- tionär. Der VIII. Parteitag 1923 berief Stoecker wieder in die Zentrale. Im gleichen Jahr auch Polleiter des Oberbezirks West (Nord- rhein-Westfalen), mit Sitz in Köln. Er be- teiligte sich aktiv an den Vorbereitungen der Aktion im Oktober 1923. 1924 einer der Führer der Mittelgruppe, wurde er nicht mehr in die Zentrale gewählt, zog aber im Mai 1924 wieder in den Reichstag ein. Nach Auflösung des Reichstags im Oktober 1924 polizeilich gesucht (Steckbrief: »1,60-1,65 groß, blondes Haar, englischer Bart, spitzes Kinn«). Durch seine Wiederwahl im De- zember erlangte er erneut Immunität. Stoek- ker übernahm den Vorsitz der kommuni- stischen Reichstagsfraktion, er gehörte dem Parlament (auch 1930 wiedergewählt) bis Juli 1932 an. Nach dem »Offenen Brief« 1925 zog man ihn wieder zur aktiven Parteiarbeit heran. Der XI. Parteitag 1927 wählte ihn ins ZK der KPD. Während der Wittorf-Affäre stimmte er gegen Thälmann, schwenkte aber mit der Mehrheit des ZK rasch um. Er kam auch 1929 wieder ins ZK. Stoecker leitete als Vorsitzender auch den »Bund der Freunde der Sowjetunion«. 1932 wurde er in den Hintergrund gedrängt, er gehörte auch keinem Parlament mehr an. In der Nacht des Reichstagsbrandes ver- haftet, kam er in die KZs Sonneburg und Lichtenburg und 1937 nach Buchenwald, wo er an einer im Lager ausgebrochenen Typhus-Seuche am 10. März 1939 starb. Seine Familie war nach England emigriert, seine Frau lebte nach 1945 in Ost-Berlin, wo sie im August 1966 starb. STOLT, Georg (1879-1934) Geboren am 22. November 1879 in Ham- burg, lernte Zimmerer und ging auf Wander- schaft. 1900 Mitglied der SPD. 1902 in Frankfurt Kassierer der Gewerkschaft; nach späteren Behauptungen soll es dabei angeb- lich zu Unregelmäßigkeiten in der Kasse gekommen sein. 1905 hauptamtlicher Arbeitersekretär, zu- nächst in Frankfurt, dann in Königsberg und anderen Orten. 1912 in Bremen aus dieser Funktion entlassen, da er in Königs- berg angeblich Gelder unterschlagen hatte; nach seiner Darstellung waren ihm aber die Gelder gestohlen worden. Während des Krieges in Berlin Übertritt zur USPD. 1919 Stadtverordneter, wieder tauchten die alten Vorwürfe auf. Eine Kommission klärte die Vorwürfe zu seinen Gunsten. Stolt kam mit der Mehrheit der USP 1920 zur KPD, Delegierter des Vereinigungspar- teitags. In der KPD gehörte er zum Berliner linken Flügel. 1924 in den preußischen Landtag gewählt. 1926 ging er zur Thäl- mann-Gruppe über, kam aber 1928 nicht mehr in den Landtag. Der Vorsitzende des Freidenkerverbandes, Sievers, wiederholte 1928 die Vorwürfe, Stolt habe Unterschlagungen begangen. Doch Stolt konnte darauf hinweisen, daß er schon 1926 vor Gericht einen Prozeß 314 Stolt/Süßkind gegen die »Vossische Zeitung« gewonnen hatte, die Anschuldigungen also falsch seien. Bis 1933 arbeitete er in verschiedenen kom- munistischen Organisationen, vor allem in der »Arso« (Arbeitsgemeinschaft sozialpoli- tischer Organisationen). Am 19. Januar 1934 wurde Stolt zusam- men mit 40 Kommunisten in Berlin-Moabit verhaftet und zwei Tage später, am 21. Ja- nuar 1934, ermordet. STRÖTZEL, Max (1885-1945) Am 25. Juli 1885 in Markranstädt (Sach- sen) geboren, lernte Dreher. 1903 ging er nach Hamburg, 1906 übersiedelte er nach Leipzig. Im gleichen Jahr trat er der SPD bei. Vor dem Weltkrieg in Leipzig Inhaber eines Fahrradgeschäfts. Im September 1914 ein- gezogen, kam er nicht an die Front, sondern wurde als Arbeiter der Rüstungsindustrie reklamiert. Er war Kriegsgegner, trat 1917 in die USP ein, mit deren linkem Flügel (Delegierter des Spaltungsparteitags) 1920 zu KPD. Delegierter des Vereinigungspar- teitags 1920 und des JenaerParteitags 1921, in den ZA gewählt. Er übernahm verschie- dene Parteifunktionen und wurde 1922 Politischer Leiter in Westsachsen (Leipzig). Bei der Vorbereitung zum Oktober 1923 führte er die gesamte KPD in Sachsen und war außerdem MP-Leiter. Nach dem Oktober 1923 polizeilich gesucht, schloß er sich den Linken an. Im Mai 1924 in den Reichstag gewählt, dessen Mitglied er ununterbrochen bis 1932 blieb. 1924 er- neut zum Polleiter von Westsachsen be- stimmt, war er der Führer der Leipziger Linken in den Auseinandersetzungen mit den Ultralinken (Vogt) 1925/26. Der X. Parteitag 1925 wählte ihn als Kandidaten ins ZK. Strötzel ging nach dem »Offenen Brief« 1925 von Ruth Fischer zu Thälmann über und blieb bis 1927 Polleiter in Westsachsen, dann Polleiter des Bezirks Pommern. Er wurde Anfang 1932, von seinen innerpartei- lichen Gegnern als »eine der charakterlose- sten Gestalten« beschimpft, auch dieses Po- stens enthoben, blieb aber in zweitrangigen Funktionen weiterhin Parteiarbeiter und wurde Leiter der Roten Hilfe im Bezirk Magdeburg. 1933 wirkte er kurze Zeit illegal, dann emigrierte er in die Sowjetunion. Während der Säuberung 1937 in Moskau verhaftet. In der Sowjetunion ist Strötzel 1945 ver- storben, ob noch im Gefängnis oder schon in Freiheit, ließ sich nicht ermitteln. SÜSSKIND, Heinrich (»Heinrich«, »Kurt«) (1895-1937?) Als Sohn eines Rabbiners am 30. Oktober 1895 in Kolomea (Polen) geboren, besuchte in Wien das Gymnasium und kam 1917 nach Deutschland. Hier wohnte er zunächst bei seiner Schwester in Leipzig, dann stu- dierte er in Tübingen evangelische Theologie und Geschichte. Mitte 1919 kam Süßkind nach Berlin. Er übernahm die Chefredaktion der »Politi- schen Rundbriefe«, die von der Freideut- schen Jugend herausgegeben wurden. Im Herbst 1919 schloß er sich der KPD an, deswegen wurde er im November 1919 aus Preußen ausgewiesen. Der hochgebildete junge Mann blieb illegal in Berlin und wurde unter dem Namen »Heinrich« politi- scher Redakteur der »Roten Fahne«. Am 1. Dezember 1921 übernahm er als Nach- folger Ernst Meyers die Chefredaktion des kommunistischen Zentralorgans. Als Chef- redakteur nahm er auch an Zentrale- sitzungen teil. Im November 1922 verhaftet, zu drei Wo- chen Gefängnis verurteilt und als russischer Staatsangehöriger erneut aus Deutschland ausgewiesen. Süßkind reiste nach Riga, war dort einige Zeit für die Komintern tätig; anschließend Redakteur in Moskau. Aber schon im Frühjahr 1923 kehrte er nach Deutschland zurück, er übernahm wieder die Chefredaktion der »Roten Fahne«. Im Juni 1923 abgelöst und durch Thalheimer ersetzt, schickte ihn die Zentrale als Redak- teur nach Leipzig. 1924 schwenkte er zu den Linken über und wurde Chefredakteur in Chemnitz. Süßkind gehörte 1926 zu den Wortführern der »Chemnitzer Linken«, ging aber 1927 zur Thälmann-Gruppe. Auf dem Essener Parteitag 1927 als Kandidat ins ZK gewählt, wurde er erneut als Chef- redakteur der »Roten Fahne« nach Berlin berufen. Er wurde auch Kandidat des Pol- büros, trennte sich im Herbst 1927 von der Thälmann-Gruppe und schloß sich den »Versöhnlern« an. Während der Auseinandersetzungen von 1928 gehörte er als »Kurt« zur Führung der »Versöhnler«. Auf Betreiben Thäl- manns sollte er schon im Februar 1928 ab- gelöst werden. Es gelang den Versöhnlern, ihn zu halten, doch nach der Wittorf-Affäre wurde er aus der »Roten Fahne« ent- fernt. Süßkind kapitulierte vor dem ZK, er übte keine hauptamtliche Funktion mehr aus und mußte vom Verdienst seiner Frau - die bei der Inprekorr tätig war - leben. Er war in seiner Straßenzelle insgeheim für die neue Gruppe der »Versöhnler« aktiv. Nach 1933 emigrierte Süßkind zusammen mit seiner tschechischen Frau zunächst nach Prag, dann in die Sowjetunion und war in der Komintern beschäftigt. 1936 wurde er zusammen mit Bela Kun verhaftet und verschwand als Opfer der Stalinschen Säuberung. Süßkinds Frau sagte sich öffentlich von ihm los, wurde zur Ar- beit in die Tschechoslowakei geschickt, wo sie während der deutschen Besetzung ums Leben kam. SUHR, Paul (1902-1933) Am 6. September 1902 in Königsberg ge- boren, besuchte die Mittelschule, lernte Kaufmann. 1920 Mitglied des Kommunisti- schen Jugendverbandes, 1922 der KPD. 1927 Leiter des KJVD in Ostpreußen. Mitte 1929 Orgleiter in der KPD-Bezirksleitung Ostpreußen, noch im gleichen Jahr schickte Süßkind/Sumpf 315 ihn die Partei auf die Lenin-Schule nach Moskau. Nach seiner Rückkehr (1930) übernahm er wieder verantwortliche Funktionen in der Bezirksleitung Ostpreußen, dann in der Be- zirksleitung Wasserkante. Anfang 1932 RGO-Leiter im Bezirk Pommern. 1932 als Kandidat ins ZK kooptiert, Ende 1932 Pol- leiter des wichtigen KPD-Bezirks Halle- Merseburg. Im April 1932 auch in den preußischen Landtag gewählt. Nach dem Verbot der KPD schickte ihn das ZK als Sekretär der Bezirksleitung Bayern nach München. Bei einer illegalen Zusammenkunft am 15. August 1933 verhaftete ihn die Gestapo. Seitdem ist er verschollen, vermutlich wurde er sofort ermordet. SUMPF, Hermann (geb. 1882) Am 1. Mai 1882 in Neckarau (Mannheim) geboren, lernte Tapezierer und ging in jun- gen Jahren nach Mainz, wo er als Polsterer arbeitete. 1914 zum Militär eingezogen, 1916 an der Front schwerverwundet. Während des Krieges schloß er sich der USPD an. 1920 kandidierte er für die USP in Hessen zum Reichstag, wurde aber nicht gewählt. Mit dem linken Flügel der USP 1920 zur KPD. Seit 1926 leitete er den Unterbezirk Mainz als hauptamtlicher Se- kretär. 1927 zog er in den hessischen Land- tag ein, und blieb bis 1931 Abgeordneter. 1932 übersiedelte Sumpf, der schon 1928 mit einer Delegation längere Zeit in der Sowjetunion war, in die UdSSR. Er nahm die sowjetische Staatsangehörigkeit an und wurde während der Stalinschen Säuberun- gen verhaftet. Sumpf soll über zehn Jahre in einem Lager verbracht haben. Nach Stalins Tod rehabi- litiert, übersiedelte er 1958 in die DDR, wo er 1968 als Arbeiterveteran lebte. 1962 er- hielt er den »Vaterländischen Verdienstor- den« in Bronze. 316 Sychalla/Taube SYCHALLA, Konrad (1888-1959) Am 25. November 1888 in Bobrownik/O.S. geboren, lernte Gärtner. Er übersiedelte in jungen Jahren nach Senftenberg, wo er als Landschaftsgärtner tätig war. Seit 1909 Mitglied der SPD, 1917 Übertritt zur USPD. Sychalla war einer der Führer der revolutionären Bewegung im Senften- berger Braunkohlenrevier und Obmann der USP. 1920 mit der linken USP zur KPD. Delegierter auf dem Vereinigungsparteitag im Dezember 1920, der ihn - ebenso wie der Jenaer Parteitag 1921 - in den ZA wählte. 1921 KPD-Kreistagsabgeordneter in Kalau. Er gehörte zum linken Flügel der KPD und wurde 1924 Polleiter des Bezirks Lausitz (der 1925 aufgelöst wurde). Vom Mai bis Dezember 1924 KPD-Reichstags- abgeordneter. In den folgenden Jahren war Sychalla Funktionär im Bezirk Berlin-Brandenburg- Lausitz. Er gehörte 1925/26 zur linken Opposition, von der er sich aber noch 1926 wieder trennte. 1928 übersiedelte er nach Berlin, wo er als Arbeiter lebte und kleinere Parteifunktionen ausübte. Nach 1933 kurze Zeit verhaftet, dann bis Kriegsende Arbeiter. 1945 trat er in Berlin- Zehlendorf wieder der KPD bzw. SED bei. Seit Jahren schwerkrank, starb er am 14. September 1959 in West-Berlin. SYDOW, Emil (1892-1959) Am 22. November 1892 in Gunzenhausen (Franken) geboren, lernte Schlosser, über- siedelte nach Hamburg. 1918 Mitglied der USPD, mit deren Mehrheit 1920 zur KPD. Mit der Hamburger KP gehörte Sydow zum linken Flügel der Partei. 1924 in die Ham- burger Bürgerschaft gewählt, Mitglied der Bezirksleitung Wasserkante. Angestellter bei der russischen Handelsgesellschaft. Anfang 1927 aus der KPD ausgeschlossen, angeblich, weil er in der russischen Handels- vertretung Geld unterschlagen hatte, tat- sächlich aber wohl, weil er beim Kompro- miß der Thälmann-Gruppe mit den »Ver- söhnlern« als einer der sehr links stehenden Funktionäre geopfert wurde. Sydow schied 1927 aus der Bürgerschaft aus und arbeitete wieder als Schlosser. Poli- tisch trat er nicht mehr hervor. Er starb am 16. Dezember 1959 in Ham- burg. TASTESEN, Paul (geb. 1899) Am 5. März 1899 in Hamburg geboren, lernte Feinmechaniker. Von 1917 bis 1919 Soldat. 1919 Mitglied der USPD, mit dem linken USP-Flügel 1920 zur KPD. Bis 1924 als Marmorschleifer, 1925/26 als Gürtler beschäftigt. Wegen seiner politischen Tätigkeit für die KPD kam er 1927 sieben Monate in Untersuchungshaft. Anschließend erwerbslos, Mitte 1927 hauptamtlicher Se- kretär des RFB, im gleichen Jahr zog er als Abgeordneter in die Hamburger Bürger- schaft ein, deren Mitglied er bis 1931 blieb. Im Prozeß gegen Edgar André trat er 1936 mutig als Entlastungszeuge auf, er wurde deswegen nach dem Prozeß verhaftet und längere Zeit im KZ festgehalten. 1945 wieder Mitglied der KPD, gehörte er deren Hamburger Leitung an. Im August 1945 unterschrieb er den Aufruf zur Bil- dung einer gemeinsamen Sozialistischen Par- tei in Hamburg. 1946 wurde er wieder Abgeordneter der Bürgerschaft. Er trat aber zurück und war politisch nicht mehr aktiv. Er lebte 1969 in Hamburg. TAUBE, Paul (1892-?) Geboren am 29. Oktober 1892 in Sangers- hausen, lernte Schlosser und arbeitete bis zum Weltkrieg in diesem Beruf. 1912 Mit- glied der SPD. Im Weltkrieg Soldat. 1917 schloß er sich der USPD an, mit deren linkem Flügel 1920 zur KPD. Nach dem Kriege Schlosser im Leuna-Werk. Ab 1921 hauptamtlicher Funktionär, zunächst Partei- sekretär in Bitterfeld. Aktiv in der März- aktion 1921 beteiligt, flüchtete Taube nach Rußland. Er kehrte nach der Amnestie 1922 Taube/Tenner 317 zurück, um wieder die Funktion als Partei- sekretär in Bitterfeld zu übernehmen. De- legierter des VIII. Parteitags der KPD in Leipzig. An den Aufstandsvorbereitungen des Oktober 1923 nahm er aktiven Anteil. 1924 Sekretär bei der Bezirksleitung Halle, dann Polleiter des Bezirks Danzig. Im No- vember 1926 kam er als Polleiter für den Bezirk Nordwest nach Bremen. 1927 als Abgeordneter in die Bremer Bürgerschaft ge- wählt. Bis Ende 1930 Polleiter im Bezirk Nordwest. Anfang 1931 legte er sein Man- dat in der Bürgerschaft nieder. Weitere Daten seines Lebenslaufs ließen sich nicht ermitteln. TENNER, Albin (1885-1967) Am 27. Februar 1885 in Rauenstein (Thür.) geboren, aus armen Verhältnissen stammend. Schon als Kind Porzellanmaler, begann er auch eine Lehre als Porzellanarbeiter. Doch bekam der 14jährige eine Freistelle im Leh- rerseminar Hildburghausen und konnte 1905 Volksschullehrer werden. In Sonne- berg holte er das Abitur nach und studierte bis 1915 Naturwissenschaften. Anschließend Soldat, zunächst Dolmetscher in Ohrdruf (Thür.), dann bis 1918 Leiter der Material- prüfstelle der Flugzeugwerft Gotha. 1918 trat Tenner der USP bei. Bei Aus- bruch der Revolution wurde er in die Re- gierung von Sachsen-Meiningen berufen. An- schließend Volksbeauftragter in Gotha und bis 1920 Mitglied der Gothaer Regierung, Landtagsabgeordneter in Gotha und ab 1920 in Thüringen für die USPD. Mit der linken USP kam er 1920 zur KPD. Wieder Lehrer, wurde er vom Schulrefor- mator Greil als Kreisschulrat nach Weimar geholt. Er war führend in der Thüringer KPD, der Leipziger Parteitag 1923 wählte ihn in den ZA. Im Oktober 1923 in der sozialdemokratisch-kommunistischen Regie- rung Thüringens wurde Tenner Wirtschafts- minister, anschließend Vorsitzender der Landtagsfraktion der KPD. Während der linken Periode 1924/25 wurde der auf dem rechten Flügel stehende Tenner zurückgedrängt. Im Januar 1925 legte er den Fraktionsvorsitz nieder und wurde aus der Partei ausgeschlossen. Im Oktober 1925 wieder auf genommen, wurde er 1926 er- neut in den Landtag gewählt. Delegierter des XL Parteitags in Essen. Er lebte in jenen Jahren als Schulrat in Gotha. Bei den Auseinandersetzungen zwischen dem ZK und den Rechten 1928/29 stellte sich Tenner auf die Seite der Opposition. Am 1. März 1929 aus der Partei ausge- schlossen, ging er zur KPO, die er bis Ende 1929 im Landtag vertrat. Nach dem Ende der Legislaturperiode schied er aus dem Landtag, da die KPO kein Mandat erringen konnte. Er übersiedelte nach Birkenwerder bei Berlin in das Haus von Frida Winkel- mann. Mit der Minderheit der KPO trat er 1932 zur SAP über. Doch seine Aktivität war weniger auf die aktuelle Politik ge- richtet, er hielt vor allem naturwissenschaft- liche Vorträge und machte biologische Stu- dien. 1933 verhaftet, kam er ins KZ, wurde nach einigen Monaten entlassen. Der SA in Thü- ringen verhaßt, war er in Berlin freigekom- men, bevor das Thüringer Fahndungs- ersuchen bekannt war. Er lebte illegal und konnte Ende 1933 nach Amsterdam ent- kommen, seine Frau Elly Janisch-Tenner folgte mit dem Sohn 1934. In Amsterdam eröffnete Tenner eine Fabrikation für kosme- tische Artikel, seine Frau übersetzte u. a. das Buch von Roland-Holst über Rosa Lu- xemburg ins Deutsche, und wirkte als Leh- rerin. Nadi der deutschen Besetzung mußte Tenner illegal leben und sein Unternehmen aufgeben, das er nach dem Krieg nur sehr schwer wieder aufbauen konnte. 1952 mußte er sich wegen einer Herzkrankheit zur Ruhe setzen. Sein Sohn ist Physik- Professor in Amsterdam. Tenner war nicht nach Deutschland zurückgekehrt, er starb hochbetagt am 20. Januar 1967 in Amster- dam. 318 Thälmann THÄLMANN, Ernst (1886-1944) Geboren am 16. April 1886 in Hamburg. Sein Vater Jan war aus Holstein nach Ham- burg gekommen und betrieb bei der Geburt seines Sohnes Ernst Fritz Johannes eine Kutscherkneipe. Schon während des Sozia- listengesetzes hatte sich Jan Thälmann für die Sozialdemokratie betätigt. Ernst Thälmann kam frühzeitig zu Ver- wandten. Erst als seine Eltern in den neun- ziger Jahren einen Kolonialwarenladen er- öffneten, konnte er zu ihnen zurückkehren. Schon früh zur Mitarbeit herangezogen, mußte er die Pferde versorgen und Waren austragen. Nach der Schulentlasung arbei- tete Ernst Thälmann als Rollkutscher im Geschäft seines Vaters. Eines Tages war er auf und davon: Er fuhr auf einem Kohlen- trimmer nach Amerika. Das Seemannsleben sagte ihm nicht zu, er verdingte sich bei New York als Landarbeiter, dann kehrte er nach Deutschland zurück und versuchte sein Glück in den verschiedensten Berufen. Nachdem er schon im Mai 1903 Mitglied der SPD geworden war, trat er 1904 dem Transportarbeiterverband bei. 1906 Soldat, zum 9. Artillerieregiment nach Köln eingezogen. Wegen Krankheit vor- zeitig entlassen, kehrte er nach Hamburg zurück. Ehrenamtlicher Funktionär der Ge- werkschaft, der mit vielen anderen jungen Sozialisten und vor allem mit seinen Hafen- arbeiter-Kollegen auf dem linken Flügel der SPD stand. Mit 22 Jahren in die Orts- verwaltung der Transportarbeiter-Gewerk- schaft gewählt, protestierte er oft in seiner ungehobelten Weise gegen die Saumseligkeit der »Bonzen«. 1914 verlor Thälmann seine Arbeit als Kutscher in der Großwäscherei Welscher in Hamburg, als aktiver Sozialist stand er auf der »schwarzen Liste«. Er war einige Zeit erwerbslos. Im Januar 1915 als Reservist eingezogen, Soldat an der West- front, kämpfte an der Aisne, Somme und in der Champagne. Er revoltierte ständig, und obwohl er zweimal verwundet wurde, be- förderte man ihn nicht. Einmal kam er vor ein Kriegsgericht, wurde aber freigesprochen. Im Herbst 1918 kehrte er von einem Urlaub in Hamburg nicht mehr an die Front zu- rück, sondern blieb bis zur Revolution in der Hansestadt. Er schloß sich der USPD an. Arbeiter auf einer Abwrackwerft. Sein Einfluß in der USP stieg in dieser revolu- tionären Situation rasch. 1919 wurde Thälmann für die USP in die Hamburger Bürgerschaft gewählt. Er wohnte mit Frau und Tochter in einer einfachen Wohnung, war noch immer als Arbeiter beschäftigt und galt in Hamburg als der Führer der linken USP. 1920 trat er mit der großen Mehrheit der Hamburger USP für den Anschluß an die Komintern ein. Er war Delegierter auf dem Spaltungspar- teitag in Halle und schrieb von dort eine für ihn typische Karte an seine Eltern: »Meine lieben Eltern! Sende Euch die herz- lichsten Grüße. Hier in Halle ist gestern die Entscheidung gefallen. Wir sind die Ehrli- chen, die Aufrichtigen, die Vorwärtstreiben- den ! Mit revolutionärem Gruß, Euer Ernst!« Der stimmungs- und gefühlsmäßig radikale Thälmann war auch Delegierter des Ver- einigungsparteitags von USP und KPD. Er stand auch in der KPD auf dem linken Parteiflügel. Seit 1921 Vorsitzender der KPD-Ortsgruppe Hamburg und Mitglied der Bezirksleitung Wasserkante. 1921 war Thälmann Anhänger der »Offen- sivtheorie«. Delegierter auf dem III. Welt- kongreß der Komintern 1921, trat gegen Lenin und Trotzki auf. Er korrigierte Lenin: »Man kann nicht sagen, wie Lenin gesagt hat, man soll den schärfsten Kampf denen ansagen, die die Abänderungsanträge gegen die russischen Thesen vorgelegt haben. In der Kommunistischen Partei ist es das gute Recht jedes Genossen, nach den ökonomi- schen Verhältnissen jeden Landes das in die Thesen hineinzubringen, was unbedingt hin- eingehört.« [Diese im Protokoll angeführ- ten Sätze sind in der Ausgabe von Thäl- manns Werken im Ostberliner Dietz Verlag, Bd. 1, unterschlagen.] Immerhin bemerkte Trotzki schon auf diesem Kongreß im Jahre 1921: »Genose Thälmann... muß eine Thälmann sehr gute Fühlung mit den Massen haben«, was Thälmann stolz bestätigte: »Jawohl, ausgezeichnete Fühlung.« Thälmann, der in Hamburg große Popula- rität genoß, wurde 1921 in der Hansestadt hauptamtlicher Sekretär. Mitglied der Hamburger Bürgerschaft war er ununter- brochen von 1919 bis 1933. Seit 1921 ge- hörte er auch dem ZA der KPD an. 1922/23 stieg Thälmann neben Ruth Fi- scher und Maslow zu einem Führer der linken Opposition in der KPD auf. Auf dem Leipziger Parteitag im Januar 1923 vertrat er die linke Opposition gegen die Brandler-Führung. Er wurde nicht in die Zentrale gewählt, jedoch nach einem Kom- promiß der Brandler-Führung mit der Opposition im Mai 1923 durch den ZA gemeinsam mit Ruth Fischer, Geschke und König in die Zentrale der KPD kooptiert. Thälmann war mitverantwortlich für den Hamburger Aufstand im Oktober 1923, doch spielte er bei dieser Revolte nicht die Rolle, die ihm eine spätere Geschichts- legende der SED glorifizierend zuschreibt. Im Januar 1924 stellvertretender Partei- vorsitzender, kam er auf dem Frankfurter Parteitag 1924 mit den Linken erneut in die Parteispitze der KPD. In die Zentrale und dann auch ins Polbüro gewählt, berief ihn der V. Weltkongreß der Komintern als Kandidat ins EKKI und ins EKKI-Präsi- dium. Die sowjetischen Führer umwarben ihn, 1924 bezeichnete Sinowjew die deut- schen Kommunisten Thälmann und Rem- mele als »das Gold der Arbeiterklasse«. 1925 wurde Thälmann als Kandidat der KPD für die Reichspräsidentenwahl popu- lär, als Führer des RFB wuchs sein Einfluß in der KPD. Thälmann verkörperte den ultralinken Kurs der KPD nicht weniger als Ruth Fi- scher. Das zeigt ein Brief, den er 1924 an Iwan Katz, den damaligen Vertreter der KPD bei der Komintern schrieb: »Lieber Iwan! Anbei übersende ich Euch ein Memo- randum, welches in je einem Exemplar ab- geschickt ist an Genosse Sinowjew, Stalin, 319 außerdem ans Sekretariat des EKKI. Hier versuchen die Rechten mit Bestimmtheit einen Laden aufzumachen und ich habe außerordentliches Material geschnappt, was Euch und der Delegation auch nützlich sein wird. Es kommt ferner hinzu, daß hier ver- sucht wird, mit anonymen Briefen führende Persönlichkeiten zu desavouieren. Sowohl in Hamburg über mich wie auch über Den- gel in Niederrhein, was mir soeben mit- geteilt wird, sind Beweise dafür. Keine, aber auch keine Konzessionen, sonst heißt es für mich, mit Lumpen, die die Partei zerschlagen wollen, nicht für die Revolution, sondern für die Evolution arbeite ich nicht zusammen. Haltet Euch gesund und grüßt alle von Euerm immer derselbe bleibenden Teddy.« Teddy, wie Thälmann genannt wurde, ging trotz solcher Töne im Frühjahr 1925 nicht mit den Ultralinken. Er war es schließlich, der nach der Absetzung von Fischer-Maslow als Parteivorsitzender die KPD leitete. In den folgenden Jahren wurde Thälmann nicht nur als Führer, sondern auch als Theoretiker des deutschen Kommunismus vorgestellt. Wie Stalin in Rußland, so sollte Thälmann in Deutschland der allseitige große Führer sein. Das mußte ihm, einem ehrlichen Arbeiter, der gefühlsmäßig zum Radikalismus neigte und der eher einem Provinzpolitiker als einem Parteiführer glich, zu Kopfe steigen. Seine früheren linken Fraktionsfreunde warfen ihm vor, er sei der »Held der linken Phrase, ein Opportunist reinsten Wassers, der an einer an Größenwahn grenzenden Einbildung leidet, unter Einfluß von Alko- hol nicht die geringsten Hemmungen kennt, und sich mit einem Stab politischer Chamä- leons umgeben« hat. Tatsächlich brachten ihn zwielichtige Freunde wie Wittorf oder Leow ja auch fast zu Fall. Thälmanns Versuch, Wittorfs Unterschla- gungen zu vertuschen, führten 1928 zu dem ZK-Beschluß, Thälmanns Funktion ruhen zu lassen. Thälmann willigte in alles ein, aber als Stalin ihn im Oktober 1928 wieder ein- 320 Thälmann/Thalheimer setzte, verstärkte sich sein ehrgeiziger Wunsch, der Parteiführer zu sein. Thälmann konnte sich bis 1933 als Führer der KPD halten, selbst Heinz Neumann stolperte über den Versuch, gegen ihn zu intrigieren. Es war Thälmanns persönliche Tragödie, daß er von der Komintern in eine Funktion gehoben wurde, der er geistig und politisch nicht gewachsen war. Am 3. März 1933 verhaftet, bewies er durch seine Standhaftigkeit im Gefängnis, die weder durch Folterungen noch durch Versprechungen zu erschüttern war, seine tapfere und ehrliche Natur. 1936 wurde ein Versuch, Thälmann aus Moabit zu be- freien, vom ZK der KPD in letzter Minute abgesagt. Thälmanns Bewacher, Moritz, insgeheim Kommunist, verübte Selbstmord, weil er sich entdeckt glaubte. Auch nach dem Stalin-Hitler-Pakt wurde Thälmann erstaunlicherweise nicht (wie Rakosi in Un- garn) nach Moskau ausgetauscht. 11V2 Jahre mußte Thälmann in Einzelhaft verbringen, zuerst in Moabit, dann in Han- nover und schließlich in Bautzen, bis er am 18. August 1944 in Buchenwald erschossen wurde. Thälmanns Frau Rosa starb 1962 als Partei- veteranin in Ost-Berlin, seine Tochter Irma ist SED-Mitglied. THALHEIMER, August, Dr. phil. (1884 bis 1948) Über seine Jugend schrieb Thalheimer selbst: »...geb. am 18. März 1884 als Sohn des Moritz Thalheimer, Kaufmannes zu Affaltrach, Oberamt Weinsberg, Würt- temberg und im jüdischen Glauben erzogen, bezog ich nach Absolvierung des Realgym- nasiums Stuttgart W. S. 1902/03 die Uni- versität München, zunächst als Angehöriger der medizinischen Fakultät; vom 2. Seme- ster (S. S. 1903) ab aber trat ich zur philo- sophischen Fakultät über, um mich der all- gemeinen Sprachwissenschaft, der Völker- kunde und den neueren Sprachen zu wid- men. Anfang August 1903 bis Ende März 1904 war ich in Oxford und London. Vom S. S. 1904 bis S. S. 1905 besuchte ich die Universität Berlin, wo ich am Kgl. Museum für Völkerkunde unter Leitung von Herrn Geheimrat Prof. Dr. v. Luschan praktischen ethnographischen Übungen oblag und ethno- graphische und anthropologische Vorlesun- gen hörte, auch bei Herrn Privadozent Dr. N. Finde, Steinthais Nachfolger, der all- gemeinen Sprachwissenschaft beflissen war. Von S. S. 1905/06 bis W. S. 1906/07 besuchte ich die Universität Straßburg i. E.« Thal- heimer promovierte 1907 zum Dr. phil. mit einem »Beitrag zur Kenntnis der Prono- mina personalia und possessiva der Spra- chen Mikronesiens«. 1904 Mitglied der SPD, wurde er 1909 Chefredakteur am radikalen Organ der SPD, der Göppinger »Freien Volkszeitung«. Thalheimer kam in Verbindung mit Radek, der Mitarbeiter seiner Zeitung wurde. 1912 Austritt aus der Redaktion, da eine Zu- sammenlegung mit revisionistischen Zeitun- gen erfolgte. Thalheimer gehörte zum linksradikalen Flügel der SPD, er war nicht nur mit den Württemberger Linken (Zetkin, Westmeyer usw)., sondern auch mit den Berlinern Lu- xemburg, Mehring, Liebknecht u. a. politisch und persönlich eng befreundet. Er schloß sich bei Kriegsausbruch sofort der »Gruppe Internationale« an, arbeitete an der ersten Nummer der »Internationale« mit und war Teilnehmer der 1. Reichskonferenz der Linken im Januar 1916 in Berlin. 1915/16 leiete er als Chefredakteur das Braun- schweiger SPD-Organ »Volksfreund« im Sinne der Spartakusgruppe. Als Liebknecht zur Zuchthausstrafe verurteilt wurde und sein Reichstagsmandat verlor, erklärte die- ser, als Nachfolger kämen nur Mehring oder Thalheimer in Frage. Nach dem großen Streik im Mai 1916 wurde Thalheimer zum Militär eingezogen. Er kam an die Front und wurde verwun- det. 1918 kehrte er nach Stuttgart zurück, kurz vor Ausbruch der Revolution noch verhaftet. Durch die Revolution befreit, Thalheimer 321 übersiedelte er nach Berlin, wurde in die Zentrale des Spartakusbundes aufgenom- men und auf dem Gründungsparteitag der KPD in die erste Zentrale der Partei ge- wählt. Er war für die theoretische Arbeit der Partei verantwortlich und wurde auf allen folgenden Parteitagen bis 1923 un- unterbrochen in die Parteizentrale berufen. Nach der Ermordung Rosa Luxemburgs galt er als der theoretische Kopf der KPD, er war Redakteur des theoretischen Organs »Internationale« und zeitweise Chefredak- teur der »Roten Fahne«. Thalheimer war 1921 einer der Begründer der »Offensiv- theorie«, die von Lenin getadelt wurde. Nach dieser linken »Entgleisung« blieb Thalheimer immer auf dem rechten Flügel der Partei. 1922 verfaßte er den Entwurf des Parteiprogramms der KPD und ging im Juni/Juli des gleichen Jahres als politi- scher Berater der KPF nach Frankreich. 1922/23 galt Brandler als politischer und Thalheimer als theoretischer Führer der KPD, so daß bis heute von der Brandler- Thalheimer-Führung gesprochen wird. Nach der Oktoberniederlage 1923 vertei- digte er zusammen mit Brandler die Taktik der Zentrale und wurde einer der Führer der Rechten, die auf dem Parteitag 1924 keinen Anhang mehr hatten. 1924 wurde Thalheimer polizeilich gesucht (Steckbrief: »1,70-1,75 groß, hohe Stirn, graue Augen, schwäbische Mundart«). Wie Brandler wurde auch er nach 1924 nach Moskau ge- rufen, wo er bis 1927 in einer Art »Ver- bannung« lebte. Thalheimer arbeitete am Marx-Engels-In- stitut, war Profesor an der Sun Yat-sen- Universität und gab damals das Buch »Ein- führung in den dialektischen Materialismus« (Wien-Berlin 1928), eine Zusammenfassung von Vorträgen, heraus. Im gleichen Jahr erschien: Thalheimer-Deborin »Spinozas Stellung in der Vorgeschichte des dialekti- schen Materialismus«. Da Thalheimers Frau (Tochter eines reichen Juweliers) Ende 1927 in Deutschland schwer erkrankte, das ZK inzwischen auch der Rückkehr von Brandler und Thalheimer nach Deutschland grundsätzlich zugestimmt hatte, durfte er im Mai 1928 nach Berlin fahren. Er hatte jedoch schon vorher ins- geheim mit Bucharin ausgemacht, daß er nicht mehr in die Sowjetunion zurückkom- men werde. In Deutschland sammelte er wieder die rechte Gruppe in der KPD um sich und war vor allem nach der Wittorf- Affäre aktiv. Im Januar 1929 aus der Kom- intern und der KPdSU, der er seit 1924 angehörte, ausgeschlossen. 1928/29 Mitbegründer der KPO, in deren Reichsleitung er führend tätig war und für die er verschiedene Schriften, darunter »Das Jahr 1923«, herausgab. Zusammen mit Brandler leitete er die KPO auch, nachdem sich die Minderheit unter Frölich-Walcher von ihr getrennt hatte und zur SAP gegan- gen war. Nach der Machtübernahme Hitlers emi- grierte Thalheimer auf Beschluß der KPO- Leitung, von Robert Siewert noch mit dem notwendigen Geld ausgestattet, nach Frank- reich. Bis Kriegsausbruch leitete er zusam- men mit Brandler die KPO in der franzö- sischen Emigration und in der deutschen Illegalität. Bei Kriegsausbruch internierten ihn die französischen Behörden. 1941 konnte er nach Kuba entkommen. Er lebte in Havanna und arbeitete an mehreren po- litischen Werken. Nach dem Kriege verweigerten ihm die Alliierten die Einreise nach Westdeutsch- land. Von Kuba aus gab er in den »Briefen aus der Ferne« der deutschen Gruppe »Arbeiterpolitik«, der Nachfolgeorganisa- tion der KPO, politische Ratschläge. 1946 verbreiteten seine Anhänger in Deutschland eine Broschüre, in der er das Potsdamer Ab- kommen kritisch beleuchtete (unter dem Pseudonym »Aldebaran«). Thalheimer starb am 19. September 1948 in Havanna. Seine Schwester, Bertha Schöttle- Thalheimer (geb. 17. März 1883; gest. 23. April 1959) war mit Ernst Meyer die Ver- treterin des Spartakusbundes auf den Kon- ferenzen von Zimmerwald und Kienthai im 322     Thalheimer/Thomas, Otto Ersten Weltkrieg, sie gehörte später eben- falls der KPD und dann der KPO an, sie lebte zuletzt in Stuttgart. THESEN, Matthias (1891-1944) Sohn eines katholischen Arbeiters, am 29. April 1891 in Ehrang bei Trier geboren; lernte Dreher. 1910 Mitglied der SPD. Wäh- rend des Krieges Soldat. 1917 Übertritt zur USPD. Nadi dem Kriege Übersiedlung ins Ruhr- gebiet, in verschiedenen Großbetrieben be- schäftigt. Mit dem linken Flügel der USP 1920 zur KPD. 1924 hauptamtlicher Unter- bezirks-Sekretär in Duisburg-Hamborn, von 1924 bis 1928 Mitglied der Stadtver- ordnetenversammlung in Hamborn. 1928 zog Thesen in den Reichstag ein, des- sen Mitglied er bis 1933 blieb. 1929 über- nahm er die Leitung des Unterbezirks Bochum und später des Unterbezirks Essen. In der illegalen KPD 1933 Oberberater für den Bezirk Wasserkante. Am 14. Septem- ber 1933 verhaftet, gefoltert, und im Fe- bruar 193^ zu 3V2 Jahren Zuchthaus ver- urteilt. Nach der Haftzeit erklärte er, daß er seine Weltanschauung nicht geändert habe, deswegen wurde er ins KZ gebracht, zuerst nach Papenburg, dann nach Sachsen- hausen. 1939 wurde er wegen »politischer Verfeh- lungen« im KZ nochmals zu vier Jahren Zuchthaus verurteilt, nach deren Verbüßung kam er erneut ins KZ Sachsenhausen. Zu- sammen mit 26 anderen Häftlingen, dar- unter Ernst Schneller, wurde Thesen am 11. Oktober 1944 von der SS erschossen. Wenige Tage zuvor hatte er in einem Brief an seine Frau geschrieben: »Besonders jetzt tu Deine Pflicht«; - Worte, die später im- mer wieder zitiert wurden. THOMAS, Otto (1886-1930) Sohn eines Kleinbauern, am 23. Januar 1886 in Heisterberg (Hessen) geboren; lernte Dreher, arbeitete in einer Drahtstiftfabrik. 1906 Mitglied der SPD. Ende 1910 Gewerk- schaftssekretär (»Arbeitersekretär«) in Hei- delberg, später in München. Während des Krieges in München Verbindung zu Eisner. Im März 1919 trat Otto Thomas in die KPD ein. Aktiv in der Münchner Räte- republik; ein Verfahren gegen ihn wegen Beteiligung an der Räterepublik wurde im November 1919 eingestellt. Thomas wurde Redakteur, dann Chefredakteur am KPD- Organ in München »Neue Zeitung«. 1920/21 nahm er Verbindung zu rechts- gerichteten Kreisen auf, vor allem zum »Bund Oberland«. Er schrieb in der »Neuen Zeitung« im Februar 1921 »natio- nalbolschewistische« Artikel, von denen sich die KPD offiziell distanzierte. Nachdem er Selbstkritik geübt hatte, blieb Thomas weiterhin Redakteur. Er behielt seine Verbindung zu den Rechtskreisen in Deutschland, die 1923 beim »Schlageter- Kurs« der KPD ausgenutzt wurden. 1924 bis 1926 lebte Thomas, in der KPD als Rechter verfemt, in Moskau. 1926 kam er als Chefredakteur an die »Neue Zeitung« nach Jena und wurde Mitglied der KPD-Bezirksleitung Thürin- gen. Im Mai 1926 wurden seine Artikel in der »Neuen Zeitung« von linken Partei- zeitungen (z. B. »HVZ«) als »reformistisch« angegriffen. In den Parteidiskussionen 1928 gehörte er zu den »Versöhnlern«; er wurde deswegen Anfang 1929 als Chefredakteur abgelöst. Er kam nach Berlin an die Zeitung des Münzenberg-Konzerns »Berlin am Mor- gen«. 1930 schrieb er dort Artikel, die eine Annäherung von Nationalisten und Kom- munisten anstrebten. In Erinnerung an den Schlageter-Kurs und die Radek-Rede hieß ein Artikel »Der Wanderer ins Nichts«. Thomas starb am 19. Oktober 1930. Nicht nur die KPD-Presse widmete ihm Nach- rufe. Im »Sächsischen Beobachter«, dem Organ des Strasser-Flügels der National- sozialisten, schreib Mossakowski: »So stehen auch wir vor seiner Gruft und senken grü- ßend die Standarte.« Thomas, Wendelin/Tiedt     323 THOMAS, Wendelin (1884-?) Geboren am 21. Juni 1884 in Diedenhofen (Lothringen); ging nach der Schulentlassung zunächst als Schiffsjunge, später als Matrose zur See. 1910 ließ er sich als Schiffsbauer in Hamburg nieder, im gleichen Jahr Mit- glied der SPD. 1914 bis 1918 Matrose bei der Kriegsmarine, zuletzt Signalmaat auf der »Wilhelms- haven«. 1918 im 21 er Ausschuß der revo- lutionären Matrosen, er schloß sich der USPD an. Im September 1919 kam er als Redakteur an das USP-Organ »Volkswille« nach Augsburg. Im Juni 1920 zog er für die USPD in den Reichstag ein. Im Sommer 1920 wurde seine Gefährtin, die Schauspielerin Gabriele Mahnke, als Polizei- spitzel und Provokateur entlarvt. Die USP sprach Thomas jedoch von jedem Verdacht frei, und erklärte, er sei nicht kompromit- tiert. Ende 1920 ging Thomas (Delegierter des Spaltungsparteitags) mit der linken USP zur KPD. Obwohl er als Reichstags- abgeordneter immun war, verurteilte ihn im April 1921 ein bayerisches Gericht we- gen »Anreizung zum Klassenkampf« zu zwei Jahren Gefängnis. Von April bis Ok- tober 1921 in Haft, mußte er auf Verlangen des Reichstags freigelassen werden. 1923 war Thomas aktiv an den Aufstands- vorbereitungen beteiligt. Im Mai 1924 zog er nochmals für die KPD in den Reichstag ein, wurde aber im Dezember nicht mehr ins Parlament gewählt und mußte nunmehr illegal leben. Er übte verschiedene Partei- funktionen aus. Von 1925 bis 1928 war er für die Komintern im Ausland tätig. Nach- dem er wieder nach Deutschland zurück- gekehrt war, wurde er am 2. Oktober in Hamburg verhaftet, später amnestiert. Vor 1933 trennte er sich von der KPD und trat politisch nicht mehr hervor. Nach 1933 emigrierte Thomas, er lebte zu- letzt in den USA. TIEDT, Karl (1881-1938) Am 23. Juni 1881 in Rostock geboren, ent- stammte einer bürgerlichen Familie und be- suchte das Gymnasium. 1897 trat er der Gewerkschaft und 1899 der SPD bei. Spä- tere Vorwürfe, zeitweise als Wanderredner des Reichsverbandes gegen die Sozialdemo- kratie tätig gewesen zu sein, wies er scharf zurück, doch seine Jugend blieb im Dunkel. Tiedt war Kriegsteilnehmer und wurde schwer verwundet. 1917 ging er zur USPD über und kam 1920 mit deren Mehrheit zur KPD. Seit 1919 Vorsitzender des von ihm ins Leben gerufenen »Internationalen Bundes der Kriegsbeschädigten und Körper- behinderten«, eines linken Gegenstückes zum »Reichsbund der Kriegsbeschädigten«. Seit 1924 gab er auch das »Internationale Kriegsopfer-Bulletin« heraus. In der KPD gehörte er zum linken Flügel. Als Nachfolger des verstorbenen KPD- Abgeordneten Eichhorn kam Tiedt im Au- gust 1925 in den Reichstag. 1925 begann er auch mit der Herausgabe der Zeitschrift »Die Ehelosen«. Nach dem »Offenen Brief« im September 1925, agitierte er in seiner Kriegsopfer-Organisation gegen die neue Linie der KPD und vertrat den Stand- punkt der linken Opposition. Das ZK forderte ihn im August 1926 auf, diese Fraktionsarbeit einzustellen und außerdem seine Zeitschrift »Die Ehelosen« aufzugeben, da sie amoralisch sei und die Anzeigen den Bestand der Kuppelei erfüll- ten. Tiedt hatte 48 Stunden Bedenkzeit, trat nach 24 Stunden aus der KPD aus und wurde formal am 19. August 1926 aus der Partei ausgeschlosen. Im Reichstag schloß er sich der Gruppe der linken Kommunisten an und erklärte, daß seltsamerweise die sich »Freiheitskämpfer von Beruf nennenden Kommunisten« gegen seine »freiheitlichen« moralischen Ansich- ten stünden. Er trat dann auch wieder aus der Gruppe der linken Kommunisten aus und war 1927/28 parteiloser Abgeordneter im Reichstag. Der KPD gelang es, 1927 die Mehrheit des Verbandes der Kriegsopfer zu gewinnen. Tiedt trat mit einer Minderheit aus und gründete einen bedeutungslosen 324 Tiedt/Torgler Sonderbund. In der Politik spielte er keine Rolle mehr. Tiedt starb am 18. November 1938 in Ber- lin-Tiergarten. TITTEL, Hans (geb. 1894) Als Sohn einer kinderreichen Arbeiterfamilie am 1. September 1894 in Striesen b. Dres- den geboren, lernte Steindrucker. 1909 Mit- glied der Gewerkschaft und der Sozialisti- schen Jugend, 1912 der SPD. Vor dem Kriege lebte er in Stuttgart, gehörte zur der radikalen Westmeyer-Gruppe. Nach Kriegs- ausbruch aus der SPD ausgeschlossen. Ende 1914 wegen Antikriegspropaganda und Verbindung mit dem Internationalen Sozialistischen Jugendkongreß in Bern, zu- sammen mit Clara Zetkin, Fritz Westmeyer und Georg Dietrich verhaftet. Acht Monate inhaftiert, danach zum Militär eingezogen. Er hatte Verbindung zu den Bremer Links- radikalen und war Mitbegründer der KPD (Delegierter des Gründungsparteitages). Teilnehmer der ersten KPD-Parteitage 1919 und 1920, auf dem IV. Parteitag zum Schriftführer gewählt. Vom V. bis VII. Par- teitag 1920/23 Mitglied des ZA der KPD. Ab Ende 1919 Polleiter des KPD-Bezirks Württemberg. Auf dem V. Parteitag 1920 wandte er sich als Vertreter Württembergs gegen den »bürokratischen Zentralismus«. Tittel stand auf dem rechten Parteiflügel, und die »Stuttgarter Forderungen« von 1922 (von den Berliner Linken als »rechte Schweinerei« bekämpft) wurden von ihm inspiriert. Der VIII. Parteitag wählte ihn in die Revisionskommission. 1923 versuchte die Zentrale, ihre Position in den zwei Be- zirken Berlin und Thüringen zu verstärken. So wurde Tittel 1923 als Polleiter nach Thüringen entsandt und dort auch gewählt. Nach der Oktoberniederlage am 23. No- vember 1923 verhaftet, war er bis Mitte 1924 in Schutzhaft, dann als Kandidat zur Landtagswahl freigelassen. Nach dem Frankfurter Parteitag 1924 von Ruth Fi- scher politisch ausgeschaltet, kam Tittel als Redakteur der »Roten Hilfe« nach Berlin. Ende 1924 als Beobachter eines Prozesses gegen Kommunisten in Freiburg (Baden) kurz verhaftet. 1926 leitete er das Pressebüro der KPD in Berlin. Ende 1926 wieder als Polleiter nach Thüringen berufen. Im Januar 1927 in den Thüringer Landtag gewählt, nahm er im gleichen Jahr am XL Parteitag teil. 1928 delegierte ihn der Bezirk Thüringen zum VI. Weltkongroß der Komintern, er war der einzige Vertreter der Rechten. Bei den Auseinandersetzungen 1928/29 wurde Tittel als führender Rechter sdion Ende 1928 aus der KPD ausgeschlossen. Viele Personen und Gruppen der KPD in Thüringen solidarisierten sich aber mit ihm. Die von Tittel mitbegründete KPO war in Thüringen relativ stark. Tittel wurde zu- sammen mit Böttcher Redakteur der »Ar- beiterpolitik« und gehörte zur Reichslei- tung der KPO, in der er bis 1933 führend war. Nach dem Reichstagsbrand blieb er als Lei- ter des Berliner Komitees der Opposition noch einige Zeit illegal in Deutschland, dann emigrierte er in die Tschechoslowakei, Redakteur der »Arbeiterpolitik« in Asch. 1938 Flucht nach Frankreich. 1939 aus der KPO ausgeschieden. Bei Kriegsausbruch bis 1941 in Vernet interniert, konnte er dann in die USA entkommen. 1962 kehrte Tittel nach Deutschland zurück. Er lebte 1969 in Nürnberg, ist Mitglied der SPD. TORGLER, Ernst (1893-1963) Am 25. April 1893 in Berlin geboren, Sohn eines städtischen Arbeiters; besuchte die kauf- männische Fachschule in Berlin und arbei- tete dann als kaufmännischer Angestellter. Die Armut der Familie verhinderte die Er- füllung seines Wunsches, Lehrer zu werden. 1907 Mitglied der Sozialistischen Jugend, 1910 der SPD und Gewerkschaft. 1914 Soldat, bis 1916 Infanterist, dann Fliegerfunker an der Front. Bildungshung- Torgler/Tunkel 325 rig verbrachte er jede freie Minute mit Le- sen, besuchte im Urlaub in Berlin die Bil- dungskurse von Borchardt und die Vorträge von Däumig. 1917 Übertritt zur USPD. Bei Ausbruch der Revolution in Neuruppin Vorsitzender des Arbeiter- und Soldaten- rates. Nach Berlin zurückgekehrt, arbeitete Torgier wieder als Angestellter, er war ak- tiv in der USP. Mit dem linken Flügel dieser Partei ging er 1920 zur KPD. Dele- gierter auf dem Vereinigungsparteitag. 1921 in Berlin Bezirksverordneter und ehren- amtlicher Stadtrat, Mitglied der KPD-Be- zirksleitung Berlin-Brandenburg. Seit 1922 hauptamtlicher Sekretär der KPD, 1923 Sekretär der BL, vorübergehend Schulungs- leiter in Berlin. Im Dezember 1924 als Ab- geordneter in den Reichstag gewählt. Er gehörte dem Reichstag ununterbrochen bis 1933 an, ab 1929 war er Fraktionsführer der KPD. Torgier war ein fast pedantischer, ernster Mensch, der typische deutsche Angestellte. Obwohl er innerhalb der Parteiorganisation keine überragende Rolle spielte und niemals Mitglied des ZK war, wurde er als Frak- tionsführer einer der bekanntesten Kommu- nisten in Deutschland. Ursprünglich sympa- thisierte er mit der linken Opposition, blieb aber als »Parlaments-Fachmann« immer auf der Linie des ZK. Es charakterisiert Torgier, daß der deutsch- nationale Vizepräsident des Reichstages, Gräf, sich in der Sitzung vom 27. Januar 1928 mit der Bemerkung an Torgier wandte: »Herr Abgeordneter Torgier, Sie sind doch ein besonnener Mann. Idi bitte Sie, doch Ihre Kollegen im Zaum zu hal- ten.« Bis 1933 arbeitete Torgier aktiv als KPD- Parlamentarier. Nach dem Reichstagsbrand rückte er in das Licht der Öffentlichkeit. Die Nazis verdächtigten ihn, an der Brand- stiftung beteiligt gewesen zu sein. Darauf- hin stellte er sich freiwillig der Polizei, um seine Unschuld zu beweisen. Er wurde einer der Hauptangeklagten im Reichstagsbrand- Prozeß. Sein 15jähriger Sohn sagte im Ge- genprozeß in London aus. Der Ankläger im Reichstagsbrandprozeß beantragte für Torgier die Todesstrafe. Torgier, im Ge- fängnis monatelang an Händen und Füßen gefesselt, verteidigte sich, aber auch seine politischen Anschauungen. Das bezeichnete der »Völkische Beobachter« als »unklug«, da er »besser seine Person verteidigt« hätte. Das Leipziger Reichsgericht mußte Torgier »mangels Beweisen« trotz aller Versuche der NSDAP am 23. Dezember 1933 freispre- chen. Torgier wurde in »Schutzhaft« genommen und war bis November 1936 im KZ. Einige SA-Führer versuchten, ihn für die NSDAP zu gewinnen. Die KPD hatte ihn 1935 aus der Partei ausgeschlossen und ihm vor- geworfen: 1. sich gegen den Willen der Partei »freiwillig dem Faschismus ausgelie- fert« zu haben, weil er sich 1933 stellte; 2. vor Gericht nicht die Parteianweisungen durchgeführt zu haben und 3. den National- sozialisten Sack als Verteidiger gewählt zu haben. Auch habe er in dem Pro- zeß seine Person und nicht die KPD verteidigt. Torgier arbeitete als Vertreter der Firma Electrolux. Die SED schreibt heute, daß aus den Akten des Propagandaministeriums klar hervorgehe, daß Torgier 1939/40 ein von Goebbels bezahlter Mitarbeiter am deutschen Geheimsender »Humanite« ge- gen Frankreich gewesen sei. Torglers Sohn fiel 1943 als Soldat in Rußland. Das Ende des Krieges erlebte Torgier als Grundstückrevisor der Haupttreuhandstelle Ost in Bückeburg. Er trat 1949 der SPD bei und wurde Angestellter der Gewerk- schaft ÖTV in Hannover. Seit Jahren durch einen Schlaganfall teilweise gelähmt und schwerkrank, starb er am 19. Janaur 1963 in Hannover. TUNKEL, Rudolf (1898-?) Geboren am 18. April 1898 in Zülz (Ober- schlesien), arbeitete nach der Volksschule als Landarbeiter, später Bergmann. 1922 Mit- 326 Tunkel/Ulbricht glied der KPD, für die er verschiedene Funktionen ausübte. 1927 Sekretär des »Bundes schaffender Landwirte« in Schlesien. 1929 in der zen- tralen Leitung dieses kommunistischen Bauernbundes in Berlin. 1928 zog er als Abgeordneter in den preußischen Landtag ein. Er wurde 1932 nicht wiedergewählt. Weitere Daten seines Lebenslaufs ließen sich nicht ermitteln. ULBRICHT, Walter (geb. 1893) Als Sohn eines Schneiders und sozialdemo- kratischen Funktionärs am 30. Juni 1893 in Leipzig geboren, besuchte der damals zu- rückhaltende, fast scheue Walter Ernst Paul Ulbricht die Volksschule in Leipzig. Mit 15 Jahren trat er der Sozialistischen Jugend bei. Er lernte das Tischlerhandwerk und ging nach Abschluß der Lehre im Mai 19 ii auf Wanderschaft, zunächst durch Sachsen, dann über Böhmen, Österreich nach Italien und zurück in die Schweiz. Ein Jahr später kehrte er über Belgien, Holland und Norddeutschland nach Leipzig zurück. 1912 in Leipzig Mitglied der SPD. Nach Kriegsausbruch Anhänger der Gruppe Lieb- knecht in Leipzig, die von Georg Schumann geleitet wurde. 1915 zur Infanterie eingezo- gen, kam Ulbricht nach Galizien und auf den Balkan. Tischler in der Stellmacherei der Truppe. Im Frühjahr 1918 vom Balkan an die Westfront kommandiert. Bei der Fahrt durch Sachsen desertierte er, wurde gefaßt und zu zwei Monaten Gefängnis verurteilt, aber zur Bewährung nach Bel- gien versetzt. Im November 1918 kehrte er nach Leipzig zurück, schloß sich nach Gründung der KPD der Partei an. Er arbeitete nicht mehr als Tischler, sondern als Markthelfer. Die meiste Zeit widmete er der Parteiarbeit, bis er schließlich 1920 hauptamtlicher Funktionär der KPD wurde. 1920 Redak- teur an der Parteizeitung in Halle. 1921 mit der Waffenbeschaffung für die März- aktion beauftragt. Im April 1921 schickte ihn die Zentrale als Parteisekretär nach Thüringen, im Juni 1921 zum politischen Sekretär der BL Thüringen gewählt. Auf dem Jenaer Parteitag der KPD 1921 erst- mals Parteitagsdelegierter. Als Polleiter eines KPD-Bezirks war Ulbricht in die zweite Reihe der Funktio- näre aufgerückt. Doch gehörte er im ersten Jahrzehnt des Bestehens der KPD noch keineswegs zur engeren Spitzenführung die- ser Partei. Ulbricht war ein Funktionär des Apparates; ohne Rednergabe, kein Schrift- steller, versuchte er auf organisatorischem Gebiet, seiner eigentlichen Stärke, voranzu- kommen. Er gehörte der jeweils herrschen- den Parteirichtung an. 1923 zählte Ulbricht zu den Anhängern Brandlers, er wurde auf dem VIII. Parteitag 1923 erstmals in die Zentrale der KPD gewählt. Bei den Vor- bereitungen des »Oktober« 1923 erhielt Ulbricht seine erste bedeutende Funktion, er wurde Organisationsleiter des »Revko«, des Revolutionskomitees, wieder mit der Waffenbeschaffung betraut. Nach der Niederschlagung des geplanten Aufstandes 1923 schwenkte Ulbricht zur Mittelgruppe über. Da er polizeilich gesucht wurde, mußte er illegal leben. Man beauf- tragte ihn mit dem Umbau der Partei auf »Betriebszellen«; was bald sein Haupt- anliegen wurde und ihm den Spitznamen »Zelle« eintrug. Ulbricht, der sich fest der Mittelgruppe an- geschlossen hatte, wurde von dem Sieg der Linken (Ruth Fischer, Maslow, Thälmann) auf dem Frankfurter Parteitag überrascht: Er wurde nicht mehr in die Zentrale ge- wählt. Obwohl er polizeilich gesucht wurde, weigerte sich der Parteitag, ihn auf die Liste der Wahlkandidaten zum Reichstag zu setzen. Die neue Zentrale schob ihn nach Moskau ab. Nach einem kurzen Besuch der Kominternschule wurde er als Instrukteur der Komintern im September 1924 nach Wien geschickt. Mit einem falschen Paß (auf den Namen Stephan Subkowiak) am 24. September 1924 von der Wiener Fremden- Ulbricht/Ullrich, Lisa 327 polizei festgenommen. Ein Gericht verur- teilte ihn am 4. November 1924 zu vier Wochen Kerker. Er erhielt nach einer Revi- sionsverhandlung am 8. Dezember sogar zwei Monate Kerker und wurde nach der Haft des Landes verwiesen. Die Komintern entsandte Ulbricht als In- strukteur nach Prag. Nach dem »Offenen Brief« kam er im Oktober 1925 wieder nach Deutschland zurück. Er übernahm Funktionen in der Gewerkschaftsabteilung, später in der Agitprop- und schließlich in der Orgabteilung des ZK. 1926 zog er als Abgeordneter in den Sächsischen Landtag ein. Der XL Parteitag 1927 wählte ihn zum Mitglied des ZK. Auf dem VI. Weltkongreß der Komintern 1928 als Kandidat ins EKKI-Präsidium berufen. Nach der Wittorf-Affäre im Jahre 1928 Vertreter der KPD beim EKKI, kam er im Februar 1929 nach Deutschland und wurde als Nachfolger des gemaßregelten Pieck Polleiter des Bezirks Berlin-Brandenburg. Von 1928 bis 1933 gehörte er ununterbro- chen dem Reichstag an. Der Weddinger Parteitag 1929 berief Ulbricht wieder ins ZK und auch ins Polbüro. Nach der Verhaftung Thälmanns 1933 ge- hörte Ulbricht neben Schehr und Schubert zu den Anwärtern auf den Parteivorsitz. Die Dezimierung der KPD-Führung durch Hitler und dann durch Stalin, machte ihn zum Führer des deutschen Kommunismus. Im Politbüro trat er seit 1934 für eine Revision der ultralinken Politik ein (zu- sammen mit Pieck). Nadi der Schwenkung der Komintern und der Änderung der Par- teilinie gelang es ihm 1935, an die Partei- spitze zu kommen. Zwar wurde Pieck Par- teivorsitzender, doch der mächtigste Mann in der Emigrations-KPD war Ulbricht. Ab 1933 lebte Ulbricht in Frankreich, 1937 kam er in die Sowjetunion. Er überstand die Säuberungen unbeschadet und übernahm während des Krieges den Aufbau des Nationalkomitees »Freies Deutschland«. Am 1. Mai 1945 kehrte er mit seiner »Gruppe Ulbricht« als erster Emigrant aus der So- wjetunion nach Berlin zurück und baute die KPD neu auf. Seither gehört er ununter- brochen allen Spitzenführungen der KPD und dann der SED an, wurde General- sekretär (heute »Erster Sekretär«) der SED und nach Piecks Tod Staatsratsvorsitzender der DDR. Ullbricht ist also der führende Politiker und Staatsmann der DDR. Er wur- de mit allen Orden und Ehrenzeichen der DDR ausgezeichnet. ULLRICH, Arthur (geb. 1894) Am 26. März 1894 in Görlitz geboren; Mechanikerlehre. Während des Weltkrieges Soldat. 1919 Mitglied der USP, 1920 mit der linken USP zur KPD. 1923 wurde Ull- rich Führer der KPD in Görlitz, Kandidat bei Landtags- und Reichstagswahlen. 1926 Mitglied der BL Schlesien, als Elektriker beschäftigt, ab 1929 hauptamtlicher Funk- tionär, vom XII. Parteitag 1929 als Kandi- dat ins ZK gewählt. Bis 1933 für die KPD in Schlesien aktiv, wurde bei den März- wahlen 1933 noch als Abgeordneter ge- wählt. 1933 festgenommen und ins KZ überführt, zunächst in Dürrgoy, dann in Esterwegen inhaftiert. 1935 aus dem KZ entlassen wurde er im August 1938 erneut verhaftet und war bis 1945 in den KZs Dachau und Buchenwald. 1945 wieder Funktionär der KPD, dann der SED, zunächst in Görlitz, dann in Dresden. 1949 1. Vorsitzender der Landes- Partei-Kontrollkommission Sachsen, später des Bezirks Dresden, 1957-1963 gleich- zeitig Mitglied der BL Dresden, seither Parteiveteran. 1955 mit dem »Vaterländi- schen Verdienstorden« in Silber, im Mai 1965 in Gold und im Februar 1969 mit dem »Karl-Marx-Orden« ausgezeichnet. Ullrich lebte 1969 als Parteiveteran in Dresden. ULLRICH, Lisa (geb. 1900) Am 12. August 1900 in Odessa als Kind deutscher Eltern - der Vater war Schrift- 328 Ullrich, Lisa/Unger, Frieda setzer - geboren. Sie kam schon vor dem Krieg nach Berlin und lernte Schneiderin. Ab 1918 Arbeiterin, in der Bekleidungs-, Metall- und Elektroindustrie beschäftigt. Ende 1920 Eintritt in die KPD, zunächst ehrenamtliche Funktionen, in der Frauen- arbeit und im Roten Frauen- und Mädchen- bund tätig. 1927 Absolvierung eines 4-Wochen-Lehrganges der KPD-Partei- schule. 1928 hauptamtliche Mitarbeiterin in der Frauenabteilung des ZK. Im Juli 1932 als Reichstagsabgeordnete gewählt. Nadi 1933 illegale Arbeit. 1934 verhaftet und am 20. Januar 1935 zu drei Jahren Zuchthaus verurteilt. Im Frauenzuchthaus Jauer eingekerkert, nach Ablauf der Haft- zeit im Frauen-KZ Moringen eingesperrt. 1945 trat sie wieder der KPD bzw. SED bei. Nachdem sie 1948 einen Halbjahres- kurs der SED-Parteihochschule »Karl Marx« besucht hatte, kam sie als Mitarbei- terin in das Ministerium für Land- und Forstwirtschaft, wo sie bis 1964 tätig war. Lisa Ullrich ist Trägerin des »Vaterländi- schen Verdienstordens« in Silber, sie lebte 1969 als Parteiveteranin in Ost-Berlin. UNFRIED, Emil (1892-1949) Am 21. April 1892 in Untergrönningen (Württemberg) geboren, Sohn eines Kondi- tors; lernte Mechaniker. Er kam nach Stutt- gart, wo er sich 1912 der SPD anschloß und während des Krieges (den er zeitweise als Soldat mitmachte) zur Spartakusgruppe stieß. Bei Gründung trat er der KPD bei und wirkte bis 1921 in Stuttgart als haupt- amtlicher Sekretär für die Landarbeit der KPD. 1920 auch Wanderredner der KPD. Bis 1923 nahm Unfried an fast allen Par- teitagen teil. 1921 kam er als Sekretär für Landarbeit in die Zentrale der KPD nach Berlin. In dieser Funktion blieb er bis Mitte 1924. Der Leipziger Parteitag 1923 wählte ihn in die Gewerkschaftskommission. Da Unfried zum rechten Parteiflügel zählte, wurde er im August 1924 abgelöst. Er kam kurze Zeit darauf in den »Münzenberg- Konzern«, wo er die Filmabteilung über- nahm und bis 1933 als Fachmann für Film- fragen arbeitete. Seine Frau Lina war eine Schwester von Karl und Ernst Becker. Nadi 1933 konnte Unfried als Filmkauf- mann bei bürgerlichen Firmen Weiterarbei- ten, er kam sogar als Vertreter Deutsch- lands zur Pariser Weltausstellung 1937. Bis 1945 lebte er in Berlin, er hatte sich von der Politik zurückgezogen. Nadi 1945 wieder Mitglied der KPD, Ende 1945 jedoch von der sowjetischen Besat- zungsmacht verhaftet. Unfried kam am 16. Juni 1949 im Lager Sachsenhausen ums Le- ben. UNGER, Frieda (1888-?) Frieda Eckert wurde als Kind eines Klein- bauern am 9. Juli 1888 in Schopfheim (Baden) geboren. Nadi der Schulentlassung Dienstmädchen. 1910 heiratete sie den Maurer Karl Unger, der in der SPD aktiv war. 1911 Mitglied der SPD, 1917 der USPD. Sie wurde eine der Führerinnen der USP in Südbaden und Stadtverordnete in Lahr. 1921 Abgeordnete der USP (die zwei Sitze hatte) im badischen Landtag, dem sie bis 1925 angehörte. 1922 Übertritt zur KPD. Im September/Oktober 1923 spielte Frieda Unger bei den Aufstandsversuchen in Mit- telbaden eine führende Rolle. Sie wurde verhaftet und konnte im November mit Hilfe ihres Mannes, Karl Unger, der eben- falls in der KPD wirkte, wieder fliehen. Kurze Zeit darauf wieder verhaftet, wurde sie bis Mai 1924 in Untersuchungshaft ge- halten, obwohl sie dem Landtag angehörte. 1925 nicht mehr in den Landtag gewählt. Im Mai 1926 stand sie als Angeklagte vor dem Reichsgericht in Leipzig und wurde wegen ihrer Tätigkeit beim Aufstand 1923 zu 2V2 Jahren Zuchthaus verurteilt. »Har- tes Urteil - natürlich gegen eine Kommuni- stin«, kommentierte der sozialdemokrati- sche »Vorwärts«. 1927 aus dem Zuchthaus entlassen, spielte sie in der KPD keine Rolle Unger, Frieda/Urbahns 329 mehr. 1930 übersiedelte sie - inzwischen von Unger geschieden und als Frieda Haas wieder verheiratet - nach Berlin. Weitere Daten ihres Lebenslaufs ließen sich nicht ermitteln. UNGER, Otto (1893-1937?) Am 5. September 1893 in Böllberg (Krs. Halle) geboren; lernte Buchhändler, arbei- tete in sozialistischen Buchhandlungen. Vor dem Weltkrieg Übersiedlung nach Berlin, dort in der Sozialistischen Jugendbewegung aktiv. 1912 Mitglied der SPD. Während des Krieges Anhänger der Spartakusgruppe, für sie in der Jugendbewegung tätig. 1919 Mitglied der KPD, Geschäftsführer des Ver- lags »Junge Garde«, des Organs der Kom- munistischen Jugend. Seit 1921 im ZK des KJVD, war er längere Zeit für die Schu- lung des KJV verantwortlich. Auf dem IV. Weltkongreß der Komintern referierte er über Jugendfragen. Unger war auch schriftstellerisch tätig, er schrieb Broschüren; von ihm stammt z. B. der Beitrag über die Kommunistische Ju- gendinternationale im »Jahrbuch für Wirt- schaft, Politik und Arbeiterbewegung« 1923/24, und er verfaßte auch Gedichte. 1926 Delegierter der Tagung des EKK1, Abgeordneter des Provinziallandtages von Merseburg. Im gleichen Jahr von Berlin nach Hamburg versetzt, in der BL Wasser- kante zunächst Orgleiter, dann ab Ende 1926 Agitprop-Sekretär. Während der Aus- einandersetzungen 1928 gehörte Unger zu den »Versöhnlern«; er wurde im Novem- ber 1928 aus seiner Funktion entlassen und nach Halle versetzt. Später arbeitete Unger in der Moskauer »Verlagsgenossenschaft ausländischer Arbeiter in der UdSSR«. Er wurde 1937 verhaftet und verschwand als Opfer der Stalinschen Säuberungen. URBAHNS, Hugo (1890-1946) Als Sohn einer Bauernfamilie am 18. Fe- bruar 1890 in Lieth (Süder-Dithmarschen) geboren, besuchte die Mittelschule in Heide (Holstein), eine Präparandenanstalt und das Lehrerseminar in Segeberg und Ton- dern. Seit Februar 1910 Volksschullehrer im Kreis Hadersleben, Wesselburen und in Hamburg. Bei Kriegsausbruch meldete er sich freiwillig und kam an die Front. Als Tbc-Kranker wurde er noch vor Kriegsende entlassen, lebte als Oberlehrer in Hamburg. 1912 Verbindung zu sozialistischen Kreisen, aber nicht Mitglied der SPD. Nach der Re- volution trat er dem Spartakusbund und bei Gründung der KPD bei. Er übernahm zunächst verschiedene ehrenamtliche Funk- tionen und blieb bis 1921 Lehrer. Anfang 1920 in die KPD-Bezirksleitung Wasserkante aufgenommen. KPD-Delegier- ter auf dem Vereinigungsparteitag mit der USPD im Dezember 1920. Urbahns, als »blonder Recke“ der typische Friese, war nun neben Thälmann, der mit der USP zur KPD gekommen war, Führer der Partei an der Wasserkante. Zwischen den beiden so verschiedenen Personen gab es zwar manche eifersüchtige Reiberei, aber beide gehörten in der KPD zum linken Flügel. Urbahns wurde 1921 Parteisekretär des Be- zirks Wasserkante, er war bis 1923 Polleiter dieses wichtigen Bezirks. Von 1921 bis 1924 waren er und Thälmann die Vertreter des Bezirks im Zentralausschuß der KPD. Ab 1921 gehörte Urbahns auch der Hamburger Bürgerschaft als Abgeordneter an, war 1922 deren Schriftführer und blieb bis 1927 in diesem Parlament. Während des Hamburger Oktoberaufstan- des 1923 spielte Urbahns als Parteisekretär eine wichtige Rolle. Er kam von der Chem- nitzer Konferenz zurück und mußte fest- stellen, daß durch ein Mißverständnis der Aufstand begonnen worden war. Er sorgte nun für einen geordneten Rückzug. Am 13. Januar 1924 verhaftet und als Lei- ter des Aufstandes festgehalten, obwohl er im Mai 1924 (und auch wieder im Dezem- ber 1924) als Abgeordneter in den Reichs- tag gewählt wurde. Er blieb ein Jahr in Untersuchungshaft und stand im Januar 330 Urbahns/Urban 1925 als Hauptangeklagter wegen des Ham- burger Aufstandes vor Gericht. Er erklärte, daß er als damaliger Polleiter des Bezirks Wasserkante verantwortlich sei: »Ich über- nehme die volle politische Verantwortung.« Urbahns verteidigte sich mutig und machte vor dem Gericht Propaganda für die KPD. Er schloß mit dem Ruf: »Lieber im Feuer der Revolution verbrennen, als auf dem Misthaufen der Demokratie ver- faulen!« Die KPD feierte ihn und seine Prozeß- führung. Selbst Stalin sagte später, als er Urbahns schon als »Feind« bekämpfte: »Ich habe für Genossen Urbahns als Revo- lutionär größte Achtung. Ich bin bereit, ihm für seine gute Haltung vor Gericht meine Hochachtung zu bekunden.« Urbahns wurde im Prozeß zu zehn Jahren Festung verurteilt. Am 26. Oktober 1925 kam er frei, da der Reichstag auf seiner Immunität bestanden hatte. Auf dem X. Parteitag 1925 war Ur- bahns in Abwesenheit in das linke ZK der KPD gewählt worden. Er kam nun nach dem »Offenen Brief« in Freiheit. Auf der 1. Parteikonferenz im Oktober 1925 ju- belnd begrüßt, obwohl er sich in einer Stel- lungnahme aus der Festung zur Ruth Fi- scher-Führung bekannt hatte. Urbahns kam ins ZK und lebte in Berlin, vertrat aber von Anfang an den Stand- punkt der linken Opposition. Er nahm im März 1926 am erweiterten EKKI teil (dort sprach ihm Stalin das oben erwähnte Lob aus). Beim ersten Versuch die Grenze zu überschreiten, war er an der Grenze ver- haftet worden. Kurz vor seiner Abfahrt soll das Berliner Polizeipräsidium durch einen anonymen Anruf aus dem ZK der KPD erfahren haben, daß und mit welchem (falschen) Paß Urbahns unterwegs war. An- geblich sollen nur Dahlem, Ulbricht und Schneller über seine Fahrt Bescheid gewußt haben. Dieser Vorfall erhitzte die inner- parteiliche Diskussion. Im August 1926 stimmte Urbahns gegen den Ausschluß von Ruth Fischer und Maslow. Er unterschrieb im September des gleichen Jahres den »Brief der 700«. Am 5. November 1926 schloß die KPD auch Urbahns aus ihren Reihen aus. Er war die treibende Kraft bei der Organisierung der linken Opposition. 1928 wurde er Füh- rer und Mitbegründer des »Leninbundes«, den er auch nach dem Ausscheiden von Ruth Fischer, Maslow und Scholem als poli- tischer Kopf bis 1933 weiterführte. Zu- nächst griff er die KPD von links an, nach der ultralinken Wendung setzte er sich vor 1933 besonders für eine Einheitsfront gegen den Faschismus ein. 1933 mußte Urbahns, da er besonders scharf gegen die Nazis aufgetreten war, emigrieren. Er kam zuerst in die Tschecho- slowakei, dann nach Schweden, wo er unter sehr kümmerlichen Verhältnissen lebte. Er hungerte sich die erste Zeit durch, dann bastelte er eine Sägemaschine, um den Bauern das Holz zu sägen. Während der Schauprozesse setzte die sowjetische Regie- rung Schweden unter Druck, Urbahns aus- zuweisen, doch wollte ihn kein Land auf- nehmen. Nach dem Krieg lehnte er die Rückkehr nach Deutschland ab. Er starb am 16. No- vember 1946. Seine Freunde veröffentlichten im SED-Organ »Neues Deutschland« eine Todesanzeige in der es hieß: »Sein gerader und aufrechter Charakter, sein aufrechtes Streben für die Arbeiterklasse lassen ihn uns unvergessen sein .. . Arbeiten wir weiter in seinem Sinne.« URBAN, Hans (1895-1925) 1895 in Mitteldeutschland geboren; lernte Schlosser. Nahm als Soldat am Kriege teil. 1917 Mitglied der USPD, mit der USP- Mehrheit 1920 zur KPD. Er arbeitete in Halle-Merseburg. Delegierter des Jenaer Parteitags 1921. 1922/23 ge- hörte er zur linken Opposition gegen die Brandler-Führung. Nachdem die Linken 1924 die Parteiführung übernommen hatten, wurde Urban Mitte 1924 hauptamtlicher Urban/Vogt 331 Funktionär, Sekretär für Gewerkschafts- fragen in der KPD-Bezirksleitung Halle- Merseburg. Anfang 1925 kam er als Redak- teur an den »Klassenkampf«. Im April 1925 mußte er in Gollnow eine längere Festungshaft antreten. Am 13. Mai 1925 starb er nach schwerer Krankheit in der Festung Gollnow. VETTERMANN, Max (1878-?) Am 11. Oktober 1878 in Schönau b. Chem- nitz geboren; lernte Schlosser. 1901 Mitglied der SPD. Im Weltkrieg zusammen mit Brandler und Heckert in Chemnitz führend für den Spartakusbund tätig, Delegierter auf dem Gründungsparteitag der KPD, einer der Mitbegründer der KPD im Erz- gebirge. 1919 Sekretär der KPD in Chem- nitz. Mehrere Jahre Orgleiter des Bezirks Erzgebirge-Vogtland. Vom Jenaer Parteitag 1921 in den Zentralausschuß der KPD und vom Leipziger Parteitag 1923 in die Be- schwerde- und Revisionskommission ge- wählt. Vettermann gehörte zum rechten Partei- flügel, deswegen wurde er Mitte 1924 als Orgleiter abgelöst, blieb noch einige Wo- chen Sekretär für Gewerkschaftsfragen und kam dann in untergeordnete Positionen (»Rote Hilfe« usw.). Anfang 1929 aus der KPD ausgeschlossen, trat er der KPO bei. Geschäftsführer der KPO im Bezirk Erzgebirge. Große Auf- regung verursachte die Tatsache, daß Vet- termann, einer der alten KPD-Kämpfer, im April 1929 von KPD(RFB)-Anhängern und Mitgliedern in einer Versammlung zusam- mengeschlagen und schwerverletzt wurde. Bis 1933 war er in der KPO aktiv. Weitere Daten seines Lebenslaufs ließen sich nicht ermitteln. VIERATH, Karl (1884-1951) Geboren am 29. Februar 1884 in Berlin, lernte Buchdrucker und fand in Berlin eine Anstellung. 1906 SPD-Mitglied. Trat wäh- rend des Krieges zur USPD über und kam mit der USP-Mehrheit 1920 zur KPD. In der KPD zählte er zum Berliner linken Flügel. Seit 1922 ehrenamtliches Mitglied der Bezirksleitung. Im Mai 1924 zog Vierath als Abgeordneter in den Reichstag ein, er wurde auch im Dezember wiedergewählt. Zwischen den Sitzungspausen des Parla- ments polizeilich gesucht (Steckbrief: »volles Gesicht, Hornbrille«), lebte er illegal. 1924/25 arbeitete er hauptamtlich in der Berliner Bezirksleitung. Nach dem »Offenen Brief« schloß er sich der linken Opposition an. Er unterschrieb den »Brief der 700«. Im März 1927 pro- testierte er gemeinsam mit Bohla und Oben- diek gegen die Ausschlüsse von Linken: »Über tausend Funktionäre habt Ihr kaltlächelnd aus der Partei hinausgeworfen.« Nach dem Ausschluß von Ritter und Kenzler aus der KPD trat Vierath am 4. August 1927 aus Protest demonstrativ aus der KPD aus. Im Reichstag schloß er sich den linken Kommu- nisten an. Nachdem 1928 sein Mandat er- losch, trat er politisch nicht mehr hervor. Er war als Vertreter einer Sterbekasse tätig. Nach 1933 mehrmals kurz inhaftiert. Nach 1945 nicht mehr politisch aktiv, starb Vie- rath am 7. März 1951 in Miersdorf (DDR). VOGT, Arthur (1894-1964) Am 21. August 1894 in Breslau geboren, nach der Schulentlassung als Hilfsarbeiter in verschiedenen Betrieben, vor allem in der Metallindustrie. 1908 Mitbegründer der So- zialistischen Arbeiterjugendbewegung in Breslau, 1912 Mitglied der SPD. Während des Weltkrieges Soldat. 1917 Übertritt zur USPD. In der Revolu- tion 1918 Mitglied des Arbeiter- und Sol- datenrates, er übersiedelte 1918 nach Leip- zig. Mit der USP-Mehrheit 1920 zur KPD. Delegierter des JenaerParteitags 1921. Vogt stand auf dem linken Flügel der KPD. Er wurde 1924 nach der Übernahme der Par- teiführung durch die Linken Orgleiter für den KPD-Bezirk Westsachsen in Leipzig. 332 Vogt/Volk 1925 schloß er sich der ultralinken Oppo- sition an, er vertrat diese auch auf dem X. Parteitag 1925. Leipzig war ein wich- tiger Stützpunkt für die Ultralinken, Vogt war ihr Sprecher. Nach dem Auseinander- fallen der Ultralinken gehörte die Leipzi- ger Opposition unter Vogt zur »Weddinger Opposition«. Bis Juli 1927 blieb Vogt Orgleiter in West- sachsen. Auf dem XL Parteitag in Essen vertrat er die Weddinger Opposition. Der anschließende Bezirksparteitag Westsachsen degradierte Vogt zum Sekretär für Gewerk- schaftsfragen. Da er sich weigerte, seine Funktionen in Leipzig niederzulegen und im Apparat des ZK zu arbeiten, wurde er am 24. Juli 1927 aus der KPD ausgeschlos- sen. Einen Tag darauf mußte er eine acht- monatige Gefängnisstrafe (wegen Störung einer NS-Versammlung) antreten. Ende September 1927 gab Vogt aus dem Gefäng- nis eine Erklärung ab und wurde wieder in die KPD aufgenommen. Vogt schrieb: »Ich erkenne an, daß die Beschlüsse der Partei (ZK oder BL) über den Beschlüssen der kom- munistischen Fraktionen in den überparteili- chen Massenorganisationen stehen. Idi erken- ne an, daß die Partei das Recht hat, über ihre Mitglieder zu verfügen, ihnen Funktionen zuzuweisen oder die Funktionäre aufzufor- dern, ihre Funktionen niederzulegen (auch Funktionen in überparteilichen Organisa- tionen). Ich verpflichte mich, die Beschlüsse der Partei durchzuführen.« Vogt wurde anfangs nicht mehr in Leipzig eingesetzt, sondern kam ins Ruhrgebiet. Erst nachdem er mit der Weddinger Opposition gebrochen hatte, schickte ihn das ZK im August 1928 wieder nach Leipzig, um dort die Opposition zu bekämpfen. 1928 zog er auch als Abgeordneter in den Reichstag ein (MdR bis 1930). Im November 1928 sandte ihn das ZK nach Stuttgart. Er war kurze Zeit Polleiter, dann Redakteur. Ende 1929 schließlich kam er als Orgleiter nach Berlin- Brandenburg. Er wurde 1930 von Kuntz abgelöst und als Sekretär nach Hamburg und dann nach Pommern delegiert. Ab Juli 1932 vertrat er die KPD wieder im Reichs- tag. Im Juli 1933 verhaftet, wurde Vogt schwer mißhandelt, er machte der Gestapo Aus- sagen. Er sollte versuchen, Thälmann zum Übertritt zum Nationalsozialismus zu be- wegen. Im Gefängnis wurde er mit Thäl- mann zusammengeführt, doch wagte er nicht, Thälmann die Vorschläge der Nazis zu unterbreiten. Vogt kam ins KZ, aus dem er bald wieder entlassen wurde. 1945 wieder Mitglied der KPD bzw. der SED, bekam aber keine wichtige Funktion mehr. Vogt war zunächst stellvertretender Bürgermeister von Berlin-Wedding, dann Vizepräsident der Zentralverwaltung für Umsiedler und schließlich Direktor der VEB Vieh- und Schlachthöfe Berlin. Er schied 1957 wegen Krankheit aus allen Ämtern und war Arbeiterveteran. Vogt starb am 6. Juli 1964 in Ost-Berlin. VOIGT, Otto (1893-?) Am 17. März 1893 in Badra bei Sonders- hausen geboren. Schlosserlehre, dann als Schlosser beschäftigt; im Krieg Soldat. 1918 in Leipzig Mitglied der USP, 1920 mit der linken USP zur KPD. Anhänger der Lin- ken, seit 1924 Mitglied der BL Westsachsen und hauptamtlicher Funktionär. In Leipzig 1925 aktiver Anhänger der Ultralinken, 1927 zusammen mit Arthur Vogt aus der Partei ausgeschlossen. Nach einer Selbst- kritik wieder in die KPD aufgenommen. 1928 wieder Mitglied der BL Westsachsen, vom XII. Parteitag 1929 als Kandidat ins ZK gewählt. 1931 sechs Monate Besuch der Komintern-Schule in Moskau, anschließend Parteisekretär der UBL Leipzig. Weitere Daten seines Lebenslaufs ließen sich nicht ermitteln. VOLK, Karl (»Robert«) (1896-1961) Am 1. April 1896 in Zolkiev (damals Gali- zien) als Sohn eines Kaufmanns geboren, lebte in seiner Jugend in Proßnitz (Mähren). Volk/Vollmer 333 Nach dem Besuch des Gymnasiums studierte er in Prag einige Semester Volkswirtschaft und Philosophie. Nach dem Krieg Mitglied der jüdischen sozialistischen »Poale Zion“. Seit Gründung Mitglied der Kommunisti- schen Partei der Tschechoslowakei. 1921 kurze Zeit in Rußland, dann Sekretär der russischen Botschaft in Peking, schließlich Leiter des russischen Pressebüros in Wien. Ende 1922 Übersiedlung nach Deutschland, wo er als hauptamtlicher Funktionär in der KPD wirkte. 1923 Polleiter in Niedersach- sen. Von den Linken im April 1924 abgelöst, war er einige Monate Chefredakteur der »Sächsischen Arbeiterzeitung« in Leipzig, dann kam er ein Jahr in den Komintern- apparat nach Moskau. Dort wurde er - früher Vertreter der Mittelgruppe - selbst Anhänger der Linken. 1925 kam Volk als Chefredakteur des »Kämpfer« nach Chemnitz (»Karl Chem- nitz«). Volk stand damals bei den »Chem- nitzer Linken«, er war eng mit Süßkind befreundet. In Berlin übernahm er 1926 die Leitung des KPD-Pressedienstes. Gemein- sam mit Süßkind entfernte er sich 1928 von den Linken und wurde in der Folgezeit einer der führenden »Versöhnler«. Nach den Vereinbarungen zwischen der KPD und der KPdSU im Februar 1928 wurde Volk vom Pressedienst entfernt und als Chefredakteur an die »Hamburger Volkszeitung« versetzt (s. Bd. 1, S. 433), so- fort nach der Wittorf-Affäre wurde er seines Postens als Chefredakteur enthoben. Er kehrte nach Berlin zurück und leitete die »Versöhnler«-Gruppe nach der offiziellen Kapitulation Ende 1929 illegal weiter, wo- bei er sich vor allem auf die Berliner Funk- tionäre stützte. Unter seiner Leitung exi- stierte diese Gruppe auch noch nach 1933. Volk nahm an der »Versöhnler-Konferenz« 1933 in Zürich teil und hoffte besonders nach dem VIII. Weltkongreß der Komintern 1935 auf eine Wende. Nach den Schau- prozessen gegen Bucharin 1938 brach er endgültig mit der KPD. Volk lebte zuerst in Frankreich, während des Krieges wanderte er illegal in die USA ein und trug dort den Namen »Robert Rin- tel«. Unter dem Pseudonym »Ypsilon« war er Mitherausgeber des Buches »Pattern for World Revolution«, Chikago-New York 1947. Volk war Mitarbeiter für Rußland- fragen an verschiedenen amerikanischen Zeitungen. Er stand in Verbindung mit der SPD. Volk starb im März 1961 in New York. VOLLMER, Otto (geb. 1894) Am 1. November 1894 in Neckargartach (Württ.) als Sohn eines Maurers geboren; lernte in den NSU-Werken Neckarsulm Eisendreher und arbeitete anschließend in diesem Werk. 1913 Mitglied der SPD, Leiter der damaligen Arbeiterjugend. 1914 Anhän- ger der Kriegsgegner in der SPD. 1916 bis 1918 Soldat an der Westfront. 1918 Über- tritt zur USPD, mit der linken USPD 1920 zur KPD. USP-Delegierter auf dem Ver- einigungsparteitag. Von 1918 bis 1922 Dreher in den NSU- Werken, Betriebsrat. 1922 zum Geschäfts- führer des Metallarbeiterverbandes, Zahl- stelle Heilbronn gewählt, gleichzeitig Leiter des KPD-Unterbezirks Heilbronn. 1924 Parteisekretär der KPD, Mitglied der BL Württemberg. 1928 in den württembergi- schen Landtag gewählt, dem er bis 1933 angehörte. Von 1929 bis 1933 Bezirksleiter der RGO. 1933 Emigration in die Schweiz. 1935 Rück- kehr nach Deutschland, zunächst erwerbslos, dann Hilfsarbeiter beim Autobahnbau und in verschiedenen Metallbetrieben, Arbeit im erlernten Beruf wurde ihm verweigert. Nach dem Attentat auf Hitler 1944 verhaftet und ins KZ Dachau gebracht. 1945 wieder Mitglied der KPD, als Sekre- tär am Aufbau der Gewerkschaften in Heil- bronn beteiligt, dann Leiter der Rechts- abteilung am Arbeitsgericht in Heilbronn. Ab November 1946 Vorsitzender des Ar- beitsgerichts Heilbronn, anschließend zum Arbeitsgerichtsrat ernannt. 1952 bis zur 334 Vollmer/Walcher Pensionierung 1955 beim Arbeitsgericht in Göppingen tätig. Vollmer lebte 1969 als Pensionär in Kempten im Allgäu. WAHLGREEN, Johann Friedolf (1855 bis 1941) Am 26. Oktober 1855 in Habe (Schweden) geboren. Wuchs in großer Armut mit zehn Geschwistern auf. Begann als Lehrling in einer Schiifstischlerei in Göteborg, führte die Lehre aber nicht zu Ende, sondern arbeitete in einer Zuckerfabrik. Mit 18 Jahren kam er 1873 nach Deutsch- land. Er zog mit mehreren Landsleuten nach Geesthacht und arbeitete in der Pulver- fabrik Düneberg b. Geesthacht. Später ge- maßregelt, verdiente er sich als Gelegen- heitsarbeiter, Landarbeiter und Kohlenträ- ger seinen Lebensunterhalt. Noch unter dem Sozialistengesetz bildete er 1886 in Geest- hacht die erste illegale Organisation der SPD. Er war jahrelang Vorsitzender der örtlichen Partei und zu Beginn des Jahr- hunderts auch der Gewerkschaft. 1908 nahm er als Delegierter am Verbandstag des Fabrikarbeiterverbandes in Leipzig teil. Wahlgreen, der sieben Kinder hatte, verlor die schwedische Staatsangehörigkeit, nach langem Ringen erhielt er die deutsche. Im Weltkrieg fielen zwei seiner Söhne. Nach dem Krieg war er Vorsitzender des ADGB Geesthacht. Er blieb bis 1920 in der SPD, trat nach dem Kapp-Putsch zur USPD über und kam 1921 zur KPD. Von 1924 bis 1933 gehörte er der Stadtvertretung und dem Rat in Geesthacht an. Von 1927 bis 1933 vertrat Wahlgreen die KPD in der Hamburger Bürgerschaft. 1931 und 1932 war er Alterspräsident des Ab- geordnetenhauses. Als fast 8ojähriger wurde er 1933 nicht verhaftet. Er lebte hochbetagt als Hitlergegner in Geesthacht, wo er am 15. November 1941 starb. WALCHER, Jakob (geb. 1887) Im kleinen Flecken Bethleheim b. Wain (Württemberg) am 7. Mai 1887 geboren; lernte in Laupheim Dreher. Nach der Lehre 1906 in Stuttgart Mitglied der Gewerk- schaft und der SPD. Ehrenamtlicher Funk- tionär, spielte auf dem linken Flügel der SPD eine Rolle. Berichterstatter für SPD-Zeitungen. 1910/ 1911 nahm er an einem Lehrgang der zen- tralen Parteischule in Berlin teil und wurde von Rosa Luxemburg als Redakteur vor- geschlagen. Am 1. November 1911 in die Re- daktion der »Schwäbischen Tagwacht«, des SPD-Organs in Stuttgart, aufgenommen. Walcher war Redakteur für Partei- und Gewerkschaftsfragen. Nach Kriegsausbruch wurden er, Crispien und Hoernle vom SPD- Landesvorstand Württemberg (der Ortsvor- stand Stuttgart stand hinter den Redak- teuren) wegen ihrer internationalistischen Haltung abgesetzt. Im Auftrage der Stutt- garter Linken gaben sie ein eigenes Organ heraus. Walcher und Hoernle wurden Mitglieder der Spartakusgruppe. Walcher übersiedelte nach Berlin und war dort für die Spartakus- gruppe aktiv. In Berlin erlebte er auch die Novemberrevolution 1918. Er wurde von Rosa Luxemburg am 10. November 1918 nach Stuttgart entsandt, wo er eine wichtige Rolle bei der Gründung der dortigen KPD spielte. Delegierter und 2. Vorsitzender des Gründungsparteitages der KPD in Berlin. Als es im Januar 1919 zur Spaltung der USP in Stuttgart kam, gelang es Walcher, die Hälfte der USP-Mitgliedschaft für die KPD zu gewinnen. Auf dem II. KPD-Parteitag im Oktober 1919 wurde Walcher in die Zentrale der Partei gewählt, der er bis 1923 angehörte. Er übernahm die Verantwortung für die Gewerkschaftsarbeit der KPD. In den Ge- werkschaften besaß er noch starke persön- liche Sympathien (bei der Urwahl zum Deutschen Metallarbeiterverband 1923 er- hielt er die weitaus meisten Stimmen). Wal- cher, der Typ des erfahrenen und beweg- lichen Arbeiterfunktionärs, gehörte in der Zentrale zu den Anhängern Brandlers. Er Walcher/Walter, Albert 335 blieb auch nach 1923 bei den »Rechten«. 1924 nicht mehr in die Zentrale gewählt und auch nicht durch eine Abgeordneten- immunität geschützt, mußte er zunächst nach Sowjetrußland flüchten (Steckbrief: »1,73, englisdier Schnurrbart, abstehende Ohren, braune Augen, spricht schwäbische Mundart«). Von Moskau aus war er 1925 einer der Führer der Opposition gegen Ruth Fischer, aber auch 1926 nach der Rückkehr nach Berlin stand er in Opposition zur Parteilinie. 1927 Mitarbeiter der Gewerkschaftsabtei- lung des ZK. Walcher leitete gemeinsam mit Siewert die »Einheitsbewegung« mit der SPD (Zeitschrift »Einheit« usw.). 1928 einer der Führer der Rechten, die besonders nach der »Wittorf-Affäre« hervortraten. Im Dezember 1928 aus der KPD ausge- schlossen. Als Mitbegründer und Führer der KPO arbeitete er in der Reichsleitung dieser Or- ganisation. Bei den Auseinandersetzungen innerhalb der KPO 1931/32 leitete er zu- sammen mit Paul Frölich die Minderheit der KPO, die für eine Verschmelzung mit der SAP eintrat. Mit dieser Minderheit trat er 1932 zur SAP über. Mitglied des PV und hauptamtlicher Sekretär der SAP. 1933 emigrierte er nach Frankreich und war das einzige besoldete Mitglied der Aus- landsleitung der SAP (Pseudonym Jim Schwab). Bis zum Krieg blieb er Sekretär der SAP. Bei Kriegsausbruch interniert, konnte er 1941 in die USA entkommen, er lebte in New York und war Mitarbeiter im »Council for a Democratic Germany«. 1946 kehrte er nach Deutschland zurück. Er schloß sich der KPD bzw. SED an. Um auch seine Freunde zu diesem Schritt zu bewegen, suchte er sie überall in Deutsch- land auf. Im März 1946 wurde er Chef- redakteur der Gewerkschaftszeitung »Tri- büne« in Ost-Berlin. Ende 1949 aus dieser Funktion entlassen, in ein Archiv abgeschoben und später per- sönlich angegriffen (»verbrecnerische Frak- tionen und Cliquen der Brandler, Thalhei- mer und Walcher«, hieß es z. B. im »Neuen Deutschland« am 13. Januar 1952). Zu seinem 65. Geburtstag fand an seiner Arbeitsstätte noch eine kleine Feier statt. Der Parteisekretär fragte, was Walcher für einen Wunsch habe. Dieser meinte, er hätte gern sein Parteibuch zurück ( es war bei der »Überprüfung« kurz zuvor eingezogen worden). Der Sekretär erwiderte, er habe es ihm erst am nächsten Tage mitteilen wollen, aber Walcher sei aus der SED aus- geschlossen. Auch an seinen Arbeitsplatz brauche er nicht mehr zu kommen. Drei Jahre lang lebte Walcher als Rentner, ständig von einer Verhaftung wegen angeb- licher »Agententätigkeit« bedroht. Erst die Entstalinisierung befreite ihn von diesem Alpdruck. 1956 wurde er rehabilitiert und wieder in die SED aufgenommen. Seither arbeitet er an einer Geschichte der deut- schen Metallarbeitergewerkschaft, er gilt als »Gewerkschaftsveteran«. Walcher erhielt lange Zeit nur zweitrangige DDR-Orden (Heckert-Medaille und 1962 »Vaterländischen Verdienstorden« in Bron- ze), er wurde keineswegs so herausgestellt, wie man das erwarten sollte. Schließlich ist er das letzte noch lebende Mitglied der KPD-Zentrale von 1919. Zu seinem 75. Ge- burtstag erschien im »Neuen Deutschland« auf der 2. Seite eine nichtssagende Meldung, das wiederholte sich auch zum 80. Geburts- tag, allerdings erhielt Walcher am 15. Sep- tember 1967 den »Vaterländischen Ver- dienstorden« in Gold. Walchers Frau Her- tha, geb. Osterloh, ehemals Sekretärin von Clara Zetkin, bekam im März 1963 die » Clara-Zetkin-Medaille «. WALTER, Albert Paul (geb. 1885) Geboren am 22. September in Flatow (West- preußen) verlebte die Kindheit in der Neu- mark. Sein Vater, der Kutscher war, starb 1886. Walter wurde vom Großvater, einem Bauern, erzogen. Nach der Schulentlassung 1899 drei Jahre bei der Binnenschiffahrt auf der Oder und 336 Walter, Albert/Warnke Elbe. Im Februar 1902 Übersiedlung nach Hamburg. Seemann auf Schiffen der Hapag. Von Juni 1905 bis November 1907 Dienst bei der Kriegsmarine. Ab November 1907 Quartermaster (Steurer) auf den großen Schiffen der Hapag, drei Weltreisen mit der SS Cleveland. Von Juli 1914 bis 1917 lebte er in den USA, dann wie alle deutschen Seeleute Ostern 1917 interniert. In den verschiedenen Inter- nierungslagern wählten ihn die Seeleute zum Vorsitzenden des »Committee of interned Seamen«. In dieser Funktion führte er im Juli 1919 die deutschen Seeleute zurück. Im Januar 1920 zum organisatorischen Lei- ter des »Deutschen Seemannsbundes«, einer syndikalistischen Organisation, gewählt. Erst im Jahre 1922 schloß sich der nun- mehrige »Deutsche Schiffahrtsbund« der Roten Gewerkschaftsinternationale an. Wal- ter war bis zur Auflösung des Bundes 1925 dessen Leiter. Dann erhielt er vom Führer der RGI, Losowski, die Aufgabe, die »Inter- nationalen Hafenbüros« zu organisieren, was er bis 1928 tat. Politisch war er bis 1914 nicht organisiert gewesen, 1919 der USPD beigetreten, 1921 kam er zur KPD. 1924 zog er für die KPD in die Hamburger Bürgerschaft ein (Mit- glied bis 1933), zeitweise Schriftführer der Bürgerschaft. Mitglied der KPD-Bezirks- leitung Wasserkante. 1928 wurde von der RGI die Internationale der Seeleute und Hafenarbeiter (ISH) gegründet, deren Generalsekretär Walter bis 1933 war. Im März 1933 verhaftet, wurde Walter bis 1934 im KZ Fuhlsbüttel festgehalten. Nach der Entlassung bis 1938 erwerbslos, dann bis 1942 als Akquisiteur tätig. Von 1942 bis Kriegsende vom »Deutschen Fichtebund« als Übersetzer und Dolmetscher beschäftigt. Nach Ausbruch des Krieges 1939 veröffent- lichte Walter die NS-Propaganda-Schrift »Der englische Krieg und die deutschen Ar- beiter«, nach seinen eigenen Worten, »weil ich überzeugt war, in England den eigent- lichen Urheber des Krieges zu sehen«. Der NSDAP gehörte er nach seinen eigenen Aus- sagen nicht an. Doch verbreitete die NSDAP seine im Hanseatischen Gildeverlag erschie- nene Schrift in einer Auflage von 120 000 Exemplaren, da darin auch der Satz vorkam: »Eine lügnerische Propaganda« wolle »jetzt die deutschen Arbeiter von ihrem Führer trennen«. Nach dem Kriege wollte er sich nicht mehr politisch betätigen. Als ihn aber die Leiter der »Deutschen Partei« in Hamburg auf- suchten und baten, mitzuarbeiten, schloß er sich Anfang 1948 der »Deutschen Partei« an. Von 1949 bis 1953 vertrat er die DP im Deutschen Bundestag. Hochbetagt lebte er 1969 in Hamburg und betätigt sich »nur noch gelegentlich politisch«, da sein Leben, nach seiner Meinung, »reichlich stürmisch« war. WALTER, Johann Georg (geb. 1899) Am 5. April 1899 in Hamburg geboren, nach der Schulentlassung als Hafenarbeiter beschäftigt. 1921 trat er in Hamburg der KPD bei. 1926 Mitglied der erweiterten Bezirksleitung der KPD Wasserkante, von 1927 bis 1931 Abgeordneter der Hamburger Bürgerschaft. Delegierter des XL KPD- Parteitags 1927. Nach 1933 war Walter längere Zeit inhaf- tiert. Im Krieg als Soldat eingezogen, geriet er in Gefangenschaft. Nach seiner Rückkehr 1945 trat er wieder der KPD bei. Vertreter der KPD im Bezirksausschuß Bergedorf. Er lebte 1969 in Hamburg. WARNKE, Hans (geb. 1896) Am 15. August 1896 in Hamburg geboren, Sohn eines Dachdeckers; lernte von 1911 bis 1914 ebenfalls Dachdecker. 1914 Mit- glied der SPD. Von 1915 bis 1918 Soldat an der Front. 1918 Übertritt zur USPD, mit deren lin- kem Flügel 1920 zur KPD. Arbeiter in Bremen, dann in Mecklenburg. 1920 Stadt- verordneter in Güstrow. Seit 1923 haupt- amtlicher Funktionär. Aktiv an der Vor- Warnke/Weber, Hans 337 Bereitung des Oktoberaufstandes 1923 be- teiligt. 1924 zog Warnke in den Landtag von Mecklenburg-Schwerin ein. Wegen der Ak- tionen von 1923 im August 1924 verhaftet. 1925 zu 2V2 Jahren Zuchthaus verurteilt. Dadurch verlor er sein Landtagsmandat. 1926 jedoch erneut gewählt und im Juli 1926 aus dem Zuchthaus entlassen; Orgleiter des KPD-Bezirks Mecklenburg. Im Jahre 1927 rückte er zum Polleiter dieses Bezirks auf. In dieser Funktion blieb er bis 1933, er gehörte auch bis 1933 dem mecklenburgi- schen Landtag an. 1933 verhaftet und bis Anfang 1937 im KZ festgehalten. Ende 1937 erneut festgenom- men bis 1938 im Gefängnis, von 1939 bis 1944 im KZ. Im August 1944 aus der Haft entlassen, lebte er beim Zusammenbruch in Güstrow. Im Mai 1945 wurde Warnke Oberbürger- meister von Güstrow. Wieder Funktionär der KPD, dann der SED. Mitglied des ZK, ab 1950 der Volkskammer. Von 1946 bis 1949 Minister für innere Verwaltung und Planung in Mecklenburg und 1. Vizepräsi- dent in Mecklenburg. Von 1949 bis August 1952 Staatssekretär im Ministerium des In- nern der DDR. 1952 Vorsitzender des Rates des Bezirks Rostock. Mehrmals wegen Abweichungen kritisiert. Im Mai 1959 »wegen seines Ge- sundheitszustandes« als Vorsitzender des Rates abgelöst und zum Direktor des Ha- fenamtes von Rostock degradiert. Seit 1965 Mitarbeiter der Direktion des Seeverkehrs und der Hafenwirtschaft in Rostock, er ist allerdings auch weiterhin (zuletzt vom VII. SED-Parteitag 1967 bestätigt) Mitglied des ZK der SED. Warnke bekam mehrere Aus- zeichnungen, darunter zu seinem 65. Ge- burtstag den »Karl-Marx-Orden«, zum 70. Geburtstag 196*6 mit dem Titel »Held der Arbeit« geehrt. WEBER, Hans (geb. 1895) Am 23. Januar 1895 in Mühldorf/Inn ge- boren, Sohn eines Arbeiters (Kachelofen- setzers), der früh starb. Konnte wegen der ärmlichen Familienverhältnisse nur die Volksschule besuchen. Da er eine sehr gute Schrift hatte, nach der Schulentlassung als Schreibgehilfe angestellt. Seit seiner Jugend lebte er in Speyer (Pfalz), wo er 1913 der Arbeiterjugendbewegung beitrat und bei den Arbeiterturnern Bildungsvorträge hielt. 1914 gab es in der kriegsfeindlich erzogenen Arbeiterjugend heftige Diskussionen und Opposition gegen die SPD. Weber trat 1917 sofort der USPD bei. Er gründete die Ge- sellschaft »Ideal«, eine »Tarnorganisation« des Spartakusbundes. Bis 1920 blieb er mit dieser Gruppe in der USP, war aber seit 1919 zugleich Mitglied der KPD. 1920 in den Zentralausschuß der KPD gewählt, dem er bis 1924 angehörte. Seit 1919 UB-Leiter in der Pfalz. Als kaufmännischer Angestellter arbeitete er bei verschiedenen Firmen, qualifizierte sich zum Buchhalter und war bis Anfang 1923 in Betrieben Ludwigshafens und Mannheims beschäftigt. Anfang 1923 zum hauptamtlichen Sekretär des KPD-Bezirks Pfalz berufen. Weber ge- hörte zum linken Flügel der Partei, der Bezirk Pfalz war schon vor 1924 einer der linken KPD-Bezirke 1924 Delegierter des V. Weltkongresses der Komintern in Mos- kau. 1925 schloß sich Weber den Ultralinken an. Auf dem X. Parteitag 1925 war er (der Bezirk Pfalz stand fast geschlossen hinter ihm) einer der Sprecher der Ultralinken. Der Parteitag wählte ihn zum Mitglied des ZK. Nach dem »Offenen Brief« 1925 holte man ihn nach Berlin, er arbeitete in der Gewerkschaftsabteilung des ZK. Weber blieb in der Opposition aktiv. Er war einer der Mitunterzeichner des »Briefes der 700«. Beim Auseinanderfallen der Ultralinken schloß er sich (und der Bezirk Pfalz, in dem er auch von Berlin aus be- stimmend blieb) der »Weddinger Opposi- tion« an. Er selbst wohnte in Berlin-Wed- ding und war der eigentliche Führer dieser 338 Weber, Hans/Weber, Joseph linken Oppositionsgruppe. Im ZK stimmte er 1926 gegen die Ausschlüsse der Linken. Auf dem Parteitag 1927 nicht mehr ins ZK gewählt, blieb er zunächst noch Angestellter des ZK. Am 14. März 1928 aus der KPD ausgeschlossen, weil er an einer Konferenz der linken Opposition teilgenommen hatte, das Kopfblatt des Suhler »Volkswillen« in der Pfalz verbreitete und in der Pfalz Son- derbeiträge für die Linken erhob. Für kurze Zeit war er der Leiter der »Weddinger Opposition« (Linke Bolschewiki-Leninisten) in der Pfalz, dann zog er sich von der aktiven Politik zurück. Er übersiedelte nach Speyer und wurde Anzeigenwerber für die IAH und ähnliche Organisationen. 1933 tauchte er unter, stand dann unter Polizeiaufsicht, fand schließlich wieder Ar- beit als Anzeigenwerber für »Der Deutsche« (ein früheres Gewerkschaftsblatt, das die DAF übernommen hatte). Er zog nach Glei- witz, kam dann nach Ludwigshafen/Rhein und machte sich als Kunstgewerbler selb- ständig. Im März 1943, im Zeichen des »totalen Krieges« wurde Weber zur BASF dienstverpflichtet, er arbeitete als Angestell- ter. Auch nach dem Krieg blieb er bis zu seiner Pensionierung in der Anilinfabrik. 1946 trat Hans Weber der SPD bei. Er verließ die SPD später wieder, als sie einen »rechten Kurs« einschlug. Er lebte 1969 mit seiner Familie in Ludwigshafen, er be- tont, »kein Renegat« zu sein und hat Sympathien für Tito. WEBER, Hermann (1888-1937?) Geboren am 15. Februar 1888 in Horn (Lippe). Lernte Schlosser und kam vor dem Ersten Weltkrieg nach Barmen. 1909 Mit- glied der SPD, im Krieg Übertritt zur USPD. Mit der linken USP (Delegierter des Spaltungsparteitags) 1920 zur KPD. Seit 1921 hauptamtlicher Sekretär der KPD, zu- nächst im Unterbezirk Barmen. Der Leip- ziger Parteitag 1923 wählte ihn in die Gewerkschaftskommission. 1923 bis 1925 KPD-Sekretär für Gewerkschaftsfragen im Bezirk Rheinland Süd (Niederrhein). 1925 übernahm Weber die gleiche Funktion in der Bezirksleitung Wasserkante in Hamburg und im Mai 1927 in der Bezirksleitung Baden in Mannheim. Anfang 1929 ins Rheinland zurückgerufen, Unterbezirks-Sekretär in Solingen und Vor- sitzender der dortigen Stadtratsfraktion. Am 22. Januar 1930 und am 25. März 1930 jeweils mit einer Mehrheit von 27 Stimmen der KPD, KPO und SPD gegen 25 bürger- liche Stimmen zum Oberbürgermeister von Solingen gewählt, aber von der vorgesetzten Behörde nicht bestätigt. Im April 1930 kam Weber wieder als Par- teisekretär nach Hamburg. Mitte 1931 zum ZK nach Berlin versetzt. Er war Anhänger der Neumann-Gruppe und wurde Mitte 1932 seiner Funktionen enthoben. Ende 1932 übersiedelte er in die Sowjetunion. Seine Familie folgte ihm Mitte Januar 1933. Weber lebte in Odessa, Anfang 1937 nahm er die sowjetische Staatsangehörigkeit an. Mitte 1937 in Odessa verhaftet, verschwand er als Opfer der Stalinschen Säuberung. WEBER Joseph (1894-1932) Als Bruder von Hans Weber (s. d.) am 19. Februar 1894 in Mühldorf/Inn geboren. Lernte Schlosser, arbeitete in Speyer und Ludwigshafen/Rhein als Kesselschmied und Schiffbauer und wurde von seinem Bruder in die politische Bewegung geführt. Joseph Weber trat 1921 der KPD bei, er wurde 1924 Sekretär des Unterbezirks Pfalz (im Bezirk Rhein-Saar). Er war durch den Kampf gegen die Separatisten bekannt geworden. 1924 für die KPD in den bayerischen Landtag gewählt. Wie sein Bruder stand auch er seit 1925 bei der ultralinken Opposition. Er verließ 1926 die KPD und war zunächst fraktionsloser Abgeordneter. 1928 trat er zur SPD über, für die er im gleichen Jahr in den bayerischen Landtag wiedergewählt wurde. Der populäre Weber starb am 27. März 1932 in Speyer. Weber, Otto/Wenzel 339 WEBER, Otto (1893-1961) Geboren am 23. Oktober 1893 in Witzhel- den; lernte in Solingen Feilenhauer. 1913 Mitglied der SPD, 1917 Übertritt zur USPD. Während des Krieges Soldat an der Front. Er kehrte schwerkriegsbeschädigt (der rechte Arm war verkrüppelt) zurück. Mitglied des Deutschen Metallarbeiterver- bandes, 1920 hauptamtlicher Sekretär der Gewerkschaft in Solingen. Ende 1920 mit der linken USP zur KPD. Im Mai 1921 wies ihn die britische Besatzungsmacht aus dem Rheinland aus. Er arbeitete in verschiedenen Orten als Gewerkschaftssekretär und kam 1923 nach Remscheid, dort 1924 Anhänger der KPD- Linken, Vorsitzender und Sekretär der Par- tei. Im Dezember 1924 als Abgeordneter in den Reichstag gewählt, bis 1928 MdR. Schriftführer des XI. Parteitags 1927. Bis Anfang 1928 Unterbezirksleiter in Rem- scheid, dann nach Solingen versetzt. Sekre- tär und Leiter des Unterbezirks Solingen. 1928 kandidierte Otto Weber wieder zum Reichstag, wurde aber nicht gewählt (bei den späteren Wahlen nicht mehr aufgestellt). 1929 übernahm er die Leitung der »Roten Hilfe« im Bezirk Niederrhein, im Früh- jahr 1931 in die Zentralleitung der »Roten Hilfe« nach Berlin berufen. 1932 Kassierer in der Zentrale der Roten Hilfe. Noch vor 1933 entfernte er sich von der Parteiarbeit. Im März 1935 kehrte er von Berlin nach Remscheid zurück. Nach dem Kriege trat er wieder der KPD bei, hatte aber keine Funktion mehr. Leiter der Ortskrankenkasse in Remscheid. Kurz vor dem Verbot der KPD in Westdeutsch- land soll er noch aus der Partei ausgeschlos- sen worden sein. Otto Weber starb am 27. Januar 1961 in Remscheid. WEBER, Otto (1889-?) Am 17. Februar 1889 in Rathenow geboren; als Hornarbeiter arbeitete er nach der Schulentlassung in der optischen Industrie. 1912 Mitglied der SPD. Im Ersten Welt- krieg zusammen mit Karl Gehrmann Grün- der und Leiter der Spartakusgruppe in »Leninbundes« in Rathenow. Seit Gründung Mitglied der KPD, gehörte er der Leitung der KPD in Rathenow an. 1918 in den Arbeiter- und Soldatenrat Rathenow gewählt. Auf der Parteikonfe- renz in Frankfurt (Main) 1919 vertrat er die Rathenower Gruppe. 1924 in die Stadtverordnetenversammlung gewählt, ab 1925 Mitglied des Provinzial- landtags. Wie fast die gesamte Ortsgruppe Rathenow, gehörte er nach dem »Offenen Brief« 1925 der linken Opposition an. Er unterschrieb den »Brief der 700« und leitete nach dem Überschwenken Gehrmanns zur ZK-Mehrheit die linke Opposition in Ra- thenow und Brandenburg. Nach dem Tode Böhlas rückte Otto Weber im Januar 1928 in den Reichstag nach. Da er dem Ersuchen des ZK, sein Mandat niederzulegen, nicht nachkam, wurde er am 3. Februar 1928 aus der KPD ausgeschlossen. Im Reichstag ge- gehörte er zur Gruppe der linken Kommu- nisten. Im April 1928 war er einer der Mitbegrün- der des »Leninbundes«. Er leitete in den folgenden Jahren die starke Gruppe des »Leninbundes« in Rathenow. 1933 verhaftet, saß er mehrere Jahre im KZ. 1945 schloß sich Otto Weber der SPD an. Nach der »Vereinigung« zur SED wandte er sich völlig von der aktiven Politik ab. Er soll 1968 noch als Rentner in Rathenow ge- lebt haben. WENZEL, Hugo (1891-1940) Am 13. August 1891 in Bojanowa (Posen) geboren; nach der Schulentlassung Land- arbeiter, ließ sich in Mecklenburg nieder. Vor dem Ersten Weltkrieg Mitglied der SPD, gehörte während des Krieges der Spartakusgruppe an. Seit Gründung Mit- glied der KPD und führender Funktionär in Mecklenburg. Im März 1919 Parteisekre- tär in Mecklenburg. 1920 Kandidat auf der KPD-Reichsliste zur 340 Wenzel/Westermann Reichstagswahl. Im Herbst 1920 Besuch der Parteischule. 1921 in den Landtag von Mecklenburg-Schwerin gewählt. Er gehörte 1923 zur linken Opposition. 1924 Orgleiter des KPD-Bezirks Mecklenburg. Er zog auch 1924 wieder in den Landtag ein, Vorsitzen- der der KPD-Fraktion. Nach dem »Offenen Brief« 1925 aktiver Anhänger der linken Opposition. 1926 ver- haftet, hatte er wegen Hochverrats eine hohe Strafe zu erwarten. Die KPD-Zentrale setzte ihn unter Druck, sie ließ seine Kan- didatur für die 1926 stattfindende Land- tagswahl erst zu, als er sich von der Oppo- sition trennte. Er beugte sich, wurde erneut in den Landtag gewählt und kam so frei. Bei den Wahlen 1927 nicht mehr in den Landtag gewählt. Wenzel besuchte die Lenin-Schule in Moskau vom März 1927 bis Oktober 1928. Anschließend wurde er Chefredakteur des »Volksechos«, eines Kopfblattes der »Roten Fahne«. Als Ver- antwortlicher der Zeitung im März 1930 zu einem Jahr drei Monaten Festung ver- urteilt. 1932 erhielt er von der Regierung Redeverbot, weil er in einer öffentlichen Versammlung Noske scharf angegriffen hatte. Nach 1933 einigemale verhaftet, kam er bei Kriegsausbruch ins KZ Sachsenhausen. Dort kam Wenzel am 24. Januar 1940 ums Le- ben. WERNER, Hugo (1879-?) 1879 geboren; in jungen Jahren im Rhein- land Mitglied der SPD, während des Krie- ges Übertritt zur USPD, für die er als Redakteur tätig war. Bei der Vereinigung der linken USP mit der KPD im Dezember 1920 Delegierter des USP-Spaltungs- und des Vereinigungsparteitages mit der KPD. In den Zentralausschuß der VKPD gewählt, übernahm er in Essen die Chefredaktion des »Ruhr-Echo«. Diese Zeitung leitete er bis 1922. Anschließend Redakteur verschie- dener KPD-Zeitungen, z. B. 1925 an der »Roten Tribüne« in Hagen, 1928/29 Chef- redakteur der »Süddeutschen Arbeiterzei- tung« in Stuttgart. Weitere Daten seines Le- benslaufs ließen sich nicht ermitteln. WESCHE, Heinrich (1889-?) Am 13. Dezember 1889 in Querfurt gebo- ren, nach dem Besuch eines Lehrerseminars Volksschullehrer. Nach dem Weltkrieg Mit- glied der KPD. Delegierter des Leipziger Parteitags 1923. Wesche war in Chemnitz tätig, seit 1924 hauptamtlicher Funktionär und einer der Führer der »Chemnitzer Linken«. Von 1925 bis März 1927 Polleiter des KPD- Bezirks Chemnitz (Erzgebirge-Vogtland), dann von Schneller, den das ZK geschickt hatte, abgelöst und Agitprop-Sekretär in der BL. Wesche war Delegierter des EKKI-Plenums im November 1926. Der XL Parteitag 1927 wählte ihn in die Politische Kommission und als Kandidat ins ZK. In Chemnitz war er auch Vorsitzender der Stadtverordneten- fraktion der KPD, 1929 2. Stadtverordneten- vorsteher. Bis 1929 Agitprop-Sekretär im Erzgebirge, nahm er noch aktiv an den Auseinandersetzungen mit der KPO teil. Weitere Daten seines Lebenslaufs ließen sich nicht ermitteln. WESTERMANN, Hans (1890-1935) Geobren am 17. Juli 1890 in Hamburg; lernte Schneider. 1910 in Hamburg Mitglied der SPD, ehrenamtlicher Funktionär. Er stand auf dem linken Flügel der Partei. Im Krieg zur Marine eingezogen, schloß sich Westermann den Bremer Linksradikalen an und war führend für sie tätig. 1918 Mit- glied des Marinerates Kiel, Vertreter der Minenräumflottille. Seit Gründung der KPD Mitglied der Partei. Einer der wenigen KPD-Funktionäre, die sich in Hamburg nicht der KAP anschlossen, sondern in der KPD blieben. Seit 1921 hauptamtlicher Se- kretär und Beisitzer des Hamburger Vor- standes, Leiter der Betriebsrätebewegung. Westermann/Weyer 341 Westermann stand auf dem rechten Flügel der KPD, er wurde im Januar 1925 zusam- men mit Jannack u. a. aus der KPD aus- geschlossen, nach dem »Offenen Brief« im Oktober 1925 aber wieder auf genommen. Führender Kopf der Mittelgruppe, der spä- teren »Versöhnler« in Hamburg. 1927 wieder Mitglied der BL Wasserkante und Parteisekretär, im gleichen Jahr in die Ham- burger Bürgerschaft gewählt. Bei den Aus- einandersetzungen 1928/29 war er in Ham- burg der Wortführer der »Versöhnler«, er wurde aus der Bezirksleitung entfernt. An- fang Februar 1930 aus der KPD ausge- schlossen, schied er 1930 auch aus der Bür- gerschaft aus. Westermann leitete zusammen mit dem ehe- maligen Chefredakteur Stefan die (inner- halb und außerhalb der KPD wirkende) straff organisierte »Versöhnlergruppe« in Hamburg. Nach 1933 kam es zum Bruch zwischen Stefan und Westermann, letzterer bejahte die KPD-These, die Arbeiterbewe- gung habe durch Hitlers Sieg »keine Nie- derlage« erlitten. Im Juni 1933 wurde er verhaftet, die KPD hatte - unter voller Namensnennung - vor ihm »gewarnt«. Nach sieben Monaten aus dem KZ zurück. 1934 traf sich Westermann mit Schubert. Nach einer Absprache schwenkte er wieder zur KPD über. Die Versöhnlergruppe spal- tete sich. Kurze Zeit später wurde Westermann wie- der verhaftet, er kam ins KZ Fuhlsbüttel, wo er am 16. März 1935 auf grauenhafte Art ermordet wurde. Seine Frau, Käthe Latzke, gehörte ebenfalls zu den »Ver- söhnlern«. Sie arbeitete 1934 für die KPD weiter, wurde auch verhaftet, aber wieder entlassen. Nach dem 20. Juli 1944 erneut verhaftet, starb sie im April 1945 im KZ Ravensbrück den Hungertod. WESTPHAL, Johann Heinrich (1886 bis 1954) Am 21. September 1886 in Dorsenmoor bei Kiel geboren, lernte Schmied und kam in jungen Jahren nach Hamburg. 1907 Mit- glied der SPD, trat während des Krieges zu USPD über und kam 1920 mit der USP- Mehrheit zur KPD. Westphal arbeitete in Hamburg auf der Deutschen Werft. Er war Anhänger des linken Parteiflügels. 1924 zog er als Ab- geordneter in die Hamburger Bürgerschaft ein (der er ununterbrochen bis 1933 an- gehörte). Im gleichen Jahr wurde er auch Sekretär und Orgleiter des KPD-Bezirks Wasserkante. Delegierter der Parteitage 1924 und 1925 sowie der EKKI-Sitzungen und Orgkonfe- renzen des EKKI 1926. 1925 als Orgleiter abgelöst, blieb aber Mitglied der Bezirks- leitung Wasserkante. Seit 1927 Angestellter im Arbeitsamt. 1930 wurde Westphal Leiter des antifaschistischen Kampfbundes in Hamburg, bis 1933 aktiver KPD-Funktio- när. 1933 nochmals in die Bürgerschaft ge- wählt, ging er in die Illegalität. 1934 verhaftet und längere Zeit im Ge- fängnis, arbeitete er anschließend wieder als Schmied. 1945 kam er wieder zur KPD; Mitglied der Bezirksleitung Hamburg unterschrieb er im August 1945 zusammen mit Dettmann u. a. die Vereinbarung mit der SPD über die Gründung einer »Sozialistischen Par- tei«. 1946 zog er wieder als KPD-Abgeord- neter in die Hamburger Bürgerschaft ein, schied aber 1947 aus und trat politisch nicht mehr hervor. Westphal starb am 30. Mai 1954 während einer Urlaubsreise in der DDR; er wurde in Hamburg beigesetzt. WEYER, Paul (1887-1943) Am 18. April 1887 in Berlin geboren; lernte Schlosser. 1910 Mitglied der SPD, übte Funktionen im Metallarbeiterverband aus. Weyer war einer der Berliner Revolutionä- ren Obleute, nach der Revolution Mitglied des Berliner Arbeiter- und Soldatenrates. Seit 1917 USPD-Funktionär, Anhänger des linken Flügels. 1920 Delegierter des Spal- 342 Weyer/Wiest tungsparteitags, Übertritt zur KPD. An- hänger des linken Flügels der Partei. Dele- gierter des VII. und VIII. Parteitags 1921 und 1923; seit 1922 Mitglied der KPD- Bezirksleitung Berlin-Brandenburg. Nach den starken Austrittsbewegungen linksradikalter Arbeiter aus den Freien Ge- werkschaften, gründete er 1923 den Deut- schen Industrie-Verband, Gruppe Metall, dessen Vorsitzender er wurde. Nach der Schwenkung in der Gewerkschaftsfrage kam er Mitte 1924 in Gegensatz zur Ruth Fischer-Führung. Er wurde zusammen mit Schumacher und Kaiser im September 1924 aus der KPD ausgeschlossen. Weyer leitete weiter den Deutschen Indu- strieverband und bildete mit Schumacher (Bekleidung) und Kaiser (Baugewerbe) ein Kartell der linkskommunistischen Gewerk- schaften. Sein Verband zählte etwa 8000 Mitglieder, davon 3600 in Berlin. Ende der zwanziger Jahre näherte er sich der SPD. Er soll auch in die SPD eingetreten sein und verschiedene Gewerkschaftsfunktionen bis 1933 innegehabt haben. Nach 1933 als Arbeiter beschäftigt, starb er am 12. Okto- ber 1943 in Berlin-Wedding. WIATREK, Heinrich (1896-1943?) Am 1. Juli 1896 in Gleiwitz als Sohn eines Eisenbahners geboren, nach der Schulentlas- sung 1910 Hilfsarbeiter. 1913 meldete er sich freiwillig zur Marine, kam 1916 zur U-Bootflotte und war Bootsmannsmaat, er- hielt das EK. Im Dezember 1918 von der Marine als 80% Schwerbeschädigter ent- lassen, wieder Hilfsarbeiter in Oberschle- sien. 1922 Mitglied der KPD. Bis 1927 Hilfs- arbeiter, dann erwerbslos. 1927 Gauleiter des RFB in Oberschlesien, 1928 hauptamt- licher Funktionär der KPD, Kassierer in der BL Oberschlesien. Mitte 1929 einige Monate Orgleiter der Bezirksleitung Ober- schlesien. Stadtrat in Gleiwitz und 1929 Abgeordneter des Provinziallandtages Ober- schlesien. Ende 1929 und nochmals 1930 nahm er an einem Schulungskurs der KPD teil, er war für die RGO-Arbeit in Oberschlesien ver- antwortlich und 1932 Mitglied des Sekreta- riats der BL Oberschlesien (sein Bruder war Mitglied der BL). 1932 auf die Lenin- Schule nach Moskau geschickt, die er bis 1934 besuchte (Pseudonym: »Heinrich Kirsch«). Von September 1934 bis Juni 1935 arbeitete er illegal in Deutschland, vor allem im Rheinland, kam dann nach Moskau und nahm als »Fritz Weber« an der »Brüsseler« Konferenz der KPD teil. Er wurde auf der Konferenz ins ZK gewählt und war 1936/ 1937 Vertreter des ZK der KPD bei der Komintern. Auch an der »Berner« Konfe- renz 1939 (in Paris) nahm er teil (»Hans Schneider«), wiederum ins ZK gewählt. Von 1937 bis Januar 1940 war Wiatrek Abschnittsleiter der Auslandsleitung Nord (Kopenhagen). Er wurde dort am 15. Sep- tember 1941 von der Gestapo festgenom- men. Er machte ausführliche Aussagen und mit seiner Hilfe konnte die Gestapo umfang- reiche Verhaftungen vornehmen. 1942 wurde er zum Tode verurteilt. Am 24. Sep- tember 1943 von Plötzensee ins Zuchthaus Brandenburg eingeliefert. Es ließ sich nicht ermitteln, ob er hingerichtet wurde oder ob man Wiatrek begnadigte, da seine Aus- sagen der KPD schweren Schaden zugefügt hatten. WIEST, Fritz (geb. 1895) Am 21. Juli 1895 in Stuttgart geboren, Sohn eines Obsthändlers, lernte Gürtler. Während des Krieges schloß er sich in Stuttgart der Spartakusgruppe an. Seit Parteigründung Mitglied der KPD, 1921 Jugendsekretär der Bezirksleitung Württemberg. 1923 in die Zentrale der KPD nach Berlin berufen, in der Gewerk- schaftsabteilung tätig. Er blieb, obwohl »Rechter«, auch im Ruth-Fischer-ZK als Verantwortlicher für Sport in Berlin, bis Wiest/Winter, Karl 343 1928 Mitarbeiter des ZK für diese Ab- teilung. Als Anhänger der Rechten wurde Wiest Ende 1928 aus der KPD ausgeschlossen. Mitglied und Funktionär der KPO, für die er bis 1933 in Stuttgart und Berlin tätig war. 1933 Gewerkschaftsleiter des illegalen »Dreierkopfes* der KPO in Berlin, dann Emigration nach Dänemark und schließlich nach Schweden. Wiest kam vor einigen Jah- ren nach Deutschland zurück, er lebte 1969 in Stuttgart, gehört keiner Partei an. WINKELMANN, Frieda (1873-1943) Geboren am 3. Juli 1873 in Berlin, besuchte die Präparandenanstalt und das Lehrer- seminar. Seit 1901 Volksschullehrerin, dann Oberlehrerin in Berlin. Vor dem Weltkrieg trat sie der SPD bei, auf deren linkem Flügel sie stand. Im Kriege aktiv für die Spartakus- gruppe, 1917 Mitglied der USPD, seit Grün- dung Mitglied der KPD. Nach der Revolu- tion im November 1918 als Vertreterin der USPD in den pädagogischen Fachbeirat des preußischen Unterrichtsministeriums beru- fen. 1919 kümmerte sie sich um die Kinder der Verhafteten und wurde durch ihre unge- wöhnliche Selbstaufopferung bekannt. 1920 Übersiedlung nach Gotha. 1921 zog Frau Winkelmann für die KPD in den Thüringer Landtag ein, dem sie bis 1924 angehörte. 1924 von der linken Führung nicht nominiert, wurde sie erst 1927 wieder ins Thüringer Parlament gewählt. Längere Zeit Leiterin der Frauenabteilung in der Bezirksleitung, trat sie 1925 gegen die Gründung des Roten Frauen- und Mädchen- bundes (RFMB) auf. Bis 1928 leitete sie die IAH in Thüringen. 1928 war sie mit der Mehrheit der thürin- gischen Landtagsabgeordneten als »Rechte« gegen das ZK. Sie wurde am 1. März 1929 aus der KPD ausgeschlossen. Sie trat dann der KPO bei, für die sie bis 1932 tätig war. 1932 ging sie - inzwischen wieder in Berlin wohnhaft - mit der KPO zur SAP. Bis 1933 in der SAP aktiv. 1933 Schutzhaft, später lebte sie in Birkenwerder, wo sie am 4. November 1943 starb. WINTER, Ernst (1893-1958) Am 2. November 1893 in Eilenstedt ge- boren, Besuch des Lehrerseminars. Im Welt- krieg Soldat. Nach dem Krieg Volksschul- lehrer. 1920 in Braunschweig Mitglied der KPD, übte für die Partei verschiedene Funktionen aus. Im Dezember 1924 zog er als Abgeordneter in den Landtag von Braunschweig ein, er blieb bis 1933 in diesem Parlament. Von 1924 bis 1933 in der Führung des Unter- bezirks Braunschweig, zeitweise auch in der KPD-Bezirksleitung Niedersachsen. 1928 gehörte er zu den »Versöhnlern^ er trennte sich aber Ende 1928 von ihnen und übte »Selbstkritik«. Anfang 1933 legte er seine Funktionen und auch sein Landtagsmandat nieder und betätigte sich nicht mehr politisch. Winter übersiedelte nach Berlin, war dort als Angestellter tätig und wurde nach dem 20. Juli 1944 verhaftet. 1945 trat er wieder der KPD bzw. der SED bei, er wurde in der Lehrerbildung eingesetzt. Zuletzt arbeitete er als Direktor am Institut für Fachschullehrer in Ost-Ber- lin. Nach langer schwerer Krankheit starb Ernst Winter am 5. April 1958 in Ost-Berlin. WINTER, Karl (geb. 1897) Am 15. Dezember 1897 im Erzgebirge ge- boren, lernte Schlosser. 1917/18 Soldat. Nach dem Kriege Schlosser in Chemnitz. Dort trat er 1922 der KPD bei und übte für sie verschiedene ehrenamtliche Funk- tionen aus. Längere Zeit im RFB tätig, 1928 Sekretär der KPD-Bezirksleitung Erzgebirge-Vogt- land, 1929 Orgleiter dieses Bezirks. Auf dem Weddinger Parteitag 1929 zum Mit- glied des ZK gewählt, er war bis 1933 für die KPD aktiv. Nach 1933 illegale Tätigkeit für die Partei. 344 Winter, Karl/Winternitz Er verbrachte mehrere Jahre im Zuchthaus, bis er 1945 befreit wurde. 1945 wieder in der KPD bzw. SED, übte für die SED Funktionen im Staatsapparat aus. 1948 als Vertreter Sachsens in die er- weiterte Leitung der Deutschen Wirtschafts- kommission (DWK) gewählt. Bevollmäch- tigter für staatliche Kontrolle im Bezirk Dresden, seit 1964 Arbeiterveteran. Winter erhielt mehrere Orden, darunter das »Ban- ner der Arbeit«; im Mai 1965 den »Vater- ländischen Verdienstorden« in Gold und 1968 den »Karl-Marx-Orden«. Er wurde im April 1965 in Dresden ins Präsidium eines Treffens von Parteivetera- nen gewählt, lebte 1969 in Dresden. WINTERICH, Jean (Johann) (1886-1931) Als Sohn eines Zwergbauern am 10. Fe- bruar 1886 in dem kleinen Moseldorf Spei- cher bei Bitburg geboren, lernte Müller. Streng katholisch erzogen, kam in jungen Jahren nach Köln und hatte dort erstmals Berührung mit der Arbeiterbewegung. Er trennte sich von der Kirche, arbeitete als Metallarbeiter und trat 1908 dem Metall- arbeiterverband (DMV) und 1909 der SPD. Während des Krieges wechselte er zur USPD über und ging mit der linken USP zur KPD. Bis 1922 Betriebsrat in der Firma Westwaggon. 1923 hauptamtlicher Sekretär der KPD, zunächst für Gewerkschaftsfragen. Winterich gehörte zum linken Flügel der KPD, er wurde 1924 Orgleiter des KPD- Bezirks Mittelrhein. 1924 in den preußi- schen Landtag gewählt, dem er bis zu sei- nem Tode angehörte. Der IX. Parteitag 1924 berief ihn in den ZA der Partei. Auf dem X. Parteitag wurde Winterich, der seine bäuerliche Schüchternheit lange nicht ablegte, in die Beschwerdekommission und als Kandidat ins ZK gewählt. 1925 über- nahm er die Funktion des Polleiters im Bezirk Mittelrhein. Eng mit Ruth Fischer und Maslow verbunden, ging er nach dem »Offenen Brief« nur zögernd zur Thäl- mann-Gruppe über. Auf dem XL Parteitag 1927 wurde Win- terich als Mitglied ins ZK berufen. Als die KPD Ende 1928 erneut einen ultralinken Kurs einschlug, wurde er einer der aktiven Vertreter dieser Linie, er stieg in die Spit- zengruppe der KPD auf. Im Februar 1929 als Polleiter nach West- sachsen geschickt, um den dortigen Bezirk von Rechten und »Versöhnlern« zu »reini- gen«. Auf dem Weddinger Parteitag 1929 wiederum ins ZK aufgenommen, außerdem auch ins Polbüro gewählt. Er blieb bis Ende 1929 als Polleiter in Westsachsen, dann kam er nach Berlin, um direkt im Politbüro mitzuarbeiten. Nach kurzer Krankheit starb Winterich am 27. Juni 1931 in Berlin. WINTERNITZ, Joseph, Dr. phil. (»Lenz«, »Sommer« (1896-1952) Als Sohn eines Professors, der noch im Geburtsjahr seines Sohnes Joseph nach Prag übersiedelte, am 18. Februar 1896 in Oxford geboren. Verlebte seine Kindheit in Prag, besuchte dort das Gymnasium und begann mit dem Studium der Philosophie. 1917 ins österreichische Heer eingezogen. 1918 Mit- glied der Sozialdemokratischen Arbeiter- partei, kam bei Gründung 1920 in die KP der Tschechoslowakei. 1920 promovierte er zum Dr. phil. und widmete sich wissenschaftlicher Arbeit, war aber auch in der KP aktiv. 1923 Übersied- lung nach Deutschland, hauptamtlicher Funktionär der KPD, auf deren linkem Flügel er eine wichtige Rolle spielte. Winternitz wurde - unter den verschieden- sten Pseudonymen: »Lenz«, »Sommer« u.a. - der Theoretiker der Linken in der KPD. 1924 Sekretär der KPD und Abteilungs- leiter für Propaganda in der Zentrale. 1925 sympathisierte er kurze Zeit mit der Ultra- linken, blieb aber bei der Linken um Ruth Fischer. Auf dem X. Parteitag 1925 Sekretär der Politischen Kommission und als Kandi- dat ins ZK gewählt. Nach dem »Offenen Brief« 1925 (den er ablehnte) verteidigte er Winternitz/Wittorf 345 Ruth Fischer und Maslow. Zunächst grenzte er sich von der Gruppe der Ultralinken um Scholem, später aber auch von Ruth Fischer ab. Er blieb in der KPD und paßte sich der Parteilinie an. Auf dem XI. Parteitag 1927 wurde er deswegen auch wieder als Kandidat ins ZK gewählt, doch übte er bis 1928 nur untergeordnete Funktionen im ZK-Apparat aus. Nach der Wittorf-Affäre kam er wie- der in den Vordergrund. Er wurde Leiter der Agitprop-Abteilung des ZK. Der XII. Parteitag 1929 wählte ihn als Mitglied ins ZK. 1931 war Winternitz (diesmal unter dem Pseudonym »Kraus«) noch Leiter der Pro- pagandaabteilung des ZK. Im Dezember 1931 wurden er und Emel ihrer führenden Posten im ZK enthoben, weil sie angeblich Stalin »falsch ausgelegt« und Lenin »ver- unglimpft« hatten. Winternitz-Kraus übte Selbstkritik: »Ich anerkenne vorbehaltlos und in vollem Umfange die in dem Artikel des Gen. Thälmann . . . kritisierten Fehler in meiner Arbeit . . .« Winternitz blieb bis 1933 in Deutschland. Bei den Auseinander- setzungen um die Nachfolge Thälmanns schloß er sich Ulbricht an. 1934 emigrierte er in die ÜSR, 1939 nach England. Er arbeitete während des Krieges in der KP Englands. 1948 kehrte er nach Deutschland zurück, wurde Mitglied der SED und Leiter des Marx-Engels-Institutes. Doch bereits im März 1950 wurde er gerügt, weil er in einem Artikel »Von Stalin lernen« nach Ansicht des ZK »die Kampagne der Impe- rialisten und Tito-Agenten gegen Stalin« ungewollt unterstützt (er hatte antilenini- stische Auffasungen des jungen Stalin zi- tiert) und in einer Broschüre »Lenin und die Agrarfrage in Deutschland« falsche Thesen vertreten hatte. Winternitz wurde seines Postens enthoben. Zum Dekan der wirtschaftswissenschaft- lichen Fakultät der Humboldt-Universität in Ost-Berlin berufen. Doch kannte er die stalinistischen Methoden wohl zu genau und wußte, wie solche »ideologischen Angriffe« endeten - jedenfalls zog er es vor, 1951 wieder nach England zu übersiedeln. Als Begründung gab er Sorge um seine dort lebende Familie an. Winternitz starb am 22. März 1952 in Eng- land. Die SED widmete ihm einen Nachruf, vermerkte jedoch, er sei »von gewissen Schwankungen nicht ganz frei« gewesen. WITTORF, John Friedrich (geb. 1894) Am 5. September 1894 in Stellingen (Ham- burg) geboren, nach der Entlassung aus der Volksschule Hilfsarbeiter und später Hafen- arbeiter in Hamburg. Trat 1917 der USPD bei und kam mit der linken USP 1920 zur KPD. Er war ein enger Freund Thälmanns. Nach verschiedenen Berichten soll er auch mit Thälmann verschwägert gewesen sein, was jedoch nicht stimmt. Unbestreitbar aber wurde er von Thälmann protegiert und nach vorn gespielt. Wittorf gehörte seit 1925 der Bezirksleitung Wasserkante als hauptamtlicher Funktionär an. Er war einer der drei Vorsitzenden des X. Parteitags 1925. 1926 Unterbezirksleiter von Kiel, übernahm er im März 1927 als Polleiter den KPD-Bezirk Wasserkante. Der XL Parteitag im März 1927 wählte Wittorf auch zum Mitglied des ZK. Ebenso gehörte er 1927 und 1928 der Hamburger Bürger- schaft als Abgeordneter an. Bei den Reichs- tagswahlen 1928 kandidierte er in Hamburg hinter Thälmann auf Platz zwei, wurde aber nicht gewählt. 1928 häuften sich die Hinweise, daß Wit- torfs Geldausgaben nicht mit seinen Ein- nahmen übereinstimmten. Als bei einer Kassenrevision Unregelmäßigkeiten ent- deckt wurden, versuchte Wittorf den Kas- sierer der BL, Dehmel, der mit der linken Opposition sympathisierte, zu belasten. Bei einer genauen Überprüfung stellte sich je- doch heraus, daß Wittorf 1800 Mark unter- schlagen hatte. Thälmann vertuschte gemeinsam mit Schehr, Presche und Rieß die Unterschlagungen. Sie 346     Wittorf/Wolfstein versuchten, Wittorf zu ermöglichen, das Geld wieder beizuschaffen. Inzwischen erfuhren jedoch die »Ver- söhnler« Eberlein und Eisler von dieser An- gelegenheit und sie alarmierten das ZK. Wittorf wurde im September 1928 aus der KPD ausgeschlossen, sein Fall führte zur Funktionsenthebung Thälmanns. Wittorf tauchte in der Politik nicht mehr auf. Er lebte 1969 in Hamburg. WOLK, Arthur, (geb. 1900) Am 20. April 1900 in Siegsruh geboren, nach der Schulentlassung Bergarbeiter im Senftenberger Revier. 1919 Mitglied der USPD, 1921 Übertritt zur KPD. Anhänger des linken Flügels in der KPD. Ab 1922 Mitglied der BL Lausitz und UB- Leiter Senftenberg/Finsterwalde. Delegierter des V. Weltkongresses der Komintern 1924. 1924 hauptamtlicher Sekretär, zunächst Orgleiter des KPD-Bezirks Lausitz. Nach dem »Offenen Brief« 1925 aktiver Anhän- ger der linken Opposition, wieder als Berg- arbeiter tätig. Ende 1926 mußte er seine Funktion als Leiter der Ortsgruppe Senf- tenberg niederlegen. Anfang 1928 aus der KPD ausgeschlossen. Er wurde 1928 einer der Mitbegründer des »Leninbundes« und Leiter des Bundes im Senftenberger Revier. Nach der Linkswendung der KPD 1929 wieder Annäherung an die Partei, nach 1930 wieder Mitglied und aktiver Funk- tionär der KPD. 1933 verhaftet, KZ Sonneburg. 1934 im Prozeß zu vier Jahren Zuchthaus verurteilt. 1934 bis 1938 im Zuchthaus Luckau in- haftiert, anschließend bis 1945 im KZ Bu- chenwald festgehalten. 1945 KPD, 1946 SED. 1945 wurde Wölk Bürgermeister von Senftenberg, 1946 Par- teisekretär der SED im Land Brandenburg und führend im Senftenberger Revier. Ab 1946 Orgleiter der SED im Land Branden- burg, als Abgeordneter in den Landtag von Brandenburg gewählt. Nach 1951 als früherer »Parteifeind« zu- rückgedrängt und Ende der fünfziger Jahre als »Parteiveteran« pensioniert. Zu seinem 60. Geburtstag erhielt er 1960 den »Vater- ländischen Verdienstorden« in Silber. Er lebte 1968 als Parteiveteran in Senftenberg. WOLFSTEIN, Rosi (Frölich) (geb. 1888) Als Tochter eines Kaufmanns am 27. Mai 1888 in Witten (Ruhr) geboren. Nach Ab- solvierung einer höheren Mädchenschule und einer kaufmännischen Lehre jahrelang als Angestellte berufstätig. 1907 Beitritt zum Frauen- und Mädchen- Arbeiterbildungsverein Hagen (Westfalen). 1908 Mitglied der SPD, 1910 des Zentral- verbandes der Angestellten. Sie wirkte agitatorisch für die SPD am Niederrhein. 1912/13 Besuch der Parteischule der SPD in Berlin, an der Rosa Luxemburg lehrte. 1914 stand Rosi W’olfstein in Opposition zur Politik des 4. August. Mitarbeit in der Spartakusgruppe, während des Weltkrieges mehrfach verhaftet. Delegierte der Duis- burger Arbeiterjugend auf der illegalen Jugendkonferenz Ostern 1916 in Jena. Sie vertrat beim Gründungsparteitag der USPD in Gotha 1917 die Spartakusgruppe. Im November 1918 Mitglied des Arbeiter- und Soldatenrates in Düsseldorf. Delegierte und Schriftführerin des Gründungspartei- tags der KPD. Wegen einer Rede zum Ge- dächtnis von Karl Liebknecht und Rosa Luxemburg verfolgt und mehrmals ver- haftet. 1920 nahm sie als deutsche Dele- gierte am II. Weltkongreß der Komintern teil. Im gleichen Jahr als Kandidatin in die Zentrale der KPD gewählt, von 1921 bis 1923 Mitglied der Zentrale und des Orgbüros. Sie war mit der Leitung der Parteiverlage betraut. In den Jahren 1921 bis 1924 auch Abgeordnete des preußischen Landtags. Wegen politischer Differenzen mit der Ruth Fischer-Führung demissionierte Rosi Wolfstein nach dem Frankfurter Parteitag 1924, sie wurde Mitarbeiterin Paul Frölichs Wolfstein/Wollenberg 347 bei der Herausgabe der Werke Rosa Luxem- burgs und Lektorin am Malik-Verlag. Anfang 1929 mit der »rechten Fraktion« aus der KPD ausgeschlossen. Bis 1932 in der KPO aktiv, dann mit der Minderheit der KPO zur SAP. Im März 1933 Flucht nach Belgien, 1936 nach Paris. In Paris Mitglied der Auslands- leitung der SAP (Pseudonym »Maria Koch«). Von September 1939 bis 1941 in Frankreich interniert. 1941 kam sie mit einem Notvisum (zusammen mit ihrem Mann Paul Frölich) nach New York und lebte dort bis 1950. 1951 nach Deutschland zurückgekehrt, lebte sie 1969 in Frankfurt (Main), sie ist Mit- glied der SPD. WOLLENBERG, Erich (geb. 1892) Am 15. August 1892 in Königsberg/Pr. geboren. Arztsohn, humanistisches Gymna- sium, Beginn des medizinischen Studiums. 1914 Kriegsfreiwilliger, ab 1917 Leutnant der Res. und Sturmtruppführer, fünfmal verwundet. Nach letzter Verwundung nicht mehr kv. Oktober 1918 Eintritt in die USPD. Führende Teilnahme an der No- vemberrevolution in Königsberg, Chef des Sicherheitsdienstes des Arbeiter- und Sol- datenrates Ostpreußen, Führer der Matro- senvolkswehr. Rücktritt am 1. Januar 1919 aus Protest gegen die Aufstellung von Frei- willigenverbänden und deren Einsatz im Kampf gegen die sowjetische Revolution im Baltikum. Übersiedlung nach München, Fortsetzung des medizinischen Studiums. Während der bayerischen Räterepublik (April 1919) mili- tärischer Führer der bayerischen Roten Nordarmee (Dachau). Nach der Nieder- schlagung der Räterepublik zu zwei Jahren Festung verurteilt, dreimal geflüchtet und wieder verhaftet, bis März 1922 festgehal- ten. April 1922 Volontär der Berliner »Roten Fahne«. Juli 1922 zweiter, dann Chef- redakteur der »Roten Fahne des Ostens«, Königsberg. Wegen einer Reihe von Pro- zessen, darunter Anklage wegen Zersetzung der Reichswehr, Illegalität. April 1923 Re- dakteur der KPD in Bochum, im Mai unter dem Pseudonym »Walter« Leiter des dorti- gen Maiaufstands, dann Redakteur in Ham- born, Kampf gegen die Separatisten. Kurze Zeit Orgsekretär der KPD im Ruhrgebiet. Im August 1923 zum »Militär-Politischen Oberleiter Süd-West« (Württemberg, Ba- den, Hessen und zeitweise Bayern) ernannt (»Walter«). Strafverfolgung wegen Vorbe- reitung des bewaffneten Aufstandes, Spreng- stoffattentate usw. Ende April 1924 zur »Ersten deutschen Militärschule beim Generalstab der Roten Armee« nach Moskau delegiert. Veröffent- lichung eines Buches über die Bayerische Räterepublik (russisch). Herbst 1924 Ein- tritt in die Rote Armee im Range eines Brigadekommandeurs (Brigadegeneral), Übernahme eines Bataillons der Territorial- armee in Saratow (vorwiegend Wolgadeut- sche). Sommer 1926 nach Moskau zur Er- sten Proletarisdien Division (Gardedivision der Kaderarmee) versetzt. Februar 1927 illegale Rückkehr nach Deutschland, Chefredakteur der Saarbrük- ker »Arbeiterzeitung«. Wegen des Reichs- gerichts-Prozesses gegen die MP-Oberlei- tung Süd-West, dessen abwesender Haupt- angeklagter Wollenberg war, Rückberufung nach Moskau. Wissenschaftliche Arbeit am Moskauer »Marx-Engels-Institut«, Leiter des dortigen Militärkabinetts. Ab 1928 Pro- fessor für Geschichte der Arbeiterbewegung des Westens an der »Internationalen Lenin- schule«. Nach der Herbstamnestie 1930 im April 1931 Rückkehr nach Deutschland. Militäri- scher Leiter des illegalen RFB, Chefredak- teur der »Roten Front«. Auf einer als »Kommunalkonferenz« getarnten RFB- Konferenz in Schlesien im November 1931 verhaftet, wurde er im Februar 1932 pro- visorisch auf freien Fuß gelassen, das Reichs- gerichtsverfahren wegen »Vorbereitung des Hochverrats« lief weiter. 348 Wollenberg/Wollweber Innenpolitischer Redakteur der »Roten Fahne«. In Opposition zur »Generallinie« des ZK. Im Juli 1932 verfaßte er ein Me- morandum über die Fehlleistungen der KPD, demonstriert an der Berliner Bezirks- leitung, die damals unter der Führung von Walter Ulbricht stand. Dieses Memoran- dum, von Wollenberg dem Politbüro über- reicht, wurde von Hermann Remmele nach Moskau geschickt, wo es in den Komintern- kreisen zirkulierte. Im August wurde Wol- lenberg gleichzeitig mit Alexander Abusch und Albert Norden, die damals der Neu- mann-Fraktion angehörten, aus der Redak- tion der »Roten Fahne« entlassen und im Dezember nach Moskau zum Komintern- verlag abgeschoben. Am 4. April 1933 wurde er zusammen mit Felix Wolf (während der Stalinschen Säu- berung liquidiert) wegen seiner Kritik am ZK der KPD von der Internationalen Kontrollkommission (IKK) der Komintern aus der Partei ausgeschlossen. Im Juli 1934 gelang Wollenberg die Flucht nach Prag, Herbst 1938 nach Paris. Verfol- gung durch den Apparat der KPD (Mord- anschlag) und der Gestapo. Mitarbeit an antinazistischen Zeitungen und Zeitschrif- ten. Veröffentlichung des Buches »The Red Army« (1938 und 1940) in London. Der Verhaftung durch die Gestapo entging er 1940 mit Hilfe von französischen Offi- zieren der Widerstandsbewegung, die ihm die Flucht nach Marokko ermöglichten. Aufgrund einer Denunziation durch die dortige Vertretung des »Dritten Reiches« wurde Wollenberg von der Vichy-Polizei in Casablanca verhaftet. Nach acht Mona- ten Untersuchungshaft stellte das Kriegs- tribunal das Verfahren (angebliche »kom- munistische Tätigkeit und Verherrlichung des Sowjetregimes«) ein, verfügte seine so- fortige Freilassung, die zivile Vichy-Regie- rung in Marokko überführte ihn aber in ein Straflager am Rande der Wüste in Ost- Marokko. Die Landung der Alliierten im November 1942 verhinderte die Ausliefe- rung an die Gestapo. Mitarbeit an franzö- sischen Zeitungen und Zeitschriften in Ma- rokko und Algier, Veröffentlichung des Bu- ches »Hitler, le militarisme allemand et la Paix Européenne« (1943 und 1945), in dem er die Forderung der Schaffung einer »Europäischen Föderation, der Vereinigten Staaten Europas unter Einschluß des demo- kratischen Deutschlands« stellte. Im April 1946 nach Paris repatriiert. Som- mer 1946 vom USA-Presse-Offizier nach Bayern berufen. Leiter der Außenpolitik im »Echo der Woche«. 1951 Austritt aus der Redaktion, freier Journalist, 1954 bis 1959 Paris, dann München, 1969 lebte Wollen- berg in Hamburg. WOLLWEBER, Ernst (1898-1967) Als Sohn eines schlesischen Bergmannes am 29. Oktober 1898 in Hannoversch-Münden geboren, wuchs in unglücklichen Familien- verhältnissen auf und lief 1913 von zu Haus weg. Im Hamburg Schiffsjunge und Hafen- arbeiter. 1915 Mitglied der Sozialistischen Jugendbewegung. 1916 zur Marine einge- zogen, zeitweise U-Boot-Matrose. Im No- vember 1918 hißte er auf dem Linienschiff »Helgoland« die rote Fahne. Er wurde Vorsitzender des Arbeiter- und Soldaten- rates beim U-Bootkreuzerverband. Im März 1919 vom Militär entlassen, grün- dete er in Hannoversch-Münden eine Orts- gruppe der KPD. 1920 kam Wollweber wieder nach Hamburg, er leitete eine »Rote Seemannsunterkunft«. 1921 berief ihn die KPD zum politischen Sekretär des Bezirks Hessen-Waldeck in Kassel. Der Jenaer Par- teitag 1921 wählte ihn in den Zentralaus- schuß. Delegierter auf dem IV. Weltkongreß der Komintern 1922. Bis Ende 1923 leitete er den Bezirk Hessen-Waldeck. Der Leip- ziger Parteitag 1923 berief ihn in die Be- schwerdekommission und erneut in den ZA. Anfang 1924 war Wollweber im Saargebiet und leitete Mitte 1924 nochmals kurze Zeit den Bezirk Hessen-Waldeck, dann wurde er nach Schlesien gesandt, wo er - von Wollweber/Woykowski 349 Hamann denunziert - im Juli 1924 ver- haftet wurde. Nach i^jähriger Unter- suchungshaft verurteilte ihn das Reichs- gericht am 23. Dezember 1925 zu drei Jah- ren Gefängnis. Am 6. März 1926 aus dem Gefängnis ent- lassen. Der Gnadenakt war eine Folge der Verhaftung des Landgerichtsdirektors Jür- gens vom Reichsgericht. Jürgens, der meist kommunistische Fälle bearbeitete, hatte Wollweber 1924 festnehmen lassen und die Untersuchungshaft extra lang ausgedehnt, damit Wollweber nicht unter die Hinden- burg-Amnestie fiel. Jürgens wurde im Fe- bruar 1926 wegen Betrügereien festgenom- men, daraufhin erfolgte die vorzeitige Haftentlassung Wollwebers. Das ZK schickte ihn als Gewerkschaftssekre- tär zur BL Schlesien nach Breslau. Er zog 1928 auch als Abgeordneter in den preußi- schen Landtag ein. Bei den Auseinander- setzungen mit den »Rechten« in Breslau vertrat Wollweber die Linie des ZK, er wurde Anfang 1929 als Nachfolger Hau- sens Polleiter in Schlesien. Diese Funktion behielt Wollweber bis Anfang 1932, dann wurde er von den Sowjets mit dem Aufbau eines Geheimapparates beauftragt und aus der direkten Parteiarbeit zurückgezogen. Im November 1932 in den Reichstag gewählt, dem er bis 1933 angehörte. Nach 1933 war Wollwebers Apparat füh- rend am Widerstandskampf der KPD gegen Hitler beteiligt. Von Kopenhagen aus lei- tete er den Neuaufbau des Westeuropä- ischen Büros der Komintern. Wollweber, zuerst noch in Deutschland selbst tätig, or- ganisierte auch die Anschläge auf Schiffe deutscher und italienischer Nationalität. 1940 wurde er in Schweden verhaftet und zu drei Jahren Zwangsarbeit verurteilt. 1943 lieferte man ihn in die Sowjetunion aus, wo er bis 1945 lebte. 1945 wieder Mitglied der KPD, dann der SED, wurde er zunächst Leiter des Schiff- fahrtamtes der Ostzone, dann 1949 Staats- sekretär im Verkehrsministerium. Im Juni 1953, nach der Absetzung Zaissers, rückte er zum Leiter des Staatssicherheitsdienstes der DDR auf. Sein Staatssekretariat wurde 1955 in ein Ministerium umgebaut. Er be- kam 1954 den »Vaterländischen Verdienst- orden« in Gold. Auf dem IV. SED-Partei- tag 1954 wurde er auch ins ZK der SED gewählt. Am 6. Februar 1958 wurde Wollweber zu- sammen mit Schirdewan aus dem ZK der SED ausgeschlossen, sie erhielten wegen »Fraktionstätigkeit« eine Parteirüge. Als Gegner Ulbrichts auch als SSD-Minister ab- gesetzt, lebte er schwerkrank in Ost-Berlin, wo er am 3. Mai 1967 starb. WOYTKOWSKI, Paul (1892-1960) Geboren am 20. Dezember 1892 in Woll- stein (Posen), lernte Drahtzieher und ar- beitete im Ruhrgebiet. 1910 Mitglied der Gewerkschaft und 1913 der SPD. Im Weltkrieg Übertritt zur USPD, mit der linken USP 1920 zur KPD. Woytkowski arbeitete in Essener Metallbetrieben, u. a. bei Krupp. Er zog 1928 in den preußischen Landtag ein. Mitte 1928 zum besoldeten Unterbezirksleiter in Essen berufen. 1930 Sekretär der KPD-Bezirksleitung Ruhr. 1931 schickte ihn das ZK als Sekretär in die Bezirksleitung Oberschlesien. Auch 1932 wieder in den preußischen Landtag ge- wählt. 1933 flüchtete er aus Oberschlesien nach Berlin. Das ZK wies ihm neue Funktionen zu, doch wurde er schon bald verhaftet. Später arbeitete er als Schlosser. 1938 er- neut in Haft genommen, war er bis 1945 im KZ Buchenwald. 1945 Mitglied der KPD, gehörte er 1946 der Zonenleitung der Partei in der briti- schen Zone an. 1947 Übersiedlung nach Thüringen, Mitglied der SED, mit ver- schiedenen Funktionen betraut. Vorsitzen- der des Landesvorstandes des FDGB in Thüringen. Von 1954 bis zu seinem Tode Vorsitzender des Rates von Nordhausen und Mitglied der SED-Bezirksleitung in Erfurt. Er erhielt mehrere Orden, darunter 3 jo Woytkowski/Zetkin (1956) den »Vaterländischen Verdienst- orden« in Silber. Woytkowski starb am 14. April 1960. WURM, Christoph (1891-1939) Am 8. August 1891 in Offenbach/M. ge- boren, Sohn eines bekannten Sozialisten; Drechslerlehre. 1910 Eintritt in die SPD, Mitarbeit an Parteizeitungen. Im Krieg Verbindung zur Spartakusgruppe. 1918/19 einer der Führer des »Roten Sol- datenbundes«, Delegierter des Gründungs- parteitags der KPD. Von 1919 bis 1923 hauptamtlicher Wanderredner für die KPD. Teilnehmer der Parteitage von 1919 bis 1923. Als Anhänger der Mittelgruppe 1924 aus der deutschen Parteiarbeit entfernt. Redak- teur an der Wiener »Roten Fahne«. Am 24. September 1924 zusammen mit Ulbricht in Wien verhaftet und nach Verbüßung einer kurzen Gefängnisstrafe abgeschoben. Bis 1926 im Kominternapparat tätig, dann Rückkehr nach Deutschland, Mitarbeiter des ZK in der Informationsabteilung. Diese Funktion hatte er bis 1933 inne. 1933 illegale Arbeit für die KPD, dann nach Moskau berufen, Sektorleiter im EKKI. In der vergifteten Atmosphäre der Moskauer Säuberungen erlitt er 1937 einen Schlaganfall, von dem er sich nicht mehr erholte. Kurz nach Kriegsausbruch, im Sep- tember 1939 starb Wurm nach einem zwei- ten Schlaganfall. ZETKIN, Clara (1857—1933) Als älteste Tochter (von drei Kindern) des Dorfschullehrers Gottfried Eisner am 5. Juli 1857 in Niederau (Sachsen) geboren. Die Mutter, Josephine Vitale, war Tochter eines Ordonnanzoffiziers Napoleons. Clara Zetkin besuchte die Dorfschule, das Gymnasium und nach der Übersiedlung der Eltern nach Leipzig von 1873 bis 1878 das von der Frauenrechtlerin Auguste Schmidt geleitete Lehrerinnenseminar. Sie bestand die Leh- rerinnenprüfung 1878 »mit Auszeichnung«. Während des Studiums Bekanntschaft mit dem russischen Revolutionär Ossip Zetkin, der sie mit den sozialistischen Theorien von Marx vertraut machte. Sie wurde Sozialdemokratin, das führte zum Bruch mit ihrem (demokratisch-bürger- lichen) Elternhaus und ihrer Umwelt. 1880 wurde Ossip Zetkin aus Deutschland aus- gewiesen, Clara folgte ihm. Sie war zu- nächst Hauslehrerin in Linz und Zürich und kam nach Paris. Dort heiratete sie Ossip Zetkin. Ihre Kinder, Maxim und Kostja wuchsen in Paris auf. Ende Januar 1889 starb ihr Mann nach langer Krankheit, ihr schweres soziales Los verschlimmerte sich. Clara Zetkin nahm als Mitarbeiterin des SPD-Organs »Sozialdemokrat« an der Gründung der II. Internationale 1889 teil. Die 32jährige hielt das Referat zur Arbei- terinnen- und Frauenfrage. Nach Aufhe- bung des Sozialistengesetzes kehrte sie 1891 nach Deutschland zurück und gab die Frauenzeitschrift »Gleichheit« heraus, deren Redaktion sie bis 1917 leitete. Clara Zetkin wurde eine der führenden Sozialdemokraten in Europa. 1907 wählte man sie zur Sekretärin des Frauensekreta- riats der Sozialistischen Internationale. Sie nahm an fast allen Kongressen der Inter- nationale und an fast allen Parteitagen der SPD bis zum Weltkrieg teil. Von 1895 bis 1913 wurde sie auf allen Parteitagen der SPD in die Kontrollkommission des Partei- vorstandes gewählt. Sie gehörte dem Partei- vorstand bis zum Weltkrieg an. Clara Zetkin war Marxistin, sie stand auf dem linken Flügel der Partei und hatte sich eng an Rosa Luxemburg angeschlossen. Als die Reichstagsfraktion der SPD am 4. Au- gust 1914 den Kriegskrediten zustimmte, protestierte Clara Zetkin zusammen mit Mehring, Rosa Luxemburg und Karl Lieb- knecht gegen diese Linie. Sie wurde Mit- begründerin des Spartakusbundes und der USPD. 1915 leitete Clara Zetkin in Bern eine inter- nationale Frauenkonferenz der linken Inter- Zetkin/Ziehl 351 Rationalisten. Sie geriet jedoch in Konflikt mit Lenin, dem die Konferenz zu »zentri- stisch« war. 1916 wurde sie in »Schutzhaft« genommen, doch die 60jährige war krank und wurde 1917 wieder entlassen. An ihrem Wohnsitz Stuttgart arbeitete sie aktiv für die Sparta- kusgruppe. Im Mai 1917 entzog ihr der SPD-Parteivorstand ihr Lebenswerk, die Zeitschrift »Gleichheit«. Sie setzte ihre schriftstellerische Tätigkeit in der Beilage der »Leipziger Volkszeitung« fort. Clara Zetkin war Anhängerin der bolsche- wistischen Oktoberevolution. Am Grün- dungsparteitag der KPD nahm sie nicht teil, sie gehörte bis März 1919 formal der USPD an und vertrat diese im württembergischen Landtag. 1919 kam sie in die Zentrale der KPD und gehörte vom II. Parteitag 1919 bis zum VIII. Parteitag 1923 als gewähltes Mitglied allen Zentralen der KPD an. In der KPD war sie die einzige Führerin, die schon in den Anfängen der alten Sozial- demokratischen Bewegung Gewicht hatte, die also die Tradition der Arbeiterbewe- gung vertrat. Wegen ihrer Lauterkeit all- seits geachtet, wurde sie schon 1920 als einer der beiden kommunistischen Abgeord- neten in den Reichstag gewählt (neben Levi). Sie vertrat die KPD ununterbrochen bis 1933 im Reichstag. In den innerparteilichen Auseinanderset- zungen gehörte Clara Zetkin zum rechten Flügel. Zusammen mit Levi verließ sie Ende 1920 die Zentrale und beinahe hätte sie mit ihm zusammen auch die KPD verlassen (nach der Märzaktion 1921). Lenin, der sie sehr schätzte, konnte sie jedoch zum Ver- bleib in der Partei bewegen. In den zwan- ziger Jahren oft erkrankt, lebte sie die meiste Zeit in der Sowjetunion. 1923/24 stellte sich Clara Zetkin hinter die Brandler-Thalheimer-Linie und kämpfte erbittert gegen den Kurs der Ruth Fischer- Zentrale. Trotz ihrer großen Popularität 1924 nicht in die Zentrale der KPD ge- wählt. Sie wurde auch nicht (wie das die alte Zentrale 1923 vorgesehen hatte) als Kandidatin zur Reichspräsidentenwahl 1925 aufgestellt, statt ihrer präsentierte die KPD Thälmann. Auch der X. Parteitag 1925 wählte sie nicht ins ZK, doch nach dem »Offenen Brief« er- hielt sie in der KPD wieder Einfluß. Sie wandte sich scharf gegen die linke Opposi- tion und besonders gegen Ruth Fischer. 1927 wieder ZK-Mitglied, war sie Gegnerin der neuen ultralinken Wendung von 1928. 1929 sah es fast so aus, als wollte sie zur KPO übergehen. Doch die schwerkranke, fast erblindete Frau blieb auch nach dieser Schwenkung in der Partei. Allerdings wurde sie vom XII. Parteitag 1929 nicht mehr ins ZK gewählt. In jenen Jahren lebte sie fast ständig in Moskau, eng befreundet mit Lenins Witwe Krupskaja. Bei den Auseinandersetzungen zwischen Stalin und den Rechten (Bucharin) gehörten ihre Sympathien offen den Rech- ten, doch raffte sie sich zu keinem ernsten Widerstand mehr auf. Zur Eröffnung des Reichstags im August 1932 kam sie nochmals nach Berlin und eröffnete als Alterspräsidentin - fast er- blindet - die Legislaturperiode des Reichs- tags mit einer scharfen Rede gegen die Nationalsozialisten. Bei Hitlers Macht- antritt war sie wieder in Moskau. Clara Zetkin starb am 20. Juni 1933 in Moskau. Ihr Sohn Maxim (1883-1965) war führend im Gesundheitswesen der DDR tätig; ihr Sohn Kostja (geb. 1881) lebt in Kanada. Von ihren zahlreichen Schriften hat die SED eine dreibändige Auswahl herausgegeben (Dietz Verlag 1957/60), doch darin fehlen vor allem ihre innerparteilichen Streit- schriften. ZIEHL, August Johann (1881-1965) Am 1. März 1881 in Geesthacht geboren, Sohn eines Korbmachers und SPD-Funk- tionärs; lernte 1895-1899 in der Geest- hachter Glasfabrik die Korbmacherei. Am 28. November 1896 Mitglied der SPD, bald einer der führenden Funktionäre der Star- 352 Ziehl/Zobel ken Ortsgruppe Geesthacht. Im Ersten Weltkrieg Soldat. 1917 trat er mit 90% der SPD-Ortsgruppe zur USPD über. Als er im September 1918 wieder an die Front kommen sollte, deser- tierte er, von einem Kriegsgericht zu vier Monaten Festung verurteilt, aber durch die Revolution befreit. Nach der Revolution Schriftführer des Arbeiterrats in Geesthacht. Ziehl war einer der fünf Delegierten Ham- burgs auf dem USP-Parteitag im März 1919 in Berlin. 1921 schloß er sich mit fast der gesamten USP-Ortsgruppe der KPD an. Nach der Märzaktion 1921 zu zwei Jahren Zuchthaus verurteilt, nach 14 Monaten am- nestiert. Von 1924 bis 1931 Mitglied der Hamburger Bürgerschaft und der Bezirks- leitung Wasserkante. In den Jahren 1924 bis 1933 Stadtvertreter in Geesthacht, 1931 stellvertretender Bürgermeister in Geest- hacht. Delegierter des Essener Parteitags 1927, in die Kommunalkommission ge- wählt. Wegen der diktatorischen Maßnahmen der KPD-Bezirksleitung Wasserkante trat er im August 1931 mit 200 von 320 Mitgliedern aus der KPD aus. Die Gruppe schloß sich der KPO Brandlers an. Unter Ziehls Füh- rung erhielten sie bei den Gemeindewahlen zwei Sitze. Mit der Mehrheit der KPO- Gruppe trat Ziehl 1932 zur SAP über. 1933/34 fast ein Jahr lang im KZ Fuhls- büttel festgehalten und 1944 als fast 65jäh- riger nochmals 13 Monate ins KZ Neuen- gamme verschleppt. 1945 war Ziehl einer der Mitbegründer der KPD in Geesthacht. 1949 wurden er und eine Reihe seiner Freunde als Gegner des Stalinkurses ausgeschlossen. 1951 gründete er die Unabhängige Arbeiterpartei mit, diese hatte in Geesthacht eine ihrer Hoch- burgen und bekam bei den Wahlen 1951 423 Stimmen (gegen 736 der KPD). Ziehl war Delegierter auf dem UAP-Parteitag 1951 in Worms. Auch nach der Auflösung der UAP blieb Ziehl aktiv, zunächst führte er die Geesthachter Gruppe als »SAP« fort. 1958 veröffentlichte er die Schrift »Geest- hacht - 60 Jahre Arbeiterbewegung 1890 bis 1950«. 1961 trat er der »Deutschen Friedensunion« (DFU) bei, in der er noch aktiv war. Ziehl starb am 17. Mai 1965 in Geesthacht. ZIMMERMANN, Richard (1876-1969) Geboren am 31. Dezember 1876 in Dresden, lernte Dreher und war Jahrzehnte in Jena in diesem Beruf tätig. 1899 Mitglied der SPD, 1917 Übertritt zur USPD, mit der linken USP 1920 zur KPD. Jahrelang Betriebsrat in den Zeiss-Werken. 1924 in den Landtag von Thüringen ge- wählt. Als Mitglied der KPD-Bezirkslei- tung Thüringen für die Kommunalpolitik verantwortlich. 1927 zog er wieder in den Landtag ein. Bei den Auseinandersetzungen mit den Rechten in Thüringen 1928/29 war Zimmermann zunächst der einzige Thürin- ger Abgeordnete, der die Linie des ZK ver- trat (später schloß sich ihm noch Eyermann an). Auch 1929 und 1932 wieder Landtags- abgeordneter. Er übernahm in der Bezirks- leitung die Abteilung Land. Nach 1933 war Zimmermann Leiter des KPD Unterbezirks Gotha. 1934 verhaftet und längere Zeit inhaftiert, dann lebte er als Rentner in Thüringen. 1945 trat er wieder der KPD bzw. der SED bei. Als Parteiveteran auf einer Ver- anstaltung im Januar 1957 geehrt, fuhr er mit einer Delegation im Sommer 1957 für einige Zeit in die Sowjetunion. Zimmermann wurde mit dem »Vaterländischen Verdienst- orden« in Bronze ausgezeichnet, er war Eh- renbürger von Jena. Er starb hochbetagt am 11. Juli 1969 in Jena. ZOBEL, Paul (1891-1945) Am 13. März 1891 in Berlin geboren, lernte Buchhändler. 1913 Mitglied der SPD, 1917 der USPD, 1920 der KPD. Ab 1920 Buchhändler in kommunistischen Buchhandlungen und Büchereien. Im Som- mer 1924 Geschäftsführer der VIVA (Ver- Zobel/Zwicker 353 einigung Internationaler Verlagsanstalten, ein KP-Verlag). Im Februar 1926 als Par- teiangestellter ins ZK berufen. Im Novem- ber 1927 wegen Herausgabe »hochverräte- rischer Schriften« zu einem Jahr Festung verurteilt. Im Mai 1928 in den preußischen Landtag gewählt und aus der Festung entlassen. Zo- bel arbeitete erst in der Geschäfts-, dann in der Sportabteilung des ZK und zog auch 1932 wieder in den preußischen Landtag ein. Zusammen mit Ernst Grube leitete er die Zeitschrift »Internationaler Arbeiter- sport« und war im Komitee für rote Sport- einheit tätig. 1933 illegale Arbeit für die KPD. Nach einigen Jahren verhaftet und ins KZ ver- schleppt. Kurz vor Kriegsende wurde Zo- bel am 22. März 1945 von der SS ermordet. ZWICKER, Albert (1897-1937?) Am 17. August 1897 in Stuttgart geboren, nach der Schlosserlehre als Soldat eingezo- gen. 1916 wegen antimilitaristischer Arbeit kurze Zeit verhaftet. Nach dem Krieg Schlosser. 1919 in Stuttgart Mitglied der KPD. 1922 hauptamtlicher Parteisekretär, zunächst in Stuttgart, von Sommer 1922 bis Oktober 1923 in der Zentrale der KPD in Berlin. Als Anhänger der Mittelgruppe 1924 ver- drängt, arbeitete er in kommunistischen Massenorganisationen. 1925 zu 1V2 Jahren Gefängnis verurteilt, weil er Anfang 1924 der illegalen Bezirksleitung Württemberg angehört hatte. Im April 1927 Absolvierung der KPD-Par- teischule. 1927 bis Anfang 1929 Agitprop- Sekretär in der KPD-Bezirksleitung Würt- temberg. Im Februar 1929 schickte das ZK Zwicker nach Sachsen; er war zunächst Re- dakteur der »Arbeiterstimme« in Dresden, dann Mitte bis Ende 1929 Sekretär für Gewerkschaftsfragen in der KPD-Bezirks- leitung Westsachsen. Bis 1933 in verschie- denen Parteifunktionen in Sachsen und Württemberg. 1933 illegale Arbeit, später in die Sowjet- union emigriert. Leiter des Klubs ausländi- scher Arbeiter in Moskau. Zusammen mit Schwenk während der Moskauer Säuberun- gen 1937 verhaftet, soll Zwicker hingerichtet worden sein. Quellen- und Literaturverzeichnis i. ARCHIVALIEN Bundesarchiv Koblenz (BuA Koblenz) Akten Reichskanzlei. R 43 I/2671. Akten bett. Kommunistische Partei. Band 7-9 (1924 bis 1929). Generalakten des Justizministeriums betr. die komm. Partei 135/8472-8475. Nr. 140. Nachlaß Rechberg. 379-3 (Nachlaß Maria Reese). R 58/8 (Reichssicherheitshauptamt, Personalbogen über KPD-Mitglieder). R 58/390-92. (Parteitage der KPD). Staatsarchiv Bremen (StA Bremen) Bestand 4, 65 (Polizei) IIA 12a. VKPD Reich (bzw. KPD-Reich). Allgemeines. Bd. i-Bd. 36 (1919-1936). ILA 12a i. VKPD Reich. Besonderes. Bd. 1 und 2. IIA 12a ia. VKPD Reich. Opposition. Bd. 1 und 2. IIA 12a 2. Kommunistische Arbeitsgemeinschaft 1921. IIA 12a 4. Komm. Opposition in Gewerkschaften. Bd. 1-17. (1924-1935). IIA 12a 10. VKPD Reich. Presse. Bd. 1-3. IIA 12b. VKPD Bremen. Allgemeines. Bd. 3~i6b (1921-1932). IIA 12b i. VKPD Bremen. Parteiorganisation. Bd. 2-5 (1924-1929). IIA 12b id. KPD Bremen. Opposition. IIA 12b 9. VKPD Bremen. Parlamentsfraktion. Bd. 1 und 2 (1919-1933). IIA 12b. 20. KPD. Parteischulen. Bd. 1-4 (1921-1933). IIA 12 30a. Der Parteiarbeiter (1926-1930). IIA 13a. KAPD. Reich. Allgemeines. Bd. 1-3. IV 13h. Berichte Polizeipräsidium Berlin IA. Bd. 1-4 (1925-1928). IV 13L Mitteilungen IA Berlin. Bd. 1-16 (1929-1933). IV 13k. Berliner Mitteilungen (Rundschreiben ZK der KPD 1932). IV 23. Landesinformationsdienst Dresden. Bd. 1-4 (1920-1933). IV 27. Mitt. Landespolizeiamt Stuttgart. Bd. 4-9 (1924-1930). IV 29. Mitt. Hessen. Polizeiamt Darmstadt. Bd. 1-6 (1923-1930). IV 30. Mitt. Thüringen. Bd. 1-2 (1923-1929). IV 31. Berichte Baden. Bd. 1-2 (1924-1929). IV 33. Berichte Mecklenburg-Schwerin. (1924-1929). Bd. 1-2. IV 4e 2. Mitteilungen Hamburg. Bd. 4-7 (1922-1932). 3 j 6 Quellen- und Literaturverzeichnis IV 6. Mitt. Hannover. Bd. n (1922-1926). VI 79a. Wahlen in Thüringen. VI 790. Wahlen in Sachsen. Verhandlungen der Bremischen Bürgerschaft vom Jahre 1924. Sitzung 1-26. Stenogr. auf- gezeichnet. O. O. u. o. J. - Dass, vom Jahr 1925, Sitzung 1-23. O. O. u. o. J. Hauptstaatsarchiv Düsseldorf (HStA Düsseldorf) Regierung Düsseldorf: 15 681. Kommunistische Arbeiterpartei. 15 682. Kommunistische Arbeitsgemeinschaft. 15 685. Kommunistische Jugend. 15 689-15 692. Kommunistische Partei 1921/22. 16 910 Komm. Bewegung, Generalia. 16 921-16 922. Agitprop KPD. 16 923-16 928. Komm. Bewegung, Specialia (1925-1927). 16 929. Komm. Bewegung, Stadt Duisburg. 16 930. Komm. Bewegung, Krefeld. 16 932. Komm. Bewegung, Hamborn. 16 933. Komm. Bewegung, Düsseldorf. 16 934. Komm. Bewegung, Essen. 16 944. Komm. Bewegung, Solingen. 16 949. Komm. Bewegung, Remscheid. 16 949. Kommunistische Arbeiterpartei. 16 951. KPD. Personalien. 16 957. Herausgabe von Zeitungen durch die KPD. 16958-16959. Zeitungen und Drucksachen-Beschlagnahme. 960. Organisation der KPD. 988. Roter Frauen- und Mädchenbund. 079-17 080. Kommunistische Partei. 17 209. KPD 1932. 30 648-30 651. KPD Verschiedenes. 30 652. Roter Frontkämpferbund. 30 657. Kommunistische Partei. 30 659. Roter Frontkämpferbund. 30661 KPD-Opposition. 30 662. Kommunistische Partei. 30 665. KPD. Oberpräs. Westfalen 1933. Hauptstaatsarchiv Düsseldorf II (Gestapo-Archiv) 377 und 4032 (Schlagewerth), 841 (Wolf), 2019 (Gewehr), 2206 (Karg), 2257 (Polenz), 2383 (Weidauer), 2475 (Kaps), 2478 (Seng), 3594 (Jannack), 3731 (Frenkel), 3931 (Gunder- mann), 3938 (Serwe), 4431 (Bietteck), 4751 und 14812 (H. Schmidt), 5135 (Mohr), 6690 (Idel), 7009 (Kaasch), 7022 (Zinke), 7140 (Lennartz), 7287 (Wiatrek), 7538 (Ligendza), ii 053 und 48709 (Knodt), 11 250 (Groß), 11 325 (Mewis), 12 112, 19540 und 19 541 Archivalien 357 (Knöchel), 12548 (Tippblätter), 13018 (Kropp), 13456 (Esser), 14 100 (Lemnitz), 17083 und 49005 (Overlach), 17 707 (Epe), 17 720 (Fonk), 23040 (Hertel), 23047 (Gutsche), 27501 (Gentsch), 27753 (Rembte), 27851 (Recks), 27917 (Bertz), 29635 (M. Hoffmann), 31 499, 32 731 und 37993 (Franken), 32 938 (Opitz), 33 017 (Glückert), 36 839 (Schroer), 40338 (Pietzuch), 40685 (Langenfeld), 43331 (Birkenhauer), 44005 (Schwan), 49462 (Klepper), 52 564 (Firl), 53 660 (O. Weber), 57 686 (Kowalski), 61 823 (Fröhlich), 71 873 (Horn). Staatliches Archivlager Göttingen Rep. II, 478. Oberpräsidium Königsberg. 3006. Verordnungen zum Schutz der Republik. 4129. Bolschewismus. 4295. Sowjetrußland. Staatsarchiv Hamburg Handschriftensammlung. DC I, 601. Bürgerschaftsmitglieder. »Hamburger Volkszeitung«. Organ der KPD für den Bezirk Wasserkante. 9. Jg. 1926 und 10. Jg. 1927. Niedersächsisches Staatsarchiv Hannover (StA Hannover) Hann. 88. Hann. II. Polizei. Sonderakten. Bd. 718 (82o)~7i9 (821). Hann. 80. Hann. II. Bd. 770 (843^781 (854). 1929-1932. Hann. 310 I, C 11. Badisches Generallandesarchiv Karlsruhe G. L. A. 234. Justizministerium. Polizei Generalia. Nr. 101 30. Komm. Tl. I (1921-1924). Nr. 101 31. Komm. 1925-1935. Staatsarchiv Koblenz (StA Koblenz) Oberpräsidium Rheinprovinz. 403/13 369-13 379. Überwachung linksradikaler Organisationen. (1924-1929). 403/16 767-16 773. Akten betr. Kommunisten. (1925-1929). 358 Quellen- und Literaturverzeichnis Staatsarchiv Ludwigsburg (StA Ludwigsburg) Württemb. Innenministerium. Bd. 216 - Bd. 219. Maßnahmen gegen staatsfeindliche Umtriebe (1921-1932). Bd. 221. Maßnahmen gegen staatsfeindl. Umtriebe. Rote Hilfe 1921-1932. Bd. 222. Maßnahmen gegen staatsfeindl. Umtriebe RFB 1925-1931. III. 223. Geheimakten Komm. Partei (1920-1926). Bayerisches Hauptstaatsarchiv München (HStA München) Akten des Staatsministeriums des Innern. M. Inn. 71 490. Reichskommissar f. d. Überwachung der öff. Ordnung. M. Inn. 71 537. Bd. II. Verbotene Organisationen 1923. M. Inn. 71 708. Unruhen, politische Umtriebe. Bd. IV, VI, VII. M. Inn. 71 709. Unruhen, pol. Umtriebe. Bd. VI und VII. Bayerisches Hauptstaatsarchiv, Abtl. II. Geheimes Staatsarchiv (Geh. StA München) MA 1943 A. V. Akta des Äußern. 100 413-100 416. Bolschewismus, Kommunismus (1926-1929). 101 235-101 237. Polizeiberichte (1924-1930). 101 247-101 251. Lageberichte Reichskommissar (1924-1927). 103 010. Deutsch-russische Beziehungen 1930-1932. 103 541-103 543. Verzeichnis der Mitglieder des Reichstags-Ausschuß der Nationalver- sammlung/Reichstag für auswärt. Angelegenheiten (1919-1932). 104 400. Verhandlungen des Württ. Landtages. 104 326. Politisches aus Hessen. Staatsarchiv für Oberbayern. (StA München I) Akten Reg. von Oberbayern. RA 3788/16 817-16 822. Komm. Bewegung. Akten d. Staatsanwaltschaft München I, Abgabe 1958. 18-157 (Bleybrunner). 19-165 (Mühlbauer). 20-171 (Müriger). 22-180 (Bauer). 3O-i98b (Torontschick). Akten d. Staatsanwaltschaft München I, Abgabe 1960. 41-20 (Schlaffer). 43-28 (Spielberger). Archivalien 359 Staatsarchiv Münster (StA Münster) Reg. Arnsberg, I Pa. Bd. 254, Bd. 259. Komm. Bewegung (1924). Bd. 266. Komm. Funktionäre. Bd. 279-280. Lageberichte. Bd. 281. Ultralinke Bewegung. Reg. Minden, IP (diese Akten befinden sich inzwischen im Staatsarchiv Detmold, sie werden hier noch nach dem alten Standort angegeben). Bd. 540-547. Anarchismus und Kommunismus (1924-1929). Bd. 601-603. Komm., Antifaschismus (1933). Bd. 642. KPD. Niedersächsisches Staatsarchiv Oldenburg (StA Oldenburg) Bestand 136. VI-86-i3a. Mitt. Berlin. Bd. I-III. (1929-1931). VI - 86 -13c. Bd. I und II. (Vertraul. Mitt. Hamburg 1922-1927). VI - 86 -37. Bd. III-XII. (Mitt. Reichskommissar 1923-1929). Niedersächsisches Staatsarchiv W olfenbüttel (StA Wolfenbüttel). 7101/283. Polizeidirektion Braunschweig. Akten Radikal-Soz. Partei, Komm. Partei. L. Neu. Abt. 133. Nr. 28. RFB. Z. Abt. 58. »Niedersächsische Arbeiterzeitung«, Hannover (ab 2. 11. 1926: »Neue Arbeiter Zeitung«). 4. Jg. 1924 bis 9. Jg. 1929. Privatarchiv Rosa Meyer-Levine. London. Nachlaß Ernst Meyer. Arbetarrörelsens Arkiv Stockholm. Bestand KPD, 1951/12 256. 1723/816. 1923/815. Div. Zeitschriften. Internationaal Instituut voor Sociale Geschiedenis Amsterdam Nachlaß Kautsky. D IX, 367. D XII, 114. D XVII, 409/12. D XIX, 527, D XIX, 138 (Briefe von K. Duncker, Heckert, E. Meyer, Rosenberg, Remmele). Div. Zeitschriften. 360 Quellen- und Literaturverzeichnis Records of the Reich Leader of the SS and Chief of the German Police. (Himmler-Nachlaß). The National Archives of the United States. A Microfilm Publication. T 175, Roll 284, 285, 300, 301, 312, 313, 321, 357, 372, 451. NSDAP-Hauptarchiv. Hoover-Institution. Microfilm Collection. Folders 806-838. 1393-1409. 1580-1591. Archiv des Bayerischen Landtages. München. Übersicht über die Verhandlungen des Landtages des Freistaates Bayern in den Tagungen 1924/25. Herausgegeben vom Landtagsarchivariat, München 1925. - Dass. Tagungen 1925/26, München 1926. - Dass. Tagungen 1928 und 1928/29. München 1929. Verhandlungen des Bayerischen Landtags. Stenographische Berichte. I. Tagung 1924 bisv V. Tagung 1927/28. Bd. I-IX. - Dass. I. Tagung 1928 und II. Tagung 1928/29. Bd. I und II. Akten der Ausschüsse: 1349 (Haushalt Staatsbetriebe). 1352 (Haushalt, direkte Steuern 1924/25). 1358 I und 1358 II (Haushalt und Staatsministerium f. Unterricht). 1362 (Haushalt Staatsministerium f. Handel). 1387 (Abänderung Landeswahlgesetz). 1388 (Reichsgesetz Jugendwohlfahrt). 14ii (Antrag Götz wegen Haftbefehl Grönsfelder). 1412 (Anträge Reichsbahn). 1422 (Ausnahmezustand). 1427 (Amnestie). 1430 (Achtstundentag). 1436 (Antrag Götz). 1446 (Notlage Arbeiter). 1471 (Erwerbslosenordnung). 1487 (Betriebsrätegesetz). 1496 (Verpachtung staatl. Wiesen). 1599 (Durchsuchung KPD-Räume). 1611 (Haushalt Staatsbetriebe 1926). 1617 (Haushalt d. Äußern 1926). 1620 I (Haushalt Staatsministerium Kultus und Unterricht 1926). 1761 (Haushalt Soz. Fürsorge 1927/28). 1848 (Antrag Büchs). Befragungen 361 BEFRAGUNGEN Mündliche (m) und schriftliche (s) Mitteilungen früherer KPD-Führer und -Funktionäre (Mitt. an den Verf.) Ackerknecht, Erwin, Prof. Dr., fr. Sekretär Trotzkis (m). Altwein, Fritz, fr. KPD-Sekretär in Thüringen und Mitglied der Reichsleitung der »Roten Hilfe« (1966 gestorben), (m und s). Aschenbrenner, Rosa, fr. KPD-MdL Bayern (1966 gestorben), (m). Bauer, Leo, fr. Funktionär der KPD (m). Bartels, Wolfgang, fr. MdR und Chefredakteur der KPD (m und s). Becker, Ludwig, fr. KPD-MdL Württemberg (m und s). Belleville, Fritz, fr. Funktionär der KPD (m). Blinn, Klara, fr. Kandidat des ZK der KPD (m). Brandler, Heinrich, fr. Vorsitzender der KPD (1967 gestorben), (m und s). Brandt, Heinz, fr. Funktionär der KPD (m und s). Dautzenberg, Jakob, fr. KPD-MdR (s). Ebner, Adam, fr. KPD-MdR (s). Enderle, August, fr. Mitarbeiter des ZK der KPD (1959 gestorben), (m und s). Fischer, Ruth, fr. Vorsitzende der KPD (1961 gestorben), (m und s). Frank, Karl, Dr., fr. Mitarbeiter des ZK der KPD (s). Frank, Walter, fr. KPD-MdR (s). Frenzel, Max, fr. Orgleiter der KPD Pfalz (m). Frölich (Wolfstein), Rose, fr Mitglied der KPD-Zentrale (m und s). Galm, Heinrich, fr. Kandidat des ZK der KPD (m). Goren, Anton, fr. Funktionär der KPD (s). Grade, Alfred, fr. Chefredakteur der KPD (m). Grönsfelder, Karl, fr. KPD-MdL Bayern (1964 gestorben), (s). Gross, Babette, fr. komm. Funktionärin, Lebensgefährtin des KPD-Führers Willi Mün- zenberg, (m und s). Grylewicz, Anton, fr. KPD-MdR (m und s). Hahne, Margarete, fr. Mitglied des ZK der KPD (Befr. d. Dr. Fleischer). Hausen, Erich, fr. Kandidat des ZK der KPD (m und s). Hempel, Paul, fr. Funktionär der KPD (m und s). Hesse, Max, fr. Vertreter der KPD in Moskau (1964 gestorben), (m und s). Heucke, Alwin, fr. Polleiter der KPD Hessen (1962 gestorben), (s). Humbert-Droz, Jules, fr. Mitglied des EKKI in Moskau (m). Hurm, Ludwig, fr. Funktionär der KPD (1964 gestorben), (m). Ibel, Joseph, fr. Funktionär der KPD (m und s). Johansen, Henryk, fr. Funktionär der KPD (1967 gestorben), (m). Jungclas, Georg, fr. Funktionär der KPD (m und s). Kasper, Wilhelm, fr. Mitglied des ZK und Kandidat des Polbüros der KPD (s). Koegler, Theodor, fr. Polleiter der KPD Berlin-Brandenburg (1968 gestorben), (s). Köhler, Max, fr. Mitarbeiter des ZK der KPD (m und s). Küll, Karl, fr. Mitglied des ZK der KPD (s). Lang (Halbe), Erna, fr. Reichsfrauenleiterin der KPD (m). Quellen- und Literaturverzeichnis Lang, Joseph, fr. Funktionär der KPD (m). Langerhans, Heinz, Prof. Dr. fr. Sekretär Ruth Fischers (m). Lazarus, Ludwig, fr. Funktionär der KPD (m). Leonhard, Susanne, bis 1925 KPD (m). Loquingen, Peter, fr. KPD-MdL Preußen (1965 gestorben), (m). Menne, Bernhard (Rudert), fr. Chefredakteur der KPD (1968 gestorben), (m und s). Meyer-Levine, Rosa, fr. komm. Funktionärin und Ehefrau des KPD-Führers Ernst Meyer (m und s). Müller, Herbert, fr. KPD-MdL Bayern (m). Müller, Kurt, fr. Vorsitzender des Komm. Jugendverbandes (m und s). Rabe, Kurt, fr. Jugend-Funktionär der KPD (m). Rattai, Gertrud, fr. Funktionärin der KPD (m und s). Retzlaw, Karl, fr. Leiter des Geh. Apparates der KPD (m und s). Riechen, Wilhelm, fr. Mitglied des ZK des KJVD (m). Riess, Ludwig, fr. Funktionär der KPD (s). Rück, Fritz, fr. Mitarbeiter des ZK der KPD (1959 gestorben), (m). Schappe, Joseph, fr. Funktionär der KPD (s). Schlaffer, Joseph, fr. Mitglied des ZK der KPD (1964 gestorben), (m und s). Schmidt, Alfred, fr. KPD-MdL Preußen (m und s). Scholem, Emmi, fr. Funktionärin der KPD und Ehefrau des KPD-Führers Werner Scholem (m und s). Schroer, Alfred, fr. KPD-MdR (s). Schumacher, Ernst, fr. KPD-MdL Württemberg (s). Serwe, Hubert, fr. Chefredakteur der KPD (1966 gestorben), (s). Springstubbe, Burkhart, fr. Funktionär der KPD (1966 gestorben), (m). Steuer, Johannes, (Hans) fr. KPD-MdR (1963 gestorben), (m). Tenner, Albin, fr. KPD-MdL Thüringen (1967 gestorben), (m). Tittel, Hans, fr. Polleiter der KPD Thüringen (m und s). Torgier, Ernst, fr. KPD-Fraktionsführer im Reichstag (1963 gestorben), (m). Uhlmann, Walter, fr. Funktionär der KPD (m und s). Vogel, J. N., fr. Redakteuer der KPD (s). Vollmer, Otto, fr. KPD-MdL Württemberg (s). Wald, Eduard, fr. Funktionär der KPD (m und s). Walter, Albert, fr. KPD-Mitglied der Hamburger Bürgerschaft (s). Weber, Hans, fr. Mitglied des ZK der KPD (m und s). Wecker, Hanns, fr. KPD-MdL Preußen (s). Wehner, Herbert, fr. Mitglied des ZK der KPD (m). Wollenberg, Erich, fr. Sekretär und Redakteur der KPD (m und s). Ziehl, August, fr. KPD-Mitglied der Hamburger Bürgerschaft (1965 gestorben), (m und s). M. B. (m). M. F. (m). L. S. (s). E. W. (m). Befragungen 363 Auskünfte zu den Biographien von Angehörigen, Wissenschaftlern, Politikern und Insti- tutionen (zusätzlich zu den unter 2a genannten Personen) Else Ausländer, Emil Birkert, Martha Bräuning, Margarete Buber-Neumann, Melchior Britschgi, Landrat Deppermann (Bielefeld), Frau Diedrichs (befr. d. H. Lippmann), MdL Alfred Dobbert, Gertrud Ende, Max Frank, Sepp Golbach, Gertrud Gollmick, Wilhelm Grothaus (inzw. verstorben), Dr. K. Hagin, Joseph Hark jr., Eugen Hertel, Grete Hoefer, MdB Helmut Kalbitzer, Adam Kenzler, Sophie König, Hedda Korsch, Marthe Kreikemeyer, Günther Kuhlmann, Ministerialrat a. D. Wilhelm Matull, Fritz Lamm, Ernst Laske, Elfriede Menne, Dr. Günther Nollau, Dr. Fritz Opel, Jacob Rieper, Jakob Ritter jr., Elfriede Obuch, Jenny Rosenberg, MdL Hermann Runge, Maria Schäfer, Else Schaible, Ernst Scharnowski, Dora Scheible-Hofmann, Käthe Schreck, Kajo Schulte, Ministerialdirigent Max Schwarz, Martha Sepold, Frau Seyfried, Prof. Dr. Fritz Sternberg (inzw. verstorben), Maria Stetter, Helene Sturz, Emanuel Volk, Alfred Weiland, Ludwig Zindel, Rudolf Zollmann. Amtsgerichte Hamburg und München. Archiv für Gesamtdeutsche Fragen (Dr. Leimbach). Internationaler Suchdienst, Arolsen. Entschädigungsamt Berlin (West). Regierungspräsident Hannover (Entschädigungsbehörde). Landesamt für Wiedergutmachung Stuttgart. Landesrentenbehörde Nordrhein-Westfalen (Bundeszentralkartei). Hessisches Staatsarchiv Darmstadt. Landesarchiv Berlin (West), (Dr. Vogel und Dr. Kutzsch). Senator für Inneres von Berlin (West). Vorstand der Industriegewerkschaft Metall, Frankfurt, Deutsche Angestelltengewerkschaft, Hamburg. Parteivorstand der SPD (Ostbüro), Bonn. SPD-Sekretariate in: Düsseldorf Essen, Mannheim, Obernkirchen, Schwenningen. Redaktion »Berliner Stimme« (Piefke). Die Herren Standesbeamten der Standesämter: Alsenborn, Augsburg, Berlin (West) 1, Ber- lin-Neukölln, Braunschweig, Bremen-Mitte, Collalbo/Merano, Coburg, Darmstadt, Düssel- dorf-Ost, Essen, Frankenthal, Fulda, Geesthacht, Gersweiler/Saar, Göppingen, Greven- broich, Groß-Zimmern, Gummersbach, Hamburg, Hanau, Hannover, Haseldorf, Heidel- berg, Heilbronn, Heiligenhaus, Hennef/Sieg, Holzkirchhausen, Horn, Jugenheim, Karls- ruhe, Kiel, Kirchen-Hausen, Kleve, Köln, Lage/Lippe, Langenfeld/Rhld., Lippstadt, Lüden- scheid, Mannheim, Meineringshausen, Metzingen, München, Neu-Isenburg, Neuß, Neustadt/ Schwarzw., Northeim, Nürnberg, Offenbach, Peine, Regensburg, Reichenbach/Fils, Rem- scheid, Schopfheim, Speyer, Stade, Stuttgart, Westen/Verden, Wiehl, Würselen, Wuppertal- Barmen, Wuppertal-Elberfeld. Einwohnermeldeämter, Ordnungsämter, Polizeipräsidien, Bürgermeister usw.: Allershausen, Augsburg, Bergisch-Gladbach, Berlin (West), Bochum, Bottrop, Bremen, Castrop-Rauxel, Coburg, Darmstadt, Datteln, Dinslaken, Dortmund, Duisburg, Duisdorf, Düsseldorf, Em- mendingen, Enkirch, Essen, Eßlingen, Frankfurt/Main, Füssen, Geesthacht, Gelsenkirchen, Gladbeck, Godesberg, Haan, Haaren, Hagelloch, Hagen, Hamburg, Hamm, Hannover, Hattingen, Herne, Hilden, Hiddestorf/Hannover, Ingolstadt, Karlsruhe, Köln, Kohlscheid, Lahr, Langen/Hess., Lünen, Ludwigshafen/Rh., Mainz, Mannheim, Mühlheim/Ruhr, Mün- chen, Neu-Isenburg, Niedermending, Northeim, Nürnberg, Oberhausen, Obernkirchen, Offenbach, Pirmasens, Recklinghausen, Remscheid, Robern/Baden, Schaafheim, Schmidt- heim, Schwenningen, Siegen, Solingen, Stuttgart, Tettau, Untergröningen/Württ., Wald- büttelbronn, Waltenhofen, Wanne-Eickel, Wattenscheid, Bundeskriminalamt Wiesbaden, Winterrieden, Witten, Witzhelden, Wuppertal. (Wie bereits erwähnt, gaben Standesämter und Einwohnermeldeämter der DDR, die um Auskunft gebeten wurden, keine Antwort.) 364 Quellen- und Literaturverzeichnis ZEITUNGEN UND ZEITSCHRIFTEN »Der Agitator«. Organ der KPD. Berlin. 1. Jg. 1931 (lückenhaft). »AIZ«. Die Arbeiter-Illustrierte Zeitung aller Länder. Berlin. 8. Jg. 1929 bis 11. Jg. 1932. »Die Aktion«. Herausgeber Franz Pfemfert. Berlin 13. Jg. 1923 bis 18. Jg. 1928. »Der freie Arbeiter«. Publikationsorgan der Föderation der kommunistischen Anarchisten Deutschlands. 23. Jg. 1930 bis 25. Jg. 1932. »Arbeiterpolitik«. Organ der Kommunistischen Partei Deutschland (Opposition). Leipzig/ Berlin 1. Jg. 1929 bis 5. Jg. 1933 (ab 1930: Kommunistische Tageszeitung. Herausgegeben von der KPO, Berlin; ab 1932: Wochenzeitung). »Arbeiter-Tribüne«. Süddeutsche Zeitung des Werktätigen Volkes. Organ der KPO. Stutt- der Kommunistischen Internationale). Berlin, 1. Jg. 1918 bis 15. Jg. 1932. »Der Rote Aufbau«. Hrsg. Willi Münzenberg. Berlin. 2. Jg. 1929 bis 5. Jg. 1932 (lücken- haft). »Vom Bürgerkrieg«. (Illegales Organ der KPD). 1. Jg. Heft 1,1923, bis 3. Jg. Heft 4/5,1925. »Die Einheit«. Wochenschrift für Fragen des Sozialismus und der Gewerkschaftseinheit. Berlin. 1. Jg. 1926 bis 4. Jg. 1929. »Entschiedene Linke«. Organ der Gruppe »Entschiedene Linke« (Revolutonäre Kommu- nisten), innerhalb und außerhalb der KPD. 1. Jg. Nr. 15/16 (d. i. Nr. 1) vom 15. 9. 1926 bis 2. Jg. Nr. 10, Juli 1927. »Freiheit«. Niederrheinische Tageszeitung der Kommunistischen Partei Deutschlands (Sek- tion der Komm. Internationale). Düsseldorf 7. Jg. 1924 bis 12. Jg. 1929 (ab Oktober 1927: Tageszeitung für Rheinland-Westfalen. Organ der Kommunistischen Partei Deutschlands). »Die Fahne des Kommunismus«. Zeitschrift der orthodoxen Marxisten-Leninisten. Hrsg. Hugo Urbahns. Berlin. 1. Jg. 1927 bis 7. Jg. 1932 (von Januar bis Juni 1927: Mitteilungs- blatt. Linke Opposition der KPD). »Der Funke«. Hrsg, von der Bezirksleitung der KPD Berlin-Brandenburg. (Früher »Taktik und Organisation«). Berlin. 2. Jg. 1924 bis 5. Jg. 1927 (lückenhaft). »Der Gegenangriff«. Antifaschistische Wochenzeitung. Paris u. Prag. 2.-3. Jg. 1934/1935 (lückenhaft). »Gegen den Strom«. Organ der KPD (Opposition). Hrsg, von A. Thalheimer, H. Brandler, J. Walcher, E. Hausen. Berlin. 1. Jg. 1928 bis 5. Jg. 1932 (der 1. Jg. erschien als: Gegen den Strom - Mitteilungsblatt der KPD, Ortsgruppe Breslau (Opposition), Nr. 1 vom 17. 11. 1928). »Hamburger Volkszeitung«. Organ der KPD für den Bezirk Wasserkante. Hamburg. 9. und 10. Jg. 1926 bzw. 1927. »Die Internationale«. Zeitschrift für Praxis und Theorie des Marxismus. Begründet von Rosa Luxemburg und Franz Mehring. Hrsg, von der Zentrale der KPD. Berlin. 6. Jg. 1923 bis 12. Jg. 1929. »Die Internationale«. Organ der Internationalen Arbeiter-Assoziation. Berlin. 1. und 2. Jg. 1924 und 1925. »Internationale Presse-Korrespondenz«. (Inprekorr). Deutsche Ausgabe. Berlin (Jg. 1924: Wien). 4. Jg. 1924 bis 9. Jg. 1929. »Der Kämpfer«. Organ der KPD (Sektion der Komm. Internationale), Bezirk Sachsen/ Chemnitz. 7. und 8. Jg. 1924 bzw. 1925 (lückenhaft). »Klassenkampf«. Organ der KPD für Halle-Merseburg. Halle. 4 und 5. und 9. Jg., 1924, 1925 und 1929. (Einzelnummern). Zeitungen und Zeitschriften 365 »Der Klassenkampf«. Sozialistische Politik und Wirtschaft. Berlin. 2. Jg. 1928 bis 5. Jg. 1931. »Der Kommunist«. Zeitschrift der vereinigten linken Opposition der KPD (Bolschewiki- Leninisten). 1. Jg. 1930. »Kommunistische Arbeiter-Zeitung«. Organ der Kommunistischen Arbeiter Partei Deutsch- lands, Wirtschaftsbezirk Berlin-Brandenburg. Berlin. 4. Jg. 1923 bis 10. Jg. 1929. »Der kommunistische Funktionär«. Hrsg. KPD-Ruhr/Essen. 1. Jg. 1924. (Einzelnummern, Fortf. s. »Der Pionier des Bolschewismus«). »Die Kommunistische Internationale.« Organ des Exekutivkomitees der Kommunistischen Internationale. Hamburg-Berlin. V. Jg. 1924 bis X. Jg. 1929 (bis 1926: Hrsg, von G. Si- nowjew; ab September 1926: Wochenschrift des Exekutivkomitees der Komm. Inter- nationale). »Kommunistische Politik«. Diskussionsblatt der Linken. Berlin. 1. und 2. Jg. 1926-1927 (ab 2. Jg. Nr. 8 vom 1. Mai 1927 ohne den Untertitel). »Marxistische Tribüne«, für Politik und Wirtschaft. Berlin. 1. und 2. Jg. 1931 bzw. 1932. »Mitteilungsblatt« der Gruppe Kommunistische Politik. Bezirk Ruhrgebiet. Hrsg. Schmitz- Bocholt. (hektografiert). September 1928 bis Februar 1929. »Mitteilungsblatt« der Gruppe Unabhängiger Kommunisten (60 Ausgeschlossene). Berlin 1930 (Einzelnummern). »Mitteilungsblatt« der Reichsleitung der linken Opposition der KPD. (Bolschewiki-Lenini- sten). (hektografiert), nur für Mitglieder. Nr. 1-5, Juni bis Dezember 1931. »Neue Zeitung«. Bayerisches Organ der Kommunistischen Partei Deutschlands. (Sektion der Komm. Internationale). München. 8. Jg. 1925 bis 12. Jg. 1929. »Neue Zeitung«. Organ der KPD (Sektion der Komm. Internationale) Groß-Thüringen. Jena. 10. Jg. 1928 (Einzelnummern). »Niedersächsische Arbeiter-Zeitung«. Organ der KPD (Sektion der Komm. Internationale), Wirtschaftsbezirk Niedersachsen, Hannover. 4. Jg. 1924 bis 9. Jg. 1929. Ab 2. 11. 1926: »Neue Arbeiter-Zeitung«. Organ der KPD (Sektion der Komm. Internationale) für die Gebiete Hannover, Braunschweig, Westfalen-Lippe und Hessen-Waldeck. »Oktober«. Militärpolitische Zeitschrift (illegale, der KPD). 1. Jg. 1926 bis 6. Jg. 1931 (lückenhaft). »Der Parteiarbeiter«. Funktionärzeitschrift der Kommunistischen Partei Deutschlands (Sek- tion der Komm. Internationale). Berlin. 1. Jg. 1923 bis 8. Jg. 1930 (lückenhaft). »Permanente Revolution«. Zeitschrift der linken Opposition der KPD (Bolschewiki-Leni- nisten). Berlin. 1. Jg. 1931 bis 3. Jg. (Februar) 1933. (1932: Wochenblatt der linken Opposi- tion). »Der Pionier des Bolschewismus«. Hrsg. KPD, BL Ruhr, Jg. 2, 1925. Essen (Einzelnum- mern) Forts, von »Der kommunistische Funktionär«. »Proletarier«. Monatsschrift der Kommunistischen Arbeiterpartei Deutschlands. Berlin. Jg- 1927- »Die proletarische Revolution«. Organ der Allgemeinen Arbeiter-Union, Einheitsorganisa- tion. Frankfurt/Main. 2. Jg. 1927. »Der Revolutionär«. Diskussions- und Mitteilungsblatt der KPD, Bezirk Niederrhein. Düsseldorf. 1. Jg. 1924 bis 6. Jg. 1929 (Einzelnummern). »Die Rote Fahne«. (RF). Zentralorgan der Kommunistischen Partei Deutschlands (Sektion der Kommunistischen Internationale). Berlin, 1. Jg. 1918 bis 15. Jg. 1932. »Schacht und Hütte«. Zeitung der klassenbewußten Hand- und Kopfarbeiter des Ruhr- gebietes. 1. und 2. Jg. 1927 bzw. 1928 (lückenhaft). Quellen- und Literaturverzeichnis »Sozialdemokratische Partei-Korrespondenz«, Hrsg, vom Vorstand der SPD. Berlin. Er- gänzungsband 1923 bis 1928. Jg. 1929 und 1930. »Sozialistische Republik«. Organ der Kommunistischen Partei Deutschlands (Sektion der 3. Internationale). Bezirk Mittelrhein. Köln. 6. Jg. 1924 bis 11. Jg. 1929. »Spartakus«. Organ des Spartakusbundes. Politisch-wirtschaftliche Einheitsorganisation. 1. und 2. Jg. 1926 bzw. 1927. »Der Syndikalist«. Organ der Freien Arbeiter-Union Deutschlands. Berlin, 3. Jg. 1921. »Tribunal«. Organ der Roten Hilfe Deutschlands. Berlin. 5. bis 7. Jg. 1929-1931 (lückenhaft). »Unser Weg«. (Sowjet). Herausgeber Paul Levi. Berlin. 3. und 4. Jg. 1921 bzw. 1922. »Volkswille«. Reichsorgan des Leninbundes. (Linke Kommunisten). Berlin. 1. Jg. 1928 bis 5. Jg- I932 (lückenhaft). »Vorwärts«. Berliner Volksblatt. Zentralorgan der Sozialdemokratischen Partei Deutsch- lands. Berlin. 40. Jg. 1923 bis 46. Jg. 1929. »Westfälischer Kämpfer«. Rote Fahne Westfalens. Organ der Kommunistischen Partei Deutschlands (Sektion der 3. Internationale). Dortmund. 1. Jg. 1925 bis 5. Jg. 1929. PROTOKOLLE UND BERICHTE ÜBER PARTEITAGE UND KONFERENZEN Der Gründungsparteitag der KPD. Protokoll und Materialien. Hrsg, und eingeleitet von Hermann Weber. Frankfurt/M. 1969. Bericht über den Gründungsparteitag der Kommunistischen Partei Deutschlands (Spartakus- bund) vom 30. Dezember 1918 bis 1. Januar 1919. Hrsg, von der KPD (Spartakusbund), o. O. u. J. (1919). Bericht über den 2. Parteitag der Kommunistischen Partei Deutschlands (Spartakusbund) vom 20. bis 24 Oktober 1919. Hrsg, von der KPD (Spartakusbund), o. O. u. J. Bericht über den 3. Parteitag der Kommunistischen Partei Deutschlands (Spartakusbund) am 25. und 26. Februar 1920. Hrsg, von der KPD (Spartakusbund), o. O. u. J. (1920). Bericht über den 4. Parteitag der Kommunistischen Partei Deutschlands (Spartakusbund) am 14. und 15. April 1920. Hrsg, von der KPD (Spartakusbund), o. O. u. o. J. (1920). Bericht über den 5. Parteitag der Kommunistischen Partei Deutschlands (Sektion der Kom- munistischen Internationale) vom 1. bis 3. November 1920 in Berlin. Hrsg, von der Zentrale der KPD. Berlin 1921. Bericht über die Verhandlungen des Vereinigungsparteitages der USPD (Linke) und der KPD (Spartakusbund). Abgehalten vom 4. bis 7. Dezember 1920. Hrsg, von der Zentrale der VKPD. Berlin-Leipzig 1921. Bericht über die Verhandlungen des 2. [d. i. 7.] Parteitages der Kommunistischen Partei Deutschlands (Sektion der Kommunistischen Internationale). Abgehalten in Jena vom 22. bis 26. August 1921. Hrsg, von der Zentrale der KPD. Berlin 1922. Bericht über die Verhandlungen des III. (8.) Parteitages der Kommunistischen Partei Deutschlands (Sektion der Kommunistischen Internationale). Abgehalten in Leipzig vom 28. Januar bis 1. Februar 1923. Hrsg, von der Zentrale der KPD. Berlin 1923. Bericht über die Verhandlungen des IX. Parteitages der Kommunistischen Partei Deutsch- lands (Sektion der Kommunistischen Internationale). Abgehalten in Frankfurt/Main vom 7. bis 10 April 1924. Hrsg, von der Zentrale der KPD. Berlin 1924. Bericht über die Verhandlungen des 10. Parteitages der Kommunistischen Partei Deutsch- Protokolle 367 lands (Sektion der Kommunistischen Internationale). Berlin vom 12. bis 17. Juli 1925. Hrsg. Zentralkomitee der KPD. Berlin 1926. Bericht über die Verhandlungen des XL Parteitages der Kommunistischen Partei Deutsch- lands (Sektion der Kommunistischen Internationale). Essen vom 2. bis 7. März 1927. Her- ausgegeben vom Zentralkomitee der KPD. Berlin 1927. Protokoll der Verhandlungen des 12. Parteitages der Kommunistischen Partei Deutschlands (Sektion der Kommunistischen Internationale). Berlin-Wedding 9. bis 16. Juni 1929. Hrsg, vom ZK der KPD. Berlin o. J. (1929). Der I. Kongreß der Kommunistischen Internationale. Protokoll der Verhandlungen in Mos- kau vom 2. bis 19. März 1919. Hamburg 1921. Der II. Kongreß der Kommunistischen Internationale. Protokoll der Verhandlungen vom 19. Juli in Petrograd und vom 23. Juli bis 7. August 1920 in Moskau. Hamburg 1921. Protokoll des III. Kongresses der Kommunistischen Internationale. (Moskau, 22. Juni bis 12. Juli 1921). Hamburg 1921. Protokoll des Vierten Kongresses der Kommunistischen Internationale. Petrograd-Moskau vom 5. November bis 5. Dezember 1922. Hamburg 1923. Protokoll. Fünfter Kongreß der Kommunistischen Internationale. (17. Juni bis 8. Juli 1924 in Moskau). Bd. I. und II., Hamburg o. J. (1925). Protokoll des 6. Weltkongresses der Kommunistischen Internationale. Juli-September 1928. 1.-3. Band. Hamburg-Berlin 1928. Protokoll. Erweiterte Exekutive der Kommunistischen Internationale. Moskau, 21. März bis 6. April 1925. Hamburg 1925. Protokoll. Erweiterte Exekutive der Kommunistischen Internationale. Moskau, 17. Februar bis 15. März 1926. Hamburg-Berlin 1926. Protokoll. Erweiterte Exekutive der Kommunistischen Internationale. Moskau, 22. Novem- ber bis 16. Dezember 1926. Hamburg-Berlin 1927. Protokoll. 10. Plenum des Exkutivkomitees der Kommunistischen Internationale. Moskau, 3. bis 19. Juli 1929. Hamburg-Berlin o. J. (1929). Protokoll. Fünfzehnter Parteitag der Kommunistischen Partei der Sowjetunion. 2.-19. De- zember 1927 in Moskau. Hamburg-Berlin o. J. (1928). Protokoll des 1. Reichskongresses der revolutionären Gewerkschaftsopposition Deutschlands. Abgehalten am 30. November und 1. Dezember 1929 in Berlin. Berlin 1930. Protokoll über den 4. Weltkongreß der Roten Gewerkschafts-Internationale. Abgehalten in Moskau vom 17. März bis 3. April 1928. Moskau 1928. Protokoll der 2. Reichskonferenz des Bundes der Freunde der Internationalen Arbeiterhilfe. 15.-18. April 1927 in Erfurt, o. O. u. J. Protokoll der Internationalen IAH-Konferenz in Berlin am 20. November 1927, mit Er- läuterungen und Ergänzungen. Berlin o. J. Protokoll. Der Kongreß der Freunde der Sowjetunion (10. bis 12 November 1927 in Moskau). Berlin 1928. Protokoll der 2. Reichstagung der Marxistisch-leninistischen Zirkel. Abgehalten in Weimar am 31. Mai und 1. Juni 1924. o. O. u. J. Der organisatorische Aufbau der Kommunistischen Partei. Organisationsberatung der Er- weiterten Exekutive (März-April 1925). Hamburg 1925. Protokoll der Verhandlungen des 12. Kongresses der Gewerkschaften Deutschlands. Ab- gehalten in Breslau vom 31. August bis 4. September 1925. Berlin 1925. Protokoll der Verhandlungen des 13. Kongresses der Gewerkschaften Deutschlands. Abge- halten in Hamburg vom 3. bis 7. September 1928. Berlin 1928. Quellen- und Literaturverzeichnis BERICHTE, BIBLIOGRAPHIEN, DOKUMENTATIONEN, JAHRBÜCHER UND SAMMELBÄNDE Die Antifaschistische Aktion. Dokumentation und Chronik. Mai 1932 bis Januar 1933. Hrsg. Heinz Karl und Erika Kücklich. Berlin (Ost) 1965. Die Arbeit der Abteilung Zentral-Agitprop. Auszug aus dem Bericht der Parteizentrale an den X. Parteitag der KPD. o. O. u. J. (1925). Die Aufgaben der Roten Hilfe Deutschlands, nebst Bericht des ZK über die Zeit vom 1. Ok- tober 1924 bis 30. April 1925. Berlin o. J. (1925). Bericht der Bezirksleitung der KPD Berlin-Brandenburg über die Arbeit der Organisation vom Januar bis September 1923. O. O. u. J. 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Anderson, Evelyn I 25, II 385 André, Edgar II 23, 24, 61, 158, 268, 3i6> 379 André, Martha II 62 Angermeier, Heinrich II 22, 62, 131 Angermüller, Hans-Heinrich II 385 Angress, Werner T. I 8, 29, 41, 42, 43, 48, 49, 51, II 385 Anlauf II 200 Apelt, Fritz I 75, II 15, 18, 62 Arendsee, Martha I 238, II 19, 20, 62 f., 300 Argus, Rudolf II 24, 63 Armand, Inessa II 102 Arndt, Helmut II 385 Aschberg II 121 Aschenbrenner, Hans II 63 f. Aschenbrenner, Rosa I 6, 339, 342, II 9, 21, 63 f., 361 Ausländer, Alexander Traugott II 64 Ausländer, Fritz II 21, 64 Bachmann, Otto Karl I 68, II 14, 64 f. Backenecker, Maria I 357, II 19, 65 Bästlein, Bernhard II 19, 65 f., 87, 382 Bahne, Siegfried I 9, 19, 32, 95, 102, 141, 152, 153, 155, 239, 353, II 386, 392 Bannaschak I 405 Barbasch II 66 Barbé, Henri I 295, 296 Bartel, Walter II 386 Bartels, Wilhelm II 66 Bartels, Wolfgang I 134, 162, 167, 172, 173, 174, 178, 182, 183, 184, 206, 333, 357, II 5, 18, 19, 20, 66 f., 146, 277, 361 Barthel, Horst II 386 Barthel, Karl II 22, 66, Bartsch, Günther I 347 Bartsch, P. II 23 Bartz, Wilhelm I 75, 112, II 14, 30, 67 Bassüner, Albert I 172, 194, 201, 207, 2i8,43i,433. 11 13. ^7 f-, J55 Bauer, Leo II 74, 108, 197, 220, 361 Bauer I 175 Bauer-Cannstadt I 404 Bauernochse I 70 Baumann, Fritz II 301 Baumgarten, Eduard II 393 Baumgärtel, Karl I 222, II 17, 68 Baumgärtner, Friedrich I 165, 171, 181, 339, II 16, 21, 68 Becher, Johannes R. II 192, 266, 379 Becher, Lilly s. Korpus Beck, Hans I 176, II 14, 22, 68 f., 304 Becker, Anton II 23, 24, 69 Becker, Arthur II 15, 68, 381 396 Personenregister Becker, Bernhard I 172 Becker, Ernst II 19, 68 f., 328 Becker, Friedrich II 24, 25 Becker, Gesine I 76, II 17, 24, 70 Becker, Gottfried II 70 Becker, Karl Albin I 46, 70, 80, 115, 168, 169, 186, 207, 211 215, 222, 236, 436, 442, 443, 450, 453, II 13, 21, 68 f., 328, 379 Becker, Lina II 23, 24 Becker, Ludwig I 333, II 9, 21, 71, 163, 361 Becker, Martha II 70 Becker, Matrose II 267 Becker, Walter II 68 Beetz, Sybold II 386 Begier, Karl I 69 Behr, Karl II 71 Behse, Ursula II 389 Beimier, Hans II 137 Beling, Walter II 108 Bell, Tom I 295, 296 Bellemann, Franz I 112, 207, 215, 445, 446, II 13, 72 Belleville, Fritz I 154, II 9, 361 Benario, Olga II 86, 384 Benkwitz, Max I 181, 326, II 19, 72 Benscheid, Adolf I 112, II 17, 20, 21, 72 f. Benscheid, Albert II 72 Beradt, Charlotte II 379 Berg-André, Martha s. André Berger, Hans II 106 Berger, Wolfgang II 384 Bergmann, Hans I 69 Bergsträßer, Ludwig II 386 Bermann-Jurin, Konon II 310 Bernstein, Eduard I 36 Berthold, Lothar II 368, 386 Bertz, Paul I 77, 112, 118, 171, 279, 334, II 13, 16, 19, 29, 73 f., 108, 145, 240, 284, 357 Besser, Erich I 112, 135, II 17, 25, 74 Betz, Adolf I 175, 177, 178, 182, II 13, 74 Beutling, Theodor II 17, 19, 20, 73 f. Beuttel, Wilhelm II 17, 75 Bewer, A. 289, I 292, II 372 Beyer, Hans II 386 Biefang, Julius II 13 Bietteck II 356 Birkenhauer, Erich II 17, 75, 357 Birkenhauer, Wilhelm II 75 Bischoff, Hermann I 242, II 22, 76 Bitner, H. I 226 Bittel, Karl II 14, 76 f., 379 Blau, Ewald I 175, 229, II 15, 77 Bleier, Oswald II 22, 77 f. Blenkle, Konrad I 116, 118, 137, 175, I9L 29h 357, H 13, 15, 20, 42, 78, 134, 147, 171 Blenkle, Reinhold II 78 Bleybrunner, Joseph II 358 Blinn, Klara I 262, II 5, 13, 78 f., 361 Bochert, Alfred II 22, 79 Bock, Hans Manfred II 386 Bock, Max 1121,79 Boelke, Richard II 24 Böning, Hermann Il2i,79f. Börschmann, August II 24, 25 Böschen, Heinrich II 16, 17, 21, 80 Böse, Ernst II 25, 52, 372 Böttcher, Paul I 46, 49, 50, 60, 72, 165, 169, 176, 186, 208, 211, 212, 213, 219, 279, 334, 444, 452, 453, 455, 45^, II 12, 13, 18, 22, 70, 80 f., 156, 171, 372 Bohla, Hans I 141, 178, 417, II 10, 16, 81, 203, 231, 237, 331, 339 Bohn, Willi II j8, 81,379 Bojarskaja, Sinaida II 379 Bolte, Gesine s. Becker, Gesine Bolze, Waldemar II 14, 82 Borchardt, Julian II 324 Bordiga, Amadeo I 83, 113, 146, 303, 307, 403 Boris s. Roninger Borkenau, Franz 143,11386 Borowski, Noah I 77, II 18, 82 f. Borstel, Hans von 1159,1123,83 Boßhardt, Liane s. Fischer, Ruth Boulanger, Jakob II 17, 83, 379 Bracher, Karl Dietrich I 25, II 381, 386 Bräuning, Karl II 16, 84 Brahm, Heinz II 386 Brandler, Heinrich I 6, 16, 17, 18, 40, 41, 44, 45, 46, 47, 50, 51, 52, 56, 57, Personenregister 397 58, 64, 70, 71, 73, 76, 77, 78, 79, 80, 81, 82, 90, 91, 92, 95, 96, 108, 117, 123, 129, 134, 167, 169, 171, 175, 186, 187, 188, 190, 191, 196, 201, 206, 215, 216, 217, 218, 219, 233, 244, 254, 279, 305, 308, 346, 352, 356, 399, 408, 409, 410, 415, 420, 421, 422, 427, 437, 439, 444, 451, 453, II 5, 12, 13, 18, 33, 53, 68, 82, 84 f., 94, 102, 109, 118, 121, 123, 136, 155, 156, 172, 187, 204, 208, 218, 221, 246, 247, 253, 257, 283, 289, 304, 319, 321, 326, 330, 331, 334, 335, 351, 361,364, 375,379 Brandler, Joseph II 84 Brandt, F. s. Bronski Brandt, Heinz II 361 Brandt, Willy 142,11186,380,381 Braß, Otto I 41, II 12, 104, 129, 140 Braun, Otto I 106, 114, 134, 170, 410, II 86, 380 Braun, Willibald II 86 Braunthai, Bertha II 12 Braunthai, Julius I 28, 33, II 386 Brechenmacher, Hans I 406 Brecht, Bertolt II 193, 381 Bredel, Willi II 380 Breuer, Lex s. Ende Bringolf, Walther II 207, 380 Brodmerkel, Hans I 79, II 24, 25 Brommer, Hugo II 22, 86 Brönnle, Karl II 21, 86 f. Bronger, Dirk I 302 Bronski, M. G. I 329, II 372 Brüderlein II 305 Brüning, Heinrich I 240, II 369 Bruhn, Gustav II 21, 87 Bruhn, Lisbeth II 87 Brunner, Georg II 387 Brupbacher, Fritz II 229 Buber-Neumann, Margarete I 9, 188, 202, 245, II 229, 235, 263, 380, 386 Bucharin, N. I. 133, 34, 57, 64,75, 82, 83, 92,96, ii6,117, ii8,120,121,122,142, 143, 144, 145, 147, 149, 156, 166, 172, 188, 189, 191, 194, 195, 198, 199, 205, 217, 232, 233, 236, 237, 295, 296, 302, 306, 307, 313, 317, 326, 399, 401, 419, 448,449> II265, 284,321, 351,372, 375 Buchmann, Albert I no, 112, II 16, 19, 20, 87 f. Buchmann, Erika II 88 Budich, Willi I 403, II 15, 88, 205 Büchs, Franz Xaver I 339, 334, 342, II 21, 88 f., 360 Bürger, K. II 380 Büser, Joseph II 13, 89 Buhler, Alfred 1155,1122,23,89 Bulian, Otto II 17, 89 f. Bunting, Brian I 303 Bursian, Hans II 382 Bussow, Carl II 23, 24 Cahnbley II 158 Carr, Edward Hallet I 56, II 378, 386 Chamberlain, Joseph Austen I 314, 315 Charpentier, Fritz II 19, 90 Chitarow, Rafail I 295 Chruschtschow, Nikita S. I 355 Cohn, Georg 427 Cole, G.D.H. II 387 Collotti, Enzo I 9, II 368 Conze, Werner II 387 Cremet, Jean I 295 Creutzburg, August I 76, 112, 152, 154, 159, 181, 232, 238, 265, 268, 269, 272, 281, 284, 287, 288, 357, 363, 364, 365, 366, 414, II 9, 10, 15, 16, 19, 90 f., 93, 116, 248, 372 Crispien, Arthur I 300, II166, 334, 372 Czerkus I 170 Czerwinski, Albert I 100 Däumig, Ernst I41, II12, 104, 313, 324 Dänicke, Max s. Riegg Dahlem, Franz I 20, 42, 136, 138, 180, 204, 209, 214, 218, 231, 244, 270, 278, II 10, 12, 13, 14, 20, 37, 40, 41, 42, 91 f., 108, in, 122, 226, 245, 273, 274, 292,330 Damerius-Koenen, Emmy II 188 Daniels, Robert V. I 35, 56, 94, 142, 163, 188, 387 Dantz, Wilhelm II 24, 92 Daszynsky, S. II 372 Daub, Philipp II 13, 16, 17, 92 Dautzenberg, Jakob II 20, 93 398 Personenregister David, Fritz I 245, II 15, 93 f., 310, 372 Deborin, Abraham M. II 321 Degner, Gustav II 129 Degras, Jane I 295, 296, II 368, 387 Dehmel I 199, 202, II 345 Deisen, Wilhelm I 76, 79, 80, II 24, 94, 209, 278 Demuth, Ernst II 149 Dengel, Philipp I 18, 96, 98, 117, 118, 121, 123, 127, 132, 136, 137, 138, 144, 156, 159, 166, 168, 169, 172, 173, 176, 177, 186, 187, 188, 189, 190, 191, 192, 194, 202, 204, 206, 213, 238, 263, 279, ^95, 3°5, 327, 346, 35^ 414, 425, 426, 431, 442, 448, 449, 452, 453, II 9, 10, 12, 13 16, 19, 20, 42, 58, 94 f., 128, 134, 275,284 Deter, Adolf 1121,95 Dettmann, Friedrich II 23, 24, 96 Deutscher, Isaac I 34, 51, 56, 57, 63, 94, 302, II 387 Deutschmann, Arthur I 182 Deutschland, Heinz II 380 Diedrichs, Johannes II 17, 96 Diehl, Ernst I 354, II 370, 387 Diemer, Alwien II 385 Dietrich, Paul 1176, 190, 207, 215, 445, II 9, 13, 14, 20, 23, 96, 324, 372 Dimitroff, Georgi II 97, 148, 288 Dirnagel II 311 Dittbender, Walter II 15, 97, 180 Dittmann, Wilhelm I 300, II 66, 387 Djakin, W. S. II 387 Döblin, Alfred II 193 Döll, Reinhold II 24, 25 Dörr, Max I 75, II 15, 20, 97 Doll, Franz II 226, 276 Dombrowski, Arthur II 18, 98 Dombrowski, Heinz II 98 Dombrowski, Kurt II 98 Dombrowski, Max II 98 Domski, Henryk I 109, 113, 303, 307 Dornemann, Luise II 380 Drabent, Leo II 17, 98 Drabent, Marianne II 98 Drechsler, Hanno I 9, 221, II 387 Dressel, Fritz II 17, 21, 98 Drews, Paul II 23 Duddins, Walter II 10, 21, 99, 236, 244 Dünninghaus, Georg Karl II 15, 99 Dünow, Hermann II 387 Duncan I 295 Duncker, Hermann I 19, 126, 254, 327, II 12, 14, 15, 99 127, 380 Duncker, Käte II 12, 99, 101, 359 Duncker, Karl II 100 Dutt, Palme R. II 387 Duverger, Maurice I 10, 293, II 387 Ebeling, Karl I 112, II 17, 100 f. Eberlein, Hugo I 17, 29, 30, 38, 42, 46, 52, 61, 6$, yy, 107, 117, 177, 200, 201, 204, 207, 208, 211, 215, 222, 252, 254, 308, 354, 355, 356, 357, 441, 442, 443, 444, 446, 452, 456, II 12, 13, 20, 21, 36, 42, 88, 101 f., 246, 247, 346 Ebert, Friedrich II 246, 256, 376 Ebner, Adam I 183, 184, 357, II 9, 19, 102, 142, 361 Eckert, Frieda s. Unger Fr. Eckstein, Ernst II 109 Ehlers, Adolf II 24, 93, 103, 278 Ehrhorn, Gustav II 25 Eichhorn, Ernst I 332, 361, II 19, 30, 103 f-> MS, 323> 372 Eichhorn, Fritz II 104 Eildermann, Wilhelm II 18, 104 Einstein, Albert II 263 Eisele II 152 Eisenberger, Joseph I 328 Eisler, Elfriede s. Fischer, Ruth Eisler, Gerhart I 17, 48, 138, 168, 169, 177, 186, 189, 190, 191, 194, 197, 200, 202, 206, 208, 211, 214, 216, 217, 222, 331, 440, 448, 450, 452, 453, II 12, 13, I5> 33, 37, 38> 42> i°5 f-, ”3, ”5, II9, 120, 219, 222, 233, 237, 245, 346 Eisler, Hans II 105, 118 Eisler, Rudolf II 105, 118 Eisner, Gottfried II 350 Eisner, Kurt II 84, 162, 322 Ellrodt, Gerhard 106 Ellrodt, Richard Friedrich I 334, II 22, 106 Emel, Alexander I 245, II 14, 15, 17, 107, 310 Personenregister 399 Emrich, Fritz II 15, 107 f. Ende, Adolf I 190, 208, 210, 211, 213, 216, 238, II 10, 18, 20, 74, 97, 105, 108, 216, 220, 294 Enderle, August I 6, 69, 168, 169, 186, 191 Enderle, Irmgard s. Rasch 191, 193, 197, 206, 216, 218, 221, 430, 45°, H 5, 15, 109, 253, 361,372 Engel, Fritz II 144, 149, 162, 165, 180, II 14 Engel, Max II no Engelmann, Horst II 380 Engels, Friedrich I 15, 89, 133, II 165 Engert,OttoMax II 22,110, 279,297, 381 Epe, Heinz II 357 Eppstein, Eugen I 61, 76, 78, 112, 128, 132, 138, 162, 167, 178, 184, 357, II 10, ii, 16, 19, 20, 93, in f., 122, 128, 136, 180, 262 Erkner-Staschek II 15 Erpenbeck, Fritz II 380 Ersil, Wilhelm I 124, 356, II 387 Esser, Fritz II 17, 19, 23, 24, 112, 357 Evers, Heinz II 15, 112 Ewert, Alma II 23, 24, 113 Ewert, Arthur 1 17, 18, 46, 72, 118, 123, 136, 137, 138, 142, 147, 169, 170, 175, 176, 177, 186, 187, 188, 189, 190, 191, 192, 194, 195, 196, 197, 198, 201, 202, 204, 206, 207, 208, 210, 211, 213, 214, 215, 216, 222, 228, 229, 236, 237, 238, 263, 279, 295, 306, 354, 405, 431, 432, 439, 440, 449, 450, 451, 455, II 12, 13, 14, 20, 42, 86, 105, 113 ff., 121, 135,222,233,245 Ewert, Elisa II 114 Ewert, Minna II 114 Eyck, Erich II 387 Eyermann, Richard II 17, 22, 115 Feinsod, Merle I 35, II 387 Faulhaber, Max I 179 Ferlemann, Karl II 21, 115 Fetscher, Iring II 380 Fieber, Hans-Joachim II 388 Field, Noel II 74, 108, 109, 139, 174, 196, 220, 382 Figner, Wera I 453 Fimmen, Edu II 160 Finker, Kurt II 388 Firl, Herbert II 116 Firl, Wilhelm II 15, 115 f., 357 Fischer I 408 Fischer, Albert II 21,116 Fischer, Ida II 118 Fischer, Karl I 180, 181, 184, 441, II 13, 16, 17, 117 Fischer, Paul I 404, II 22, 117 Fischer, Ruth I 6, 9,      17,   18, 19, 41, 45, 46, 47,     48, 49, 52, 57,   60, 61, 63, 64, 65, 67,     69, 70, 71, 72,   73, 74, 75, 76, 77, 80,     81, 82, 83, 84,   85, 86, 90, 91, 95, 97, 99, 100, 101, 104, 105, 106, 107, 108, 109, no, in, 112, 114, 115, 116, 117, 118, 119, 120, 121, 122, 123, 125, 126, 127, 128, 129, 130, 131, 132, 133, i34> I35. 137, 138, 139, M3, M4, i4S> 146, 147, 148, i49> iJb i53> i56. 157, 159, 160, 161, 162, 163, 164, 165, 167, 172, 173, 174, 181, 182, 184, 190, I92, I97, 212, 213, 214, 215, 216, 219, 227, 263, 27O, 27I, 274, 276, 279, 3OI, 304,305,306,307,316,327,328,332, 334. 335. 337. 33«, 346. 35°. 35*. 354. 355. 356, 357. 399. 4°i. 4°3, 4°4. 4°7, 409, 410, 413, 414, 416, 418, 445, 446, 455. 457. II 5, IO> 12. 13, M> *5. 19. 33, 36, 41, 42, 58, 60, 67, 72, 78, 82, 83, 85, 92, 100, 105, 107, in, 112, ii6ff., 121, 122, 132, 134, 138, 140, 142, 145, 162, 171, 178, 180, 181, 184, 189, 191, 194, 199, 208, 212, 213, 214, 215, 218, 219, 230, 233, 243, 257, 262, 263, 265, 272, 277, 282, 283, 286, 292, 293, 296, 298, 299, 314, 319, 326, 330, 335» 342, 344, 345, 34¿, 35b 36b 3^2 Fischer, Traute II 117 Fladung, Johannes II 17, 20, 115, 120, 142 Fladung, Klara II 120 Flake, Minna I 454 Flechtheim, Ossip K. I 9, 24, 25, 26, 27, 29, 30, 33, 34, 36, 38, 39, 4b 43, 44, 51, 63, 138, 246, 283, 345, 362, 363, 364, II 382, 385, 388, 392 400 Personenregister Flieg, Leopold I 177, 202, 204, 205, 231, 245, 357, 401, 406, 407, 438, II 12, 13, 14, 20, 21, 42, 120 f., 136, 247 Florin, Therese II 122 Florin, Wilhelm I 73, 107, 110, 116, 117, 231, 232, 357, 407, 442, II 9, 10, 12, 13, 16, 19, 20, 42, 53,92,121 f., 292 Fonk II357 Foster, William Z. II 388 Franken, Friedrich II 21, 122 f., 357 Frank, Karl, I 445, II 9, 123, 158, 244, 295,361 Frank, Walter I 169, 333, 445, 450, 453, II 15, 361 Frenkel, Rudolf II 356 Frenzel, Max (Berlin) I 139, 197, 237, 405, II 17, 21, 75, 125, 138 Frenzel, Max (Pfalz) I 69, 171, 181, II 5, 68, 125, 226, 361 Frick, Wilhelm II no, 179 Fried I 432 Friedensburg, Ferdinand I 25, II 388 Friedländer, Elfriede s. Fischer, Ruth Friedländer, Paul II 118 Friesland (Reuter), Ernst s. Reuter Fritsch, Werner I 354, II 388 Fritz, Dieter II 388 Fröhlich, Horst II 17, 18, 126, 357, 380 Frölich, Erna II 380 Frölich, Paul I 15, 25, 36, 46, 80, 89, 91, 97, 115, 123, 128, 134, 137, 157, 166, 168, 169, 190, 206, 215, 216, 218, 221, 225, 227, 304, 335, 356, 357, 414, 444, 450, II 12, 13, 14, 19, 30, 109, 126 f., 224, 321, 335, 346, 347, 361, 373, 37^380 Frölich, Rosi s. Wolfstein Führich, Alfred II 380 Fugger, Karl I 175, 210, 211, 213, 445, II 10, 16, 72, 128, 129 Gabbey, Theodor I 69, 406 Gaebel, Otto II 12, 14, 15, 129, 373 Gäbel, Otto Max II 22, 129 Gäbler, Fritz II 18, 129 Gäßler, Ernst II 21, 130 Gallacher, William I 295 Galm, Heinrich I 65, 102, 177, 194, 201, 207, 217, 220, 221, 286, 333, 433, 443, II 9, 13, 22, 62, 130 f., 155, 161, 218, 361 Garwy, P. II 373 Gaudin, Gertrud s. Alexander Gehrmann, Karl (Elbing) I 184, II 16, Gehrmann, Karl (Rathenow) 1162, 167 178, II 20, 21, 131 f., 339 Geisler, Bruno II 26 Geithner, Otto I 141, 151, II 22, 132, 278, 290 Gentsch, Erich II 15, 18, 19, 133, 357 Gentsch, Erna II 13 3 Gentsch, Otto s. Engert Gerber, Rudolf I 131, II 15 Gerbig, Max I 176,177,178, II 13,133 f. Germain I 450 Geschke, Ottomar I 18, 46, 48, 61, 73, 74, 81, 84, 95, 107, no, 113, 115, 116, 117, 118, 121, 127, 133, 137, 138, 143, 149, 172, 175, 204, 258, 401, 402, 403, 405, 414, 425, 442, II 13, 19, 20, 42, 53, 66, 78, 118, 134 f., 199, 217, 274,319 Gewehr, Johann II 356 Geyer, Curt 126,41,323,1112,388 Gill, Elisabeth II 184 Girardet, Herbert I 40, 380, II 388 Girault, Suzanne I 303 Giwan, Heinrich I no, 112, 113, 155, 302,II135 Glanzmann, Antonie s. Langendorf Glatzer, Helene II 22, 135 f. Globig, Fritz I 76, II 18, 24, 136, 164, 379> 380 Glombitza, Ewald II 22 Glondajewski, Gertrud II 380 Glückert II 357 Gmeiner, Paul II 23, 136 f. Göring, Hermann II 164 Götz, Joseph I 223, 339, II 17, 21, 98, 137, 176, 360 Goebbels, Joseph II 325 Gohl, Paul I 69, 139, II 137 f. Gohr, Theodor I 70, 110, 139, 140, 142, II 138, 178 Goldenbaum, Ernst II 19, 22, 23, 138 f. Personenregister 401 Goldenberg, Boris II 388 Goldhammer, Bruno II 18, 108, 139, 220 Goike, Arthur I 117, 200, 204, 231, II 13, 20, 21, 118, 140 Goike, Elfriede s. Fischer, Ruth Gollmick, Walter 1115,140 Goltz, Fritz s. Fränken Goren, Anton II 9, 361 Gorochow II 273 Gostomski, Hans II 23, 140 Graaf I 47 Grabowsky, Adolf I 450 Grade, Alfred I 222, 342, II 18, 141, 361 Gräf, Hugo II 15, 20, 141 f., 325 Graf, Otto II 143 Graff under, S. II 381 Graichen, Fritz s. Gentsch Gramkow I 144, 163 Granz, Bruno II 22 Grasse, Paul 1175,1113,21,142 Graul, Ernst I 79, 80, 411 Grebing, Helga 125,26,11388 Greil II 317 Greiner, Daniel II 22, 120, 142 Grewe, L. II 23 Grobis, Paul II 17, 21, 142 f., 178 Grönsfelder, Emma II 143 Grünsfelder, Karl I 6, II 9, 21, 143 f., 360, 361 Groh, Max I 69 Groß, Babette I 188, 202, 203, II 9, 229, 23°, 356, 361, 380 Groß, George 450 Grosse, Fritz II 14, 144 Grosse, Leja II 144 Grothe, Hermann I 405 Grothaus, Wilhelm II 305 Grotewohl, Otto I 336, II 67 Grube, Ernst I 216, 228, 229, 441, II 10, 13, 16, 19, 20, 21, 144 f. Grylewicz, Anton I 75, 157, 162, 172, 174, 175, 178, 181, 182, 184, 333, 357, II 5, 14, 16, 19, 20, 145 f., 214, 237, 277, 296, 361 Guddorf, Wilhelm II 15, 146 Guilbeaux, Henri 450 Gumbel, Emil I 26, 246, 263, 373 Gumpers, Julian II 385 Gundelach, Gustav I 336, II 23, 24, 146 f. Gundermann, Marianne II 356 Gutsche, Willibald II 380 Guntwolf, Klara s. Blinn Gussew, Sergej I. 1214,215,217 Gutsche, Joseph II 357 Guttmann, Ketty I 100, 101, II 373 Gyptner, Richard I 295 Haas, Frieda s. Unger Haase, Hugo II 220, 257 Habedank, Heinz I 51, II 388 Habel, Walter II 384 Häbich, Walter II 13, 14, 15, 147, 227 Hähnel, Walter II 13, 147 f. Härtle, Franz I 183, II 17, 148 Hager, Kurt I 352 Hagmann, Meinrad I 367, II 388 Hahn, Josef II 17, 148 f. Hahne, Margarete II 13, 149, 361 Hain, Anton II 385 Hais I 303 Haken, Joseph I 295 Halbe, Erna I 74, 75, 221, II 5, 14, 149 f., 361 Halbe, Max II 150 Hall, Gerhardt I 404 Halle, Felix 1114,15,150,373 Halle, Willy s. Sachse Haller, Eugen II 21, 150 f. Hamann, Alfred I 357, II 16, 19, 72, 151, 280, 349 Hamann, Wilhelm II 22, 151 f. Hammer, Arthur I 68, II 12 Hammer, Franz II 380, 381 Hammer, Max I 21, II 152, 197 Hammer, Walter II 381 Handke, Emmy II 153 Handke, Georg II 18, 153, 377 Hanisch, Herbert II 273 Hansen, Arvid I 151,325 Hansen, Jakob II 24, 25 Harich, Wolfgang II 220 Hark, Joseph II 13, 153 Harms, Bernhard II 375 402 Personenregister Harnack, Arvid II 381 Hartmann, Rudolf II 22, 23, 154 Haschke, Hans-Dieter I 354, II 388 Hassel, Wilhelm II 9, 16, 23, 154 Hastenreiter, Fritz II 13 Haucke, Arno I 132 Hausen, Erich I 175, 194, 201, 206, 207, 209, 211, 217, 219, 431, 433, 437, II 5, 13, 16, 68, 105, 131, 154            218, ¿95, 34% 361, 3^4 Hausen, Hartwig II 154 Heckert, Fritz I 36, 38, 40, 46, 50, 73, 75, 107, 117, 136, 137, 138, 175, 177, 193, 195, 196, 202, 204, 205, 212, 226, 228, 231, 232, 246, 278, 295, 357, 401, 403, 404, 405, 406, 441, 443, II 12, 13, 19, 20, 42 129, 155 f., 292, 304, 33b 35% 373,381,383 Heckert, Paul II 155 Heckert, Wilma II 155 Hergt,Oscar I 321 Heiber, Helmut II 388 Heilborn, Ismar II 18, 23, 156 Heilmann, Friedrich II 18, 22, 119, 136, 157, Hein, August II 157 20, 42, 157 f. Hein, Wilhelm I 170, 172, II 12, 13, 20 Heinks, Heinke II 18, 24, 158 Heinrich s. Süßkind Heitgres, Franz I 163 Hempel, Paul II 9, 361 Henke, Alfred II 172 Hennig, Ernst I 405, II 23, 24, 61, 158 Herholz, K. II 381 Hermann, Otto II 22, 159 Herrnstadt, Rudolf II 173 Hertel II 357 Herting, Günter I 65, II 369 Herzfeld, Hans II 388 Herzfeld, Joseph I 332, II 19, 30, 104, 159 f., 381, 382 Herzfeld, Wieland II 159 Herzog, Wilhelm I 316 Heß, Helene s. Hoernle Hesse, Max I 6, 48, 64, 66, 74, 79, 81, 84, 96, 98, 108, 120, 121, 130, 138, 164, 167, 182, 184, 405, II5,160 f., 361 Heuck, Christian II 161 Heucke, Alwin I 6, 175, II 9, 11, 16, 161,199, 361 Heydemann, Max I 357, II 19, 20, 30, 102 Heym, Guido I 178, 179, 180, 184, 274, 286, 357, II 19, 20, 67, 140, 162 f., 260 Heymann, Stefan II 18, 163 Hildebrandt, Ingeborg I 335, II 389 Hildebrandt, Wilhelm II 23, 24, 164 Himmler, Heinrich II 360 Hindenburg, Paul von I 79, 106, 107, 109, 409, 410 Hingsen, I 404 Hirsch, Joseph 1124,25 Hirsch, Werner I 225, 404, II 15, 18, 76, 164 f., 373 Hirschfeld, Otto II 262 Hitler, Adolf I 240, 241, 244, 247, 278, 346, 357, 358, H 37, 3% 40, 4b 5% *b 119, 158, 176, 217, 230, 240, 320, 321, 327, 333, 34b 34% 351 Hochmuth, Ursel II 24, 381 Hoefer, Hermann II 24, 165 Hoefer, Grete II 165 Hoegner, Wilhelm I 340, II 60, 381 Höglund, Zeth I 303 Hollein, Emil I 54, II 15, 19, 20, 30, 60, 165 f., 244 Hoelz, Max I 60, 113, 194, 296, II 381 Hoernle, Edwin I 19, 46, 49, 52, 72, 181, 182, 254, 327, 405, II 13, 14, 15, 19, 20, 166 f., 334, 381, 382 Hoernle, Hedda II 167 Hoernle, Helene II 166 Hörsing, Otto 141,234 Hoetzsch, Otto I 34 Hoffmann, Adolph 141,112, II 12 Hoffmann, Heinrich II 23, 24 Hoffmann, Martin I 236, II 16, 166, i^7, 357 Hoffmann, Otto II 23, 24, 168 Hoffmann, Paul II 20, 21, 30, 168 Hoffmann-Ostwald, Daniel II 389 Hofmann, Werner I 34 Hofmeister, Willi II 24 Hohendorf, Gerd II 381 Personenregister 403 Holdt, Andreas II 24, 25 Holitscher, Arthur I 450 Hommes, Edith II 23, 168 Hommes, Gerhard II 23, 168 Hoop, Martin II 17, 169 Horkenbach, Cuno I 361, II 19, 30, 369 Horn, Lambert II 115, 184 Horstmann II 238 Hortzschansky, Günter II 387, 389 Hulse, James W. II 389 Humbert-Droz, Jules I 167, 205, 214, 217, 233, 295, 296, 444, II 361, 389 Hurm, Ludwig I 6, 159, 179, 326, 385, II 9, 361 Ibel, Joseph II 361 Idel, Otto II 17, 169, 356 Ihlau, Olaf II 389 Ilgner, Otto II 85 Ittershagen, Siegfried II 389 Jakob, Franz II 65, 87, 382, 383 Jadasch, Anton II 16, 19, 20, 169 f. Jädicke I 165 Jäckel, Paul II 17, 170 Jaglom I447 Jahnke, Karl I 17, II 23, 171 Jakobs, Hermann II 15, 18, 171 James, C. L. R. II 389 Jamin I 404 Janisch-Tenner, Elly II 317 Jannack, Karl I 79, 80, 115, 408, 409, 411, II 17, 93, in, 171 f., 248, 356, 381, 382 Jansen s. Kuusinen Janus, Richard I 80, 81 Jegelke I 175, 176 Jekak, Frieda s. Rubiner Jendretzky, Hans II 21, 37, 173, 239 Jendrosch, Friedrich II 16, 19, 20, 21, 174, 183 Jilek, B. 1295,303 Joachim I 172 Jogiches, Leo I 36, 37, 38, II 12, 88, 100, 101, 121, 164, 205 Johansen, Henry I 155, II 361 Joko s. Kohn Jürgens I 177, II 13 Jürgens, Landgerichtsdirektor II 349 Jungbluth, K. II 22 Jungclas, Georg II 361 Jurr, Gerhard II 174 Jurr, Werner I 291, 367, II 15, 174, 289,373 Jussow I 402 Kaasch, Wienand I 104, 117, 266, 267, 281, 282, 284, 286, 288, 289, 348, 363, II 14, 15,21, 175, 356 KabaktschiefF, Christo I 298, II 373 Kahmann, Franz II 382 Kahmann, Fritz 1121,175,225 Kahnert, H. I 184 Kaiser, Paul I 68, 99, 100, 406, II 15, 175 f., 296 Kalinin, Michail I. 181,457 Kamenew, Leo B. I 51, 160, 162, 300, 302, II 107, 310, 375 Kapp, Wolfgang I 40, II 177, 380 Kaps, Alfons II 356 Karg, Berta II 356 Karl, Georg II 17, 21, 176 Karl, Heinz II 368 Karski s. Marchlewski Karwahne, Berthold I 139, 140, 142, II 138, 178 Kasper, Wilhelm I 19, 128, 138, 139, 333, 405, II 12, 13, 17, 20, 21, 40, 42, 176, 361 Kaßler, Georg I 190, II 20, 176 f. Kaßner, Walter II 13, 17, 177 Katajama, Sen I 295 Kato I 295 Katz, Anna II 178 Katz, Gustav II 177 Katz, Iwan I 18, 19, 46, 70, 73, 74, 76, 105, 106, 107, no, in, 112, 114, 115, 120, 121, 122, 123, 133, 139, 140, 141, M2, 144, *45, 146. I47> i49> i5°> iJb 156, 164, 165, 166, 173, 182, 307, 318, 32^> 332, 355. 356, 357, 4°i, 4°2, 4°6, 407, 409, 416, II 12, 13, 19, 42, 8l, II9, 138, l60, I77, I92, 23I, 232, 234, 263, 286, 319 Kautsky, Karl I 36, II 159, 193, 221, 256,359,390 404 Personenregister Keith I 450 Kelch I 163, 170 Keller, Willy s. Kropp Kellermann, Hermann II 15, 20, 179 Kemnitzer I 407 Kenzler, Georg I no, 178, 179, 183, 184, 341, 357, II 16, 19, 81, 179 f., 237, 260, 287, 303, 331 Kerff, Wilhelm II 10, 11, 14, 15, 16, 20, 21, 97, 180 f., 381 Kersten, Kurt 1450,11230,392 Kerwel, Anna s. Katz Kettig, Alfred II 25 Kiefert, Hans I 228 Kießling, Wolfgang I 65, II 381 Kilbom, Karl I 303 Kilian, Otto I 162, 178, 181, 184, II 17, 20, 181, 198, 205 Kindermann, Karl I in, II 234 Kippenberger, Hans I 230, 231, II 13, 23, 36, 164, 181 f., 200 Kippenberger, Thea II 182 Kirsch, Heinrich II 342 Klamm, Erich II 23 Klamm, Max II 17 Klausmann, Robert II 13, 21, 182 Klause, Michael II 200 Kleine, August-Guralski, Samuel I 45, 46, 52, 69, 71, 297, II 13, 182 f. Klepper, Julius II 18, 183, 357 Kling, Gertrud II 381 Klingelhöfer, Gustav II 274 Klinger, Franz I 412 Klinger, Leo I 412 Kluxen, Kurt II 389 Kmicz, Paul II 25 Knaack II 168 Knab, Peter Alois II 183 Knief, Johann II 127 Knodt, Hans 1118,184,356 Knöchel, Wilhelm II 75, 133, 357, 379 Knorin, Waldemar I 239 Kober, Ludwig I 227 Koch, Ilse II 152 Koch, Maria s. Wolfstein Koch, Rosa s. Thälmann Kochan, Lionel II 389 Kock II 23 Köbis, Albin II 267 Koegler, Theodor I 6, 55, 74, 126, 128, 129, 130, 131, 139, 182, 184, 305, 306, II 5, 10, 16, 184 f., 361 Köhler, Gustav II 17, 21, 185 Köhler, Max I 29, 69, 74, 177, 186, 190, 193, 206, 218, 221, 405, II 5, 14, 185 f., 361 Koenen, Bernhard II 186, 383, 389 Koenen, Frida II 186 Koenen, Heinrich II 186 Koenen, Wilhelm I 17, 40, 46, 52, 55, 60, 76, 137, 166, 186, 187, 211, 213, 222, 232, 255, 256, 332, 334, 357, 406, II 12, 13, 16, 19, 20, 30, 187 f., 313, 389 Köller, Heinz II 389 Kölling, Mirjam II 389 König, Arthur I 46, 48, 64, 73, 84, 104, 105, 107, 406, II 13, 19, 118, 134, 140, 188 f., 249, 286, 319 König, Georg I 76 König, Hans I 314, II 19, 189 König, Helmut I 31 König, Wilhelm II 21, 189 Köppen, Hermann II 23, 189 Körbs I 155 Köring, Josef II 12 Körner I 163, 170 Koestler, Arthur II 380 Kötter, Wilhelm I 19, 112, 139, 141, 157, 161, 165, 171, 172, 173, 175, 182, 279, II 189 f., 228 Kogon, Isa II 107 Kohn, Joseph I 184 Kolarow, Wassil I 295 Kolb, Eberhard I 25, II 389 Kolbe, Hellmuth I 137, II 386 Koll, Karl van 1124,25 Kollwitz, Hans I 79, 104, 175, 405, 443, II ii, 13, 15, 16, 20, 191 Kollwitz, Käthe I 246 Komor, J. II 374 Konrad I 112, 144, 149, 150, 276 Koppatz I 178 Korpus, Lilly I 104, 129, 139, 306, 311, II 10, 15, 191 Korsch, Hedda II 193, 363 Personenregister 405 Korsch, Karl I 19, 50, 75, 82, 83, 92, no, 112, 141, 144, 146, 150, 151, 152, 153, 154, 155, 156, 158, 159, 162, 164, 165, 166, 169, 173, 182, 184, 276, 279, 3°7> 3U, 33$> 35*, 355, 356, 404, 413, 417, 418, II 14, 22, 27, 83, 133, 135, 175, 192, 211, 231, 275, 283, 299, 374, 381 Kortmann, Emil II 381 Koska, Willi II 13, 15, 193 Kossert s. Knodt Kotowski, Georg I 353, II 390, 392 Kowalke, Alfred II 75 Kowalski, Werner II 357 Kox, Wilhelm II 116 Kranz, Max I 77, 132, II 193 Kraus, Simon I 102 Kraus, Werner II 16, 143, 194, 389 Krause, Ilse II 381 Krause-Rotter, Franz II 19, 194 Krausz, Georg I 227, II 15, 17, 18, 195 Krebs, Richard II 384 Kreft, Helene II 26 Kreft, Paul II 26 Kreibich, Karl I 303 Kreikemeyer, Willi II 16, 36, 74, 108, 109, 195 ft., 220 Kresse, Kurt II 297, 381 Krestinski, Nikolai N. I 343, 450 Kroitisch I211 Krepp, Wilhelm II 9, 16, 197 f., 357 Krüger, Frida II 13, 198 Krüger, Hedwig I 162, 163, 178, 357, II 19, 20, 198, 297 Krugljanski, Ilja-David II 93 Krupskaja, Nadeshda K. II 351 Krusch, Hans-Joachim I 68, 354, II 389 Kuczynski, Jürgen I 324, 361, II 389 Kübler, Karl II 13, 198 f. Kücklich, Erika II 368 Kühn, Kurt 11138,381 Kühne, Otto 1118,121,139,11199 Kühnert II 25 Küll, Karl II 13, 199 f., 361 Kuhn, Erna s. Gentsch Kulbakin, W. D. II 389 Kün, Bela I 58, 217, 295, II 102, 183, 3*5, 374, 375 Kunert, Ernst s. Bohla Kunik II 15 Kuntz, Ellen II 201 Kuntz, Albert II 11, 13, 16, 17, 200, 201, 240, 381, 384 Kurella, Alfred II 86 Kuß, Max I180 Kuusinen, Otto I 49, 144, 167, 175, 188, 226, 232, 233, 295, 296, 297, 313, 318,415,11 374, 375 Laboor, Ernst I 124, 353, 356, II 387, 389 Lademann, Max I 222, II 16, 19, 20, 21, 201 f. Lambrecht, Karl II 99 Landauer, Carl II 389 Lang, Josef 11150,361 Lang, Erna s. Halbe Lange, Albert Gustav II 202 Lange, Paul II 12, 15 Lange, Richard II 22 Langendorf, Antonie II 21 Langendorf, Rudolf II 202 Langenfeld, Joseph II 19, 202 f., 357 Langerhans, Heinz II 362 Langnau, Otto II 26 Langner, Alfred I 323, II 374 Langner, Paul I 245, II 10, 16, 18, 203, 212, 262, 374 Langrebe, August I 142 Lanius, Walter I 405, II 14, 204 Laschewski II 16 Latzke, Käthe II 341 Lau, Bruno 1112,135,172 Laufenberg, Heinrich I 39, II 172, 208, 229,374 Lazarus, Ludwig II 362 Leber, Annedore II 381 Lechleiter, Georg II 21, 202, 204 ft., 288 Ledebour, Georg II 238 Leder, U. II 374 Lehfeldt, Horst II 389 Lehmann, Klaus II 381 Lehmann, Kurt I 211 Lehmann, Willy II 374 Leibbrand, Robert II 390 Leistner, Max II 23 406 Personenregister Lemnitz, Alfred II 357 Lengnink, Gustav II 16, 205 Lenin, W. I. I 29, 30, 31, 32, 33, 36, 37, 41, 42, 57, 58, 81, 83, 87, 88, 89, 90, 91, 92, 93, 94, 96, 97, 100, 112, 113, 133, 162, 186, 225, 227, 251, 255, 273, 276, 277, 283, 300, 312, 317, 331, 400, 404, 443, II 86, 104, 229, 262, 265, 292, 318, 321, 345, 351, 369, 373, 376, 382 Lenck II 200 Lennartz, Matthias II 356 Lensch, Paul II 109, 127 Lenz, Joseph s. Winternitz Leonhard, Susanne II 193, 362, 369, 382 Leonhard, Wolfgang I 35 Leonhardt I 405 Leow, Willy I 204, 291, II 13, 15, 20, 173,205 f., 239,289, 293,319 Leps, Georg I 139, II 21, 206 Lepsius, Mario Rainer I 6 Letz 11251,264 Leuschner, Wilhelm I 337 Levi, Paul I 38, 39, 40, 41, 42, 43, 82, 216, 224, 254, 286, 329, 330, 346, II 12, 67, 85, 90, 91, 104, 123, 153, 164, 221, 254, 277> 283, 35b 366, 375, 379, 382 Levien, Max I 63, 399 Levine, Eugen I 30, II 382 Levine, Rosa s. Meyer-Levine Levy, Alfred II 23, 206 Lewerenz, Caroline s. Wittorf Lewinsohn, Richard I 309, 311, II 390 Lewis, Flora II 382 Lichter, Leja s. Grosser Lieber, Hans-Joachim II 370 Lieberasch, Arthur I 193, 219, II 17, 22, 207 f. Liebknecht, Karl I 14, 24, 36, 37, 38, 49, 94, 142, 216, 225, 283, 327, 328, 330, 346, II 12, 64, 84, 129, 162, 164, 172, 181, 185, 221, 235, 246, 257, 346, 350,381,372 Liebknecht, Sophie I 328 Liepmann, M. I 322, II 375 Lierl, Rosa s. Aschenbrenner Liese, Wilhelm I 75, II 15, 208 Ligendza, Roman II 356 Lindau, Rudolf I 36, 37, 46, 61, 76, 199, II 10, 13, 18, 19, 23, 93, 209, 382, 390 Link, Werner II 390 Lischnewski, Wilhelm II 26 Litwinow, Frau I 314 Lodni, Erich II 382 Lösche, Peter I 343, II 390 Loewenthal, Richard I 8, 28, 29, 32, 42, II 380, 390 Lohagen, Ernst I 110, 112, 151, II 16, 17, 208, 209 f. Lohagen, Paula II 210 Lohmar, Ulrich I 10, 293 Lominadse, Besso I 188, 189, 197, 448, II 234 Longo, Luigi II 92 Loquingen, Peter I 6, 150, 154, 155, 161, II 20, 210 f., 362 Lorenz, Richard I 93 Losowski, Salomon I 65, 70, 72, 84, 86, 101, 191, 193, 197, 226, 232, 295, 447, II i7%336>375 Lossau, Fritz I 139, 150, 154, 155, 161, II 20, 211 Lothar I 85 Lovestone, Jay I 303, 304 Lubbe, Marinus van der II 180 Lubinski, Dagobert II 276 Luchholdt, Werner s. Remmele Ludwig, E. s. Alexander Lück II 24 Lüttich 1225,228,229 Lüttwitz, Walter von II 380 Lurje, Moses II 107 Luther, Hans I 136 Lux, Friedrich 226, II 13, 24, 211 f. Lux, Margarete s. Hahne Luxemburg, Rosa I 9, 13, 14, 24, 25, 28, 29, 32, 36, 37, 38, 49, 57, 67, 71, 87, 89, 90, 91, 92, 94, 96, 97, 98, 142, 216, 225, 234, 327, 330, 338, 346, 350, 353, 400, II 12, 100, 101, 127, 128, 129, 143, 164, 166, 172, 177, 221, 223, 246, 248, 294, 296, 317, 321, 334, 346, 347, 35°, 364>38°, 382, 393 Personenregister 407 Maddalena, Max I 135, 414, II 10, 17, 20, 212 Madloch, Norbert I 101, in, 137, 355, II 390 Mätzchen I 182, 184 Mager, Hermann I 339, 340, 342, II 21, 212 £., 381 Magnus, Johanna s. Katz Mahnke, Gabriele II 323 Mahlow, Bruno 1110,150,11213 Mahlow, Georg s. Krausz Mammach, Klaus II 390 Mann, Golo I 26 Mann, Heinrich I 246, 450 Manuilski, D. Z. I 65, 66, 72, 87, 113 116, 117, 120, 121, 122, 131, 135, 142, 226, 232, 243, 295, 297, 301, 314, 445, 447. II 375 Mao Tse-tung II 86, 388 Marchionini, Karl II 375 Marchlewski-Karski, Julian I 36, 109, 404 Margies, Rudolf I 226 Markert, Werner I 28 Marr, Heinz II 390 Martin, Liesel s. Heymann Martow, Julius I 453 Marty, André I 226, II 92 Marx,Karl I 89,133,225,II 157,165,193 Marx, Wilhelm 1107,321,410 Maslow, Arkadij I 18, 19, 45, 46, 48, 52, 57, 59, 60, 63, 64, 67, 72, 73, 74, 75, 83, 84, 87, 92, 93, 96, 97, 98, 104, 105, 107, 113, 114, 115, 117, 118, 119, 120, 122, 123, 124, 125, 126, 127, 128, 129, 130, 131, 132, 133, 134, 137, 139, 143, 144, 145, 146, 149, 159, 160, 161, 162, 163, 164, 165, 167, 172, 174, 176, 179, 182, 184, 190, 206, 216, 258, 263, 271, 279, 301, 304, 306, 307, 314, 316, 325, 326, 327, 346, 352, 354, 355, 356, 357. 399. 4I0> 4M, 4i8> 4*7. 44^, 457. II 7, i2, 13, 36, 42, 53, 67, 107, III, 118, 119, 120, 145, 181, 208, 213 ff., 243, 272, 277, 292, 293, 296, 319, 326, 330, 344,345,375 Maslowski, Paul I 144, 149, 158, 164, 177, 238, 357, 403, H ”, 13, 18, 215 Maslowski, Peter II 19, 20, 215 f., 382 Matern, Hermann II 16, 37, 92, 216 f., 274,382, 390 Matthes I 404 Matthias, Erich I 6, 9, 24, 239, 329, 367, II386,390 Maurischat, August I 131 Mayer, Eduard II 107 Mayreder, Rosa II 390 Medwedjew I 100 Mehnert, Wolfgang II 382 Mehring, Franz I 36, 100, 166, 350, II 246,364 Meiritz, H. 1354,391 Meisel, Gerhard II 390 Meissner, Kurt II 382 Melcher, Erich I 175, 176, 197, II 16, 217 Melis, Ernst II 391 Menne, Bernhard I 6, 160, 316, 417, 418, II 5,18, 172, 218, 362 Menzel, Ferdinand II 219 Menzel, Gustav 1120,21,219 Merker, Ferdinand s. Saefkow Merker, Paul I 18, 180, 193, 204, 225, 231, 235, 237, 244, 278, 405, 429, 430, 445, II 12, 13, 14, 20, 21, 33, 39, 40, 41, 42,50,59, 73, 108, 219 £, 244, 375 Mewis, Karl II 356 Meyer, Eduard II 262 Meyer, Ernst I 15, 17, 18, 32, 36, 38, 42, 45, 46, 49, 60, 76, 80, 91, 114, il5, 117, 118, 123, 126, 128, 134, 135, 136, 137, 138, 144, 145, 146, 147, 148, 149, 151, 153, 160, 165, 166, 168, 169, 171, 174, 175, 176, 177, 186, 187, 189, 190, 191, 194, 206, 207, 208, 210, 214, 215, 216, 218, 222, 228, 229, 230, 236, 237, 263, 279, 300, 346, 356, 374, 395, 408, 409, 412, 414, 415, 420, 421, 422, 423, 426, 427, 428, 436, 437, 438, 439, 440, 441, 442, 443, 444, 445, 446, 456, II 12, 13, 21, 33, 42, 105, 114, 220 f., 246, 294, 297, 301,314, 321, 359, 375 Meyer, Gertrud II 24, 381 Meyer, Heinrich II 18, 76, 222 f. Meyer, Johann I 291, II 11, 16, 19, 20, 223 40 8    Personenregister Meyer-Leviné, Rosa I 29, 30, 42, 45, 46, 60, 118, 126, 145, 160, 165, 187, 214, 222, 236, 291, 300, 374, 395, 409, 416, 423, 426, 427, 428, 437, 438, 439, 446,456, II222, 359, 362, 375 Michalec I 303 Michels, Robert I 9, 293, II 391 Michelson, Friedrich II 23, 24 Mielke, Erich II 201 Mieves, Peter 1191,111 Mikojan, Anastas I. I 191 Milatz, Alfred I 239, 285, 320, 361, 367, H 39L Mildenstrey, Richard II 22 Miles II 124 Miljukow, Pawel I 314 Miller, Joseph I 140, 190, II 20, 178, 223 f., 258 Miller, Susanne I 28, II 391 Mittendorf, Kurt II 245 Mjasnikow, Gabriel I 100 Moelders, Theodor I 209, II 21, 224 Möller, Heinz I 208, 445, II 18 Moericke, Franz II 15, 18, 20, 175, 224, f. Mossner I 80 f. Mohalski I 449 Mohr, Erich I 179 Molkenbuhr, Hermann II 256 Molotow, Wjatscheslaw I 191, 226, 232, 243, 295,296, II 375 Moltke, Gräfin Freya von II 381 Moneta, Jakob I 35, II 391 Morgner, Gertrud II 165 Moritz II 320 Moritz, Martha II 70 Morsey, Rudolf I 9, 24, 239, 367, II 386 Morus s. Lewinsohn Mossakowski II 322 Mühlbauer, Ludwig II 358 Mühleisen I 309 Mühsam, Erich II 163 Müller, A. s. Schreiner Müller, Carl 1170,1121,225 Müller, General I 50 Müller, Georg II 19, 226 Müller, Gustav I 162, 167, 178, 182, 183, 184, 357, II 19, 20, 25, 226 Müller, Herbert I 112, 113, 333, II 5, 17, 21, 226 f., 362 Müller, Hermann I 315, 336, 338, 433, II 256 Müller-Jabusch, Maximilian I 367, II 19,23, 369 Müller, Korrespondent II 210 Müller, Kurt I 231, 258, 298, II 5, 13, 14, 15, 18, 147, 227, 362 Müller, Oskar II 17, 20, 21 227 f. Müller, Wilhelm II 10, 19, 124, 228 Müngersdorf II 276 Münzenberg, Willi I 40, 72, 112, 202 203, 227, 228, 236, 357, 404, 406, 428, II 13, 15, 19, 20, 149, 191, 216, 228 ff., 322, 328, 361, 364, 380, 382 Müriger, Ferdinand II 358 Mujbegovic, Vera I 8, II 391 Mundt, H. II 23 Murphy, John I 295, 303 Muschinski, Samosch I 67, 90, 454, 455 Musso I 295 Nagel, Arthur II 17, 19, 22, 230 f. Näther, Fritz II 382 Naumann, Horst II 389 Neddermeyer, Robert I 19, no, 141, 151, 403, 404, 417, II 16, 19, 21, 154, 231 Netti, Peter 136,89,91,11382 Neubauer, Helmut II 391 Neubauer, Theodor I 19, 51, 102, no, 141, 151, 156, 171, 174, 228, 279, 355, 417, II 9, 10, 18, 19, 20, 21, 58, 115, 201, 231 f., 298, 380, 381, 382 Neuberg, A. I 323 Neumann, Friedrich I 75, 109, II 14, 223 Neumann, Hedwig II 21, 223 Neumann, Heinz I 48, 87, 88, 89, 90, 97, 121, 138, 142, 161, 180, 191, 194, 202, 208, 212, 213, 214, 215, 216, 217, 218, 230, 232, 234, 245, 246, 263, 279, 3°5> 3°7> 3i7> 3*5, 344, 34^, 35b 357, 418, 441, 442, 443, 444, 445, 448, 4ji, 452, II 12, 13, 14, 33, 39, 40, 41, 42, 50, 59, 69, 92, 105, 107, 113, 121, 133, 199, 201, 212, 227, 230, 233 ff., Personenregister 409 240, 245, 257, 271, 273, 288, 320, 338, 375, 378 Neumann, Sigmund I 9, 18, 281, 283, 293, 319, II 391 Neurath, Alois I 303 Nickel, E. II 23 Nieckhammer, O. II 22 Niederkirchner, Michael I 226, 235, II 13,235 Nietsch s. Nitsche Nischwitz, Margarete II 16, 22, 235 f. Nischwitz, Paul Alexander II 235 f. Nitsche, Gustav I 226, II 13 Nogin, Victor P. I 186 Noll, Alfred II 13, 16, 236 Nollau, Günther I 30, 32, 191, 294, 296, 297, 298, 303, II 391 Norden, Albert II15, 37,76, 236, 348,382 Norden, Josef II 238 Noske, Gustav I 242, 340 Nowak I 163 Obendiek, Wilhelm I 178, 326, 332, 357, II 16, 19, 21, 237 f., 331 Oberdörster, Ernst II 16, 21, 238 Obuch, Gerhard 1120,21,238!. Oelßner, Alfred II 14, 163, 239 Oelßner, Fred II 238 Oertzen, Peter von II 391 Ohnsmann, Gustav II 21 Olbrysch, Karl II 15, 173, 239 f. Olrogge, Albert II 23 Opitz, Karl II 26 Opitz, Max I 171, 216, II 13, 14, 15, 16, 22, 240, 257 Opitz, Paul II 14 Opitz, Wilhelm II 241 Oppenheimer, Max II 382 Ossinskaja I 303 Osten, Walter II 391 Osterloh, Hermann I 325, II 17, 24, 25,241 f- Osterloh, Hertha II 335 Osterroth, Franz I 272, II 9, 20, 26, 295, 3^9, 383 Otte, Rolf II 383 Overlach, Helene I 231, 443, II 12, 13, 15,20, 40,41,42, 242,357 Overstraaten, War van I 303 Pannekoek, Anton II 127, 376 Papen, Franz von I 240 Papke, Paul II 243 Pasquine I 303 Paterna, Erich II 391 Pepper, John (Pogany) I 126 Pertinax, Lothar I 35 Peschke, Paul II 15, 243 f. Peschky, Wilhelm II 201 Peters, Richard II 23 Petrasch, Kurt I 163 Petrowski-Bennett, D. I 202 Peuke, Werner II 17, 244 Pfaff, Nikolaus I 211, 213, II 10, 16, 244 Pfeiffer, Eduard II 76 Pfeiffer, Hans I 46, 48, 139, 157, 184, 208, 232, 233, 238, 279, 323, II 13, 16, 19, 20, 105, 113, 244 f. Pfemfert, Franz I 39, 94, 119, 141, 142, 328, II 53, 126, 178, 364 Pieck, Arthur II 247 Pieck, Wilhelm I 37, 40, 41, 42, 45, 46, 73, 107, 113, 117, 127, 133, 157, 172, 175, 177, 204, 206, 225, 226, 231, 232, 279, 295, 308, 355, 426, II 10, 12, 13, 15, 20, 41, 42, 75, 92, 93, 101, 102, 187, 221, 224, 241, 271, 292, 327, 376, 380, 383, 391 Pietzuch, Ernst II 15, 17, 247 f., 357 Pikart, Eberhard I 329, II 370 Pilsudski, Joseph I 314 Piontek, Isidor II 16, 248 Pirker, Theo II 370 Pjatakoff, Juri L. I 52 Pjatnizki, Ossip I 31, 102, 152, 191, 233, 269, 270, 272, 273, 287, 295, 296, II 109, 121, 375 Plate, A. II 30, 370 Platten, Fritz II 225 Plenge, Oskar II 10, 19, 20, 248 f. Plenikowski, Anton II 16, 26, 249 Plum, Agnes II 249 Podubecky, Irene II 250 Podubecky, Rudolf II 249 Pötsch, Gustav II 13, 250 4io Personenregister Pohl, Käthe II 183 Pokrowski, Michail N. II 215 Polenz II 356 Pollac I 303 Polzin, Martin II 14, 383 Ponfick II 140 Popow II 274 Poser, Magnus II 232, 380 Prager, Eugen II 391 Priemer, Bernhard II 24, 25 Preobrashenski, E. A. I 57 Presche, Wilhelm I 199, 200, 202, 203, 210, II 23, 24, 250, 345 Press, Martha s. Schlag Prestes, Carlo II 114 Preusser, Karl II 24, 25 Pruchniak, Seweryn I 295 Puchmüller, Ernst II 23, 383 Puder, Klaus II 380 Pütz, Hans II 376 Pütz, Heinz 1115,250 Puls, Ursula II 382 Purlitz II 19, 368 Putz, Ernst II 19, 20, 250 f. Raase, Werner II 391 Rabe, Kurt II 9, 362 Rabinowitsch, Lydia s. Pohl Raddatz, Erich I 245, II 21, 251, 264 Radek, Karl I 40, 46, 48, 49, 51, 52, 55, 56, 79, 82, 96, 108, 297, 303, 317, 409, 449, 457, II 127, 214, 241, 322, 37^ Rademacher, Dietrich I 153 Radopolski, Jan II 372 Rädel, Siegfried II 13, 16, 17, 19, 20, 251,282 Rätz II 23 Rakosi, Mathias I 226, 320 Rakowski, Christian I 181 Rasch, Irmgard I 69, 405, II 15, 252 Raschke, Felix II 16, 25 Rassow, Peter II 387 Rathcliff I 322 Rathenau, Walther I 43 Rattei, Gertrud II 9, 362 Rau, Heinrich I 19, 405, II 14, 15, 21, 253 f-> 274 Rauch, Georg von II 391 Rebe, Alfred 1115,254 Recks II 357 Redlich, Friedrich II 23, 24 Reese, Maria II 355 Rehbach, Paul 1121,254 Rehbein, Karl I 218, II 20, 21, 254!. Reichpietsch, Max II 267 Reimann, August 1211,1117,255 Reiners, J. II 25 Reinhardt, Ernst I 109, 417, 457, II 58 Reinowski, Werner II 382 Reisberg, Arnold I 32, 43, II 391 Reitler, Anna II 19, 255 Rembte, Adolf II 212 Remer, Claus II 391 Remmele, Anna II 257 Remmele, Helmut II 257 Remmele, Hermann I 17, 18, 46, 49, 51, 52, 55, 64, 72, 73, 74, 107, 117, 118, 121, 123, 132, 137, 138, 139, 166, 175, 177, 186, 191, 195, 202, 203, 204, 205, 209, 212, 213, 214, 215, 216, 218, 225, 226, 229, 230, 231, 232, 233, 263, 295> 296, 332, 334, 354, 356, 357, 401, 404, 425, 443, 444, 4J7, II io, 12, 13, 14, 19, 20, 30, 33, 41, 42, 23O, 234, 235, 255 ff., 273, 319, 348, 359, 377 Renner, Axel II 258 Renner, Rudolf I 211, 220, II 11, 13, 15, 18, 22, 139, 257 f. Repschläger, Wilhelm II 258 Restetzki I 178 Retzlaw, Karl II 9, 362 Reuter-Friesland, Ernst I 42, 216, II 12, 124, 218, 233, 241, 380 Reventlow, Ernst Graf I 49, II 376 Richter, C. F. II 377, 391 Richter, Paul I 175, II 273 Richthofer, Otto I 175, II 16, 258 f. Riechen, Wilhelm II 9, 362 Rieger, Karl I 158 Riegg, Franz Paul II 17, 259 Ries, Joseph II 19, 259 f., 362, 383 Riese, Max I 165, 172, 180 Rieß, Ludwig I 199, 200, 202, 203, 210, 345 Personenregister 411 Rintel, Robert s. Volk Rist, Walter I 138, 328, 345, 346, II 392 Ritter, Jakob I 110, 178, 179, 184, 314, 325, II 17, 21, 198, 237, 260 f., 287, 3°3y 331 Rocker, Rudolf II 377 Römer, Beppo II 267 Rötzscher, Otto 1122,261 Roland-Holst, Henriette II 317 Rolf (Katz) 1115,150,152,154,155 Roninger, Boris 182,83,84,92,115 Roscher, Max II 7, 22, 261 Rosenbaum, Kurt I 76, 112, 138, II 9, 16, 19, 261 f. Rosenberg, Arthur I 18, 19, 23, 24, 25, 28, 42, 43, 44, ¿3, 64, 67, 71, 72, 73, 74, 75, 84, 90, 92, 107, 109, no, in, 112, 114, 117, 120, 122, 123, 132, 134, 141, 143, 144., 149, 150, 151, 156, 176, 178, 224, 225, 324, 326, 344, 345, 355, 356, 357, 401, 403, 409, 410, 414, 417, 455, II 12, 13, 19, 42, 58, 119, 192, 199, 231, 262 f., 286, 299, 359, 383, 392 Rosenberg, Georg Henry II 262 Rosenbusch I 227 Rosengart, B.udolf II 23 Rosenhainer- Fleischer, Helene I 226, II 13, 22, 2 63 Rosenthal, Frida I 131, 139, II 17, 264 Roß, Karl II 23 Roth, Kathar ina I 183, 184, II 22, 264 Rother, P. II 22 Rothkegel, Ru dolf II 23, 264 f. Rotter, Franz s. Krause-Rotter Roy, M. N. 1181,295,304,377 Rubiner, Frida. I 75, 91, II 15, 113, 265 Rubiner, Ludwi g II 265 Rudert, Max s. Menne, Bernhard Rück, Fritz I 6, II 14, 266, 362 Rühl, Walter II 23, 24 Rühle, Otto I 3<), 330, II 125 Ruffmann, Karl-l'-Ieinz II 370 Ruge, Wolfgang II 392 Rumpf, Hermann II 24, 25 Ruppert, Fritz I 78 Ruthenberg, Charl es I 295 Rykow, Alexej I 172, 191, 194, 233, 302, 313 Sacco, Nicola I 353 Sachse, Willy II 9, 11, 16, 262 Saefkow, Anton II 17, 65 f., 108, 173, 174, 248, 262 f., 382 Samisch, Arthur I 22, II 15, 17, 268 Salter, Ernest s. Johansen Salvadore, Massimo II 392 Samuely s. Manuilski Sanneck, Albert II 24, 268 Santini I 303 Sapronow, Timofej II 193 Sauerland, Kurt I 97 Schachenmeyer, Helmut II 263, 383 Schäfer, Jakob II 22 Schaible, Richard I 133, II 19, 269 f. Schaper, Friedrich I 342, II 21, 270 Schapiro, Leonard I 142, 302, II 392 Schappe, Josef II 9, 362 Scharnetzki, Maria s. Backenecker Schatzkin, Lazar 1189,295 Scheffler, Ernst II 22, 270 Schehr, John I 118, 121, 199, 200, 202, 203, 210, 263, 357, 445, II 13, 16, 120, 140, 223, 270 f., 292, 327, 345 Scheibert, Peter I 6 Scheidemann, Philipp I 327, 450 Scheringer, Richard II 174 Schettkat, Albert I 226, II 13, 271 Schimanski, Frida II 272 Schimanski, Fritz I 118, 156, 158, 161, 162, 163, 164, 179, 182, 184, 272 Schirdewan, Karl II 349 Schlaffer, Joseph I 6, 55, 61, 74, 118, 138, 177, 202, 231, 333, 339, II 5, ii, 13, 16, 21, 72, 137, 272 ff., 282, 358, 362 Schlag, Martha II 22, 274 f. Schlag, Otto 1121,275 Schlageter, Albert Leo I 49, II 322, 376 Schlagewerth, Heinrich I 152, 154, 155, 164, 325, 338, II 73, 193, 275 f-> 356 Schlecht, Paul I 18, 49, 64, 67, 73, 74, 77, 84, 107, 118, 121, 127, 131, 143, 145, 156, 161, 162, 164, 167, 169, 172, 174, 178, 182, 184, 354, 357, 399, II 412 Personenregister 13, 15, 19, 42, 53, J4Ö, 214, 237, 276,296 Schioer, Jakob I 219, II 15, 193, 277 f. Schmidt, Agnes I 141, 151, II 22, 278, 290 Schmidt, Alfred I 218, 333, II 5, 21, no, 278 f., 362 Schmidt, August II 23, 24 Schmidt, Auguste II 350 Schmidt, Erich II 23 Schmidt, Felix II 13, 224, 279 Schmidt, Gustav 46, 78 Schmidt, Heinrich II 13, 14, 23, 280, 3*6 Schmidt, Heinz II 383 Schmidt, Konrad von der II 22, 281 Schmidt, Waldemar II 135 Schmidt, Walter A. II 383 Schmincke, Richard II 280 f. Schmitt, Heinrich I 190, II 281 Schmitz I 178, II 365 Schneck, Karl II 10, 17, 21, 72, 161, 282,379 Schneider, Martin, Friedrich II 16, 282 Schneider, Richard I 112, 404, II 22, 282 f. Schnellbacher, Fritz II 12 Schneller, Ernst I 17, 18, 65, 73, 74, 97, 107, 110, 114, 117, 118, 121, 123, 127, 137, 138, 171, 172, 175, 176, 177, 187, 188, 189, 190, 194, 195, 201, 202, 203, 204, 206, 213, 222, 224, 230, 263, 276, 279, 295, 327, 338, 346, 355, 357, 404, 410, 431, 432, II 12, 13, 14, 15, 19, 20, 22, 42, 280, 283 f., 322, 330, 340, 377, 381, 383 Schneller, Wilhelm II 284 Schnetter, Richard I 72, II 12, 20, 284 Schnitzler, Anna s. Reitler Schön, Otto II 26 Schoenbeck, Willi I 69, 405, II 14, 285 Schönlank, Reinhold I 162 Schöttle-Thalheimer, Bertha II 321 Scholem, Werner I 18, 19, 61, 63, 64, 67, 72, 73, 74, 75, 78, 86, 92, 100, 104, 105, 107, no, hi, H2, 114, 115, 117, 118, 120, 121, 122, 123, 124, 127, 129, 132, 134, 135, 136, 140, 143, 144, 145, 146, 147, 148, 149, 150, 156, 158, 162, 164, 167, 173, 174, 182, 183, 184., 263, 270, 304, 326, 327, 328, 332, 334, 338, 352, 356, 357, 401, 402, 407, 409, 410, 413, 414, 417, 418, 449, 450, II 12, 13, I9, 33, 41, 42, 121, 134, 162, 189, 192, 199, 213, 263, 285 ff., 299, 330, 345, 362 Scholem, Emmy II 9, 362 Scholz, Adolf II 25 Schorske, Carl E. I 285, II 392 Schrader-Körner, Karl II 15 Schraepler, Ernst I 353, II 392 Schreck, Paul II 16, 20, 21, 161, 287 f. Schrecker, Hans 1115,288 Schreiber, Alfred II 16, 288 Schreiber, Arthur II 22, 288 f. Schreiner, Albert I 206, 216, 218, II 174, 289,312 Schreiner, Heinrich II 372 Schreyer, Hans I 141, 151, II 22, 290 Schrinner, Frieda s. Rosenthal Schröder, Karl I 39, 222, 405 Schröder, Wilhelm II 17, 23, 290 Schröer, Alfred I 357, II 19, 290 f., 357, 3^2 Schröter, Hans I 69, 174, 1^5, 190, 207, 211, 213, 215, 222, 444, 445, II 13, 16, 20, 186, 188, 201, 291 Schubert, Hermann I 107, 227, 357, II 13, 17, 19, 20, 21, II 16, 92, 115, 122, 123,171,291 f., 294,327,341 Schüddekopf, Otto-Ernst II 392 Schüddekopf I 139,140 Schüller I 226 Schürer, Heinz II 392 Schütz, Max I 73, 74, 75, 105, 107, 110, 162, 164, 338, 357, 401, 402, 405, 407, 414, II 12, 12, 19, 42, 5 3, 292 f. Schütz, Walter II 293 Schuh, Alfred I 78 Schuldt, Fritz II 13, 14 Schuldt, Hermann II 14 Schulte, Fritz I 231, ^.40, 357, 452, II 10, 12, 13, 16, 21, 23, 42, 92, 122, 123, 292,293 f., 377 Schulz, Karl I 427, II 21, 124, 244, 294 f. Personenregister 413 Schulz, Paul I 405 Schulz, Richard II 17, 20, 295 Schulze, Hermann II 22, 146, 295 Schulze-Boysen, Harro II 381 Schumacher, Ernst I 333, II 21, 295, 362 Schumacher, Wilhelm I 68, 69, 83, 84, 98, 99, 100, 123, II 15, 175, 214, 296 Schumann, Arthur II 377 Schumann, Georg I 17, 40, 45, 46, 116, 117, 123, 169, 176, 180, 190, 207, 211, 215, 219, 220, 236, 367, 415, 444, II ii, 13, 16, 20, no, 258, 268, 271, 279, 296 f., 300, 305, 326, 381 Schumann, Heinz II 380 Schumann, Horst II 297 Schumann-Unger I 75, 92, 151, 401, 403, II14 Schuster, Dieter I 272, II 9, 20, 26, 369 Schwab, Dagmar I 68, 355, II 383, 392 Schwab, Jim s. Walcher Schwab, Sepp II 18, 76, 297 £. Schwan, Wilhelm I 79, 84, 103, 110, in, 112, 118, 121, 124, 127, 128, 132, 134, 137, 138, 154, 158, 161, 162, 164, 167, 170, 174, 325, 338, 354, 357, 404, 414, II 9, 16, 19, 42, 53, 232, 298 f., 357 Schwantes, Martin II 74 Schwarz, Albert II 392 Schwarz, Ernst I 19, 76, 110, 141, 150, 151, 152, 153, 154, 155, 158, 162, 164, 165, 166, 169, 181, 182, 201, 279, 338, 357, 404, 405, 414, 417, II 10, 16, 19, 193, 211, 231, 299 f. Schwarz, Georg II 22, 300, 392 Schwarz, Max I 361, II 363, 392 Schwarz, Wolfgang II 124 Schwendler, Gerhild I 354, II 392 Schwenk, Paul II 15, 20, 21, 63, 300 f., 353,383 Seckendorf, Freiherr von II 229 Seeckt, Hans von I 51 Sehnert, Katharina s. Roth Seifert, Gerhard II 385 Seipold, Oskar II 18, 205, 301 f. Seilheim, Max II 20, 302 Semard, Pierre I 143, 228, 295 Semaven I 295 Seng, Wilhelm II 75, 302, 356 Sering, Paul II 392 Server, O. B. II 383 Serra s. Tasca Serwe, Hubert I 6, II 18, 302 f., 356, 362 Seß, Karl II 23, 24 Severing, Karl I 70, 134 Seyfried, Rudolf II 18, 303 Siegel, Bruno II 22, 303 Sievers, Max II 313 Siewert, Robert I 77, 279, II 14, 22, 155,204,321 Sillen, Hugo I 295 Simon, Frau I450 Sindermann, Horst II 307 Sindermann, Kurt II 22, 305 ff. Sinowjew, Grigorij I 16, 17, 18, 30, 32, 34, 50, 51, 52, 53, 55, 56, 57, 62, 63, 64, 66, 67, 71, 74, 75, 80, 82, 83, 84, 85, 87, 88, 90, 91, 92, 93, 94, 95, 96, 98, 102, 106, 107, 108, 112, 117, 118, 120, 121, 122, 123, 130, 136, 142, 143, 144, 147, 148, 156, 159, 160, 162, 163, 166, 190, 245, 300, 301, 302, 303, 306, 307, 317, 3*7, 344, 39% 40b 4U, 447, 449, 457, II 85, 94, 107, 119, 178, 183, 215, 229, 265, 310, 319, 365, 375, 377 Skjellerup, Johann I 162, 164, 178, II 20, 21, 307 Sklarek II 129, 187, 188 Skrentny, Konrad II 17, 307 Skrzypczak, Henryk I 39, 353, II 392 Slansky, Rudolf II 195, 220 Smeral, Bohumir I 295, 296, 303 Smirnow, W. I. II 193 Smolka, Josef I 197, II 17, 307 f. Sneevliet, Henryk I 303 Sobottka, Gustav I 108, 168, II 15, 20, 21, 170, 175, 197, 308 Sommer, Michael I 75, 112, II 17, 308 f. Sonnemann, Emmy II 164 Sorge, Richard II 248 Souvarine, Boris I 303 Spielberger, Clemens II 358 Springstubbe, Burkhart II 9, 362 Stäbler, Karl II 21, 309 414 Personenregister Stahmer, Heinrich I 336, II 23, 24, 309 Staimer, Lore II 247 Stalin, Joseph W. I 8, 9, 13, 17, 18, 19, 34, 46, 49, 51, 56, 63, 65, 80, 84, 87, 94, 95, 97, 102, z°6, h6, 118, 120, 121, 123, 124, 130, 131, 142, 143, 144, 145, 146, 147, 149, 156, 159, 161, 162, 163, 172, 175, 188, 195, 201, 203, 204, 205, 212, 216, 226, 228, 232, 233, 242, 243, 276, 278, 295, 296, 298, 299, 300, 302, 305, 306, 307, 313, 316, 317, 318, 344, 346, 352, 353, 354, 357, 35», H 36, 39, 40, 41, 44, 50, 53, 102, 105, 106, 107, 119, 183, 206, 214, 215, 233, 234, 247, 256, 310, 315, 319, 320, 327, 330, 345, 35L 375, 378, 382, 383, 388, 390 Stamm, Robert II 212, 309 Stassowa, Jelena I 297 Stampfer, Friedrich II 392 Stauer, Hans II 17, 310 Stefan (Stephan) I 176, 194, 208, 237, 176, 194, 202, 208, 237, 428, II 17, II 18, 59, 195, 341 Steffen, Erich I 69, 175, 405, II 14, 15, 16, 310 f. Stein, Ludwig II 25 Stein, Max II 392 Steinberg, S. II 19, 368 Steinberger, N. II 381 Steinemann, Hans II 22, 311 Steinfurth, Erich II 125 Stenzer, Franz II 13, 311 Stephan, Franz 1112,1117,311 Stern, Carola II 383 Stern, Victor I 181, II 108 Stetter, Georg I 80 Stetter, Johannes I 6, 55, 332, 333, 357, II 5, 10, 19, 311, 378 Stillmann, Edith s. Hommes Stillmann, Grete I 446 Stock, Margarete s. Nischwitz Stoecker, Walter I 46, 61, 123, 166, 204, 232, 278, 332, 338, 339, 355, 357, 441, 450, II 12, 13, 19, 20, 30, 128, 187, 201, 312 f. Stolt, Georg 1120,313 Stolzenburg, Albert I 45, 46, 47, 78 Stoph, Willy II 273 Storck I 154 Stresemann, Gustav I 321, 338, 343, 344 Striefler, Heinrich I 361, II 392 Strötzel, Max I 112, 118, 121, 138, 154, 321, 357, II h, 16, 19, 20, 314 Studentowski II 257 Stürmer, Michael I 8, II 393 Stützel I 175 Sturm, Hertha I 72 Subkowiak, Stephan s. Ulbricht Süßkind, Heinrich I 45, 112, 114, 171, 177, 186, 193, 204, 208, 211, 215, 237, 279, 357, 42$, 448, 450, II 12, 13, 14, Suhr, Paul 1116,315 Sumpf, Hermann II 22, 315 Switalla, Anton I 172 Sworakowski, Witold II 370 Sychalla, Ernst II 16, 19, 316 Sydow, Emil 1123,316 Syrzow, S. J. I 188 Szymzak, Felix I 178 TangPing-shan I 295 Tasca, A. I 217, 233, 295, 296, 303, 304 Tastesen, Paul 1123,24,316 Taube, Paul II 10, 16, 24, 316 f. Tauber, Paul II 21 Teistler, Hermann II 378 Tempi, Hertha II 174 Tenner, Albin I 6, 50, 22, 317, 362 Thälmann, Ernst I 15, 17, 18, 19, 48, 52, 61, 64, 67, 70, 73, 74, 81, 83, 84, 100, 103, 105, 106, 107, 114, 116, 118, 120, 121, 122, 123, 127, 128, 129, 130, I31,132,133,134,135,136,137,138, 143.144.145.146,147.148,156.159. 165, 166, 168, 170, 174, 175, 176, 177, 180, 182, 186, 187, 188, 189, 190, I9I, I92, I93, I94, I95, 196, 198, 199, 200, 201, 202, 203, 204, 206, 207, 208, 209, 210, 2II, 212, 213, 223, 225, 226, 227, 228, 229, 23O, 23I, 232, 233, 235, 238, 24O, 24I, 242, 244, 245, 246, 247, 263, 274, 278, 279, 289, 29I, 295, 305, 306, 314 334, 335. 336. 33^, 345. 34^, 35*. 354. 355. 35^, 357. 399. 4°b 4°3> 4°4, Personenregister 415 407, 414, 422, 423, 429, 431, 432, 433, 434, 435, 436, 437, 44*, 443, 447, 448, 452, 457, II 7, 12, 13, 15, 19, 20, 23, 24, 41, 42, 53, 54, 59, 67, 68, 73, 76, 83, 95, 97, I02, I05, II0, IZ4, I][8, 121, 122, 134, 143, 147, 148, 154, 156, 158, 161, 164, 169, 171, 184, 190, 203, 206, 208, 209, 212, 215, 222, 223, 228, 231, 234, 243, 246, 247, 250, 256, 257, 262, 263, 270, 271, 277, 284, 286, 289, 292, 293, 298, 310, 313, 314, 315, 316, 318 ff., 326, 327, 329, 332, 344, 345, 346, 351, 378, 38o, 382, 383, 384, 387, 389, 390, 391 Thälmann, Irma II 320 Thälmann, Jan II 318 Thälmann, Rosa II 320 Thalheimer, August I 15, 16, 17, 36, 38, 40, 41, 46, 49, 50, 52, 56, 57, 58, 59, 70, 78, 79, 80, 82, 83, 89, 91, 92, 94, 96, 108, 123, 147, 167, 169, 176, 188, 190, 191, 192, 196, 201, 206, 215, 216, 217, 218, 219, 233, 291, 292, 304, 308, 314, 346, 352, 356, 415, 420, 421, 422, 427, 437, 444, 451, II 12, 13, 51, 60, 68, 85, 127, 204, 233, 314, 320 ff., 335, 351, 352, 3^4, 37*, 378 Thalheimer, Moritz II 320 Thesen, Matthias II 322 Thöns I 99 Thoma, Karl s. Blau Thomas, Otto I 332, 357, II 18, 322 Thomas, Wendelin II 19, 30, 323 Thoms, Lieselotte II 384 Thürauf, Ulrich II 370 Tiedt, Karl I 161, 164, II 15, 141, 323 f. Tippblätter II 357 Tirpitz, Alfred von I 334 Tittel, Hans I 175, 176, 197, 198, 211, 212, 213, 218, 254, 318, 333, II 9, 10, 16, 22, 308, 324, 362 Tito, Josip Broz II 179, 338, 345 Titzmann, Horst I 355, II 393 Tjaden, Karl-Hermann I 9, 17, 24, 38, 40, 41, 43, 44, 49, 51, 52, 56, 74, 79, 108, 138, 169, 187, 188, 191, 192, 193, 219, 220, II 392 Tobler, Max I 329, II 378 Togliatti, Palmiro I 167, 295, II 292 Tomski, M. P. I 172, 191, 233, 302, 313 Toppe, Hilmar I 9, II 392 Torgier, Ernst I 6, 19, 128, 130, 138, 177, II 5, 19, 20, 176, 324 f., 362 Tormin, Walter II 393 Torontschik II 358 Treint, Albert I 303 Treue, Wolfgang I 6, II 393 Triebel I 178 Trotzki, Leo D. I 17, 34, 41, 49, 51, 56, 57, 59, 63, 80, 93, 94, 95, 96, 97, 105, 136, 156, 159, 163, 179, 184, 234, 300, 302, 303, 307, 317, 318, 402, 449, 450, II 53, 93, 107, 146, 171, 214, 265, 310, 318, 375, 378, 384, 387, 393 Tschemerinski, Isaak s. Maslow Tschesno-Hell, Michael II 83, 379 Tsiu Vito I 295, 296 Tunkel, Rudolf II 21, 325 Uhlig, Dieter I 355, II 393 Uhlmann, Walter II 9, 362 Uhrig, Robert II 267 Ulbricht, Walter I 9, 20, 25, 46, 72, 116, 117, 138, 152, 197, 198, 202, 204, 205, 212, 214, 216, 217, 229, 230, 231, 232, 233, 234, 237, 268, 270, 278, 279, *95, 297, 322, 357, II 10, 12, 13, 15, 20, 22, 37, 40, 41, 42, 72, 80, 92, 95, IO4, 122, I39, 146, I73, I95, 209, 210, 216, 217, 23O, 244, 245 ff., 247, 27I, 282, 292, 308, 326, 33O, 345, 348, 349, 350, 379, 381, 382, 383, 384, 385, 393 Ullrich, Arthur II 13, 327 Ullrich, Lisa II 15, 327 Unfried, Emil II 14, 328, 329 Unfried, Lina II 328 Unger, Frida II 21, 328 Unger, Otto I 216, II 17, 329 Unger, Karl II 328, 329 Unger-Schumann s. Schumann-Unger Urbahns, Hugo I 73, 95, 113, 114, 118, 133, J38, 139, 144, 145, 146, 147, 149, 150, 151, 154, 156, 157, 158, 159, 160, 161, 162, 163, 164, 165, 167, 169, 170, 171, 172, 173, 174, 176, 178, 179, 181, 182, 183, 184, 206, 211, 279, 307, 317, 416 Personenregister 325> 327> 338, 352> 354» 357> 418, 448, II 9, 19, 23, 72, 162, 171, 176, 190, 226, 272, 277, 307, 329 f., 364 Urban, Hans I 109, 404, II 17, 24, 205, 330 f. Valtin, Jan II 384 Vanzetti, Bartolomeo I 353 Varga, Eugen I 82 Vettermann, Max I 77, 331 Vieillard, Hans II 384 Vierath, Karl I 178, 357, II 19, 237, 331 Vietzke, Siegfried I 235, II 393 Vitale, Josephine II 350 Vogel, J. N. II 9, 362 Vogt, Arthur I 19, 84, 112, 134, 172, 180, 326, 404, II 10, 16, 20, 134, 203, 314,331 f. Voigt, Arno II 22 Voigt, Otto II 13, 332 Voigt, Willi 1113,14 Volk, Karl I 186, 193, 194, 208, 237, 279, 428, 451, II 15, 18, 33, 125, 332, 385 Vollmer, Otto 1121,333 Wagemann II 221 Wagner, Raimund II 393 Wahlgreen, John I 23, 24, 334 Walcher, Hertha II 335 Walcher, Jakob I 16, 40, 46, 49, 52, 70, 80, 168, 169, 176, 186, 188, 190, 191, 197, 206, 215, 216, 218, 221, 279, 335, 356, 403, 415, 439, 450, 451, 452, 453, 454, 455, 456, II 12, 13, 62, 68, 109, 166, 304, 321, 334 f., 364, 372, 378 Wald, Eduard I 237, II 9, 18, 362 Waldmann, Eric I 8, II 393 Walecki, Henryk I 303 Walter, Albert 168, II23, 24, 335 f., 362 Walter, Johann II 23, 24, 336 Walz I 404 Warnke, Hans II 17, 22, 23, 37, 336 f. Warski, Adolf I 303, II 127 Weber, Erna II 13 Weber, Fritz II 342 Weber, Hans I 19, 66, 74, 84, 96, 108, 109, 112, 117, 118, 124, 128, 132, 134, 136, 138, 150, 156, 158, 161, 162, 163, 164, 169, 170, 171, 172, 173, 180, 181, 182, 207, 214, 279, 404, 413, 426, 427, II 5, 16, 68, 337 f., 362, 378 Weber, Hermann II 17, 338 Weber, Josef 1339,1121,338 Weber, Matrose II 267 Weber, Max I 291, 292, II 393 Weber, Otto (Rathenow) I 184, II 339 Weber, Otto (Remscheid) I 172, 184, II 19, 339» 357 Wecker, Hanns II 362 Weckerle, Eduard II 372 Wehner, Herbert II 76, 362, 384 Weidauer, Walter II 356 Weil, Felix I 449 Weingartner, Thomas II 393 Weisenborn, Günther II 384 Weißbecker, M. I 354 Weißmann I 450 Weiterer, Maria II 108, 220 Wels, Otto I 337 Wendel I 39 Wenzel, Hugo II 17, 22, 339 Wenzel, Otto I 8, 43, 44, 47, 48, 49, 50,51,52, 63,75, 155,11 393 Werner, Alfred II 19, 384 Werner, Hugo II 340 Werner, P. s. Frölich Wesche, Heinrich I 171, 175, 448, II 17, 145,284, 340 Westermann, Hans I 79, 237, 409, II 18, 23, 24, 340 f. Westermann, Käthe s. Pohl Westmeyer, Fritz II 71, 324 Westphal, Johann I 302, 1116,23,24,341 Weyer, Paul I 68, 99, 100, 406, II 15, i75> 296> 341 f- Wiatrek, Heinrich II 17, 342, 356 Wiegel, Karl II 384 Wiesner, Erich II 384 Wiest, Fritz I 69, 405, II 14, 342 Wietstruk, Siegfried II 390 Wijnkoop, David I 32, 303 Willem I 81 Windisch, A. II 23 Winzer, Otto II 393 Personenregister 417 Wild, A. II 25 Winkelmann, Frida 1122,317,343 Winkler, Heinrich I 131 Winkler, Wilhelm I 388, 390, II 371 Winschig I 172 Winter, Elly II 247 Winter, Ernst II 22, 343 Winter, Irma 1355,11393 Winter, Karl II 13, 14, 16, 343 Winter, Rudolf II 14 Winterich, Jean I 84, 118, 138, 175, 227, 231, 404, II 11, 13, 16, 17, 20, 21,42,258,344 Winternitz-Lenz Joseph I 75, 112, 118, 124, 127, 128, 138, 187, 202, 204, 212, 214, 216, 223, 231, 245, 277, 313, 326, 404, 414, 431, 451, II 13, 14, 107, 344 f-> 374 Wischeropp I 167, 182, 184 Wittfogel, Karl A. II 18 Wittorf, John I 113, 175, 180, 194, 199 ff., 227, 233, 238, 306, 325, 354, 435, II 7, 10, 13, 16, 18, 23, 68, 70, 72, 78, 85, 91, 94, 95, 97, 102, 105, 114, 117. Bb 134, i45> 147, iJ5> ¡56, 164, l66, I7I, l86, 206, 209, 212, 219, 222, 224, 234, 242, 247, 25O, 254, 256, 27I, 284, 294, 3O9, 313, 315, 319, 327, 333, 335, 345 Wölk, Arthur I 184, II 16, 346 Wohlgemuth, Heinz I 235, II 393 Woldegk II 23 Wolf, Felix II 348, 356 Wolffheim, Fritz I 39, II 229, 374, 378 Wolfstein, Rose I 29, 279, 333, 444, 450, II 5, 12, 13, 346 f. Wollenberg, Erich I 9, 290, 449, II 5, 347 f., 362, 393, 394 Wollweber, Ernst I 211, II 16, 21, 95, 348 Wosikowski, Alice II 23, 24 Woytinski, Wl. I 282, 291, 332, II 371 Woytkowski, Paul II 21, 349 f. Wrobel, Kurt II 384, 385 Wundt, Wilhelm II 99 Wurm, Emanuel 1114,15,132 Wurm, Felix 11348,356 Ypsilon s. Volk Zaisser, Wilhelm II 173, 349 Zapotocki, Antonin I 181 Zeigner, Erich I 50, II 80 Zelt, Johannes 1353,11394 Zetkin, Clara I 40, 41, 45, 46, 47, 69, 72, 73, 76, 82, 84, 97, 116, 117, 143, 146, 190, 192, 217, 295, 312, 327, 332, 337, 355, 357, 4*7, 4^8, 448, 456, II 12, 13, 15, 19, 20, 30, 60, 94, 99, 104, 118, 127, 159, 179, 221, 242, 324, 350, 379, 38°, 381, 385 Zetkin, Kostja II 3 51 Zetkin, Maxim II 351 Zeutschel, Walter I 323, II 385 Ziehl, August I 6, II 9, 23, 24, 351 f., 362, 385 Ziemer II 201 Zieris, Karl-Heinz II 385 Zimmer, W. II 23 Zimmermann, Richard II 22, 115, 352 Zindel II 14 Zinke, Charlotte II 356 Zipfel I 334 Zobel, Paul 1121,352 Zörgiebel, Karl I 224, 225, 234, 315, H 371 Zwerenz, Gerhard I 34, II 385 Zwicker, Albert II 17, 353 Abkürzungen AAU ADGB AEG Afii Agitprop Arso A. u. S.-Rate BASF BL BMW BuA BVG CSR CSSR DAG DAF DDR DEFA DERUPA DFD DFU DGB DMV DNVP dpa DWK EKKI u. EK FDGB HBV FSJ GPU Allgemeine Arbeiter-Union Allgemeiner Deutscher Gewerkschaftsbund Allgemeine Elektricitäts-Gesellschaft Arbeitslosen-Fürsorge Agitation und Propaganda Arbeitsgemeinschaft Sozialpolitischer Organisationen Arbeiter- und Soldatenräte Badische Anilin- und Sodafabrik Bezirksleitung Bayrische Motoren Werke Bundesarchiv [Koblenz] Berliner Verkehrs-Gesellschaft Tschechoslowakische Republik Tschechoslowakische Sozialistische Republik Deutsche Angestellten Gewerkschaft Deutsche Arbeitsfront Deutsche Demokratische Republik Deutsche Film-AG Deutsch-russische Petroleum AG Demokratischer Frauenbund Deutschlands Deutsche Friedens Union Deutscher Gewerkschaftsbund Deutscher Metallarbeiter-Verband Deutschnationale Volkspartei Deutsche Presse Agentur Deutsche Wirtschafts Kommission Exekutivkomitee der Kommunistischen Internationale Freier Deutscher Gewerkschaftsbund Gewerkschaft Handel, Banken und Versicherungen Freie Sozialistische Jugend Gossudarstwennoje polititscheskoje uprawlenije = Staatliche Politische Verwaltung (Name der sowjetischen Geheimpolizei 1922 bis 1934) HO HStA HVZ IAH Ifa Handels-Organisation (staatliche der DDR) Haupt-Staatsarchiv [Düsseldorf] Hamburger Volkszeitung Internationale Arbeiterhilfe Interessengemeinschaft für Arbeiterkultur 420 Abkürzungen IG IGB Inprekorr KAG KAPD KI KJVD u. KJV Komintern KP KPD KPD-O u. KPO KPdSU (B) KPR KZ MAN MASCH MdBB MdHB MdL MdR MEB MOPR Industrie-Gewerkschaft Internationaler Gewerkschaftsbund Internationale Presse-Korrespondenz Kommunistische Arbeitsgemeinschaft (Levi-Gruppe) Kommunistische Arbeiterpartei Deutschlands Kommunistische Internationale Kommunistischer Jugendverband Deutschlands Kommunistische Internationale Kommunistische Partei Kommunistische Partei Deutschlands Kommunistische Partei-Opposition (Brandler-Gruppe) Kommunistische Partei der Sowjetunion (Bolschewiki) Kommunistische Partei Rußlands Konzentrationslager Maschinenfabrik Augsburg-Nürnberg Marxistische Arbeiterschule Mitglied der Bremer Bürgerschaft Mitglied der Hamburger Bürgerschaft Mitglied des Landtags Mitglied des Reichstags Mitteleuropäisches Büro (der Komintern) Meshdunarodnaja organisazija pomostschi borzam revoljuzii = Internationale Organisation zur Unterstützung von Kämpfern der Revolution (von 1922 - 1947) M-P Leitung NKWD Militärpolitische Leitung Narodnyj komissariat wnutrennich djel = Volkskommissariat für innere Angelegenheiten (Name der sowjetischen Geheimpo- lizei seit 1934) NS NSBO NSDAP ÖTV OLG OMS Orbüro u. Orgbüro Org-Leiter OS PEUVAG Polbüro u. Politbüro Polleiter u. -Sekretär POUM PPS PV RF RFB RFMB RGI RGO Nationalsozialismus Nationalsozialistische Betriebs-Organisation Nationalsozialistische Deutsche Arbeiterpartei Gewerkschaft öffentlicher Dienst, Transport und Verkehr Oberlandesgericht Abteilung für internationale Verbindungen Organisationsbüro Organisationsleiter Oberschlesien Papiererzeugungs- und -Verarbeitungs-Gesellschaft Politisches Büro (des ZK der KP) Politischer Leiter, Sekretär Partido Obrero de Unificación Marxista (Spanische Links-Partei) Polska Partia Socjalistyczna = Polnische Sozialistische Partei Parteivorstand Die Rote Fahne (Zentralorgan der KPD) Roter Frontkämpfer-Bund Roter Frauen- und Mädchen-Bund Rote Gewerkschafts-Internationale Revolutionäre Gewerkschaftsopposition Abkürzungen 421 RKP ROSTA Russische Kommunistische Partei Rossiskaje Telegrafnoje Agentstwo = russische Nachrichten- agentur RSFSR RSHA SA SAP SAZ SBZ SDAPR SED SPD u. SP SS SSD StA SU TASS Russische Sozialistische Föderative Sowjet-Republik Reichssicherheitshauptamt Sturm-Abteilung der NSDAP Sozialistische Arbeiterpartei Sächsische Arbeiterzeitung Sowjetisch besetzte Zone (Deutschlands) Sozialdemokratische Arbeiterpartei Rußlands Sozialistische Einheitspartei Deutschlands Sozialdemokratische Partei Deutschlands Schutz-Staffel der NSDAP Staatssicherheits Dienst Staatsarchiv Sowjetunion Telegrafnoje Agentstwo Sowjetskogo Sojusa = sowjetische Nachrichtenagentur UB UdSSR u. USSR USPD u. USP VEB VdgB VGH VKPD VVN WKP Unterbezirk Union der Sozialistischen Sowjetrepubliken Unabhängige Sozialdemokratische Partei Deutschlands Volkseigener Betrieb Vereinigung der gegenseitigen Bauernhilfe Volksgerichtshof Vereinigte Kommunistische Partei Deutschlands (1921) Vereinigung der Verfolgten des Naziregimes Wsjesojusnaja Kommunistitscheskaja Partija = Allunions (All- russische) Kommunistische Partei ZA ZK ZKK ZPKK Zentral-Ausschuß Zentralkomitee Zentrale Kontrollkommission Zentrale Partei-Kontrollkommission Inhalt Band i VORWORT                                                                                                                            5 EINLEITUNG                                                                                                                        7 I. DIE WANDLUNG DER KPD                                                                                       21 Die Entwicklung der KPD bis 1924                                                                            23 Die Weimarer Republik und die Rolle der KPD                                                          23 Die KPD und die Kommunistische Internationale                                                       28 Die innerparteilichen Auseinandersetzungen 1918-1922                                            35 Die Situation der KPD 1923                                                                                           43 Die Bolschewisierung der KPD 1924/25                                                                   53 Die Situation der KPD vor dem IX. Parteitag                                                              54 Der IX. Parteitag 1924                                                                                                    62 Die Linken übernehmen den Apparat                                                                            74 Der V. Weltkongreß der Komintern und die Aussöhnung mit dem EKKI                                                                                                             81 Bolschewisierung als Hauptaufgabe 1924                                                                    85 Ideologische Bolschewisierung: Kampf gegen Luxemburgismus und Trotzkismus                                                                                                                 89 Erste Abgrenzung der KPD nach links                                                                          98 Die KPD verliert Einfluß                                                                                              101 Die Spaltung der Linken 1925                                                                                     104 Der X. Parteitag 1925                                                                                                   112 Die Ausschaltung der Linken und Ultralinken 1925/27                                           120 Der »Offene Brief« der Komintern                                                                              120 Die Reaktion in der KPD auf den »Offenen Brief«                                                     126 Die I. Reichsparteikonferenz                                                                                        133 Die Säuberung beginnt                                                                                                 137 Die deutsche Frage auf der 6. Tagung des erweiterten EKKI                                   142 424 Inhalt Die Ausschaltung der »Entschiedenen Linken«                                                         149 Die Überwindung der linken Opposition                                                                    156 Der Kurs der Konzentration                                                                                         166 Der XI. Parteitag 1927                                                                                                  170 Das Ende der linken Opposition                                                                                  178 Die Ausschaltung der Rechten und »Versöhnler« 1928/29                                   186 Risse im Kurs der »Konzentration«                                                                             186 Das Geheimabkommen vom Februar 1928                                                                191 Der Kampf um die Parteilinie 1928                                                                             192 Der VI. Weltkongreß der Komintern 1928                                                                 195 Die Wittorf-Affäre                                                                                                        199 Die II. Parteikonferenz der KPD und der »Offene Brief« des EKKI gegen die Rechten                                                                                                                210 Der Ausschuß der Rechten und die Ausschaltung der Versöhnler                           219 Der XII. Parteitag 1929                                                                                                223 Die Stalinisierung wird beendet                                                                                   232 j. Ausblick: Die KPD 1929-1933                                                                                     239 II. DIE STRUKTUR DER KPD                                                                                      249 Das Organisationsgefüge der KPD                                                                          251 Demokratischer Zentralismus                                                                                      251 Der Organisationsaufbau in der Praxis                                                                        261 Politische Meinungs- und Willensbildung in der KPD                                             272 Mitglieder, Funktionäre und Apparat                                                                          280 Der Einfluß der Komintern und der Sowjetunion                                                   294 Die Struktur der Komintern                                                                                          294 Die Abhängigkeit des deutschen Apparats                                                                 300 Ideologischer Terror: Das Vorbild Sowjetunion                                                        212 Kommunismus in der Weimarer Republik                                                               319 Revolutionäre Politik in nichtrevolutionärer Zeit                                                       319 Zwischen SPD und Syndikalismus: Die KPD und der Parlamentarismus                                                                                               328 Die KPD und die Weimarer Republik                                                                         342 Exkurs: Die SED-Geschichtsschreibung und die Veränderung der innerpartei- lichen Struktur der KPD 1924-1929                                                                                352 Inhalt 425 III. MATERIALIEN ZUR SITUATION DER KPD                                                      359 Stimmen der KPD bei Wahlen                                                                                         361 Mitglieder der KPD                                                                                                          362 Mitglieder der Massenorganisationen                                                                             364 Zentrale Presseorgane                                                                                                       366 Die Bezirke der KPD                                                                                                        367 Bezirk Berlin-Brandenburg                                                                                       368 Bezirk Halle-Merseburg                                                                                            370 Bezirk Wasserkante                                                                                                   371 Bezirk Niederrhein                                                                                                    372 Bezirk Erzgebirge-Vogtland                                                                                     373 Bezirk Ruhr                                                                                                                374 Bezirk Westsachsen                                                                                                   375 Bezirk Thüringen                                                                                                       376 Bezirk Hessen-Frankfurt                                                                                           377 Bezirk Ostsachsen                                                                                                    378 Bezirk Magdeburg-Anhalt                                                                                      379 Bezirk Mittelrhein                                                                                                    380 Bezirk Nordwest                                                                                                      381 Bezirk Württemberg                                                                                                382 Bezirk Nordbayern                                                                                                   383 Bezirk Ostpreußen                                                                                                   384 Bezirk Baden                                                                                                            385 Bezirk Schlesien                                                                                                       386 Bezirk Niedersachsen                                                                                              387 Bezirk Danzig                                                                                                          388 Bezirk Pommern                                                                                                      389 Bezirk Südbayern                                                                                                    390 Bezirk Saar                                                                                                               390 Bezirk Pfalz                                                                                                              391 Bezirk Oberschlesien                                                                                              392 Bezirk Mecklenburg                                                                                                393 Bezirk Hessen-Kassel                                                                                              394 DOKUMENTE                                                                                                       397 Brief Sinowjews und Bucharins an Thälmann und Schlecht                                 399 Sitzung des Polbüros vom 30. Mai 1924                                                                 401 Brief Ernst Meyers an Fischer                                                                                  408 Rundbrief der Jannack-Gruppe                                                                                409 Brief Ernst Meyers an Klinger                                                                                  412 426 Inhalt Brief Ernst Meyers                                                                                                    415 Erklärung zu den Vorgängen in Hannover                                                             416 Brief des ZK an die BL Schlesien                                                                           417 Brief Heinz Neumanns vom 23. 10. 1926 aus Moskau an das Polbüro              418 Vier Fassungen der Erklärung von Ernst Meyer                                                  420 Rundschreiben des ZK der KPD                                                                            423 Brief Ernst Meyers an das Polbüro der KPD                                                         425 Brief des Sekretariats des ZK an Ernst Meyer                                                       426 Brief Ernst Meyers an das ZK                                                                                 427 Brief Clara Zetkins an das ZK der KPD                                                                427 Brief Ernst Meyers an das Polbüro der KPD                                                         428 Bericht über die ZK-Sitzung vom Juni 1928                                                        429 Rundschreiben der Bundesführung des Roten Frontkämpferbundes zum Fall Wittorf                                                                                                                 435 Brief Ernst Meyers an Karl Becker                                                                       436 Brief Ernst Meyers an das Polbüro der KPD                                                         437 Brief Ernst Meyers an das Sekretariat des Polbüro der KPD                              438 Brief Ernst Meyers an das Polbüro der KPD                                                         439 Brief Ernst Meyers an das Polbüro der KPD                                                         440 Bericht über die Sitzung der ZK                                                                            441 Aus den Privatbriefen von Ernst Meyer an Rosa Meyer                                     446 Aus Briefen von Rosa Meyer an Ernst Meyer                                                     456 Verzeichnis der Abkürzungen                                                                                         458 Band 2 DAS FÜHRUNGSKORPS                                                                                           5 Die wichtigsten Parteifunktionen                                                              6 Die Besetzung der Funktionen                                                               11 Das Polbüro und das Politsekretariat                                                                             12 Das Zentralkomitee (Zentrale)                                                                                       12 Politische Mitarbeiter des ZK                                                                                        14 Polleiter der Bezirke                                                                                                       15 Orgleiter der Bezirke                                                                                                      16 Chefredakteure der KPD-Zeitungen                                                                              18 Im Reichstag wurde die KPD vertreten                                                                         19 In den Landtagen                                                                                                             20 Inhalt 427 j. Wer leitete die KPD?                                                                                                      26 Junge Funktionäre                                                                                                          26 Die soziale Zusammensetzung                                                                                       27 Die sozialistische Tradition                                                                                            29 Die Fraktionen im Führungskorps                                                                                 31 Das Schicksal der Funktionäre                                                                                       36 Die Spitzenführung 1924-1929                                                                                      38 Das Polbüro                                                                                                                      40 4. Das Führungskorps    1924                                                                                            43 j. Das Führungskorps     1927                                                                                            45 Das Führungskorps 1929                                                                                            48 Die Fluktuation im  Führungskorps                                                                           50 Die Veränderungen im Führungskorps 1924-1929                                                     51 VI. BIOGRAPHIEN VON 504 FUNKTIONÄREN DES KPD-FÜHRUNGSKORPS                                                                                  5 7 Quellen- und Literaturverzeichnis                                                                                    35 5 Personenregister                                                                                                                395 Verzeichnis der Abkürzungen                                                                                           419

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Stefan Weingärtner - Ein jugendlicher Provokateur

Heidi Roth

Stefan Weingärtner hätte dem Alter nach ein Enkel von Richard Haider sein können. Im Gegensatz zum alten Sozialdemokraten Haider war der Zwanzigjährige bis zu diesem 17. Juni 1953 noch ohne politische Vergangenheit. Er wurde am 22. Februar 1933 in Görlitz geboren, er hatte noch zwei jüngere Geschwister. Seine Eltern waren geschieden, die Mutter, eine Krankenschwester, zog die Kinder allein auf, der Vater lebte seit 1950 in Hannover. Stefan arbeitete bis zu seiner  Verhaftung als Autoschlosser… Stefan Weingärtner – Ein jugendlicher Provokateur   Zusammengestellt von Heidi Roth                 S tefan Weingärtner hätte dem Alter nach ein Enkel von Richard Haider sein können. Im Gegensatz zum alten Sozialdemokraten Haider war der Zwanzigjährige bis zu diesem 17. Juni 1953 noch ohne politische Vergan- genheit. Er wurde am 22. Februar 1933 in Görlitz geboren, er hatte noch zwei jüngere Geschwister. Seine Eltern waren geschieden, die Mutter, eine Krankenschwester, zog die Kinder allein auf, der Vater lebte seit 1950 in Hannover. Stefan arbeitete bis zu seiner Verhaftung als Autoschlosser in der Firma Tesch in Görlitz. Der Technik begeisterte Weingärtner stammte aus einem christlichen Elternhaus und nahm an den Veranstaltungen der Jungen Gemeinde teil, war aber, wie die meisten seiner Alterskameraden, auch in die FDJ einge- treten und ging als Mitglied der Gesellschaft für Sport und Technik (GST) im »Klub junger Techniker« seinem Hobby nach. Der 17. Juni 1953 sollte sein Leben und das seiner Angehörigen grundlegend verändern. Als Stefan Weingärtner und seine Kollegen am Vormittag des 17. Juni 1953 erfuhren, dass die Arbeiter der LOWA demonstrieren, schlossen sie sich sofort an. Sie nahmen Schraubenschlüssel und Blechscheren mit. Stefan beteiligte sich später an der Belagerung der MfS-Kreisdienststelle. Er war auch dabei, als auf Anraten des SED-Kreissekretärs eine Delega- tion ins Gebäude gelassen wurde, um im Keller nach Gefangenen zu su- chen. Der Kreissekretär sagte später aus, dass ihm ein Jugendlicher, den er nicht kannte und den er nur beschreiben konnte, Unterstützung leistete, als er ärztliche Hilfe benötigte. Stefan Weingärtner und andere Jugendliche brachten den verletzten SED-Kreissekretär und einen gleichfalls verletzten MfS-Mitarbeiter zum Arzt. Sowohl der Oberbürgermeister als auch der SED-Kreissekretär bestätigten die »guten Manieren« der jungen Leute. Stefan W. gehörte auch zu den Demonstranten, welche die Kreisdienst- stelle des MfS stürmten, ohne dass er sich durch besondere Gewalttätig-                                                               205 Stefan Weingärtner                                 Stefan Weingärtner   keiten hervorgetan hätte. Sein Pech be- stand offensichtlich darin, dass er durch sein markantes Aussehen aufgefallen war. Er war sehr groß, trug eine starke Brille und eine schwarze Baskenmütze. Dadurch ragte er buchstäblich aus der Menge heraus. Seine Festnahme erfolgte am Nach- mittag während der Auflösung der Kundgebung auf dem Obermarkt. In einer Vernehmung durch das MfS am gleichen Tag sagte er aus, dass ihn dort ein sowjetischer Offizier aufgefordert habe, mitzukommen. Offensichtlich hatte er zu jenen Jugendlichen gehört, die nach der Verkündung des Ausnah- mezustandes den Platz nicht verlassen wollten und die sowjetischen Militär- fahrzeuge mit »Johlen und Geheul« empfingen. Er wurde zunächst ins Rathaus, dann zum MfS und später zur sowjetischen Kommandantur ge- bracht. Am 19. Juni verurteilte ihn ein sowjetisches Militärtribunal als »einen der aktivsten Provokateure und Haupträdelsführer beim Putsch am 17. Juni 1953 in Görlitz« zum Tode durch Erschießen. Doch Stefan und ein anderer, ebenfalls vom SMT zum Tode verurteilter junger Görlitzer, hatten »Glück im Unglück«. Die Todesurteile wurden nicht vollstreckt. Am 5. Oktober 1953 wurde er begnadigt und die Todesstrafe in 25 Jahre Arbeitslager um- gewandelt. In einem »Auszug aus der Urteilsverkündung« wurde als Grund festgehalten: »wegen der aktiven Beteiligung an den gegenrevolutionären Demonstrationen zum Sturz der DDR«. Am 4. Oktober 1956 wurde die Strafe »durch Gnadenentscheid des Präsidenten der DDR« auf zehn Jah- re herabgesetzt. Die musste Stefan W. fast vollständig verbüßen. Er saß in Bautzen, Luckau und Torgau ein. Erst im Januar 1963 konnte Stefan das Zuchthaus Torgau verlassen. Wenn Stefan W. vor seiner Verhaftung ganz offensichtlich noch kein ausgewiesener »Feind« der DDR war, vielleicht auch mehr aus Neugierde und jugendlichem Übermut in die Görlitzer Stasi-Zentrale eingedrungen war – durch die Verurteilung und die Erfahrungen im Zuchthaus wurde er zu einem bewussten Gegner des DDR-Regimes. Er galt als rebellischer 206    Gefangener, der nicht bereit war, sich um eventueller Vorteile willen anzu- Ein jugendlicher Provokateur     passen. In den entsprechenden Führungsberichten wurde wiederholt ver- merkt, dass seine Einstellung zur DDR »negativ« sei, dass er immer noch »den Juniputsch verherrlicht«. Mehrfach verhängte man über ihn »Haus- strafen«, u.a. Post- und Besuchssperren und zudem tagelangen strengen Arrest. Weil er sich nicht fügte und aus seiner Haltung zum Staat DDR kein Hehl machte, behandelten ihn vor allem seine Aufseher in Torgau be- sonders hart. Er, der von einem sowjetischen Militärgericht zum Tode ver- urteilt worden war, empfand die Behandlung durch sowjetische Soldaten und Offiziere menschlicher als im DDR-Strafvollzug. Die Konsequenz seiner Haltung war, dass er nach dem Tod des Staats- präsidenten der DDR Wilhelm Pieck im September 1960 im Unterschied zu vielen seiner Haftgefährten nicht begnadigt wurde. Als er dann am 25. Januar 1963 entlassen wurde, da hatten sich die DDR und auch Stefan Weingärtner verändert. Die SED-Führung hatte ihre Bür- ger einmauern lassen. Damit gab es kaum eine Chance für den entlassenen Stefan Weingärtner, das Land zu verlassen. Er kehrte zunächst zu seinen Angehörigen nach Görlitz zurück. Die Kirche ermöglichte ihm eine Kur. Er bekam eine Arbeit zugewiesen, konnte diese jedoch aufgrund seiner an- geschlagenen Gesundheit nicht aufnehmen. Vom ersten Tag seines Lebens in Freiheit an stand Weingärtner unter der Beobachtung durch MfS und Volkspolizei. Man versuchte sogar, ihn für eine IM-Tätigkeit zu gewinnen und nutzte sein Interesse für Technik für eine entsprechende Legende. Doch er durchschaute das Manöver, lehnte ab und bat darum, »von einer Zusammenarbeit abzusehen«. Die Staatssicherheit schloss die »Möglichkeit der Vorbereitung einer Re- publikflucht nicht aus«, denn Stefan Weingärtner war im Frühjahr 1963 u.a. im Hafen von Rostock und in Thüringer Grenzregionen beobachtet worden. Die Stasi-Spitzel registrierten auch, dass er Ende 1964 mehrere Male zur ärztlichen Behandlung in die Charité nach Berlin fuhr. Von einer solchen Reise kam er nicht wieder nach Görlitz zurück. Seinen Spitzeln war entgangen, dass er nach West-Berlin flüchten konnte. Bis zum Okto- ber 1970 versuchte die Stasi vergeblich, unter dem OpV »Schleuse« seinen Fluchtweg zu ermitteln. Im Abschlussbericht ist vermerkt: »Auf Grund sei- ner Vergangenheit und des Umstandes, dass sein Vater in Westdeutschland ist, kann angenommen werden, dass er nach Westberlin geschleust wurde. In der Bearbeitung konnte der Fluchtweg und die Schleuserorganisation nicht ermittelt werden.«1 Die Stasi war außerdem darüber informiert, dass Stefan Weingärtner beim »Hilfskomitee für politische Häftlinge der sow- jetischen Zone« als politischer Häftling anerkannt worden war und wie viel Geld er als »Eingliederungshilfe« erhalten hatte.                                                                                           207 Stefan Weingärtner     Stefan Weingärtner starb 1977 im Alter von 44 Jahren in Hannover. Zur Beerdigung durfte lediglich seine Mutter fahren, Schwester und Bruder er- hielten keine Genehmigung.             1 Operativer Vorgang, XII 267/65 (BStU, Ast. Dresden, 2008/70, Bl. 113f. Alle dies- bezüglichen Stasi-Unterlagen wurden dankenswerterweise von seiner Schwester zur Verfügung gestellt.)