JHK 2020

Über den »Marktsozialismus« hinaus: Ein Vergleich der chinesischen Reform und Öffnung mit den Reformzyklen in Osteuropa seit den 1960er-Jahren

Jahrbuch für Historische Kommunismusforschung | Seite 15-36 | Metropol Verlag

Autor/in: Felix Wemheuer

»Die These vom Vorrang der Politik hat zeitweise auch bei uns dazu geführt, dass die politischen Zielstellungen und bestimmte Wünsche bei der Festlegung der ökonomischen Aufgaben vorherrschten, dass die Pläne nicht immer ausreichend technisch und ökonomisch begründet waren, dass sie nicht immer den materiellen Möglichkeiten entsprachen. Es wurden bei uns schon Maßnahmen durchgeführt mit Rücksicht darauf, was in Westdeutschland dazu gesagt wird […]. Aber in der Tat haben jetzt die ökonomischen Aufgaben den Vorrang.«[1]
Walter Ulbricht (1962)

»Entwicklung ist das Kardinalprinzip.«[2]
Deng Xiaoping (1992)

In der Volksrepublik lässt die Kommunistische Partei Chinas (KPCh) die Reform und Öffnung als eine nationale Erfolgsgeschichte schreiben. Dabei werden die Lehren betont, die die Führung um Deng Xiaoping 1978 aus den »zehn Jahren Chaos« der »Kulturrevolution« (1966–1976) gezogen habe.[3] Neben der Wiederherstellung des Ansehens der Partei und der politischen Stabilität stand für die Reformer die Erhöhung des Lebensstandards der Bevölkerung ganz oben auf der Prioritätenliste. Dieses Ziel sollte durch Wirtschaftswachstum erreicht werden. China war nicht das erste staatssozialistische Land, das versuchte, durch Wirtschaftsreformen und Öffnung zum Weltmarkt neue Quellen der Legitimation zu erschließen, sondern mit Beginn der Reformen 1978 eher ein Nachzügler. Da die Vorgeschichte osteuropäischer Wirtschaftsreformen in China heute weitgehend vergessen und auch in der westlichen Forschung kaum präsent ist, soll sie an dieser Stelle nachgezeichnet werden. Wie es zu transnationalen Ideentransfers zwischen osteuropäischen Reformmodellen und China kam, wird im Beitrag von Susanne Weigelin-Schwiedrzik und Liu Hong in diesem Band behandelt. An dieser Stelle werden die Reformzyklen in Osteuropa und China seit den 1960er-Jahren in einem Überblick periodisiert, analysiert und verglichen.

Nach 1992 ging die KPCh über den »Marktsozialismus« hinaus, indem sie die »eiserne Reisschüssel«, die lebenslange Anstellung und Versorgung für die städtischen Arbeiter der Mao-Ära, abschaffte und eine weitgehende Privatisierung der Staatsindustrie einleitete. Außerdem gelang es den Unterstützern der Reform und Öffnung seit 1978, sich an der Spitze der Partei zu behaupten, während in Osteuropa Interventionen der Sowjetunion, innerparteiliche Machtkämpfe oder Unmut in der Bevölkerung zur Einleitung von Gegenreformen führten.

I. Krise des klassischen Modells: Reformzyklen in der Sowjetunion und Osteuropa

In der Sowjetunion und Osteuropa hatte es nach Stalins Tod 1953 mehrfach Versuche von Wirtschaftsreformen gegeben. Um die Fortschritte und Rückschritte auf diesem Gebiet zu beschreiben, sprachen Forscher von Reformzyklen bzw. -wellen.[4] Mitte der 1950er- bzw. spätestens seit Beginn der 1960er-Jahre hatten Parteiführungen in einigen Ländern erkannt, dass das von der Sowjetunion übernommene Modell einer zentralistischen Planwirtschaft in einer Krise steckte. Zwar gelang es, besonders in den Agrarstaaten Osteuropas, nach 1945 eine rasante Industrialisierung zu vollziehen. In den 1950er-Jahren waren die Wachstumsraten in der Sowjetunion und in den von ihr kontrollierten Staaten beeindruckend.[5] Die einseitige Ausrichtung auf den Aufbau der Schwerindustrie hatte jedoch zur Vernachlässigung der Landwirtschaft und der Bedürfnisse der Konsumenten geführt. Bei der Versorgung der Bevölkerung kam es immer wieder zu Engpässen. Im Zuge des Tauwetters nach Stalins Tod und als Reaktion auf die Aufstände in der DDR 1953 sowie in Ungarn und Polen 1956 gab es erste ernsthafte Diskussionen zur Korrektur von Fehlentwicklungen bzw. einer »Vervollkommnung« der Planung. In Polen versuchte die neue Führung um den Nationalkommunisten Władysław Gomułka 1956, die Unterstützung der Bevölkerung durch ein Paket von Maßnahmen zu gewinnen. Dazu gehörte die Einleitung einer weitgehenden Dekollektivierung der Landwirtschaft, da große Teile der Bauernschaft das sowjetische Modell der Kollektivierung ablehnten. Der Anteil des Agrarlandes, der von kollektiven und staatlichen Betrieben bewirtschaftet wurde, sank zwischen 1953 und 1960 von 19 auf 13 Prozent.[6] Auf dem Gebiet der Industrie führte die Regierung 1956 Arbeiterräte zur Mitbestimmung in den Betrieben ein. Die neue Parteiführung beschloss außerdem eine Dezentralisierung der Wirtschaftsplanung durch Reduzierung der zentral bestimmten, verbindlichen Planziele sowie eine Ausweitung der Autonomie der Staatsunternehmen.[7]

In den meisten Ländern wurden die Debatten und Reformversuche allerdings ab 1957 wieder abgebrochen. In der DDR zum Beispiel maßregelte die SED-Führung um Walter Ulbricht in einer »Anti-Revisionismus«-Kampagne die Befürworter von Reformen für eine weitgehende Dezentralisierung der Planung und einem stärkeren Einsatz von materiellen Anreizen für die Betriebe.[8] Die Probleme, die das klassische System der Planwirtschaft mit sich brachte, wurden dadurch aber nicht gelöst.

In der ersten Hälfte der 1960er-Jahre ließ das Wirtschaftswachstum der meisten staatssozialistischen Länder Osteuropas deutlich nach.[9] Ambitionierte Pläne, die westlichen kapitalistischen Staaten in kurzer Zeit nicht nur einzuholen, sondern auch zu überholen, stellten sich als völlig unrealistisch heraus.[10] Tatsächlich erlebte der Kapitalismus in Westeuropa in den 1950er- und 1960er-Jahren sein »goldenes Zeitalter« mit hohen Wachstumsraten, Ausbau des Sozialstaates sowie einer massiven Steigerung des Lebensstandards der breiten Masse. Große Teile der Bevölkerung Osteuropas verglichen ihr Konsumniveau nicht mit der Vorkriegszeit, sondern mit »dem Westen«. Den kommunistischen Führungen wurde zunehmend klar, dass die Idee, sich vom Weltmarkt abzukoppeln und eine autarke sozialistische Wirtschaftsgemeinschaft aufzubauen, schwierig war, da die kapitalistischen Länder auf einigen Gebieten Erfinder führender Technologien waren. Die eigene Entwicklung war sehr kostspielig und zeitintensiv. Die Sowjetunion hatte zwar große Erfolge bei der Weiterentwicklung von Waffen und in der Raumfahrt erzielt, der technologische Abstand zum Westen in der zivilen Industrie war jedoch groß. Das Wirtschaftsembargo der USA und ihrer Verbündeten hatte die sozialistischen Länder systematisch von Hochtechnologie abgeschnitten. Im Rahmen der »Entspannungspolitik« zwischen den Blöcken in den 1960er-Jahren wurde der Boykott zwar nicht aufgehoben, es ergaben sich jedoch neue Möglichkeiten des Handels zwischen Ost und West.

Preis- und Betriebsreform: Gemeinsamkeiten der Reformagenda der 1960er-Jahre

In den Jahren zwischen 1963 und 1968 wurde ein zweiter Reformzyklus in der Sowjetunion und Osteuropa eingeleitet. Trotz aller nationalen Besonderheiten gab es gemeinsame Nenner: Marktmechanismen sollten in die Planwirtschaft eingeführt werden, um die Produktivität zu steigern. Zentrale Elemente waren in diesem Zusammenhang Betriebs- und Preisreformen. Eine stärkere Dezentralisierung des Planungssystems sowie eine Reduzierung der Planvorgaben hatten das Ziel, die Autonomie der Betriebe zu vergrößern. »Gewinn« sollte zum zentralen Kriterium der Betriebsführung werden. Durch Gewinnbeteiligung und stärker ausdifferenzierte Prämiensysteme hofften die Reformer, sowohl Management als auch Belegschaften aufgrund materieller Anreize zur Steigerung der Produktivität zu animieren. Durch die Einführung von Marktelementen als Ergänzung zum Plan sollte ein echter Wettbewerb zwischen den Betrieben entstehen. Anstatt ihnen für alle Produkte genaue Produktionszahlen von oben vorzugeben, wurde die Fünfjahresplanung nun als »Perspektivplan« oder in einigen Fällen sogar als »Zukunftsprognose« gesehen. Durch eine regelmäßige Anpassung an Produktionsentwicklung und Nachfrage sollte die Planung flexibler werden. Ein weiteres Element stellten Preisreformen dar, mit denen nicht mehr alle Preise von den zentralen Planungsbehörden nach politischen Kriterien festgelegt wurden. Die Festlegung der Preise sollte sich stärker an deren Wert, d. h. der notwendigen durchschnittlichen gesellschaftlichen Arbeitszeit zu ihrer Herstellung orientieren.[11] Eine Privatisierung der Staatsindustrie war zwar bis Ende der 1980er-Jahre ein politisches Tabu. Dennoch traten die Reformkräfte für eine Aufwertung des kollektiven und kleinen privaten Sektors ein, um Angebotslücken zu schließen und mehr Wettbewerb zu generieren.

Diese Agenda bedeutete natürlich auch einen Abschied von der Ideologie der »Verschärfung des Klassenkampfes«, die in der Phase des Aufbaus des Sozialismus die Stalin-Ära prägte. Kader sollten sich nicht nur durch politischen Eifer und Loyalität gegenüber der Parteiführung auszeichnen, sondern auch durch eine verbesserte fachliche Qualifikation. Der ideale Kader entsprach nun eher einem Technokraten als dem bolschewistischen Revolutionär der Zwischenkriegszeit. Im Unterschied zur ersten Kadergeneration kamen die Vertreter der zweiten Generation nicht mehr aus dem Untergrund, dem Zuchthaus oder dem Exil, sondern aus den Parteischulen oder Universitäten in ihre Posten.

Der jugoslawische Sonderweg zwischen den Blöcken

Der Vorreiter in Richtung »Marktsozialismus« und Öffnung zum Weltmarkt war Jugoslawien. 1947 kam es zum Konflikt zwischen der Sowjetunion und Jugoslawien unter Führung von Josip Broz Tito. Um Jugoslawien zur Unterwerfung unter Moskau zu zwingen, ließ Stalin ein Wirtschaftsembargo verhängen. 1948 wurde Jugoslawien aus dem Kommunistischen Informationsbüro (Kominform) ausgeschlossen, das ein überstaatliches Bündnis von kommunistischen Parteien unter Führung der Sowjetunion darstellte. Die USA honorierten Belgrads Willen zur Unabhängigkeit von Moskau anfangs mit großzügigen Krediten und Militärhilfen. Zunächst führte die jugoslawische Regierung in ausdrücklicher Abgrenzung zum Modell der Sowjetunion in den 1950er-Jahren schrittweise eine »Arbeiterselbstverwaltung« in den Betrieben ein. Belegschaften sollten ihre Manager selbst wählen und in wichtigen Angelegenheiten ein Recht auf Mitsprache haben. Planungsbehörden und Partei wurden zwar nicht entmachtet, sie sollten aber eine geringere Rolle spielen. Diese Maßnahmen wurden als Meilenstein in Richtung Vergesellschaftung der Produktionsmittel gesehen. Die jugoslawischen Genossen stellten die Gleichsetzung von Sozialismus mit Staatseigentum unter der Kontrolle der Bürokratie infrage. Die Regierung hoffte darüber hinaus, durch die stärkere Autonomie der Betriebe und deren Eigenverantwortung für Gewinn und Verluste die wirtschaftliche Effizienz zu erhöhen. Während der zweiten Hälfte der 1960er-Jahre wurden die Betriebe in weiteren Reformschritten zunehmend von zentralen Planvorgaben befreit und sollten miteinander konkurrieren.[12] Die Entstehung eines Arbeitsmarktes führte zu einer, für ein sozialistisches Land, hohen Arbeitslosigkeit.[13] Die Regierung versuchte diese Entwicklung durch die Billigung von Arbeitsmigration in kapitalistische Länder wie Westdeutschland und Österreich zu kompensieren. Radikale Veränderungen gab es auch auf dem Gebiet der Landwirtschaft. Wie in Polen wurde die jugoslawische Landwirtschaft weitgehend dekollektiviert. Zwischen 1953 und 1960 sank die Agrarfläche, die von kollektiven und staatlichen Betrieben bewirtschaftet wurde, von 37 auf 10 Prozent.[14]

Tito versuchte die Beziehung zur Sowjetunion zu verbessern, allerdings mit dem Ziel, dass Moskau den unabhängigen jugoslawischen Weg anerkannte. Als Vorreiter der Bewegung der blockfreien Staaten gelang es Jugoslawien, sich sowohl vom sowjetischen als auch vom amerikanischen Einfluss zu emanzipieren. Blockfreie Staaten, darunter die meisten Länder der »Dritten Welt«, schlossen sich weder der NATO noch dem Warschauer Pakt an. Jugoslawien genoss damals großes internationales Ansehen. So wurde Tito als erstes Staatsoberhaupt eines sozialistischen Landes vom Papst empfangen.[15] Um mehr westliches Kapital anzuziehen, erließ die jugoslawische Regierung 1967 als erstes Land in Osteuropa ein Gesetz zur Gründung von Joint-Venture-Betrieben.[16]

Wirtschaftsreformen in Ungarn, der DDR und der CSSR

In der ersten Hälfte der 1960er-Jahre wurden auch die mit der Sowjetunion verbündeten Staaten von einer Welle von Reformversuchen erfasst. In der UdSSR strebte Parteiführer Nikita Chruščëv im Zuge der sogenannten Liberman-Debatte 1962 eine stärkere Gewinnorientierung und Autonomie der Staatsbetriebe an.[17] Außerdem wurde die rasche Steigerung des Konsumniveaus der Bevölkerung als ein zentrales Ziel definiert. Auch nach der Machtübernahme durch den neuen Parteiführer Leonid Brežnev sollten die »Kosygin-Reformen« 1965 die Autonomie der Betriebe stärken und in Modellversuchen bei Unwirtschaftlichkeit Konkurse zugelassen werden. Ein System von Prämien und Sanktionen sollte Management und Belegschaft animieren, die Produktivität zu steigern. Die Reformer hofften, dass die Betriebe die weitverbreitete Praxis des Hortens von Rohstoffen, Ersatzteilen und Arbeitskräften als Ergebnis der Profitorientierung aufgeben würden. In der Folge könnten brachliegende Ressourcen mobilisiert, Arbeitskräfte rationaler auf die Sektoren verteilt und die Planung verbessert werden.[18] Diese Entwicklung in der Sowjetunion eröffnete auch für die Bruderstaaten neue Freiräume. Besonders ambitioniert waren das »Neue Ökonomische System der Planung und Leitung« (NÖS oder NÖSPL) bzw. das »Ökonomische System des Sozialismus« (ÖSS) in der DDR (1963–1970) und der »Neue Ökonomische Mechanismus« (1968–1973) in Ungarn.[19]

In der DDR wollte die Führung um Ulbricht den technologischen Rückstand gegenüber der Bundesrepublik durch massive Investitionen in Branchen wie Chemie, Elektronik, Halbleiter und Maschinenbau überwinden. Zu Beginn des NÖS plante die SED-Führung, ein in sich geschlossenes System von »ökonomischen Hebeln« zu etablieren. Durch die Hebel Gewinn, Preis und Berücksichtigung der Selbstkosten sollten die Betriebe zur ökonomischen Effizienz sowie zum rationalen Umgang mit Ressourcen animiert werden. Damit übernahm die SED-Führung um Ulbricht Teile einer Agenda, die 1957 noch als »Revisionismus« gebrandmarkt worden war. Bei Löhnen und Einkommen war die Regierung bereit, Betriebsleiter, Facharbeiter, Ingenieure und Wissenschaftler deutlich aufzuwerten. Trotz der Industriepreisreform fürchtete die Parteiführung die Freigabe der Preise für Konsumgüter, könne eine Erhöhung doch negative Auswirkung auf die Bevölkerung haben.[20] Die SED-Führung sorgte sich um die politische Stabilität des Systems.

Die ungarische Parteiführung um János Kádár ging 1968 mit der Freigabe eines Teils der Preise und der Reduzierung der zentralen Planvorgaben vergleichsweise weit. Auch die Bildung der noch festgelegten Preise sollte sich stärker am Weltmarkt orientieren. Das rohstoffarme Land verabschiedete sich vom Primat der Schwerindustrie und wollte vor allem die Leichtindustrie entwickeln. Der ungarische »Gulaschkommunismus« sollte durch die Schaffung einer sozialistischen Konsumgesellschaft die Legitimation der Partei erneut stärken, die durch die Niederschlagung des Aufstandes von 1956 durch die verbündete UdSSR gelitten hatte. Dafür war die ungarische Führung auch bereit, eine größere Verschuldung im westlichen Ausland in Kauf zu nehmen.

Die ČSSR (Tschechoslowakische Sozialistische Republik) wurde zu Beginn der 1960er-Jahre besonders hart von wirtschaftlicher Stagnation und einer Versorgungskrise getroffen. Die Parteiführung musste einsehen, dass es nicht mehr weitergehen konnte wie bisher. Die ökonomischen Reformen um das »Neue Leitungssystem« (1963–1968) wurden schließlich Teil der Agenda des Prager Frühlings. Das Aktionsprogramm der Tschechoslowakischen Kommunistischen Partei von 1968 verband Wirtschaftsreformen mit einer politischen Liberalisierung, wie zum Beispiel der Lockerung der Pressezensur und der Aufwertung der Rolle der Gewerkschaften sowie nicht kommunistischer Kräfte. Der Slowakei sollte gegenüber Tschechien der Status einer gleichberechtigen autonomen Teilrepublik zugebilligt werden.[21]

Zunächst sah es so aus, dass sich in einigen Ländern Osteuropas Chancen für Wirtschaftsreformen oder einen »Sozialismus mit menschlichem Antlitz« eröffneten.

II. Das vorzeitige Ende des kleinen Reformzyklus in der Volksrepublik China (1961–1963)

Auch China durchlief Anfang der 1960er-Jahre einen Reformzyklus. Wie die Länder Osteuropas hatte die Volksrepublik nach 1949 zunächst eine »neudemokratische« Phase bewältigt, in der eine Bodenreform durchgeführt und vor allem das ausländische Kapital enteignet wurde. Ab 1953 übernahm China mit der »Transformation zum Sozialismus« das sowjetische Modell der zentralen Planwirtschaft. Allerdings orientierte sich die Führung um Mao Zedong stärker am »revolutionären Stalinismus« der »Großen Offensive« (1928–1931) mit Massenmobilisierung und antibürokratischer Rhetorik als am »technokratischen Spät-Stalinismus« der Nachkriegszeit.[22] Das radikale Industrialisierungsprogramm des »Großen Sprungs nach vorn« von 1958 und die Einführung von Volkskommunen endeten zwischen 1959 und 1961 in einer großen Hungersnot. Diese Entwicklung wies große Parallelen zur sowjetischen Hungersnot von 1931 bis 1933 unter Stalin auf.[23]

Um die Folgen der Hungersnot zu überwinden, ließ die Regierung die Wirtschaft »re-adjustieren« (zhengdun). In diesen Jahren spielten vor allem Liu Shaoqi und Deng in der Parteiführung eine leitende Rolle, während sich Mao zweitweise stärker im Hintergrund hielt. Einige Provinzführungen wie in Anhui ließen sogar eine Dekollektivierung der Landwirtschaft zu. Das Land wurde den Bauernfamilien zur Nutzung übergeben. Die Familien waren für die Erfüllung der staatlichen Abgabequoten zuständig und durften den Rest der Produktion selbst konsumieren oder auf dem Markt verkaufen. Diese Maßnahme sollte Anreize bilden, um die Agrarproduktion wieder zu steigern. Deng sprach sich 1962 für weiteres Experimentieren mit diesem Modell in anderen Landesteilen aus. In diesem Zusammenhang zitierte er einen Genossen aus Sichuan: Es sei egal, ob die Katze schwarz oder weiß sei, Hauptsache sie esse Mäuse.[24] Damit wollte Deng sagen, dass die Steigerung der Produktion die Hauptsache sei und nicht das Festhalten an orthodoxen Vorstellungen von sozialistischer Landwirtschaft. Mao gingen die Maßnahmen in Anhui zu weit, er ließ das Experiment der Familienverantwortung stoppen. Allerdings stimmte er zu, dass die Volkskommunen deutlich verkleinert wurden. Außerdem hatten die Bauern ein Anrecht auf Parzellen zur privaten Nutzung für die Selbstversorgung innerhalb der Kollektive. Die Regierung erkannte damit an, dass die Ressourcen und die Unterstützung der Landbevölkerung für eine vollständige Umwälzung der Eigentumsverhältnisse in Richtung Kommunismus fehlten.

Die Regierung entschied sich, in den Städten die Zahl der Arbeiter zu reduzieren, um Kosten zu sparen und das staatliche Versorgungssystem zu entlasten. Nur die Stadtbevölkerung war in das Rationierungssystem und den sozialistischen Wohlfahrtsstaat einbezogen. Zwischen Ende 1960 und 1963 ließ die Regierung über 26 Millionen Menschen wieder auf die Dörfer zurückschicken, die während des »Großen Sprungs« in die Städte gekommen waren.[25] Das war die wohl radikalste »Sparmaßnahme« einer Regierung gegenüber der städtischen Arbeiterschaft in der Geschichte des Staatssozialismus.

Nachdem sich Wirtschaft, Versorgungslage und Staatshaushalt wieder stabilisiert hatten, zeichnete sich 1964 ein Ende des Reformzyklus ab. Mao wollte mit der Sozialistischen Erziehungskampagne den Klassenkampf auf den Dörfern neu entfachen. Er glaubte, dass die Macht in vielen Dörfern faktisch nicht mehr in den Händen der Kommunistischen Partei sei. Der Kontrollverlust habe zu einem »schwarzen Wind der Einzelwirtschaft« (danganfeng) in Form von Schwarzhandel und Unterschlagung geführt.[26] Nach dem offenen Bruch mit der Sowjetunion griff die KPCh den »Pseudokommunismus« Chruščëvs an und warnte vor einer »Restauration des Kapitalismus« in der UdSSR. Titos Jugoslawien wurde sogar als »faschistischer Staat« bezeichnet, der sich an den »US-Imperialismus« verkauft habe.[27] Im Sommer 1966 startete Mao die Große Proletarische Kulturrevolution. In der Massenbewegung wurden auch die meisten Reformmaßnahmen aus den Jahren 1961 bis 1963 als »Revisionismus« angeprangert und ihre Anhänger in der Partei verfolgt. Dass in keinem anderen Land die Massen zur Rebellion gegen die »Machthaber auf dem kapitalistischen Weg innerhalb der Partei« aufgerufen wurden, zeigt, wie stark sich China 1966 von den Entwicklungen im sowjetischen Lager abgekoppelt hatte. Von den osteuropäischen Ländern stellte sich nur Albanien unter Führung von Enver Hoxha im Konflikt mit dem »sowjetischen Revisionismus« auf die chinesische Seite.

III. Gegenreformen nach der Niederschlagung des Prager Frühlings 1968

Die Spielräume für wirtschaftliche Reformen wurden in Osteuropa nach der Niederschlagung des Prager Frühlings durch die sowjetische Invasion im August 1968 deutlich kleiner. Mit der sogenannten Brežnev-Doktrin gestand die Sowjetunion den Bruderstaaten nur eine eingeschränkte Souveränität zu und behielt sich eine Intervention vor, falls ein Land das sozialistische Lager verlassen wolle. Polen, Ungarn, Bulgarien und die DDR beteiligten sich an der Invasion des Warschauer Paktes in der ČSSR. Die Regierungen von China, Albanien, Rumänien und Jugoslawien kritisierten den Einmarsch in Prag scharf. Nicht zuletzt, weil sie selbst ein sowjetisches Eingreifen befürchteten. Die Führung in Moskau wollte nach der »beinahe Konterrevolution« in der ČSSR keine weitreichenden Experimente der Bruderstaaten mehr zulassen. Auch die Kommunistische Partei der Sowjetunion (KPdSU) setzte die Kosygin-Reformen nicht wie geplant um.

Darüber hinaus waren Wirtschaftsreformen in Partei und Bevölkerung umstritten. In der DDR konnten sich die hohen Erwartungen der Parteiführung an die Reformagenda nicht erfüllen. 1970 kam es zu eklatanten Versorgungsschwierigkeiten bei alltäglichen Konsumgütern, die für Unmut in der Bevölkerung sorgten. Die Gegner des NÖS in der SED-Spitze konnten mit Unterstützung der sowjetischen Führung Ulbricht entmachten. Die Sowjetunion hatte besonders Ulbrichts Versuch, die Wirtschaftsbeziehungen mit der Bundesrepublik zu intensivieren, mit Skepsis betrachtet. Die neue Führung um Erich Honecker schwor den »sowjetischen Freunden« ewige Treue und vollzog mit der »Einheit von Wirtschafts- und Sozialpolitik« eine Wende. Durch eine Verbesserung des Konsumniveaus und mit einem ambitionierten Wohnungsbauprogramm sollte die Bevölkerung befriedet werden. Die vorsichtige Aufwertung von halbstaatlichen und kleinen Privatbetrieben während des NÖS wurde zurückgenommen und stattdessen ihre Verstaatlichung wieder vorangetrieben. Die hohen staatlichen Subventionen für die Grundversorgung, die während des NÖS als zu überwindendes Problem definiert wurden, galten unter Honecker als »Errungenschaft des Sozialismus«.[28] In der ČSSR hoffte die neue Führung nach dem Ende des Prager Frühlings, auf ähnliche Weise wie in der DDR mit sozialpolitischen Zugeständnissen eine »Normalisierung« zu erreichen. In beiden Fällen konnte die Erhöhung von Löhnen und Sozialleistungen nicht durch Wirtschaftswachstum getragen werden, sondern musste durch sowjetische Hilfe bzw. steigende Verschuldung im westlichen Ausland finanziert werden.[29]

Nach der Niederschlagung des Prager Frühlings setzte Ungarn den zum Jahresbeginn 1968 eingeführten »Neuen Ökonomischen Mechanismus« fort. Die Führung um Kádár musste Moskau aber glaubhaft versichern, dass Ungarn gerade nicht dem Beispiel der ČSSR in Richtung einer weitreichenden politischen Liberalisierung folgen werde.[30] Ungarn machte als Land mit großer Abhängigkeit vom Weltmarkt in der Folge die globale Krise nach dem Erdölschock von 1973 schwer zu schaffen und das Wirtschaftswachstum verlangsamte sich. Außerdem kritisierten die Hardliner im Apparat den Zerfall »sozialistischer Werte« und forderten eine Stärkung der Führungsrolle der Partei. Arbeiter beschwerten sich über die hohen Lebenshaltungskosten sowie zunehmende Überstunden.[31] Die Reformen von 1968 wurden 1973 zunächst gestoppt und erst später weitergeführt.

Jugoslawien hielt offiziell weiter an »Arbeiterselbstverwaltung« und marktwirtschaftlichen Mechanismen fest. Innenpolitisch geriet die Führung um Tito zunehmend unter Druck. In den Belgrader Studentenprotesten von 1968 wurde die Parteiführung von links kritisiert, inspiriert von der »Praxis-Gruppe«, die für einen »humanistischen Marxismus« eintrat. Die Studierenden forderten die Partei auf, die sozialistischen Ideale nicht zu vergessen und gegen die »rote Bourgeoisie« vorzugehen.[32] Die Bewegung des »kroatischen Frühlings« stellte nationalistische Forderungen bezogen auf die Sprachpolitik sowie die ökonomische Ressourcenverteilung zwischen den Teilrepubliken. In den frühen 1970er-Jahren versuchte Tito, die zentrale Führungsrolle der Partei Bund der Kommunisten Jugoslawiens wieder aufzuwerten, da nationalistische Konflikte zwischen Kadern der kroatischen und serbischen Teilrepublik außer Kontrolle gerieten. Außerdem ging die Regierung gegen die Anhänger des »kroatischen Frühlings« vor.

Die weitgehende Autonomie der Betriebe hatte dazu geführt, dass Manager im kapitalistischen Ausland mit unterschlagenen Geldern ihre eigenen Firmen gegründet hatten. Die Wahl der Manager durch die Belegschaft im Rahmen der »Arbeiterselbstverwaltung« schien den Aufstieg einer »neuen Klasse« nicht zu verhindern. Strengere Kontrollen von oben sollten eine hemmungslose private Bereicherung wieder eindämmen. Die Führung um Tito nutzte den Kampf gegen die illegalen Geschäfte der Manager gleichzeitig als Vorwand, um die Kräfte in der serbischen und slowenischen Partei zurückzudrängen, die für die Ausweitung der Marktmechanismen eintraten.[33]

Einige Länder des sowjetisch geführten Blocks versuchten in den 1970er-Jahren, Wachstums- und Technologietransfer durch die Anziehung von ausländischem Kapital zu fördern. Nach Jugoslawien ließen auch Rumänien (1971), Ungarn (1972), Polen (1976) und Bulgarien (1980) Joint-Venture-Betriebe mit ausländischem Kapital zu.[34] Um westliche Kredite aufnehmen zu können, integrierten sich einige Staaten in das internationale Finanzsystem. Das war faktisch das Eingeständnis, dass die eigenen Ressourcen zur Modernisierung der Wirtschaft nicht ausreichten. Rumänien wurde 1972 Mitglied des von den USA dominierten Internationalen Währungsfonds, Ungarn folgte 1982 und Polen 1986. Die DDR verschuldete sich ab der zweiten Hälfte der 1970er-Jahre hoch bei der Bundesrepublik.[35] Die Rückzahlung stellte sich als schwierig heraus, da nur wenige Produkte der sozialistischen Staaten auf dem Weltmarkt konkurrenzfähig waren, Produktionssteigerungen durch neue Technologie hinter den Erwartungen zurückblieben und Außenhandelsdefizite entstanden. Mit den Zahlungsschwierigkeiten von Polen 1981 wurde es für die Staaten im sowjetisch geführten Lager deutlich schwieriger bzw. zeitweise unmöglich, neue Kredite von internationalen Geldgebern zu bekommen.

IV. Reform und Öffnung: Chinas »Marktsozialismus« der 1980er-Jahre

Der Volksrepublik kam zugute, dass sie sich seit 1972 an die USA angenähert hatte, um die sowjetische Bedrohung auszugleichen. Schon unter Mao hatte China die westlichen kapitalistischen Länder Europas sowie Japan als Verbündete umworben und die Handelsbeziehungen ausgeweitet (siehe Beitrag von Philippe Lionnet in diesem Band). Erst der Tod von Mao 1976 eröffnete jedoch die Möglichkeit grundlegender Veränderungen im Inneren. In keinem anderen staatssozialistischen Land hatte es eine Führung zugelassen, dass Fraktionskämpfe innerhalb der Partei und Konflikte in der Bevölkerung in einen Bürgerkrieg ausarteten wie in China zwischen 1966 und 1969. Dass die staatliche Ordnung damals beinahe kollabierte, hatte langfristige Auswirkungen. 1976 waren die linken Kräfte in der KPCh und der Bevölkerung isoliert. Durch Landverschickung, bewaffnete Fraktionskämpfe und endlose »Säuberungskampagnen« hatten viele Chinesen den Glauben an die sozialistischen Ideale verloren. Nach der Übergangszeit unter Hua Guofeng konnte die Fraktion um Deng ab 1978 Wirtschaftsreformen durchsetzen. Die Maßnahmen stellten eine klare Abkehr vom Maoismus der Kulturrevolution dar. Die alten Kader um Deng, die während der Kulturrevolution als »Machthaber auf dem kapitalistischen Weg« verfolgt worden waren, konnten sich bei ihrer Reformagenda auf breite Teile der Bevölkerung stützen.

1979 wurde ein Gesetz erlassen, um in Sonderwirtschaftszonen ausländisches Kapital anzuziehen. Ein zentrales Ziel war von Beginn an, auf diese Weise einen Transfer von westlicher Technologie nach China zu ermöglichen. 1979 wurden schließlich volle diplomatische Beziehungen zwischen der Volksrepublik und den USA etabliert. Die Vereinigten Staaten und andere westliche Länder standen einem Technologietransfer nach China nicht mehr ablehnend gegenüber, sondern hofften, sich auf dem Markt des riesigen Reiches etablieren zu können.

Die radikalste Maßnahme der chinesischen Führung stellte die Auflösung der Volkskommunen (1979–1983) dar. Im Prinzip ließ die Regierung das System der Familienverantwortlichkeit wieder zu, das in den Jahren zwischen 1961 und 1962 in einigen Provinzen als Maßnahme gegen die Hungersnot existiert hatte.[36] Dank dieser Reform sowie höherer Ankaufspreise für Agrarprodukte und neuer Verdienstmöglichkeiten auf den Märkten stiegen die Einkommen der Landbevölkerung enorm. Auch die Nahrungsmittelversorgung verbesserte sich deutlich. Die Bauern machten 1980 ca. 80 Prozent der Bevölkerung aus.[37] Das war ein bedeutender Unterschied zur Sowjetunion und den Ländern Osteuropas, die zu diesem Zeitpunkt schon eine Urbanisierung der Gesellschaft vollzogen hatten.

Die Führung um Deng schaffte schrittweise das System des Klassenstatus ab. Diese Klassifizierung hatte seit den frühen 1950er-Jahren einerseits die Nachkommen von Arbeitern und einfachen Bauern bevorzugt und andererseits die Nachkommen von »Kapitalisten« und »Großgrundbesitzern« diskriminiert. Alle Bürger wurden nun formal gleichgestellt. Die KPCh ließ darüber hinaus kleine Familienunternehmen (getihu) zu. Unter anderem, um den Millionen während der Kulturrevolution auf das Land verschickten Jugendlichen wieder ein Einkommen in den Städten zu ermöglichen. Der Staat sparte dadurch enorme Kosten, die deren Integration in die Belegschaften der Staatsbetriebe mit den entsprechenden Anrechten auf Sozialleistungen verursacht hätte. Privatbetriebe durften bis 1988 allerdings nicht mehr als acht Personen einstellen.

In der Staatsindustrie waren die Reformen in der ersten Hälfte der 1980er-Jahre weniger radikal als in der Landwirtschaft. Es entstand ein duales System mit festgelegten Preisen im Rahmen der Planwirtschaft und Preisen, die auf dem Markt gebildet wurden (siehe dazu auch den Beitrag von Isabella M. Weber in diesem Band). Eine deutliche Abkehr vom klassischen System des Staatssozialismus stellte in der zweiten Hälfte der 1980er-Jahre die Zulassung von Betriebskonkursen sowie die schrittweise Einführung von Arbeitsverträgen in den Staatsbetrieben dar. Neue Arbeitskräfte wurden oft nur noch befristet angestellt. Eine umfassende Privatisierung von Staatsbetrieben leitete die Regierung jedoch nicht ein.

Ein wichtiger Motor des Wirtschaftswachstums in den 1980er-Jahren waren die ländlichen Gemeindebetriebe (xianzhen qiye). Sie wurden in der Regel kollektiv von den lokalen Regierungen betrieben. Dank der Korruption gelang es auch privaten Unternehmern, die »rote Mütze aufzusetzen« und ihren Betrieb als »kollektiv« registrieren zu lassen. Für die Gemeindeunternehmen gab es keine Begrenzung, Arbeitskräfte aus der ländlichen Bevölkerung einzustellen. Im Unterschied zu den Staatsbetrieben hatten die prekär beschäftigten »Bauern-Arbeiter« keine Anrechte auf Sozialleistungen. Damit hatten die Gemeindebetriebe anfangs einen großen Wettbewerbsvorteil sowohl gegenüber den Staatsbetrieben als auch dem privaten Sektor. Lokale Regierungen und ihre Kader erkannten schnell, dass sie unter dem dezentralisierten »Akkumulationsregime« viel Geld verdienen konnten. Deshalb wurden sie zur wichtigen Triebkraft der Reformpolitik. 1988 hob die Regierung die ursprüngliche Begrenzung der Anstellung von Arbeitskräften für Privatunternehmen auf. Damit hatte die KPCh faktisch ihren Frieden mit der Entstehung einer privaten Kapitalistenklasse gemacht. Größere soziale und regionale Unterschiede sah die Führung um Deng nicht als Übel, sondern als Ansporn für mehr Wettbewerb an. Zunächst sollten die einen reich werden und später die anderen, so Deng.[38]

Von den Reformen und dem damit verbundenen wirtschaftlichen Aufschwung profierten breite Teile der Bevölkerung, vor allem Bauern in den ärmeren Regionen. Für Akademiker und die Millionen von Nachkommen der ehemaligen »Klassenfeinde« eröffnete die Partei neue Aufstiegschancen. Allerdings wurden durch diese Entwicklung auch Hoffnungen auf politische Reformen geweckt, die die Führung um Deng nicht erfüllen konnte oder wollte. Im Zuge der Ausweitung der Preisreform kam es 1988 zu einer höheren Inflation und Teuerung von Lebensmitteln, die zu Panikkäufen führten. Im Juni 1989 mündeten die »goldenen 1980er-Jahre« mit der Protestbewegung auf dem Platz des Himmlischen Friedens in einer schweren politischen Krise.[39]

V. Das Scheitern der zentralistischen Planwirtschaft und des osteuropäischen »Marktsozialismus« 1989

Nach der Welle der Gegenreformen in den 1970er-Jahren wurden weitreichende strukturelle Reformprojekte im sowjetisch geführten Lager erst wieder in den 1980er-Jahren in einigen Ländern in Angriff genommen. Zum Beispiel veranlasste der Druck der unabhängigen Gewerkschaftsbewegung Solidarność und der drohende Staatsbankrott in Polen die Militärregierung unter General Wojciech Jaruzelski, Reformen in Richtung »Marktsozialismus« einzuleiten (siehe Beitrag in diesem Band von Florian Peters). In Bulgarien beschloss die Parteiführung 1987, die Wirtschaftsreformen zu intensivieren. Neben der Zulassung einer Vielfalt von Eigentumsformen, sollte die Einführung der Selbstverwaltung von Betrieben durch die Arbeitskollektive zu einer Dezentralisierung der Planung und Verwaltung führen (siehe Beitrag von Evgenij Kandilarov).

Die Sowjetunion war im Vergleich zu Polen und China in vieler Hinsicht in den 1980er-Jahren ein Nachzügler in Sachen Wirtschaftsreformen. Zu Beginn von Michail Gorbačёvs Glasnost und Perestroika standen Wirtschaftsreformen 1985 zunächst nicht weit oben auf der Prioritätenliste. In den Jahren 1987 und 1988 bereitete die Regierung schließlich Gesetze zur Liberalisierung des Außenhandels, zur Zulassung von Joint-Venture-Betrieben, zur Legalisierung der Verpachtung von Agrarland sowie zur Gründung von Kleinbetrieben und für die Möglichkeit von Entlassungen in Staatsbetrieben vor. Das Management bekam mehr Kompetenzen und sollte für die Rentabilität der Betriebe sorgen. Diese Maßnahmen führten allerdings nicht zum erhofften Ergebnis. Im Gegenteil, sie verschärften die allgemeine Versorgungskrise und beschleunigten den Niedergang der Sowjetunion. [40] Die Wirtschaftskrise untergrub die anfängliche Popularität von Gorbačёvs politischer Reformagenda in der Bevölkerung. Neue Freiräume durch die politischen Reformen in Moskau gaben auch nationalistischen Kräften in den kommunistischen Parteien und in den Bevölkerungen der Unionsrepubliken im Baltikum Auftrieb. Sie forderten zunächst mehr Autonomie und schließlich die staatliche Unabhängigkeit.

Die Lockerung der Kontrolle über die Bruderstaaten und die offizielle Aufhebung der »Brežnev-Doktrin« 1988 eröffneten in Osteuropa neue Entwicklungsmöglichkeiten. Die Regierungen konnten sie aber nicht nutzen, um den Untergang des Staatssozialismus abzuwenden. Während sich Ungarn weiter in Richtung »Marktsozialismus« entwickelte, lehnte die SED-Führung unter Honecker grundlegende Wirtschaftsreformen als überflüssig ab. Das jugoslawische Modell hatte nach dem Tod von Tito 1980 weiter an Glanz verloren, da das Wirtschaftswachstum einbrach und die Auslandsverschuldung des Landes, Inflation und Arbeitslosigkeit große Ausmaße annahmen. Darüber hinaus verschärften sich die Konflikte zwischen den wohlhabenderen und ärmeren Teilrepubliken. Während in den 1970er-Jahren die weitgehende Abgabe von Kompetenzen der Zentralregierung an die Teilrepubliken als mutige Reform gepriesen wurde, sahen Kritiker darin nun die Ursprünge eines nationalistischen Verteilungskampfes um wirtschaftliche Ressourcen, der schließlich zum Untergang des Staates führen sollte.[41]

Auch Rumänien litt unter der hohen Auslandsverschuldung. Die Regierung unter Nicolae Ceauşescu entschied sich Anfang der 1980er-Jahre als Einzige in Osteuropa, die westlichen Kredite durch ein radikales Sparprogramm und eine Exportoffensive von Agrarprodukten zurückzuzahlen, um die Abhängigkeit zu verringern. Dadurch kam es zu schwerwiegenden Versorgungsengpässen bei Grundnahrungsmitteln sowie in der Energie- und Stromversorgung. Im Bildungs- und Gesundheitssystem wurden harte Sparmaßnahmen durchgesetzt. Das führte insgesamt dazu, dass Teile der Bevölkerung verarmten.[42]

Die Kluft zwischen den propagierten Idealen und den Alltagserfahrungen der Menschen wurde in allen Staaten des »Realsozialismus« immer größer. Schon in den 1970er-Jahren hatte sich in der Sowjetunion eine »zweite Wirtschaft« neben der offiziellen herausgebildet. Zum Beispiel bestand der unausgesprochene »kleine Deal« der Brežnev-Ära darin, dass die Bevölkerung durch Tauschhandel, Schwarzmarktaktivitäten, Schwarzarbeit oder Unterschlagung ihre Einkommen aufbessern konnte. Die unteren Staatsorgane drückten häufig ein Auge zu bzw. waren selbst an diesen Geschäften beteiligt. Im Gegenzug erwartete die Partei, dass die Bürger nicht offen gegen sie opponierten.[43] In den Reformländern wie Ungarn, Jugoslawien, Polen oder auch China der 1980er-Jahre bot das duale System von Markt und reguliertem Staatssektor viele Möglichkeiten von Korruption oder Unterschlagung für Kader und Menschen mit Beziehungen. Diese Entwicklungen delegitimierten das Ansehen der Parteien in der Bevölkerung, weil die neuen sozialen Ungleichheiten sowohl dem sozialistischen Versprechen einer gerechteren Gesellschaft als auch einem »fairen Wettbewerb« auf dem Markt widersprachen.[44] In den letzten Jahren der Sowjetunion führte die Abnahme der Kontrolle über die Ressourcen durch die Zentralregierung dazu, dass viele Gelder in undurchsichtigen Kanälen von Netzwerken aus Kadern der Partei und des Kommunistischen Jugendverbandes Komsomol verschwanden.[45]

Insgesamt ist die Bilanz der wirtschaftlichen Reformversuche in der Sowjetunion und Osteuropa bescheiden. Die Ergebnisse blieben weit hinter den Erwartungen zurück. In der Regel waren die Reformen halbherzig, da die meisten Regierungen die »Errungenschaften des Sozialismus« wie das »Recht auf Arbeit«, weitreichende Sozialleistungen und staatliche Subventionierung der Preise für Grundnahrungsmittel, Wohnen und Kultur nicht aufgeben wollten.

Die Parteiführungen in Ostdeutschland und der Tschechoslowakei der 1970er-Jahre fürchteten um die politische Stabilität und lehnten weitgehende Experimente ab. Die konservativen Teile der Parteibürokratien wehrten sich gegen einen Machtverlust bei der Abgabe von Kompetenzen und Wettbewerb auf dem Markt. Auch Teile der Belegschaften der Industrie standen in einer egalitären Tradition der Arbeiterbewegung der Zwischenkriegszeit einem stärkeren Wettbewerb der Betriebe sowie größeren Ausdifferenzierungen der Löhne und Einkommen ablehnend gegenüber.[46] Sie befürchteten, dass durch einen Wettbewerb untereinander die Solidarität am Arbeitsplatz untergraben und die Schwächeren zu kurz kommen würden. Einen privaten Sektor wollten die Reformer höchstens als Ergänzung zum öffentlichen zulassen, um einige Angebotslücken auszuschließen und Wettbewerbsdruck für die Staatsbetriebe zu erzeugen. Die Anhäufung von großem privaten Reichtum oder gar die Entstehung einer neuen Kapitalistenklasse waren allerdings Horrorvorstellungen für die Parteiführungen, vor allem für die alte Garde der Revolutionäre.

Im sowjetisch geführten Lager waren die Kräfte für Wirtschaftsreformen seit den 1950er-Jahren immer von den Spielräumen abhängig, die die Sowjetunion jeweils zuließ. In der ČSSR stoppte die Sowjetunion den Prager Frühling 1968 gewaltsam und unterstützte die Entmachtung von Ulbricht 1971 in der DDR. 1989 wurde deutlich, dass weder konservatives Beharrungsvermögen wie in der DDR noch Reformbereitschaft wie in Ungarn die Regimewechsel im sowjetisch geführten Lager verhindern konnten. Zu einer »chinesischen Lösung« im Umgang mit der Opposition, sprich einer gewaltsamen Niederschlagung, wollten sich die Parteiführungen im sowjetischen Block in Osteuropa, mit Ausnahme von Rumänien, nicht durchringen. In Polen, Ungarn und der DDR stimmten sie schließlich einem am »runden Tisch« ausgehandelten Regimewechsel zu. Teile der politischen Eliten hofften, so nach dem Namenswechsel ihrer Parteien in das neue politische System integriert werden zu können.

1991 entschieden die Präsidenten der Unionsrepubliken Russlands, der Ukraine und Weißrusslands, dass die Sowjetunion aufgelöst werden sollte. Damit endete auch das sowjetische Modell des Vielvölkerstaates. Auch die ČSSR löste sich 1993 als Staat auf, in dem die Reformer des Prager Frühlings der Slowakei 1968 den Status einer föderalen Teilrepublik zugebilligt hatten. Die Nachfolger Titos ließen Jugoslawien sogar in einem Bürgerkrieg untergehen.

VI. Die Zerschlagung der »eisernen Reisschüssel«: Chinas Abschied vom »Marktsozialismus« der 1980er-Jahre

Nach der blutigen Niederschlagung der Bewegung am 4. Juni 1989 durch die Volksbefreiungsarmee war es zunächst unklar, ob die Wirtschaftsreformen weitergehen würden. Besonders der konservative Flügel der KPCh fürchtete eine Destabilisierung des politischen Systems. Nach der Auflösung der Sowjetunion und den Regimewechseln in Osteuropa entschied sich die Parteiführung schließlich, die Reform und Öffnung zu intensivieren. 1992 gab Deng bei seiner berühmten Reise in die Sonderwirtschaftszonen des Südens den Anstoß, China stärker in den kapitalistischen Weltmarkt zu integrieren. In der Folge sollten die chinesischen Reformen weit über die »marktsozialistischen« Versuche Osteuropas hinausgehen. Die Auflösung der Volkskommunen hatte schon Mitte der 1980er-Jahre eine riesige ländliche »Überbevölkerung« freigesetzt. »Bauern-Arbeiter« konnten als billige Arbeitskräfte in der »Werkbank der Welt« für ausländisches Kapital zur Verfügung gestellt werden. Nach 1992 wurden ausländische Direktinvestitionen zu einer wichtigen Triebkraft des chinesischen Wirtschaftswachstums. Mit seiner jungen Bevölkerung, die von den Dörfern in die Fabriken ging, hatte China ganz andere Voraussetzungen als die Länder Osteuropas und die westliche Sowjetunion. Dort hatte der demografische Wandel zu einer älteren Bevölkerung schon in den 1960er-Jahren eingesetzt. Außerdem waren die Bauern in der Sowjetunion seit den 1970er-Jahren in den Wohlfahrtsstaat integriert.[47] Darüber hinaus hatten die industriellen Arbeitskräfte in Osteuropa ein wesentlich höheres Lohn- und Ausbildungsniveau als in China erreicht. Der permanente Mangel an Arbeitskräften hatte Länder wie die DDR und Ungarn sogar bewogen, Arbeitsmigration aus sozialistischen Bruderstaaten der »Dritten Welt« zu fördern.

In China wurde unter Führung von Präsident Jiang Zemin und Premierminister Zhu Rongji Ende der 1990er-Jahre eine radikale Umstrukturierung der Staatsindustrie eingeleitet. Viele strategisch wichtige Betriebe und Banken ließ die Regierung in Aktiengesellschaften umwandeln. Unwichtigere und unprofitable Betriebe wurden massenweise geschlossen. Besonders die von der alten Schwerindustrie geprägten Regionen wie die Mandschurei erlebten eine soziale Misere. Zwischen 1995 und 2003 sank die Zahl der urbanen Beschäftigten in Staatsbetrieben von 112 auf 68 Millionen und in Kollektivbetrieben von 31 auf 10 Millionen.[48] Die »eiserne Reisschüssel« (tiefanwan), also die lebenslange Anstellung und Versorgung der Kernbelegschaften der Staatsbetriebe, wurde abgeschafft. Einen solchen radikalen Schritt hatte keine Kommunistische Partei im sowjetisch geführten Block gewagt oder gewollt. Dort waren Regimewechsel bzw. eine »Konterrevolution« die Voraussetzung wie die Hardliner sagten, um diese Schritte in Richtung Kapitalismus einzuleiten. Ein Grund für das hohe Tempo der Privatisierung in China war auch das Ziel, der Welthandelsorganisation (World Trade Organization, WTO) betreten zu können. Mit der Aufnahme in die WTO 2001 erkannte China die Spielregeln des globalen Kapitalismus an. Im Gegenzug öffneten die USA und Europa ihre Märkte stärker für chinesische Exporte.

Ein Unterschied zu der Geschichte der Reformversuche in Osteuropa im sowjetisch geführten Lager ist, dass sich in der KPCh Kräfte, die hinter der Reform und Öffnung standen, seit 1978 an der Spitze der Partei behaupten konnten – sieht man einmal von der kurzen Phase der Unklarheit zwischen 1990/1991 nach dem Tian’anmen-Massaker ab. In der KPCh gab es in den 1980er-Jahren durchaus Machtkämpfe bezüglich des Tempos und der Ausweitung der Wirtschaftsreformen. Selbst als konservativ geltende Führungskader wie Chen Yun oder Li Peng stellten jedoch nicht die Reform und Öffnung als solche infrage. Im chinesischen Fall herrscht seit 40 Jahren Kontinuität, während die Zyklen der Reformen in Osteuropa vor 1989 in der Regel nur einige Jahre anhielten, bevor Gegenreformen folgten. Den chinesischen Reformern kam die Emanzipation Chinas von der wirtschaftlichen Abhängigkeit zur Sowjetunion zugute, die schon 1960 unter der Führung von Mao forciert wurde. 1966 hatte die Parteilinke Deng und andere alte Kader als »Machthaber auf dem kapitalistischen Weg« angegriffen, die damals noch für relativ moderate Wirtschaftsreformen eingetreten waren. Ironischerweise war es tatsächlich die Fraktion um Deng, die 25 Jahre später in China den Kapitalismus einführte.

VII. Der Zusammenhang von wirtschaftlichen und politischen Reformen

Auffällig ist, dass sich kein einziger Beitrag im Jahrbuch für Historische Kommunismusforschung 2020 auf das Verhältnis von wirtschaftlichen und politischen Reformen konzentriert. Das war weder die Absicht der Herausgeber noch der Autorinnen und Autoren. Dabei war diese Frage sowohl für die Reformer in den staatssozialistischen Ländern als auch für die westlichen Beobachter über Jahrzehnte zentral. Viele Anhänger eines »Marktsozialismus« in Ost und West befürworteten die Begrenzung der Macht der Partei durch die Einführung einer »Arbeiterselbstverwaltung« oder zumindest durch Arbeiterräte in den Betrieben. [49] Das jugoslawische Modell genoss in den 1960er-Jahren Popularität bis in Kreise der westlichen sozialdemokratischen Gewerkschaftsbewegungen hinein. Reformer der Tschechoslowakischen Kommunistischen Partei erweiterten ihre Agenda der Wirtschaftsreform 1968 im Prager Frühling um eine politische Liberalisierung. Mit offenen Debatten über Reformen des politischen Systems war es im sowjetisch geführten Block jedoch nach der Niederschlagung des Prager Frühlings zunächst vorbei.

Erst nach der Machtübernahme von Gorbačёv 1985 kamen politische Reformen wieder auf die Agenda. Mit Glasnost und Perestroika wollte Gorbačёv zunächst politische Reformen angehen, um die Macht der Bürokratie zu beschränken, und nahm erst danach wirtschaftliche Reformen in Angriff. Die neuere Forschung betont, dass Gorbačёv durchaus plante, vom chinesischen Modell zu lernen, wie zum Beispiel von der Schaffung von Sonderwirtschaftszonen und der Unternehmensreform. Mächtige bürokratische Interessensgruppen aus der Schwerindustrie, Militär und Landwirtschaft hätten jedoch eine Entwicklung in diese Richtung verhindert.[50]

In Peking haben die zentralen Planungsbehörden und Ministerien hingegen zu keinem Zeitpunkt so viel Macht besessen wie in Moskau. Die Planwirtschaft war schon in der Mao-Ära stärker dezentralisiert und die Provinzregierungen waren wichtige Akteure. Außerdem war in den frühen 1980er-Jahren die chinesische Parteibürokratie immer noch von den Nachwirkungen der Angriffe während der »Kulturrevolution« geschwächt. Im Unterschied zu Gorbačёv war es dem Revolutionsveteranen Deng in den frühen 1980er-Jahren gelungen, das Militär zu einer deutlichen Reduzierung der Verteidigungsausgaben zugunsten der Entwicklung der zivilen Wirtschaft zu bewegen.[51] Ironischerweise ließ die Zentralregierung gleichzeitig zu, dass die Volksbefreiungsarmee ein großes Wirtschaftsimperium aufbaute, an dem sich viele Militärs durch legale und illegale Geschäfte bereichern konnten.[52] Erst nach 1998 zwang die Parteiführung um Jiang Zemin die Armee, sich von ihren Betrieben zu trennen.

Nach der Auflösung der Sowjetunion analysierten die Parteiführung und auch die chinesischen Wissenschaftler die Gründe dafür ausführlich.[53] Der allgemeine Tenor lautete, dass das System der zentralen Planwirtschaft zwar reformbedürftig war und die UdSSR auch ökonomisch gescheitert sei. Gorbačёv habe bei den Reformen jedoch das Kind mit dem Bade ausgeschüttet. Mit der Aufhebung des Machtmonopols der KPdSU hätten die sowjetischen Reformer die Grundlage des Staates zerstört und damit selbst dessen Untergang eingeleitet. Die Lehre daraus war, dass Wirtschaftsreformen nur erfolgreich sein können, wenn die Partei die Kontrolle über die gesellschaftliche Entwicklung behielte und die politische Stabilität des Systems sichern könne.[54]

Trotz der kulturellen Öffnung des Landes hält die Parteiführung bis heute daran fest, dass Forderungen nach Gewaltenteilung, Parteienkonkurrenz oder Pressefreiheit feindliche westliche Ideen seien, die den Staat untergraben würden.[55] Zumindest wenn man den Machterhalt der Kommunistischen Partei als Maßstab nimmt, ist das chinesische Primat der Wirtschaftsentwicklung im Unterschied zu den politischen Reformen Gorbačёvs der erfolgreichere Weg. Zudem zerstörten die sowjetischen Eliten, vor allem die russischen, nicht nur das staatssozialistische System, sondern ließen auch die Sowjetunion als Vielvölkerstaat auflösen. Daraus zog die chinesische Führung wiederum die Lehre, dass nur das Machtmonopol der Partei ihr eigenes multiethnisches Reich zusammenhalten könne.

Viele westliche Beobachter gingen lange davon aus, dass Wirtschaftsreformen politische Reformen nach sich ziehen müssten. Die neu entstehenden Mittelschichten würden politische Rechte einfordern. Das hat sich auch 40 Jahre nach der Reform und Öffnung nicht bestätigt. Im Gegenteil, viele Angehörige der urbanen und gut ausgebildeten Mittelschichten scheinen zur Hauptstütze der KPCh geworden zu sein. Das spiegelt sich auch in der sozialen Zusammensetzung der 90 Millionen Parteimitglieder (2019) wieder. Auf dem 19. Parteitag 2017 hatten nach offiziellen Angaben zum Beispiel über die Hälfte der Delegierten einen Masterabschluss. Nur 8,7 Prozent waren »Arbeiter« bzw. »Bauern-Arbeiter« und 3,8 Prozent Bauern.[56] Viele Angehörige der Mittelschicht wissen nur zu gut, dass ihr Wohlstand auch auf gesellschaftlicher Stabilität beruht. Die Unterdrückung von Protesten der subalternen Wanderarbeiter und Bauern durch den autoritären Staat wird von vielen Angehörigen der urbanen Mittelschichten unterstützt. Das Gleiche gilt für eine Politik der »harten Hand« gegenüber den nationalistischen Bewegungen von ethnischen Minderheiten der Tibeter und Uiguren.

Interessanterweise gibt es gegenwärtig ernsthafte Herausforderungen für die KPCh gerade an der Peripherie des Staates. Ab 1999 versuchten die chinesischen Regierungen unter Jiang und später Hu Jintao, durch ein Entwicklungsprogramm für den Westen des Landes (xibu da kaifa) die Minderheitenregionen zu befrieden. Im Unterschied zu den meisten Han-Chinesen nahmen viele Tibeter und Uiguren das Angebot wirtschaftlicher Entwicklung im Austausch für Loyalität gegenüber dem Staat nicht an. Die Aufstände in Lhasa 2008 und Urumqi 2009 zeugen vom Scheitern dieser Strategie. Viele Han-Chinesen können bis heute die »Undankbarkeit« der Tibeter und Uiguren nicht verstehen. Auf den Aufstieg des uigurischen Nationalismus bzw. Islamismus hat die Regierung unter Xi Jinping in den letzten Jahren mit verschärften Repressionen und Überwachung reagiert. Im Fall der Autonomen Uigurischen Region Xinjiang sollen nach Angaben westlicher Medien Hunderttausende Muslime in Umerziehungslagern interniert worden sein.[57]

Auch viele Bürger Hongkongs scheinen nicht mehr bereit zu sein, sich im Namen der Stabilität mit dem Status quo der Semi-Demokratie und eingeschränkten politischen Freiheiten sowie der Zugehörigkeit zu China zufriedenzugeben. Die chinesische und britische Regierung hatten vor der Übergabe von Hongkong 1997 einen Sonderstatus nach dem Prinzip »ein Land, zwei Systeme« ausgehandelt, der bis 2047 gelten soll. Bei den gegenwärtigen Protesten in Hongkong steht eine gewaltsame Niederschlagung durch die Volksbefreiungsarmee im Raum. Die Propaganda der KPCh versucht, alle Bewegungen in der Peripherie als »separatistisch« und äußerst gewalttätig darzustellen. Den Bürgern auf dem Festland wird der Eindruck vermittelt, dass es sich in Hongkong nicht um eine Demokratiebewegung handele, sondern um einen vom westlichen Ausland gesteuerten Versuch, die Einheit Chinas gewaltsam zu zerstören, nachdem China über 150 Jahre warten musste, die britische Kronkolonie zurückzubekommen. Solange die Zentralregierung nicht durch parteiinterne Machtkämpfe geschwächt wird, ist es unwahrscheinlich, dass von den nationalistischen Bewegungen an der Peripherie die Gefahr eines Regimewechsels in Peking ausgeht.

Die gegenwärtigen globalen Entwicklungen stärken die Kräfte in China, die vor Reformen in Richtung einer liberalen Demokratie nach westlichem Vorbild warnen. Im Vergleich zu 1989 ist heute die globale Vorbildfunktion der liberalen Demokratie und Marktwirtschaft geschwächt. Das westliche System befindet sich in der schwersten Krise seit 1945. Genannt seien nur der globale Aufstieg des Rechtspopulismus, der anstehende Brexit, die autoritäre Entwicklung in Russland und Osteuropa sowie die US-Präsidentschaft von Donald Trump. Der US-Präsident scheint kein Interesse daran zu haben, das Land als Vorbild für Menschenrechte zu propagieren. Weder die von den USA militärisch herbeigeführten Regimewechsel im Irak und Afghanistan, noch die unterstützten Aufstände in Libyen und Syrien haben Wohlstand und Demokratie gebracht. In den schlimmsten Fällen sind immer noch andauernde Bürgerkriege und der Zerfall jeglicher funktionierender Staatlichkeit die Folgen. Der Arabische Frühling im Jahre 2010 endete in Ägypten mit der Wiedererrichtung der Militärdiktatur.

»In China darf es kein Chaos geben«, so lautet der Konsens der politischen Kräfte, die an der Alleinherrschaft der KPCh festhalten wollen. 40 Jahre nach dem Beginn der Reform und Öffnung sind grundlegende politische Reformen ferner denn je.

 


 

Für ein kritisches Feedback zu diesem Beitrag danke ich Prof. Dr. Susanne Weigelin-Schwiedrzik (Universität Wien), Dr. Tobias Rupprecht (University of Exeter), Dr. Isabella M. Weber (University of Massachusetts Amherst) sowie Prof. Dr. André Steiner (Leibniz-Zentrum für Zeithistorische Forschung, Potsdam).

[1] Neues Deutschland vom 15. 12. 1962, zitiert nach: Jörg Roesler: Zwischen Plan und Markt: Die Wirtschaftsreform in der DDR zwischen 1963 und 1970, Berlin 1990, S. 25.

[2] Deng Xiaoping: Zai Wuchang, Shenzhen, Zhuhai, Shanghai dengdi de tanhua yaodian [Die Kernpunkte der Gespräche in Wuchang, Shenzhen, Zhuhai, Schanghai und anderer Orte], in: Deng Xiaoping wenxuan [Ausgewählte Werke Deng Xiaopings], Beijing 1993, Bd. 3, S. 377.

[3] Siehe z. B. Xi Jinping: Zai qingzhu gaige kaifang 40 zhounian dahui shang de jianghua [Rede auf der großen Konferenz zur Feier des 40. Jahrestages der Reform und Öffnung], 2018, www.cssn.cn/zt/zt_rdzt/jnggkfsshzhn/tt1/201812/t20181218_4795519.shtml (ges. am 10. 12. 2019).

[4] Wlodzimierz Brus: Geschichte der Wirtschaftspolitik in Osteuropa, Köln 1986, S. 279–287; Wƚadysƚaw Jermakowicz/Jane Thompson Follis: Reform Cycles in Eastern Europe, 1944–1987: A Comparative Analysis from a Sample of Czechoslovakia, Poland, and the Soviet Union, Berlin 1988.

[5] Für eine statistische Übersicht siehe Dieter Segert: Staatssozialismus, ökonomische Entwicklung und Modernisierung in Osteuropa, in: Joachim Becker/Rudy Weissenbacher (Hg.): Sozialismen: Entwicklungsmodelle von Lenin bis Nyerere, Wien 2009, S. 111.

[6] Mark Harrison: Communism and Economic Modernization, in: Stephen A. Smith (Hg.): The Oxford Handbook of the History of Communism, Oxford 2014, S. 396.

[7] Brus: Geschichte der Wirtschaftspolitik in Osteuropa (Anm. 4), S. 199.

[8] Günter Krause: Wirtschaftstheorie in der DDR, Marburg 1998, S. 125–132.

[9] Segert: Staatssozialismus (Anm. 5), S. 111.

[10] Siehe z. B. André Steiner: The Plans that Failed: An Economic History of the GDR, New York 2013, S. 90; Frederick C. Teiwes und Warren Sun: China’s Road to Disaster: Mao, Central Politicians, and Provincial Leaders in the Unfolding of the Great Leap Forward, 1955–1959, Armonk 1999.

[11] Zu dieser Debatte siehe Włodzimierz Brus: Funktionsprobleme der sozialistischen Wirtschaft, Frankfurt a. M. 1971, S. 196–198; Krause: Wirtschaftstheorie in der DDR (Anm. 8), S. 178–182.

[12] Für eine Einführung in das damalige ökonomische Modell siehe Branko Horvat: Die jugoslawische Gesellschaft: Ein Essay, Frankfurt a. M. 1969. Die neuere Forschung betont die Zusammenhänge zwischen innerparteilichen Machtkämpfen und der Entwicklung der »Arbeiterselbstverwaltung«: Vladimir Unkovski-Korica: The Economic Struggle for Power in Titoʼs Yugoslavia: From World War II to Non-Alignment, London 2016.

[13] Zur Debatte siehe Susan L. Woodward: Socialist Unemployment: The Political Economy of Yugoslavia, 1945–1990, Princeton 1995.

[14] Harrison: Communism and Economic Modernization (Anm. 6), S. 396.

[15] Jože Pirjevec: Tito: Die Biografie, München 2016, S. 478.

[16] Petru Buzescu: Joint-Ventures in Eastern Europe, in: The American Journal of Comparative Law 32 (1984), H. 2, S. 408.

[17] Evsej Grigorʼevič Liberman (1897–1981) war ein einflussreicher sowjetischer Ökonom, der sich seit den 1950er-Jahren für »Profit« als Kriterium der Betriebsführung aussprach. Für eine Übersicht über die Debatte siehe Myron E. Sharpe (Hg.): The Liberman Discussion: A New Phase in Soviet Economic Thought, New York 1966, zwei Bände.

[18] Evsej G. Liberman: Methoden der Wirtschaftslenkung im Sozialismus: Ein Versuch über die Stimulierung der gesellschaftlichen Produktion, Frankfurt a. M. 1974, S. 21 f.

[19] Für eine Bewertung siehe André Steiner: Die DDR-Wirtschaftsreform der sechziger Jahre: Konflikt zwischen Effizienz-und Machtkalkül, Berlin 1999, S. 551–559; Roesler: Zwischen Plan und Markt (Anm. 1), S. 160 f.; zu Ungarn siehe János Kornai: The Hungarian Reform Process: Visions, Hopes, and Reality, in: Journal of Economic Literature 24 (1986), H. 4, S. 1687–1737; Ivan T. Berend: The Hungarian Economic Reforms 1953–1988, Cambridge 1990.

[20] Dieses Problem wird erörtert in: Erich Apel/Günter Mittag: Planmäßige Wirtschaftsführung und ökonomische Hebel, Berlin 1964, S. 90.

[21] »The Action Program of the Czechoslovak Communist Party April 1968«, parevo.eu/1parevo/images/PDF/01.%20The%20Action%20Program%20of%20the%20Czechoslovak%20Communist%20Party.pdf (ges. am 8. 5. 2018).

[22] Thomas Bernstein: Introduction: The Complexities of Learning from the Soviet Union, in: Thomas Bernstein/Li Hua-yu (Hg.): China Learns from the Soviet Union, 1949–Present, Lanham, MD 2010, S. 7.

[23] Felix Wemheuer: Famine Politics in Maoist China und the Soviet Union, New Haven 2014.

[24] Deng Xiaoping: Zenme huifu nongye shengchan [Wie die Agrarproduktion wieder hergestellt werden soll], in: Deng Xiaoping wenxuan (Anm. 2), Bd. 1, S. 323.

[25] Felix Wemheuer: A Social History of Maoist China: Conflict and Change, 1949–1976, Cambridge 2019, S. 165.

[26] Bo Yibo: Ruogan zhongda juece yu shijian de huigu [Reflektionen zu einigen wichtigen Entscheidungen und Ereignissen], Beijing 1991, Bd. 2, S. 1078.

[27] Von den Redaktionen der Renmin Ribao und der Zeitschrift Hongqi: Über den Pseudokommunismus Chruschtschows und die historischen Lehren für die Welt: Neunter Kommentar zum Offenen Brief des ZK der KPdSU (1964), www.pagina-libre.org/MPPA/Texte/Mao/Pseudokommunismus.html; Zentralkomitee der KPCh: Ist Jugoslawien ein sozialistischer Staat? Dritter Kommentar zum offenen Brief des ZK der KPdSU (1963), www.infopartisan.net/archive/maowerke/jugo-polemik.htm (ges. am 21. 11. 2018).

[28] Peter Hübner: Reformen in der DDR der sechziger Jahre, in: Christoph Boyer (Hg.): Sozialistische Wirtschaftsreformen: Tschechoslowakei und DDR im Vergleich, Frankfurt a. M. 2006, S. 534, 537.

[29] Für eine Bewertung siehe Christoph Boyer: Einleitung, in: Boyer: Sozialistische Wirtschaftsreformen (Anm. 28), XXXIII–XXXVII.

[30] Zur Analyse der schmalen Gradwanderung der ungarischen Reformen siehe Hannes Lachmann: Das Jahr 1968 in Ungarn – gab es einen »Budapester Frühling«?, in: Angelika Ebbinghaus (Hg.): Die letzte Chance? 1968 in Osteuropa: Analysen und Berichte über ein Schlüsseljahr, Hamburg 2008, S. 121–131.

[31] Adam Fabry: The Origins of Neoliberalism in Late ›Socialist‹ Hungary: The Case of the Financial Research Institute and ›Turnabout and Reform‹, in: Capital & Class 42 (2018), H. 1, S. 87.

[32] Für Details siehe Boris Kanzleiter: Die »Rote Universität«. Studentenbewegung und Linksopposition in Belgrad 1964–1975, Hamburg 2011.

[33] Pirjevec: Tito (Anm. 15), S. 486 f.

[34] Buzescu: Joint-Ventures in Eastern Europe (Anm. 16), S. 408 f.

[35] Zur Bewertung der Auslandverschuldung der DDR siehe André Steiner: Zwischen Konsumversprechen und Innovationszwang: Zum wirtschaftlichen Niedergang in der DDR, in: Konrad H. Jarausch/Martin Sabrow (Hg.): Weg in den Untergang: Der innere Zerfall der DDR, Göttingen 1999, S. 172–178.

[36] Yang L. Dali: Calamity and Reform in China: State, Rural Society, and Institutional Change since the Great Leap Famine, Stanford, CA 1996, S. 143.

[37] National Bureau of Statistic of China (Hg.): China Statistical Yearbook 2017, Abschnitt 2.1, www.stats.gov.cn/tjsj/ndsj/2017/indexeh.htm (ges. am 29. 10. 2018).

[38] Deng: Zai Wuchang, Shenzhen (Anm. 2), Bd. 3, S. 374.

[39] Für Details siehe Felix Wemheuer: 20 Jahre nach dem Massaker: Wem gehört die Bewegung vom Platz des Himmlischen Friedens?, in: Ulrich Mählert u. a. (Hg.): Jahrbuch für Historische Kommunismusforschung 2009, Berlin 2009, S. 107–120.

[40] Helmut Altrichter: Russland 1989: Der Untergang des sowjetischen Imperiums, München 2009, S. 103–108.

[41] Susan L. Woodward: The Political Economy of Ethno-Nationalism in Yugoslavia, in: Socialist Register 39 (2003), S. 78–82.

[42] Cornel Ban: Sovereign Debt, Austerity, and Regime Change: The Case of Nicolae Ceausescu’s Romania, in: East European Politics and Societies: and Cultures 26 (2012), H. 4, S. 763–765.

[43] Stefan Merl: Von Chruschtschows Konsumkonzeption zur Politik des ›Little Deal‹ unter Breschnew, in: Bernd Greiner/Christian Müller/Claudia Weber (Hg.): Ökonomie im Kalten Krieg, Hamburg 2010, S. 304.

[44] János Kornai: The Socialist System: The Political Economy of Communism, Oxford 1992, S. 510.

[45] Steven L. Solnick: Stealing the State: Control and Collapse in Soviet Institutions, Cambridge, MA 1998, S. 124.

[46] Boyer: Einleitung (Anm. 28), S. XXXIII.

[47] Esther Kingston-Mann: Transforming Peasants in the Twentieth Century: Dilemmas of Russian, Soviet and Post-Soviet Development, in: Grigor Suny (Hg.): The Cambridge History of Russia, Bd. 3: The Twentieth Century, Cambridge 2006, S. 428.

[48] National Bureau of Statistic of China (Hg.): China Statistical Yearbook 2017, Abschnitt 4.2, www.stats.gov.cn/tjsj/ndsj/2017/indexeh.htm (ges. 29. 10. 2018).

[49] Zur Frage der Demokratisierung siehe z. B. Ota Šik: Demokratische und sozialistische Plan- und Marktwirtschaft, Zürich 1971; Włodzimierz Brus: Wirtschaftsplanung: Für ein Konzept der politischen Ökonomie, Frankfurt a. M. 1972, S. 64–67.

[50] Chris Miller: The Struggle to Save the Soviet Economy: Mikhail Gorbachev and the Collapse of the USSR, Chapel Hill 2016, S. 178–180.

[51] Siehe Thomas P. Bernstein: Resilience and Collapse in China and the Soviet Union, in: Martin Dimitrov (Hg.): Why Communism did not Collapse: Understanding Authoritarian Regime Resilience in Asia and Europe, Cambridge 2013, S. 53–55.

[52] Zur Übersicht siehe James Mulvenon: Soldiers of Fortune: The Rise and Fall of the Chinese Military-Business Complex, 1978–1998, New York 2001, S. 91–104.

[53] Siehe z. B. Zhonggong zhongyang dangxiao keyanbu (Hg.): Sulian shibai ji jiaoxun [Die Lehren aus der Niederlage der Sowjetunion], Beijing 1994; Chen Zhihua/Wu Enyuan /Ma Longshan (Hg.): Sulian xingwang shigang [Geschichte vom Aufstieg und Fall der Sowjetunion], Beijing 2016; Feng Shaolei: Sulian jieti de yuanyin ji sikao [Gedanken über den Zusammenbruch der Sowjetunion], Beijing 2013.

[54] Für eine Übersicht siehe David Shambaugh: Chinaʼs Communist Party: Atrophy and Adaptation, Berkeley 2008, S. 62 f.

[55] Siehe z. B. eine Weisung der Propagandaabteilung des ZK der KPCh, Document 9: A ChinaFile Translation, 2013, www.chinafile.com/document-9-chinafile-translation (ges. 9. 5. 2018).

[56] »China Focus: 19th CPC National Congress delegates feature more Workers, Women«, in: Xinhua Net vom 30. 9. 2017, www.xinhuanet.com/english/2017-09/30/c_136651533.htm (ges. 16. 12. 2019).

[57] Eine zentrale Rolle bei der Schätzung der Anzahl der Bevölkerung in Lagern in Xinjiang spielt der Sozialwissenschaftler Adrian Zenz. Da in Xinjiang keine unabhängigen Untersuchungen möglich sind, nimmt Zenz Budgetplanungen von Lokalregierungen sowie Satellitenbilder von Lagern als Grundlage für seine Hochrechnung der Zahl der Insassen. Im November 2019 erhöhte er seine Schätzung auf 1,8 Millionen Menschen; »Expert Says 1.8 Million Uyghurs, Muslim Minorities Held in Xinjiang’s Internment Camps«, in: Radio Free Asia am 24. 11. 2019, www.rfa.org/english/news/uyghur/detainees-11232019223242.html (ges. 12. 12. 2019).

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